Glücksspielabgabe für im Inland aufgestellte Videolotterieterminals, die über das Internet mit Servern in der Slowakei verbunden sind
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende und Berichterstatterin Mag. Ilse Rauhofer, die Richterin Mag. Diana Sammer sowie die fachkundigen Laienrichter Alexander Kuba (Arbeiterkammer für Wien) und KomzlR Christian Gerzabek (Wirtschaftskammer für Wien) in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten)
vom betreffend Glücksspielabgabe 03/2013,
vom betreffend Glücksspielabgabe 04/2013 - 06/2013 und
vom betreffend Glücksspielabgabe 07/20103 - 06/2014
alle zur Steuernummer ***BF1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Katja Kluka zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Unstrittiger Sachverhalt und bisheriger Verfahrensablauf
Allgemeines zur Bf - angebotene Spiele
Die Beschwerdeführerin (Bf.), die ***Bf1***, vormals ***BF ALT*** Int. S.r.o, hat ihren Sitz in der Slowakei und ist unter der Identificationsnummer ***xxx*** seit im slowakischen "Firmenbuch" registriert.
Sie bot im Zeitraum März 2013 bis Juni 2014 zentralseitig Glücksspiele mittels eines Servers über das Internet an. Dabei arbeitet die Bf. mit Vertragspartnern zusammen, denen sie Video Lotterie Terminals (VLTs) zur Verfügung stellte, die die Vertragspartner in ihren im Inland gelegenen Räumlichkeiten aufstellten. Die Kunden konnten über die in den Räumlichkeiten der Vertragspartner der Beschwerdeführerin aufgestellten VLTs Glücksspiele mit der Veranstalterin (dh. die Bf.) abschließen. Die Vertragspartner erhielten für ihre Tätigkeit eine branchenübliche Provision. Die Dienstleistungen wurden von der Bf. ohne gültige österreichische Lotterienlizenz iSd § 12a GSpG angeboten.
Die Spieler befanden sich bei der Spielteilnahme körperlich im Inland (vor den auf Rechnung der Bf. betriebenen Video Lotterie Terminals).
Anmeldungen und Anträge nach § 201 BAO
Für März 2013 wurde von der Bf. weder eine Selbstberechnung der Glücksspielabgabe über Finanzonline durchgeführt, noch eine Abgabenerklärung beim (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, kurz FA) eingereicht.
Für die Zeiträume April 2013 - Juni 2014 reichte die Bf. jeweils Anmeldungen GSp50 in Papierform beim FA ein, auf denen (nur) Finanzierungsbeiträge gem. § 1 Abs. 4 GSpG und Landeszuschläge zur Glücksspielabgabe ausgewiesen waren, aber keine Glückspieleabgabe nach § 57 GSpG.
Bei der Anmeldung der Landeszuschläge wurde dabei von der Bf. ein Steuersatz von 25% der Bruttospieleinnahmen abzüglich Umsatzsteuer in die Abgabenerklärung GSp50 eingesetzt, die Anmeldung des Finanzierungsbeitrages erfolgte mit dem Steuersatz von 0,1% der Bruttospieleinnahmen abzüglich Umsatzsteuer (analog zu den für konzessionierte Betreiber anwendbaren Bestimmungen).
Gemeinsam mit den papierenen Erklärungen wurden jeweils schriftliche Anträge auf Festsetzung der Glücksspielabgabe gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO innerhalb der Monatsfrist eingereicht, wobei bis inklusive August 2013 der Antrag auf Festsetzung der Abgaben mit 0,- erfolgte und für die Monate danach lediglich ein Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung erfolgte.
In den Anträgen wird jeweils festgehalten, dass nach Ansicht der Bf. Abgaben nach dem Glücksspielgesetz nicht anfallen würden und die Abfuhr lediglich unter Vorbehalt erfolge. Zur Begründung wird dabei auf die Offenlegung vom (eingebracht beim FA am ) verwiesen und die in der Abrechnung über die Glücksspielabgabe gewählte Darstellung damit begründet, dass in der Erklärungsvorlage keine entsprechenden Felder vorgesehen sind. In dieser Offenlegung der Glücksspielabgabe der Monate "April 2013 und Folgemonate" wurde die vertretene Rechtsansicht insbesondere im Hinblick auf das Unionsrecht (Grundfreiheiten und Voraussetzungen des Monopolrechtes) umfangreich dargelegt und werden die in der Erklärung gewählten Abgabensätze begründet.
Angefochtene Bescheide:
Nach Durchführung von Außenprüfungen zu ABNr. ***xxx/13*** sowie zu ABNr. ***xxx/14*** setzte das FA die Glücksspielabgabe jeweils gemäß § 57 Abs 3 GSpG mit einem Steuersatz von 30% von den um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (ds nach § 57 Abs. 5 GSpG die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne) mit Bescheiden gemäß § 201 BAO fest.
Die Bescheide enthalten jeweils den Ausspruch, dass der selbstberechnete Betrag Null beträgt und wird jeweils eine Nachforderung der Glücksspieleabgabe in Höhe des festgesetzten Betrages ausgewiesen.
Gleichzeitig wurden jeweils der Finanzierungsbeitrag und die Landeszuschläge mit € Null festgesetzt und ergab sich dadurch jeweils eine Gutschrift in Höhe des jeweils selbst berechneten Betrages.
