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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2023, RV/7101770/2019

Lebensversicherung und Bausparprämien als Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Andrea Müller-Dobler MBA MSc in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch XYZ, Rechtsanwalt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 machte der Beschwerdeführer (Bf.) unter Pkt. 9 "Sonderausgaben" in der Kz 458 einen Betrag von EUR 221,00 geltend.

Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde antragsgemäß die Einkommensteuer für das Jahr 2016 unter Berücksichtigung des § 18 EStG 1988 Kirchenbeitragszahlungen in Höhe von EUR 221,00 sowie einen Pauschbetrag von EUR 60,00 fest. Aufgrund dieser Festsetzung ergab sich eine Nachforderung von EUR 507,00.

Gegen diesen Bescheid erhob die steuerliche Vertretung des Bf. Beschwerde. Begründet wurde die Beschwerde, dass weitere Sonderausgaben zu berücksichtigen wären, die unter den § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 fallen würden. Dabei handle es sich um einen Bausparvertrag bei der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG und einer Lebensversicherung bei der Versicherung XY. Beigelegt wurde ein Kontoauszug aus dem Jahr 2016 der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG, der ein Guthaben per von EUR 1.255,99 und eine Vertragslaufzeit von 6 Jahren ab bis aufweise, sowie eine Mitteilung der Versicherung XY vom über monatliche Leistungen von EUR 51,50.

Daraufhin ersuchte die belangte Behörde mittels Ergänzungsersuchen vom , eine Jahresbestätigung für das Jahr 2016 bezüglich der Lebensversicherung bis zum nachzureichen. Weiters war dem Ergänzungsersuchen unter Ergänzungspunkte angeführt:

Hinweis zu Bausparverträge:

Bausparverträge sind direkt durch eine staatliche Prämie begünstigt und können im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung keine Berücksichtigung finden.

Laut Rückschein wurde das Ergänzungsersuchen am vom Bf. direkt übernommen.

Mit reichte der Bf. über seine steuerliche Vertretung zwei Prämienbestätigungen zur Polizze XXXXXXXX in Höhe von jeweils EUR 618,00 für die Jahre 2016 und 2017 nach.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom als unbegründet ab, weil die beantragten Personenversicherungen aufgrund des Hinweises der Versicherung, dass diese Prämienbestätigung nicht zur Vorlage beim Finanzamt dienen würden, steuerlich nicht in Ansatz gebracht werden können.

Die steuerliche Vertretung beantragte am die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Darin wies der Vertreter darauf hin, dass die direkte Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an den Bf. rechtswidrig sei und die vorgelegte Urkunde der Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG in der Berufungsvorentscheidung nicht berücksichtigt worden wäre. Zudem fehle der Beschwerdevorentscheidung eine rechtliche Begründung warum die Prämienzahlungen der Personenversicherung steuerlich nicht berücksichtigt werden konnten.

Daraufhin ersuchte die belangte Behörde mittels Auskunftsersuchen vom die Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG, die Fragen zu beantworten, ob es sich beim Bausparvertrag Plus-Bausparen mit der Nummer 00000000-0 für den Bf. um eine Bausparprämie gemäß § 108 EStG 1988 handle, ob in irgendeinem Jahr eine Rückforderung gewesen sei und ob Prämien in Anspruch genommen worden seien.

Auch ersuchte die belangte Behörde mittels Auskunftsersuchen vom und Erinnerungsschreiben vom die Versicherung XY um Vorlage der Polizze XXXXXXXX für die Jahre 2016 und 2017 sowie zur Beantwortung der Frage, warum der Vermerk auf der Prämienbestätigung vorhanden sei, dass diese Prämienbestätigung nicht zur Vorlage beim Finanzamt diene.

Mit Schreiben vom teilte die Bausparkasse der österreichischen Sparkassen AG mit, dass für sie keine Auskunftspflicht gemäß § 243 BAO bestehen würde, solange kein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Abgabenhinterziehung eingeleitet wurde und gemäß § 108 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 dem Finanzamt die Höhe der zurückgezahlten Steuerrückerstattungen per Datenträgeraustausch mitgeteilt werden würde.

