"Gefälligkeitsrechnungen"
VfGH-Beschwerde zur Zahl E 2802/2023 anhängig. Ablehnung der Beschwerde mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***28***, vertreten durch Mag. Marion Mayer SteuerberatungsgmbH, Wiener Straße 73, 2604 Theresienfeld, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 und 2006 sowie vom , betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 2008 und 2009, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am , zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet wurde und den Handel mit Waren aller Art zum Betriebsgegenstand hatte.
Bis wurde die Bf. von ***1***, seit von ***2*** als Gesellschaftergeschäftsführer selbständig vertreten.
Mit Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom wurde über die Bf. das Konkursverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom wurde der Konkurs aufgehoben, Zwangsausgleich. In diesem Zeitraum ( bis März 2008) wurde die Bf. von der Masseverwalterin ***3*** vertreten.
Zeugenvernehmung bei Polizei ***15***
Am gab ***4***, welcher seit dem Jahr 1996 als ausgebildeter Radio- und Fernsehtechniker in der Firma seiner Ehegattin ***5*** angestellt war und bei der beschwerdeführenden Gesellschaft regelmäßig Arbeiten im Zusammenhang mit Elektroinstallationen oder Videoüberwachungen durchgeführt hat, bei der Polizei ***15*** bekannt, im Frühjahr 2005 von der beschwerdeführenden Gesellschaft einen Auftrag für verschiedene Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Errichtung einer neuen LKW Halle in ***6*** erhalten zu haben. In den Jahren 2005 und 2006 habe er ca. 250.000 bis 270.000 Euro an die Bf. fakturiert. Die fakturierten Leistungen seien erbracht und die Rechnungen von der Bf. bezahlt worden.
Aufgrund dieser Aussage erfolgte eine Anklage ***4*** wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage und eine Anklage ***2*** wegen des Vorwurfs der Bestimmung zur falschen Zeugenaussage. Mit Urteil vom wurden sowohl ***4*** als auch ***2*** freigesprochen, weil der Schuldbeweis nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar war.
Beschuldigtenvernehmung bei Polizei ***16***
Am gab ***4***, bei der Polizeiinspektion ***16*** bekannt, dass er namens der Firma seiner Ehegattin ***5*** und über Aufforderung des ***2*** in den Jahren 2005 bis 2009 gegen Provision an die beschwerdeführende Gesellschaft "Gefälligkeitsrechnungen" über tatsächlich nicht erbrachte Leistungen im Gesamtausmaß von 443.101,85 Euro netto ausgestellt habe.
Dabei habe es sich im Jahr 2005 um Scheinrechnungen in der Höhe von 64.027 Euro
• 6 Rechnungen mit dem Briefkopf Firma ***7***, ***9***
• Um 2 Rechnungen mit dem Briefkopf ***8***, ***10***
im Jahr 2006 um Scheinrechnungen in der Höhe von 256.594,85
• 2 Rechnungen mit dem Briefkopf ***11***, Baumeister, 44.792,75 Euro
• Rest (211.802,10 Euro) wurden von ***12***, Planungsfirma, Subfirma an ***4*** fakturiert, welcher sie weiter an die Bf. fakturierte. Sämtliche ***12*** Rechnungen seien Gefälligkeitsrechnungen gewesen, für welche ***12*** keinen Erlös oder prozentuellen Rechnungsanteil erhalten habe.
im Jahr 2007 um Scheinrechnungen in der Höhe von 6.120 Euro
• 2 Rechnungen an die Firma ***7***
im Jahr 2008 um Scheinrechnungen in der Höhe von 96.360 Euro
• 5 Rechnungen mit Briefkopf ***13***, Handel mit Waren aller Art, ***6***
im Jahr 2009 um Scheinrechnungen in der Höhe von ca. 20.000 Euro gehandelt.
Dabei habe ***4*** die Waren oder Dienstleistungen fakturamäßig eingekauft (bei ***7***, ***8***, ***11***, ***13***), diese in der Firma seiner Ehegattin in Form einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bilanziert und die Waren oder Dienstleistungen in der Folge an die beschwerdeführende Gesellschaft weiterverkauft bzw. -fakturiert. Die Rechnungen habe ***4*** geschrieben.
***4*** habe dafür Provisionen in der Höhe von 1,5% der Rechnungssumme erhalten, welche solcherart ebenfalls an die beschwerdeführende Gesellschaft fakturiert worden seien, indem ***4*** auf reguläre Arbeiten bei der Bf. 1,5% dazugeschlagen habe.
***12*** hingegen habe seine echten Rechnungen an ***4*** weiter fakturiert, ohne dafür Geld bekommen zu haben.
Anlass für die Aussage ***4*** war der Umstand, dass im Rahmen einer abgabenbehördlichen Außenprüfung bei der Firma ***5*** Rechnungen der Firma ***13*** vorgefunden wurden, welche als Scheinrechnungen zu qualifizieren waren. In der Folge erstattete ***14*** Anzeige gegen das Einzelunternehmen ***5*** und ***4*** wegen Urkundenfälschung in Bezug auf 5 Rechnungen mit dem Briefkopf ***13*** über einen Gesamtrechnungsbetrag vom 96.360 Euro, welche den Ankauf von Maschinen, Drehbank, Bagger, Müllpresse und diverse Drehteile dokumentieren sollten.
