Bauwerberwechsel und Bauausführung, die dem Baubewilligungsbescheid widerspricht
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0175.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Biberstraße 26, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, Baupolizei, vom betreffend Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008), Aktenzahl MA37/*****, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom 06. November ***** wurde der Beschwerdeführerin als Baubewerberin des Bauvorhabens in Adresse, die Bewilligung erteilt, auf der im Betreff genannten Liegenschaft die in der Folge beschriebenen Bauausführungen (Dachgeschossausbau für die Schaffung von fünf Wohnungen) vorzunehmen.
Gleichzeitig wurde festgestellt, dass der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 iVm § 50 Wiener Garagengesetz 2008 (WGarG 2008) zur Schaffung von vier Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, welche gemäß § 52 iVm § 48 Abs. 1 und § 50 WGarG 2008 durch die Bauführung geschaffen werden müssten, bleibe zur Gänze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin für das Bauvorhaben an der oben angeführten Adresse die Ausgleichsabgabe gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 in Höhe von 48.000 € vorgeschrieben.
In der Begründung wurde ausgeführt, gemäß § 48 Abs. 1 WGarG 2008 entstehe bei Neu-und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung, die entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder dem Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen sei.
Bleibe bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Zahl zurück, sei dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien Anwendung finde, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibe.
Abgabepflichtig sei gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 der Bauwerber oder die Baubewerberin.
Die Ausgleichsabgabe ergebe sich gemäß § 54 WGarG 2008 aus dem Produkt des Einheitssatzes und der Zahl der fehlenden Stellplätze. Der Einheitssatzes Betrage nach § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr. 27/2014, 12.000 Euro pro Stellplatz.
Im Baubewilligungsbescheid der Magistratsabteilung 37 sei festgestellt worden, dass das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin ein, mit dem in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheid vom habe die MA 37 der Beschwerdeführerin als Bauwerberin die Bewilligung zur näher bezeichneten Bauführung auf der Liegenschaft in Adresse (Ausbau des Rohdachbodens) erteilt.
Dieses Bauvorhaben sei bereits bewilligt und durch Zusammenlegung von Wohnungen im gegenständlichen Haus die Stellplatzverpflichtung egalisiert worden.
Infolge Zeitablaufs des ersten rechtskräftigen Baubescheides sei die Baubewilligung des gegenständlichen Dachbodenausbaus neuerlich beantragt worden.
Mit notariellem Kaufvertrag vom habe die Beschwerdeführerin die verfahrensgegenständlichen Dachbodenanteile an die ***1*** GmbH mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten verkauft. Es sei ein Bauwerberwechsel erfolgt. Entsprechend diesem Rechtsgeschäft sei die Käuferin auch Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Dachbodenanteile geworden, es liege im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides eine vom seinerzeitigen Bauwerber und Beschwerdeführer unterschiedliche Eigentümerin vor. Dieser wäre nach § 53 Abs. 1 WGarG 2008 eine Solidarhaftung vorzuschreiben gewesen.
Die belangte Behörde habe jedoch mit dem angefochtenen Bescheid die Zahlung aus der Stellplatzverpflichtung allein der Verkäuferin und Beschwerdeführerin aufgetragen. Im Übrigen sei durch die seinerzeitige Zusammenlegung von Wohnungen im verfahrensgegenständlichen Haus die damals bestehende Stellplatzverpflichtung konsumiert worden und könne in der Folge bei Durchführung des gleichen Bauvorhabens nicht mehr aktuell werden.
Festzuhalten sei, dass die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe knapp vor Ablauf von drei Jahren ab Baubewilligungsbescheid erfolgt sei, sodass der Beschwerdeführerin keinerlei zivilrechtliche Möglichkeiten zur Überbindung einer allfällig zu Recht bestehenden Ausgleichsabgabe an die Käuferin verblieben sei oder auch die Möglichkeit zur Schaffung von Ersatzstellplätzen. Eine rechtzeitige Verständigung von der Vorschreibung liege nicht vor, weshalb die Beschwerdeführerin auch in ihrem Parteiengehör verletzt worden sei.
