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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2023, RV/7102175/2020

FLAG: Polizeigrundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des vormaligen Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Familienbeihilfe ab Dezember 2019, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO für den Kalendermonat Dezember 2019 Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) brachte beim Finanzamt (belangte Behörde) am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn ***1***, geb. ***2***, wegen Absolvierung der Polizeiausbildung ab ein.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom mit folgender Begründung abgewiesen:

"Der VwGH hat mit Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203 die Rechtsauffassung vertreten, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentlich Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 anzusehen sind.

Siehe auch Urteil RV/2101014/2019 des Bundesfinanzgerichts vom , in welchem klargestellt wird, dass sich das Urteil des VwGH auf alle Grundausbildungen bezieht und nicht nur auf die fremden- und grenzpolizeiliche exekutivdienstliche Ausbildung. § 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967). Ihr Antrag war daher abzuweisen".

In der dagegen firstgerecht eingebrachten Beschwerde vom brachte die Bf. vor:

"Das im bekämpften Bescheid als Begründung für die Nichtgewährung der begehrten Familiehbeihilfe angeführte Erkenntnis des VwGH zu ZI. 2018/16/0203- insbesondere die Annahme einer gegebenen Berufsausübung während der Grundausbildung- ist auf meinen Fall nicht anzuwenden!

Zunächst möchte ich klarstellen, dass mein Sohn ***1*** ***3*** ein Sonderfall eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses, welches per Sondervertrag zwischen ihm und dem Bund geschlossen wurde, ist. Demzufolge erhält mein Sohn ***1*** ***3*** während der Grundausbildung für den Exekutivdienst einen fix festgesetzten Ausbildungsbeitrag (im Sinne einer Lehrlingsentschädigung) und ist in keiner Besoldungs- oder Verwendungsgruppe eingestuft, wie dies der Regelfall im öffentlichen Dienst ist.

Er ist somit als "Ausnahmefall" im öffentlichen Dienstzu werten und findet auf ihn das Grundsätzlich für öffentlich Bedienstete- im privatrechtlich und öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis- geltende Prinzip, dass bereits die Ausbildungszeitam BeginndesDienstverhältnisse mit einer entsprechender Einstufungin eine Gehaltsstufe undZuordnungzu einer Verwendungsgruppeverbunden ist, keine Anwendung(Anmerkung:Die vormals praktizierte Vorgangsweise, "Polizeischüler" bereits imZuge ihrer Grundausbildungin die VerwendungsgruppeE2c zu übernehmen,findetaktuell keineAnwendungmehr).

Folglich wird mein Sohn ***1*** ***3*** erst nach erfolgreichem Abschluss seiner zweijährigen Grundausbildung, welche mit einer abzulegenden Dienstprüfung endet, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis der VerwendungsgruppeE2b überstellt.

Somit sind klar die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG erfüllt und steht dies auch in keinem Widerspruch zum Erkenntnis des Vwgh zu ZI. 2018/16/0203.

Zu dem zitierten Erkenntnis des Vwgh im Falle eines in Ausbildung zur Verwendung zum grenz- und fremdenpolizeilichen Exekutivdienst stehenden Bediensteten ist darauf hinzuweisen, dass diese Ausbildung zwar ebenfalls im Rahmen eines Sondervertrags erfolgt, aber im Unterschied zu meinem Fall die erste Phase der Ausbildung auch eine praktische Verwendung (nach einer Erstausbildung und vor einer Ergänzungsausbildung) einschließt. Dieser Ausbildungsabschnitt ist bereits von einer faktischen Berufsausübung geprägt, was dieser Phase der Grundausbildung auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufs nimmt. Folglich erfolgt in diesem Zeitraum auch eineverwendungs- und besoldungsspezifische Einordnung (hier in die Entlohnungsgruppe v 4, Bewertungsgruppe1), wie dies auch in anderen öffentlichen Dienstverhältnissen üblicherweise der Fall ist. Somit ist eben für diese Fallkonstellation von keiner Berufsausbildung als Tatbestandsvoraussetzungemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auszugehen.

