Unzulässigkeit eines zusammengefassten Kapitalertragsteuerbescheids über mehrere Jahre (ohne betragsmäßig getrenntem Ausweis der Bemessungsgrundlage und der Abgabe für die jeweiligen Zeiträume)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Metzler & Partner Steuer- und Wirtschaftsberatung GmbH, Dorf Rieden 7, 6900 Bregenz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom , Steuernummer ***BFStNr***, betreffend Kapitalertragsteuer 2010 bis 2012 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Bisheriger Verfahrensgang
Im Zuge einer Betriebsprüfung bei der ***1*** GmbH wurden vom damals zuständigen Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr verdeckte Ausschüttungen an den Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) in Zusammenhang mit Zahlungen in Höhe von insgesamt € 150.000, die im Jahr 2010 nicht als Darlehen an den Bf. anerkannt, sondern als Betriebseinnahme der ***1*** GmbH gewertet wurden, mit nicht als Betriebsausgaben anerkannten Verkehrstrafen in den Jahren 2011 und 2012 und mit einem als nicht fremdüblich eingestuften "Know-how-Überlassungsvertrag" aus dem Jahr 2012 zwischen der ***1*** GmbH und der ***2***, deren Alleingesellschafter ebenfalls der Bf. war, festgestellt.
Nach Abschluss der Betriebsprüfung bei der ***1*** GmbH wurde dem Bf. als deren Gesellschafter am ein Bescheid vom mit folgendem Spruch zugestellt:
"Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum: 2010 - 2012
Gemäß § 93 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) steuerpflichtige Kapitalerträge für den oben angeführten Zeitraum: 360.340,30 Euro. Die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% wird gem. § 95 Abs. 4 EStG 1988 festgesetzt mit 90.085,08 Euro. Der Abgabenbetrag war bereits fällig."
Begründet wurde der Bescheid damit, dass gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge Schuldner der Kapitalertragsteuer sei, die Kapitalertragsteuer von dem gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 zum Abzug Verpflichteten einzubehalten sei, nach § 95 Abs. 4 EStG 1988 die Kapitalertragsteuer aber ausnahmsweise dem Empfänger der Kapitalerträge direkt vorzuschreiben sei, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt habe und die Haftung nach Abs. 1 nicht oder nur erschwert durchsetzbar wäre oder der Empfänger wisse, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt habe und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteile. Zur Begründung wurde auch auf die Niederschrift bzw. den Bericht zur Außenprüfung vom verwiesen und ergänzt, dass die Haftung gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 nicht oder nur erschwert durchsetzbar erscheine, weil die Geschäftsanteile in der Zwischenzeit verkauft worden seien.
Am wurde fristgerecht Beschwerde gegen den o.a. Bescheid erhoben und beantragt keine Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 Abs. 2 BAO zu erlassen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid abzuändern. Es wurde sowohl Rechtswidrigkeit des Bescheids in Folge der Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides moniert und dies jeweils ausführlich begründet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Im Vorlageantrag vom wurden Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Aufhebung des Bescheids über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die Zeiträume 2010 bis 2012 und in eventu, sollte die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 2010 bis 2012 zu recht festgesetzt werden, auf Unterlassung der Direktvorschreibung gestellt.
Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Am wurde der Vertreter der belangten Behörde darauf hingewiesen, dass im bekämpften "Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für 2010 - 2012" die steuerpflichtigen Kapitalerträge für den gesamten angeführten Zeitraum mit € 360.340,30 angegeben und die Kapitalertragsteuer mit € 90.085,08 festgesetzt wurden, ohne dass eine Aufgliederung der Abgaben und Bemessungsgrundlagen nach Jahren erfolgt ist, und dass aufgrund der Gesetzeslage (§ 198 Abs. 2 BAO, § 201 Abs. 4 BAO) und der Judikatur, wonach kombinierte Bescheide (Sammelbescheide) zwar zulässig sind (vgl. ; ), die essentiellen Spruchbestandteile aber für sich gesondert anzuführen sind (vgl. , 0059; ; ; , ), beabsichtigt ist, den Bescheid aufzuheben und wurde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Am nahm der Behördenvertreter dazu wie folgt Stellung:
"Nach § 95 Abs 1 EStG haftet der Abzugsverpflichtete für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. In Ausnahmefällen normiert § 95 Abs 4 EStG die Direktvorschreibung der Kapitalertragsteuer an den Empfänger der Kapitalerträge (Steuerschuldner).
