Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 23.06.2023, RV/5100634/2020

Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt bei mangelnder Sachverhaltsfeststellung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Stb***, und durch ***RA***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des **FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010 sowie betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010, Steuernummer ***BF1StNr2***, beschlossen:

1) Die angefochtenen Bescheide vom und die Beschwerdevorentscheidungen vom 30. und werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.

2) Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Verfahrensablauf:

Am erließ das Finanzamt die nunmehr angefochtenen Bescheide, mit denen das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010 wiederaufgenommen wurde, sowie die ebenfalls angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010.

In der Begründung der Bescheide betreffend Wiederaufnahme der Verfahren wurde auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die diesbezügliche Niederschrift und auf den Prüfungsbericht verwiesen. Aus dem BP-Bericht geht hervor, dass für die Einkommensteuer 2009 der Zufluss der jährlichen Buchungen auf dem Konto 3301 der ***Y*** GmbH den Zufluss des Mietertrages dokumentieren würde. Beim Beschwerdeführer sei bislang keine Besteuerung erfolgt. Das stelle eine wesentliche Änderung der Besteuerungsgrundlagen dar (Tz. 5). Die Nutzung des MB CL 500 als Privatfahrzeug sei unter Tz. 7 ausreichend dokumentiert worden.
Hinsichtlich der Wiederaufnahme der Einkommensteuer 2010 wurde auf Tz. 3 (Sonstige Einkünfte 2010), 5 und 7 des BP-Berichtes verwiesen.
Der Einkommensteuerbescheid 2009 verweist in seiner Begründung auf Tz. 5 und 7 des BP-Berichtes, der Einkommensteuerbescheid 2010 auf Tz. 3, 5 und 7.

In Tz 22 wurde die Problematik der Verjährung behandelt und Folgendes ausgeführt:
"Für das Jahr 2009 endet die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer mit Ablauf des , durch die Erlassung des Bescheides (vom ) erfolgt eine Verlängerung um ein Jahr bis .
Nachstehende Amtshandlungen erfolgten, welche zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist um jeweils
(ergänze: ein Jahr) führten:
-- am wurde der Staatsanwaltschaft
***LG*** der Anlassbericht übermittelt, welcher zur Hausdurchsuchung führte
-- am wurde die Hausdurchsuchung durchgeführt; der Prüfungsauftrag gem. § 147 BAO in Verbindung mit § 99 FinStrG wurde am zur Kenntnis gebracht
-- am wurde der Anlassbericht für Bankenerhebungen in Deutschland an die Staatsanwaltschaft
***LG*** übermittelt
-- im Juli 2017 wurde der Anlassbericht für Bankenerhebungen an die Staatsanwaltschaft
***LG*** gesandt
-- am wurde dem damaligen steuerlichen Vertreter Herr
***VornameD*** ***D*** ein vorläufiges Besprechungsprogramm betreffend die BP ***Bf1*** ***VNBf1*** persönlich in ***LG*** übergeben
Es wird daher festgehalten, dass hinsichtlich der Festsetzung der Einkommensteuer 2009 noch keine Verjährung eingetreten ist.
Für das Jahr 2010 endet die Verjährungsfrist betreffend die Festsetzung der Einkommensteuer mit Ablauf des , durch die Erlassung des Bescheides (vom ) erfolgt eine Verlängerung um ein Jahr bis .
Die Verlängerungshandlungen 2017 u. 2018 sind unter dem Jahr 2009 gesondert dargestellt
."

Mit Schriftsatz vom wurde ua gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2009 und 2010 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass es sich bei den sonstigen Einkünften im Jahr 2010 (Tz. 3) um eine bloße Behauptung des Prüfers handle, die nicht bewiesen werde. Auch die Feststellung laut Tz. 5 sei angesichts einer völlig unzureichenden Ermittlungstätigkeit der Behörde relativ beweis- und feststellungsfrei gehalten. Betreffend Tz. 7 werde auf das bisherige zur Einkommensteuer 2015 erstattete Vorbringen verwiesen. Im Übrigen werde eine Begründung bis Ende 2019 nachgereicht.

