Festsetzungs- und Haftungsbescheid - neu hervorgekommene Tatsachen ausreichend konkretisiert Sachbezug Wohnung - Gegenleistung für Arbeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef M. Danler, Wilhelm-Greil-Straße 9, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom ***D1*** gegen den Bescheid des Finanzamtes ***St1*** (jetzt Finanzamt Österreich) vom ***D2*** betreffend die Haftungs- und Abgabenbescheide für das Jahr ***J1***, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ die Haftungs- und Festsetzungsbescheide vom ***D2*** betreffend die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr ***J1***. Zur Begründung verwies es auf den Bericht desselben Tages über das Ergebnis der Außenprüfung betreffend die Zeiträume vom ***D4*** bis ***D5***. In dem Bericht ist zu dem von der Beschwerde betroffenen Sachbezug folgender Text enthalten:
"[…] Feststellungen
Wohnraumbewertung
Sachverhaltsdarstellung
Die Abgabenbehörde erlangte vom geschilderten Sachverhalt erstmalig im Zuge der gegenständlichen Außenprüfung Kenntnis. Es handelt sich daher um ein Hervorkommen neuer Tatsachen und somit um einen Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 303 Abs. 1 lit b) BAO.
Die vorliegende Feststellung erfüllt somit den Tatbestand des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, welcher die Abgabenbehörde zur bescheidmäßigen Festsetzung der folgend dargestellten Abgabenbeträge ermächtigt.
Bei der Vorprüfung wurde ein Sachbezug für eine zur Verfügung gestellte Dienstwohnung nachverrechnet. Der Dienstgeber hat die Nachrechnung beeinsprucht. Es liegt im Verfahren noch keine Entscheidung vor, die Nachrechnung erfolgt analog zur Vorprüfung."
Im Anschluss an diesen Text wurde in dem Bericht jeweils gesondert für die Zeiträume ***D4*** bis ***D6***, ***D7*** bis ***D8***, ***D9*** bis ***D10***, ***D11*** bis ***D12*** und ***D13*** bis ***D14*** in jeweils einer mit dem Namen der betroffenen Arbeitnehmerin ***N1*** bezeichneten Tabelle für die Abgabenarten Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag der Zeitraum, die Höhen der alten Bemessungsgrundlagen, der Hinzurechnung, der neuen Bemessungsgrundlagen und der Nachforderungen und die Festsetzung des Säumniszuschlages angeführt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Haftungs- und Festsetzungsbescheide für die Jahre ***J1*** bis ***J2*** mit Schreiben vom ***D1*** fristgerecht Beschwerde. Begründend brachte er vor, für die ehemalige Mitarbeiterin ***N1*** gebe es seit der vorhergehenden Prüfung immer noch ein laufendes Verfahren. Deshalb erhebe er mit derselben Begründung wie bei der "Berufung" vom ***D15*** Einspruch. Das restliche Prüfungsergebnis werde akzeptiert.
Beim Betrieb des Beschwerdeführers hatte im ***M1*** ***J1*** betreffend die Lohnabgaben der Jahre ***J3*** bis ***J4*** eine Außenprüfung stattgefunden. Die zuständige Prüferin des Finanzamtes hat in einer schriftlichen Stellungnahme vom ***D16*** zu der gegen die aufgrund der Prüfung erlassenen Bescheide erhobenen Beschwerde festgehalten, es habe während der Prüfung jedenfalls zweifelsfrei festgestanden, dass ***N1*** die Wohnung benützte und nicht, wie in der Beschwerde angegeben, nur ein Personalzimmer bewohne. Der Beschwerdeführer habe auf die Frage, warum er in der Lohnverrechnung keinen Sachbezug abgerechnet habe, angegeben, er sehe nicht ein, aus welchem Grund man einer langjährigen Mitarbeiterin nicht eine Wohnung anstelle eines Zimmers zur Verfügung stellen dürfe, der Ansatz eines Sachbezuges für die Wohnung sei nicht fair und er müsse die Dienstnehmerin kündigen, wenn sie nicht dort wohnen dürfe. Der Beschwerdeführer habe gefragt, was wäre, wenn er sagte, dass er die Wohnung lediglich seinem Sohn zur Verfügung stelle und er selbst entscheide, ob ***N1*** bei ihm wohne.
