Die Gebühr für einen Bestandvertrag ist von der ausdrücklich rechtsgeschäftlich vereinbarten Dauer und nicht ausgehend von der tatsächlichen Dauer zu entrichten.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***1***, vertreten durch ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , ***3*** betreffend Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957 für den Pachtvertrag vom mit ***4*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf) hat am mit der "***5*** einen Pachtvertrag über Liegenschaften in ***6*** abgeschlossen. Gemäß Punkt 1.2. des Vertrages bilden die in den Punkten 1.1.1 bis 1.1.3 angeführten Liegenschaften samt den darauf errichteten Gebäuden den Vertragsgegenstand dieses Pachtvertrages. Gemäß Punkt 1.3. verkauft die Pächterin den Vertragsgegenstand an die Pächterin mit Kaufvertrag vom heutigen Tag (der "Kaufvertrag"). Die Parteien sind übereingekommen, dass die Pächterin den Vertragsgegenstand bis zur Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages (bis zum Eintritt der dort vereinbarten aufschiebenden Bedingungen) oder bis zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag pachtet.
Gemäß Punkt 2. verpachtet die Verpächterin und die Pächterin pachtet den Vertragsgegenstand samt den darauf errichteten Gebäuden mit allen Rechten und Pflichten, wie die Verpächterin diesen benützt hat beziehungsweise zu benützen berechtigt war, so wie dieser im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses liegt und steht (sofern in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist), nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Vertrages. Nach Punkt 3. Erfolgt die Überlassung des Vertragsgegenstandes an die Pächterin hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke zum Zweck des Betriebs einer Land- und Forstwirtschaft und hinsichtlich der auf dem Vertragsgegenstand befindlichen Gebäude zu Wohnzwecken sowie allenfalls in weiterer Folge zum Betrieb eines Gewerbes.
Laut Punkt 4. ist der Vertrag hinsichtlich der Pacht der auf dem Vertragsgegenstand befindlichen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke aufschiebend bedingt durch die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung. Jener Tag, an dem die aufschiebende Bedingung erfüllt ist, wird in der Folge als der "Stichtag" bezeichnet.
Die relevanten Vertragspassagen lautet weiters:
"6. Vertragsdauer
6.1. Der Pachtvertrag beginnt hinsichtlich der in Punkt 5.1 genannten Gebäude (also sämtliche Gebäude mit Ausnahme der Räumlichkeiten, die bis an ***7*** überlassen wurden, s. Plan Beilage ./5.1) mit Unterfertigung dieses Pachtvertrages. Der Pachtvertrag beginnt hinsichtlich der Räumlichkeiten, gemäß Plan Beilage ./5.1 am . Hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die nicht an ***8*** verpachtet sind (s. Plan Beilage ./6.1) beginnt dieser Pachtvertrag am Stichtag. Hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die bis an ***8*** verpachtet sind (s. Plan Beilage ./6.1). beginnt dieser Pachtvertrag am , falls bis zu diesem Zeitpunkt der Stichtag eingetreten ist, anderenfalls am Stichtag.
6.2. Dieser Pachtvertrag endet jedenfalls nach Ablauf von 36 Monaten ab Unterfertigung des Kaufvertrages vom heutigen Tag. Weiters endet dieser Pachtvertrag jedenfalls mit Eintritt folgender auflösender Bedingungen, die die Parteien gleichzeitig als wichtigen und bedeutsamen Grund gemäß § 6 Abs. 2 Z 5 LPG vereinbaren:
6.2.1. Ausübung des im Kaufvertrag vom heutigen Tag gemäß Punkt 4.3 oder 5.3 vereinbarten Rücktrittsrechts durch die Pächterin nach Ablauf von 18 Monaten und Setzung einer Nachfrist von sechs Monaten;
6.2.2. Ausübung des im Kaufvertrag vom heutigen Tag gemäß Punkt 5.4 vereinbarten Rücktrittsrechts durch die Verpächterin nach Ablauf von 18 Monaten und Setzung einer Nachfrist von sechs Monaten;
6.2.3. Wenn der Eintritt der aufschiebenden Bedingungen wie in Punkt 5.1. des Kaufvertrages geregelt nicht innerhalb von 36 Monaten ab Unterfertigung des Kaufvertrages ("Long Stop Date") erfolgt ist.
6.3. Der Pachtvertrag kann von beiden Parteien jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 30.11. eines jeden Jahres gekündigt werden. Die Verpächterin verzichtet allerdings bis zum Eintritt der aufschiebenden Bedingungen des Kaufvertrages gemäß Punkt 5.1.1, 5.1.2 und 5.1.3 des Kaufvertrages vom heutigen Tag auf eine Kündigung dieses Vertrages.
