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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2023, RV/7106036/2016

Vermietung einer Eigentumswohnung als Einkunftsquelle: Ist der (fiktive) Veräußerungserlös bei der Prognoserechnung zu berücksichtigen?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***SenV***, die Richterin***SenRI*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***SenLR1*** und ***SenLR2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- gesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Sf*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleib unverändert.

II. Gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist die ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (Bf.) und ihre Familie hatten bis ihren Hauptwohnsitz in einer 125m² großen Eigentumswohnung, die ab 2001 entweder mit 1 Garage oder 2 Garagen als Zugehör vermietet wurde.

Im Kalenderjahr 2012 erklärte die Bf. Mieteinnahmen EUR 1.626,44 x 9 Monate sind insgesamt EUR 14.637,96 und Mietausgaben in Höhe von insgesamt EUR 16.709,27.

Als Mietausgaben erklärte die Bf. Betriebsausgaben in Höhe von EUR 585,44 x 12 Monate = EUR 7.025,28; Abschreibung Wohnung 1,5% von EUR 340.654,00 = EUR 5.109,81; 2003 Abschreibung Einrichtung 10% von EUR 28.338,10 = EUR 2.833,81; 2008 Abschreibung 10% von EUR 4.865,52 Heiztherme = EUR 486,55; Versicherung EUR 370,54; Sonstiges EUR 226,80; Mietkonto - Abschlusskonto EUR 28,47 und Darlehen Wohnung EUR 628,01.

Die Mieteinnahmen und Mietausgaben zusammengezählt ergaben negative Mieteinkünfte in Höhe von EUR - 2.071,31, die im Einkommensteuerbescheid 2012 vom erklärungskonform veranlagt wurden.

2. Der Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurde nach der Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2012 durch den Einkommensteuerbescheid 2012 vom ersetzt.

3. Im (nach der Wiederaufnahme erlassenen) Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurden die negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit folgender Begründung als ertragsteuerlich unbeachtliche Liebhabereibetätigung behandelt:

Die Bf. betrieb ihre Vermietungstätigkeit von 2001 bis 2013, weshalb ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vorlag, in dem ein Gesamtverlust in Höhe von EUR 52.940,00 erklärt wurde. Die Vermietung sei aus privaten Gründen beendet worden. Ein Einnahmen-Gesamt-Überschuss sei nicht zu erwarten, weshalb eine Liebhabereibetätigung im Sinne des § 2 Abs 4 Liebhabereiverordnung (LVO) in Verbindung mit § 1 Abs 2 leg.cit. vorliege.

Dieser Bescheid wurde am zugestellt und war innerhalb 1 Monats ab Zustellung mit Beschwerde anfechtbar.

Mit Schreiben vom beantragte die Bf. unter anderem, die Rechtsmittelfrist für den Einkommensteuerbescheid 2012 vom bis zu verlängern.

4. Mit der Beschwerde vom wurde unter anderem der Einkommensteuerbescheid 2012 vom angefochten. Die Bf. beantragte die Direktvorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und die mündliche Senatsverhandlung.

Die Beschwerdeausführungen sinngemäß zusammengefasst, brachte die Bf. vor, sie habe seit Beginn der Vermietungstätigkeit geplant, die Wohnung dauerhaft zu vermieten. Die von ihr vorgelegte Planungsrechnung beweise, dass sie geplant habe, unbefristet zu vermieten.

Jedoch habe sie nach längerer Mietersuche und einem 10-monatigen Leerstand ein so hohes Kaufpreisangebot für die Wohnung bekommen, dass sie dieses Angebot angenommen und die Wohnung mit großem Gewinn verkauft habe.

Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung in , u.a. sei die vor der Erzielung eines Gewinns beendete Vermietungstätigkeit keine Liebereibetätigung, wenn bei Beginn der Vermietungstätigkeit nachweisbar geplant gewesen sei, dauerhaft zu vermieten und einen Gesamtüberschuss zu erzielen. Davon abgesehen seien seit der ab 2012 neu geregelten Immobilienbesteuerung nach § 30b EStG 1988 idgF die stillen Reserven aus der Veräußerung von Mietobjekten bei der Liebhabereibetrachtung zu berücksichtigen.

5. Im Antwortschreiben auf den Mängelbehebungsbeschluss gab die Bf. an, dass die Verluste bis inklusive 2012 vor allem durch außerordentliche Ereignisse, wie beispielsweise notwendige Installateurarbeiten wegen eines größeren Schadens und eines Mieter:innenausfalls wegen eines plötzlich ins Ausland gezogenen Mieters verursacht wurden.

