Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtentrichtung der korrespondierenden Umsatzsteuervorauszahlungen wegen pandemiebedingter schlechter wirtschaftlicher Situation
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Der Finanzstrafsenat Wien 1 des Bundesfinanzgerichtes hat durch den Vorsitzenden ***Ri***, den Richter ***4*** und die fachkundigen Laienrichter ***5*** und ***6*** in den Finanzstrafsachen gegen
1.) Beschuldigten ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, und
2.) den belangten Verband Fa. A-GmbH
beide vertreten durch ***2*** Steuerberatungsges.m.b.H., AdresseX,
wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG über die Beschwerde des Amtsbeauftragten AB vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates beim***FA*** als Organ des***FA*** vom , ***1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers ***2***, des Amtsbeauftragten AB sowie der Schriftführerin ***3*** zu Recht erkannt:
1.) Der Beschwerde des Amtsbeauftragten wird stattgegeben, das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates zu Punkt 1)b) dahingehend abgeändert, dass der Beschuldigte ***Bf1*** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung von dem § 21 UStG entsprechenden Umsatzsteuervoranmeldungen eine Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen
01/2020 i.H.v. € 2.850,87
02/2020 i.H.v. € 2.850,87
03/2020 i.H.v. € 2.850,87
04/2020 i.H.v. € 2.850,87
05/2020 i.H.v. € 2.850,87
06/2020 i.H.v. € 2.850,87
07/2020 i.H.v. € 2.850,87
08/2020 i.H.v. € 2.850,87
09/2020 i.H.v. € 2.850,87
10/2020 i.H.v. € 2.850,87
11/2020 i.H.v. € 2.850,87
12/2020 i.H.v. € 2.850,87
01/2021 i.H.v. € 6.754,80
03/2021 i.H.v. € 428,47
04/2021 i.H.v. € 13.306,64
07/2021 i.H.v. € 18.337,30
08/2021 i.H.v. € 10.728,77
gesamt: € 83.766,38
bewirkt und dies nicht nur möglich, sondern für gewiss gehalten hat.
Er hat hierdurch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.
Weiters wird der Strafausspruch zu Punkt 1) des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abgeändert, dass über den Beschuldigten gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, dafür und für den unverändert aufrecht bleibenden Schuldspruch zu 1)a) eine Geldstrafe i.H.v. € 20.000,00 und eine gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 50 Tagen verhängt wird.
Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens in (unveränderter) Höhe von € 500,00 zu ersetzen.
2.) Weiters wird der Beschwerde des Amtsbeauftragten Folge gegeben und der Punkt 2) des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abgeändert, dass der belangte Verband Fa. A-GmbH gemäß § 28a FinStrG iVm. § 3 Abs. 2 VbVG für die unter 1)a) und für den mit diesem Erkenntnis abgeänderten Punkt 1)b) des angefochtenen Erkenntnisses dafür verantwortlich ist, dass der Beschuldigte ***Bf1*** als Entscheidungsträger zu Gunsten des Verbandes bzw. unter Verletzung der den Verband treffenden steuerlichen Verpflichtungen die Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1, Abs. 3 lit. a FinStrG und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen hat.
Gemäß § 28 a Abs. 2 FinStrG iVm. § 3 Abs. 2 VbVG und § 4 Abs. 1 VbVG wird über den belangten Verband deswegen gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, eine Geldbuße i.H.v. € 18.000,00 verhängt.
Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der belangte Verband die Kosten des verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Finanzstrafverfahrens in (unveränderter) Höhe von € 500,00 zu ersetzen.
3.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim ***FA*** als Organ des ***FA*** vom , ***1***, wurden
1) der Beschuldigte ***Bf1*** schuldig erkannt, er habe als abgabenrechtlich Verantwortlicher der Firma A-GmbH vorsätzlich
a) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht und zwar dadurch, dass Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist festgesetzt werden konnten, folgende Abgabenverkürzung bewirkt:
Körperschaftssteuer 2017 € 1.351,00
Umsatzsteuer 2017 € 919,55
Umsatzsteuer 2018 € 538,30
Körperschaftssteuer 2019 € 849,00
Umsatzsteuer 2019 € 1.970,38
insgesamt somit € 5.628,23
b)
Umsatzsteuer 01/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 02/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 03/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 04/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 05/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 06/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 07/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 08/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 09/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 10/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 11/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 12/2020 € 2.850,87
Umsatzsteuer 01/2021 € 6.754,80
Umsatzsteuer 03/2021 € 428,47
Umsatzsteuer 04/2021 € 13.306,64
Umsatzsteuer 07/2021 € 18.337,30
Umsatzsteuer 08/2021 € 10.728,77
gesamt: € 83.766,38
nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet (abgeführt).
