Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2023, RV/7106196/2019

FLAG: Polizeigrundausbildung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hager und Capek SteuerberatungsgmbH, Mariahilfer Straße 47/5/2/1, 1060 Wien, vom , gegen den Bescheid des vormaligen Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln, nunmehr Finanzamt Österreich, vom , betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2017, zu Recht:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Der bekämpfte Bescheid wird für Dezember 2017 aufgehoben.Im Übrigen, somit für den Zeitraum ab Jänner 2018 bleibt der Abweisungsbescheid unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.), geboren am ***1***, befand sich ab aufgrund eines Sondervertrages gemäß § 36 VBG 1948 in exekutivdienstlicher Ausbildung bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich. Dieser Vertrag ist auf 24 Monate befristet. Die Grundausbildung im Exekutivdienst wurde mit einer Dienstprüfung abgeschlossen.

Der Bf. beantragte rückwirkend am für den Zeitraum der Ausbildung die Gewährung der Familienbeihilfe mit der Begründung, dass er sich in einer Berufsausbildung befinde.

Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom "ab Dezember 2017" unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , GZ. Ra 2018/16/0203 ab, da der Gerichtshof darin das Vorliegen einer Berufsausbildung in Fällen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Abrede gestellt habe.

In der dagegen vom steuerlichen Vertreter eingebrachten Beschwerde (Schreiben vom ) wurde vorgebracht, dass die in der Begründung des Abweisungsbescheides gezogenen Schlüsse auf Grund des vom Finanzamt angeführten Erkenntnisses unrichtig und daher auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar seien. Von der Behörde sei der Sachverhalt nicht ordnungsgemäß ermittelt worden. Der gegenständliche Bescheid sei rechtswidrig.

Der VwGH habe zu keinem Zeitpunkt pauschal bestätigt, dass bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eine Berufsausbildung gem. FLAG nicht vorliegen könne. Vielmehr beziehe sich das gegenständliche Erkenntnis auf einen Sondervertrag bzw. eine Ausbildungsphase eines Grenzpolizisten. Gegenstand der Revision sei ein Zeitraum von 13 Monaten zwischen einer Grundausbilung und einer Ergänzungsausbildung gewesen.

Im Fall des Bf. sein ein Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung abgeschlossen worden. Dieser Vertrag sei auf 24 Monate befristet. Es handle sich um ein Ausbildungsverhältnis. "Diese Grundausbildung beinhalte Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive und werde durch Praktika auf Polizeidienststellen ergänzt" (Auszug aus dem Sondervertrag). Die Grundausbildung sei mit einer Dienstprüfung abgeschlossen worden.

Der Sondervertrag über die exekutivdienstliche Ausbildung und das Zeugnis über die abgeschlossene Dienstprüfung werde dieser Bescheidbeschwerde beigelegt.

Auszug aus dem Sondervertrag:


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Pkt. 6 (Dienstort/örtlicher Verwaltungsbereich:
Dienstbehörde ist die LPD Niederösterreich.
Der jeweilige Dienstort wird nach dem Verwendungsbedarf von der Dienstbehörde festgelegt. Über Auftrag der Dienstbehörde ist eine Dienstleistung im Bereich aller anderen LPD jederzeit möglich.
Pkt. 7 (Beschäftigungsart):
Vertragsbedienstete/r (VB) des Bundes mit Sondervertrag für die exekutivdienstliche Ausbildung
Pkt. 10 (Art der Grundausbildung):
Diese Grundausbildung beinhaltet Präsenzausbildungen in einem Bildungszentrum der Sicherheitsexekutive und wird durch Praktika auf Polizeidienststellen ergänzt.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass der Bf. seit Dezember 2017 die Grundausbildung für die exekutivdienstliche Ausbildung bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich absolvierte. Der Verwaltungsgerichtshof vertrete in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/2003, die Auffassung, dass Grundausbildungen oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in der ersten Zeit ihrer Dienstverhältnisse absolvieren, als Berufsausübung und nicht als Berufsausbildung iSd FLAG 1967 anzusehen seien, weshalb ein Anspruch auf Familienbeihilfe nicht gegeben sei. Demzufolge bestehe unter anderem für Personen, die eine Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung ("Polizeischüler"), eine Ausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Grenzpolizisten) und für die exekutivdienstliche Ausbildung für den Justizwachedienst ("Justizwacheschüler") absolvieren, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der Bf. brachte am einen Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht (BFG) ein und stellte einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung.

Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der unbesetzten Gerichtsabteilung 1064 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt. Diese Abteilung wurde mit neu besetzt.

Mit Beschluss des BFG vom wurde die Entscheidung gemäß § 271 Abs 1 BAO bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur GZ Ro 2021/16/0003 anhängigen Verfahrens (Revision zu BFG RV/7104446/2020) ausgesetzt, da der Ausgang dieses Verfahrens hinsichtlich der Frage, ob das von Polizeischülern bezogene Entgelt mit einer Lehrlingsentschädigung vergleichbar ist und dies in weiterer Folge unter die Regelung des § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 fällt, von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung in der vorliegenden Beschwerdesache ist.

Mit Erkenntnis vom stellte der VwGH (Ro 2021/16/0003) fest, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem 10.000 € bzw. 15.000 € (ab 2020) übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Am übermittelte der Bf. seine Lohnzettel Jänner-Juli 2019.

Mittels Eingaben vom 26. und zog der Bf. seinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung zurück.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bf., geboren 1997, begann am die Polizeigrundausbildung bei der LPD Niederösterreich aufgrund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung (§ 1 Abs. 1 VBG). Der Dienstvertrag ist befristet für die Dauer von 24 Monaten.

Die Grundausbildung gliedert sich dabei in die Basisausbildung (12 Monate Theorie), Berufspraktikum I (3 Monate), Vertiefung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung) und das viermonatige Berufspraktikum II.

Der Bf. hat die Dienstprüfung der Grundausbildung für den Exekutivdienst (Polizeigrundausbildung) am mit Auszeichnung bestanden.

Während der Polizeigrundausbildung (24-monatigen Ausbildungsphase) gebührt ein Ausbildungsbeitrag.

Laut Einkommensteuerbescheid vom bezog der Bf. im Jahr 2017 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbstständiger Arbeit laut übermittelten Lohnzetteln: EUR 8.147,80. Nach Abzug der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben errechnet sich demnach ein Einkommen gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 in Höhe von EUR 8.087,80.

Laut Einkommensteuerbescheid vom bezog der Bf. im Jahr 2018 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbstständiger Arbeit laut übermittelten Lohnzetteln: EUR 15.504,30. Nach Abzug der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben errechnet sich demnach ein Einkommen gem. § 33 Abs 1 EStG 1988 in Höhe von EUR 15.414,30.

Laut übermittelter Lohnzettel bezog der Bf. in den Monaten 01-07/2019 folgende steuerpflichtige Bezüge aus nichtselbstständiger Arbeit: EUR 14.004,48.

Beweiswürdigung:

Die unstrittigen Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den vom Bf. und der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Bestätigung über die abgelegte Polizeigrundausbildung sowie den Informationen auf der Internetseite https://bmi.gv.at/104/Beruf_und_Karriere/start.aspx.

Die Daten zum erzielten Einkommen 2017/2018 wurde durch Abfrage der Finanzdokumentation ermittelt. Die Einkommensdaten 01-07/2019 wurde den vom Bf. übermittelten Lohnzetteln entnommen.

Rechtliche Beurteilung

Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob die vom Bf. absolvierte Grundausbildung eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 darstellt und damit einen Anspruch des Bf. auf Familienbeihilfe begründet und ob das bezogene Gehalt in der Grundausbildung familienbeihilfenschädlich (iSd § 5 Abs 1 FLAG) ist.

Nach § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 idgF haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

§ 5 Abs 1 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 138/2013 (gültig bis ) lautet:

Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,
b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,
c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse.

§ 10 FLAG 1967 lautet (auszugsweise):

"§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal."

