Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.06.2023, RV/5101786/2018

1. Eignung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer eines Gebäudes 2. Offensichtliche Unrichtigkeit iSd. § 293b BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** (gem. § 81 BAO vertreten durch ***A***) im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht vertreten durch ***Vertreter***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** (jetzt Finanzamt Österreich) vom bezüglich

1. der Berichtigungen gem. § 293b BAO betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2015 und 2016
2. der Feststellung der Einkünfte § 188 BAO im Jahr 2017,
Steuernummer ***BF1StNr1***,
zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Kaufvertrag vom erwarb die beschwerdeführende Partei (kurz: bP), eine Miteigentümergemeinschaft, das anteilige Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft und begann im selben Monat mit der Vermietung des darauf befindlichen Büros und der Halle.

2. In den Jahren 2013 und 2014 wurde in der Erklärung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Miteigentümergemeinschaft für die vermieteten Gebäude eine AfA von 1,5% angesetzt.
Die Feststellungsbescheide ergingen erklärungsgemäß ohne weitere Prüfung durch das Finanzamt.

3. Ab dem Jahr 2015 setzte die bP für die Gebäude eine AfA von 3,85% an. Die Feststellungsbescheide 2015 und 2016 ergingen jeweils automatisch innerhalb von 1 bzw. 2 Tagen wiederum erklärungsgemäß. Eine Prüfung der beigelegten Unterlagen zur Steuererklärung 2015 (Überschussrechnung und Anlagenverzeichnis) erfolgte durch das Finanzamt nicht.

4. Nach telefonischem Vorhalt des Finanzamtes im Rahmen der Erstellung des Bescheides für das Jahr 2017 übermittelte die bP dem Finanzamt ein Gutachten zur Restnutzungsdauer der Gebäude erstellt von Ing. ***Z*** zum Stichtag .
Am erließ das Finanzamt den Bescheid betreffend die Feststellung von Einkünften im Jahr 2017 und gemäß § 293b BAO berichtigte Bescheide der Jahre 2015 und 2016. Begründend wurde ausgeführt:

  1. "§ 16 Abs. 1 Z. 8 lit. d EStG 1988 sieht für Gebäude, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung dienen, einen gesetzlichen Afa-Satz vor, wobei dieser 1,5 % der Anschaffungs- bzw Herstellungskosten beträgt.

  2. Vom gesetzlichen festgelegten Afa-Satz kann bei entsprechendem Nachweis

  3. nur im Jahr der Inbetriebnahme oder bei einem Wechsel im Nutzungseinsatz

  4. oder bei einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnützung oder Änderung der Restnutzungsdauer wegen nachträglich vorgenommener Her-stellungsaufwendungen abgewichen werden (). Da im gegenständlichen Fall keine der oben angeführten Gründe vorliegen, ist der im Jahr 2013 gewählte Afa-Satz von 1,5% auch in den Folgejahren beizubehalten. Die Afa wurde daher mit 1,5 % berechnet."

5. Am wurde gegen diese Bescheide Beschwerde erhoben.
Bezüglich der Anwendung des § 293b BAO in den Jahren 2015 und 2016 wurde vorgebracht, dass der Finanzverwaltung die Überschussermittlung samt Anlagenverzeichnis mit den Steuererklärungen übermittelt wurden. Bei der Bescheiderstellung sei es nicht zu Schreib- oder Rechenfehlern gekommen. Es liege auch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor. Die Finanzverwaltung sei durch die Überschussrechnung samt Anlagenverzeichnis über die im Jahr 2015 abgeänderte Restnutzungsdauer in Kenntnis gesetzt worden. Wenn die Unrichtigkeit erst nach Durchführung eines diesbezüglichen, über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausgehenden, Ermittlungsverfahrens erkennbar ist, so sei eine Berichtigung nach § 293b BAO unzulässig (; ).