Beginnend ab 07/2013 enthalten die Bescheide zusätzlich einen Hinweis, dass für einen Teil der Spiele auch einem anderen Gesamtschuldner gegenüber eine Festsetzung der Glücksspielabgabe erfolgt und wird gesondert ausgewiesen, in welchem Ausmaß die Bf. ausschließliche Abgabenschuldnerin bzw Gesamtschuldnerin ist, siehe dazu die nachstehende Tabelle:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bescheid datum | Zeitraum | Bemessungs grundlage | Festgesetzter Abgaben betrag | Davon als Gesamt schuldner | Davon als ausschließlicher Abgabenschuldner | Nach forderung |
03/2013 | 10.717,11 | 3.215,13 | - - - | - - - | 3.215,13 | |
04/2013 | 20.933,77 | 6.280,13 | - - - | - - - | 6.280,13 | |
05/2013 | 29.855,66 | 8.956,70 | - - - | - - - | 8.956,70 | |
06/2013 | 20.567,40 | 6.170,22 | - - - | - - - | 6.170,22 | |
07/2013 | 29.351,13 | 8.805,34 | 573,85 | 8.231,49 | 8.805,34 | |
08/2013 | 56.904,62 | 17.071,39 | 4.442,25 | 12.629,14 | 17.071,39 | |
09/2013 | 151.556,98 | 45.467,09 | 28.467,09 | 28.596,12 | 45.467,09 | |
10/2013 | 225.998,90 | 67.799,67 | 50.721,85 | 17.077,82 | 67.799,67 | |
11/2013 | 217.537,54 | 65.261,26 | 44.927,72 | 20.333,54 | 65261,26 | |
12/2013 | 193.865,45 | 58.159,64 | 37.356,40 | 20.803,24 | 58.159,64 | |
01/2014 | 209.827,84 | 62.947,45 | 43.12,57 | 19.826,88 | 62.947,45 | |
02/2014 | 132.161,47 | 39.648,44 | 18.401,68 | 21.246,76 | 39.648,44 | |
03/2014 | 107.763,19 | 32.328,96 | 0,00 | 32.328,96 | 32.328,96 | |
04/2014 | 147.404,01 | 44.221,20 | 0,00 | 44.221,20 | 44.221,20 | |
05/2014 | 257.711,12 | 77.313,34 | 0,00 | 77.313,34 | 77.313,34 | |
06/2014 | 254.379,13 | 76.313,74 | 0,00 | 76.313,74 | 76.313,74 |
Die Begründung lautet gleichlautend im Wesentlichen wie folgt:
[...]
Beschwerden
In den dagegen eingebrachten Beschwerden beantragte die Bf. jeweils die Aufhebung der Bescheide und die Festsetzung der Glücksspielabgabe laut den Glückspielabgabeerklärungen.
Weiters enthalten die Beschwerden jeweils einen Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat und auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Die Beschwerden gegen die Bescheide vom enthalten zusätzlich einen Verzicht auf Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung.
Die umfassend begründete Beschwerde enthält am Ende folgende Zusammenfassung:
"Das Glücksspielgesetz differenziert in § 57 Abs. 3 und Abs. 4 GSpG hinsichtlich der Besteuerung von Glücksspiel zwischen konzessionierten und nicht-konzessionierten Glücksspielanbietern und deren Vermittlern beim Anbieten von Videolotterie mittels Video Lotterie Terminals (VLTs). Diese Differenzierung ist unsystematisch und inkohärent und stellt auf Grundlage der unionsrechtlichen Vorgaben sowie der Rechtsprechung des EuGH (insbesondere der unionsrechtswidrigen Vergabe der Lotteriekonzession und die Inkohärenz des Glücksspielmonopols) eine Diskriminierung dar (sowohl für den Zeitraum bis als auch nach neuer Rechtslage) und verstößt somit gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Dem liegen weder Rechtfertigungsgründe des Allgemeininteresses zu Grunde noch ist diese Differenzierung als verhältnismäßig und kohärent einzustufen. In Folge der unmittelbaren Anwendung des Unionsrechts kann einem Nicht-Konzessionär somit keine höhere Steuerbelastung erwachsen als dem Konzessionär.
Aus verfassungsrechtlicher Sicht widerspricht die höhere Besteuerung von (aufgrund des Unionsrechts den Konzessionären gleichgestellten) Nicht-Konzessionären und deren Vermittlern dem Gleichheitssatz der Bundesverfassung und der Erwerbsfreiheit.
Die höhere Besteuerung von nicht konzessionierten Glücksspielunternehmen mit Hauptsitz in einem anderen Staat und Zweigniederlassung in Österreich verletzt das Diskriminierungsverbot des Art 14 EMRK.
Die höhere Besteuerung verletzt auch das Diskriminierungsverbot und die unternehmerische Freiheit der Grundrechte-Charta. Auf diesen Befund können sich in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassene Anbieter mit Sekundarniederlassung in Österreich - somit die Beschwerdeführerin - stützen.
Aufgrund des Verstoßes gegen verfassungs- und europarechtliche Grundsätze ist die Republik Österreich nicht befugt Glückspielabgaben auf Grundlage des § 57 GSpG für Nicht-Konzessionäre iSd §§ 5,14,21 und 22 GSpG einzuheben, die höher sind als jene, die ein Konzessionär nach §§ 5,14,21 und 22 GSpG unterliegt."