Zeugeneinvernehmung bei Polizei ***16***
***4*** übergab der Polizei ***16*** aus freien Stücken eine Liste mit sämtlichen stornierten Rechnungen, die er in den Jahren 2005 bis 2009 über Bestimmen des ***2*** angefertigt habe.
Beschuldigtenvernehmung bei Polizei ***16***
***4*** hielt all seine Angaben bezüglich Scheinrechnungen aufrecht. Die Scheinrechnungen seien von ihm an die beschwerdeführende Gesellschaft gelegt worden, ohne die fakturierten Leistungen erbracht zu haben. Die Angaben, die ***4*** am bei der Polizei ***15*** gemacht habe, seien nicht richtig gewesen.
Diversion iSd. § 198 StPO
Aufgrund der Aussagen von ***4*** bestand seitens der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Absicht, Anklage gegen ***4*** wegen des Vergehens der Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 1 StGB einzubringen. Von dieser Anklage wurde Abstand genommen, weil ***4*** einer Diversion iSd. § 198 StPO zustimmte. Nach Zahlung eines Geldbetrages von 450 Euro wurde ***4*** von der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt am vom Rücktritt von der Verfolgung nach Zahlung eines Geldbetrags verständigt.
Abgabenbehördliche Prüfung gemäß § 147 Abs. 1 BAO
Im Bericht über das Ergebnis der bei der Bf. stattgefundenen Außenprüfung vom stellte die Abgabenbehörde fest, dass sie in Abwägung sämtlicher Aussagen von ***2*** (persönlich im Rahmen der Betriebsbesichtigung bzw. der Finanzbehörde schriftlich/per Email durch die steuerliche Vertretung zur Kenntnis gebracht), ***4*** sowie mehrerer zeugenschaftlich vernommener Personen davon ausgehe, dass die Aussagen des ***4***, wonach es sich um Scheinrechnungen handle, eine höhere Wahrscheinlichkeit hätten, der Wahrheit zu entsprechen, als die Behauptung der beschwerdeführenden Gesellschaft bzw. ***2***, wonach die Leistungen wie auf den Rechnungen angeführt erbracht worden seien.
Aufgrund dessen würden sämtliche Rechnungen, für welche ***4*** angegeben habe, die angeführten Lieferungen und Leistungen nicht erbracht zu haben, dahingehend gewürdigt, als die Rechnungsbeträge nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten und nicht als Aufwandposition bei der beschwerdeführenden Gesellschaft anerkannt würden. ***4*** habe seinen Angaben zufolge die Lieferungen und Leistungen nicht ausgeführt und auch keine anderen Personen oder Firmen damit beauftragt. Da sowohl ***4*** als auch die beschwerdeführende Gesellschaft bzw. die steuerliche Vertretung bzw. der nunmehrige Geschäftsführer ***2*** die tatsächlich ausführenden Personen/Firmen nicht haben benennen können, seien die Beiträge gemäß § 162 BAO nicht abzugsfähig.
Darüber hinaus sei eine Vielzahl der Rechnungen zusätzlich noch so mangelbehaftet, dass sie auch bei einer hypothetisch angenommenen tatsächlichen Erbringung der darauf angeführten Lieferungen und Leistungen im Hinblick auf die Rechnungsmerkmale gemäß § 11 UStG insbesondere hinsichtlich der Nichterfüllung von Leistungsbeschreibung und Leistungszeitraum nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien.
Seitens der Abgabenbehörde wurden folgende Summen nicht anerkannt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr | netto € | VSt | Brutto € |
2005 | 169.353,33 | 33.870,67 | 203.224,00 |
2006 | 317.197,67 | 63.439,53 | 380.637,60 |
2008 | 77.945,00 | 15.589,00 | 93.534,00 |
2009 | 23.250,00 | 4.650,00 | 27.900,00 |
In der Folge nahm die belangte Behörde die Verfahren betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2005 bis 2006 und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 wieder auf und setzte die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2005 bis 2007 mit neuen Sachbescheiden vom fest.
Mit Bescheiden vom wurde die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2008 und 2009 festgesetzt.
Berufung - nunmehr Beschwerde - vom
In der Beschwerde gegen die Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2005 bis 2006 sowie 2008 bis 2009 wendet die beschwerdeführende Gesellschaft zum einen die Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde, insbesondere im Rahmen der Beweiswürdigung, ein, zum anderen wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide behauptet.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Unabhängigen Finanzsenat (nunmehr Bundesfinanzgericht) zur Entscheidung vor.
Informelle Einvernahme von ***4*** durch das Bundesfinanzgericht am
Im Hinblick darauf, dass ***4*** dem Bundesfinanzgericht mitteilte, seiner Ladung als Zeuge für die mündliche Verhandlung am aufgrund einer medizinischen Rehabilitation nicht Folge leisten zu können, fand am eine informelle Befragung ***4*** als Auskunftsperson statt, im Rahmen derer er angab, dass das Unternehmen seiner Ehefrau ***5*** ein Einzelunternehmen gewesen sei, welches in Wahrheit von ihm allein geführt worden sei. Seine Frau habe lediglich ihren Namen zur Verfügung gestellt, jedoch keinerlei Tätigkeit im Unternehmen ausgeführt.