Bezüglich der kürzeren Restnutzungsdauer wurde vorgebracht, dass auch nach dem Jahr der erstmaligen Inbetriebnahme des Gebäudes die Möglichkeit bestehe, eine kürzere Restnutzungsdauer nachzuweisen.
Aus den Einkommensteuerrichtlinien Rz 3139 gehe klar hervor, dass ein Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer auch nach dem Jahr der Inbetriebnahme möglich ist.
Gemäß § 124b Z 283 EStG 1988 sei im Jahr 2016 der Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer zulässig. Der Gesetzgeber habe im Bereich des § 8 EStG 1988 die AfA-Sätze für Wohngebäude auf 1,5% abgesenkt. Gleichzeitig habe er die Möglichkeit geschaffen nach der Inbetriebnahme (bei Nachweis durch ein Gutachten) auf eine geringere Restnutzungsdauer abzuschreiben. Es wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich, dass diese Möglichkeit bei Gebäuden im betrieblichen Bereich angwendet werden darf und im außerbetrieblichen nicht.
Beantragt werde der Ansatz der erklärten AfA-Beträge.
Auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung wurde verzichtet, beantragt wurde eine mündliche Verhandlung beim Bundesfinanzgericht.

6. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung. Ergänzend wurde vorgebracht, dass das Wahlrecht zur Nachweisführung einer von der vermuteten Nutzungsdauer abweichenden Nutzungsdauer grundsätzlich nur bei Inbetriebnahme des Gebäudes zustehe.
Gutachten, die die Nutzungsdauer im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens feststellen und nicht für den Zeitpunkt des Erwerbs, seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes schon vom Ansatz her methodisch verfehlt.
Die von der Bf. in der Beschwerde angeführte Rz 3139 der EStR betreffe nur Betriebsgebäude, die ab 2016 durch das StRefG 2015/2016 von einer gesetzlichen Änderung des Abschreibungssatzes betroffen waren.
§ 293b BAO sei wegen Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten anwendbar.

7. Am fand die mündliche Verhandlung statt.
Der Vertreter der bP brachte vor, dass eine Nutzungsänderung durch den Mieter zu einer Verkürzung der technischen Restnutzungsdauer führe. Der Mieter habe erst einen Handelsbetrieb und ab 2015/16 eine Werkstätte betrieben. Außerdem seien in den Jahren 2015 und 2016 rund 210.000 Euro für einen Werkstättenumbau aufgewendet worden. Diese nachträglichen Herstellungskosten würden zu einer Veränderung der Restnutzungsdauer führen.
Bezüglich der Berichtigungen gemäß § 293b BAO brachte der Vertreter der bP vor, dass in den Berichtigungsbescheiden 2015 und 2016 nur auf die Begründung des Feststellungsbescheides 2017 verwiesen wurde und nicht weiter auf die notwendigen Voraussetzungen des § 293b BAO eingegangen worden sei.
Außerdem liege keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, weil der Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer in den Beilagen übermittelt worden sei. Hat die Behörde einer Abgabenerklärung beigelegte Dokumente nicht beachtet, so scheide die Anwendung von § 293b BAO aus ().
Die belangte Behörde verwies im Wesentlichen auf die Begründung in der Beschwerdevorentscheidung und die Stellungnahme im Vorlagebericht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

1. Mit Kaufvertrag vom erwarb die bP das anteilige Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft und begann im selben Monat mit der Vermietung des darauf befindlichen Büros und der Halle. Das Bürogebäude als auch die Halle wurden 2009 errichtet, die Hallenerweiterung erfolgte im Jahr 2014.

2. In den Jahren 2013 und 2014 wurde in der Erklärung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Miteigentümergemeinschaft für die vermieteten Gebäude eine AfA von 1,5% angesetzt.
Die Feststellungsbescheide ergingen erklärungsgemäß ohne weitere Prüfung durch das Finanzamt.

3. Ab dem Jahr 2015 setzte die bP für die Gebäude eine AfA von 3,85% an. Die Feststellungsbescheide ergingen jeweils automatisch innerhalb von 1 bzw. 2 Tagen wiederum erklärungsgemäß. Eine Prüfung der beigelegten Unterlagen zur Steuererklärung 2015 (Überschussrechnung und Anlagenverzeichnis) erfolgte durch das Finanzamt nicht.

4. Nach telefonischem Vorhalt des Finanzamtes im Rahmen der Erstellung des Bescheides für das Jahr 2017 übermittelte die bP dem Finanzamt ein Gutachten zur Restnutzungsdauer der Gebäude erstellt von Ing. ***Z*** zum Stichtag .

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten.