7. Pachtzins
7.1. Der jährliche Pachtzins für die auf dem Vertragsgegenstand befindlichen Gebäude sowie für die land- und forstwirtschaftlichen Flächen beträgt pauschal EUR 100.000,00, jährlich fällig am jeweiligen Monatsersten eines "Pachtjahres", wobei das erste Pachtjahr an dem der Übergabe der Gebäude folgenden Monatsersten beginnt.
7.2. Im Pachtzins nicht enthalten sind Kosten, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen der Eigentümerin obliegen, aber auch Kosten die mit dem dauerhaften Betrieb des Vertragsgegenstandes verbunden sind und jeweils von der Verpächterin zu tragen sind, wie etwa Grundsteuern, Abgaben, Kommunalabgaben, Müllabfuhr, "Betriebskosten", Versicherungsprämien der Verpächterin für den Vertragsgegenstand und ähnliche Kosten, die auf die jeweilig übergebenen Flächen entfallen. Diese werden von der Verpächterin der Pächterin unter Vorlage entsprechender Vorschreibungen monatlich weiter verrechnet und sind keinesfalls an die Pächterinzurückzuzahlen.
8. Verpflichtungen der Pächterin
8.1. Die Pächterin wird unverzüglich nach Unterfertigung dieses Vertrags den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung stellen und nach Möglichkeit alle Nachweise, die zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erforderlich sind, zeitgerecht erbringen…
…"
Mit Begleitschreiben vom wurde der Pachtvertrag dem Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten, zur Anzeige gebracht.
Mit dem spruchgegenständlichen Bescheid vom setzte das Finanzamt die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs.1 Z1 GebG 1957 mit 1 % der Bemessungsgrundlage von 330.000,00 Euro in Höhe von 3.300,00 Euro fest. Da der Pachtvertrag auf die Dauer von 36 Monaten abgeschlossen wurde, wurde die Gebühr für die Dauer von 3 Jahren bemessen. Die Betriebskosten wurden mit 10.000,00 Euro jährlich geschätzt.
Das Finanzamt begründete: "Auf das Entstehen der Gebührenschuld hat es keinen Einfluss, wenn die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes vom Eintritt einer Bedingung oder der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt (§ 17 Abs.4 GebG).
Für die Festsetzung der Gebühren ist der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend (§ 17 Abs. 1 erster Satz GebG 1957)."
Dagegen wurde mit Schreiben vom Beschwerde eingebracht. Die Bf. wendet ein, der Kaufvertrag sei unter den aufschiebenden Bedingungen, (I) dass die Grundverkehrsbehörde ***9*** den Erwerb der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke des Vertragsgegenstandes genehmige, (II) dass das ***10*** als zuständige Behörde für Ausländergrunderwerb den Erwerb durch die Käuferin genehmige und (III) dass die auf dem Vertragsgegenstand befindlichen Veräußerungs- und Belastungsverbote gelöscht würden. Um der Käuferin bereits vor Rechtskraft des Kaufvertrages zu ermöglichen, die kaufgegenständlichen Liegenschaften zu benutzen, sei ebenfalls am zwischen den Vertragsparteien ein Pachtvertrag über dieselben Liegenschaften abgeschlossen worden.
Im Pachtvertrag sei gemäß Punkt 7. vereinbart worden, dass der jährliche Pachtzins für die auf dem Vertragsgegenstand befindlichen Gebäude sowie für die land- und forstwirtschaftlichen Flächen pauschal EUR 100.000,00 betrage. Der Pachtvertrag ende unter anderem dann, wenn der Kaufvertrag rechtskräftig werde. Dies, da die Pächterin in diesem Moment auch in die Vertragsposition der Verpächterin eintrete (Konfusion der Vertragsparteien) und der Pachtvertrag somit erlösche. Als maximale Vertragsdauer hätten die Parteien (als "Long Stop Date") eine Dauer von 36 Monaten vereinbart.
Die Parteien seien bei Abschluss des Pachtvertrages allerdings davon ausgegangen, dass das Pachtverhältnis in Wirklichkeit maximal 7 Monate dauern werde, da spätestens dann der Kaufvertrag rechtswirksam werden sollte: Behörden, so auch Grundverkehrsbehörden, seien gemäß § 73 Abs 1 AVG verpflichtet, über Anträge von Parteien ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber binnen sechs Monaten nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.