Vorlage der Beschwerde an den UFS bzw an das BFG
Die Beschwerden gegen die Bescheide vom 30./ wurden vom FA am dem UFS zur Entscheidung vorgelegt und ist die Zuständigkeit am auf das BFG übergegangen (Verfahren BFG RV/7100392/2014, RV/7100420/2014, RV/7100421/2014, RV/7100423/2014)
Die Beschwerden gegen die Bescheide vom wurden vom FA dem BFG mit Vorlagebericht vom vorgelegt (Verfahren RV/7104285/2016 ua). Darin gab das FA eine ausführliche Stellungnahme ab, die auch der Bf. zu Handen ihres damaligen ausgewiesenen steuerlichen Vertreterin ***Stb*** Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatung GmbH (kurz ***Stb***) zugestellt wurde.
Am teilte ***Stb*** dem BFG mit, dass keine Vertragsbeziehung zur Bf. mehr bestehe und ersuche daher von Zustellungen an ***Stb*** Österreich abzusehen.
Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062-1
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses nahm der Geschäftsverteilungsausschuss (ua) die gegenständlichen Rechtssachen gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 1005-1 zum Stichtag ab und wurde diese der Gerichtsabteilung 1062-1 zur Erledigung zugewiesen.
Beweisaufnahme durch die Berichterstatterin
Die nunmehr zuständige Berichterstatterin nahm Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile und ergibt sich dadurch der oben dargestellte Verfahrensablauf sowie der unstrittige Sachverhalt.
Weiters wurden Abfragen im slowakischen Firmenregister sowie im Abgabeninformationssystem des Bundes (AIS) zur Steuernummer ***BF1StNr1*** durchgeführt, aus denen sich ergibt, dass die Bf. nach wie vor an der in der Beschwerde angegebenen Adresse ihren Firmensitz hat und dass in den Grunddaten der Finanzverwaltung kein Zustellbevollmächtigter der Bf. angemerkt ist.
Anfrage an das FA vom
Mit Beschluss vom ersuchte das BFG das FA um Bekanntgabe, ob durch den anderen Gesamtschuldner (***Y***) eine Entrichtung von (Teil-)Beträgen der Glücksspielabgabe vorgenommen wurde und wenn ja, für welche Zeiträume und in welchem Ausmaß dies zu einem Erlöschen des Gesamtschuldverhältnisses geführt habe.
Weiters wurde das FA um Mitteilung gebeten, ob ihm gegenteilige Informationen über eine ladungsfähige Adresse der Bf. - laut Abfrage im slowakischen Firmenregister ist die Bf. nach wie vor unter der Identificationsnummer ***xxx*** registriert und befindet sich ihr Firmensitz an der in der Beschwerde angegebenen Adresse - sowie über einen aktuellen steuerlichen Vertreter der Bf. mit Zustellvollmacht vorliegen.
Stellungnahme des FA vom
Mit Stellungnahme vom übermittelte das FA die gesamten Kontoauszüge des Abgabenkontos der Bf als auch des weiteren Gesamtschuldners ***Y*** sowie eine Abfrage im slowakischen Firmenregister betreffend die Bf. vom und gab eine Stellungnahme mit auszugsweise folgendem Inhalt ab:
Dem FA sei keine anderslautende ladungsfähige Adresse der Bf. bekannt und lägen auch keine Informationen über einen aktuellen steuerlichen Vertreter der Bf. vor.
Seitens der Beschwerdeführerin seien im Zeitraum vom 04/2013 -09/2016 keine elektronischen Abgabenerklärungen gelegt worden. Stattdessen seien Anmeldungen (GSp50) in Papierform beim FA eingereicht worden, in denen Finanzierungsbeiträge gemäß § 1 Abs. 4 GSpG mit dem Steuersatz von 0,1% der Bruttospieleinnahmen abzüglich Umsatzsteuer und Landeszuschläge zur Glücksspielabgabe mit einem Steuersatz von 25% der Bruttospieleinnahmen abzüglich Umsatzsteuer für diverse Länder ausgewiesen waren (analog zu den für konzessionierte Betreiber anwendbaren Bestimmungen) und gleichzeitig § 201 BAO Bescheide beantragt worden.
Aus den vorliegenden Belegen und den Feststellungen in der Prüfung ergäbe sich, dass die Bf. im Zeitraum 04/2013 -09/2016 gleichzeitig mit der Anmeldung in Papierform die entsprechenden Abgabenbeträge mit jeweiliger Verrechnungsweisung auf das Konto eingezahlt habe.
Die Zahlungen zu den Anmeldungen und auch sämtliche weiteren Einzahlungen seien durch die Beschwerdeführerin selbst und dies immer mit Verrechnungsweisung erfolgt.
Weiters seien am Konto auch Einzahlungen aus der Finanzverwahrung ersichtlich. Diese würden einerseits aus Glücksspielkontrollen der Finanzpolizei, bei denen im Rahmen des Glücksspielgesetzes Gelder aus Glücksspielgeräte der Beschwerdeführerin beschlagnahmt wurden, und anderseits aus Überweisungen von unterschiedlichen Bezirksverwaltungsbehörden im Rahmen von ordnungspolitischen Glücksspielverfahren, resultieren.