Die Tätigkeit des Unternehmens habe im Service und im Verkauf von Elektrogeräten, in der Neuinstallation und im Tausch von SAT Anlagen sowie jeglicher Art von Elektroarbeiten und -reparaturen bestanden. Er sei alleiniger Angestellter des Einzelunternehmens gewesen und hat ausschließlich für die ***Bf1*** sowie für Privatpersonen, nicht aber für andere Unternehmen, gearbeitet. Es habe auch keinerlei Mitarbeiter im Unternehmen ***5*** gegeben, alle Arbeiten seien immer nur von ihm persönlich ausgeführt worden. Er habe immer nur Elektroarbeiten und nie Bauarbeiten ausgeführt.
Die Auftragserteilung seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft an das Einzelunternehmen ***5*** sei immer mündlich erfolgt, auch bei größeren Aufträgen habe es keine schriftliche Auftragserteilung gegeben. Dementsprechend habe es auch keine schriftliche Auftragserteilung für jene Aufträge gegeben, für die keine Leistungen erbracht worden, sondern "Gefälligkeitsrechnungen" ausgestellt worden seien. Diese Leistungen hätte das Einzelunternehmen ***5*** auch gar nicht erbringen können, einerseits, weil ***4*** lediglich als Einzelperson gearbeitet habe und andererseits, weil er keine Kenntnisse im Bauwesen habe.
***4*** habe im Einzelunternehmen ***5*** die Buchhaltung allein gemacht und alle Rechnungen - auch die Rechnungen, denen tatsächlich keine Leistungen zugrunde gelegen seien - selbst geschrieben. Seine Ehefrau habe darüber nicht Bescheid gewusst, sondern erst durch die Betriebsprüfung der Finanzbehörde davon erfahren.
Zu den Rechnungen, denen keine Leistungen zugrunde gelegen seien, führte ***4*** aus, dass er immer zwei Rechnungen über denselben Betrag erstellt habe, einerseits eine gefälschte Ausgangsrechnung und andererseits eine gefälschte Eingangsrechnung. Die Rechnungen seien nicht fortlaufend nummeriert gewesen. Bei den Rechnungen, die mit Elektroreparaturen und dem Reparieren von Geräten im Zusammenhang gestanden seien, wie beispielsweise Schleifmaschinen reparieren, Stapler, E-Stapler, Staubsauer und Container umbauen mit Elektroeinbau (in Container Stromleitungen legen), Videoüberwachung in der Halle, habe es sich also um ordnungsgemäße und richtige Rechnungen gehandelt; bei den Rechnungen betreffend das Bauwesen habe es sind um Scheinrechnungen gehandelt.
Für die Ausstellung der Scheinrechnungen habe ***4*** seitens des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft, ***2***, Provisionen in der Höhe von 1,5% erhalten. Diese Provision seien ihm in der Regel entweder bar ausbezahlt oder tatsächlich an die Bf. erbrachte Leistungen hinzufakturiert worden.
Informelle Einvernahme von ***5*** durch das Bundesfinanzgericht am
Im Hinblick darauf, dass ***5*** dem Bundesfinanzgericht mitteilte, ihrer Ladung als Zeugin für die mündliche Verhandlung am aufgrund einer psychiatrischen Behandlung nicht Folge leisten zu können, fand am eine informelle Befragung ***5*** als Auskunftsperson statt, im Rahmen derer sie die Aussage ihres Ehemannes, wonach das Einzelunternehmen ***5*** auf ihren Mann gelaufen sei und sie nur ihren Namen zur Verfügung gestellt habe, bestätigte. Das Unternehmen habe einzig aus ihrem Mann bestanden und habe sonst keine weiteren Mitarbeiter gehabt.
***5*** selbst habe im Einzelunternehmen nicht mitgearbeitet, da dies neben der Versorgung von 3 Kindern, Haus, Garten und der Vollzeitarbeit als Einzelhandelskauffrau nicht möglich gewesen wäre.
Betreffend die Geschäftsbeziehungen des Einzelunternehmens zur beschwerdeführenden Gesellschaft habe sie lediglich gewusst, dass ihr Mann für die Bf. gearbeitet habe, sie habe aber weder Kenntnis darüber gehabt, welche Leistungen ihr Mann für die Bf. erbracht habe, noch sei sie in die Ausstellung der Rechnungen, welchen tatsächlich keine Leistungen zugrunde gelegen seien, involviert gewesen.
Mündliche Verhandlung am
Trotz expliziter Ladung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft, ***2***, erschien dieser nicht zur mündlichen Verhandlung, sondern legt eine ärztliche Bestätigung vor, wonach er am für 5-7 Tage arbeitsunfähig geschrieben wurde. ***2*** ließ sich sowohl durch seinen Anwalt als auch durch seine Steuerberaterin vertreten.
Seitens des Bundesfinanzgerichts werden zunächst die Protokolle vom über die vorangegangenen informellen Befragungen von ***4*** und ***5*** als Auskunftspersonen verlesen und den Parteien ausgehändigt.