Es werde unter Anberaumung einer mündlichen Verhandlung entweder die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides oder die Vorschreibung der Solidarhaftung für den Stellplatzausgleichsbetrag an die Grundeigentümerin beantragt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, der Baubewilligungsbescheid vom , mit welchem festgestellt worden sei, dass der zwingenden Vorschrift des § 52 WGarG 2008 zur Schaffung von vier Stellplätzen nicht entsprochen worden sei, sei in Rechtskraft erwachsen. Dieser Bescheid sei an die Beschwerdeführerin als Bauwerberin adressiert gewesen.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie sei nicht mehr Bauwerberin, sei entgegenzuhalten, dass dies auf die Entstehung der Abgabenschuld keinen Einfluss habe. Die Abgabenschuld entstehe nach Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides, in dem ausgesprochen werde, um wieviel die Anzahl der Pflichtstellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. Der am angezeigte Bauwerberwechsel habe keinen Einfluss auf die Abgabenschuld der Beschwerdeführerin. Auch ein Wechsel im Grundeigentum sei von Seiten der Behörde erst in einem allfälligen Haftungsverfahren zu berücksichtigen.
Die Argumentation, eine Übertragung auf den neuen Bauwerber sei im Zivilrechtsweg aufgrund der späten Vorschreibung nicht mehr möglich gewesen, sei nicht nachvollziehbar.
Ein Planwechsel, der auf die Höhe der Abgabenschuld Einfluss nehme, sei zum derzeitigen Zeitpunkt nicht aktenkundig. In der Beschwerde angeführte Wohnungszusammenlegungen seien nicht als konsumiert aktenkundig bzw. seien nicht bescheidmäßig mit Wirkung auf die Stellplatzverpflichtung erfasst. Ein Ansuchen auf Planwechsel sei von der neuen Bauwerberin zurückgezogen worden, die Feststellungen im ursprünglichen Baubescheid blieben daher aufrecht.
Darüber hinaus verwies die belangte Behörde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/17/0264, in welchem dieser aussprach, dass der Gesetzgeber einen Übergang der bereits entstandenen Abgabenschuld auf den jeweiligen Bauwerber nur durch eine ausdrückliche Vorschrift anordnen könne. Eine solche Regelung enthalte das WGarG 2008 jedoch nicht.
Innerhalb offener Frist stellte der rechtsfreundliche Vertreter einen Vorlageantrag, ohne sich mit den Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung auseinanderzusetzen.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ). In der Stellungnahme führte die belangte Behörde wie folgt aus:
"Wenn die Beschwerdeführerin ausführt, dass sie nicht mehr Bauwerberin ist, ist dem entgegenzuhalten, dass dies auf die Entstehung der Abgabenschuld keinen Einfluss hat (s. Beilage/Beschwerdevorentscheidung in extenso)
Ein Planwechsel wurde zurückgezogen. Ein weiterer Planwechsel, der auf die Höhe der Vorschreibung eine Auswirkung hätte, ist bis dato nicht erfolgt."
Über Ersuchen des Bundesfinanzgerichts gab die Magistratsabteilung 37- Baupolizei, Gebietsgruppe Süd - Dezernat Stadterneuerung 2, folgendes bekannt:
1. Am sei seitens der Bauwerberin und jetzigen Beschwerdeführerin ein Ansuchen für einen Dachgeschossausbau und Liftzubau (MA37/*****) eingebracht worden. Durch dieses Ansuchen sei eine Stellplatzverpflichtung von vier Stellplätzen ausgelöst worden, wobei der zwingenden Vorschrift zur Schaffung von 4 Stellplätzen nicht entsprochen werden konnte. Dies sei auch bescheidmäßig mit der Baubewilligung vom festgestellt worden.
2. Nach erfolgtem Baubeginn () sei mit Bescheid vom auf Grundlage der Baubewilligung der Stammeinreichung (siehe Punkt 1) die Ausgleichsabgabe in der Höhe von 48.000,00 Euro für insgesamt vier zu schaffende Stellplätze an die Bauwerberin, die die Stellplatzverpflichtung ausgelöst hatte, vorgeschrieben worden.