Berufsausbildung - allgemeines:

Der Begriff "Berufsausbildung" ist im Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht näher definiert. Der VwGH hat in seiner ständigen Rechtsprechung folgende wesentliche Kriterien entwickelt (vgl. etwa ; ; ; Lenneis/Wanke (Hrsg.), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 2 Rz 35):

Ziel einer Berufsausbildung ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufes zu erlangen. Es muss das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg gegeben sein. Das Ablegen von Prüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essentieller Bestandteil der Berufsausbildung. Darunter fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildung, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. ; ).

Unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG fallen jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa ; ; ; und ).

Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG. Dies schließt allerdings nicht aus, dass auch bei bereits berufstätigen Personen eine Berufsausbildung vorliegen kann. So ist einerseits die Gewährung der Familienbeihilfe nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren (vgl. in ständiger Rechtsprechung etwa ).

Entscheidend ist auf den Inhalt der Tätigkeit abzustellen (;

; ).

Unter eine Berufsausbildung fällt auch ein duales System der Ausbildung zu einem anerkannten Lehrberuf ().

Die Gewährung der Familienbeihilfe ist nicht auf eine einzige Berufsausbildung beschränkt, sondern Familienbeihilfe ist auch (etwa nach Abschluss einer Berufsausbildung) bei einer weiteren Berufsausbildung zu gewähren ().

Im Zuge einer Berufsausbildung können auch praktische und nicht nur theoretische Kenntnisse vermittelt werden ().

Ausbildung für den Exekutivdienst

Im gegenständlichen Fall stand der Bf. von Dezember 2017 bis Juli 2019 in einem Dienstverhältnis zum Bund, in dessen Rahmen er eine arbeitsplatzspezifische Ausbildungsphase zu durchlaufen hatte.

Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs 4 SPG erlassen. Sie regelt gemäß § 1 Z 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.

Der Ausbildungsplan beruht auf einem Lehrplan und einer Stundentafel, die in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten besteht.Die Zuweisung zu einem Grundausbildungslehrgang erfolgt durch die zuständige Dienstbehörde nach Maßgabe der im BDG 1979 sowie im VBG vorgesehenen Voraussetzungen (§ 5 Abs 1 der VO).

Die Grundausbildung wird durch die Ablegung einer Dienstprüfung vor einem Prüfungssenat (§ 11) abgeschlossen. Die Anlagen 1 bis 3 beinhalten Aufbau, Ablauf und Inhalt der Dienstprüfung für die jeweilige Grundausbildung. Die Bediensteten sind von Amts wegen zur Dienstprüfung zuzuweisen. Voraussetzung für die Zulassung zur Dienstprüfung ist das Erreichen der gemäß § 4 Abs. 2 definierten Lernziele aller Ausbildungsmodule der jeweiligen Grundausbildung (§ 9 Abs. 1 und 2 der VO).

Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die

1. Basisausbildung (12 Monate Theorie),
2. das Berufspraktikum I (3 Monate),
3. die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)

4. das viermonatige Berufspraktikum II.

Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Grundausbildung für den Exekutivdienst:

Im von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, verneinte der VwGH eine Berufsausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich mit (auszugsweise) folgender Begründung:

"Absolviert der öffentlich Bedienstete (etwa auch: in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund nach § 1 Abs. 1 VBG) seine Grundausbildung oder Ausbildungsphase erfolgreich, hat dies nicht eine Überstellung in ein anderes (öffentliches oder öffentlich-rechtliches) Dienstverhältnis zur Folge. Dem öffentlich Bediensteten soll die für seine erfolgreiche Verwendung notwendige Ausbildung in seinem Dienstverhältnis vermittelt werden (vgl. die ErläutRV 1561 BlgNR 20. GP zu § 66 VBG), worin bereits die Ausübung eines Berufs liegt. Der Umstand, dass ein öffentlich Bediensteter in der ersten Zeit seines Dienstverhältnisses im Rahmen einer Grundausbildung oder Ausbildungsphase die für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten erlangen soll, nimmt dem Dienstverhältnis auch nicht zum Teil die Qualität eines Berufes. Mit einer Berufsausübung sind die Tatbestandsvoraussetzungen in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG nicht erfüllt."

