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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.06.2023, RV/7106052/2019

FLAG: Polizeigrundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen den Bescheid des vormaligen Finanzamtes Baden Mödling, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Mai 2019, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO für die Kalendermonate Mai 2019 bis August 2019 Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) brachte beim Finanzamt (belangte Behörde) am einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihren Sohn S., geboren am 1996, wegen Absolvierung der Polizeiausbildung ein. Dazu legte sie eine Bestätigung der Sicherheitsakademie (SIAK) vom vor, derzufolge ihr Sohn vom bis den Grundausbildungslehrgang***1*** für den Exekutivdienst im Bildungszentrum der SIAK in 3370 Ybbs an der Donau, Kirchengasse 12-14, absolviere.

Der Antrag wurde mit Bescheid vom mit folgender Begründung abgewiesen:

Für volljährige Kinder steht Familienbeihilfe nur unter bestimmten, im § 2 Abs. 1 lit. b bis e Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in der ab gültigen Fassung genannten Voraussetzungen zu.

Als anspruchsbegründend wird Folgendes bestimmt:

• Zeiten einer Berufsausbildung bzw. -fortbildung
• Zeiten zwischen dem Abschluss einer Schulausbildung und dem frühestmöglichen Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• Zeiten zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn bzw. der frühestmöglichen Fortsetzung der Berufsausbildung
• das dauernde Unvermögen, sich selbst wegen einer Behinderung Unterhalt zu verschaffen.

Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihres Dienstverhältnisses absolvieren, sind als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen.

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ Ra 2018/19/0203, stellt die Ausbildung für den Exekutivdienst keine Ausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 vor."

In ihrer fristgerecht erhobenen Beschwerde (Schreiben vom , eingelangt am ) brachte die Bf. vor, dass sich das FA im Ablehnungsbescheid auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ. Ra 2018/19/0203, beziehe, aus dessen Kontext hervorgehe, dass hier sinngemäß eine andere Geschäftszahl zitiert werden sollte (Ra 2018/16/0203). In dem zitierten Fall sei Familienbeihilfe für ein Kind beantragt worden, welches einen sogenannten "AGM-Kurs" für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich absolviert habe. Dazu sei in diesem Erkenntnis festgehalten worden:

"Unstrittig ist, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für dieexekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichenBereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zurGrundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildungim Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen sind."

Aufgrund der besonderen Gestaltung dieses Ausbildungsverhältnisses würden die Vertragsbediensteten jedoch auch schon während dieser Zeit zu einer etwa 14 Monate dauernden Verwendung herangezogen, in der sie selbständig den Exekutivdienst (Grenzkontrolle) vollziehen. Diese 14 Monate seien Gegenstand des Verfahrens gewesen und es sei entschieden worden, dass diese Zeit nicht als Berufsausbildung anzusehen sei.

Der Fall ihres Sohnes sei allerdings nicht mit dem von der Behörde zitierten Fall vergleichbar. Ihr Sohn besuche einen regulären "PGA-Kurs", also die Polizeigrundausbildung mit einer Dauer von 24 Monaten (Verweis auf beiliegenden Dienstvertrag). Während dieser Ausbildung werden zwei Abschnitte im Schulbetrieb absolviert (12 Monate und 5 Monate). Ergänzend seien zwei Praktika vorgesehen, in der ihr Sohn mit Begleitung eines geschulten Betreuungsbeamten Dienst versehen werde. Daraus ergebe sich, dass ihr Sohn auch während dieser Zeit noch in Ausbildung sei und nicht selbständig den Dienst versehen werde.

Das BFG habe im Erkenntnis vom , RV/5100538/2014 bestätigt, dass die Polizeigrundausbildung, welche ihr Sohn absolviere, als anerkanntes Ausbildungsverhältnis iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG anzusehen sei und daher Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs 1 lit b FLAG bestehe.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom mit der Begründung ab, dass sich das Beschwerdevorbringen der Bf. auf bereits im Rahmen der Antragstellung vorgebrachte und gewürdigte Argumente erschöpfe. Diese seien jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Da die Bf. keinen Antrag auf sofortige Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) unter Verzicht auf eine BVE der Abgabenbehörde gestellt habe, ergehe diese BVE in Ansehung der zwingenden gesetzlichen Anordnung des § 262 Abs 1 Bundesabgabenordnung.