***Bf1*** habe hierdurch
zu a) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 iVm FinStrG und
zu b) die Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG
begangen und werde hierfür nach §§ 33 Abs. 5 und 49 Abs. 2 FinStrG zur Bezahlung einer Geldstrafe in der Höhe von € 10.000,00 (in Worten: Zehntausend Euro), im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 25 Tagen, verurteilt.
Gemäß dem § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG habe der Beschuldigte die Kosten des Finanzstrafverfahrens sowie des allfälligen Vollzuges in der Höhe von € 500,00 zu ersetzen.
2) Die Firma A-GmbH sei schuldig, sie habe gemäß § 3 Abs. 2 VbVG iVm. § 28a FinStrG für das unter 1) durch ***Bf1*** als Entscheidungsträger zu ihren Gunsten bzw. unter Verletzung der sie treffenden steuerlichen Verpflichtung begangene Finanzvergehen der Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 1 iVm. 3 lit a FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG iVm. § 28 a Abs. 2 FinStrG iVm. § 3 Abs. 2 VbVG begangen und werde hierfür nach §§ 33 Abs. 5, 49 Abs. 2 FinStrG iVm. § 3 Abs. 2 VbVG zu einer Geldbuße in der Höhe von € 9.000,00 (in Worten: neuntausend Euro) verurteilt.
Gemäß dem § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG habe die A-GmbH die Kosten des Verfahrens in Höhe von € 500,00 zu ersetzen.
Zur Begründung wurde wie folgt ausgeführt:
"Der 1963 geborene ***Bf1*** ist als Geschäftsführer tätig und verdient etwa € 2.000,00 netto monatlich. Er hat keine Sorgepflichten und ist finanzstrafbehördlichunbescholten.
In den Jahren 2017, 2018 und 2019 hat der Beschuldigte Aufwendungen, die ganz oderzum Teil privat veranlasst waren, in seine Abgabenerklärungen bezüglich der A-GmbH aufgenommen, sodass zu einer Verminderung der festgesetzten und abzuführendenKörperschaftssteuer und Umsatzsteuer im Spruch genannten Ausmaß kam. So hatte eretwa Smartphone von Familienmitgliedern, einen Geschirrspüler, private Reisen,Gartenarbeiten am privaten Wohnsitz und Aufwendungen für betriebsfremde Events undRepräsentationsaufwendungen betrieblich geltend gemacht.
Er hielt es dabei zumindest ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass es dadurchzur rechtswidrigen Abgabenverkürzung kommt.
Der Beschuldigte vermittelt Luxusimmobilien und infolge der Coronakrise kam es zu einemganz massiven Geschäftseinbruch. Er unterließ es, in den im Spruch genannten ZeiträumenUmsatzsteuervoranmeldungen zu erklären oder die genannten Beträge zu bezahlen. DerBeschuldigte kämpfte zu dieser Zeit um das Überleben seines Unternehmens. Er wurdezweimal mit einer automatisch generierten Aufforderung Umsatzsteuervoranmeldungenabzugeben, an seine Verpflichtung erinnert. Am übergab er dannpersönlich die Jahresumsatzsteuererklärungen und bezahlte im September 2022 dengesamten ausstehenden Umsatzsteuerbetrag.
Er hielt es dabei ernstlich für möglich und fand sich damit ab, dass er gegen seineVerpflichtung fristgerecht seine Umsatzsteuervoranmeldungen zu erklären bzw. zubezahlen, verstieß. Es kam ihm nicht darauf an, eine Verkürzung an Umsatzsteuerherbeizuführen.
Diese Feststellungen gründen sich auf die Erhebungen der Finanzstrafbehörde im Einklangmit der geständigen Verantwortung des Beschuldigten.