Die Kapitalertragsteuer ist daher grundsätzlich als Abfuhrabgabe konzipiert und wird im Haftungswege nach §§ 202 iVm 224 BAO vorgeschrieben. Eine Anwendung des § 201 BAO (Festsetzung Selbstberechnungsabgabe) scheidet folglich aus, weil der Abfuhrverpflichtete (§ 95/1 EStG: Abzugsverpflichtete) und nicht der Abgabenpflichtige (§ 95/4 EStG: Empfänger der Kapitalerträge) zur Berechnung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer verpflichtet ist.
Auf diese Fallkonstellation bezieht sich die von Ihnen zitierte BFG-Judikatur (, ).
Im gegenständlichen Fall wurde jedoch die Kapitalertragsteuer dem Steuerschuldner mittels Abgabenbescheid nach § 95 Abs 4 EStG iVm § 198 BAO direkt vorgeschrieben. Es haben daher - wie von Ihnen ebenfalls zitiert - gem. § 198 Abs 2 BAO die Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich nicht um eine Jahresabgabe, sondern um eine Abzugssteuer, die in einem Einzelbesteuerungsverfahren für jeden einem Gesellschafter zugewendeten Vorteil getrennt abzuführen ist ().
Zur Bemessungsgrundlage und damit zum Bescheidspruch gehört ggf auch die Anführung des Zeitraums oder des Zeitpunktes, für den oder auf den bezogen die Abgabe festgesetzt wird (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 198 Rz 14 (Stand , rdb.at))
Die Angabe des Zeitraums 2010 bis 2012 im KESt-Bescheid ist nicht zu beziehen auf bestimmte Veranlagungsjahre, sondern begrenzt die jeweiligen einzelnen KESt-pflichtigen verdeckten Gewinnausschüttungsvorgänge zwischen 2010 bis 2012. Diese sind ebenso wie die Daten des Zahlungsflusses der vGA im BP-Bericht vom enthalten.
Auf den BP-Bericht darf nach stRsp in der Begründung verwiesen werden, wodurch die dort aufgeschlüsselten einzelnen KESt-pflichtigen verdeckten Gewinnausschüttungsvorgänge Teil des Spruches wurden.
Vergleiche hiezu Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3 § 93 Rz 14 BAO (Stand , rdb.at):
Es ist nicht rechtswidrig, in der Begründung eines Bescheids auf die der Partei zugegangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen. So ist auch ein Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht zulässig ().
Dass Verweise auf andere Urkunden grundsätzlich zulässig sind und diese einen Spruchbestandteil bilden können zeigt auch der Fall, dass bei Verweis auf eine Lastschriftanzeige (Buchungsmitteilung) der dort genannte Tag als Fälligkeitstag des Bescheidspruches gilt (vgl Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 198 Rz 10 (Stand , rdb.at)).
In Bezug auf den Eintritt der Fälligkeit vor Abgabenfestsetzung darf nach § 198 Abs 2 S 3 BAO im Spruch [auf] diesen Umstand hingewiesen werden. Dadurch erübrigt sich eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit. Im konkreten Fall hängt die Fälligkeit nach § 96 EStG vom Datum des Zahlungsflusses ab, welcher bereits deutlich vor Bescheiderlassung erfolgte.
Aus Sicht der Abgabenbehörde ist der KESt-Bescheid vom rechtskonform und dessen Aufhebung durch das BFG daher nicht geboten."
Dazu nahm die steuerliche Vertretung des Bf. mit Schreiben vom wie folgt Stellung:
"Wir sind der gleichen Ansicht wie das Bundesfinanzgericht und gehen davon aus, dass der Bescheid aufzuheben ist.
Zusätzlich zu den vom Bundesfinanzgericht vorgebrachten Argumenten, der Rechtsprechung und Literatur, weisen wir zudem auf die folgende Rechtsprechung im Detail, aus der hervorgeht, dass unabhängig ob es sich um einen Haftungs- oder Abgabenbescheid handelt, die Steuer und die jeweiligen Bemessungsgrundlagen für die jeweiligen Zeiträume betragsmäßig getrennt auszuweisen sind.
In nimmt das BFG auf § 202 Abs 1 BAO Bezug und führt Folgendes aus:
,Bei der Kapitalertragsteuer handelt es sich nicht um eine Jahresabgabe, sondern um eine Abzugssteuer, die in einem Einzelbesteuerungsverfahren für jeden einzelnen einem Gesellschafter zugewendeten Vorteil getrennt abzuführen ist (vgl. ).