Mit Schreiben vom gab die Versicherung XY an, dass die gegenständliche Polizze nicht als Rentenversicherung vor dem abgeschlossen wurde und daher aus Sicht der Versicherung nicht unter den Sonderausgaben absetzbar sei. Dem Schreiben fügte die Versicherung die Polizze (Fondsgebundene Lebensversicherung Life Time mit der Nummer XXXXXXXX) bei.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In ihrem Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde und führte dazu aus, dass der Bausparvertrag nicht die Voraussetzungen nach § 18 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 erfülle und die Lebensversicherung nicht vor dem abgeschlossen wurde und daher nicht vom Anwendungsbereich des § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 erfasst sei. Da es sich auch um keine Rentenversicherung handle, können die Beiträge zur Lebensversicherung nicht als Sonderausgaben anerkannt werden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer bezieht seit eine unbefristete Berufsunfähigkeitspension.

Im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2016 machte der Bf. Kirchenbeiträge in Höhe von EUR 221,00 geltend. Aufgrund der dem Finanzamt übermittelten zwei Lohnzettel und darauf basierenden Pflichtveranlagung kam es zu einer Nachforderung von EUR 507,00.

Infolge einer Beschwerde beim zuständigen Finanzamt wollte der Bf. die Aufwendungen zu einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit einem monatlichen Beitrag von je EUR 51,50 sowie monatliche Beiträge in Höhe von EUR 50,00 zu einem Bausparvertrag geltend machen.

Nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (vom ) und Einbringung eines Vorlageantrages (vom ) wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt, insbesondere aus dem elektronisch vorgelegten Akt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Rechtsgrundlage:

§ 18 EStG 1988 lautete in der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Fassung auszugsweise:

(1) Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

1. ...

1a. …

2. Beiträge und Versicherungsprämien, wenn der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag vor dem abgeschlossen worden ist, ausgenommen Beiträge und Versicherungsprämien im Bereich des BMSVG und der prämienbegünstigten Zukunftsvorsorge (§108g) zu einer

  1. freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung (einschließlich der zusätzlichen Pensionsversicherung im Sinne des § 479 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes), soweit dafür eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),

  2. Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung), ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108b),

  3. freiwillige Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekasse,

  4. Pensionskasse, soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a in Anspruch genommen wird,

  5. betrieblichen Kollektivversicherung im Sinne des § 93 des VAG soweit für die Beiträge nicht eine Prämie nach § 108a, in Anspruch genommen wird,

  6. ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetzes.

Versicherungsprämien sind nur dann abzugsfähig, wenn das Versicherungsunternehmen Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat oder ihm die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt wurde.

Beiträge zu Versicherungsverträgen auf den Erlebensfall (Kapitalversicherungen) sind nur abzugsfähig, wenn der Versicherungsvertrag vor dem abgeschlossen worden ist, für den Fall des Ablebens des Versicherten mindestens die für den Erlebensfall vereinbarte Versicherungssumme zur Auszahlung kommt und überdies zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens zwanzig Jahren liegt. Hat der Versicherte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses das 41. Lebensjahr vollendet, dann verkürzt sich dieser Zeitraum auf den Zeitraum bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, er darf jedoch nicht weniger als zehn Jahre betragen.

Beiträge zu Rentenversicherungsverträgen sind nur abzugsfähig, wenn eine mindestens auf die Lebensdauer zahlbare Rente vereinbart ist.

Besteht der Beitrag (die Versicherungsprämie) in einer einmaligen Leistung, so kann der Erbringer dieser Leistung auf Antrag ein Zehntel des als Einmalprämie geleisteten Betrages durch zehn aufeinanderfolgende Jahre als Sonderausgaben in Anspruch nehmen.

Werden als Sonderausgaben abgesetzte Versicherungsprämien ohne Nachversteuerung (Abs. 4 Z 1) vorausgezahlt, rückgekauft oder sonst rückvergütet, dann vermindern die rückvergüteten Beträge beginnend ab dem Kalenderjahr der Rückvergütung die aus diesem Vertrag als Sonderausgaben absetzbaren Versicherungsprämien.

...

(2) Für Sonderausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 60 Euro jährlich abzusetzen.

Strittig ist im gegenständlichen Verfahren, ob die vom Bf. geleisteten Prämien zu einer Lebensversicherung und die Beiträge zu einem Bausparvertrag im Streitjahr als Sonderausgaben geltend gemacht werden können.

Gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1988 sind näher bestimmte Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Werbungskosten sind.

Sonderausgaben sind mit Ausnahme des Verlustabzugs Ausgaben, die der privaten Lebensführung zuzuordnen, die nicht abzugsfähig sind. Ausgaben in der taxativen Aufzählung werden jedoch vom Gesetzgeber zugelassen.

1. Lebensversicherung

Bei den Lebensversicherungen wird grundsätzlich zwischen einer Ablebensversicherung und einer Erlebensversicherung unterschieden, wobei es sich bei der Erlebensversicherung um eine Kapitalversicherung oder um eine Rentenversicherung handeln kann.

Eine Ablebensversicherung zahlt im Todesfall des Versicherten den Angehörigen (oder anderen Begünstigten) eine vorher festgelegte Summe aus. Der Versicherungsschutz gilt dabei nur für die vereinbarte Laufzeit. Bleibt der Versicherte während der gesamten Laufzeit am Leben, wird kein Geld ausgezahlt.

Für reine Ablebensversicherungen besteht keine Mindestbindungsfrist und sie können unabhängig vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu den Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 2 EStG 1988 dazugezählt werden.

Bei der Erlebensversicherung kann es sich um eine Kapitalversicherung oder um eine Rentenversicherung handeln, wo das Geld spätestens am Ende der Versicherungslaufzeit entweder als Einmalzahlung oder optional als Rente ausbezahlt wird.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 zweiter Fall EStG 1988 sind Beiträge und Versicherungsprämien zu einer Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung) grundsätzlich als Sonderausgaben abzugsfähig.

Danach sind Beiträge zu Kapitalversicherungen (Erlebensfall) aber nur dann abzugsfähig, wenn der Versicherungsvertrag vor dem abgeschlossen worden ist und für den Fall des Ablebens des Versicherten mindestens die für den Erlebensfall vereinbarte Versicherungssumme zur Auszahlung kommt und überdies zwischen dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses und dem Zeitpunkt des Anfallens der Versicherungssumme im Erlebensfall ein Zeitraum von mindestens fünfzehn Jahren liegt.

Wie aus der vorgelegten Versicherungspolizze und dem Schreiben der Versicherung XY vom hervorgeht, handelt es sich bei der vom Bf. vorgelegten Lebensversicherung um eine fondsgebundene Lebensversicherung. Die fondsgebundene Lebensversicherung zählt zur Gruppe der kapitalbildenden Lebensversicherungen. Da es sich somit um keine Rentenversicherung handelt und jedenfalls nach dem abgeschlossen wurde, sind Prämienzahlungen in eine solche Lebensversicherung folglich nach § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 nicht sonderausgabenbegünstigt und können daher nicht als Sonderausgaben anerkannt werden.

2. Bausparvertrag

§ 108 Abs. 1 EStG 1988 lautete in der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Fassung auszugsweise:

(1) Leistet ein unbeschränkt Steuerpflichtiger (§ 1 Abs. 2) Beiträge an eine Bausparkasse, die ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, so wird ihm auf Antrag Einkommensteuer (Lohnsteuer) erstattet. Die Erstattung erfolgt mit einem Pauschbetrag, der sich nach einem Prozentsatz der im jeweiligen Kalenderjahr geleisteten Beiträge bemißt. Dieser Prozentsatz wird in dem diesem Kalenderjahr vorangehenden Berechnungsjahr wie folgt ermittelt:

1. …

2. …

(2) Die Einkommensteuer (Lohnsteuer) darf dem Steuerpflichtigen nur für die Leistung von Beiträgen bis zu 1.200 Euro jährlich erstattet werden. (…)

(3) 1. Der Steuerpflichtige hat die Erstattung auf dem amtlichen Vordruck im Wege der Bausparkasse bei der Abgabenbehörde zu beantragen und dabei zu erklären, dass die in den Abs. 1 und 2 angeführten Voraussetzungen vorliegen. Diese Abgabenerklärung ist mit dem Antrag auf Abschluss des Bausparvertrages, auf Grund dessen die Einkommensteuer (Lohnsteuer) erstattet werden soll, abzugeben.

2. …

…..