Zur subjektiven Tatseite bezüglich Umsatzsteuervoranmeldungen ist auszuführen, dasswohl der etwas längere Tatzeitraum für die Absicht einer Abgabenverkürzung spricht,dagegen jedoch der Umstand, dass nachvollziehbar der Beschuldigte im genanntenZeitraum um das Überleben seines Unternehmens kämpfte, Zahlungen wo immer möglichvornahm und glaubhaft versicherte, einfach "keinen Kopf' für die UVA gehabt zu haben.
Gleichzeitig konnte er aufgrund des Umsatzbruches und des damit einhergehendenfinanziellen Engpasses seinen Steuerberater nicht bezahlen. Gegen eine wissentlicheAbgabenhinterziehung spricht weiters, dass der Beschuldigte noch bevor gegen ihnpersönlich finanzstrafrechtlich vorgegangen wurde, er - infolge Besserung derwirtschaftlichen Lage - die ausstehenden Abgaben erklärte und - wenn auch nichtinnerhalb gemäß § 29 FinStrG geforderten Frist, jedoch sehr zeitnah - die Abgaben zu100% bezahlte. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass der Beschuldigte seit Jahrzehntenohne jegliche finanzstrafbehördliche Beanstandung sein Unternehmen führt, sodasszumindest im Zweifel nicht davon auszugehen war, dass er wissentlich Abgaben zuhinterziehen trachtete. Es war somit lediglich dolus eventualis zu unterstellen.
Rechtlich folgt:
Er hat hiedurch die im Spruch genannten Finanzvergehen bzw. Finanzordnungswidrigkeitenbegangen.
Bei einem Strafrahmen von bis zu etwa € 52.800,00 war
mildernd: das Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, die vollständigeSchadensgutmachung
erschwerend: das Zusammentreffen von Finanzvergehen und Finanzordnungswidrigkeiten.
Die über ihn verhängte Geldstrafe erscheint sohin schuld- und tatangemessen.
Bezüglich des Verbandes war weiters mildernd zu berücksichtigen, dass dergeschäftsführende Gesellschafter bereits bestraft wurde, sodass eine Geldbuße von€ 9.000,00 schuld- und tatangemessen erscheint.
Die übrigen Entscheidungen gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen."
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In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Amtsbeauftragten wird wie folgt ausgeführt:
"Die fristgerecht angemeldete Beschwerde (welche im Erkenntnis des Spruchsenats aucherwähnt ist) gegen die Erkenntnis des Spruchsenates auf Bestrafung vom ,welches mit zugestellt wurde, wird nun ausgeführt.
2. Sachverhalt:
Die Grundlage bildet der Prüfbericht vom (Prüfungsauftrag am unterschrieben) in dem Folgendes festgestellt wurde:
Es wurden 2020 und 2021 keine UVA abgegeben, obwohl in den Jahren davor regelmäßigUVA abgegeben wurden. Die Jahresumsatzsteuererklärung für 2020 und die UVA für 1-8/2021 wurden dann am persönlich übergeben.
Den Sachverhalt betreffend den hinterzogenen Jahresabgaben, wo dieSpruchsenatserkenntnis akzeptiert wurde, wird hier nicht ausgeführt.
Hierfür hat der Verband im Sinne des Verbandverantwortlichkeitsgesetz (§ 28a/2 FinStrGiVm. § 3/2 VbVG) einzustehen.
Auf Grund des o.a. Sachverhaltes besteht der Verdacht, dass der Verband A-GmbH und Herr ***Bf1*** diesen ihren obliegenden Verpflichtungenwissentlich (UVA) nicht entsprochen haben.
Der Verband A-GmbH und Herr ***Bf1*** werden durchden Steuerberater Herrn Dr. ***2***, AdresseX, vertreten, derauch alle Schriftstücke zugestellt bekommen möchte.
Herr Franz ***Bf1*** wurde vom Spruchsenat zu einer Geldstrafe in Höhe von € 10.000,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafevon 25 Tagen verurteilt.
Die A-GmbH wurde vom Spruchsenat zu einer Verbandgeldbuße in Höhevon € 9.000,00 verurteilt.
3. Zulässigkeit der Beschwerde:
Da innerhalb der Frist seitens des Amtsbeauftragten (AB) Beschwerde angemeldet wurde,ist die Beschwerde rechtzeitig. Auch ist der Amtsbeauftragte gern. § 151 Abs. 1 lit b FinStrG zurErhebung einer Beschwerde gegen das Erkenntnis des Spruchsenates aktivlegitimiert. DieBeschwerde ist demnach zulässig.