Im Erkenntnis vom Ra 2020/16/0039 stellte der VwGH dann fest, dass die Basisausbildung noch eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle.
"Hat die von der Revisionswerberin (Antragstellerin betreffend Familienbeihilfe) angesprochene Ausbildung ihres Sohnes - wie in der Beschwerde vorgebracht - in einer unter Rz 4 des Erkenntnisses Ra 2018/16/0203, erwähnten "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel bestanden und hat diese - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden, dann läge darin noch eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. (Hier: Nach Angabe der Revisionswerberin befand sich ihr Sohn seit , also seit dem ersten Tag der Dauer des Vertragsverhältnisses zum Bund, in der Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum.)"

20 Monate sind Berufsausbildung:

Angesichts dieser höchstgerichtlichen Rechtsprechung stellen jedenfalls die oben näher dargestellte zwölfmonatige Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "12 Monate Theorie") und die fünfmonatige Vertiefung dieser Basisausbildung (laut Ausbildungsplan "5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung") eine Berufsausbildung iSd FLAG dar (vgl zB ).

Das zwischen diesen beiden Theorie-Ausbildungsblöcken dreimonatige zu absolvierende "Berufspraktikum I" dient nach dem Ausbildungsplan der Vermittlung des für die Verwendung in einer Polizeiinspektion nötigen dienstbetrieblichen Wissens sowie der Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung für den exekutiven Außendienst. Die Polizeibediensteten werden dabei, ohne zum Personalstand der Praktikumsdienststelle zu zählen, von Exekutivbediensteten geschult und betreut. Dieser Teil der Ausbildung stellt somit eine typische Form der Vermittlung praktischer Grundkenntnisse dar, die nach der zitierten Rechtsprechung des VwGH ebenfalls unter die Berufsausbildung fällt (vgl. ). Auch der Umstand, dass dieses Praktikum vor Ablegung der Dienstprüfung geleistet wird, spricht dafür, dass das Berufspraktikums I noch keine Berufsausübung darstellt.

Auf die beispielhaft angeführten h.a. Erkenntnisse wird verwiesen: ; ; ; ; ; . Demgemäß liegt mittlerweile eine einheitliche Spruchpraxis des Bundesfinanzgerichtes vor.

Anderes gilt dagegen für das "Berufspraktikum II". In diesem werden "während der Einführung in den Dienstbetrieb die Auszubildenden von Exekutivbediensteten kontinuierlich in den Dienstbetrieb ihrer Polizeidienststelle eingeführt". Dieses nach Ablegung der Dienstprüfung zu absolvierende Praktikum ist damit vergleichbar mit der im Rahmen eines Unterrichtspraktikums erfolgenden Einschulung von Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums am Arbeitsplatz im Beruf eines Lehrers (vgl dazu ). Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz, somit bereits eine Berufsausübung (vgl. zB , ).

Insgesamt gesehen stellen daher die ersten drei Teile der im Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst angeführten Teile (Basisausbildung, Berufspraktikum I und Vertiefung der Basisausbildung samt Dienstprüfung) eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar (vgl ; ; ; ; ).

Der Bf. hat im Dezember 2017 mit der Basisausbildung im Exekutivdienst begonnen. Im Sinne der (abgeänderten) Judikatur des VwGH liegt daher grundsätzlich eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 für die ersten drei Teile der Ausbildung und somit für 20 Monate vor. Während des viermonatigen Berufspraktikums II besteht jedoch nach den vorstehenden Ausführungen kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Insofern liegt keine Berufsausbildung mehr vor, sondern bereits eine Einschulung im Beruf des Polizisten am Arbeitsplatz (; ).

Polizeiausbildung ist keine Lehre:

Der Lehrvertrag begründet ein besonderes, immer nur befristetes Arbeitsverhältnis, das auf die Vermittlung der für die Ausübung eines bestimmten Berufes erforderlichen Kenntnisse gerichtet ist. Diese Kenntnisse, die Dauer der Ausbildung und alle übrigen Anforderungen und Prüfungsbedingungen für die Lehrabschlussprüfung sind in einer Verordnung zum Berufsausbildungsgesetz (BAG) zu regeln.