Der VwGh stellt darüber hinaus dezidiert fest, dass dieser Zeitraum einer praktischen Verwendung(zwischen zwei Ausbildungsmodulen) deshalb keiner Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 gleichzustellen ist, da damit weder die Erlangung einer fachlichen Qualifikation noch die Ablegung entsprechender Prüfungen verbunden ist. Die erfolgreiche Absolvierung dieser "ersten Phase der Dienstausübung" stelle auch keine Voraussetzung für die Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis dar, sondern diene lediglich dazu, die zur Erfüllung kommender Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten zu erlangen.

In meinem außerordentlichen Dienstverhältnis sind jedoch genau diese Erfordernisse im Sinne des FLAG gegeben und erfolgt bei meinen Sohn ***1*** während des zweijährigen Zeitraums seiner Grundausbildung zu keiner Zeit die Einordnung in eine Entlohnungsgruppe bzw. Bewertungsgruppe gegenständlichen Antrag zu Grunde liegenden Fall eines.

Dazu hat auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/5100538/2014 unter Berufung auf eine einschlägige Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes festgestellt, dass selbstverständlich auch unter der Grundausbildung zum Exekutivdienst ein "anerkanntes Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG zu verstehen ist.

Ich beantrage daher, den bekämpften Bescheid entsprechend abzuändern und meinem Antrag auf Auszahlung und Nachzahlung der mir gebührenden Familienbeihilfe vollinhaltlich zu entsprechen."

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom mit folgender Begründung ab:

"Gemäß § 2 Abs. 1 lit b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Was unter Berufsausbildung zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Ziel einer Berufsausbildung im Sinn des FLAG 1967, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen.

Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung (zB 86/14/0059, 90/14/0108). Unter den Begriff "Berufsausbildung" fallen alle Arten schulischer und kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz für das künftige Berufsleben erforderliches Wissen vermittelt wird (zB 2006/15/0080). Laut Verwaltungsgerichtshof können im Zuge einer Berufsausbildung auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden (zB 2009/16/0315) und es fällt auch ein "duales System" der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf unter eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 (zB 2011/16/0077).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203, stellt die Ausbildungsphase/Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.

Dieses Erkenntnis betrifft zwar den Zeitraum, in dem der Sohn des Revisionswerbers nach Absolvierung der ersten Ausbildungsphase seinen Dienst als Grenzpolizist ausgeübt hat, jedoch verneint der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziert dies als Berufsausübung (vgl. Rz 16, 17). Es ist daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert wird (vgl. RV/7103766/2018).

Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit b FLAG nicht erfüllt und es spielt daher auch keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit b FLAG 1967 gleichgehalten werden könnte.

Da der Sohn ***3*** ***1*** keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 absolvierte, besteht für den Zeitraum ab 12/2019 kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen".

Im dagegen gerichteten und rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag vom brachte die Bf. folgendes vor:

"[…] Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Mit der Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom (GZ. RV/5100538/2014) wurde klargestellt, dass Polizeischüler/innen unter den entsprechenden Voraussetzungen (bis zum Höchstalter nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) - vollendetes 24. bzw. 25. Lebensjahr) während ihres 2jährigen Ausbildungszeitraums Anspruch auf Familienbeihilfe haben.

Demnach entspricht die Polizeigrundausbildung einem anerkannten Lehrverhältnis im Sinne des FLAG. Das Monatsentgelt, welches man während der Absolvierung der Ausbildung erhält ("Ausbildungsbeitrag"), ist als "Lehrlingsentschädigung" im Sinne des FLAG anzusehen und daher auch nicht auf die Einkommensgrenze von € 10.000 - gemäß FLAG anzurechnen.

Das in der Begründung der Beschwerdevorentscheidung angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0203 zielt nicht auf die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017 sondern auf die Ausbildung im Fremden- u. grenzpolizeilichen Exekutivdienst (Erlass des BMI-SI1400/1082-SIAK-ZGA/2015 vom und in weiterer Folge auf die Verwendung im Exekutivdienst auf Grenzdienststellen ab. Dieses Urteil bezieht sich nur auf die Dauer der praktischen Verwendung (zwischen den zwei Ausbildungsmodulen) im Zuge der Grundausbildung für den fremden- und grenzpolizeilichen Bereich.