Strittig sind die Anwendbarkeit von § 293b BAO und die Eignung des Privatgutachtens zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer. Die Beurteilung des Gutachtens erfolgt unter Punkt 3.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)

Zur Anwendbarkeit von § 293b BAO in den Jahren 2015 und 2016:

§ 293b BAO lautet:
Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

§ 293b BAO soll vor allem die Beseitigung typischerweise bei Soforteingabefällen unterlaufener Unrichtigkeiten ermöglichen.
§ 293b BAO soll somit einerseits eine Handhabe gegen Abgabepflichtige bieten, die darauf hoffen, dass offensichtliche Unrichtigkeiten in ihren Abgabenerklärungen bei der Veranlagung übersehen werden und später mangels verfahrensrechtlicher Handhaben nicht mehr berichtigt werden können. Andererseits erweitert § 293b BAO die Rechtsschutzmöglichkeiten der Partei, die damit auch noch nach formeller Rechtskraft und nach Ablauf der für Aufhebungen gem § 299 Abs 1 BAO maßgeblichen Jahresfrist des § 302 Abs 1 BAO eine Möglichkeit hat, ihr unterlaufene (von der Behörde übernommene) offensichtliche Unrichtigkeiten berichtigen zu lassen (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 293b, Rz 1).
§ 293b BAO ist auch anwendbar, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit mehrfach übersehen wurde.
Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, ob die Übernahme der Unrichtigkeit auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist, da es auf das Ausmaß der Aufmerksamkeit oder Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt der Behörde nicht ankommt ().

Nach der Rechtsprechung des VwGH, des UFS und des BFG liegen offensichtliche Unrichtigkeiten beispielsweise vor bei mehr als 1,5 % AfA im Anwendungsbereich des § 16 Abs 1 lit d EStG 1988, obwohl kein Nachweis für eine kürzere Nutzungsdauer erbracht wurde ().

Maßgeblicher Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides ().

Eine Unrichtigkeit ist offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist (Stoll, BAO, 2831; ).
Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt also vor, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsmäßiger Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen (zB ; ).

Im gegenständlichen Fall wurde der Finanzverwaltung die Überschussermittlung samt Anlagenverzeichnis mit den Steuererklärungen 2015 und 2016 übermittelt.
Der Feststellungsbescheid 2015 erging am und der Feststellungsbescheid 2016 am .
Ein Nachweis für eine kürzere als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer wurde zum Zeitpunkt der Erlassung der zu berichtigenden Bescheide nicht erbracht.
Aus diesen Unterlagen hätte die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung -ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen- erkennen müssen, dass ab 2015 mehr als 1,5% AfA im Anwendungsbereich des § 16 Abs 1 lit d EStG 1988 angesetzt wurde, obwohl kein Nachweis für eine kürzere Nutzungsdauer erbracht wurde.

Erst im Rahmen der Erstellung des Bescheides für das Jahr 2017 übermittelte die bP nach telefonischem Vorhalt dem Finanzamt ein Gutachten zur Restnutzungsdauer der Gebäude, welches vom Finanzamt als nicht geeignet für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer qualifiziert wurde.

Mit den Abgabenerklärungen für die Jahre 2015 und 2016 samt Beilagen hat die bP Werbungskosten geltend gemacht, bei deren Berechnung eine AfA zu Grunde gelegt wurde, die auf eine kürzere als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer abstellt. Einen Nachweis über eine kürzere als die gesetzlich vermutete Nutzungsdauer hat die bP mit diesen Abgabenerklärungen samt Beilagen nicht erbracht.

Bei diesem Sachverhalt war jedoch das Zugrundelegen einer kürzeren als der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer für die Berechnung der AfA in den Jahren 2015 und 2016 objektiv unrichtig. Das Finanzamt, welches diese objektiv unrichtigen Werbungskosten aus den Abgabenerklärungen ungeprüft in die Feststellungsbescheide übernommen hat, war daher zur späteren Berichtigung dieser Bescheide nach § 293b BAO befugt.

Die bP bezweifelte in der mündlichen Verhandlung, dass die Berichtigungsbescheide hinreichend begründet seien. Gemäß den Richtlinien zur Berichtigung gem. § 293b BAO () seien die Voraussetzungen für die Anwendung der Berichtigung gem. § 293b BAO explizit darzulegen. Im gegenständlichen Fall sei hingegen nur auf die Begründung des Feststellungsbescheides 2017 verwiesen und nicht weiter auf die notwendigen Voraussetzungen des § 293b BAO eingegangen worden.