In dem als "Berufung" bezeichneten Vorlageantrag vom ***D15*** betreffend die Beschwerde gegen die Haftungs- und Festsetzungsbescheide über die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre ***J3*** bis ***J4*** hatte der Beschwerdeführer zur Begründung vorgebracht, es sei der Dienstnehmerin und Mutter seit der vorletzten Prüfung, also bereits ab ***J3***, keine Wohnung zur Verfügung gestellt worden. Beim Augenschein am ***D17*** sei den zwei Personen vom Finanzamt von ***N1*** bewilligt worden, ihr Personalzimmer zu begutachten. ***N2***, der von dieser Prüfung in keinster Weise betroffen sei, sei aber nie befragt worden, ob in seine Wohnung gegangen werden dürfe. Wenn die zwei Damen dies getan hätten, sei dies unbefugt und gesetzeswidrig gewesen. Nach Rückfrage bei seinen betroffenen Personen habe niemand erlaubt, in die Wohnung von ***N2*** zu gehen. Wenn das geschehen sei, seien die Damen eigenmächtig eingedrungen. Sollte dies zutreffen, lege er hiermit für seinen Sohn Beschwerde ein und behalte sich weitere rechtliche Schritte vor.
Das Finanzamt hat am ***D17*** einen Augenschein an der Wohnung und dem Personalzimmer in ***Gem*** durchgeführt. Darüber haben die Organe des Finanzamtes mit ***N1*** eine Niederschrift aufgenommen und zum Akt des Beschwerdeführers genommen. Dem Inhalt der Niederschrift zufolge war der Beschwerdeführer persönlich anwesend, musste jedoch nach eigenen Angaben dringend weg. ***N1*** öffnete die Ferienwohnung und zeigte das Personalzimmer. Sie half in der Küche und war für die Zimmer zuständig. Der Niederschrift ist jeweils ein Fragenkatalog mit handschriftlichen Antworten zu der den Gegenstand der Beschwerde bildenden Wohnung und einem Personalzimmer beigefügt. Nach diesen befanden sich sowohl die Wohnung als auch das Personalzimmer im "***B***", an der Adresse ***Adr1***, ***Gem***-***Gem4***, ungefähr 200m vom Hotel entfernt. In dem Gebäude wurden Ferienwohnungen, Einzel- und Mehrbettzimmer vermietet. Darüber hinaus waren darin zwei Privatzimmer, die laut ***N1*** von ihr und von der Großmutter bewohnt wurden. Die besichtigte Wohnung erstreckte sich über zwei Etagen. Im unteren Teil befand sich ein Garderobenständer mit Kleidung und eine Küche mit Sitzgelegenheit für fünf Personen. Im oberen Teil waren ein Wohnzimmer (Empore), ein Gang mit Kasten, ein großes Bad mit WC und ein zirka 8-10 m² großes Schlaf-/Jugendzimmer. Das Wohnzimmer (Empore) hatte einen Zugang zum Balkon und es befanden sich darin ein Fernseher und zwei Couches, von denen eine zu einem Bett umgestaltet werden konnte und zum Schlafen hergerichtet war. Das Schlaf-/Jugendzimmer war mit einem Doppelbett (abgezogene Bettwäsche), einer kleinen Couch, einem Bücherregal (Kochbücher/Sachbücher) und einem Fernseher ausgestattet. Es hat nicht den Eindruck vermittelt, dass ein Jugendlicher hier wohnte (keine Schulsachen, Spielsachen, Kleidung, …). Die Küche war eingerichtet und wie in einer Ferienwohnung ausgestattet. In der Garderobe befand sich nur Damengarderobe und auf der Treppe ein kleiner Stapel Jugendwäsche (Short, ein Paar neu wirkende Sportschuhe, Hose). Es befand sich in der Wohnung nur ein Kasten im Gang und weil die Kastentür offen war, konnte man sehen, dass sich darin nur Damenkleidung befand.