Der anwaltliche Vertreter wendet die Verletzung der Parteiinteressen der Bf. insofern ein, als dieser durch die Vorgangsweise des Bundesfinanzgerichts, das Ehepaar ***45*** außerhalb der mündlichen Verhandlung zu vernehmen, die Möglichkeit genommen worden sei, die massiven Widersprüche, die sich im Laufe der Einvernahme des ***4*** ergeben hätten, aufzuklären bzw. die völlige Haltlosigkeit seiner Aussage zu verifizieren. Tatsächlich stehe ja im Sinne des Akteninhaltes fest, dass die Zeugin ***3***, Masseverwalterin im Konkurs der Bf., im Strafverfahren 37 Hv 129/08 in der Verhandlung vom wörtlich ausgesagt habe, dass ***4*** immer bei ihr im Büro gewesen sei und immer alles in bar habe wollen, wobei sie habe zuordnen können, dass die Zahlungen immer aufgrund der Rechnungen geleistet worden seien.
Der Vertreter der belangten Behörde bringt dazu vor, dass ihm das Hauptverhandlungsprotokoll 37 Hv 129/08 nicht vorliege, es im Hinblick darauf, dass ***4*** aber auch offizielle Leistungen an die beschwerdeführende Gesellschaft erbracht habe, klar sei, dass er dafür auch Zahlungen erhalten habe. Im Hauptverhandlungsprotokoll 37 Hv 39/12k vom habe ***27*** jedenfalls ausgesagt, dass sie persönlich keinerlei Zahlungen - weder an ***4*** noch an das Einzelunternehmen ***5*** durchgeführt habe.
Die steuerliche Vertreterin beantwortet die Fragen des Bundesfinanzgerichts in Vertretung von ***2*** und führt zunächst aus, dass die beschwerdeführende Gesellschaft sowohl in den Streitjahren als auch heute ca. 16-20 Mitarbeiter zähle und auf die Kart Produktion sowie die Spenglerei und Lackiererei von LKWs spezialisiert sei. Auf die Frage, welche konkreten Leistungen von ***4*** an die Bf. erbracht worden seien, wurde vorgebracht, dass ***4*** Bauleistungen, planerische Leistungen und EDV Leistungen erbracht sowie Kart Teile geliefert habe, welche er günstig zugekauft und an die Bf. weiter fakturiert habe. So sei der gesamte Sandstrahlzubau ohne Sandstrahlanlage über den Rechnungsbetrag von 65.990 Euro netto von ***4*** für die Bf. gebaut worden. Laut Aussage von ***2*** sei dieser mit ***4*** befreundet gewesen, weswegen die Auftragserteilung der beschwerdeführenden Gesellschaft an ***4*** immer mündlich erfolgt sei. Auch die steuerliche Vertretung habe keinerlei Auftragsschreiben, Schriftverkehr, Korrespondenz oder Kaufvertrag betreffend die seitens der Bf. an ***4*** erteilten Aufträge gesehen. Unter Hinweis auf die Aussage von ***17*** wird vorgebracht, dass ***4*** zur Ausführung der Bauaufträge bei der Bf. immer 3-4 Mitarbeiter mitgebracht habe. Zu einer baulichen Investition gehöre alles, wie auch die Asphaltdecke aus dem Jahr 2006 in der Höhe von 8.200 Euro. ***17*** habe eine Gesamtrechnung an die Bf. gelegt aus welcher im Rahmen der Planbesprechung einzelne Positionen herausgenommen und von ***4*** billiger ausgeführt worden seien.
Festzuhalten sei, dass der Betriebsprüfung seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft eine ordnungsgemäße Buchführung mit handschriftlicher Kassaführung vorgelegt worden sei.
Nach Abschluss des Beweisverfahrens beantragte der Behördenvertreter die Abweisung der Beschwerde und verwies auf 14 Jahre durchgehend stringente Aussagen des ***4***, welche auch durch die Angaben von ***12*** und ***14*** bestätigt worden seien. Die schriftlich vorgefertigten Aussagen der von der beschwerdeführenden Gesellschaft beigebrachten Zeugen (***18***, ***19***, ***20***, ***21***, ***22***, ***23***, ***24*** und ***25***) seien im Prüfungsverfahren des Finanzamtes hinterfragt und von diesen Personen abgeschwächt worden. Das Thema "Bezahlung von Rechnungen der Firma ***45***" habe wenig Relevanz, weil es ja offizielle Leistungen gegeben habe und darüber hinaus auch die 1,5% Provision für die Scheinrechnungen abgegolten worden seien. Rechtlich werde auf den Umstand verwiesen, dass ***4*** im Rahmen einer Diversion der objektiven Verwirklichung der Urkundenfälschung überführt worden sei und sich daraus eine Bindungswirkung im Sinne des § 116 Abs. 2 BAO ergebe.
Der anwaltliche Vertreter bestritt die Bindungswirkung einer Diversion iSd. § 198 StPO für das Abgabenverfahren und beantragte die Stattgabe der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Bei der beschwerdeführenden Gesellschaft handelte es sich im Streitzeitraum 2005 bis 2009 um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche 16 bis 20 Mitarbeiter zählt und die Reparatur von Kraftfahrzeugen und Fahrrädern sowie den Handel mit Waren aller Art. Spenglerei, Lackiererei und Mechanik zum Betriebsgegenstand hatte.