Dazu vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Auffassung:

Die Bescheidbegründung ist für einen effizienten Rechtsschutz des Abgabepflichtigen von grundlegender Bedeutung: Der Abgabepflichtige soll nicht rätseln müssen, warum ihm eine Abgabe vorgeschrieben wird.

Im gegenständlichen Fall ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts der effiziente Rechtsschutz des Abgabepflichtigen ausreichend gewahrt und es bleibt kein Raum für Zweifel am Berichtigungsgrund und an der Abgabenvorschreibung.

Die Begründung der Berichtigungsbescheide 2015 und 2016 vom lautet zwar nur:
"Die Afa wurde auf 1,5% geändert und beträgt daher 8.771,84 Euro (bzw. 9.190 Euro im Jahr 2016). Auf die ausführliche Begründung im Jahr 2017 wird hingewiesen."

Es ist allerdings nicht rechtswidrig, in der Begründung eines Bescheides auf die eines anderen der Partei bekannten Bescheides zu verweisen ().
Die Begründung des Feststellungsbescheides 2017 vom lautet:

"§ 16 Abs. 1 Z. 8 lit. d EStG 1988 sieht für Gebäude, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung dienen, einen gesetzlichen Afa-Satz vor, wobei dieser 1,5 % der Anschaffungs- bzw_ Herstellungskosten beträgt. Vom gesetzlichen festgelegten Afa-Satz kann bei entsprechendem Nachweis nur im Jahr der Inbetriebnahme oder bei einem Wechsel im Nutzungseinsatz oder bei einer außergewöhnlichen technischen oder wirtschaftlichen Abnützung oder Änderung der Restnutzungsdauer wegen nachträglich vorgenommener Herstellungsaufwendungen abgewichen werden (RV/5101952/2015). Da im gegenständlichen Fall keine der oben angeführten Gründe vorliegen ist der im Jahr 2013 gewählte Afa-Satz von 1,5% auch in den Folgejahren beizubehalten. Die Afa wurde daher mit 1,5 % berechnet. Afa für 2017 beträgt daher € 9.190,51."

Aus dieser Begründung ist der Berichtigungsgrund eindeutig zu erkennen: Er liegt in der Anwendung eines von der gesetzlichen Vermutung abweichenden, höheren AfA-Satzes ohne Nachweis.
Die Angabe des Berichtigungsgrundes ist nach Ritz (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 293b, Rz. 15a) auch deshalb bedeutsam, weil der von der Abgabenbehörde erster Instanz verwendete Berichtigungsgrund im Berufungsverfahren nicht ausgetauscht werden kann (vgl. ).

Soweit die bP rügt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Berichtigung gem. § 293b BAO damit noch nicht hinreichend dargelegt sei, ist Folgendes festzustellen:

Begründungsmängel im Abgabenverfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden.
Daher kann eine fehlende bzw mangelhafte Bescheidbegründung vom Finanzamt in einer Beschwerdevorentscheidung (oder vom BFG in einem Erkenntnis) nachgeholt werden (zB ; , 2001/13/0281, 0282).

Im Vorlagebericht - auf den die belangte Behörde in der mündlichen Verhandlung verwiesen hat und der auch der bP zugestellt wurde - nahm die belangte Behörde unter anderem wie folgt Stellung:

"§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen ( 2004/15/0126; 2007/15/0098; 2007/15/0285; Ro 2014/15/0015). Auch ein falscher Afa-Satz, der in einer Steuerklärung zur Anwendung gebracht wurde und ohne Änderung in den Bescheid übernommen wurde, berechtigt die Abgabebehörde zu einer Berichtigung gemäß § 293b BAO ( 2004/13/0052, und RV/2102-W/12).

Die Berichtigung gemäß § 293b BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Dies gilt sowohl für amtswegige Berichtigungen als auch für Berichtigungen auf Antrag der Partei. Bei der Ermessensübung ist primär maßgebend, dass dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) gegenüber dem der Rechtsbeständigkeit der Vorzug einzuräumen ist (vgl. zB 2002/13/0071; 2004/13/0052). Dies ist auch gegenständlich anzunehmen, zumal die steuerlichen Folgen der Unrichtigkeit nicht bloß geringfügig sind."