6. Aus den Verwaltungsakten:

6.1. Im Schreiben vom gab die Bf. an, dass der letzte Mieter den Mietvertrag am kündigte und am auszog. Ab wurde die Eigentumswohnung inseriert. Die von der Bf. verlangte Gesamtmiete betrug EUR 1.973,67 und bestand aus der Wohnungsmiete in Höhe von EUR 1.600,00; der Miete für 2 Garagen á EUR 100,00 und den Betriebskosten EUR 253,67.

6.2. Als Antwort auf einen Vorhalt des Finanzamtes legte die Bf. Rechnungen aus verschiedenen Jahren vor. Diese Rechnungen waren vor allem Restaurantrechnungen und Rechnungen von Lebensmittelgeschäften.

6.3. Als Beilage zur Einkommensteuererklärung 2013 legte die Bf. folgende Planungsrechnung vor:

Die Bf. führte zu dieser Planungsrechnung aus: Bei der Ermittlung der zu erzielenden Mieterlöse ging sie vom im Jahr 2001 abgeschlossenen Mietvertrag aus, da der damals vereinbarte Mietzins einen für diese Mietimmobilie realistischen Wert ergebe. Die Eigentumswohnung wurde erstmalig ab auf 5 Jahre befristet vermietet, die mitvermietete Garage ab dem . Die monatliche Nettomiete betrug damals ATS 20.900,00 (= EUR 1.519,00) die Garagenmiete ATS 1.200,00. Die Betriebskosten der Garage in Höhe von rund ATS 700,00 zahlte die Bf., sodass in Summe rund ATS 500,00 (EUR 36,00) als Nettomiete für die Garage vereinnahmt wurden. Bei den Mieterlösen wurde die vereinbarte Indexierung in Höhe von 2 % per anno berücksichtigt.

6.4. Aus den Mietverträgen:

6.4.1. Ein ab abgeschlossener Mietvertrag mit einer Mietdauer von 5 Jahren (= bis 2006) wurde nicht vorgelegt. Laut Planungsrechnung betrug die Miete für die Wohnung ab monatlich ATS 20.900,00 = EUR 1.518,86.

6.4.2. Laut Mietvertrag vom wurden eine Eigentumswohnung und 2 Garagen um monatlich EUR 1.700,00 vermietet. Das Mietverhältnis begann am und endete am .

6.4.3. Mit Schreiben vom teilte der Rechtsanwalt der Bf. mit, dass er folgenden mündlichen Mietvertrag vereinbart hatte: Mietgegenstand war die Eigentumswohnung mit 1 Garage. Der Mietzins betrug monatlich EUR 1.800,00 brutto. Das Mietverhältnis begann am und endete am .

6.4.4. Laut einem nicht datierten Mietvertrag wurden die Eigentumswohnung und 2 Garagen von bis um EUR 1.000,00 vermietet.

6.5. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in ATS und Euro betrugen:

6.6. Die in Euro umgerechneten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betrugen:

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 2001 bis 2013 zusammengezählt ergaben ein negatives (Gesamt)- Betriebsergebnis in Höhe von insgesamt EUR -37.847,61.

7. Aus dem Schreiben vom :

In diesem Schreiben brachte die Bf. vor, der Einkommensteuerbescheid 2012 vom sei inhaltlich rechtswidrig, da die Vermietungstätigkeit nach ständiger VwGH-Rechtsprechung in , , u.a., und nach der von BFG- und BMF-Vertretern geäußerten Rechtsansicht "fehlerhaft" (© Bf.) als Liebhaberei beurteilt worden sei: Dies deshalb, da auch bei einer vorzeitig beendeten verlustträchtigen Betätigung die ursprüngliche Planung bei der Liebhabereibetrachtung heranzuziehen sei. Nach der ursprünglichen Planung wollte die Bf. im Planungszeitraum einen Gesamtüberschuss erzielen. Die Bf. und ihre Familie bewohnten die Eigentumswohnung bis 2001 und übersiedelten 2001 in eine andere Eigentumswohnung. Die Bf. habe 2001 nicht geplant, befristet zu vermieten, da sie geplant habe, Vermietungseinkünfte als langfristige zusätzliche Einkunftsquelle zu erzielen.