Bei dem Unternehmen ***5*** handelte es sich um ein Einzelunternehmen, das sich mit dem Service und dem Verkauf von Elektrogeräten, Neuinstallationen und Tausch von SAT Anlagen sowie allen Arten von Elektro Reparaturen beschäftigte. Einziger Angestellter des Einzelunternehmens ***5*** war ***4***, ausgebildeter Radio- und Fernsehtechniker. Faktisch wurde das Einzelunternehmen aber von ***4*** allein geführt, seine Ehefrau stellte lediglich ihren Namen für das Unternehmen zur Verfügung.
Seitens des Einzelunternehmens ***5*** wurden in den Streitjahren 2005 bis 2009 an die beschwerdeführende Gesellschaft Rechnungen im Gesamtausmaß von 443.101,85 Euro netto gelegt, denen tatsächlich keine Lieferungen und sonstigen Leistungen zugrunde lagen. Die konkreten Rechnungen wurden von ***4*** verfasst und im Rechnungswesen des Einzelunternehmens ***5*** verbucht. Dabei wurden einerseits an die beschwerdeführende Gesellschaft Ausgangsrechnungen gelegt, denen keine Leistungen zugrunde lagen und in gleicher Höhe Eingangsrechnungen anderer Unternehmen an das Einzelunternehmen ***5*** gelegt, denen ebenfalls keine Leistungen zugrunde lagen. Im Ergebnis ergaben sich somit letztlich keine Gewinnauswirkungen, weil die buchmäßig erfassten Erträge durch die spiegelbildlich buchmäßig erfassten Aufwendungen wieder neutralisiert wurden.
Streitgegenständlich ist somit die Korrektheit zahlreicher Rechnungen der Jahre 2005 bis 2009 in umfangreichem Ausmaß, die das Einzelunternehmen ***5*** an die beschwerdeführende Gesellschaft gelegt hat.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellung, wonach seitens des Einzelunternehmens ***5*** Rechnungen an die beschwerdeführende Gesellschaft gelegt wurden, denen in Wahrheit keine Leistungen zugrunde lagen, beruht zunächst zentral auf den Aussagen von ***4***.
***4*** gab am bei der Polizeiinspektion ***16*** bekannt, namens der Firma seiner Ehegattin ***5*** und über Aufforderung des ***2*** in den Jahren 2005 bis 2009 gegen Provision an die beschwerdeführende Gesellschaft "Gefälligkeitsrechnungen" über tatsächlich nicht erbrachte Leistungen im Gesamtausmaß von 443.101,85 Euro netto ausgestellt zu haben.
***4*** blieb bei den folgenden polizeilichen Einvernahmen vom und bei dieser Aussage und untermauerte sie durch Vorlage sämtlicher von ihm an die Bf. ausgestellter Scheinrechnungen. Auch in den Hauptverhandlungen vor dem Landesgericht Wiener Neustadt am und zu GZ 37 Hv 39/12k (Anklage ***4*** wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage bei der Polizei ***15*** am ) und der informellen Einvernahme als Auskunftsperson vor dem Bundesfinanzgericht am blieb er bei seinen diesbezüglichen Angaben.
***4*** hat somit wiederholt ausgesagt, dass er an die beschwerdeführende Gesellschaft einerseits Ausgangsrechnungen gelegt hat, denen keine Leistungen zugrunde lagen, und andererseits in gleicher Höhe Eingangsrechnungen an das Einzelunternehmen ***5*** gelegt hat, denen ebenfalls keine Leistungen zugrunde lagen.
Bei seiner Aussage vor dem Bundesfinanzgericht war ***4*** ruhig, gefasst und konstruktiv; er wollte ganz offensichtlich an der Aufklärung des Sachverhaltes mitwirken. Auch auf Nachfragen ist er detailliert auf die Fragen des Bundesfinanzgerichts eingegangen.
Aus diesem Grund geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass seiner Aussage Glaubwürdigkeit zukommt.
Getrennt davon hat das Bundesfinanzgericht seine Ehefrau ***5*** befragt, und auch ihr ist ein konstruktives Verhalten zu konstatieren. Es ist daher glaubwürdig, wenn sie vorbringt, nichts mit der Unternehmensgebarung zu tun gehabt zu haben und nur vorgeschoben gewesen zu sein.
Der Umstand, dass die Eingangs- und Ausgangsrechnungen tatsächlich immer in gleicher Höhe ausgestellt wurden, unterstreicht die Korrektheit der Aussagen von ***4*** und zeigt auf, dass es sich um eine Scheingebarung handelte. Diese Vorgangsweise kann nämlich nicht anders als dadurch erklärt werden, dass in Wahrheit keine den Ausgangsrechnungen zugrundeliegenden Leistungen erbracht wurden.
Mit seinen Aussagen hat ***4*** sich und seine Ehegattin sowohl abgabenrechtlich als auch strafrechtlich massiv belastet. Abgabenrechtlich war zu gewärtigen, dass die zu Unrecht in den Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuerbeträge bei ***5*** zu Nachforderungen führen würden. In strafrechtlicher Hinsicht bestand seitens der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt die Absicht, Anklage gegen ***4*** wegen des Vergehens der Urkundenfälschung gemäß § 223 Abs. 1 StGB einzubringen.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die ebenfalls von der Polizei einvernommenen Geschäftspartner des Einzelunternehmens ***5*** (***12*** und ***14***) zu verweisen, welche die Aussagen von ***4*** im Hinblick auf die Ausstellung von Gefälligkeitsrechnungen bestätigten.