Mit Mängelbehebungsbescheid vom wurde darauf hingewiesen, dass der gegenständlichen Beschwerde eine Begründung fehlen würde. Dieser Mangel sei bis nachzuholen. Bei Versäumung der Frist gelte die Beschwerde als zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom wurde (nach stillschweigend gewährter Fristverlängerung) dargelegt, dass ein Mängelbehebungsbescheid nur zulässig sei, wenn die Begründung gänzlich fehlen würde. Dies sei gegenständlich nicht der Fall. Zu den einzelnen Textziffern des BP-Berichtes wurde - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - ausgeführt:
Tz. 3: Dieser Feststellung zufolge hätte der Beschwerdeführer am vom deutschen Malerbetrieb ***M*** für die Vermittlung eines bestimmten Großauftrages 50.000,00 € erhalten, diese aber weder deklariert noch versteuert. Tatsächlich sei die Provision der ***C*** GmbH in Rechnung gestellt und von ihr deklariert und ordnungsgemäß versteuert worden (Rechnung der ***C*** vom ).
Tz. 5: Nach beispielhafter Darlegung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Verrechnungskonten iZm verdeckten Ausschüttungen resümiert der Beschwerdeführer, dass die Frage, ob bei der GmbH ein Abfluss vorliegt, sich dort wie hier stelle. Solcherart liege - spiegelbildlich - beim Gesellschafter kein Zufluss vor. Eine Stattgabe sei vorprogrammiert.
Tz. 7: Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf das bisherige Vorbringen (betr. Einkommensteuer 2015) verwiesen.
Betreffend Wiederaufnahme werde auf die Einwendungen zu den einzelnen Textziffern verwiesen. Die Mutmaßung, die Buchung bei ***Y*** GmbH auf dem Verrechnungskonto sei Nachweis für den völlig unbewiesenen Zahlungsfluss sei weder Beweis noch Tatsache. Das gelte auch für die Privatnutzung des in Deutschland gemeldeten Fahrzeuges.
Mangels tauglicher Verlängerungshandlungen sei für die Einkommensteuer 2009 bereits mit Jahresende 2015 relative Festsetzungsverjährung eingetreten.

Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2009 und 2010 wurde mit Bescheid vom abgewiesen, die Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens seien im BP-Bericht ausreichend und ausführlich dargestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2009 als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2010 wurde hinsichtlich Tz. 3 (sonstige Einkünfte) stattgegeben, in den übrigen Punkten abgewiesen.
Begründend wurde Folgendes ausgeführt:
Tz. 5: Auf die Sachverhaltsdarstellung im BP-Bericht werde hingewiesen. Die jährlichen Mieten seien bei der ***Y*** GmbH als Aufwand auf dem Konto 7400 erfasst und am Konto 3301 (sonstige Verbindlichkeiten) gegengebucht worden. Die Buchungen iZm der Miete auf diesem Konto würden einzig und allein den Beschwerdeführer betreffen - dies beweise auch die Umbuchung des Kontos 3301 auf das Verrechnungskonto ***Bf1***. Zudem würde die Miete die Objekte des Beschwerdeführers betreffen. Nach der Rz 4603 der EStR sei der Zufluss mit der Buchung am Verrechnungskonto verwirklicht. Der Beschwerdeführer sei zudem Mehrheitsgesellschafter bei der ***Y*** GmbH, weshalb er jederzeit Zugang zu seinem Verrechnungskonto habe. An der Feststellung werde festgehalten, weil die Buchung am Verrechnungskonto bzw. auf einem Subkonto des Verrechnungskontos den Zufluss auslösen würde. Hinsichtlich der Bonität der ***Y*** GmbH werde auf die Zahlungen in Millionenhöhe an den Beschwerdeführer in anderen privaten Bereichen hingewiesen. Es sei ausreichend Bonität vorgelegen, um die jährliche Miete bestreiten zu können.
Tz. 7: An der bisherigen Feststellung werde festgehalten, es seien keine neuen Tatsachen vorgebracht worden.
Tz. 22 Verjährung: Im Anlassbericht vom der Steuerfahndungsstelle Linz an die Staatsanwaltschaft werde auf Seite 6 dargestellt, dass für die Jahre 2005 bis 2013 Hinterziehungen unter anderem an Einkommensteuer vorliegen würden. Somit sei auch der Zeitraum 2009 umfasst. Eine entsprechende Verlängerungshandlung liege somit vor.

In den Vorlageanträgen vom wurde kein neues Vorbringen erstattet.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

2. Erwägungen

2.1. Mängelbehebungsverfahren

§ 85 BAO lautet - soweit gegenständlich relevant -:
(1) Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) sind vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
(2) Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, daß die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.

§ 250 Abs. 1 BAO lautet:
Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.

Eine gesetzeskonforme Beschwerde hat sämtliche in § 250 Abs. 1 BAO genannten Merkmale kumulativ zu enthalten. Das sind die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet; die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird; die Erklärung, welche Änderung beantragt wird und eine Begründung.

Inhaltliche Mängel liegen nur vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Entspricht eine Beschwerde diesen inhaltlichen Erfordernissen nicht, berechtigt dies die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung der Beschwerde. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde vielmehr - verpflichtend - ein Mängelbehebungsverfahren durchzuführen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung der betreffenden Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die als Beschwerde intendierte Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt. Werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Beschwerde als ursprünglich richtig eingebracht (vgl. § 85 Abs. 2 BAO).

Im vorliegenden Fall ging das Finanzamt davon aus, dass die Beschwerde vom keine Begründung enthält - und dies hinsichtlich sämtlicher von der Beschwerde erfassten Abgabenbescheide. Ein Mängelbehebungsauftrag wird nicht allein dadurch verbindlich, dass ihn die Behörde erteilt. Seine Verbindlichkeit ist auch davon abhängig, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für ihn vorliegen und er diesen entspricht ().