Die Prognoserechnung sei auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Der Prognoserechnung seien die Verhältnisse zugrundezulegen, die zu Beginn der Vermietung bestanden haben.

Nach einer in einem anderen Beschwerdeverfahren vorgelegten Prognoserechnung für den Zeitraum 2012 bis 2021 erzielte die Bf. 2012 keine Mieteinnahmen, weshalb die negativen Einkünfte EUR - 27.183,00 betrugen; jedoch werde die Bf. bis 2021 einen positiven Gesamtüberschuss in Höhe von EUR 78.531,00 erzielen, wenn der Prognoserechnung ein Wohnwert von EUR 12,00 pro m² zugrunde gelegt wird. Wird der Prognoserechnung ein Wohnwert von EUR 09,04 pro m² zugrunde gelegt, betrage der positive Gesamtüberschuss EUR 47.716,00.

Abschließend zitiert die Bf. Jakom - Ehgartner in Jakom EStG, 15. Auflage (2022), § 2, Rz 236ff, und die darin vertretene Rechtsansicht, dass der Gesetzgeber die strikte Trennung der Einkunftsarten nach dem AbgÄG 2012 aufgegeben habe, da Veräußerungsverluste zu 60% mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ausgleichbar seien.

Die Eigentumswohnung wurde um EUR 530.000,00 veräußert, weshalb die 3,5%-ige ImmoESt EUR 18.550,00 betrug. Werde die ImmoESt auf einen fiktiven Veräußerungserlös umgerechnet und der fiktive Steuersatz von 25% angewendet, betrage der fiktive Veräußerungsüberschuss EUR 72.200,00. Der fiktive Veräußerungsüberschuss in Höhe von EUR 72.200,00 sei daher auch bei der Liebhabereibetrachtung zu berücksichtigen.

8. Aus der Niederschrift über die mündliche Verhandlung:

Die Bf. führte wie in den Schriftsätzen im bisherigen Verfahren aus und brachte ergänzend vor, "dass der Verlust 2007 dadurch entstanden ist, dass der Heizkessel erneuert wurde. 2013 habe sie überwiegend Ausgaben für die Renovierung der Wohnung getätigt, um die Wohnung möglichst attraktiv für potentielle Mieter zu gestalten. Die Heiztherme hat lt. Einnahmen-Ausgaben-Rechnung € 4.865,52 gekostet. Es wurden noch andere Ausgaben für die Einrichtung getätigt, beispielsweise wurde die Küche erneuert. Rollos wurden erneuert. Die Wohnung wurde nach dem Auszug jedes Mieters ausgemalt. Fliesen wurden erneuert. Die Küche wurde nach dem Auszug der ersten Mieterin erneuert. Die Wohnung wurde im August 2013 verkauft".

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Streitpunkte: In der Sache ist strittig, ob die Vermietung einer Eigentumswohnung mit entweder 1 Garage oder 2 Garagen im Zeitraum 2001 bis zum Verkauf der Eigentumswohnung 2013 eine Liebhabereibetätigung im Sinne der Liebhabereiverordnung (LVO) ist, wenn die Eigentumswohnung verkauft wird, bevor ein Mieteinnahmenüberschuss erwirtschaftet wird und ein Einnahmenüberschuss nur dann erwirtschaftet wird, wenn ein fiktiver Veräußerungserlös mit den Mieteinkünften der Jahre 2001 bis 2013 addiert wird.

2. Rechtslage:

Gemäß § 1 Abs 2 Z 3 Liebhabereiverordnung - LVO (BGBl. Nr. 33/1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997) ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten entstehen.

Nach § 2 Abs 4 LVO liegt bei Betätigungen gemäß § 1 Abs 2 LVO Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3 LVO) erwarten lässt.

Eine Betätigung ist nur dann als Einkunftsquelle anzusehen, wenn sie nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes objektiv ertragsfähig ist (, mwN).

Nach dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis , ist eine Wohnungsvermietung nur dann als Liebhaberei zu qualifizieren, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung innerhalb eines Zeitraumes von +/- 20 Jahren ein Gesamt-Einnahmenüberschuss nicht erzielbar ist.

Dieser Zeitraum von +/- 20 Jahren gilt nur, wenn geplant ist, die Wohnungsvermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Ist jedoch geplant, nur während eines begrenzten Zeitraumes zu vermieten, muss das gesamtpositive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraumes erzielbar sein.