Dagegen stellte die Bf. rechtzeitig einen Vorlageantrag (Schreiben vom , eingelangt am ) und brachte vor, dass ihre Argumente im Bescheid vom nicht gewürdigt worden seien. Zusätzlich zu den bereits in der Beschwerde eingebrachten Argumenten verweise sie auf die Entscheidung des GZ. RV/6100175/2018. Hier sei klargestellt worden, dass Polizeischüler während der tatsächlichen Grundausbildung bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen nach dem FLAG jedenfalls Anspruch auf Familienbeihilfe hätten.

Mittels Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerde dem BFG mit dem Antrag auf Abweisung derselben vor (Hinweis auf ).

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1064 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt.

Mit Beschluss des BFG vom wurde die Entscheidung gemäß § 271 Abs 1 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur GZ Ro 2021/16/0003 anhängigen Verfahrens (Revision zu BFG RV/7104446/2020) ausgesetzt, da der Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob das von Polizeischülern bezogene Entgelt mit einer Lehrlingsentschädigung vergleichbar ist und dies in weiterer Folge unter die Regelung des § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 fällt, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache ist.

Mit Erkenntnis vom stellte der VwGH (Ro 2021/16/0003) fest, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem 10.000 € bzw. (ab 2020) 15.000 € übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Der Sohn der Bf., geboren am 1996, leistete vom bis den ordentlichen Zivildienst.

Er absolvierte vom bis den Grundausbildungslehrgang für den Exekutivdienst im Bildungszentrum der Sicherheitsakademie Ybbs aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017).

Die Grundausbildung gliedert sich dabei in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), das Berufspraktikum I (3 Monate), die Vertiefung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das viermonatige Berufspraktikum II. Während der Dauer dieser Ausbildung steht der Polizeischüler in einem Sondervertragsverhältnis zum Bund (Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung). Dieses Dienstverhältnis ist auf die Dauer der Ausbildung, somit auf 24 Monate befristet.

Während der Polizeigrundausbildung (24-monatigen Ausbildungsphase) gebührt ein Ausbildungsbeitrag. Laut Einkommensteuerbescheid vom bezog der Sohn der Bf. im Jahr 2019 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbstständiger Arbeit laut übermittelten Lohnzetteln: EUR 9.886,36. Nach Abzug der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben errechnet sich ein Einkommen gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 in Höhe von EUR 9.6943,36.

Beweiswürdigung:

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den von der Bf. und der Amtspartei vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Bestätigung über den geleisteten Zivildienst und dem Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung sowie den Informationen auf der Internetseite https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx.

Die Daten zum erzielten Einkommen wurde durch Abfrage der Finanzdokumentation ermittelt.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung:

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die vom Sohn der Bf. absolvierte Grundausbildung eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch der Bf. auf Familienbeihilfe begründet und ob das bezogene Gehalt in der Grundausbildung familienbeihilfenschädlich (iSd § 5 Abs 1 FLAG) ist.

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

§ 5 Abs 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 138/2013 (gültig bis ) lautet:

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

§ 5 Abs 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 109/2020 (gültig ab ) lautet:

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 15.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 15.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 15.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c)
Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse,
d)
Ausgleichszulagen und Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden.
e)
Pauschalentschädigungen gemäß § 36 Abs. 1 des Heeresgebührengesetzes 2001, die für den außerordentlichen Zivildienst gemäß § 34b in Verbindung mit § 21 Abs. 1 des Zivildienstgesetzes 1986 oder den Einsatzpräsenzdienst gemäß § 19 Abs. 1 Z 5 des Wehrgesetzes 2001 gewährt werden.

§ 10 FLAG 1967 lautet (auszugsweise):

"§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal."

Berufsausbildung - allgemeines:

Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht näher definiert.

Der VwGH hat in seiner ständigen Rechtsprechung folgende wesentliche Kriterien entwickelt (vgl. etwa ; ; ; Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2 Rz 35):

Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Darunter fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. ; ).