3. Am sei ein 1. Planwechsel (eingereicht durch die neue Bauwerberin "***1*** GmbH") eingereicht worden. Dieser sei dann in weiterer Folge am zurückgezogen worden.
4. Am sei erneut ein Ansuchen für einen 1. Planwechsel (eingereicht durch die neue Bauwerberin "***1*** GmbH") eingereicht worden, welcher ebenfalls mit Schreiben vom zurückgezogen worden sei.
5. Am sei dann die nächste Einreichung für einen 1. Planwechsel (eingereicht durch die neue Bauwerberin "***1*** GmbH") erfolgt, welcher mit Schreiben vom zurückgezogen worden sei.
Da keiner der eingereichten Planwechsel (siehe Punkte 3. bis 5.) bewilligt hätte werden können, weil alle drei Planwechsel zurückgezogen worden seien, hätten diese auch keinerlei Auswirkungen auf die mit vorgeschriebene Ausgleichsabgabe in der Höhe von 48.000,00 Euro gehabt.
Diese Auskunft der MA37-Baupolizei, Gebietsgruppe Süd - Dezernat Stadterneuerung 2, wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin in Wahrung des Parteiengehörs mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt.
In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der rechtsfreundliche Vertreter ergänzend vor, nach dem genehmigten Bauplan und Baubescheid vom sei der Ausbau des Dachraumes für 5 Wohnungen bewilligt worden. Die Erwerberin ***1*** GmbH habe unmittelbar nach Ankauf des Objektes 10 Wohnungseinheiten errichtet und fertiggestellt. Es sei somit nicht nach dem bewilligten Bauplan gebaut worden. Der Tatbestand der neuen Vorschreibung der Stellplatzgebühr sei damit erfüllt.
Weiters führte er aus, die dreimalige Einreichung und Rückziehung des Planwechsels habe den alleinigen Grund, die Rechtskraft des Vorschreibungsbescheides betreffend die Stellplatzgebühr abzuwarten. Die im seinerzeitigen rechtskräftigen Baubescheid dokumentierten Nutzflächen sowie die ursprüngliche Parifizierung seien geändert worden, letztere sei bereits durchgeführt und von der Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigt worden.
Mit Kaufverträgen vom und vom seien die Wohnungen an die ***2*** S.a.r.l. mit dem Sitz in Luxemburg verkauft worden. In den Kaufverträgen sei ausgeführt worden, dass sämtliche baulichen Maßnahmen bereits genehmigt worden und keine Bauverfahren anhängig seien.
Die Baupolizei sei am von der nicht genehmigten Bauführung und der Änderung auf 10 Wohnungen informiert worden.
Der rechtsfreundiche Vertreter der Beschwerdeführerin beantragte die zeugenschaftliche Einvernahme des Geschäftsführers der ***2*** S.a.r.l. zum Beweis dafür, dass nicht der ursprünglich genehmigte Bauplan vollzogen worden sei, sondern dass 10 Wohnungseinheiten errichtet, fertiggestellt, konsensgemäß ausgeführt und baubehördlich bewilligt worden seien.
Der Vertreter der Amtspartei brachte vor, er müsse sich bei der Vorschreibung der Ausgleichsabgabe an vorhandene rechtskräftige Bescheide halten. Ihm sei nur der Bescheid vom als die Abgabe auslösender Bescheid vorgelegen. Im Übrigen verweise er auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und auf das darin zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes. Sollte es tatsächlich zu einem Planwechsel kommen, der eine Auswirkung auf die Stellplatzverpflichtung habe, dann wäre die Behörde dem ursprünglichen Bauwerber gegenüber erstattungspflichtig. Bis dato liege aber ein derartiger Planwechsel nicht vor.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Magistratsabteilung 37 - Baupolizei für Wien hat mit Bescheid vom , ZI. MA37*****, (Baubewilligung) ausgesprochen, dass bei dem bewilligten Bauvorhaben an der Adresse Adresse, der zwingenden Vorschrift des § 48 Abs. 1 in Verbindung mit § 50 WGarG 2008 zur Schaffung von vier Stellplätzen nicht entsprochen werde. Dieser Bescheid ist unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Als Bescheidadressatin und Zahlungspflichtige ist die Beschwerdeführerin angeführt.