Mein Sohn ***1*** absolviert seit die 2-jährige Grundausbildung für den Exekutivdienst gern. BGBl. II Nr. 153/2017 bei der LPD Wien

Im Erkenntnis des RV/5100538/2014 wurde festgestellt, dass der von einem Polizeischüler bezogene Ausbildungsbeitrag unter die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG fällt.

Gemäß § 5 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung besteht für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die in einem Kalenderjahr ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988) bezogen haben, das den Betrag von 10.000 Euro übersteigt, kein Anspruch auf die Familienbeihilfe.

Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens bleiben außer Betracht:

• das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht
• Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis
• Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl 550/1979, die auf ein "gesetzlich anerkanntes Lehrverhältnis" abstellte, geprüft und die Einschränkung der nicht beihilfenschädlichen Bezüge des Kindes auf solche aus "gesetzlich" anerkannten Lehrverhältnissen als verfassungswidrig erkannt () und das Wort "gesetzlich" aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof beurteilte dabei in seinen Erwägungen bei der Auslegung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht "Lehrverhältnisse" im engen Sinn (des Berufsausbildungsgesetzes), sondern sprach von "Ausbildungsverhältnissen" (im beschwerdegegenständlichen Fall: zum Vermessungstechniker). Dies war schon deswegen geboten, weil unter "Lehrverhältnissen" im Sinne des FLAG bei enger Wortinterpretation nur solche verstanden werden könnten, die unter den Anwendungsbereich des Berufsausbildungsgesetzes fallen. Gerade diese Einschränkung erachtete der VfGH aber als unsachlich und damit verfassungswidrig.

Abschließend führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass unter einem "anerkannten Ausbildungsverhältnis" (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG) dem Gesetzeszweck entsprechend nicht jedes privatrechtlich zulässige, sondern nur ein durch generelle Normen geregeltes verstanden werden kann.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist daher unter einem "anerkannten Lehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ein "anerkanntes Ausbildungsverhältnis" zu verstehen, wenn es durch generelle Normen (z.B. Gesetz oder Verordnung) geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind im gegenständlichen Fall aber erfüllt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) in der Verordnung der Bundesministerin für Inneres, BGBl. II Nr. 153/2017 idgF geregelt.

Dass die Polizeigrundausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG darstellt, bedarf keiner näheren Erörterung und wurde auch vom verschiedenen Finanzämtern zutreffend in Berufungsvorentscheidungen bereits festgestellt.

Nach Nowotny (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 5 Tz 6 mitHinweis auf G 98/94 und Verweis auf § 30j Rz 14ff) kann alsanerkanntes Lehrverhältnis im Sinne dieser Bestimmung nur ein nach einschlägigenRechtsvorschriften als Berufsausbildung anerkanntes Lehrverhältnis verstandenwerden. Nach Wanke (derselbe in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG-Kommentar, § 30jTz 23) sind anerkannte Lehrverhältnisse Ausbildungsverhältnisse nach demBerufsausbildungsgesetz (Lehrberufsliste), nach dem Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz und in der Land- und Forstwirtschaft nach den in Ausführung desLand- und forstwirtschaftlichen Berufsausbildungsgesetzes ergangenenLandesgesetzen. Ein Lehrverhältnis sei nach der Verwaltungspraxis ferneranerkannt, wenn es nach kollektiv- oder individualarbeitsrechtlichen Bestimmungen(wie Kollektivvertrag, Dienstvertrag, Ausbildungsvertrag) folgende Merkmaleaufweise: genau umrissenes Berufsbild: im Allgemeinen eine Ausbildungsdauer vonmindestens zwei Jahren; berufsbegleitender, fachlich einschlägiger Unterricht, der -vergleichbar mit einer Berufsschule - die grundlegenden theoretischen Kenntnissedes zu erlernenden Berufes vermittelt; Abschlussprüfung).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG idF BGBl550/1979, die auf ein "gesetzlich anerkanntes Lehrverhältnis" abstellte, geprüft unddie Einschränkung der nicht beihilfenschädlichen Bezüge des Kindes auf solche aus"gesetzlich" anerkannten Lehrverhältnissen als verfassungswidrig erkannt (VfGH, G98/94) und das Wort "gesetzlich" aufgehoben. DerVerfassungsgerichtshof beurteilte dabei in seinen Erwägungen bei der Auslegungdes § 5 Abs. 1 lit. b FLAG nicht "Lehrverhältnisse" im engen Sinn (desBerufsausbildungsgesetzes), sondern sprach von "Ausbildungsverhältnissen" (imbeschwerdegegenständlichen Fall: zum Vermessungstechniker). Dies war schondeswegen geboten, weil unter "Lehrverhältnissen" im Sinne des FLAG bei engerWortinterpretation nur solche verstanden werden könnten, die unter denAnwendungsbereich des Berufsausbildungsgesetzes fallen. Gerade dieseEinschränkung erachtete der VfGH aber als unsachlich und damit verfassungswidrig.