Auf den im Akt unter der Überschrift "Ferienwohnung" abgelegten Fotos ist ein Schlafsofa mit einem Leintuch und angezogener Bettwäsche, ein Kasten mit Kleidung für eine weibliche erwachsene Person, ein zum damaligen Zeitpunkt nicht für die Benützung zum Schlafen angerichtetes Doppelbett, ein Bücherregal mit Büchern und anderen persönlichen Gegenständen, eine unter der Treppe befindliche Garderobe mit Kleidung für eine weibliche erwachsene Person und ein kleiner, auf einer Stufe der Treppe abgelegter Stapel Kleidung für eine jugendliche Person ersichtlich.
Das Finanzamt wies die Beschwerde vom ***D1*** gegen die Haftungs- und Festsetzungsbescheide für die Jahre ***J1*** bis ***J2*** mit Beschwerdevorentscheidung vom ***D18*** als unbegründet ab. Begründend führte es aus, es sei gegen den Sachbezug der Wohnung der Mitarbeiterin ***N1*** und somit für die Jahre ***J1*** und ***J5*** Beschwerde erhoben und auf das laufende Verfahren aus der vorhergehenden Prüfung verwiesen worden. Da das Verfahren aus der vorhergehenden Prüfung am ***D19*** abschließend vom Bundesfinanzgericht abweisend erledigt worden sei, werde die Beschwerde analog dazu entschieden. Andere Standpunkte, Beweismittel oder Erläuterungen seien in der Beschwerde nicht vorgebracht worden.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Haftungs- und Festsetzungsbescheide über die Lohnsteuer, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr ***J1*** mit Schreiben des Vertreters vom ***D20*** fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Zur Begründung brachte er vor, er habe ***N1*** als deren Arbeitgeber nach den vorangegangenen Beanstandungen keine Dienstwohnung mehr zur Verfügung gestellt. Der Bescheid des Bundesfinanzgerichtes vom ***D19*** beschäftige sich mit Haftungs- und Abgabenbescheide für die Jahre ***J3*** bis ***J4***. Eine analoge Entscheidung sei nicht zulässig, da die vorgelegenen Bescheide einen anderen Zeitraum betroffen hätten. Der gemeinsame Sohn der Arbeitnehmerin und des Beschwerdeführers sei am ***D21*** geboren. Im Zeitraum ***J1*** und ***J5*** habe er die Hauptschule in ***Gem2*** besucht. Der Beschwerdeführer sei zu diesem Zeitpunkt für seinen Sohn unterhaltspflichtig gewesen. Selbst wenn die Annahme des Finanzamtes ***St1*** richtig wäre, dass ***N1*** gemeinsam mit ihrem Kind in der Wohnung gelebt hätte, bliebe zu untersuchen, aus welchem Grund die Wohnung zur Verfügung gestellt worden sei. Der Beschwerdeführer sei für seinen Sohn unterhaltspflichtig und könne diese Unterhaltsleistung auch durch Naturalleistungen, somit durch die Zurverfügungstellung von Wohnraum, erbringen. Der Beschwerdeführer habe bereits in seinen vorangegangenen Eingaben und Beschwerden dargelegt, dass er diese Wohnung seinem Sohn zur Verfügung gestellt habe und er naturgemäß nicht der Kindesmutter den Besuch des Sohnes untersagen könne und wolle. Für den Sohn sei ausschließlich ***N1*** obsorgeberechtigt, sodass die Personensorge auch von ihr durchgeführt worden sei. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Einvernehmen mit der Kindesmutter keinen Geldunterhalt, sondern Naturalunterhalt geleistet habe. Diese Form der Unterhaltsleistung sei in Übereinstimmung mit der österreichischen Rechtsordnung, sodass es unzulässig sei, den geleisteten Naturalunterhalt gleichzeitig als Sachbezug der Dienstnehmerin und Kindesmutter anzunehmen.