So hat ***14*** hat am bei der Polizei ***16*** gegen das Einzelunternehmen ***5*** Anzeige wegen Urkundenfälschung erstattet und dabei zu Protokoll gegeben, dass die ihm seitens der Abgabenbehörde vorgelegten fünf Rechnungen über den Ankauf von Maschinen, Drehbank, Bagger, Mühlpresse und diverse Drehteile mit dem Briefkopf ***13*** über einen Gesamtrechnungsbetrag von 96.360 Euro netto durchwegs gefälscht waren. Der Rechnungsvorduck mit der Firmenbezeichnung von ***14*** sei falsch gewesen und weder die ATU Nummern noch die Firmenadresse hätten mit der tatsächlichen Firmenanschrift übereingestimmt. Sämtliche Unterschriften auf den vorgelegten Rechnungen seien gefälscht gewesen und die auf den Rechnungen angeführten Metall- und Maschinenteile seien weder in seinem Besitz gewesen noch habe er sie an das Einzelunternehmen ***5*** verkauft.
***12*** hat am bei der Polizei ***16*** zu Protokoll gegeben, dass ***4*** im Herbst 2008 mehrmals an ihn herangetreten sei und ihn gedrängt habe, Rechnungen für ihn auszustellen, wobei er ihm vorgezeigt habe, wie diese Rechnungen auszusehen hätten und auch die einzelnen Geldbeträge sowie den Rechnungswortlaut, das Rechnungsdatum und die Rechnungsnummer vorgegeben habe. ***12*** habe an einem Tag 11-12 Rechnungen in der Höhe von ca. 200.000 Euro netto verfasst, welche ***4*** in seiner Buchhaltung des Jahres 2006 fakturiert habe.
Demgegenüber erscheint die im Laufe des Verfahrens immer wieder gemachte Aussage des ***2***, wonach Aufträge an das Einzelunternehmen ***5***, welches in Wahrheit von ***4*** allein geführt wurde, mit einer Auftragssumme von beispielsweise 37.150 Euro netto für Hallenzubau, 65.990 Euro netto für Zubau Sandstrahlanlage oder 49.720 Euro netto für den Bürozubau nur mündlich erteilt wurden, nicht glaubwürdig. Denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Aufträge mit einem derartigen Auftragsvolumen niemals gänzlich ohne vorangegangene Korrespondenz bzw. mittels schriftlicher Form erteilt werden. Es erscheint auch nicht glaubwürdig, dass diese Vorgangsweise einzig dem Umstand geschuldet war, dass ***4*** und ***2*** ein freundschaftliches Verhältnis miteinander pflegten.
Dazu kommt, dass ***4*** als ausgebildeter Radio- und Fernsehtechniker niemals in der Baubranche gearbeitet hat. Bauleistungen wie beispielsweise am Hallenzubau, dem Zubau der Sandstrahlanlage und dem Bürozubau hätten von ***4*** daher nicht erbracht werden können. Zudem steht fest, dass er als einziger Angestellter des Einzelunternehmens ***5*** alle Arbeiten immer nur persönlich ausgeführt hat. Auch aus diesen Gründen ist es undenkbar, dass ***4*** die Bauleistungen, für welche an die beschwerdeführende Gesellschaft Rechnungen in umfangreichem Ausmaß ausgestellt wurden, tatsächlich ausgeführt hat. Die Rechnungen, mit denen Arbeitsleistungen von Arbeitern fakturiert wurden sowie die Aussage des ***2***, wonach ***4*** die in Rechnung gestellten Arbeiten "mit seinen Leuten ausgeführt habe" sind in Ermangelung weiterer Mitarbeiter des Unternehmens ***5*** ebenfalls nicht glaubwürdig.
Nach allen Zeugenaussagen kann unstrittig festgehalten werden, dass ***4*** ausschließlich Elektroarbeiten und Videoüberwachung bei der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgeführt hat. In diesem Zusammenhang ist auch auf die Aussage des Zeugen ***23***, ein ehemaliger Mitarbeiter der beschwerdeführenden Gesellschaft, zu verweisen, wonach dieser selbst Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Zubau der Sandstrahlanlage (Schweißarbeiten für die Stahlkonstruktion) ausgeführt habe, was im Widerspruch zu der seitens ***4*** an die beschwerdeführende Gesellschaft fakturierten Rechnung Nr. 57 vom , Rechnungsposition "Stahlkonstruktion" 21.850 Euro netto steht und die Aussage ***4*** untermauert. Die Montage der ebenfalls in dieser Rechnung fakturierten Position "Wandpanele, Dachpanele inklusive Eckblech und Ablaufrinne" 29.650 Euro netto wurde laut ***23*** durch einen Arbeiter von ***2*** ausgeführt.
Auch der Ankauf des gebrauchten LKW Steyr 19S40 (Rechnung Nr. 0037 vom ) durch die beschwerdeführende Gesellschaft, welchen ***2*** nachweislich direkt von der Firma Varga um 4.800 Euro netto angekauft hat, die Fakturierung allerdings über das Einzelunternehmen ***5*** gelaufen sei, und ***4*** gleichzeitig eine Rechnung über diesen Ankauf in der Höhe von 18.000 Euro an die beschwerdeführende Gesellschaft gelegt hat stützt die Aussage ***4***.