Gemäß § 202 Abs 1 iVm § 201 Abs 4 BAO kann der Abfuhrpflichtige zur Haftung für sämtliche in einem Kalenderjahr in Abzug zu bringenden Kapitalertragsteuerbeträge in einem Bescheid herangezogen werden. In solch einem Haftungsbescheid hinsichtlich eines Jahres kann daher gegebenenfalls die Geltendmachung der Haftung für mehrere Ausschüttungsvorgänge eines Jahres zusammengefasst werden. Es ist jedoch nicht zulässig, die Haftung für in mehreren Jahren entstandene Abgabenansprüche in einem einzigen Bescheid geltend zu machen.'
Aus diesem BFG-Urteil ergibt sich, dass maximal eine Zusammenfassung hinsichtlich eines Jahres erfolgen kann, nicht jedoch für mehrere Jahre.
In dem vom Behördenvertreter zitierten BGF-Urteil vom , RV/4100058/2012 führt der BFG nach dem zitierten Absatz Folgendes aus:
,Die zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben innerhalb derselben Abgabenart darf nach § 201 Abs. 4 BAO nur für ein Kalenderjahr erfolgen (vgl. ).
Nach Ansicht des BFG ist der Umstand, dass die Kapitalertragsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 untrennbar in einer Summe ausgewiesen wurde, ein nicht korrigierbarer Fehler.'
Dies hat sowohl für den Haftungs- als auch für den Abgabenbescheid Geltung, da im zitierten Urteil das BFG bemängelt hat, dass aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervorgehe, ob es sich um einen Haftungs- oder Abgabenbescheid handelt.
Der führt zu den Abgabebescheiden Folgendes aus:
,Es trifft zwar zu, dass Abgabenbescheide im Wege von Sammelbescheiden erlassen werden können. Dabei sind aber die essenziellen Spruchbestandteile für sich gesondert anzuführen, da jede der kombiniert vorgenommenen Festsetzungen für sich anfechtbar ist (vgl insbesondere das hg Erkenntnis vom , ZI 99/16/0027). Setzt sich die Erfüllung eines abgabenrechtlichen Tatbestandes wie bei der Getränkesteuer aus einer Vielzahl einzelner Sachverhalte (hier: jedenfalls der einzelnen Lieferungen) zusammen, ist die Abgabe also zeitraumbezogen, so ist zur unterscheidbaren Bezeichnung von "Art und Höhe" der Abgabe jedenfalls auch die Angabe des Zeitraumes erforderlich, für die sie vorgeschrieben wird. Die Getränkesteuer iSd Wiener Getränkesteuergesetzes erscheint dabei als Jahresabgabe normiert (arg.: "die im Vorjahr entstandene Steuerschuld" im § 7 Abs 1 dieses Gesetzes). Die belangte Behörde hat somit schon dadurch, dass sie im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht angeführt hat, für welches Jahr welcher Steuerbetrag vorgeschrieben wird, sondern für einen mehrjährigen Zeitraum einen Steuerbetrag in einer einzigen Summe ausgewiesen hat, das Gesetz verletzt (vgl in diesem Sinne auch das hg Erkenntnis vom , ZI 99/16/0467). Entgegen der in der Gegenschrift von der belangten Behörde vertretenen Meinung kann der Umstand, dass die Steuerbeträge im Berufungsverfahren für die einzelnen Jahre aufgegliedert bekanntgegeben worden seien, nichts daran ändern, dass der angefochtene Bescheid die essenziellen Spruchbestandteile nicht aufweist. Überdies wurden in dem in Rede stehenden Vorhalt nur die Steuerbeträge 1995 - 1997, also nicht über den ganzen Streitzeitraum, angeführt.'
Auch für Abgabenbescheide gilt daher, dass die Steuer und die jeweiligen Bemessungsgrundlagen für die jeweiligen Zeiträume betragsmäßig getrennt auszuweisen sind.
Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird zurückgezogen."
II. Über die Beschwerde wurde erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Bescheid vom wurde dem Bf. in Zusammenhang mit verdeckten Ausschüttungen durch die ***1*** GmbH, deren Alleingesellschafter er bis war, Kapitalertragsteuer für 2010 bis 2012 vorgeschrieben.