(4) …

(5) Die pauschale Erstattung erfolgt durch die Bausparkasse, bei welcher der Bausparvertrag abgeschlossen worden ist. Diese fordert den zu erstattenden Steuerbetrag beim Finanzamt Wien 1/23 an. Das Finanzamt überweist der Bausparkasse den Betrag zugunsten des Bausparkontos des Steuerpflichtigen. […]

Wird mit einer Bausparkasse ein Bausparvertrag abgeschlossen, kann auf Antrag für in Österreich unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen Einkommensteuer (Lohnsteuer) erstattet werden. Diese steuerliche Begünstigung (Erstattungsbeitrag) wird durch den Rechtsträger (zum Beispiel eine Bausparkasse, ein Versicherungsunternehmen) auf Antrag beim Finanzamt 1/23 gestellt. Dieser Erstattungsbetrag wird dann an die Bausparkasse zugunsten des Bausparkontos des Steuerpflichtigen überwiesen ( RV/0045-G/10).

Da im vorliegenden Beschwerdefall eindeutig ein Bausparvertrag vorliegt, bei dem die steuerliche Begünstigung (Erstattungsbeitrag) bereits gewährt wurde und der Bausparvertrag auch nicht in den taxativ aufgezählten Ausnahmen aufscheint, die als Sonderausgaben abzugsfähig sind, sind die vom Bf. geltend gemachten Aufwendungen zum Bausparvertrag nicht als Sonderausgaben abzugsfähig.

3. Zustellvollmacht

Gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen in der Regel durch Zustellung, die gemäß § 98 Abs. 1 BAO nach dem Zustellgesetz (ZustG) vorzunehmen ist.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß § 7 des Zustellgesetzes (ZustG) die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 Zustellgesetz können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Im vorliegenden Fall wurde eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung des Bf. erstmals mit dem Einreichen des Beschwerdeschreibens vom erteilt. Eine gesonderte Zustellvollmacht des Rechtsanwalts XYZ liegt dem Finanzamt Österreich nicht vor. Es ist daher von einer allgemeinen Vollmacht ohne Zustellvollmacht auszugehen. Die Beschwerdevorentscheidung vom ist somit ordnungsgemäß an den Bf. zugestellt worden.

In eventu: Sollte dem rechtskundigen Vertreter dennoch eine Zustellvollmacht erteilt worden sein, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Da keine Fristen versäumt wurden, ist davon auszugehen, dass dem rechtskundigen Vertreter die Beschwerdevorentscheidung fristgerecht im Sinne des § 7 ZustG "tatsächlich zugekommen" ist und somit ist dieser Zustellmangel geheilt.

4. Begründungsmangel

Zu dem vorgebrachten Begründungsmangel in der Beschwerdevorentscheidung ist festzuhalten, dass eine - entgegen § 93 Abs. 3 lit. a BAO - fehlende oder mangelhafte Begründung eine Verletzung von Verfahrensvorschriften ist, aber der Annahme der Bescheidqualität der Erledigung nicht entgegensteht ().

Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (zB ; , 0282; ) und hindern nicht den Eintritt der Rechtskraft; daher kann zB die Begründung einer Beschwerdevorentscheidung einen Begründungsmangel sanieren (Ritz/Koran, BAO7, § 93 Tz 16 und 18; ).

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den Fällen des § 278, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Dabei hat das Bundesfinanzgericht nach der Sach- und Rechtslage zu entscheiden, die im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegt und somit auch jene Feststellungsbescheide zu Grunde zu legen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts dem Rechtsbestand angehören ().

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass im Lichte der vorstehenden rechtlichen Ausführungen der ins Treffen geführte Begründungsmangel des bekämpften Bescheides durch die Begründung in diesem Erkenntnis als saniert zu gelten hat.

Insgesamt war daher als spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Einer Rechtsfrage kann nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt (zB. ). Da gegenständlich nur einzelfallbezogen maßgebliche Sachverhaltsfragen zu beurteilen waren und das Bundesfinanzgericht darüber hinaus der in der Entscheidung genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgte, liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Aus diesem Grund war die Revision spruchgemäß nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 93 Abs. 3 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 Z 4 PKG, Pensionskassengesetz, BGBl. Nr. 281/1990
§ 108 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 108 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 7 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 18 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 VAG, Versicherungsaufsichtsgesetz, BGBl. Nr. 569/1978
§ 18 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 7 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 98 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise



RV/0045-G/10


ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101770.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at