Gemäß § 55 Abs. 3 GSpG sei Geld, das sich in beschlagnahmten Gegenständen befindet, zunächst zur Tilgung von allfälligen Abgabenforderungen des Bundes und sodann von offenen Geldstrafen des wirtschaftlichen Eigentümers der beschlagnahmten Gegenstände zu verwenden, ansonsten auszufolgen.
Daher seien diese an das FA überwiesen worden.
Andere Zahlungen fänden sich nicht auf dem Abgabenkonto.
Auf dem Konto seien somit auch keine Zahlungen durch den weiteren Gesamtschuldner - der ***Y*** - vorgenommen worden.
Die Zeiträume 03/13 bis 06/13 seien - mit Ausnahme der aufrecht ausgesetzten € 4.103,68 (Mehrergebnis der Prüfung) zur Gänze von der Bf. bezahlt worden.
Für den Zeitraum 03/2013-06/2013 und 03/2014-06/2014 sei die Bf. nicht als Gesamtschuldner herangezogen worden.
Die Glücksspielabgaben für die Zeiträume 07/13 bis 06/14 (BP ABNR. ***xxx/14***) betrage € 595.337,52, wobei € 326.828,73 Nachforderung aus der durchgeführten Prüfung resultiere. Diese Nachforderung seien Seitens der Bf. bis dato nicht bezahlt worden.
Bei der bescheidmäßigen Festsetzung im Rahmen der Prüfung seien im Spruch der gesamte Abgabenbetrag festgesetzt, jedoch am Abgabenkonto nur der offene Betrag für den die Bf. in Anspruch genommen wurde, verbucht worden.
Die Bescheide 07/13-10/13 enthalten auch in der Begründung eine entsprechende Berechnung und Ausführungen betreffend die Beträge für welche in Anspruch genommen werde: "Von den durch die ***Y*** abgegebenen Anmeldungen wurde nur die Anmeldung 10/2013 (Zahlung am ) auch tatsächlich entrichtet. Von der Gesamtschuld wurden daher bisher nur € 29.515,28 bezahlt. Die von dem anderen Gesamtschuldner für Oktober 2013 angemeldete und auch entrichtete Glücksspielabgabe in Höhe von € 29.515,20 für die Treuhandabrechnungen verteilt sich durch die Zeitraumabgrenzung auf die Monate Juli bis Oktober 2013 wie folgt: €480,12 für 07/13, € 3.716,69 für 08/13, €21.186,36 für 09/13 und €4.132,02 für 10/13." Die Buchung am Konto erfolgte daher "abzüglich € 29.515,19".
Weitere Zahlungen auf das Gesamtschuldverhältnis seien durch die ***Y*** nicht erfolgt.
Die Festsetzung mit dem gesamten Gesamtschuldnerbetrag und Ausweis des offenen Betrages in der Begründung sei in Anlehnung an das Erkenntnis des erfolgt. Der VwGH führe aus, dass bei sukzessiver Erlassung von Abgabenbescheiden an mehrere Gesamtschuldner das Leistungsgebot der weiteren Abgabenbescheide vom ersterlassenen Bescheid abweichen kann. Auch dann, wenn die Abgabe gegenüber einem von mehreren Gesamtschuldnern rechtskräftig festgesetzt wurde, könne somit die Steuer gegenüber einem anderen Gesamtschuldner höher festgesetzt werden.
Der VwGH führe weiters aus, dass die Abgabenschuld bei ihrer Entrichtung durch einen der Gesamtschuldner erlischt und das Gesamtschuldverhältnis damit sein Ende findet. Diese Rechtsfolge trete aber nur insoweit ein, als tatsächlich die Abgabenschuld entrichtet worden ist. Sei sie hingegen - auf Grund einer unrichtigen bescheidmäßigen Vorschreibung - nur zum Teil entrichtet worden, so sei es im übersteigenden Ausmaß nicht zum Erlöschen des Gesamtschuldverhältnisses gekommen.
Ob nun im konkreten Fall nur der übersteigende Betrag (die Nachforderung) gegenüber dem weiteren Gesamtschuldner festgesetzt wurde oder die Schenkungssteuer in voller Höhe, gehe aus dem Erkenntnis nicht hervor.
Der Begriff der Abgabenschuld aus der Sicht des Abgabenschuldners entspreche dem Begriff des Abgabenanspruches aus der Sicht des Abgabengläubigers bzw. der Abgabenbehörde.
Ein (einheitlicher) Abgabenanspruch dürfe, von Teilentrichtungen unbeeinflusst, stets nur in vollem Ausmaß festgesetzt werden und die Frage des tatsächlich noch zu entrichtenden Betrages könne nur eine solche des Einhebungs-/Einbringungsverfahrens sein.
Die Abgabenfestsetzung sei auch unabhängig von einem Insolvenzverfahren immer ungekürzt vorzunehmen (vgl. , mit Hinweis auf ).
So führe der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2001/17/0130 aus: Das im Abgabenfestsetzungsbescheid enthaltene Leistungsgebot betrifft stets den materiellrechtlichen Abgabenanspruch, welcher Gegenstand der Abgabenfestsetzung ist. Die Prüfung der Frage, ob und in welcher Höhe der Abgabenanspruch zum Zeitpunkt der Abgabenfestsetzung noch aushaftet bzw. inwieweit er bereits durch Zahlungen befriedigt wurde, erfolgt hingegen nicht im Abgabenfestsetzungsverfahren, in welchem die Abgabenverrechnung unberücksichtigt bleiben muss, sondern erst im Abgabeneinhebungsverfahren.
