Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.07.2023, RV/7500314/2023

Abweisung der Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung, der eine rechtskräftige Strafverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ****** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236700027356/2023, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und

  • wird die angefochtene Vollstreckungsverfügung bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat der Beschwerdeführer keine Beiträge zu den Kosten des

  • Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gemäß Art. 133 B-VG ist gegen diese Entscheidung eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahl: MA67/236700027356/2023, wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem 14 Stunden verhängt.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, die gegenständliche Vollstreckungsverfügung, Zahl: MA67/236700027356/2023, da die mit Strafverfügung vom , Zahl: MA67/236700027356/2023, verhängte rechtskräftige Strafe bis heute nicht bezahlt worden sei. Die offene Forderung inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr gemäß § 54b Abs. 1a VStG) betrage € 65,00. Da der Bescheid inklusive Kostenbeitrag (Mahngebühr) vollstreckbar sei, werde zur Einbringung des Gesamtbetrages gemäß § 3 und § 10 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 - VVG die Zwangsvollstreckung verfügt und die Fahrnisexekution im Sinne des § 27 Abgabenexekution (AbgEO) auf bewegliche körperliche Sachen der verpflichtenden Partei angeordnet.

In der Beschwerde vom wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass das zum Beanstandungszeitpunkt abgestellte Fahrzeug nicht vom Beschwerdeführer, sondern von einer anderen Person gelenkt worden sei, was insbesondere auch aus dem bereits übermittelten Leihvertrag hervorgehe.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 17 Zustellgesetz normiert:

"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).

§ 3 VVG normiert:

"(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist."

§ 35 EO normiert:

"(1) Gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, können im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind. Falls jedoch dieser Exekutionstitel in einer gerichtlichen Entscheidung besteht, ist der Zeitpunkt maßgebend, bis zu welchem der Verpflichtete von den bezüglichen Tatsachen im vorausgegangenen gerichtlichen Verfahren wirksam Gebrauch machen konnte."

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vollstreckung ist, dass ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) vorliegt, welcher gegenüber der verpflichteten Partei wirksam geworden ist und dass die verpflichtete Partei ihrer Verpflichtung innerhalb der gesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. z.B. ). Der zu vollstreckende Bescheid muss darüber hinaus bereits in Rechtskraft erwachsen sein und die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. § 3 Abs. 2 VVG).

Unzulässig ist eine Vollstreckung daher nur dann, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt, ein solcher der verpflichteten Partei gegenüber nicht wirksam geworden ist oder der Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist bzw. bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bereits entsprochen wurde.

Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 30) wurde die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/236700027356/2023, die der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt, bei der Post Geschäftsstelle 1080 hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten, nachdem am an der Abgabestelle des Beschwerdeführers ein Zustellversuch unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt worden war. Das behördliche Dokument wurde am vom Überbringer der Hinterlegungsanzeige übernommen.

Es wurde keine mangelhafte Zustellung geltend gemacht.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG von der rechtmäßigen Zustellung der Strafverfügung am aus.

Ebenfalls aktenkundig ist, dass die beschwerdegegenständliche Vollstreckungsverfügung mit der Strafverfügung vom , Zahl: MA67/236700027356/2023, übereinstimmt und der Gesamtbetrag in Höhe von € 65,00 im Zeitpunkt Erlassung der Vollstreckungsverfügung noch nicht getilgt war.

Weil der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung eine rechtskräftige Strafverfügung als Titelbescheid zu Grunde liegt und die Frage der Rechtsmäßigkeit eines in Rechtskraft erwachsenen Titelbescheides im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgeworfen werden darf, kann das Vorbringen des Beschwerdeführers, nicht er selbst, sondern eine andere Person, habe das Fahrzeug gelenkt, der Beschwerde nicht zum angestrebten Erfolg verhelfen.

Die vorliegende Beschwerde vermochte keine Rechtswidrigkeit der beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügung aufzuzeigen und war daher abzuweisen.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird […] und keine
Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (Rechtsfrage der Zulässigkeit von inhaltlichen Einwendungen im Vollstreckungsverfahren) behauptet wurde.

Kostenentscheidung

Da das Bundesfinanzgericht mit dem vorliegenden Erkenntnis kein Straferkenntnis bestätigt hat, war gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

Die Revision ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, sondern dessen Judikaturlinie folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
§ 35 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500314.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at