Die Beschwerde vom enthält "einige Eckpunkte der Begründung" in der Form, dass die beschwerdeführende Partei zu einigen Textziffern des Betriebsprüfungs-berichtes vom jeweils eine kurze Stellungnahme abgegeben hat. Auch wenn diese Ausführungen äußerst kurz gefasst und nicht wirklich stichhaltig sind, lassen sie erahnen, dass der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass die vom Betriebsprüfer in den einzelnen Textziffern getroffenen Feststellungen nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entsprechen würden und die diesbezüglichen Zurechnungen zu Unrecht erfolgt seien. Insofern kann nicht von einem Fehlen der Begründung ausgegangen werden. Soweit die Beschwerde vom die Einkommensteuer 2009, 2010, 2012, 2013, 2014, 2016 und 2017 betrifft, ist der Mängelbehebungsauftrag vom nicht zu Recht ergangen. Insoweit kann daher auch die Rechtsfolge, wonach die Beschwerde bei mangelhafter oder nicht rechtzeitiger Behebung der Mängel als zurückgenommen gilt, nicht eintreten. Der Schriftsatz vom ist in Bezug auf die Einkommensteuer 2009, 2010, 2012, 2013, 2014, 2016 und 2017 als Ergänzung der Beschwerde vom zu werten. In Zusammenhang mit der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens Einkommensteuer 2009 und 2010 enthält die Beschwerde keine Begründung, sie entspricht nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO. Insofern erging der Mängelbehebungauftrag des Finanzamtes vom zu Recht. (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5100761/2020)

Im Rahmen der Beantwortung des Mängelbehebungsauftrages vom wurde im Schreiben vom zusammengefasst dargelegt, dass die Begründung, auf welche die Begründung der Wiederaufnahmen zurückgreifen würden (Tz. 3, 5, 7) zu kurz greifen würden. Es werde auf die dortigen Einwendungen verwiesen. Die Mutmaßungen, die Buchung bei der ***Y*** GmbH auf dem Verrechnungskonto des Beschwerdeführers seien Nachweis für einen Zufluss beim Beschwerdeführer bzw. die Privatnutzung des in Deutschland gemeldeten Fahrzeuges, seine bloße Bekundungen von Prüfer-/Behördenseite und als solche weder Beweis noch Tatsache. Betreffend Einkommensteuer 2009 sei bereits 2015 relative Festsetzungsverjährung eingetreten, die Wiederaufnahme sei zu Unrecht verfügt.

Mit diesem Vorbringen gibt die beschwerdeführende Partei zu erkennen, dass sie die Ansicht vertritt, es würden keine neu hervorgekommenen Tatsachen vorliegen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen würden, da die einzelnen Behauptungen der Betriebsprüfung nicht den Tatsachen entsprechen würden. Damit ist das Mindesterfordernis einer Begründung gerade noch erfüllt und dem Mängelbehebungsauftrag vom Rechnung getragen.

2.2. Verjährung

Das Recht eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 2 BAO bezüglich der Einkommensteuer innerhalb von fünf Jahren der Verjährung. Bei hinterzogenen Abgaben beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.

Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.

Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO für die zu veranlagende Einkommensteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabepflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich gemäß § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.

Die Amtshandlung muss, um Verlängerungswirkung zu haben, nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein. Durch schriftliche Erledigungen gesetzte Amtshandlungen können nur dann als nach außen erkennbar angesehen werden, wenn die Erledigungen dem Empfänger zugestellt wurden. Es sind nur solche Amtshandlungen geeignet, die Verjährung zu verlängern, die von der sachlich zuständigen Abgabenbehörde zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches vorgenommen worden sind. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen. Gemäß § 14 Abs. 3 FinStrG ist Verfolgungshandlung jede nach außen erkennbare Amtshandlung eines Gerichtes, einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzstrafbehörde, des Bundesfinanzgerichtes oder eines im § 89 Abs. 2 genannten Organs, die sich gegen eine bestimmte Person als den eines Finanzvergehens Verdächtigen, Beschuldigten oder Angeklagten richtet, und zwar auch dann, wenn das Gericht, die Staatsanwaltschaft, die Finanzstrafbehörde, das Bundesfinanzgericht oder das Organ zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder die Person, gegen die sie gerichtet war, davon keine Kenntnis erlangt hat.

Die fünfjährige Verjährungsfrist für die Einkommensteuer 2009 hat mit Ablauf des Jahres 2009 zu laufen begonnen. Mit Erlassung des Erstbescheides am wurde die Verjährungsfrist unbestritten um ein Jahr bis verlängert.
Im Anlassbericht vom teilte das Finanzamt als Finanzstrafbehörde der zuständigen Staatsanwaltschaft unter anderem mit, dass der Beschwerdeführer verdächtig sei, im Zeitraum von 2005 bis 2014 vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten eine Verkürzung an bescheidmäßig festzusetzender Einkommensteuer in noch zu bestimmender Höhe bewirkt zu haben. Unter Punkt 5.8. auf Seite 40f des Anlassberichtes vom wurde ausgeführt, dass das Fahrzeug ***Kennzeichen*** eindeutig dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehe, obwohl er dies mehrfach bestritten habe. Die Betriebsprüfer hätten den Beschwerdeführer mehrfach (13 x zwischen August 2008 und Jänner 2011) selbst am Steuer sitzend gesehen. Das Fahrzeug sei vermutlich im Betriebsvermögen eines deutschen Unternehmens, für welches der Beschwerdeführer offiziell nicht tätig sei - also keine Einkünfte erklärt habe. In der Folge wurde tabellarisch dargestellt, dass bei den Einkünften des Beschwerdeführers für die Jahre 2009 bis 2012 jeweils ein Progressionsvorbehalt (KZ 440) iHv 5.425,96 €, 5.491,08 €, 4.721,24 € bzw. 4.394,46 € zu berücksichtigen sei.