Den Parteien war daher bei Abschluss des Pachtvertrages klar, dass über die aufschiebenden Bedingungen des Kaufvertrages spätestens nach 6 Monaten entschieden sein werde und die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die ***Bf1*** im Grundbuch spätestens im Laufe des Februar 2022, also nach ca. 7 Monaten, erfolgen würde. Die letzte der aufschiebenden Bedingungen des Kaufvertrages sei im Jänner 2022, somit vor Ablauf von 6 Monaten nach Abschluss des Kaufvertrages eingetreten. Der Grundbuchs-Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechtes für die ***Bf1*** sei am beim zuständigen Grundbuchs-Gericht eingebracht worden, seit dem heutigen Tag () sei die ***Bf1*** als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und der Pachtvertrag sei dadurch endgültig erloschen.
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 3 GebG seien die wiederkehrenden Leistungen bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert zu bemessen. Im gegenständlichen Fall werde der Einfachheit halber die Schätzung des Finanzamtes Österreich der Betriebskosten in Höhe von jährlich EUR 10.000,00 übernommen. Der jährliche Pachtzins betrage gemäß Pachtvertrag EUR 100.000,00. Gehe man von einer maximalen Vertragsdauer von 7 Monaten aus, sei Grundlage für die Bemessung der Gebühr ein Betrag in Höhe von EUR 64.166,67 (EUR 110.000,00 : 12 x 7). Die Gebühr iHv 1% betrage diesfalls EUR 641,67. Es werde daher beantragt, die festgesetzte Gebühr von EUR 3.300,00 auf EUR 641,67 zu reduzieren, in eventu die festgesetzte Gebühr von EUR 3.300 nach eigenem Ermessen zu reduzieren.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde unter Hinweis auf § 17 GebG als unbegründet ab und führte aus:
"Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift maßgebend. Die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung hebt die einmal entstandene Gebührenschuld nicht auf.
Der Pachtvertrag vom wurde bis zur Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages (bis zum Eintritt der dort vereinbarten Bedingungen) oder bis zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag verpachtet. Er soll jedenfalls nach Ablauf von 36 Monaten enden.
Die Gebühr ist von der ausdrücklich rechtsgeschäftlich vereinbarten Dauer und nicht ausgehend von der tatsächlichen Dauer zu entrichten (vgl. 2001/16/0606). Die Gebühr ist somit von der rechtsgeschäftlich vereinbarten Dauer zuerheben. Auf die tatsächliche Dauer kommt es nicht an, auch wenn diese im Zeitpunkt der Bemessung bekannt ist (GebR 2019 Rz 679).
Der Pachtvertrag vom ist abgeschlossen auf eine Dauer von 36 Monaten. Er kann von der Mieterin jederzeit ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist jeweils zum 30.11. eines jeden Jahres gekündigt werden. Gebührenrechtlich ist der Vertrag daher als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen anzusehen.
Nach der ersten Alternative im ersten Satz des § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind die wiederkehrenden Leistungen bei unbestimmter Vertragsdauer mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten (vgl. 85/15/0130).
Des Weiteren sind im Vertrag unter Punkt 6.2. auflösende Bedingungen vereinbart.
Eine Bedingung ist die einem Rechtsgeschäft von den Parteien hinzugefügte Beschränkung, durch die der Eintritt oder die Aufhebung einer Rechtswirkung von einem ungewissen Umstand abhängig gemacht wird ( 96/13/0165 und vom , 2000/16/0322, 0323, 0324). Bei auflösenden Bedingungen kommt das Rechtsgeschäft zunächst gültig zustande und wird erst bei Eintritt der Bedingung aufgehoben. Auflösende Bedingungen sind ohne Auswirkungen auf das Entstehen der Gebührenschuld (Allram in Bergmann/Pinetz, GebG, 2. Aufl. (2020), § 17 Rz 150). Der allfällig spätere Eintritt der auflösenden Bedingung und die damit verbundene Aufhebung eines auflösend bedingten Rechtsgeschäfts bleiben ohne Folgen für die entstandene Gebührenschuld (vgl. 97/16/0313). Dies ergibtsich neben § 17 Abs. 4 GebG auch aus § 17 Abs. 5 GebG wonach die nachträgliche Aufhebungdes Rechtsgeschäfts keine Folgen für die entstandene Gebührenschuld hat (Allram inBergmann/Pinetz, GebG 2. Aufl. (2020), § 17 Rz 151).
Die Beschwerde war daher abzuweisen."
Am wurde dagegen Vorlageantrag eingebracht.