4. Beschwerdegründe:
Die Beschwerde richtet sich
I. gegen den Schuldspruch wegen der Bestrafung von der A-GmbH undHerrn ***Bf1*** gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich derUmsatzsteuer der A-GmbH.
Eine Bestrafung hinsichtlich wissentlicher Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wird beantragt.
II. gegen die Höhe der verhängten Strafe. Angesichts nachstehender Ausführung wird dieverhängte Strafe als zu mild erachtet, da die Umsatzsteuer 01/2020-04/2021 und 07-08/2021 nach § 49. Abs. 2 FinstrG bestraft wurde und es wird beantragt, eine schuld- undtatangemessene Strafe nach § 33. Abs. 5 FinStrGzu erteilen.
Ad I:
Die Tatsache, dass Herr ***Bf1*** 40 Jahre lang als Unternehmer dieUmsatzsteuervoranmeldungen korrekt abgegeben hat, untermauert die Wissentlichkeitgemäß § 33 Abs. 2 lit a FinStrG, stellen aber natürlich hinsichtlich der Unbescholtenheiteinen Milderungsgrund hinsichtlich der Strafhöhe da. Ebenso sind die geständigeVerantwortung und die Schadensgutmachung Milderungsgründe bezüglich der Strafhöhe.
Das letztendliche Offenlegen der korrekten Umsätze kann zwar auch als milderndbetrachtet werden, stellt aber auch keinen Widerspruch zur wissentlichenAbgabenhinterziehung dar. Da 15 Monate durchgehend und daraufhin noch zwei Monatekeine korrekten UVA abgeben wurden ist auch hinsichtlich des langen Tatzeitraumes eineWissentlichkeit untermauert. Darüber hinaus gab es bereits 2017 und 2018 Erinnerungenzur Abgabe von UVA und ab 02/2020 gab es durchgehend viele Erinnerungen. Auf Grundder Coronakrise und den Zahlungsverzögerungen derKunden, waren wirtschaftlicheProbleme der Grund die UVA, mangels Möglichkeit diese zu bezahlen, nicht zu melden.
Daher liegt eine temporäre Abgabenhinterziehung vor. Eine fristgerechte Meldung der UVAmit Zahlungserleichterungsansuchen wäre eine gesetzeskonforme Lösung gewesen. DieBezahlung der Abgaben ist zwar ein Milderungsgrund, aber kein Widerspruch zurtemporären Abgabenhinterziehung. Eine wissentliche temporäre Verkürzung derUmsatzsteuer liegt nach Meinung des Amtsbeauftragen vor, weil auf Grund vonfinanziellen Schwierigkeiten die UVA nicht fristgerecht gemeldet wurden, obwohl davorfast immer UVA abgegeben wurden. Herr ***Bf1*** hat selbsteingeräumt, dass er auf Grund der Zahlungsverzögerungen der Kunden, die UVA nichtgemeldet hat und nicht, dass er nicht wusste, dass er sie melden muss. Die persönlichewirtschaftliche Situation kann zwar bei der Strafhöhe berücksichtigt werden, aber esändert nichts daran, dass eine wissentliche Abgabenhinterziehung vorliegt.
Ad II:
Seitens der Finanzstrafbehörde wird die verhängte Strafe, im Besonderen die Geldstrafe,aus folgenden Gründen als zu niedrig bemessen erachtet.
Da der Strafrahmen inklusive der Mindeststrafe beim § 33 FinStrG deutlich höher liegt alsbeim § 49 FinStrG ist die verhängte Strafe zu niedrig.
Die verhängten Strafen liegen deutlich unter den Mindeststrafen, wenn die angelsteten UVAnach § 33 Abs. 2 lit a FinStrG bestraft werden. Jedoch ist eine Strafhöhe, die sich in der Nähe der Mindeststrafe vom § 33 Abs. 5 FinStrG befindet hinsichtlich der Milderungsgründeund der Kooperation hinsichtlich der Offenlegung gut vertretbar.
Aus den genannten Gründen wird, mit zusätzlichem Blick auf den Strafrahmen, seitens desAmtsbeauftragten die verhängten Geldstrafen keinesfalls als schuld- und tatangemessenbetrachtet.