Am ***D22*** legte das Finanzamt die Beschwerde samt dem von den Prüfungsorganen für die Zeiträume vom ***D23*** bis ***D5*** geführten körperlichen Akt dem Bundesfinanzgericht vor. Im Vorlagebericht teilte es mit, es sei ein Sachbezug für eine 50m² große Wohnung im Zuge einer GPLA, analog zur GPLA-Vorprüfung, bis zum Austritt der besagten Dienstnehmerin nachversteuert worden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat im Jahr ***J1*** als Arbeitgeber in den Zeiträumen ***D4*** bis ***D6***, ***D7*** bis ***D8*** und ***D9*** bis ***D10*** ***N1*** als Arbeitnehmerin beschäftigt. Neben einem in Geld ausbezahlten Arbeitslohn, stellte er ihr im Jahr ***J1*** eine Wohnung an der Adresse ***Adr2*** in ***Gem*** im ***T*** mit einem Ausmaß von ca. 50m² für die kostenlose Benützung zur Verfügung. Die Zurverfügungstellung der Wohnung an die Arbeitnehmerin erfolgte als Gegenleistung für die aufgrund des Dienstverhältnisses erbrachten Arbeitsleistungen. Der Beschwerdeführer stellte die Wohnung nicht seinem Sohn ***N2*** für die alleinige Benützung und auch nicht in Erfüllung der Unterhaltspflicht zur Verfügung.
2. Beweiswürdigung
Aus den vorliegenden Fotos, der Niederschrift über den Augenschein und der Stellungnahme der Prüferin des Finanzamtes ergibt sich unzweifelhaft, dass ***N1*** die Wohnung im Jahr ***J1*** für ihre eigenen Wohnbedürfnisse verwendet hat. Die in der Niederschrift über den Augenschein protokollierten Wahrnehmungen spiegeln sich auf den im Behördenakt abgelegten Fotos wider. Für das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe die betreffende Wohnung nicht der Dienstnehmerin, sondern dem gemeinsamen Sohn zur Verfügung gestellt, haben sich hingegen keine entsprechenden Nachweise ergeben.
Es lässt sich aus den vorliegenden Dokumenten aber auch schließen, dass der Beschwerdeführer die Wohnung der Dienstnehmerin zur Verfügung gestellt hat. Die Behauptung, der Beschwerdeführer habe die Wohnung seinem Sohn zur Verfügung gestellt, kann hingegen nicht als erwiesen angesehen werden. Es wäre sehr außergewöhnlich, wenn eine erwachsene Person eine Wohnung zur Befriedigung ihres Wohnbedürfnisses nur aufgrund der jeweiligen Entscheidung ihres Kindes, für das sie selbst noch obsorgeberechtigt ist, verwenden dürfte. Für das Zutreffen dieses Umstandes hätte es Nachweise mit erhöhter Beweiskraft bedurft, die in keiner Weise erbracht wurden. Durch die schriftlich in der Niederschrift und auf den vorliegenden Fotos dokumentierte, auf Dauer angelegte Benützung der gesamten Wohnung durch ***N1*** ist vielmehr die Einräumung der eigenen Verfügungsmacht über die Wohnung an die Dienstnehmerin durch den Beschwerdeführer belegt.
Die Aussage des Beschwerdeführers, er müsse die Dienstnehmerin kündigen, wenn sie nicht in der Wohnung wohnen dürfe, stellt einen klaren Zusammenhang zwischen dem Dienstverhältnis und der Erlaubnis zur Benützung der Wohnung her, der durch das Vorbringen in der Beschwerde und dem Vorlageantrag nicht überzeugend aufgehoben wird. Das im Vorlageantrag vorgebrachte Argument, es handle sich um Naturalunterhalt, blieb eine allgemein gehaltene Behauptung, die weder in nachvollziehbarer Weise dargestellt noch durch Nachweise belegt wurde. Auch die dokumentierte Art der Nutzung, wonach sich kaum Hinweise auf Anwesenheit des Sohnes in der Wohnung ergaben, lässt nicht darauf schließen, dass die Zurverfügungstellung der Wohnung in Erfüllung der Unterhaltspflicht für den Sohn erfolgte. Aus den früheren Aussagen des Beschwerdeführers ergibt sich vielmehr, dass die Arbeitnehmerin die Wohnung als Gegenleistung für die erbrachten Arbeitsleistungen zur Nutzung überlassen bekommen hat.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 201 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzungen der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen anordnen oder gestatten und der Abgabenpflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß § 201 Abs. 2 Zif. 3 BAO kann die Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gelten die §§ 201 BAO und 201a BAO sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen.