Abschließend führte der Gerichtshof ausdrücklich aus, dass unter einem"anerkannten Ausbildungsverhältnis" (im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG) demGesetzeszweck entsprechend nicht jedes privatrechtlich zulässige, sondern nur eindurch generelle Normen geregeltes verstanden werden kann.

Nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofes ist daher unter einem "anerkanntenLehrverhältnis" im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. b FLAG ein "anerkanntesAusbildungsverhältnis" zu verstehen, wenn es durch generelle Normen (z.B. Gesetzoder Verordnung) geregelt ist. Diese Voraussetzungen sind in meinem Fall abererfüllt. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Grundausbildung für den Exekutivdienst(Polizeigrundausbildung) in der Verordnung der Bundesministerin für Inneres, BGBl.II Nr. 153/2017 idgF geregelt.

Wie das BFG in seiner Entscheidung vom zu GZ. RV/6100175/2018 klarstellt, "hatten" Polizeischülerinnen während der Dauer der Grundausbildung nach bisheriger Rechtsauffassung Anspruch auf Familienbeihilfe (bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz).

Folglich wurden bislang also alle Phasen einer theoretischen Grundausbildung sowie auch die Praxisphasen während der normalen exekutivdienstlichen Grundausbildung, währenddessen man einen Ausbildungsbeitrag im Sinne einer Lehrlingsentschädigung bezieht, als Berufsausbildung und nicht als Berufsausübung gewertet!

Ich beantrage daher, den bekämpften Abweisungsbescheid und die Beschwerdevorentscheidung entsprechend abzuändern und meinem Antrag auf Auszahlung und Nachzahlung der mir gebührenden Familienbeihilfe vollinhaltlich zu entsprechen".

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vor und beantragte darin die Abweisung des Rechtsmittels.

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1064 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt. Diese Abteilung wurde mit neu besetzt.

Mit Beschluss des BFG vom wurde die Entscheidung gemäß § 271 Abs 1 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur GZ Ro 2021/16/0003 anhängigen Verfahrens (Revision zu BFG RV/7104446/2020) ausgesetzt, da der Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob das von Polizeischülern bezogene Entgelt mit einer Lehrlingsentschädigung vergleichbar ist und dies in weiterer Folge unter die Regelung des § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 fällt, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache ist.

Mit Erkenntnis vom stellte der VwGH (Ro 2021/16/0003) fest, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem 10.000 € bzw. (ab 2020) 15.000 € übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Mit E-Mail vom teilte die belangte Behörde mit: "Ich möchte Sie darüber informieren, dass unsere Oberbehörde Ihre Rechtsansicht nach den VwGH Entscheidungen vom (Ro 2021/16/0004-3) und (Ro 2022/16/00004-3) geändert hat:

Es besteht ein Anspruch auf Familienbeihilfe während der ersten drei Ausbildungsblöcke der Polizeigrundausbildung (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) mit einer Dauer von 20 Monaten.Für das viermonatigen Berufspraktikum II besteht kein Anspruch (Einschulung auf den Arbeitsplatz).

Die Polizeigrundausbildung entspricht keinem anerkannten Lehrverhältnis und ist die Einkommensgrenze zu beachten.

Unter Berücksichtigung der Einkommensgrenze wäre daher ein Familienbeihilfenanspruch für 20 Monate ab 12/2019 gegeben."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Bf., geb. am ***2***, absolvierte ab den Grundausbildungslehrgang für den Exekutivdienst aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017).