Mit Vorhalt vom wurden sowohl der Bf. zH ihres steuerlichen Vertreters als auch dem Finanzamt die Sach- und Rechtslage nach dem derzeitigen Stand des Verfahrens zur Kenntnis gebracht. Mit Schriftsatz vom teilte die steuerliche Vertretung mit, dass die Grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich gewesen sei und legte den diesbezüglichen Bescheid vom vor. Das Finanzamt hat keine Stellungnahme abgegeben.
II. Beweiserhebung
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die auf elektronischem Wege übermittelten Aktenteile des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten sowie das Vorhalteverfahren.
III. Rechtslage und Erwägungen
Gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert mit 1 % der Gebühr.
Einmalige oder wiederkehrende Leistungen, die für die Überlassung des Gebrauches vereinbart werden, zählen auch dann zum Wert, wenn sie unter vertraglich bestimmten Voraussetzungen auf andere Leistungen angerechnet werden können (Abs.2).
Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht (Abs.3).
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über ein zweiseitig verbindliches Rechtsgeschäft im Inland errichtet und von den Vertragsteilen unterzeichnet wird, im Zeitpunkte der Unterzeichnung. Bedarf (jedoch) ein Rechtsgeschäft der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten, so entsteht die Gebührenschuld für das beurkundete Rechtsgeschäft erst im Zeitpunkte der Genehmigung oder Bestätigung (§ 16 Abs. 6 GebG).
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Gemäß § 17 Abs. 2 GebG wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Nach § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Anders verhält es sich indes mit so genannten Rechtsbedingungen, die sich nicht auf eine Parteienvereinbarung, sondern auf eine gesetzliche Anordnung gründen. Hauptsächlicher Anwendungfall ist die Genehmigungsbedürftigkeit eines Rechtsgeschäftes (Schwimann, ABGB, Praxiskommentar, Rz 4 zu § 897) und ist in diesem Sinne im § 16 Abs. 6 GebG normiert, dass die Gebührenschuld für ein beurkundetes Rechtsgeschäft erst im Zeitpunkt der Genehmigung oder Bestätigung entsteht, wenn das Rechtsgeschäft der Genehmigung oder Bestätigung einer Behörde oder eines Dritten bedarf. Mit den im § 16 Abs. 6 GebG angeführten Genehmigungen oder Bestätigungen sind nur solche gemeint, die für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäftes rechtlich bedeutungsvoll sind (Fellner, a.a.O., Rz 62 zu § 16), nicht aber jene, die bloß für die Durchführung eines Vertrages erforderlich sind.
Zu den im § 16 Abs. 6 GebG genannten Genehmigungen, ohne die ein Vertrag nicht zu Stande kommt oder als nicht zu Stande gekommen gilt, gehören auch Genehmigungen durch die Grundverkehrskommission (Fellner, a.a.O., Rz 63). Im vorliegenden Fall ist der Vertrag laut Punkt 4. hinsichtlich der Pacht der auf dem Vertragsgegenstand befindlichen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken aufschiebend bedingt durch die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung.
Voraussetzung für eine rechtsrichtige Vergebührung eines Rechtsgeschäftes ist somit zuerst das Vorliegen eines gültig zustande gekommenen Rechtsgeschäftes und eine darüber errichtete Urkunde (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 40 zu § 15 GebG; ). Daran anschließend ist zu beurteilen, ob und wann hie für die Gebührenschuld entstanden ist.
Die im § 33 TP 5 GebG behandelten Bestandverträge sind nach § 1090 ABGB Konsensualverträge, wonach jemand eine bestimmte Sache auf eine gewisse Zeit gegen einen bestimmten Preis zum Gebrauch erhält (Fellner, a.a.O., Rz 5 zu § 33 TP 5; ). Derartige zweiseitig verbindliche Konsensualverträge kommen im Zeitpunkt der Willenseinigung über die von den beiden Vertragspartnern jeweils zu erbringenden Leistungen, nämlich Überlassung der Bestandsache und Höhe des Bestandzinses, zustande (Fellner, a.a.O.; ). Im vorliegenden Fall haben die Vertragsparteien Willenseinigung darüber erzielt, dass die "in den Punkten 1.1.1 bis 1.1.3 angeführten Liegenschaften samt den darauf errichteten Gebäuden" für eine gewisse Zeit (36 Monate) gegen das vereinbarte Entgelt in Bestand gegeben bzw. genommen werde (Punkt 2.). Die Parteien haben in der Vertragsurkunde das Bestandobjekt ausführlich und detailliert, unter Beifügung von Plänen, umschrieben, den Beginn und die Dauer des Mietverhältnisses sowie den Bestandzins der Höhe und den Entrichtungsmodalitäten nach genau und präzise festgelegt. Ihren Willen, den Bestandvertrag genau in dieser Form abschließen zu wollen, haben die Parteien dann auch durch die beiderseitige Unterfertigung am Ende der Urkunde dokumentiert. Das Vorliegen von Mängeln in dieser Willensbildung oder anderer formeller Mängel hat die Bf. nicht behauptet und ist auch dem Akteninhalt nicht entnehmbar.