Wird eine vermietete Eigentumswohnung verkauft, bevor ein gesamtpositives Ergebnis erzielt wird, muss die/der Steuerpflichtige nachweisen, dass bei Beginn der Vermietung geplant gewesen ist, zumindest solange zu vermieten, bis ein gesamtpositives Ergebnis erzielt wird und nur ein nachträglich eingetretenes und unvorhersehbares Ereignis dies verhindert hat (; ; ; , und ).

3. Sach- und Beweislage: Der Entscheidung wird folgende, aus einer Planungsrechnung, einer Prognoserechnung, den Mieteinkünften 2001 bis 2013, den Mietverträgen, den tatsächlich erzielten Mieteinkünften und den Angaben der Bf. sich ergebende Sach- und Beweislage zugrunde gelegt:

3.1. Die Bf. und ihre Familie sind 2001 aus der Eigentumswohnung ausgezogen. Ab hat die Bf. die Eigentumswohnung vermietet. Sie hat keine unbefristeten sondern nur befristete Mietverträge abgeschlossen. Das am beginnende Mietverhältnis soll nach 5 Jahren im Jahr 2006 enden. Das am beginnende Mietverhältnis endet am . Das am beginnende Mietverhältnis endet am . Das am beginnende Mietverhältnis endet am . Im August 2013 hat die Bf. die Eigentumswohnung um EUR 530.000,00 verkauft.

3.2. Die im Zeitraum 2001 bis 2013 erklärten und/oder veranlagten Mieteinkünfte betragen EUR 18,46 (2001), EUR 260,10 (2002), EUR -49,80 (2003), EUR -673,12 (2004), EUR 161,75 (2005), EUR 3.388,19 (2006), EUR 3.555,90 (2007), EUR -17.704,43 (2008), EUR -1.805,63 (2009), EUR 1.477,30 (2010), EUR 2.251,49 (2011), EUR -2.071,31 (2012) und EUR -25.756,51 (2013) und ergeben zusammengezählt einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von EUR -7.847,61.

3.3. Laut Planungsrechnung hätte die Bf. 2001 und in den Folgejahren jährliche Mieteinkünfte in Höhe von EUR 10.316,54 erzielt. Tatsächlich hat sie 2001 Mieteinkünfte in Höhe von EUR 254,00 erzielt und tatsächlich betragen ihre jährlichen Mieteinkünfte höchstens EUR 3.579,00 (2002) und mindestens EUR -25.756,51 (2013).

3.4. Laut Prognoserechnung für den Zeitraum 2012 bis 2021 betragen die Mieteinkünfte 2012 EUR -27.183,00. Wird der Prognoserechnung ein Wohnwert von EUR 09,04 pro m² zugrunde gelegt, betragen die Mieteinkünfte EUR 47.716,00.

3.5. Als nachträglich eingetretene und unvorhersehbare Ereignisse im Sinne des Erkenntnisses , hat die Bf. einen Mieter:innenausfall, überwiegend 2013 anfallende Renovierungsausgaben (um das Mietobjekt für potentielle Mieter:innen attraktiv zu gestalten), Ausgaben in Höhe von EUR 4.865,52 für eine Heiztherme, Ausgaben für die Einrichtung (beispielsweise neue Küche), Malerarbeiten, Fliesen erneuern und Rollos erneuern angegeben.

3.6. Werden die negativen (Gesamt)- Mieteinkünfte mit dem fiktiven Veräußerungserlös addiert, sind die (Gesamt)- Mieteinkünfte positiv.

4. Rechtliche Würdigung und Entscheidung: Da die Bf. die Eigentumswohnung verkauft hat, bevor sie ein gesamtpositives Ergebnis erzielt hat, ist entscheidungsrelevant, ob die Vermietung objektiv ertragsfähig oder nicht objektiv ertragsfähig ist.

Nach ständiger VwGH-Rechtsprechung darf die Ertragsfähigkeit auf Basis der real erzielten (niedrigeren) Mieteinnahmen und auf Basis der höheren als der geplanten Werbungskosten beurteilt werden (EStG-Kommentar, Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, 7. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 1 Abs 1 Z 3, § 2 Abs 3 und Abs 4 LVO) Fuchs/Renner, 515/2 und die dort zitierten Judikate , u.a.).