Auch bei der Festsetzung nach § 201 BAO sei immer die gesamte Abgabe im Abgabenbescheid (§ 198 BAO) festzusetzen, und nicht nur eine Nachforderung, um die sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl. dazu Ritz, BA05, § 201 Tz 42 mit Hinweisen auf die hg. Judikatur). Dies muss auch bei einem Gesamtschuldverhältnis nach Teilentrichtung der Abgabenschuld bzw. des Abgabenanspruches durch einen anderen Gesamtschuldner gelten.
Daher sei die Festsetzung der Abgabe im vollen Betrag unter Berücksichtigung der Teilzahlung am Abgabenkonto und in der Begründung erfolgt. Die Buchung am Konto sei daher "abzüglich € 29.515,19" erfolgt.
Weitere Zahlungen auf das Gesamtschuldverhältnis seien durch die ***Y*** nicht erfolgt. Die ***Y*** habe für die Zeiträume 11/13-02/2014 (Abgabenkonto ***xxx/xxx***) keine Glücksspielabgabe weder als Gesamt- noch als Alleinschuldner bezahlt.
Der aktuelle Rückstand zum betrage € 693.057,82, die älteste Abgabenschuld betreffend 01/2011 hafte mit € 38.935,98 aus.
Sämtliche Zahlungen die auf das Konto erfolgen seien mit der ältesten Abgabenschuld zu verrechnen. So seien alle Zahlungen aufgrund der Finpol-Kontrollen und der Gehaltspfändung beim Geschäftsführer der ***Y*** mit der ältesten Abgabenschuld verrechnet worden.
Jede Zahlung die zukünftig aufgrund der Gehaltspfändung einlangt werde auf die älteste Abgabenschuld verrechnet werden bis diese getilgt ist.
Dann erfolge die Verrechnung auf die nächstältere Abgabenschuld. Bei einer monatlichen Gehaltspfändung von € 229,18 wären die Monate 01-04/2011 mit einer Summe von € 167.604,67 nach 731 Monaten getilgt.
Dass es zu einer Zahlung auf das Gesamtschuldverhältnis 07/2013-02/2014 komme sei daher auch für die Zukunft unwahrscheinlich.
Ladung und Vorbereitungsvorhalt des
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übersandte das BFG einen Vorbereitungsvorhalt an die Bf (mit internationalem Rückschein an die in der Beschwerde für die Bf. angeführte Adresse, die nach wie vor auch im slowakischen Firmenregister als Sitz der Bf. ausgewiesen wird) sowie ans FA.
Da die an die Bf. adressierte Ausfertigung mit dem Vermerk der slowakischen Post, dass der Empfänger unbekannt sei ("neznamy") ans BFG zurückgelangt ist und nicht ohne Schrwierigkeiten eine andere Abgabestelle festgestellt werden konnte, wurde am verfügt, dass die Ladung und der Vorbereitungsvorhalt gemäß § 8 Abs. 2 ZuStG im Akt hinterlegt werden.
Mündliche Senatsverhandlung vom
Die am durchgeführte mündliche Verhandlung vor dem Senat wurde in Abwesenheit der Bf. durchgeführt.
Nach Vortrag der Sache durch die Vorsitzende (= Berichterstatterin) unter Hinweis auf den Vorbereitungsvorhalt vom erklärte das FA über Nachfrage der Vorsitzenden, dass es dazu keine Ergänzungen gäbe.
Nach dem keine weiteren Fragen und Beweisanträge mehr gestellt wurden, wurde das Beweisverfahren geschlossen.
Der Behördenvertreter beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden.
Abschließend verkündigten die Vorsitzende den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.
In der danach abgehaltenen Senatssitzung vom wurde über die gegenständlichen Beschwerden beraten und vom Senat die im Spruch ersichtliche Entscheidung getroffen.
I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Glücksspielgesetz (kurz GSpG) in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung
Gemäß § 1 Abs. 1 GSpG ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
Gemäß § 2 Abs. 1 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
Nach § 2 Abs. 2 GSpG ist Unternehmer, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.
Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt gemäß § 2 Abs. 3 GSpG vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.
Verbotene Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs. 4 GSpG Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.
§ 5 GSpG regelt die Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten, stellt neben ordnungspolitischen Anforderungen auch umfassende Anforderungen zur Spielsuchtvorbeugung und Geldwäschevorbeugung an Bewilligungswerber und -Inhaber.
Gemäß § 12a Abs. 1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.
Auf den Konzessionär gemäß § 14 Abs. 1 GSpG sind bei der Durchführung von elektronischen Lotterien die Bestimmungen des § 25 Abs. 6 bis 8 und des § 25a über die Geldwäschevorbeugung sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 12a Abs. 3 GSpG gelten für Ausspielungen mit Video Lotterie Terminals die Bestimmungen des § 5 Abs. 3 bis 6 über den Spielerschutz und die Bestimmungen der § 27 Abs. 3 und 4 über die Arbeitnehmer eines Konzessionärs sinngemäß.
Für die Spielteilnehmer müssen Spielbeschreibungen aller Spiele der VLT jederzeit in deutscher Sprache ersichtlich gemacht werden. In VLT-Outlets dürfen keine anderen Glücksspiele als solche des Konzessionärs im Sinne des § 14 angeboten werden.