Es erhebt sich nun die Frage, bedurfte der Pachtvertrag tatsächlich einer "Genehmigung" durch die Grundverkehrsbehörde oder wurde vom Bezirksgerichten lediglich eine schriftliche Äußerung verlangt.
Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, bedurfte der Pachtvertrag der Grundverkehrsbehördlichen Genehmigung und wurde diese mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde ***9*** vom , GZ. ***11***, erteilt. Das Rechtsgeschäft ist somit gültig zustande gekommen.
Wenn die Bf. einwendet, den Parteien sei klar gewesen, dass auf Grund des § 73 Abs. 1 AVG, wonach Behörden - so auch Grundverkehrsbehörden - grundsätzlich verpflichtet seien (Anm.: wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist) über Anträge von Parteien (§ 8 AVG) ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen und die Einverleibung im Grundbuch daher nach ca. 7 Monaten erfolgen würde, so ist dazu zu sagen, dass sowohl die Komplexität eines Falles verbunden mit einem allenfalls erforderlichen Ermittlungsverfahren sowohl bei den für die Genehmigungen jeweils zuständigen Behörden als auch beim Grundbuchsgericht sehr wohl zu einem länger dauernden Verfahren führen kann. Dies war den Vertragsparteien ganz offensichtlich auch bewusst, weshalb der vorangehende Mietvertrag nicht bloß über 7 Monate, sondern - vorsichtshalber - über 3 Jahre abgeschlossen wurde.
Davon abgesehen ist die Motivation für den Abschluss bzw. die Gestaltung des Rechtsgeschäftes unerheblich, vielmehr ist gemäß § 17 Abs. 1 GebG für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend.
Wie die Bf. in ihrer Beschwerde ausführt, wurde der Grundbuchsantrag am beim zuständigen Grundbuchs-Gericht eingebracht und der Kaufvertrag am verbüchert. Der Pachtvertrag sei somit endgültig erloschen.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom , 2001/16/0606, unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrssteuern, Band I, 2. Teil, Stempel- und Rechtsgebühren) u.a. ausgeführt, dass die Gebühr von der ausdrücklich rechtsgeschäftlich vereinbarten Dauer und nicht ausgehend von der tatsächlichen Dauer zu entrichten ist. Das hat nicht nur für die tatsächliche Fortsetzung eines Bestandverhältnisses über die urkundlich vereinbarte Dauer hinaus, sondern auch für die tatsächliche Verkürzung zu gelten. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus § 17 Abs. 5 GebG, wonach u.a. die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die einmal entstandene Gebührenschuld nicht aufheben. Da es nach dieser Bestimmung unbeachtlich ist, ob ein beurkundetes Rechtsgeschäft in weiterer Folge überhaupt aufrecht erhalten oder ausgeführt wird, ist es auch unmaßgeblich, ob die Untermieterin das Objekt überhaupt benützt hat bzw. nur kurzfristig (, Rs 4).
Der Pachtvertrag wurde bis zur Rechtswirksamkeit des Kaufvertrages (bis zum Eintritt der dort vereinbarten Bedingungen) oder bis zum Zeitpunkt des Rücktritts vom Kaufvertrag abgeschlossen. Geht man auf Grund der Ungewissheit wann die vereinbarte Bedingung eintritt bzw. ob und allenfalls wann ein solcher Rücktritt erfolgt, von einem unbefristeten Vertrag aus, so würde sich an der Bemessung dennoch nichts ändern und es käme das dreifache Jahresentgelt zum Ansatz (§ 33 TP 5 Abs. 3, erster Halbsatz).
Das Finanzamt hat demnach zu Recht die Gebühr vom dreifachen Jahresentgelt inkl. Betriebskosten (geschätzt gem. § 184 BAO) festgesetzt.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
IV. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da die getroffene Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Die getroffene Entscheidung entspricht sowohl der Judikatur des VwGH als auch der Rechtsprechung des BFG.
Wien, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100017.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at