Im bekämpften "Bescheid über die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für 2010 - 2012" wurden die gemäß § 93 EStG 1988 steuerpflichtigen Kapitalerträge für den angeführten Zeitraum mit € 360.340,30 angegeben und die Kapitalertragsteuer gem. § 95 Abs. 4 EStG 1988 mit € 90.085,08 festgesetzt, ohne dass eine Aufgliederung der Abgaben und Bemessungsgrundlagen nach Jahren erfolgt ist.
In der Begründung des Bescheids wurde auf die Niederschrift und den Bericht zur Außenprüfung verwiesen.
Hinsichtlich der "Starthilfe" in Höhe von insgesamt € 150.000 wurde im Betriebsprüfungsbericht ausgeführt, dass der Zufluss auf das Privatkonto des Gesellschafters ***Bf*** (: € 100.000; : € 50.000) eine verdeckte Ausschüttung darstelle.
Betreffend die nicht als Betriebsausgaben anerkannten Verkehrstrafen ist dem Betriebsprüfungsbericht jeweils das Buchungsdatum zu entnehmen. Es wurde zwar hinsichtlich der beiden im Jahr 2012 übernommenen Strafen in der tabellarischen Aufstellung und anstatt und angegeben, dabei handelt es sich aber offensichtlich nur um ein Versehen.
Aus dem Betriebsprüfungsbericht ist hinsichtlich des als nicht fremdüblich eingestuften "Know-how-Überlassungsvertrags" das Datum des Vertragsabschlusses () und der Übertragungszeitpunkt der Daten () ersichtlich. Im Bericht nicht angegeben wurde jedoch der Zuflusszeitpunkt. Dieser ergibt sich ebenso wenig aus der Niederschrift bzw. dem Besprechungsprogramm.
2. Beweiswürdigung
Diese Feststellungen ergeben sich unzweifelhaft aus dem vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
§ 93 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 52/2009 lautet auszugsweise:
(1) Bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).
(2) Inländische Kapitalerträge liegen vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts ist und es sich um folgende Kapitalerträge handelt:
1. a) Gewinnanteile (Dividenden), Zinsen und sonstige Bezüge aus Aktien, Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung.
[…]
§ 93 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 lautet auszugsweise:
(1) Bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben (Kapitalertragsteuer). Dies gilt nicht für die in § 27a Abs. 2 genannten Einkünfte.
(2) Inländische Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen vor:
1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital (§ 27 Abs. 2), wenn sich die auszahlende Stelle (§ 95 Abs. 2 Z 1 lit. b) im Inland befindet. […]
Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten.
Zum Abzug der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 95 Abs. 3 Z. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge verpflichtet.
Der zum Abzug Verpflichtete hat gemäß § 95 Abs. 4 Z 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer bei anderen Kapitalerträgen nach Maßgabe des § 19 als zugeflossen.
Dem Empfänger der Kapitalerträge gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. Der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder
2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
§ 95 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 lautet auszugsweise:
(1) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Der Abzugsverpflichtete (Abs. 2) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. […]
(2) Abzugsverpflichteter ist:
1. Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital […]:
a) Der Schuldner der Kapitalerträge, wenn dieser Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder inländische Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstituts ist und es sich um Einkünfte aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1, § 27 Abs. 5 Z 7 oder Zinsen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten und aus sonstigen Forderungen gegenüber Kreditinstituten handelt.
b) die auszahlende Stelle in allen anderen Fällen. […]
(3) Der Abzugsverpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Kapitalerträge gelten für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer als zugeflossen:
1. Bei Kapitalerträgen, deren Ausschüttung von einer Körperschaft oder deren Zuwendung durch eine nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallende Privatstiftung beschlossen wird, an jenem Tag, der im Beschluss als Tag der Auszahlung bestimmt ist. Wird im Beschluss kein Tag der Auszahlung bestimmt, gilt der Tag nach der Beschlussfassung als Zeitpunkt des Zufließens.
2. Bei anderen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital
- nach Maßgabe des § 19, wenn es sich um Zinserträge aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten oder nicht unter Z 1 fallende sonstige Bezüge im Sinne des § 27 Abs. 2 Z 1 lit. a [Anm.: Gewinnanteile (Dividenden) und sonstige Bezüge aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung] handelt,
- im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge bei allen sonstigen Kapitalerträgen aus der Überlassung von Kapital. [...]
(4) Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn
1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder
2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.