Bei diesem Vorgang handelt es sich um eine Verfolgungshandlung iSd § 14 Abs. 3 FinStrG. Nach ständiger Judikatur des VwGH setzt die Unterbrechungswirkung die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl. ). Dieser Anforderung kommt der Anlassbericht zweifelsfrei nach. Die Verjährungsfrist wurde damit um ein weiteres Jahr bis verlängert.

Mit Beschluss des Landesgerichtes ***LG*** vom wurde in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer die Durchsuchung von 8 verschiedenen Objekten bewilligt. Die Hausdurchsuchungen wurden am durchgeführt. Damit wurde die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr bis verlängert.

Im Juli 2017 wurde der Anlassbericht für Bankenerhebungen an die Staatsanwaltschaft ***LG*** gesandt und am wurde dem damaligen steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers ein vorläufiges Besprechungsprogramm betreffend Betriebsprüfung beim Beschwerdeführer ausgehändigt. Aus diesen Handlungen ergibt sich eine Verlängerung der Verjährungsfrist bis , sodass der Einkommensteuerbescheid 2009 vom innerhalb der Verjährung erlassen wurde.

Die diesbezüglichen Ausführungen im ergänzenden Schriftsatz vom , wonach die im Betriebsprüfungsbericht behaupteten Verlängerungshandlungen nicht zutreffen würden, weil "***Y***" aus dem im Sicherstellungsverfahren dargelegten Gründen erst später für Zwecke des FinStrG ins Spiel gebracht worden sei und der hier gegenständliche Sachverhalt (Tz 5) im besagten Anlassbericht trotz expliziter Erwähnung der Einkommensteuererklärung 2009 nicht vorkommen würde, können der Beschwerde in diesem Punkt nicht zum Erfolg verhelfen. Die Textziffer 5 wurde seitens des Finanzamtes für die Begründung der Verlängerung der Verjährungsfrist gar nicht herangezogen. Insofern sind die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei nicht nachvollziehbar.

Da Verfolgungshandlungen auch dann Amtshandlungen mit Verlängerungswirkung sind, wenn sie nicht ihr Ziel erreichen (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren I³ § 209 Rz 9), ändert auch der Umstand, dass das Landesgericht ***LG*** das Finanzstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen dessen dauerhafter Verhandlungsunfähigkeit am abgebrochen hat, nichts an der dargestellten rechtlichen Beurteilung.

2.3. Wiederaufnahme

Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Anwendungsbereich der Bemessungsverjährung ist im § 304 BAO auf Bescheide über die Wiederaufnahme von Verfahren erweitert (Ritz, BAO6, Kommentar, Rz 9 zu § 207 BAO).

Nach Eintritt der Verjährung ist gemäß § 304 BAO eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmsantrag vor Eintritt der Verjährung eingebracht ist.

Wie unter Punkt 2.2. dargelegt wurde, war für die Einkommensteuer 2009 die relative Festsetzungsverjährung im Jahr 2019 noch nicht eingetreten, sodass die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 304 BAO grundsätzlich noch zulässig war.

Im gegenständlichen Fall hat das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuer 2009 und 2010 die Wiederaufnahme des jeweiligen Verfahrens verfügt, weil im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt worden sei, dass
-) die jährlichen Buchungen auf dem Konto 3301 der ***Y*** GmbH den Zufluss eines Mietertrages beim Beschwerdeführer dokumentieren würden, der nicht der Besteuerung unterzogen worden sei
-) das Fahrzeug MB CL 500 Aut. auch privat genutzt worden und daher der Sachbezug als Progressionsvorbehalt anzusetzen sei und
-) der Beschwerdeführer im Jahr 2010 Provisionseinkünfte iHv 50.000,00 € vereinnahmt und nicht in der Abgabenerklärung angegeben habe.

Das Neuhervorkommen erheblicher Sachverhaltselemente muss durch Gegenüberstellung des Wissensstandes der Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung aufgrund der eingereichten Abgabenerklärungen und dem Wissensstand der Behörde nach der erfolgten Prüfung beurteilt werden.