§ 14 GSpG regelt die Erteilung einer Konzession zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b GSpG (Bestimmte Lotterien, ua. elektronische Lotterien einschließlich VLTs) und umfassende Anforderungen zwecks Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung etc..
§ 21 bis 27 GSpG regeln die Übertragung des Rechtes zum Betrieb einer Spielbank durch Konzession und umfassende Anforderungen zwecks Spielsuchtvorbeugung, zum Spielerschutz, zur Geldwäsche- und Kriminalitätsvorbeugung.
Auf Grund des § 28 GSpG hat der Spielbankenkonzessionär eine Spielbankabgabe in Höhe von 30 vH. der Jahresbruttospieleinnahmen eines jeden Spielbankbetriebes, im Falle von Ausspielungen über Glücksspielautomaten die um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen aus Glücksspielautomaten eines jeden Spielbankbetriebes zu entrichten.
§ 57 GSpG (Ausspielungen) lautet:
"(1) Ausspielungen, an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt, unterliegen - vorbehaltlich der folgenden Absätze - einer Glücksspielabgabe von 16 vH vom Einsatz. Bei turnierförmiger Ausspielung treten außerhalb des Anwendungsbereiches von § 17 Abs. 2 an Stelle der Einsätze die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne in Geld, Waren oder geldwerten Leistungen) des Turniers.
(2) Für Ausspielungen gemäß § 12a (elektronische Lotterien), an denen die Teilnahme vom Inland aus erfolgt und die nicht über Video-Lotterie-Terminals im Sinne des § 12a Abs. 2 durchgeführt werden, beträgt die Glücksspielabgabe 40 vH der Jahresbruttospieleinnahmen. Besteht eine Abgabenpflicht nach § 17 Abs. 3, sind Ausspielungen gemäß § 12a von der Glücksspielabgabe befreit.
(3) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe - vorbehaltlich Abs. 4 - 30 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen.
(4) Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (Bundesautomaten- und VLT-Abgabe), wenn sie
- im Falle von Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 5 oder
- im Falle von Video-Lotterie-Terminals auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach § 14 durchgeführt werden.
Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bleibt dem jeweiligen Finanzausgleichsgesetz vorbehalten.
(5) Jahresbruttospieleinnahmen sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.
(6) Von der Glücksspielabgabe befreit sind
1. Ausspielungen in vom Bundesminister für Finanzen konzessionierten Spielbanken im Sinne des § 21,
2. Ausspielungen mit Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung unter Einhaltung der Vorgabe des § 4 Abs. 2 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2010,
3. die Ausnahmen aus dem Glücksspielmonopol des § 4 Abs. 3 bis 6.
(7) Abweichend von Abs. 4 gilt für die Glückspielabgabe für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals in den Ländern Kärnten, Niederösterreich, Steiermark und Wien auf Basis einer Konzession des Bundesministers für Finanzen nach § 14 bis zum Ablauf des bzw. (§ 60 Abs. 25 Z 2) Folgendes:
1. Wenn das Land keine Bewilligungen gemäß § 5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 25 vH.
2. Wenn das Land die höchstzulässige Anzahl von Bewilligungen gemäß § 5 vergeben hat, beträgt der Steuersatz 10 vH.
3. Wenn das Land nur einen Teil der gemäß § 5 möglichen Bewilligungen vergeben hat, wird der Hundertsatz für den Steuersatz entsprechend dem Anteil der vergebenen möglichen Bewilligungen zwischen 10 und 25 eingeschliffen und halbjährlich nach folgender Formel berechnet: 25 - (15 x vergebene Bewilligungen / Höchstzahl der Bewilligungen).
Der Bundesminister für Finanzen hat die Höhe des aktuellen Steuersatzes dem Konzessionär für das jeweilige Halbjahr bis 1. Februar und 1. August verbindlich mitzuteilen".
§ 13a FAG 2008 sieht einen Zuschlag der Länder zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bis zu 150% dieser Abgabe vor.
Schuldner der Glücksspielabgabe nach § 57 GSpG sind bei Fehlen eines Berechtigungsverhältnisses auf Grund des § 59 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich GSpG der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler (Abs. 5) sowie im Falle von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten zur ungeteilten Hand.
Die Schuldner der Glücksspielabgaben haben diese gemäß § 59 Abs. 3 GSpG jeweils für ein Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 20. des dem Entstehen der Abgabenschuld folgenden Kalendermonats (Fälligkeitstag) an das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt haben sie eine Abrechnung über die abzuführenden Beträge in elektronischem Weg vorzulegen.
§ 59 Abs. 5 GSpG besagt, dass als Vermittlung jedenfalls die Annahme und die Weiterleitung von Spieleinsätzen oder -gewinnen sowie die Mitwirkung am Zustandekommen des Glücksspielvertrages auf andere Art und Weise gelten.