5. Beschwerdeanträge:
Aus diesen Gründen richten sich an das Bundesfinanzgericht dieAnträge,
1. gemäß § 160 Abs. 1 FinStrG eine mündliche Verhandlung durchzuführen
2a. gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG in der Sache selbst zu entscheiden und hinsichtlich derangelasteten Umsatzsteuer 01/2020-04/2021 und 07-08/2021 eine tat- undschuldangemessene Bestrafung gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG zu verhängen.
2b. eine schuld- und tatangemessene Geldstrafe hinsichtlich des Gesamtverschuldensdahingehend zu verhängen, dass es sich dann um § 33 Abs. 2 lit a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) handelt."
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht vom führte der beschwerdeführende Amtsbeauftragte zunächst ergänzend aus, die Nichtabgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen sei über einen Zeitraum von ca. 1,5 Jahren geschehen und der Abgabepflichtige sei laufend zur Abgabe dieser Meldungen erinnert worden. Auch Säumniszuschlagfestsetzungen (z.B. für 12/2019 im März 2020) hätten ihn auf seine Versäumnisse hingewiesen.
Der Beschuldigte gab zu seinen aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu Protokoll, er sei nach wie vor als Geschäftsführer der Fa. A-GmbH mit der Entwicklung von Immobilienprojekten beschäftigt. Einen regelmäßigen Geschäftsführergehalt zahle er sich derzeit nicht aus, weil das Geschäft in dieser Branche durch Zinserhöhungen und Immobilienkrise sehr schwierig geworden sei. Die Kunden würden alle die weitere Entwicklung abwarten. Er entnehme aus seinem Einzelunternehmen ca. € 2.000,00 zur Deckung seiner Lebenserhaltungskosten und habe kein Vermögen. Die Abgabenverbindlichkeiten aus der Einzelfirma würden sich auf € 306.000,00 belaufen. Er habe keine Sorgepflichten.
Über Vorhalt seiner Aussage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat führt der Beschuldigte aus, diese sei korrekt und er bleibe bei dieser Aussage. Es sei auch richtig, dass er immer wieder Erinnerungen zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen bekommen habe. Seine steuerlichen Verpflichtungen seien ihm grundsätzlich klar gewesen. Aufgrund der Pandemie habe er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen können, da die finanziellen Mittel dazu gefehlt hätten. Er habe auch keine Förderungen von der öffentlichen Hand erhalten. Nachdem der Bescheid der Abgabenbehörde über die Umsatzsteuerfestsetzungen ergangen sei, habe er diese in der Folge auch pünktlich entrichtet. Er sei seit ca. 40 Jahren selbstständig und noch nie in einer derartigen Situation gewesen. Seinen steuerlichen Verpflichtungen sei er vorher immer nachgekommen.
Der Abgabenrückstand der GmbH betrage aktuell € 43.321,00.
Der Beschuldigte brachte weiters vor, er habe im Jahr 2023 noch keine einzige Rechnung stellen können. Sein Geschäft sei derart, dass in langen Entwicklungszeiten der Immobilienprojekte keine Einnahmen lukriert würden und erst nach Abschluss des Projektes Rechnung gelegt und diese bezahlt würden. Zu Verzögerungen von Immobilienprojekten komme es auch durch einen Arbeitsrückstau bei Behörden.
Im Zeitraum der Pandemie habe der Beschuldigte für das gesamte Jahr 2020 und auch noch ins Jahr 2021 hinein keine Buchhaltung geführt. Er habe daher den Überblick verloren. Erst als wieder Geldmittel vorhanden gewesen seien, habe er sich an den steuerlichen Vertreter gewandt. Die Buchhaltung sei nachgebucht und für 2020 eine Umsatzsteuererklärung eingereicht worden, wobei die Zahllast im Rahmen der Anschuldigung gleichmäßig auf die 12 Monate des Jahres 2020 verteilt worden sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Rechtslage:
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Gemäß § 33 Abs. 3 lit. b FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden.
Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.
Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.
§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.
Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.
Gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ist ein Verband unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1.die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2.durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Gemäß § 3 Abs. 2 VbVG ist der Verband für Straftaten eines Entscheidungsträgers verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat.