Zu dem Antrag des anwaltlichen Vertreters, sämtliche im Strafverfahren zu GZ 37 Hv 39/12k vernommenen Zeugen auch im Rahmen des streitgegenständlichen Beschwerdeverfahrens zu vernehmen, ist auf § 183 Abs. 2 BAO zu verweisen. Danach ist eine unmittelbare Beweisaufnahme im Abgabenverfahren nicht erforderlich (; , 2007/15/0070; , 2006/15/0290; , Ra 2018/13/0006), sondern dürfen auch Beweismittel verwendet werden, die andere Behörden erhoben haben wie zB. Auswertung von Aussagen eines Zeugen, die dieser vor einer anderen Behörde abgebeben hat (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 183, Rz 1).
Der Strafakt des Landesgerichtes Wiener Neustadt zu GZ 37 Hv 39/12k wurde dem Antrag des anwaltlichen Vertreters entsprechend beigeschafft und die Aussagen der seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft namhaft gemachten Zeugen im gegenständlichen Verfahren aufgrund der Hauptverhandlungsprotokolle des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom sowie vom berücksichtigt.
Diese Zeugen konnten jedoch die Angaben des ***4*** in keiner Weise entkräften. ***26*** bestätigte zwar, von ***4*** quittierte Geldbeträge an ihn ausgehändigt zu haben, im Hinblick darauf, dass das Einzelunternehmen ***5*** an die beschwerdeführende Gesellschaft unbestrittenermaßen aber auch eine Vielzahl tatsächlicher und zutreffend abgerechneter Leistungen erbracht und hierfür entsprechende Entgelte entgegengenommen hat, liefert diese Aussage keinen Nachweis dafür, dass sich derart quittierte Beträge auch auf die in Streit stehenden Scheinrechnungen beziehen würden.
Wenn der anwaltliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf die Zeugenaussage der Masseverwalterin ***27*** im Strafverfahren zu GZ 37 Hv 129/08i (Strafverfahren wegen Krida) verweist, in welchem diese wörtlich ausgesagt habe, dass ***4*** immer bei ihr im Büro gewesen sei und immer alles in bar ausbezahlt haben wollte, wobei sie habe zuordnen können, dass die Zahlungen immer aufgrund der Rechnungen geleistet worden seien, ist wie folgt entgegenzuhalten:
Mit Eingabe vom wurde die Beischaffung des Strafaktes des Landesgerichts Wiener Neustadt zu GZ 37 Hv 39/12k beantragt und diesem Antrag nachgekommen. Das Hauptverhandlungsprotokoll vom zu GZ 37 Hv 129/08i des Landesgerichts Wiener Neustadt, dessen Beischaffung seitens der Bf. nie beantragt wurde und auch keine unmittelbare Relevanz für das streitgegenständliche Verfahren hat, ist nicht mehr verfügbar, da infolge der Rechtskraft des Urteils lediglich ein Protokolls- und Urteilsvermerk angefertigt wurde und die Zeugenaussagen nicht übertragen wurden.
Unabhängig davon ist jedoch festzustellen, dass ***27*** in der Hauptverhandlung vom zu GZ 37 Hv 39/12k (Strafverfahren wegen (Bestimmung zu) falscher Zeugenaussage) ebenfalls als Zeugin befragt wurde und ausgesagt hat, ***4*** nicht persönlich zu kennen. Darüber hinaus sagte sie aus, als Masseverwalterin überhaupt keine Barauszahlungen durchzuführen. Sie habe aber auch keinerlei Überweisung - weder an ***4*** persönlich noch an das Einzelunternehmen ***5*** - getätigt. Damit steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass die Zeugenaussage von ***27*** auch im Strafverfahren zu GZ 37 Hv 129/08i nicht anders lauten konnte.
Sofern der anwaltliche Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft in der Einvernahme des Ehepaars ***45*** außerhalb der mündlichen Verhandlung die Verletzung von Parteiinteressen erblickt, ist auf § 269 BAO zu verweisen, wonach den Verwaltungsgerichten auch im Hinblick auf das zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Ermittlungsverfahrens dieselben Befugnisse zukommen wie den Abgabenbehörden. Durch die Verlesung der Protokolle über die informelle Befragung als Auskunftsperson im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde das Parteiengehör gewahrt.
Insgesamt kommt das Bundesfinanzgericht daher im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass der wiederholten detailgetreu dargelegten Aussage des ***4***, wonach er in den Streitjahren an die beschwerdeführende Gesellschaft Rechnungen über tatsächlich nicht erbrachte Leistungen in erheblichen Ausmaß ausgestellt habe, überragende Wahrscheinlichkeit der Glaubwürdigkeit zukommt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Hinsichtlich der abgabenrechtlichen Mitwirkungspflicht ist zunächst auszuführen, dass den Beschwerdeführer, wenn er beantragt, dass Aufwendungen abgesetzt werden, nach § 162 BAO die Pflicht trifft, auf Verlangen der Abgabenbehörde die Empfänger von abgesetzten Beträgen genau zu bezeichnen. Werden die Angaben verweigert, sind nach § 162 Abs. 2 BAO die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen.