Erwägungen zur Glücksspielabgabenpflicht nach § 57 Abs 3 GSpG
Auf Grund der im Wesentlichen übereinstimmenden Darstellungen des Sachverhaltes durch das Finanzamt im Vorlagebericht und der Bf. in der Beschwerde ergibt sich zweifelsfrei, dass die Bf., die ihren Sitz in der Slowakei hat, in Österreich Video Lotterie Terminals (VLTs) zugänglich gemacht hat. Zur Erbringung dieser Dienstleistungen bediente sich die Bf. in Österreich ansässiger Vermittler, welche Kunden elektronische Mittel und VLT's zur Verfügung stellten, um Glücksspiele mit dem Betreiber (dh. der Bf.) abzuschließen. Die Vermittler arbeiteten auf fremden Namen und fremde Rechnung und erhielten für ihre Vermittlungstätigkeit eine branchenübliche Vermittlungsprovision. Die Spielteilnahme erfolgte durch die Spieler unmittelbar über elektronische Medien (VLT`s) und die Entscheidung über das Spielergebnis wurde zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt. Die Dienstleistungen wurden von der Bf. ohne eine österreichische Konzession iSd § 12a iVm § 14 GSpG erbracht.
Der im Zeitraum 03/2013 bis 07/214 verwirklichte Sachverhalt erfüllt alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 57 Abs. 3 GSpG.
Die jeweilige Höhe der Bemessungsgrundlage und der sich durch Anwendung des § 57 Abs. 3 GSpG ergebende Abgabenbetrag für die einzelnen Monate blieben im gesamten Verfahren unstrittig.
Durch das Bundesfinanzgericht wurden bereits mehrfach die der gegenständlichen Beschwerde inhaltlich vergleichbaren verfassungsrechtlichen und unionsrechtlichen Bedenken verworfen. Auch VfGH und VwGH haben sich mit dieser Frage bereits vielfach auseinandergesetzt. Unter anderem hat der Verwaltungsgerichtshof die gegen die Entscheidungen und eingebrachten Revisionen mit Beschlüssen vom , Ro 2015/16/0013 und Ro 2015/16/0021 zurückgewiesen.
Zu den Einwänden, die sich gegen das Glücksspielmonopol wenden, wird überdies bemerkt, dass es sich bei der Glückspielabgabe - ebenso wie bei der Wiener Vergnügungssteuer - um keine Sanktion für die Nichteinhaltung glücksspielrechtlicher Bestimmungen handelt. Die Gesamtsteuerbelastung, die beide Marktteilnehmer aufgrund der Ausspielung trifft, setzt sich für einen Konzessionär und einen Nichtkonzessionär lediglich unterschiedlich zusammen (vgl. dazu unter Hinweis auf und ).
Soweit gegen die Entscheidungen des BFG Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof erhoben wurden, wurden diese mit folgenden Beschlüssen nicht in Behandlung genommen:
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen die Entscheidungen und eingebrachten Revisionen mit Beschlüssen vom , Ro 2015/16/0013 und Ro 2015/16/0021 zurückgewiesen.
Eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmungen über das Glücksspielmonopol hätte keine Auswirkung auf die hier gegenständliche Glücksspielabgabe. Die Vorschriften der §§ 57 ff GSpG betreffend die Glücksspielabgaben sind Ausfluss der Steuerhoheit Österreichs und nicht des Glücksspielmonopols (vgl. ua mit weiteren Judikaturhinweisen).
Zu den Vorwürfen der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols wird weiters auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere ua sowie auf das ausführliche Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen. Durch diese inhaltlichen Entscheidungen sind die durch das Glücksspielmonopol aufgeworfenen unions- und verfassungsrechtlichen Fragen als hinreichend geklärt anzusehen. Dabei wurde auch die Frage eines maßvollen Werbeauftritts der Konzessionäre behandelt, insgesamt aber eine gesamthafte Würdigung aller Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH vorgenommen. Zu den Voraussetzungen der unionsrechtlichen Zulässigkeit des Glücksspielmonopols und der Inanspruchnahme der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit liegt bereits umfangreiche Rechtsprechung des EuGH vor, die in den oben genannten Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs umfassend referiert wurden (vgl. dazu schon RV/7104866/2015 v. und RV/7100719/2015 v. ).
Festsetzung der Glücksspielabgabe nach § 201 BAO gegenüber der Bf.
§ 201 Abs. 1 BAO bestimmt Folgendes:
"(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigenan oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden."
Auch die formlose Offenlegung der Bemessungsgrundlage bei gleichzeitiger Bekanntgabe der abzuführenden Abgabe stellt eine Selbstberechnung iSd § 59. Abs. 3 GSpG dar, auch wenn die gesetzlich vorgesehen Formvorschrift (elektronisch bzw im Falle der Unzumutbarkeit mittels Formular Gsp50) nicht eingehalten wird. Eine Abgabenfestsetzung mittels Abgabenbescheid kommt nur in Betracht, wenn sich der selbstberechnete und dem FA bekanntgegebene Abgabenbetrag als nicht richtig erweist (vgl. dazu ; ).
Im gegenständlichen Fall hat die Bf. für März 2013 keine Selbstberechnung der Glücksspielabgabe durchgeführt und liegen daher die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides nach § 201 Abs. 2 Z. 3 BAO vor.
Für die Zeiträume April 2013 - Juni 2014 reichte die Bf. jeweils Anmeldungen GSp50 in Papierform beim FA ein, auf denen (nur) Finanzierungsbeiträge gem. § 1 Abs. 4 GSpG und Landeszuschläge zur Glücksspielabgabe ausgewiesen waren, aber keine Glückspielabgabe nach § 57 GSpG (die Höhe der Glücksspielabgabe wurde somit nicht richtig berechnet) und beantragte die Bf. jeweils gleichzeitig eine Festsetzung der Glücksspielabgabe gemäß § 201 Abs. 3 Z 1 BAO mit € Null. Für diese Zeiträume waren vom FA daher Bescheide nach § 201 Abs. 3 Z 1 BAO zu erlassen.