Aus diesem Inhalt ist unzweifelhaft zu erkennen, worin für die belangte Behörde die Offensichtlichkeit der Unrichtigkeit zum Zeitpunkt der Erlassung der berichtigten Bescheide besteht: Eine Prüfung der Abgabenerklärung samt Überschussermittlung und Anlagenverzeichnis hätte (ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen) ergeben, dass ein von der gesetzlichen Vermutung abweichender, höherer AfA-Satz in der Abgabenerklärung ohne Nachweis angewendet wurde.

Auch die für die Ermessensübung maßgebende Erwägung wurde im Vorlagebericht insoweit aufgezeigt, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn der Bestimmung erforderlich ist (vgl. zB ).

Damit sind nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts die Berichtigungsbescheide nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet und die Beschwerde ist diesbezüglich abzuweisen.

Der Sachverhalt in dem von der bP ins Treffen geführten Erkenntnis des , ist mit dem gegenständlichen Sachverhalt nicht vergleichbar und daher ist die rechtliche Beurteilung hier nicht anwendbar.
In jenem Fall enthielt die vom Beschwerdeführer eingereichte Abgabenerklärung keine Unrichtigkeiten. Die vollständige Übernahme der Erklärungsdaten hätte zu einem rechts- und tatsachenrichtigen Sachbescheid geführt. Nur die Tatsache, dass nicht alle erklärten Daten bei der Ausfertigung des Einkommensteuerbescheides von der Abgabenbehörde berücksichtigt wurden, hat zu einem rechtswidrigen Bescheid geführt.
Ist der rechtswidrige, mit dem angefochtenen Bescheid berichtigte Bescheid nicht auf eine offensichtliche Unrichtigkeit in der Abgabenerklärung zurückzuführen sondern auf die Nachlässigkeit der Abgabenbehörde bei der Bearbeitung des richtig Erklärten, kann die Rechtswidrigkeit nicht auf Basis des § 293b BAO beseitigt werden.

Zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer nach Inbetriebnahme:

Bei Mietgebäuden "können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage (lit. a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden" (§ 16 Abs 1 Z 8 lit d EStG 1988 idF AbgÄG 2012 und StRefG 2015/2016).

Das Gesetz stellt damit die Vermutung auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, rund 67 Jahre und nicht weniger beträgt ().

Der Regelung ist eine Beweislastumkehr hinsichtlich einer kürzeren Nutzungsdauer zu entnehmen ().

Der Beweis der kürzeren Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen.
Der Nachweis ist grundsätzlich mit einem Gutachten über den bautechnischen Zustand (im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung) zu erbringen (; ; ).

Die Vermutung der Nutzungsdauer von rund 67 Jahren gilt auch dann, wenn das Gebäude in gebrauchtem Zustand angeschafft worden ist, insbesondere also wenn das vermietete Gebäude schon vor dem Eigentumsübergang in Nutzung stand und sich damit eine Gesamtnutzungsdauer von über 67 Jahren errechnet (; EStR 2000 Rz 6443).

Gutachten sind Beweismittel, die von der Behörde auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen sind; eine Bindung der Behörde besteht nicht. Die Behörde kann die Schlüssigkeit des Gutachtens widerlegen; sie ist aber nicht verpflichtet, ein Gegengutachten zu erstellen (). Sie hat im Fall des Abgehens zu begründen, weshalb sie das Gutachten für unrichtig erkennt ().

Nicht maßgeblich ist die Nutzungsart durch den Mieter. Der AfA-Satz beträgt daher auch dann bis zu 1,5 %, wenn der Mieter sein Mietobjekt zu gewerblichen Zwecken nützt. Die AfA von 1,5 % gilt für den Vermieter nämlich auch dann, wenn der Mieter das Gebäude zu einem Zweck verwendet, der nach § 8 Abs 1 EStG 1988 einen höheren AfA-Satz zulässt.
Die von der bP angeführte Änderung der Nutzungsverhältnisse (vorher Handelsbetrieb und ab 2015/2016 Werkstätte) führt nicht automatisch zu einem Abweichen von der gesetzlichen Vermutung. Auch in diesem Fall muss mit einem Gutachten eine kürzere technische Restnutzungsdauer durch Untersuchung der tragenden Teile des Gebäudes begründet werden.