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa ; ; ; und ).

Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann. So ist einerseits die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa ).

Entscheidend ist auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen (), , ).

Unter eine Berufsausbildung fällt auch ein duales System der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ().

Die Gewährung der Familienbeihilfe ist nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren ().

Im Zuge einer Berufsausbildung können auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden ().

Ableistung Zivildienst

§ 2 Abs 1 lit g FLAG 1967 lautet:

"Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden"

Abweichend vom Grundsatz, wonach Familienbeihilfe grundsätzlich nur bis zum Ablauf des Monats, in den der 24. Geburtstag fällt (§ 2 Abs 1 lit b FLAG), zusteht, besteht ein (Eigen)Anspruch auf Familienbeihilfe bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres dann, wenn in dem Monat, in dem das Kind das 24. Lebensjahr vollendet hat, der Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst geleistet wird.

Der Verlängerungstatbestand des § 2 Abs 1 lit g FLAG soll sicherstellen, dass Kindern, die den Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst abgeleistet haben, in typisierender Betrachtungsweise dieselbe Zeitspanne für eine Berufsausbildung zur Verfügung steht, wie jenen Kindern, die diese Dienste nicht ableisten (müssen). Da die Zeit, in der die genannten Dienste abgeleistet werden, den betroffenen Kindern für Ausbildungszwecke "fehlt", wird diese Ausbildungszeit durch die Verlängerung der Anspruchsdauer bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres kompensiert ( und Ra 2021/16/0052).

Der Sohn der Bf. hat im Zeitraum von bis den ordentlichen Zivildienst geleistet. Damit ist der Verlängerungstatbestand des § 2 Abs 1 lit g FLAG bereits erwirkt.

In Anbetracht vorstehender Ausführungen und in Ermangelung anderslautender gesetzlicher Bestimmungen "verbleibt" dem Sohn der Bf. daher für eine etwaige weitere Berufsausbildung ein bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres bestehender Anspruch auf Familienbeihilfe erhalten.

Ausbildung für den Exekutivdienst

Im gegenständlichen Fall stand der Sohn der Bf vom bis in einem Dienstverhältnis zum Bund, in dessen Rahmen er eine arbeitsplatzspezifische Ausbildungsphase zu durchlaufen hatte.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs 4 SPG erlassen. Sie regelt gemäß § 1 Z 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Der Ausbildungsplan beruht auf einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht.

Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

1. Basisausbildung (12 Monate Theorie),
2. das Berufspraktikum I (3 Monate),
3. die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)
4. das viermonatige Berufspraktikum II.

Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Grundausbildung für den Exekutivdienst:

Im von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, verneinte der VwGH eine Berufsausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich mit (auszugsweise) folgender Begründung:

"Absolviert der öffentlich Bedienstete (etwa auch: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt. Der Umstand, dass ein öffentlich Bediensteter in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufes. Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt."

Im Erkenntnis vom VwGH, Ra 2020/16/0039 stellte der VwGH dann fest, dass die Basisausbildung noch eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle.

"Hat die von der Revisionswerberin (Antragstellerin betreffend Familienbeihilfe) angesprochene Ausbildung ihres Sohnes - wie in der Beschwerde vorgebracht - in einer unter Rz 4 des Erkenntnisses Ra 2018/16/0203, erwähnten "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel bestanden und hat diese - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden, dann läge darin noch eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. (Hier: Nach Angabe der Revisionswerberin befand sich ihr Sohn seit , also seit dem ersten Tag der Dauer des Vertragsverhältnisses zum Bund, in der Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum.)"

20 Monate sind Berufsausbildung:

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung iSd FLAG dar (vgl zB ).

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken dreimonatige zu absolvierende Berufspraktikum I dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des VwGH ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt. Auf die beispielhaft angeführten h.a. Erkenntnisse wird verwiesen: ; ; ; ; ; . Demgemäß liegt mittlerweile eine einheitliche Spruchpraxis des Bundesfinanzgerichtes vor.