Im gegenständlichen Fall machte die beschwerdeführende Gesellschaft zwar Aufwendungen für Lieferungen und sonstige Leistungen des Einzelunternehmens ***5*** bzw. des ***4*** als Leistungserbringer bzw. Empfänger der Zahlungen namhaft, doch sprechen die oben angeführten maßgeblichen Gründe dagegen, dass es sich dabei tatsächlich um die Leistungserbringer/Zahlungsempfänger handelt. Unter Würdigung sämtlicher Aussagen des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft sowie zahlreicher zeugenschaftlich einvernommener Personen kam das Bundesfinanzgericht - wie oben ausgeführt - zu dem Ergebnis, dass der Annahme, wonach ***4*** an die Bf. Rechnungen ausgestellt habe, denen tatsächlich keine Leistungen zugrunde lagen, überragende Wahrscheinlichkeit zukommt.
Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist mit der Namhaftmachung von Personen, die als Empfänger bezeichnet werden, ein Abzug von Ausgaben noch nicht gesichert. Rechtfertigen maßgebliche Gründe die Vermutung, dass die benannten Personen nicht die tatsächlichen Empfänger der abgesetzten Beträge sind, kann der Abzug in freier Beweiswürdigung zu Recht trotzdem versagt werden, da das Ziel des Abgabenverfahrens in der Erforschung der materiellen Wahrheit liegt und nicht in der Herbeiführung eines formal verstandenen Aussageergebnisses (vgl ; , 83/13/0076; , 98/13/0216). Wurde eine Leistung von einer namhaft gemachten Person tatsächlich nicht erbracht, kann diese Person auch nicht als Empfänger iSd. § 162 BAO angesehen werden ().
Weder ***4*** noch der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft ***2*** konnten die tatsächlich ausführenden Personen/Firmen benennen. Entsprechend der Regelung des § 162 BAO und im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Ziel des Abgabenverfahrens in der Erforschung der materiellen Wahrheit liegt, war daher der Abzug der angesetzten Beträge zu Recht zu versagen.
Entsprechend den obigen Ausführungen steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass es sich um einen bloß vorgetäuschten Leistungsaustausch handelte, mit dem Ziel, die steuerliche Bemessungsgrundlage zu vermindern. Aus einkommensteuerlicher Sicht ist in diesem Zusammenhang auf § 4 Abs. 4 EStG zu verweisen, wonach unter Betriebsausgaben Aufwendungen und Ausgaben zu verstehen sind, die durch den Betrieb veranlasst sind. Sie kürzen den Gewinn und schmälern dadurch die Bemessungsgrundlage der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer. Um einen Abzugsposten handelt es sich, wenn die Ausgaben mit einer betrieblichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen. Ein bloß vorgetäuschter Leistungsaustausch lässt den Betriebsausgabenabzug nicht zu (vgl. ).
Die von der beschwerdeführenden Gesellschaft für die Zahlung der Rechnungen, denen tatsächlich keine Leistungen zugrunde lagen, geltend gemachten Ausgaben stehen daher nicht als Betriebsausgaben zu.
Aus umsatzsteuerlicher Sicht ist auf § 12 Abs. 1 UStG zu verweisen, wonach ein Unternehmer die von anderen Unternehmen in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen für sein Unternehmen dann abziehen kann, wenn sie im Inland für sein Unternehmen ausgeführt wurden. Dabei gelten Lieferungen und sonstige Leistungen gemäß § 12 Abs. 2 UStG nur dann als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen; das heißt, nur wenn die zugrundeliegende Leistung für das Unternehmen der Leistungsempfängerin auch tatsächlich erbracht wurde.
Im beschwerdegegenständlichen Fall war die beschwerdeführende Gesellschaft in den einzelnen streitgegenständlichen Rechnungsbelegen zwar als Leistungsempfängerin ausgewiesen, aufgrund obiger Ausführungen steht für das Bundesfinanzgericht jedoch fest, dass sie nicht Empfängerin von Lieferungen und sonstigen Leistungen war, sondern vielmehr lediglich Rechnungen ausgestellt wurden, denen tatsächlich keine Leistung zugrunde lag.
Da somit dem Erfordernis des § 12 Abs. 2 UStG nicht entsprochen wurde, konnte ihr auch kein Vorsteuerabzug zustehen. Diese Rechtslage entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (; , 2007/15/0102) wonach maßgebend ist, wer "Herr der Leistungsbeziehungen" ist und wer über Leistungen disponieren kann und in wessen Vermögen sich Erfolg oder Misserfolg der Leistungen niederschlagen.
Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (unter Bezugnahme auf die Judikatur des EuGH) ergibt sich zudem, dass das Recht auf Vorsteuerabzug zu versagen ist, wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass das Recht auf betrügerische Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wurde. Die objektiven Kriterien für den Vorsteuerabzug sind demnach auch dann nicht erfüllt, wenn ein Abgabepflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der in eine vom Lieferer oder von einem anderen Wirtschaftsteilnehmer auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe der Lieferkette begangene Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen ist (vgl. ; in diesem Sinne auch ).
Aus den dargelegten Gründen berechtigen die Rechnungsbeträge, für welche ***4*** angegeben hat, die angeführten Lieferungen und Leistungen nicht erbracht zu haben, nicht zum Vorsteuerabzug.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Strittig war im gegenständlichen Fall die Korrektheit zahlreicher Rechnungen in umfangreichem Ausmaß. Dabei handelt es sich um eine auf Ebene der Sachverhaltsermittlung zu lösende Tatfrage. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102409.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at