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Soweit § 201 Abs. 1 und Abs. 2 Zif. 3 BAO die Festsetzung zulässt, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung im Sinne des der Bestimmung als nicht richtig erweist, weil bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden, hat die Norm den Zweck, einen Gleichklang mit der bei einem durch Bescheid abgeschlossenen Verfahren geltenden Rechtslage herbeizuführen. Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben. Gleiches gilt für Bescheide im Sinne des § 201 Abs. 2 Zif. 3 BAO (vergleiche Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom zur Geschäftszahl Ro 2015/15/0030).
§ 201 BAO erfordert zwar nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 BAO der Bescheid gestützt wird (vgl. ). Dies muss aber (zumindest) aus der Begründung hervorgehen. Eine allenfalls mangelhafte Begründung kann vom Bundesfinanzgericht ergänzt werden (vgl. ).
Dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung ist unter den Überschriften "Feststellungen", "Wohnraumbewertung" und "Sachverhaltsdarstellung" zu entnehmen, dass bei der Vorprüfung ein Sachbezug für eine zur Verfügung gestellte Dienstwohnung nachverrechnet, der Dienstgeber dagegen eine Beschwerde erhoben hat, über die noch keine Entscheidung vorlag und eine Nachrechnung analog zur Vorprüfung erfolgte. Im Anschluss an den Fließtext sind in Tabellenform jeweils für die betroffenen Zeiträume die Arbeitnehmerin ***N1*** und die Höhen der Bemessungsgrundlage alt, der Hinzurechnung, der Bemessungsgrundlage neu und der Nachforderung und die Festsetzung des Säumniszuschlages für die Abgabenarten Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag der Zeitraum, angeführt. Damit enthält der Bericht, auf den in der Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen wird, die der Abgabenbehörde nach der Bekanntgabe der für die betroffenen Zeiträume mitgeteilten Selbstberechnungsbeträge neu hervorgekommenen Tatsachen. Es wurde mit der ausreichenden Klarheit zum Ausdruck gebracht, dass die Feststellungen zu den im Bericht angeführten Zeiträumen und nicht zu den Zeiträumen, zu dem das in der Beschwerdevorentscheidung angeführte Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom ***D19*** ergangen ist, getroffen wurden. Das im Vorlageantrag enthaltene Vorbringen, eine analoge Entscheidung sei nicht zulässig, da die vorliegende Beschwerde einen anderen Zeitraum betreffen, ist daher unbegründet.
Gemäß § 15 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988 zufließen.
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.
Für die Einstufung einer Leistung als Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Motiv für die Erbringung der Leistung an den Dienstnehmer von Bedeutung. Zu den Bezügen und Vorteilen im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 gehören die Einnahmen (Geld oder geldwerte Vorteile) im Sinne des § 15 Abs. 1 EStG 1988, die durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist dann der Fall, wenn der Vorteil nur deshalb gewährt wird, weil der Zurechnungsempfänger Arbeitnehmer dieses Arbeitgebers ist, der Vorteil also mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird, und sich die Leistung des Arbeitgebers im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Wird der Veranlassungszusammenhang zwischen der Leistung des Arbeitgebers und der Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer durchbrochen, weil die Leistung des Arbeitgebers nicht durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, sondern aus anderen Gründen erfolgt (wie etwa Vorteile, die der Dienstgeber im eigenbetrieblichen Interesse oder aufgrund einer persönlichen Beziehung zum Arbeitnehmer gewährt), ist diese Leistung nicht als Arbeitslohn einzustufen (vgl. ).
Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe die Wohnung nicht der Arbeitnehmerin, sondern dem gemeinsamen Sohn zur Verfügung gestellt, konnte ebenso wenig als erwiesen angesehen werden, wie dass es sich um eine Leistung handelt, die in Erfüllung der Unterhaltspflicht erbracht wurde. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer die Wohnung der Arbeitnehmerin aufgrund des bestehenden Dienstverhältnisses für die von ihr geleistete Arbeit zur Verfügung gestellt. Es ist daher ein Sachbezug, der zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die in der Beschwerdesache aufgetretenen Rechtsfragen wurden anhand der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gelöst. Dem Erkenntnis liegt daher nicht die Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zugrunde.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 15 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 1 und 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100491.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
OAAAC-34330