Gewerblicher Grundstückshandel oder private Grundstücksveräußerungen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Monika Ahorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch 3PARTNER Steuerberatung OG, Geblergasse 95 Tür 12, 1170 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2015 und Einkommensteuer 2015 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde betreffend Wiederaufnahme Einkommensteuer 2015 wird abgewiesen.
II. Der angefochtene Bescheid Einkommensteuer 2015 wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die ursprünglich erklärungsgemäß veranlagte Einkommensteuer 2015 wies neben nichtselbständigen Einkünften auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf. Diese resultierten aus der Vermietung einer Wohnung ***1***.
Im Zuge einer 2017 für die Jahre 2013 bis 2015 durchgeführten Außenprüfung wurde festgestellt, dass 2014 der Abriss des Altgebäudes der ab komplett im Eigentum des Beschwerdeführers (in Folge: Bf.) stehenden Liegenschaft ***2***, und anschließend der Neubau eines Wohnhauses mit zehn Wohnungen erfolgte. 2015 wurden sechs dieser Wohnungen verkauft und für diese Verkäufe die Immobilienertragsteuer abgeführt.
Die Abgabenbehörde nahm das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2015 wieder auf, beurteilte diese Wohnungsverkäufe als gewerblichen Grundstückshandel und berücksichtigte den aus den Verkäufen resultierenden Gewinn daher bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Die Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens wurde als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015, die sich gegen das Vorliegen von gewerblichem Grundstückshandel richtet, wurde dahingehend teilweise stattgegeben, dass die entrichtete Immobilienertragsteuer angerechnet wurde.
Aufgrund des eingebrachten Vorlageantrages wurde die Beschwerde samt den Akten dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Klärung des Sachverhaltes verlangte das Gericht bestimmte Unterlagen ab, woraufhin die steuerliche Vertretung den Kaufvertrag aus dem Jahr 2013 und die Kreditverträge zur Finanzierung des Umbaus übermittelte.
Weiters erfolgten Stellungnahmen sowohl durch den Bf. als auch durch die belangte Behörde betreffend die Höhe des Grundanteiles.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. gemeinsam mit seinem Bruder, ***3***, die Liegenschaft ***2*** um einen Kaufpreis von 330.000,- Euro, wobei der Anteil des Bf. 60 Prozent ausmachte. In den Jahren 2006 bis 2013 wurde die Liegenschaft teilweise vermietet und teilweise für private Wohnzwecke der Familie des Bf. und seiner Eltern verwendet.
Mit Bescheid vom erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA37 dem Bf. als Bauwerber und Grundmiteigentümer und ***3*** als Grundmiteigentümer die Baubewilligung für den Abriss des bestehenden Gebäudes und die Errichtung eines Wohnhauses mit insgesamt zehn Wohnungen und ebenso vielen Garagenplätzen.
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. den 40 prozentigen Liegenschaftsanteil seines Bruders um 130.000,- Euro und war somit Alleineigentümer der Liegenschaft.
Im Laufe des Jahres 2014 erfolgte der Abriss des Altgebäudes und Neubau des Wohnhauses. Die Kosten (inkl. Finanzierung) beliefen sich auf 1.993.702,49 Euro und wurden durch Fremdmittel im Ausmaß von 1.906.000,- finanziert. Mit der Bank war die Rückführung der Finanzierung aus dem Abverkauf der Einheiten vereinbart.
Nach Abschluss der Bauarbeiten wurden mit Nutzwertgutachten vom die Nutzwerte aller wohnungseigentumstauglichen Objekte der Liegenschaft ermittelt.
In Folge verkaufte der Bf. noch im Jahr 2015 sechs der zehn Wohnungen an verschiedene Käufer und zwar mit Kaufverträgen vom:
- Top 8 (Anteil 95/960) um 370.000,- Euro
- Top 7 (Anteil 89/960) um 355.000,- Euro
- Top 5 (Anteil 91/960) um 315.000,- Euro
- Top 4 (Anteil 111/960) um 380.000,- Euro
- Top 3 (Anteil 77/960) um 274.850,- Euro
- Top 6 (Anteil 98/960) um 351.000,- Euro.