Laut ihrer Planungsrechnung hätte die Bf. Einnahmenüberschüsse erzielen müssen; jedoch sind die tatsächlich erzielten Einnahmen bereits im ersten Jahr niedriger gewesen, als in der Planungsrechnung angenommen. Die Bf. hat 2001 geplant, die Eigentumswohnung für 12 Monate zu vermietet; tatsächlich hat sie die Eigentumswohnung nur für 9 Monate vermietet. Wird die Eigentumswohnung für 9 Monate vermietet, betragen die Mieteinnahmen 9 Monate x EUR 1.518,86 = EUR 13.669,74. EUR 13.669,74 minus der Abschreibung laut Planungsrechnung (EUR 5.109,81) und minus Instandhaltung laut Planungsrechnung (EUR 2.800,00) ergeben EUR 5.759,93. Die Mieteinkünfte der Bf. im Jahr 2001 betragen jedoch nicht EUR 5.759,93 sondern EUR 254,00, was nur dadurch erklärbar ist, dass die Werbungskosten wesentlich höher sind als in der Planungsrechnung angegeben. Eine Planungsrechnung, die bereits im ersten Jahr in beträchtlichem Ausmaß von den tatsächlich erwirtschafteten Mieteinkünften abweicht, beweist nicht die objektive Ertragsfähigkeit der Vermietung im Sinne vom . Die Bf. hat daher mit ihrer Planungsrechnung nicht bewiesen, dass sie die Eigentumswohnung objektiv ertragsfähig vermietet hat.

Die in der Planungsrechnung angenommenen Einnahmenüberschüsse in Höhe von jährlich EUR 10.316,54 hat die Bf. in den Jahren bis zum Verkauf der Eigentumswohnung auch nicht annähernd erwirtschaftet, weshalb sie mit ihrer Planungsrechnung auch für die Jahre ab dem zweiten Jahr der Vermietung bis zum Verkauf der Eigentumswohnung nicht bewiesen hat, dass sie die Eigentumswohnung objektiv ertragsfähig vermietet hat.

Die Vermietung der Eigentumswohnung ist daher nach der VwGH-Rechtsprechung nur dann keine Liebhabereibetätigung, wenn die Bf. nachweist, dass sie ein oder mehrere nachträglich eingetretene und unvorhersehbare Ereignisse daran gehindert haben, ein gesamtpositives Ereignis zu erzielen.

Da die Mieteinkünfte 2001 bis 2013 zusammengezählt EUR -37.847,61 ergeben, müsste die Bf. nachweisen, dass nachträglich eingetretene und unvorhersehbare Ereignisse Mietausgaben in Höhe von mindestens EUR 37.847,61 verursacht oder Mieteinnahmen in Höhe von mindestens EUR 37.847,61 verhindert haben. Diesen Nachweis hat die Bf. jedoch nicht erbracht:

Wann dieser Mieter:innenausfall stattgefunden hat, hat die Bf. nicht angegeben. Die Eigentumswohnung hat aber jedenfalls nach dem Auszug der letzten Mieterin / des letzten Mieters am leer gestanden. Die/der letzte Mieter:in hat laut Mietvertrag vom eine monatliche Miete in Höhe von EUR 1.000,00 gezahlt und da der Mietvertrag nach der darin vereinbarten Mietdauer am endet, entfällt die Miete für 4 Monate und der Mieter:innenausfall beträgt EUR 4.000,00. Die Bf. hat nachgewiesen, dass sie einen Makler mit der Mietersuche beauftragt hat. Deshalb ist ein nachträglich eingetretenes und unvorhersehbares Ereignis "Mieter:innenausfall" in Höhe von EUR 4.000,00 als erwiesen anzusehen.

In der mündlichen Verhandlung hat die Bf. angegeben, dass sie die Eigentumswohnung im August 2013 verkauft hat. Da der letzte Mietvertrag am endet, hat die Eigentumswohnung 6 Monate bis zum Verkauf leer gestanden und da die monatliche Miete EUR 1.000,00 betragen hat, hat der durch den Leerstand verursachte Mietausfall EUR 6.000,00 betragen.

EUR 37.847,61 minus EUR 4.000,00 minus EUR 6.000,00 ergeben EUR 27.847,61: Die Bf. hat daher nicht nachgewiesen, dass Mieter:innenausfall und Leerstand Ausgaben in Höhe von (mindestens) EUR 27.847,61 verursacht haben.