Weiters bringt die bP vor, dass in den Jahren 2015 und 2016 rund 210.000 Euro für einen Werkstättenumbau aufgewendet worden seien. Diese nachträglichen Herstellungskosten würden zu einer Veränderung der Restnutzungsdauer führen.
Dazu ist zu sagen, dass nachträglicher Herstellungsaufwand nicht zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer führen kann, sondern gegebenenfalls nur zu einer Verlängerung derselben.

Die Abschreibungssätze des § 8 Abs 1 EStG 1988 gelten nur für den Eigentümer, der das Gebäude für die dort angeführten betrieblichen Zwecke selbst nutzt, oder für den gewerblichen Vermieter, nicht jedoch für den außerbetrieblichen Vermieter (siehe dazu zur Vermietung eines Kaufhausgebäudes).

Zur Frage der Zulässigkeit einer Änderung der Restnutzungsdauer wird in der Beschwerde vorgebracht, dass gemäß § 124b Z 283 EStG 1988 im Jahr 2016 der Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer für bereits in Betrieb genommene Gebäude zulässig sei. Der Gesetzgeber habe im Bereich des § 8 EStG 1988 die AfA-Sätze für Wohngebäude auf 1,5% abgesenkt. Gleichzeitig habe er die Möglichkeit geschaffen, nach der Inbetriebnahme (bei Nachweis durch ein Gutachten) auf eine geringere Restnutzungsdauer abzuschreiben. Es wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich, dass diese Möglichkeit bei Gebäuden im betrieblichen Bereich angewendet werden darf und im außerbetrieblichen nicht.

Das Bundesfinanzgericht hält § 124b Z 283 EStG 1988 im gegenständlichen Fall für nicht anwendbar und hegt diesbezüglich keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Gegen die unterschiedlichen AfA-Prozentsätze in § 16 Abs 1 Z 8 EStG 1988 einerseits und für den betrieblichen Bereich in § 8 EStG 1988 andererseits wurden bereits verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (Walder, SWK 2014, 788). Der VfGH 1795/2016, die Behandlung einer entsprechenden Beschwerde abgelehnt. Dabei verwies der VfGH auf die bei einer Durchschnittsbetrachtung bestehende unterschiedliche Abnutzungsintensität von betrieblichen und außerbetrieblichen Gebäuden und den Umstand, dass der Steuerpflichtige eine allenfalls kürzere Nutzungsdauer nachweisen kann (vgl Renner, ; Prodinger, SWK 2017, 789; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 21. Lfg 2020, zu § 16, Rz 165/2).

Unabhängig von der Anwendbarkeit des § 124b Z 283 EStG 1988 stellt sich die Frage, ob das Wahlrecht zur Nachweisführung einer von der vermuteten Nutzungsdauer abweichenden Nutzungsdauer grundsätzlich nur bei Inbetriebnahme des Gebäudes zusteht oder auch später noch ausgeübt werden kann.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, mit dem Ansatz der gesetzlichen AfA-Sätze sei das Wahlrecht konsumiert -es sei denn, es wäre eine grundlegende Änderung der Nutzungsverhältnisse eingetreten- und verweist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des BFG (, und ).

Nach Meinung von Zorn hingegen normiert § 16 Abs 1 Z 8 lit d kein klassisches Wahlrecht. Es könne daher auch im Rahmen einer späteren Veranlagung die (von Anfang an bestehende) niedrigere Nutzungsdauer nachgewiesen werden; wird in einer späteren Veranlagung der Nachweis erbracht, werden damit vorangehende Veranlagungen aus einkommensteuerlicher Sicht nicht unrichtig, weil ja in den vorangehenden Jahren mangels eines Nachweises richtigerweise die gesetzliche Vermutung der lit d (67 Jahre) angewendet wurde (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 21. Lfg 2020, § 16, Rz 165/3).

Selbst wenn dieser Meinung gefolgt würde, müsste die bP den Nachweis einer von Anfang an bestehenden kürzeren Restnutzungsdauer mittels geeignetem Gutachten erbringen.

Auch im Fall einer grundlegenden Veränderung der Nutzungsverhältnisse müsste der Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer mittels geeignetem Gutachten erfolgen.

Zur Eignung des Gutachtens zum Nachweis einer kürzeren als der gesetzlich vermuteten Restnutzungsdauer:

Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist ab dem jeweils sich aus § 16 Abs 1 Z 8 lit a bis c EStG 1988 ergebenden Zeitpunkt zu ermitteln. Ein Gutachten, das von der Nutzungsdauer im späteren Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ausgeht, ist bereits vom Ansatz her methodisch verfehlt (; ; Rz 6444 EStR; Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG, 21. Lfg 2020, zu § 16, Rz 165/8).