Die gegenständliche Beschwerde des Amtsbeauftragten richtet sich ausschließlich gegen den Schuldspruch zu Punkt 1)b) des angefochtenen Erkenntnisses, mit dem der Beschuldigte der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG wegen vorsätzlicher Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen 01/2020-01/2021, 03-04/2021 und 07-08/2021 in einer Gesamthöhe von € 83.766,38 bis zum fünften Tag nach jeweiliger Fälligkeit für schuldig erkannt wurde sowie auch gegen die Strafhöhe.
Unbekämpft blieb der Schuldspruch 1)a) des angefochtenen Erkenntnisses wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG an Umsatzsteuer 2017-2019 und Körperschaftsteuer 2017 und 2019 in Höhe von insgesamt € 5.628,23. Im Bereich des Finanzstrafrechtes ist eine Teilrechtskraft hinsichtlich des Ausspruches von Schuld einerseits und Strafe andererseits rechtlich möglich (vgl. ; ). Es ist daher von einer Teilrechtskraft des Schuldspruches zu Punkt 1)a) auszugehen.
Mit seiner Beschwerde begehrt der Amtsbeauftragte zu Punkt 1)b) des angefochtenen Erkenntnisses einen Schuldspruch des Beschuldigten und des belangten Verbandes Fa. A-GmbH wegen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG.
Für die Verwirklichung einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist die Schuldform der Wissentlichkeit hinsichtlich der Verkürzung der Umsatzsteuervorauszahlungen und des Eventualvorsatzes in Bezug auf die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen erforderlich.
Eine Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist bereits dann vollendet, wenn Umsatzsteuervorauszahlungen zum Fälligkeitstag ganz oder teilweise nicht entrichtet wurden. Für die Verwirklichung einer derartigen Abgabenhinterziehung ist es daher nicht erforderlich, dass der Vorsatz des Beschuldigten darauf ausgerichtet war, Selbstbemessungsabgaben endgültig vor der Abgabenbehörde zu verheimlichen und somit einer Versteuerung zu entziehen. Gerade beim Delikt des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteiles den Regelfall dar.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat bekannte sich der Beschuldigte zum Vorwurf einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG grundsätzlich schuldig.
Er gab zu Protokoll, seit ca. 40 Jahren selbstständig tätig zu sein und es sei bislang kam es zu keinen Beanstandungen gekommen. Bezüglich der Umsatzsteuervoranmeldungen sei es so gewesen, dass es - da er hochpreisige Immobilien vermittle - immer wieder Zeiträume gebe, wo er keine Einnahmen habe, aber aufgrund der Sollbesteuerung für gestellte Rechnungen Umsatzsteuer melden und abführen müsse. Im angeschuldigten Zeitraum habe es insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie einen Geschäftseinbruch gegeben bzw. seien gestellte Rechnungen nicht bezahlt worden. Seine finanzielle Lage sei dadurch so angespannt, dass er einerseits nicht in der Lage gewesen sei, die Umsatzsteuervorauszahlungen zu bezahlen, andererseits habe er aber seinen Steuerberater nicht bezahlen können, weshalb die Meldungen unterblieben seien. Er habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, die Abgaben zu hinterziehen. Sobald es ihm finanziell möglich gewesen sei, habe er sämtliche Abgaben bezahlt.
Mit dieser Rechtfertigung bekennt der Beschuldigte inhaltlich eine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ein. Aufgrund eines schlechten Geschäftsganges und hohen Außenständen im Zeitraum der Corona Pandemie war die Liquidität des belangten Verbandes so stark eingeschränkt, dass der Beschuldigte als verantwortlicher Geschäftsführer weder den Steuerberater des belangten Verbandes mit der Erstellung der hier in Rede stehenden Umsatzsteuervoranmeldungen beauftragen noch die geschuldeten Umsatzsteuervorauszahlungen zu den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichten konnte. In einer derartigen Situation hat es der Beschuldigten mit Sicherheit ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass die Abgabe der verfahrensgegenständlichen Umsatzsteuervoranmeldungen unterbleiben und er wusste auch in unzweifelhafter Kenntnis der Fälligkeitstage der Umsatzsteuervorauszahlungen, dass er diese nicht pünktlich entrichten würde. In den hier in Rede stehenden Tatzeiträumen fielen insgesamt Umsatzsteuervorauszahlungen i.H.v. € 83.766,38 an, was den Beschuldigten jedenfalls auf beträchtliche Umsätze und somit auch auf das Anfallen meldepflichtiger Umsatzsteuervorauszahlungen zu den jeweiligen Tatzeitpunkten schließen ließ. Unbestritten wurde er zur Abgabe der hier in Rede stehenden Umsatzsteuervoranmeldungen durch die Abgabenbehörde erinnert.