Jede der angeführten Feststellungen würde grundsätzlich eine neue Tatsache darstellen, die im Rahmen der Erstveranlagung der Einkommensteuer 2009 bzw. 2010 nicht bekannt war, und wäre auch geeignet, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Wie in der Folge noch dargestellt wird, ist im gegenständlichen Fall der Sachverhalt in Zusammenhang mit den angeführten Feststellungen noch ergänzungswürdig. Diese Ergänzungen sind auch für die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidungsrelevant, sodass die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens das Schicksal der materiellrechtlichen Bescheide teilen und - wie noch begründend ausgeführt wird - gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben werden.

2.4. Zu Tz 3 des BP Berichtes vom - Sonstige Einkünfte 2010

Aus dem Beschwerdevorbringen und den im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen hat sich ergeben, dass der Beschwerdeführer keine Vermittlungsgebühr in Höhe von 50.000,00 € erhalten hat. Der Beschwerde wurde in diesem Punkt mit Beschwerdevorentscheidung vom stattgegeben und von einer Erhöhung der sonstigen Einkünfte iHv 50.000,00 € abgesehen.

2.5. Zu Tz 7 des BP-Berichtes vom - KFZ-Nutzung Mercedes Benz CL 500 Aut.

In diesem Zusammenhang teilte das Finanzamt beim Erörterungstermin vor dem Bundesfinanzgericht am mit, dass diese Feststellung fallengelassen werde. Die private Nutzung des beschwerdegegenständlichen Fahrzeuges wurde nicht nachgewiesen.

2.6. Zu Tz 5 des BP Berichtes vom - ***Mietobjekt1***

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaften ***Mietobjekt1***. Diese Liegenschaft vermietet er an die ***Y*** GmbH (Mietvertrag aus dem Jahr 1989).
Das Finanzamt führte aus, dass im Zeitraum 2009 bis 2012 der jährliche Pachtaufwand (58.169,60 €) bei der ***Y*** GmbH auf das Konto Sonstige Verbindlichkeiten und in der Folge auf das Verrechnungskonto des Beschwerdeführers verbucht worden sei. Nach Ansicht des Finanzamtes sei die Miete somit jährlich zugeflossen und beim Beschwerdeführer zu versteuern.
Der Beschwerdeführer hält dem entgegen (Schreiben des rechtlichen Vertreters vom ), dass für das Jahr 2009 (nur) noch ein Rest der Mietvorauszahlung in Höhe von 53.298,46 € vorhanden gewesen sei. Der andere Teil der Miete (17.836,00 €) sei auf das Konto Abgrenzung Lieferverbindlichkeiten gebucht und nicht auf das Verrechnungskonto des Beschwerdeführers umgebucht worden.
Der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers führte in diesem Zusammenhang (Schreiben vom ) aus, dass es sich um erfolgsneutrale Umschichtungen handle, soweit die Verrechnung mit der Mietvorauszahlung aus dem Jahr 2001 erfolgt sei. Davon betroffen seien die behaupteten Mietvorauszahlungen 2009 bis Mitte 2011.
Im Rahmen des Erörterungsgespräches am wurde von der beschwerdeführenden Seite ein Schreiben der ***Y*** GmbH an den Beschwerdeführer vom mit folgendem Inhalt vorgelegt:
"….bezugnehmend auf das oben angeführte Schreiben verweisen wir auf Punkt IV. des Mietvertrages vom . Die mit dem Finanzamt ***FA*** anlässlich der Prüfung im Jahre 2003 bis einschließlich 2001 abgestimmten Ausbesserungen/Zahlungen in den Objekten "***Bf1***-Haus" in ***H*** und "***Bf1***-Gewerbepark" in ***X*** betrugen insgesamt ATS 31,219.673,86, was eine Mietvorauszahlung bis 2023 bedeutet.
Betreffend Wertsicherungsklausel in der Ziffer IV. Absatz 2 des gegenständlichen Vertrages verweisen wir auf den letzten Absatz der Ziffer III
. …"
Daraufhin legte das Finanzamt eine Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0984-L/05, betreffend ***Y*** GmbH zur Umsatzsteuer 2001 vor. In dieser Entscheidung war die Frage zu klären, ob eine Zahlung in Höhe von 9,3 Mio. ATS der ***Y*** GmbH an den Beschwerdeführer eine Mietvorauszahlung darstellt oder nicht (Vorsteuerabzug für die ***Y*** GmbH). Der Unabhängige Finanzsenat gelangte damals zur Auffassung, dass es sich um einen familien- bzw. firmeninternen Vorgang handelte. Konkrete Anhaltspunkte, dass es sich bei der Zahlung um eine Mietvorauszahlung gehandelt hat, haben sich im umfangreichen Ermittlungsverfahren nicht ergeben.
Mit Schriftsatz vom legte der steuerliche Vertreter (bezugnehmend auf das anlässlich des Erörterungstermins vorgelegte Schreiben der ***Y*** GmbH an den Beschwerdeführer vom ) ein Schreiben des Beschwerdeführers an die ***Y*** GmbH vom mit folgendem Wortlaut vor: "die Zahlung des in der Ziffer III. des gegenständlichen Mietvertrages vereinbarten monatlichen Mietzinses in Höhe von umgerechnet 5.927,87 € zuzüglich der Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlich vorgeschriebenen Höhe sowie der einschlägigen Betriebskosten wurde bislang über mein bestehendes Verrechnungskonto abgewickelt. Diese Zahlungsweise wird von mir hiermit ausdrücklich untersagt. Die Bezahlung des derzeit rückständigen sowie des laufenden zukünftigen Mietzinses und der Betriebskosten kann ab sofort mit schuldbefreiender Wirkung nur noch auf mein Konto bei der ***Bank3*** AG, ***KtNr***, ***BLZ1***, erfolgen. Den aufgelaufenen Mietzinsrückstand und die entspr. Betriebskosten wollen Sie bitte bis spätestens - eingehend auf mein Konto - überweisen………"