Für die Zeiträume 07/2013 - 06/2014 war neben der Bf. auch die ***Y*** gemäß § 59 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich GSpG Steuerschuldner für einen Teil der von der Bf. veranstalteten Ausspielungen.
§ 6 Abs. 1 BAO bestimmt, dass Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB) sind.
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses hängt es gemäß § 891 zweiter Satz ABGB vom Gläubiger ab, ob er von allen oder von einigen Mitschuldnern das Ganze oder nach von ihm gewählten Anteilen oder ob er das Ganze von einem Einzigen fordern will. Der Gläubiger kann daher jeden der Mitschuldner nach seinem Belieben in Anspruch nehmen, bis er die Leistung vollständig erhalten hat. Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht daher der Abgabenbehörde - dem Gläubiger - die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will.
Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen hat (vgl. ).
Die Auswahl der zur Leistung der Abgabenschuld heranzuziehenden Gesamtschuldner, die Belastung der einzelnen mit der Gesamtschuld oder nur einem Teil davon, die Bestimmung des Zeitpunktes und der Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner liegt im Ermessen der Behörde. Die Ermessensentscheidung ist nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen (vgl. ).
So darf sich die Abgabenbehörde bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerschuld nicht entrichten soll (vgl. , 0556).
Die Vorschreibung an einen der Gesamtschuldner ist jedenfalls dann begründet, wenn die Einhebung beim anderen Gesamtschuldner zumindest mit großen Schwierigkeiten verbunden ist (vgl. ).
Nach der Aktenlage bestand hier keine Vereinbarung zwischen der Bf. und der ***y*** über die Tragung der Glücksspielabgabe im Innenverhältnis und bestehen darüber hinaus massive Einbringungsschwierigkeiten bei der ***y***, weshalb es ermessenskonform ist, dass die Abgabenbehörde die Bf. für die Glücksspielabgabe in Anspruch nahm.
Erst mit der Entrichtung durch einen von mehreren Gesamtschuldnern wäre die Abgabenschuld erloschen und hätte das Gesamtschuldverhältnis damit sein Ende gefunden. Ist das Gesamtschuldverhältnis erloschen, so kommt die Erlassung eines Abgabenbescheides an den zur Abgabenleistung nicht herangezogenen Gesamtschuldner nicht mehr in Betracht (vgl. ). Eine Abgabenfestsetzung - auch im Wege einer Beschwerdeentscheidung wäre daher rechtswidrig (vgl. dazu ; UFS RV/0076-W/04).
Im gegenständlichen Fall sind zwar an den anderen Gesamtschuldner - die ***Y*** - auch Abgabenbescheide vom FA erlassen worden. Wie vom FA in der Stellungnahme vom ausführlich dargelegt, hat die ***y*** nur hinsichtlich der Zeiträume 07/2013 - 10/2013 Entrichtung von insgesamt € 29.515,19 vorgenommen (€ 480,12 für 07/13, € 3.716,69 für 08/13, € 21.186,36 für 09/13 und €4.132,02 für 10/13) und sind sämtliche übrigen Entrichtungen entweder durch die Bf. selber erfolgt bzw dieser zuzurechnen. Das Gesamtschuldverhältnis der Bf. und der ***y*** hinsichtlich der Glückspielabgabe für 07/2013 - 06/2014 ist somit nicht erloschen und besteht daher die Berechtigung zur Erlassung von Abgabenbescheiden iSd § 198 BAO gegenüber der Bf.
Den Ausführungen des FA in der Stellungnahme vom ist beizupflichten, dass bei einer Festsetzung nach § 201 BAO immer die gesamte Abgabe im Abgabenbescheid (§ 198 BAO) festzusetzen ist und nicht nur der Nachforderungsbetrag. Die Vorgehensweise des FA, den gesamten Abgabenbetrag festzusetzen und die Entrichtungen durch den anderen Gesamtschuldner bei der Verbuchung am Abgabenkonto zu berücksichtigen, entspricht daher der Gesetzeslage.
Gegen die Höhe der jeweiligen Bemessungsgrundlage und die sich durch Anwendung eines Steuersatzes nach § 57 Abs. 3 GSpG von 30% ergebenden Abgabenbeträge für die einzelnen Monate erhob die Bf. keine Einwände.
Die Beschwerden gegen die Bescheide gemäß § 201 BAO sind daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassung der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, weil sich die Anwendung der geltenden Rechtslage (insbesondere der klaren Bestimmung des § 57 Abs. 3 GSpG) auf verwirklichte Sachverhalte aus dem Bundes-Verfassungsgesetz (Art. 18 B-VG) ergibt, die Anwendung des Legalitätsgrundsatzes auch in der Rechtsprechung (siehe ) unumstritten ist und insofern keine Abhängigkeit von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag.
Die von der Bf. aufgeworfene Frage der Verfassungskonformität einer gesetzlichen Bestimmung stellt keine Rechtsfrage im Sinne der Subsumtion unter einen gesetzlichen Tatbestand dar, die vom Verwaltungsgerichtshof zu überprüfen ist, sondern ist deren Prüfung dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten.
Die von der Bf. aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen betreffend das Glücksspielmonopol sind durch die Rechtsprechung des VwGH () geklärt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 12a Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104285.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at