Die Grundausbildung gliedert sich dabei in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), Berufs-praktikum I (3 Monate), Vertiefung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das viermonatige Berufspraktikum II. Während der Dauer dieser Ausbildung steht der Polizeischüler in einem Sondervertragsverhältnis zum Bund (Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung). Dieses Dienstverhältnis ist auf die Dauer der Ausbildung, somit auf 24 Monate, befristet.

Der Sohn der Bf. hat die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) am bestanden.

Während der Polizeigrundausbildung (24-monatigen Ausbildungsphase) gebührt ein Ausbildungsbeitrag. Laut Einkommensteuerbescheid vom bezog der Sohn der Bf. im Jahr 2019 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbstständiger Arbeit laut übermittelten Lohnzetteln: EUR 1.293,13. Nach Abzug der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben errechnet sich demnach ein Einkommen gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 in Höhe von EUR 1.157,13.

2. Beweiswürdigung

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den von der Bf. und der Amtspartei vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Bestätigung über die abgelegte Polizeigrundausbildung sowie den Informationen auf der Internetseite https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx.

Die Daten zum erzielten Einkommen im Jahr 2019 wurde durch Abfrage der Finanzdokumentation ermittelt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die vom Sohn der Bf. absolvierte Grundausbildung eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch der Bf. auf Familienbeihilfe begründet und ob das bezogene Gehalt in der Grundausbildung familienbeihilfenschädlich (iSd § 5 Abs 1 FLAG) ist.

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

§ 5 Abs 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 138/2013 (gültig bis ) lautet:

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

§ 10 FLAG 1967 lautet (auszugsweise):

"§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal."

Berufsausbildung - allgemeines:

Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht näher definiert.

Der VwGH hat in seiner ständigen Rechtsprechung folgende wesentliche Kriterien entwickelt (vgl. etwa ; ; ; Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2 Rz 35):

Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Darunter fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. ; ).

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa ; ; ; und ).

Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann. So ist einerseits die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa ).

Entscheidend ist auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen (; ; ).

Unter eine Berufsausbildung fällt auch ein duales System der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ().

Die Gewährung der Familienbeihilfe ist nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren ().

Im Zuge einer Berufsausbildung können auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden ().

Ausbildung für den Exekutivdienst

Im gegenständlichen Fall stand der Sohn der Bf. von Dezember 2019 bis August 2021 in einem Dienstverhältnis zum Bund, in dessen Rahmen er eine arbeitsplatzspezifische Ausbildungsphase zu durchlaufen hatte.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs 4 SPG erlassen. Sie regelt gemäß § 1 Z 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Der Ausbildungsplan beruht auf einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht.

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

1. Basisausbildung (12 Monate Theorie),
2. das Berufspraktikum I (3 Monate),
3. die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)
4. das viermonatige Berufspraktikum II.

Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Grundausbildung für den Exekutivdienst:

Im von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, verneinte der VwGH eine Berufsausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich mit (auszugsweise) folgender Begründung:

"Absolviert der öffentlich Bedienstete (etwa auch: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt. Der Umstand, dass ein öffentlich Bediensteter in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufes. Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt."

Im Erkenntnis vom stellte der VwGH dann fest, dass die Basisausbildung noch eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle.

"Hat die von der Revisionswerberin (Antragstellerin betreffend Familienbeihilfe) angesprochene Ausbildung ihres Sohnes - wie in der Beschwerde vorgebracht - in einer unter Rz 4 des Erkenntnisses Ra 2018/16/0203, erwähnten "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel bestanden und hat diese - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden, dann läge darin noch eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. (Hier: Nach Angabe der Revisionswerberin befand sich ihr Sohn seit , also seit dem ersten Tag der Dauer des Vertragsverhältnisses zum Bund, in der Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum.)"

20 Monate sind Berufsausbildung:

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung iSd FLAG dar (vgl zB ).

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken dreimonatige zu absolvierende "Berufspraktikum I" dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des VwGH ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt. Auf die beispielhaft angeführten h.a. Erkenntnisse wird verwiesen: ; ; ; ; ; . Demgemäß liegt mittlerweile eine einheitliche Spruchpraxis des Bundesfinanzgerichtes vor.

