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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.07.2023, RV/1100144/2023

Familienbeihilfenbezug im Zeitraum zwischen zwei Berufsausbildungen?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***

in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,

betreffend den Bescheid des ***FA*** vom

hinsichtlich Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***1*** für den Zeitraum Juli 2022 bis September 2022,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der in Streit stehende Rückforderungsbescheid enthält die Begründung, dass ***1***, die Tochter des Beschwerdeführers, ihr Bachelorstudium im Juni 2022 erfolgreich abgeschlossen habe. Es sei im Wintersemester 2022/23 kein Masterstudium begonnen worden, daher müsse die Familienbeihilfe für die Monate Juli bis September 2022 zurückgefordert werden. Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe mit dem Neubeginn einer weiteren Berufsausbildung ab Oktober.

In seiner dagegen eingebrachten Beschwerde erläuterte der Beschwerdeführer: Es sei ihm seitens des Finanzamtes mitgeteilt worden, die Rückforderung beruhe darauf, dass seine Tochter nach Abschluss des Bachelor- nicht unverzüglich das Masterstudium begonnen habe. Vielmehr sei die von ihr gewählte Ausbildung zur akademischen Expertin in der ***2*** eine neue Ausbildung. Für die Zeit zwischen der beendeten Ausbildung und dem Beginn der neuen Ausbildung müsse die Familienbeihilfe zurückgefordert werden.

Er verwies auf die Homepage der FHG ***3*** (www.fhg-bundesland.ac.at), wonach für das Masterstudium "***4***" folgende Zugangsvoraussetzungen bestünden: Eine abgeschlossene Ausbildung im gehobenen Dienst der ***5*** (etwa FH-Bachelor-Studiengang ***5***), die Hochschulreife bzw. deren Äquivalent, drei Jahre Berufspraxis im gehobenen Dienst der ***5*** sowie der Abschluss eines akademischen Lehrgangs mit mindestens 60 ECTS, z.B. ***2***.

Aus diesen Zugangsvoraussetzungen gehe klar hervor, dass nach Abschluss des Bachelorstudiums ***5*** der Abschluss eines akademischen Lehrgangs, wie der von seiner Tochter gewählte Lehrgang ***2*** sowie eine mindestens dreijährige Berufspraxis im gehobenen Dienst, Voraussetzung für den Start des Masterstudiums "***4***" seien.

Der von seiner Tochter gewählte akademische Lehrgang sei daher ein erster Schritt in Richtung Masterstudium.

Es erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, in der ausgeführt wurde: Im Streitfall handle es sich bei dem im Oktober 2022 begonnenen akademischen Lehrgang ***2*** um eine eigenständige, vom Vorstadium losgelöste Ausbildung, nicht aber um ein an das Vorstudium unmittelbar anschließendes, aufbauendes Master- oder Doktoratsstudium.

Die Gewährung von Familienbeihilfe für den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und einer weiteren Berufsausbildung, d. h., zwischen Ablegung der Matura und einer frühestmöglich begonnenen weiteren Berufsausbildung (etwa Studium) könne nur einmal im Laufe der verschiedenen Phasen der Berufsausbildung eines Kindes gewährt werden. Gegenständlich würde sich der Familienbeihilfenanspruch daher nicht auf die Bestimmung gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 gründen, sondern auf den Umstand, dass es sich bei einem Bachelor- und unmittelbar daran anschließenden Masterstudium um einzelne Ausbildungsstufen einer gleichbleibenden Berufsbildung handle. Es liege vielmehr eine Unterbrechung durch eine anderweitige Ausbildung vor und es bestehe für den Zeitraum Juli 2022 bis September 2022 kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Der Beschwerdeführer brachte daraufhin einen Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein, in welchem er im Wesentlichen das schon bisher Vorgebrachte wiederholte. Er betonte, aus den genannten Zulassungsvoraussetzungen könne ersehen werden, dass ein unmittelbar an den Bachelorstudiengang seiner Tochter anschließendes, aufbauendes Masterstudium nicht möglich sei, da zumindest noch zwei der erwähnten weiteren Voraussetzungen erfüllt werden müssten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

  1. ***1***, die Tochter des Beschwerdeführers, ist am ***6*** geboren.

  2. Sie beendete am ***7*** mit Ablegung der Bachelorprüfung den Bachelorstudiengang ***5*** an der Fachhochschule ***8***.