Anders als andere Anstellungsverhältnisse die mit einer Berufsausbildung verbunden sind, endet das Lehranstellungsverhältnis zwingend mit Ende der Ausbildung und kann nicht darüber hinaus verlängert werden. Die gesetzlichen Voraussetzungen und die Anerkennung als Lehre sind an das BAG und die dazu vom zuständigen Ministerium zu erlassenden Verordnungen geknüpft.

Schon die Entscheidung des VwGH (, Rz 33) legt nahe, dass dieser die Polizeiausbildung nicht als Lehre ansieht, denn anderenfalls hätte er nicht die Zuverdienstgrenzen des § 5 Abs 1 FLAG erwähnt, die für Lehrverhältnis ausdrücklich nicht anzuwenden ist.

Im Erkenntnis vom , Ro 2022/16/0004, ist der VwGH der Ansicht des BFG im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Polizeigrundausbildung - die zwar durch generelle Normen, und zwar durch die Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI, BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt ist - sei, nicht zuletzt im Hinblick auf das Gehalt der Auszubildenden, mit einer Lehre - in einem Lehrberuf - nicht vergleichbar ist, nicht entgegengetreten und hat die Anwendung der Zuverdienstgrenze akzeptiert.

In der Entscheidung des , wurde nun klargestellt, dass es sich bei der Polizeigrundausbildung nicht um ein "anerkanntes Lehrverhältnis" iSd § 5 Abs 1 lit b FLAG 1967 handelt, sodass die aus dieser Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß § 5 Abs 1 FLAG 1967 bei der Ermittlung des Einkommens gemäß § 33 Abs 1 EStG 1988 zu berücksichtigen sind und mit dem EUR 10.000 bzw. EUR 15.000 (ab 2020) übersteigenden Betrag den Anspruch auf Familienbeihilfe verringern (vgl. ).

Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:

Gemäß § 8 Abs 2 FLAG betrug die Familienbeihilfe (2018 bis 2019) monatlich EUR 165,10 für jedes Kind ab Beginn des Kalendermonats, in dem es das 19. Lebensjahr vollendet.

Im Jahr 2017 wurde die Grenze von EUR 10.000,- (§ 5 FLAG) nicht überschritten, somit besteht in diesem Monat (Dezember) Anspruch auf Familienbeihilfe.

Im Folgejahr 2018 sowie von 01-07/2019 wird der Grenzbetrag jedoch überschritten (um EUR 5.414,30 und um EUR 4.004,48), sodass in diesem Zeitraum insgesamt keine Familienbeihilfe zusteht.

Streitzeitraum

Abschließend wird festgehalten, dass der angefochtene Bescheid vom kein Enddatum aufweist.

Ein Bescheid über die Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe "ab" einem bestimmten Anspruchszeitraum, ohne im Spruch einen Endpunkt festzusetzen, gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) jedenfalls für den Zeitraum bis einschließlich jenes Kalendermonats, in welchem der Bescheid erlassen wird, ungeachtet dessen, ob sich zwischen dem Anfangszeitpunkt und diesem Zeitpunkt die Sach- oder Rechtslage geändert hat. Ein solcher Bescheid gilt jedoch über diesen Zeitpunkt der Bescheiderlassung hinaus solange weiter, als sich die der Bescheiderlassung zugrundeliegende Sach- und Rechtslage nicht ändert ( mwN; ).

Nachdem sich fallgegenständlich die Sach- und Rechtslage zwischen 12/2017 und 07/2019 nicht geändert hat, ist über diesen Zeitraum abzusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Finanzamt Österreich

§ 323b Abs 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG):

§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.

(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.

Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.

Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Rechtsfrage, ob die Ausbildung für den Exekutivdienst eine Berufsausbildung darstellt, wurde vom Höchstgericht im Erkenntnis v. , Ra 2020/16/0039 geklärt.

Die Frage, ob das Gehalt des Auszubildenden gemäß § 5 FLAG zu berücksichtigen ist, ist durch das Erkenntnis des geklärt, weswegen eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

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FLAG
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Verweise






























ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7106196.2019

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