Anderes gilt dagegen für das "Berufspraktikum II". In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit der im Rahmen eines Unterrichtspraktikums erfolgenden Einschulung von Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers (vgl dazu ). Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz, somit bereits eine Berufsausübung (vgl. zB , ).

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar (vgl ; ; ; ; ).

Der Sohn der Bf. hat im Dezember 2019 mit der Basisausbildung im Exekutivdienst begonnen. Im Sinne der (abgeänderten) Judikatur des VwGH liegt daher grundsätzlich eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 für die ersten drei Teile der Ausbildung und somit für 20 Monate vor.

Während des viermonatigen Berufspraktikums II (außerhalb des hier gegenständlichen Beschwerdezeitraumes) besteht jedoch nach den vorstehenden Ausführungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz (; ).

Polizeiausbildung ist keine Lehre:

Der Lehrvertrag begründet ein besonderes, immer nur befristetes Arbeitsverhältnis, das auf die Vermittlung der für die Ausübung eines bestimmten Berufes erforderlichen Kenntnisse gerichtet ist. Diese Kenntnisse, die Dauer der Ausbildung und alle übrigen Anforderungen und Prüfungsbedingungen für die Lehrabschlussprüfung sind in einer Verordnung zum Berufsausbildungsgesetz (BAG) zu regeln.

Anders als andere Anstellungsverhältnisse die mit einer Berufsausbildung verbunden sind, endet das Lehranstellungsverhältnis zwingend mit Ende der Ausbildung und kann nicht darüber hinaus verlängert werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen und die Anerkennung als Lehre sind an das BAG und die dazu vom zuständigen Ministerium zu erlassenden Verordnungen geknüpft.

Schon die Entscheidung des VwGH (, Rz 33) legt nahe, dass dieser die Polizeiausbildung nicht als Lehre ansieht, denn anderenfalls hätte er nicht die Zuverdienstgrenzen des § 5 Abs 1 FLAG erwähnt, die für Lehrverhältnis ausdrücklich nicht anzuwenden ist.

Im Erkenntnis vom , Ro 2022/16/0004, ist der VwGH der Ansicht des BFG im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Polizeigrundausbildung - die zwar durch generelle Normen, und zwar durch die Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt ist - sei, nicht zuletzt im Hinblick auf das Gehalt der Auszubildenden, mit einer Lehre - in einem Lehrberuf - nicht vergleichbar ist, nicht entgegengetreten und hat die Anwendung der Zuverdienstgrenze akzeptiert.

In der Entscheidung des , wurde nun klargestellt, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem EUR 10.000 bzw. EUR 15.000 (ab 2020) übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Streitzeitraum

Abschließend wird festgehalten, dass der angefochtene Bescheid vom kein Enddatum aufweist.

Es ist zwar so, dass die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ein zeitraumbezogener Anspruch ist. Ein diesbezüglicher Abspruch gilt für das Finanzamt, mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (, , ).

De facto konnte das Finanzamt im gegenständlichen Verfahren nur Sachverhalte erstinstanzlich rechtlich würdigen, die bis zur Bescheiderlassung im Dezember 2019 verwirklicht wurden. Damit ist auch der Entscheidungszeitraum des BFG mit diesem Monat begrenzt.

Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass die vom BFG ausführlich dargestellte Rechtsansicht nicht auch für nach dem Dezember 2019 liegende Zeiträume gelten sollte.

Die als Berufsausbildung anzuerkennenden verbleibenden 19 Monate (von insgesamt 20) enden im August 2021. Es liegt also am Finanzamt erstmalig festzustellen, ob die gemäß § 5 FLAG zu beachtende Zuverdienstgrenze von EUR 15.000,- (ab 2020) in den Folgemonaten (bis August 2021) überschritten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob die Ausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung darstellt, wurde vom Höchstgericht im Erkenntnis v. , Ra 2020/16/0039 geklärt, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Die Frage, ob das Gehalt des Auszubildenden gemäß § 5 FLAG zu berücksichtigen ist, ist durch das Erkenntnis des , geklärt.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise





































ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102175.2020

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