Wie bereits ausgeführt, ist es für die Verwirklichung einer derartigen Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht erforderlich, dass der Vorsatz des Beschuldigten darauf ausgerichtet war, Selbstbemessungsabgaben endgültig vor der Abgabenbehörde zu verheimlichen und somit einer Versteuerung zu entziehen. Gerade beim Delikt des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteiles den Regelfall dar.
Die vom Beschuldigten angeführte unverschuldete wirtschaftliche Notlage des belangten Verbandes stellt zwar einen Milderungsgrund dar, ändert aber nichts am Vorliegen der subjektiven Tatseite einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG.
Aus § 28 a Abs. 2 FinStrG iVm. § 3 Abs. 2 VbVG ergibt sich die Verantwortlichkeit des belangten Verbandes für diese Tat.
Dem Beschwerdevorbringen war daher zu folgen.
Strafbemessung:
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.
§ 23 Abs. 2 FinStrG: Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob es dem Täter darauf angekommen ist, sich oder einem Verband, als dessen Entscheidungsträger er gehandelt hat, durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine nicht nur geringfügige fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Eine wiederkehrende Begehung liegt vor, wenn der Täter bereits zwei solche Taten begangen hat oder einmal wegen einer solchen Tat bestraft worden ist. Ebenso ist bei der Bemessung der Strafe darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
§ 23 Abs. 3 FinStrG: Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
§ 23 Abs. 4 FinStrG: Bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, hat die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.
§ 33 Abs. 5 FinStrG: Die Abgabenhinterziehung wird mit einer Geldstrafe bis zum Zweifachen des für den Strafrahmen maßgeblichen Verkürzungsbetrages (der ungerechtfertigten Abgabengutschrift) geahndet. Dieser umfasst nur jene Abgabenbeträge (ungerechtfertigte Gutschriften), deren Verkürzung im Zusammenhang mit den Unrichtigkeiten bewirkt wurde, auf die sich der Vorsatz des Täters bezieht. Neben der Geldstrafe ist nach Maßgabe des § 15 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu erkennen.
Aufgrund der Änderung der finanzstrafrechtlichen Qualifikation zu Punkt 1)b) als Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG war mit einer Strafneubemessung vorzugehen.
Ausgehend von einer eingeschränkten wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten (€ 2.000,00 monatliche Entnahmen aus dem Einzelunternehmen, Abgabenverbindlichkeiten in Höhe von ca. € 306.000,00, keine Sorgepflichten) war bei der Strafneubemessung als mildernd die bisherige finanzstrafbehördliche Unbescholtenheit des Beschuldigten, die volle Schadensgutmachung, seine inhaltlich geständige Rechtfertigung und auch die eigenständige Offenlegung der angeschuldigten Umsatzsteuervorauszahlungen sowie auch der Umstand, dass eine wirtschaftliche Notsituation des belangten Verbandes Ursache und Motiv für die Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG waren und auch, dass sein Vorsatz nur auf die vorübergehende Erlangung eines Steuervorteiles und nicht auf endgültige Abgabenvermeidung gerichtet war, zu berücksichtigen.
Als erschwerend hingegen waren die oftmaligen Tatentschlüsse zu Punkt 1)b) des angefochtenen Spruchsenatserkenntnisses über einen längeren Tatzeitraum in insgesamt 17 Monaten anzusehen.
Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungserwägungen und der Tatsache, dass im gegenständlichen Fall gesetzlich zulässige Höchststrafe bei € 178.789,22 (§ 33 Abs. 5 FinStrG) und die Mindeststrafe (23 Abs. 4 FinStrG) ein € 17.878,92 liegt, erscheint es dem Spruch ersichtliche neu bemessene Geldstrafe, welche ihm untersten Bereich des Strafrahmens ganz nahe der Mindeststrafe liegt, tätergerecht und schuldangemessen.