Mit Bescheid vom , Zl. MA37/*****, wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 48 Abs. 1 und § 54 WGarG 2008 in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, aufgrund der Feststellungen des Bescheides der Magistratsabteilung 37/Gebietsgruppe Süd - Stadterneuerung II vom , Zl. MA37/*****, eine Ausgleichsabgabe für 4 Stellplätze in Höhe von 48.000,00 Euro vorgeschrieben.
Am wurde seitens der Bauwerberin und jetzigen Beschwerdeführerin ein Ansuchen für einen Dachgeschossausbau und Liftzubau (MA37/*****) eingebracht. Durch dieses Ansuchen wurde eine Stellplatzverpflichtung von vier Stellplätzen ausgelöst, wobei der zwingenden Vorschrift zur Schaffung von 4 Stellplätzen nicht entsprochen werden konnte. Dies wurde auch bescheidmäßig mit der Baubewilligung vom festgestellt.
Nach erfolgtem Baubeginn () wurde mit Bescheid vom auf Grundlage der Baubewilligung der Stammeinreichung (siehe Punkt 1) die Ausgleichsabgabe in der Höhe von 48.000,00 Euro für insgesamt vier zu schaffende Stellplätze an die Bauwerberin, die die Stellplatzverpflichtung ausgelöst hatte, vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführerin veräußerte mit Kaufvertrag vom die streitgegenständlichen Dachbodenanteile an die ***1*** GmbH. Mit Schreiben vom wurde der belangten Behörde angezeigt, dass auf der Liegenschaft in Adresse, ein Bauwerberwechsel stattgefunden habe.
Bis dato wurde kein Planwechsel eingereicht, der eine Auswirkung auf die Stellplatzverpflichtung hat.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und der vom Bundesfinanzgericht eingeholten Auskunft der Baupolizei. Er ist auch nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Gemäß § 48 Abs. 1 Wiener Garagengesetz 2008 idFg LGBl. Nr.26/2014 (WGarG 2008) entsteht bei Neu- und Zubauten sowie Änderungen der Raumwidmung oder Raumeinteilung eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.
Gemäß § 50 Abs.1 erster Satz WGarG 2008 ist für je 100 m² Wohnnutzfläche ein Stellplatz zu schaffen.
Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies gemäß § 52 Abs. 1 WGarG 2008, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien erhoben, kann das bewilligte Vorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.
Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist der Bauwerber oder die Bauwerberin abgabepflichtig. Ist er oder sie nicht der Grundeigentümer oder die Grundeigentümerin, so haftet dieser oder diese für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Bei einem Wechsel im Grundeigentum haftet auch der neue Grundeigentümer oder die neue Grundeigentümerin für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.
Gemäß § 54 WGarG 2008 ergibt sich die Ausgleichsabgabe aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 52 Abs. 1 WGarG 2008) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens 18.000,-- Euro.
Gemäß § 55 WGarG 2008 wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Beschwerde nach § 52 Abs. 1 WGarG 2008 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.
Gemäß § 56 Abs. 1 WGarG 2008 ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.
Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht gemäß § 56 Abs. 2 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu.
Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 52 Abs. 3 WGarG 2008 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder wird die Einstellmöglichkeit auf einem bereits bestehenden Stellplatz vertraglich sichergestellt (§ 51 WGarG 2008), steht gemäß § 56 Abs. 3 WGarG 2008 ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu.
Wird nach Zustellung des Bemessungsbescheides eine Abänderung des Bauvorhabens bewilligt, die von Einfluss auf die Bemessungsgrundlage der Ausgleichsabgabe ist, so hat die Behörde gemäß § 56 Abs. 4 WGarG 2008 den Bemessungsbescheid von Amts wegen entsprechend abzuändern und gegebenenfalls den entrichteten Abgabenbetrag auf Antrag zinsenfrei zu erstatten.