§ 115 BAO lautet:
(1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Diese Verpflichtung wird durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt.
(2) Den Parteien ist Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
(3) Die Abgabenbehörden haben Angaben der Abgabepflichtigen und amtsbekannte Umstände auch zugunsten der Abgabepflichtigen zu prüfen und zu würdigen.
(4) Solange die Abgabenbehörde nicht entschieden hat, hat sie auch die nach Ablauf einer Frist vorgebrachten Angaben über tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse zu prüfen und zu würdigen.

Gemäß § 278 Abs 1 BAO kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.

§ 278 Abs. 1 BAO ist dann anwendbar, wenn Ermittlungen iSd § 115 Abs. 1 BAO unterlassen wurden. Ermittlungen iSd § 115 Abs. 1 BAO sind (auch) geboten, wenn Parteienvorbringen und Behördenfeststellungen widersprüchlich sind.

Daraus ergibt sich, dass zunächst die aufgezeigten Widersprüche aufzuklären sind. Es sind die Vertreter des Beschwerdeführers aufzufordern, die widersprüchlichen Aussagen in Zusammenhang mit einer allfälligen Mietvorauszahlung aufzuklären. Aus dem vorgelegten Schreiben vom geht hervor, dass der Beschwerdeführer selbst zunächst davon ausging, dass ihm monatliche Mietzahlungen zustehen würden. Daher wäre er selbst, wie es im Beschwerdeverfahren betreffend ***Y*** GmbH bereits beantragt wurde, oder einer seiner Vertreter, zu befragen, warum er zunächst (Schreiben vom ) davon ausging, dass ihm Mietzahlungen zustehen würden. Er wäre zu fragen, ab wann die ***Y*** GmbH die Zahlungen eingestellt hat. Dem Schreiben vom ist zu entnehmen, dass die behaupteten Mietvorauszahlungen zu Beginn der 2000er Jahre in Form von Ausbesserungen/Zahlungen in den Objekten ***Bf1***-Haus und ***Bf1***-Gewerbepark geleistet wurden und eine Mietvorauszahlung bis 2023 bedeuten würden. Daran schließt sich die Frage, warum der Beschwerdeführer im Jänner 2011 den Mietzins einfordert bzw. wie hoch zu diesem Zeitpunkt der behauptete Mietzinsrückstand war.
Selbst die beiden Vertreter des Beschwerdeführers sind sich uneins: Der rechtliche Vertreter geht im Schreiben vom davon aus, dass im Jahr 2009 nur noch ein Rest der Mietvorauszahlung iHv 53.298,46 € übrig gewesen sei, während der steuerliche Vertreter im Schreiben vom davon spricht, dass die Mietvorauszahlungen bis 2011 gereicht hätten.
Beim derzeitigen Stand des Verfahrens lässt sich nicht feststellen, ob im Jahr 2009 und danach aus steuerlicher Sicht tatsächlich noch Mietvorauszahlungen vorhanden waren. (Die Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates hat vom Betrag her nur einen Bruchteil der behaupteten Mietvorauszahlung betroffen.) Dieser Umstand wäre von der beschwerdeführenden Partei zweifelsfrei darzulegen. Ob dem Beschwerdeführer - wie vom Finanzamt angenommen - in den beschwerdegegenständlichen Jahren Mietzahlungen zugeflossen sind, kann beim derzeitigen Stand der Ermittlungen daher nicht festgestellt werden. Eine Klärung des Sachverhaltes wird nur in Zusammenhang mit dem Akt betreffend ***Y*** GmbH und einer Befragung der steuerlich Verantwortlichen möglich sein.

Erst durch weitere Erhebungen und den Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde wird der relevante Sachverhalt erhoben werden können. Es wird notwendig sein, Vertreter der ***Y*** GmbH und entweder den Beschwerdeführer selbst, wie es bereits im Verfahren betreffend ***Y*** GmbH beantragt worden ist, oder dessen Vertreter detailliert zu befragen,
welche Unterlagen vorgelegt werden können, die die behauptete Mietvorauszahlung belegen,
warum von diesen Mietvorauszahlungen im bisherigen Verfahren keine Rede war,
warum seitens der ***Y*** GmbH ein Mietaufwand verbucht wurde, wenn tatsächlich eine Mietvorauszahlung bestand,
ob der Beschwerdeführer im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Zugang auf die Konten der ***Y*** GmbH hatte bzw. diesen Zugang auch nutzte.
In diesem Zusammenhang sind auch sämtliche angesprochenen Unterlagen abzuverlangen.