  3. Im Oktober 2022 begann sie ihre Spezialisierungsausbildung "***2***" am ***9***.

  4. Ein akademischer Lehrgang wie der zuletzt genannte zählt zu den Zugangsvoraussetzungen für das Masterstudium "***4***".

Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf unstrittigem Akteninhalt.

2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Würdigung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der mit in Kraft getretenen Fassung BGBl I 2021/220 steht für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben … für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung Familienbeihilfe zu; im Anschluss daran für volljährige Kinder die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben … bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Strittig ist: Erfolgte die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ***1*** für den Zeitraum Juli 2022 bis September 2022 zu Recht?

Der Gesetzgeber versteht unter dem "Abschluss der Schulausbildung" insbesondere eine Schulausbildung, die mit Matura abgeschlossen wird. Somit ist die Schulausbildung - verstanden als engerer Begriff einer Berufsausbildung - jedenfalls auch eine Berufsausbildung, während nicht jede Berufsausbildung als Schulausbildung angesehen werden kann, wie z.B. ein Studium. Daher steht im Zeitraum zwischen dem Abschluss einer Berufsausbildung, die keine Schulausbildung ist, und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung jedenfalls keine Familienbeihilfe zu (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 118).

Die Absolvierung eines Bachelorstudiums oder eines Fachhochschul-Bachelorstudienganges verwirklicht den Abschluss einer Berufsausbildung.

Der gegenständlich zu beurteilende Zeitraum liegt zwischen zwei Berufsausbildungen - ***1*** hat mit der Absolvierung des Bachelorstudiums eine Berufsausbildung abgeschlossen und mit dem akademischen Lehrgang ***2*** eine weitere Berufsausbildung begonnen. Unerheblich ist hierbei, dass der akademische Lehrgang die Vorstufe für ein Masterstudium darstellen kann. Auch wenn das Masterstudium schon im Oktober 2022 begonnen hätte werden können, wäre der Beurteilungszeitraum ein solcher zwischen zwei Berufsausbildungen (1. Bachelorstudium, 2. Masterstudium), wie er iSd § 2 Abs. 1 lit. d nicht zu einem Familienbeihilfenbezug berechtigt.

Beide Tatbestände des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 treffen nämlich auf den Streitfall nicht zu (A.… "für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung"; B.… "bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird"), da, wie schon oben ausgeführt, ein (Fachhochschul-) Studium keine Schulausbildung, wohl aber eine Schulausbildung im weiteren Sinn eine Berufsausbildung ist.

Tatbestand A stellt offenbar auf die Zeit zwischen Matura und weiterer Berufsausbildung ab, während Tatbestand B wohl dann Anwendung findet, wenn der Abstand bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung - etwa weil die Matura nicht zum Haupttermin bestanden wird - ein längerer ist (vgl. dazu Lenneis aaO, § 2 Rz 119 zu § 2 idF BGBl. I Nr. 28/2020).

Die zum Familienbeihilfenbezug berechtigenden Lücken im Ausbildungsverlauf volljähriger Kinder gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 knüpfen nach allem Ausgeführten gemäß § 2 Absatz 1 lit. d FLAG 1967 unmittelbar an den Abschluss der Schulausbildung an.

Ab der Aufnahme einer weiteren Berufsausbildung bzw. eines Masterstudiums steht - solange sich das Kind im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 noch unter der Altersgrenze von 24 Jahren befindet - die mit einem Bachelorstudium bereits abgeschlossene Berufsausbildung einem Familienbeihilfenbezug nicht entgegen (vgl. mit Hinweisen auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung) - dies trifft für ***1*** ab Oktober 2022 zu.

Zu bemerken ist, dass die Begründungen des angefochtenen Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung unzutreffend sind, soweit sie den Eindruck vermitteln, ein unmittelbar im Oktober 2022 begonnenes Masterstudium würde für den Streitzeitraum zum Bezug der Familienbeihilfe berechtigen (vgl. ).

Die Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 26 FLAG 1967 ist eine rein objektive. Allfällige subjektive Momente, wie etwa die Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rz 12-13 mit Hinweisen auf die VwGH-Judikatur).

Insgesamt war daher wie im Spruch zu entscheiden.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Qualifikation eines Bachelorstudiums oder -studienganges als abgeschlossene Berufsausbildung wird beispielhaft auf , hingewiesen. Darüber hinaus stellt die gesetzliche Regelung gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in klarer Weise auf die Zeit zwischen "Schulausbildung" und "weiterer Berufsausbildung" ab.

Feldkirch, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at