Anderes gilt dagegen für das Berufspraktikum II. In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit der im Rahmen eines Unterrichtspraktikums erfolgenden Einschulung von Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers (vgl dazu ). Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz, somit bereits eine Berufsausübung (vgl. zB , ).

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar (vgl ; ; ; ; ).

Der Sohn der Bf. hat im Mai 2019 mit der Basisausbildung im Exekutivdienst begonnen. Im Sinne der (abgeänderten) Judikatur des VwGH liegt daher grundsätzlich eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 für die ersten drei Teile der Ausbildung und somit für 20 Monate, vor.

Während des viermonatigen Berufspraktikums II (außerhalb des hier gegenständlichen Beschwerdezeitraumes) besteht jedoch nach den vorstehenden Ausführungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz (; ).

Polizeiausbildung ist keine Lehre:

Der Lehrvertrag begründet ein besonderes, immer nur befristetes Arbeitsverhältnis, das auf die Vermittlung der für die Ausübung eines bestimmten Berufes erforderlichen Kenntnisse gerichtet ist. Diese Kenntnisse, die Dauer der Ausbildung und alle übrigen Anforderungen und Prüfungsbedingungen für die Lehrabschlussprüfung sind in einer Verordnung zum Berufsausbildungsgesetz (BAG) zu regeln.

Anders als andere Anstellungsverhältnisse die mit einer Berufsausbildung verbunden sind, endet das Lehranstellungsverhältnis zwingend mit Ende der Ausbildung und kann nicht darüber hinaus verlängert werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen und die Anerkennung als Lehre sind an das BAG und die dazu vom zuständigen Ministerium zu erlassenden Verordnungen geknüpft.

Schon die Entscheidung des VwGH (, Rz 33) legt nahe, dass dieser die Polizeiausbildung nicht als Lehre ansieht, denn anderenfalls hätte er nicht die Zuverdienstgrenzen des § 5 Abs 1 FLAG erwähnt, die für Lehrverhältnis ausdrücklich nicht anzuwenden ist.

Im Erkenntnis vom , Ro 2022/16/0004, ist der VwGH der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Polizeigrundausbildung - die zwar durch generelle Normen, und zwar durch die Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt ist - sei, nicht zuletzt im Hinblick auf das Gehalt der Auszubildenden, mit einer Lehre - in einem Lehrberuf - nicht vergleichbar ist, nicht entgegengetreten und hat die Anwendung der Zuverdienstgrenze akzeptiert.

In der Entscheidung des , wurde nun klargestellt, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem EUR 10.000 bzw. (ab 2020) EUR 15.000 übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Streitzeitraum

Abschließend wird festgehalten, dass der angefochtene Bescheid vom kein Enddatum aufweist.

Es ist zwar so, dass die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen, zu denen auch die Familienbeihilfe zählt, ein zeitraumbezogener Anspruch ist. Ein diesbezüglicher Abspruch gilt für das Finanzamt, mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (, , ).

De facto konnte das Finanzamt im gegenständlichen Verfahren nur Sachverhalte erstinstanzlich rechtlich würdigen, die bis zur Bescheiderlassung im August 2019 verwirklicht wurden. Damit ist auch der Entscheidungszeitraum des BFG mit diesem Monat begrenzt.

Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass die vom BFG ausführlich dargestellte Rechtsansicht nicht auch für nach dem August 2019 liegende Zeiträume gelten sollte.

Die als Berufsausbildung anzuerkennenden verbleibenden 13 Monate (von insgesamt 20) enden im Jänner 2021. Es liegt also am Finanzamt erstmalig festzustellen, ob die gemäß § 5 FLAG zu beachtende Zuverdienstgrenze von EUR 10.000,- /EUR 15.000,- (ab 2020) in den Folgemonaten (bis Jänner 2021) überschritten ist.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob die Ausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung darstellt, wurde vom Höchstgericht im Erkenntnis v. , Ra 2020/16/0039 geklärt, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Die Frage, ob das Gehalt des Auszubildenden gemäß § 5 FLAG zu berücksichtigen ist, ist durch das Erkenntnis des , klargestellt.

Wien, am

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-G/06




















ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7106052.2019

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