Dass Miet- oder Eigentumswohnungen irgendwann ausgemalt werden müssen und dass alte Einrichtungsgegenstände, alte Heizthermen, alte Fliesen und alte Rollos irgendwann erneuert werden müssen, ist allgemein bekannt. Die dafür getätigten Ausgaben sind daher zwar nachträglich eingetreten, jedoch sind sie nicht unvorhersehbar.

In der mündlichen Verhandlung hat die Bf. angegeben, dass sie 2013 Renovierungsarbeiten durchgeführt hat, um die (länger leerstehende) Eigentumswohnung für potentielle Mieter:innen attraktiv zu gestalten. Da der letzte Mietvertrag am endet, die monatliche Miete EUR 1.000,00 beträgt und die Mieteinkünfte 2013 EUR -25.756,51 betragen, müssen die Ausgaben für die Renovierung abzüglich Abschreibung und Instandhaltung laut Planungsrechnung rund EUR 17.000,00 betragen. Derart hohe Renovierungsausgaben sprechen eher dafür, dass die Bf. die Eigentumswohnung mittels "Home Staging" für potentielle Käufer:innen attraktiv gestaltet hat, als dass sie dies für potentielle Mieter:innen getan hat.

Die Bf. hat nach eigenen Angaben nicht geplant, die Eigentumswohnung zu verkaufen, als sie begonnen hat, die Eigentumswohnung zu vermieten. Der Verkauf der Eigentumswohnung im Jahr 2013 ist daher zweifelsfrei nachträglich eingetreten und unvorhersehbar gewesen. Dieser Verkauf hat jedoch keine Ausgaben verursacht sondern einen Veräußerungserlös in Höhe von EUR 530.000,00 bewirkt, weshalb der Verkauf der Eigentumswohnung positive (Gesamt)- Mieteinkünfte nicht verhindert hat. Der beispielsweise in ; ; ; , und , geforderten Nachweis wird daher durch das Ereignis "Verkauf der Eigentumswohnung" nicht erbracht.

Davon abgesehen hat die Bf. die Eigentumswohnung nicht wegen einer Not- oder Zwangslage verkauft; sie hat sie im Gegenteil freiwillig verkauft, weil sie ein (nach eigenen Angaben) besonders lukratives Verkaufsangebot erhalten hat. Das Ereignis "Verkauf der Eigentumswohnung" spricht daher auch nicht gegen die Vermietung der Eigentumswohnung als "Liebhaberei" - Betätigung.

In seinem zu § 7 Abs 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ergangenen Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass Körperschaften, die Immobilien vermieten, nur deshalb Veräußerungsgewinne in die Prognoserechnung im Sinne des § 2 Abs 3 oder 4 LVO 1993 mit einbeziehen dürfen, weil alle Einkünfte von Körperschaften den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind und deshalb derselbe Steuersatz anzuwenden ist.

Im Gegensatz dazu werden die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von Liegenschaften und deren Veräußerung unterschiedlichen Einkunftsarten zugerechnet, weshalb unterschiedliche Steuersätze anzuwenden sind. Deshalb dürfen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung tatsächliche oder fiktive Veräußerungserlöse nicht in jene Prognoserechnung mit einbezogen werden, aufgrund derer die Einkunftsquelleneigenschaft der Vermietung beurteilt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich durch die Neufassung des § 30 EStG 1988 (mit dem 1. StabG 2012) nicht veranlasst, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die von der Lehre vertretene Rechtsansicht, dass ein fiktiver Veräußerungsüberschuss bei einer Prognoserechnung zwecks Liebhabereibetrachtung zu berücksichtigen ist, wird daher vom Verwaltungsgerichtshof de dato nicht geteilt.

Die einzige verbindliche Rechtsquelle für die Auslegung von Gesetzen sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes. Das Bundesfinanzgericht schließt sich daher nicht der von der Lehre vertretenen Rechtsansicht an und weist das Beschwerdebegehren ab.

5. Revision

Gemäß Art 133 Abs 1 Z 4 B-VG ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen Erkenntnisse oder Beschlüsse des Bundesfinanzgerichtes zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung abhängt.

Eine grundsätzlich bedeutende Rechtsfrage musste nicht beantwortet werden, da der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsfrage, ob Veräußerungsgewinne in die Prognoserechnung mit einbezogen werden dürfen, wenn die Mieteinkünfte nicht von einer Körperschaft erzielt werden, bereits in , beantwortet hat.

Die (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7106036.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at