Auch die gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe entspricht nach Ansicht des erkennenden Senates dem festgestellten Verschulden unter Berücksichtigung der genannten Milderungs- und Erschwerungsgründe.
Bemessung der Verbandsgeldbuße:
§ 4. Abs. 1 VbVG lautet:
Ist ein Verband für eine Straftat verantwortlich, so ist über ihn eine Verbandsgeldbuße zu verhängen.
Gemäß § 5 Abs. 1 VbVG hat das Gericht bei der Bemessung der Anzahl der Tagessätze die Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Höhe der angedrohten Geldbuße bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Gemäß § 5 Abs. 2 VbVGist die Anzahl ist insbesondere umso höher zu bemessen,
1.je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, für die der Verband verantwortlich ist;
2.je höher der aus der Straftat vom Verband erlangte Vorteil ist;
3.je mehr gesetzwidriges Verhalten von Mitarbeitern geduldet oder begünstigt wurde.
Gemäß § 5 Abs. 3 VbVGist die Anzahl insbesondere geringer zu bemessen, wenn
1.der Verband schon vor der Tat Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten getroffen oder Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten angehalten hat;
2.der Verband lediglich für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich ist (§ 3 Abs. 3);
3.er nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;
4.er die Folgen der Tat gutgemacht hat;
5.er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat;
6.die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.
Zunächst ist festzustellen, dass der Gewinn des belangten Verbandes im letztveranlagten Jahres 2021 € 169.605,31 betrug. Der derzeitige Abgabenrückstand des belangten Verbandes beträgt € 43.321,00. Es ist daher von einer geordneten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der A-GmbH auszugehen.
Zugunsten des belangten Verbandes waren mildernd zu berücksichtigen, dass dieser nach den Taten durch Offenlegung der Höhe der verkürzten Umsatzsteuervorauszahlungen erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat (§ 5 Abs. 3 Z. 3 VbVG), der Verband volle Schadensgutmachung geleistet (§ 5 Abs. 3 Z. 4 VbVG) und insbesondere, dass die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für deren Alleingesellschafter, den Beschuldigten ***Bf1***, nach sich gezogen hat (§ 5 Abs. 3 Z. 6 VbVG).
Demgegenüber stehen keine erschwerenden Gründe im Sinne des § 5 Abs. 2 VbVG.
Unter Berücksichtigung dieser Zumessungserwägungen erscheint im Spruch ersichtliche Verbandsgeldbuße, welche ihm untersten Bereich des Strafrahmens bemessen wurde, tatangemessen und berücksichtigt bei gegebener sehr guter wirtschaftliche Leistungsfähigkeit die genannten Milderungsgründe.
Kostenentscheidung
Die Verfahrenskosten (siehe Spruch 1.) und 2.) des gegenständlichen Erkenntnisses) in unveränderter Höhe von € 500,00 gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.
Zahlungsaufforderung:
Die Geldstrafe und die Kosten des Finanzstrafverfahrens werden gemäß § 171 Abs. 1 und § 185 Abs. 4 FinStrG mit Ablauf eines Monates nach Rechtskraft dieser Entscheidung fällig und sind auf das Straf-Konto der Finanzstrafbehörde (Bankverbindung: BAWAG P.S.K., IBAN: AT09 0100 0000 0550 4374, BIC BUNDATWW, Strafkontonummer: 37-013/ Details siehe angefochtenes Erkenntnis) zu entrichten, widrigenfalls Zwangsvollstreckung durchgeführt und bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden müsste. Ein Ansuchen um eine allfällige Zahlungserleichterung (z.B. Ratenzahlung oder Stundung) wäre bei der Finanzstrafbehörde (per Fax an die Nr. 050 233 595 2104 oder postalisch an das Amt für Betrugsbekämpfung, Postfach 252, 1000 Wien, Team Einhebung und Einbringung Finanzstrafen Bereich Finanzstrafsachen) einzubringen.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das gegenständliche Erkenntnis hatte die Beurteilung der subjektiven Tatseite sowie die Bemessung der Geldstrafe bzw. Verbandsgeldbuße im Einzelfall und beruht auf den genannten Gesetzesbestimmungen im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 28a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 3 Abs. 2 VbVG, Verbandsverantwortlichkeitsgesetz, BGBl. I Nr. 151/2005 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300007.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at