Im gegenständlichen Fall liegt der Stichtag (und der Tag der Befundaufnahme) des vorgelegten Gutachtens () drei Jahre nach Erwerb der Liegenschaft und Beginn der Vermietung im November 2013. Da das Gutachten auch sonst keine Ausführungen enthält, die auf den Zustand des Gebäudes zu Beginn der Vermietung schließen lassen, ist das Gutachten methodisch verfehlt und somit unmaßgeblich.

Abgesehen von diesem Umstand, ist das vorgelegte Gutachten von Ing. ***Z*** nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts aus folgenden Gründen nicht geeignet eine kürzere als die vom Finanzamt angesetzte, gesetzlich vermutete Nutzungsdauer nachzuweisen:

Ein Gutachten zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (). Dies schließt eine ziffernmäßige Berechnung mit ein, die nicht nur die Ausgangswerte, sondern auch konkrete Überlegungen samt Berechnungsmethoden enthalten (vgl Kotschnigg, ).

Maßgeblich für eine höhere AfA im außerbetrieblichen Bereich ist idR die technische und nicht die wirtschaftliche Nutzungsdauer ().

Als Umstände, auf Grund derer eine kürzere als die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Gebäudes angenommen werden müssten, kämen zB ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme in Betracht (vgl , mwN).

Unter technischer Abnutzung ist der materielle Verschleiß eines Wirtschaftsgutes zu verstehen, somit sein Substanzverzehr, unter wirtschaftlicher Abnutzung die Verminderung oder das Aufhören der Verwendungsmöglichkeit eines Wirtschaftsgutes für den Steuerpflichtigen ().

Soll also tatsächlich von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, ist ein genaues Eingehen des Gutachtens auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere dessen tragende Teile, unumgänglich. So können etwa Setzungsrisse oder starke Mauerdurchfeuchtung die Nutzungsdauer verkürzende Faktoren darstellen, wobei noch zu berücksichtigen ist, ob die Schäden mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar sind.

Finden sich hingegen in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allenfalls bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, ist es nicht geeignet, einen höheren AfA-Satz zu stützen (vgl ).

Der Gutachter geht von einer durchschnittlichen technischen Lebensdauer von 70 Jahren beim Bürogebäude aus, weil die Außenmauern und Decken eine technische Lebensdauer von 80 Jahren hätten, alle übrigen Baumaterialien jedoch eine erheblich kürzere Lebensdauer. Die übliche Gesamtnutzungsdauer für eine Halle betrage entsprechend der einschlägigen Literatur zwischen 30 und 50 Jahre und werde bei der gegenständlichen Halle mit 45 Jahren angenommen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die technische Gesamtnutzungsdauer maßgeblich ist und diese vom physischen Bestand der Rohbauteile wie Fundamenten, Außenwänden, Decken und Treppen, von der Art der verwendeten Baustoffe, der Konstruktion und Güte der Bauausführung sowie der Nutzungs- und Instandhaltungsintensität abhängt (Bienert/Funk, Immobilienbewertung Österreich 2014, 299). Da tragende Bauteile meist eine hohe Nutzungsdauer (bis zu 200 Jahre) aufweisen, ist idR eine technische Nutzungsdauer gegeben, die höher ist als die gesetzliche Vermutung von 66 2/3 Jahren (Prodinger, ).
Für die anderen Bauteile, die repariert oder ausgetauscht werden können, kann Erhaltungsaufwand geltend gemacht werden.

Im vorliegenden Gutachten wird als Begründung für eine kürzere Nutzungsdauer angeführt, dass es bei der Errichtung der Gebäude zu einigen augenscheinlichen Baumängeln gekommen sei, welche in weiterer Folge zu Bauschäden führen würden.

Im Bereich des Stiegenhauses sei in einer Ziegelwand zwischen Stiegenhaus und Büroräumen durchgehend ein Setzungsriss vom Erdgeschoss bis zum Obergeschoss vorhanden. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass im betroffenen Bereich ein Mangel im Bereich der Fundierung vorhanden sein dürfte. Der Mangel wurde bereits im Zuge der Errichtung des Gebäudes entdeckt und es wurden bereits damals Maßnahmen zur Behebung ergriffen.