Soweit nicht anderes bestimmt ist, gelten gemäß § 59 WGarG 2008 für das Verfahren betreffend die Bemessung und Einhebung der Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der das Verfahren in Abgabesachen regelnden Vorschriften, für sonstige Verfahren auf Grund dieses Gesetzes die Bestimmungen der Bauordnung für Wien
Gemäß § 1 der auf Grund des § 54 WGarG 2008 ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung vom , LGBl. Nr.27/2014, beträgt der Einheitssatz der Ausgleichsabgabe je Stellplatz 12.000 Euro.
Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist gemäß § 4 Abs. 4 BAO ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.
Gemäß § 4 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 52 Abs. 1 WGarG 2008 entsteht die Abgabepflicht mit der Rechtskraft des Ausspruches in der Baubewilligung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibt (vgl. , und die dort wiedergegebene Judikatur der Höchstgerichte).
Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids vom , MA 37/*****, mit dem die Feststellung nach dem WGarG 2008, getroffen wurde, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, der Abgabenanspruch gegenüber der Beschwerdeführerin als damaliger Bauwerberin entstanden ist.
Zu klären ist also, ob die im Zeitpunkt der Feststellung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, für die Beschwerdeführerin entstandene Abgabenschuld auf die Nachfolgerin in der Stellung als Bauwerberin übergegangen ist (und daher nicht der Beschwerdeführerin gegenüber vorzuschreiben gewesen wäre).
Auszugehen ist dabei von der oben bereits dargestellten grundsätzlichen Rechtslage, dass für die Vorschreibung einer Abgabe die zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gegebene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist. Die Abgabe ist insofern jener Person vorzuschreiben, welche nach der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Rechtslage als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Für einen allfälligen Wechsel in der Stellung als Abgabenschuldner nach Entstehen des Abgabenanspruches (gleichgültig, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht) bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung (vgl. ; ).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu Fragen eines nach Entstehung eines Abgabenanspruches eingetretenen Eigentumsübergangs festhält (vgl. etwa ; oder ), bedürfte es für den Eintritt eines Schuldnerwechsels im Falle des Eigentumsüberganges an einem Grundstück, auf das sich ein Vorhaben bezieht, für welches eine Abgabe vorgeschrieben worden ist oder für welches der Abgabenanspruch entstanden ist, einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung. Die Überlegungen, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/17/0246, für den Fall der Rechtsnachfolge im Eigentum angestellt wurden, müssen in gleicher Weise auch im Fall der Vorschreibung einer Abgabe an einen Bauwerber nach einer Bauordnung gelten, der im Laufe der Zeit seine Stellung als Bauwerber verlieren kann und insofern ein Rechtsnachfolger in der Stellung als Bauwerber vorhanden sein kann.
§ 124 Abs. 4 Wiener Bauordnung, demzufolge der zukünftige Bauwerber in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle eintritt, normiert zwar einen Wechsel in der Stellung des Bauwerbers, es kommt ihm jedoch nur Bedeutung für die baurechtlichen Regelungen zu. Auswirkungen für den Bereich der Ausgleichsabgabe kann die Regelung nur insoweit haben, als in jenen Fällen, in denen der Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Verwirklichung des Abgabentatbestandes eingetreten ist, bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen auf die baurechtliche Regelung Bedacht zu nehmen ist: Abgabeschuldner ist der Bauwerber im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestands. Wenn sich also ein Wechsel in der Stellung als Bauwerber vor der Erlassung des Bescheids betreffend die Feststellung, um wie viel die Stellplätze hinter der erforderlichen Zahl zurückbleiben, ergeben hätte, dann wäre dieser Wechsel bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Abgabepflichtiger wäre der "neue" Bauwerber (der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches aktuelle Bauwerber).
Sobald sich jedoch der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist das Abgabenschuldverhältnis entstanden und der Abgabeschuldner - unabhängig davon, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht - damit festgelegt. Das Abgabenschuldverhältnis besteht zwischen dem Abgabegläubiger und dem Abgabeschuldner, in diesem Fall dem Bauwerber zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestandes. Spätere Änderungen in der Stellung des Abgabeschuldners müssten von der Abgabennorm ausdrücklich vorgesehen werden. Wollte der Gesetzgeber einen Übergang der bereits entstandenen Abgabenschuld auf den jeweiligen Bauwerber anordnen, müsste er dies durch eine ausdrückliche Vorschrift, die einen solchen Übergang anordnet, tun (es könnte der Übergang im Sinne eines Schuldnerwechsels, aber auch eine Gesamtschuld oder die Haftung des späteren Bauwerbers angeordnet werden). Eine solche Regelung enthält das WGarG 2008 jedoch nicht. Die Anordnung in § 124 Abs. 4 Wiener Bauordnung betrifft nur die Stellung als "Bauwerber" und nicht jene als Abgabepflichtiger nach dem WGarG 2008 (vgl. ).