§ 96 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 9/2010 normiert:
(1) Die Kapitalertragsteuer ist innerhalb folgender Zeiträume abzuführen:
1. Bei Kapitalerträgen gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 und 2 hat der zum Abzug Verpflichtete (§ 95 Abs. 3) die einbehaltenen Steuerbeträge abzüglich gutgeschriebener Beträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen, und zwar auch dann, wenn der Gläubiger die Einforderung des Kapitalertrages (zum Beispiel die Einlösung der Gewinnanteilscheine) unterlässt.
[…]
(3) Der zum Abzug Verpflichtete hat innerhalb der im Abs. 1 festgesetzten Frist dem Finanzamt eine Anmeldung nach dem amtlichen Vordruck einzureichen. […]
§ 96 Abs. 1 Z. 1 a und Abs. 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 111/2010 lauten:
(1) Die Kapitalertragsteuer ist innerhalb folgender Zeiträume abzuführen:
1. a) Bei Einkünften aus der Überlassung von Kapital gemäß § 27 Abs. 2 Z 1 und § 27 Abs. 5 Z 7 hat der Abzugsverpflichtete (§ 95 Abs. 2) die einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Kapitalertragsteuer" binnen einer Woche nach dem Zufließen der Kapitalerträge abzuführen, und zwar auch dann, wenn der Gläubiger die Einforderung des Kapitalertrages (zum Beispiel die Einlösung der Gewinnanteilscheine) unterlässt.
(3) Der Abzugsverpflichtete hat innerhalb der im Abs. 1 festgesetzten Frist dem Finanzamt eine Anmeldung nach dem amtlichen Vordruck einzureichen.
§ 198 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) normiert:
Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeiten entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.
§ 201 BAO lautet auszugsweise:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
Gemäß § 202 Abs. 1 BAO gilt § 201 sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.
§ 201 regelt Abgaben, hinsichtlich welcher die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung anordnen oder dies gestatten. Sowohl §§ 93, 95, 96 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2011 als auch davor sehen die Einbehaltung, Abfuhr und Anmeldung der Kapitalertragsteuer durch den Schuldner der Kapitalerträge ohne Festsetzung durch die Abgabenbehörde vor. Unabhängig davon, ob der Schuldner der Kapitalerträge - als Haftungspflichtiger - die Kapitalertragsteuer wie vorgesehen an das zuständige Finanzamt abführt oder nicht, ordnen somit die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung der Kapitalertragsteuer an, sodass die Regelungen des § 201 BAO (gemäß § 202 BAO sinngemäß) anwendbar sind und § 201 Abs. 4 BAO die zusammengefasste Festsetzung mehrerer Abgaben innerhalb derselben Abgabenart in einem Bescheid ermöglicht. Die zusammengefasste Festsetzung ist allerdings nur hinsichtlich Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) zulässig.
Dem Behördenvertreter ist selbstverständlich zuzustimmen, wenn er in seiner Stellungnahme darauf hinweist, dass es sich bei der Kapitalertragsteuer nicht um eine Jahresabgabe, sondern, um eine Abzugssteuer handelt, die in einem Einzelbesteuerungsverfahren für jeden einem Gesellschafter zugewendeten Vorteil getrennt abzuführen ist. Das ändert aber nichts daran, dass eine zusammengefasste Festsetzung durch die Abgabenbehörde hinsichtlich mehrerer Abgaben innerhalb derselben Abgabenart desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) zulässig ist. Wäre § 201 Abs. 4 BAO - wie vom Behördenvertreter angenommen - nicht anwendbar, wäre die Steuer für jeden zugewendeten Vorteil getrennt festzusetzen.
Im bekämpften Bescheid wurden die Kapitalerträge und die Kapitalertragsteuer für 2010 - 2012 jeweils nur in einem Betrag angegeben. Eine Aufgliederung der Abgaben und Bemessungsgrundlagen nach Jahren ist nicht erfolgt. Von der Behörde wurde somit Kapitalertragsteuer für in drei Kalenderjahren zugeflossene Kapitalerträge in einem Bescheid zusammengefasst, was nach § 201 Abs. 4 BAO nicht zulässig ist.
§ 201 Abs. 4 BAO schließt aber die Kombination isoliert rechtskräftiger Bescheide in einem Sammelbescheid nicht aus (vgl. ).