Sollte sich bei Würdigung des noch zu erhebenden Sachverhaltes ergeben, dass für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum von der ***Y*** GmbH tatsächlich in einem davor liegenden Zeitraum Mietvorauszahlungen geleistet worden sind, würde dies bedeuten, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum kein Zufluss an Miete vorliegt (gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind). Dem Beschwerdeverfahren wäre dann in diesem Punkt stattzugeben.

Dies hätte zur Folge, dass keine neue Tatsache vorliegt (hinsichtlich Tz. 3 und 7 wurde bereits vom Finanzamt dargelegt, dass diese Feststellungen mangels Nachweises fallengelassen werden), die im Rahmen der Erstveranlagung der Einkommensteuer 2009 bzw. 2010 nicht bekannt war, und auch geeignet wäre, allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Den Bescheiden betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens Einkommensteuer 2009 und 2010 wäre stattzugeben und die Wiederaufnahmebescheide aufzuheben. Gemäß § 307 Abs. 3 BAO würde das Verfahren dann in die Lage zurücktreten, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat. Die neuen Sachbescheide (Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 vom ) würden ex lege aus dem Rechtsbestand ausscheiden und die alten Sachbescheide wiederaufleben (vgl. Brennsteiner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3 § 307 Rz 3 mit Verweis auf ).

Sollte sich bei Würdigung des noch zu erhebenden Sachverhaltes ergeben, dass für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum keine Mietvorauszahlungen geleistet wurden, ist zu berücksichtigen, dass ein gültiger Mietvertrag vorliegt (aus dem der Beschwerdeführer eine Forderung gegenüber der ***Y*** GmbH hat), im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ***GF*** und ***Schwester'BF*** laut Firmenbuch je 50 % der Anteile der ***Y*** GmbH besaßen, die sie treuhändig für den Beschwerdeführer hielten, der somit praktisch Alleineigentümer der ***Y*** GmbH war, und sich bislang keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass die ***Y*** GmbH nicht zahlungsfähig wäre.

Der Beschwerdeführer ermittelt seinen Gewinn vereinfacht durch die sog. "Einnahmen-Ausgaben-Rechnung" im Sinn des § 4 Abs. 3 EStG 1988. Bei der Ermittlung der Einkünfte in dieser Form kommt es grundsätzlich auf den Zu-und Abfluss an ().

Ein Betrag ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt des § 19 Abs. 1 EStG 1988 als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann (). Ein Betrag ist auch dann zugeflossen, wenn er dem Steuerpflichtigen lediglich gutgeschrieben wurde, vorausgesetzt er kann über den Betrag rechtlich und wirtschaftlich verfügen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 2012/15/0143, ausgesprochen, dass der Zufluss grundsätzlich anzunehmen ist, sobald die Forderung fällig ist, wenn der Abgabepflichtige Mehrheitsgesellschafter jener GmbH ist, die sein Schuldner ist, vorausgesetzt, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig ist. Diese Sicht gebietet der beherrschende Einfluss des Mehrheitsgesellschafters der GmbH. Die vom Verwaltungsgerichtshof angestellten Überlegungen zum Mehrheitsgesellschafter sind auch auf andere Konstellationen beherrschenden Einflusses übertragbar. Vor diesem Hintergrund ist der Verwaltungsgerichtshof in seiner bisherigen diesbezüglichen Rechtsprechung auch bereits von der Einbeziehung mittelbarer Beteiligungen zur Beurteilung eines beherrschenden Einflusses und damit einer tatsächlichen Verfügungsmacht eines Gesellschafters und Gläubigers ausgegangen (). Ob ein zuflussbegründender beherrschender Einfluss eines Gesellschafters und Gläubigers auf seine Gesellschaft vorliegt, ist letztlich eine Tatfrage, die die Abgabenbehörde in freier Beweiswürdigung festzustellen hat.

Festgestelltermaßen war der Beschwerdeführer im beschwerderelevanten Zeitraum alleiniger Gesellschafter der ***Y*** GmbH. Er hätte somit zum Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Mietzahlungen einen beherrschenden Einfluss auf die schuldnerische Gesellschaft im Sinne der vorgenannten Judikatur haben müssen. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang wiederholt einwendet, dass er tatsächlich keinen Einfluss auf die Gebarung der ***Y*** GmbH und die Geschäftsführerin ***GF*** das alleinige Sagen gehabt hätte, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Behauptung nur durch eine Einvernahme der ***GF*** zu verifizieren sein wird.

Die Organe des Finanzamtes können derart in Rede und Gegenrede und Würdigung vorgelegter Beweismittel unmittelbar den Sachverhalt ermitteln.