Bei der Halle würde die monolithische Bodenplatte erhebliche Risse aufweisen. Ein Bohrkern zeige, dass die Risse sehr tief in die Bodenplatte reichen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass einige Risse bereits durch die komplette Stärke der Bodenplatte reichen. Es sei davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren die Bodenplatte in wesentlichen Bereichen brechen werde. Da die Bodenplatte als Fundierung für sämtliche Innenwände fungiert, müssten diese bei einer eventuell notwendigen Sanierung der Bodenplatte ebenfalls abgebrochen und wieder neu errichtet werden.
Außerdem würden die durch die ÖBB Westbahnstrecke verursachten Vibrationen noch nicht abschätzbare Auswirkungen haben.

Aus dem Gutachten ergeben sich keine statischen Probleme, die der aktuellen gewerblichen Nutzung entgegenstehen würden. Für ein einsturzgefährdetes Gebäude würde sich wohl kein Mieter finden.
Es fehlt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts eine - über Behauptungen hinausgehende - in die Tiefe gehende Analyse der tragenden Bausubstanz mit Baustoffprüfung.
Die Ausführungen bleiben zu allgemein und es lässt sich nicht erkennen, wie die dargestellten Mängel zu der behaupteten Restnutzungsdauer führen.

Weiters fehlt eine Feststellung dazu, ob die Baumängel mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln behebbar wären.

Zur Angabe im Gutachten, dass die Werkshalle in Leichtbauweise ausgeführt sei und deshalb eine kürzere Nutzungsdauer hätte ist Folgendes festzuhalten:

Laut Befund besteht die Tragekonstruktion der Halle aus einem Stahlrahmen. Die Fundierung wurde mittels Köcherfundamenten hergestellt, der Hallenboden wurde als 18cm starke monolithische Bodenplatte hergestellt. An der Fassade kamen an drei Hallenaußenwänden Blech-Sandwich-Elemente zur Ausführung, eine Hallenlängsseite wurde mit Stahlbetonfertigteilen versehen. Das Dach wurde ebenfalls mit Blech-Sandwich-Elementen hergestellt.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist die Halle nicht in Leichtbauweise ausgeführt.
Leichtbauweise liegt bei Bauausführung im Fachwerk oder Rahmenbau mit einfachen Wänden aus Holz, Blech, Faserzement, Glas () oder Ähnlichem und nicht massivem Dach (Papp-, Blech- oder Wellfaserzementausführung) vor (s EStR 3139a).

Bei Bauten in Massivbauweise (Ziegel- oder Steinmauerwerk, Stahlbeton, Stahl oder massive Holzkonstruktion, mit Ausfachung der Wände aus Ziegel- oder Steinmauerwerk, Gasbeton, Betonfertigteilen, Sandwichpaneelen aus Metall, Kunststoff, Glasbausteinen, massivem Glas, Massivholz oder Massivholzplatten, s EStR 3139a) ist hingegen eine Nutzungsdauer von insgesamt 200 Jahren und mehr denkbar (s zu einem gebrauchten, alten Gebäude; Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 16. Aufl., 2023, § 8, II. Gebäude, Abs 1 und Abs 1a, Rz 29).

In freier Beweiswürdigung und auf Basis der zitierten Judikatur zu den Anforderungen an ein Gutachten zum Nachweis einer kürzeren Restnutzungsdauer kommt das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass das vorgelegte Gutachten zur Widerlegung der gesetzlichen Vermutung der Nutzungsdauer nicht geeignet ist.
Abgesehen davon, dass das Gutachten von der Nutzungsdauer im späteren Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ausgeht und daher methodisch verfehlt ist, wurde die behauptete Restnutzungsdauer nicht schlüssig und nachvollziehbar ermittelt. Es fehlen vor allem konkrete Feststellungen zum Zustand der maßgebenden konstruktiven Bauteile zum relevanten Stichtag. Die Auswirkungen von Bauschäden oder Baumängeln auf die Gesamtstabilität wurde nicht konkret untersucht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit Rechtsfragen zu klären waren, folgt das Bundesfinanzgericht der zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Eignung eines Gutachtens zum Nachweis einer kürzeren als der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer eines Gebäudes stellt eine Tatfrage dar, die einer ordentlichen Revision nicht zugänglich ist.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at