Kombinierte Bescheide (Sammelbescheide) sind zulässig; darunter versteht man die formularmäßige Zusammenfassung mehrerer (isoliert rechtskraftfähiger) Bescheide. Das gilt auch für Abgabenbescheide (vgl. ; ). Dabei sind die essentiellen Spruchbestandteile für sich gesondert anzuführen (vgl. , 0059), da jede der kombiniert vorgenommenen Festsetzungen für sich anfechtbar ist (). Die essentiellen Spruchbestandteile sind gemäß § 198 Abs. 2 BAO die Art und Höhe der Abgaben, der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen).
Da im vorliegenden Fall die Steuer einschließlich der jeweiligen Bemessungsgrundlage für die jeweiligen Zeiträume nicht betragsmäßig getrennt ausgewiesen wurde, liegt kein dem VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2020/13/0012 zugrundeliegenden Fall, in welchem die Abgabenbehörde im Bescheid die Kommunalsteuer (einschließlich der jeweiligen Bemessungsgrundlage) für die Zeiträume 2012, 2013 und 2014 betragsmäßig getrennt ausgewiesen und damit gesondert festgesetzt hat, vergleichbarer Fall eines zulässigen Sammelbescheids vor.
Der Behördenvertreter brachte in der Stellungnahme vom vor: "Auf den BP-Bericht darf nach stRsp in der Begründung verwiesen werden, wodurch die dort aufgeschlüsselten einzelnen KESt-pflichtigen verdeckten Gewinnausschüttungsvorgänge Teil des Spruches wurden." Selbstverständlich darf in der Begründung auf einen Betriebsprüfungsbericht verwiesen werden, dadurch wird dieser aber Teil der Begründung und nicht des Spruchs. Auch ein Verweis auf andere der Partei zugegangenen Schriftstücke im Spruch ist - wie vom Behördenvertreter zutreffend angeführt - möglich. In einem solchen Fall erfolgt der Verweis aber im Spruch und nicht in wie im vorliegenden Fall "nur" in der Begründung. Damit wurden die Ausführungen zwar Teil der Begründung nicht aber Teil des Spruchs.
Es stellt keine Rechtswidrigkeit dar, wenn einzelne Spruchelemente, wie etwa die Bemessungsgrundlagen einer im Spruch festgesetzten Abgabe, erst in der Bescheidbegründung aufscheinen. Entscheidend ist nur, dass der Spruch eines Bescheides aus dem gesamten Bescheidinhalt klar hervorgeht, und dass die Bescheidbegründung eine Überprüfung des Spruchinhaltes ermöglicht. Nimmt der Spruch des Bescheides ausdrücklich auf die in der Bescheidbegründung angeführten Abgabenbemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben Bezug und erklärt er diese zu seinem Bestandteil, so ist hinreichend klargestellt, welche von welcher Bemessungsgrundlage zu erhebende Abgaben in welcher Höhe im Sinne des § 198 Abs. 2 BAO Gegenstand der Entscheidung sind (vgl. ). Ein Verweis auf eine der Begründung zu entnehmende Aufgliederung findet sich im Spruch des bekämpften Bescheids aber nicht.
Im Übrigen trifft auch die Behauptung in der Stellungnahme vom , "[…] die jeweiligen einzelnen KESt-pflichtigen verdeckten Gewinnausschüttungsvorgänge zwischen 2010 bis 2012 […] sind ebenso wie die Daten des Zahlungsflusses der vGA im BP-Bericht vom enthalten", nur teilweise zu. Hinsichtlich der als verdeckte Ausschüttung gewerteten € 210.000 ist dem Betriebsprüfungsbericht und der Niederschrift über die Schlussbesprechung (durch Verweis auf das Besprechungsprogramm) zwar der Tag des Vertragsabschlusses nicht aber der Tag des Zahlungsflusses und damit des Zuflusses der (strittigen) Kapitalerträge zu entnehmen. Es ist nicht einmal erkennbar, ob die Zahlung zwischen Vertragsabschluss und Übertragungszeitpunkt () oder erst danach, d.h. außerhalb des angegebenen Zeitraums, erfolgt ist.
In der Stellungnahme vom zitiert der Behördenvertreter das Erkenntnis des und ignoriert dabei die - auch im vorliegenden Fall zutreffende - von Bundesfinanzgericht getroffene Schlussfolgerung: "Nach Ansicht des BFG ist der Umstand, dass die Kapitalertragsteuer für die Jahre 2002 bis 2004 untrennbar in einer Summe ausgewiesen wurde, ein nicht korrigierbarer Fehler."
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere , 0059; ) gefolgt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt somit nicht vor, sodass die Revision nicht zulässig ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100080.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at