Zusammengefasst stellt sich heraus, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt erst vollständig erhoben werden muss, die aufgezeigten Widersprüche geklärt werden müssen und dazu auch eine Befassung der belangten Behörde mit dem bisherigen Vorbringen des Beschwerdeführers, das größtenteils erst im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vorgebracht wurde, erforderlich ist. Es wurden seitens der belangten Behörde jedenfalls (erforderliche) Ermittlungen im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO unterlassen, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Der Tatbestand des § 278 Abs. 1 BAO ist daher grundsätzlich erfüllt.

Auch wenn die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben (vgl. ), erweist sich im gegenständlichen Fall im Hinblick auf die nicht entscheidungsreife Vorlage und den Umfang der noch durchzuführenden Ermittlungen die Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt als zweckmäßig. Es ist nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, anstatt seine Kontrollbefugnis wahrzunehmen, erstmals den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen. Gegenständlich kommt noch hinzu, dass die ergänzenden Sachverhaltsfeststellungen nicht nur beim Beschwerdeführer sondern auch bei der Firma ***Y*** GmbH durchzuführen sind.

Die Aufhebung unter Zurückverweisung nach § 278 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen (Ritz, BAO6 § 278 Rz 4; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 278 Anm 2c; ). Die Ermessensübung (§ 20 BAO) ist zu begründen (; , 2007/15/0016).

Wie dargestellt, fehlt es an grundlegenden Feststellungen der Abgabenbehörde zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts. Ein Unterbleiben einer Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde würde auf ein erstmaliges Feststellen des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Sachverhalts (erst) auf Ebene des Bundesfinanzgerichts führen und damit dem Gericht eine Funktion zuordnen, die diesem nicht zukommt.

Es würden die Anordnungen des Gesetzgebers (über ein zweitinstanzliches Verfahren) unterlaufen, wenn es wegen des Unterbleibens eines Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung nahezu des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es wäre nicht im Sinn des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre (umfassende) Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht (vgl. ).

Erst durch weitere Erhebungen und den Kontakt zwischen dem Beschwerdeführer, der belangten Behörde und einem Vertreter der ***Y*** GmbH wird der relevante Sachverhalt erhoben werden können. Infolge der - oft auch zu verlängernden - Beantwortungsfristen und immer wieder erforderlichen Einarbeitungsphasen für alle Beteiligten sind derartige Ermittlungen erfahrungsgemäß sehr zeit-, arbeits- und kostenaufwendig. Auch dem Beschwerdeführer entstehen durch ein weitgehend schriftliches Verfahren (Vorhaltsbeantwortungen, Stellungnahmen, etc) Zeitaufwand und Kosten. Im Vergleich zu einem gerichtlichen Verfahren, das zunächst allfällige Stellungnahmen und Erhebungsergebnisse den Parteien wechselseitig mit entsprechendem Fristenlauf zur Gegenäußerung zur Kenntnis zu bringen hätte, erweist sich daher eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Sache als kosten- und zeitsparender. Es ist daher auch aus Gründen der Verfahrensökonomie zulässig, gemäß § 278 Abs. 1 BAO vorzugehen und die (erstmalige) Ermittlung des vollständigen relevanten Sachverhalts sicherzustellen. Die belangte Behörde ist gemäß § 278 Abs. 3 im weiteren Verfahren an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden.

Auch wenn die Abgabenbehörde am Fehlen der Ermittlungen keinerlei Verschulden trifft, weil ihr Unterlagen im vorangegangenen Verfahren vorenthalten und erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden, so ist es im Sinne einer objektiven Sachverhaltsermittlung unerlässlich, die diesbezüglichen Ermittlungen nunmehr anzustellen. Die Unterlassung der Ermittlungen stellt sich daher zweifelsohne als "wesentlich" dar.

Aus den dargelegten Gründen werden die angefochtenen Bescheide vom und die Beschwerdevorentscheidungen vom 30. und betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010 sowie betreffend Einkommensteuer 2009 und 2010 gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.

Gemäß § 209a Abs. 5 BAO steht im Fall der Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache (§ 278 BAO) die Verjährung nicht der (neuerlichen) Abgabenfestsetzung entgegen, wenn der Bescheid binnen eines Jahres ab Bekanntgabe des aufhebenden Beschlusses ergeht.

Der Beschwerdeführer hat die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Da eine Aufhebung nach § 278 Abs. 1 BAO erfolgte, konnte von einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 Abs. 3 Z 3 iVm § 274 Abs. 5 BAO abgesehen werden. Wie bereits ausführlich dargelegt wurde, ist die notwendige Ermittlung des Sachverhaltes durch das Finanzamt für die Parteien weniger zeitaufwendig, kostengünstiger und somit im Sinne der Verfahrensökonomie.

2. Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Fall der Zurückverweisung an die Abgabenbehörde ist nur zu prüfen, ob das Ermessen des § 278 Abs. 1 BAO richtig geübt worden ist. Dabei handelt es sich jedoch um die Beurteilung der Plausibilität der Begründung und somit um eine Sach- und keine Rechtsfrage. Die Beantwortung dieser Frage ist einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 115 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100634.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at