Da die Beschwerdeführerin unbestritten zum Zeitpunkt des bescheidmäßigen Ausspruchs, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, Bauwerberin des Bauvorhabens war, ist sie Schuldnerin der Ausgleichsabgabe und zwar unabhängig davon, dass es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Bauwerberwechsel gekommen ist.
Gemäß § 53 Abs. 1 WGarG 2008 ist jedenfalls der Bauwerber oder die Bauwerberin im Zeitpunkt der Feststellung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, abgabepflichtig und somit Abgabenschuldnerin. Grundeigentümer, wenn sie nicht zum Zeitpunkt des bescheidmäßigen Ausspruchs, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibt, zugleich Bauwerber sind, haften lediglich für die Abgabenschuld. Sie werden gemäß § 7 Abs. 1 BAO erst durch die Geltendmachung der Haftung (durch Haftungsbescheid nach § 224 BAO) zu Gesamtschuldnern (vgl. ).
Der Abgabenbescheid hatte daher ausschließlich an die Beschwerdeführerin als ursprüngliche Bauwerberin und nicht auch an die nunmehrige Grundeigentümerin zu ergehen.
Wenn der Vertreter der Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorbringt, dass statt des mit Baubewilligungsbescheid vom genehmigten Ausbaus des Dachraumes für fünf Wohnungen nunmehr 10 Wohnungseinheiten errichtet und fertiggestellt worden seien, so sind diesem Vorbringen die Ausführungen des Vertreters der Amtspartei entgegenzuhalten, dass es bis dato zu keinem Planwechsel, der sich auf die Stellplatzverpflichtung ausgewirkt hätte, gekommen sei. Dies deckt sich auch mit dem Ergebnis der vom Bundesfinanzgericht durchgeführten Ermittlungen. Aufgrund des vom rechtsfreundlichen Vertreter schriftlich bei der MA37- Baupolizei eingereichten Hinweises auf die nicht durch die Baubewilligung vom gedeckte Bauausführung obliegt es nunmehr der Behörde, diesem Hinweis nachzugehen und allenfalls notwendige Konsequenzen zu ziehen.
Von der beantragten zeugenschaftlichen Einvernahme des Geschäftsführers der ***2*** S.a.r.l. war im Hinblick auf die Unerheblichkeit dieser Aussage gemäß § 183 Abs. 2 BAO abzusehen. Selbst bei Zutreffen des Vorbringens, dass nicht der ursprünglich genehmigte Bauplan zur Errichtung von fünf Dachgeschosswohnungen umgesetzt worden sei, sondern entgegen der Baubewilligung 10 Wohnungseinheiten errichtet worden seien, ist nämlich die Beschwerdeführerin diesbezüglich auf den in Rechtskraft erwachsenen Baubewilligungsbescheid vom und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach welcher die Abgabenbehörde den Ausspruch im Baubewilligungsbescheid ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hat und bei der Festsetzung der Abgabe an die rechtskräftige Feststellung gebunden ist (; ).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da über die gegenständlich zu beantwortende Rechtsfrage, wer im Falle eines Bauwerberwechsels als Abgabenschuldnerin oder Abgabenschuldner heranzuziehen ist, im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden wurde, und das Erkenntnis hinsichtlich der Entstehung des Abgabenanspruches und der Bindung der Abgabenbehörde an die Feststellungen im Baubewilligungsbescheid nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, war die Unzulässigkeit der der ordentlichen Revision auszusprechen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 50 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 70a BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 § 53 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 54 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 52 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 48 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 52 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 56 Abs. 2 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 56 Abs. 4 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 59 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009 § 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 7 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 183 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400041.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at