Weitere Verkäufe erfolgten am - Top 1 sowie am - Top 2, womit aktuell noch zwei (Top 9 und Top 10) der zehn Wohnungen im Eigentum des Bf. stehen.
Für das Jahr 2015 wurden 13.512,- Euro an Immobilienertragsteuer entrichtet.
Der Anteil von Grund und Boden beträgt 20 Prozent.
Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bf. 1272/5726stel Anteile betreffend die Fläche des Rohdachbodens der Liegenschaft ***4*** mit vorläufiger Nutzwertfeststellung für sieben zu errichtende Wohnungen im Ausmaß von insgesamt ca
636 m2. Nach Abschluss der Bauarbeiten verkaufte der Bf. vier der Wohnungen im Jahr 2017 an verschiedene Käufer. 2020 kaufte ***3*** zwei der verbliebenen Wohnungen. Die letzte Wohnung hält der Bf. noch in seinem Eigentum.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen, die sich aus dem Akt der Betriebsprüfung, aktuellen Grundbuchsabfragen und den vorgelegten Kreditunterlagen ergeben, sind bis auf die Höhe des Anteiles von Grund und Boden unstrittig.
Der Bf. behauptet unter Punkt 6 seiner Beschwerde, die Finanzierung sei unter teilweisem Einsatz von Fremdmitteln, in einem Ausmaß, das jedem gewöhnlichen privaten Hausbau entspreche, erfolgt. Seitens der finanzierenden Bank sei die Möglichkeit einer langfristigen Finanzierung des eigengenutzten Teiles sowie der zur Vermietung gelangenden Wohneinheiten ermöglicht worden und für den Fall des Verkaufes von Teilen der Liegenschaft sei die vorzeitige Rückführung der Finanzierung möglich gewesen.
Weiters wurde in der Beschwerde (Punkt 8 und 9) angeführt, das Ausmaß der für private Zwecke vorgesehenen Liegenschaftsteile sei während der Bauphase noch unbestimmt gewesen und mit Ende der Bautätigkeit seien, ohne Setzung von erheblichen Werbemaßnahmen, Interessenten für den Kauf von Wohnungen durch Mundpropaganda an den Bf. herangetreten. Es haben weder ein planmäßiger Abverkauf noch gewerbliche Verkaufsmaßnahmen stattgefunden. Das erhebliche Interesse von Wohnungskäufern sei dem günstigen Preis und der guten Lage der Liegenschaft geschuldet gewesen. Erst zu diesem Zeitpunkt sei auch die Parifizierung der Liegenschaft eingeleitet worden.
Diese Behauptungen stimmen nicht mit dem Inhalt der vorgelegten Kreditvereinbarung vom überein. Diese Kreditzusage über einen einmal ausnutzbaren Kredit in Höhe von 1.820.000,- Euro zur Bezahlung der Bruttobaukosten für das Bauvorhaben ***2*** zur Errichtung von zehn Wohnungen und zehn Garagenstellplätzen, legte bereits fest, dass die Rückführung aus dem Abverkauf der Einheiten zu erfolgen hat. Lediglich ein allfälliger Restkredit war bis zur Gänze zurückzuzahlen. Auch enthält dieser Kreditvertrag vorgegebene Mindestverkaufspreise für die Wohnungen als Vertragsbestandteil und die Verpflichtung für den Bf. dafür zu sorgen, dass Wohnungseigentum begründet wird.
Demnach stand bereits vor Beginn der Umbauarbeiten fest, dass die Wohnungen veräußert werden sollen. Bei einem Kreditvolumen von rund 1,9 Mio Euro kann auch nicht mehr davon gesprochen werden, dass dies dem Ausmaß eines gewöhnlichen privaten Hausbaus entspricht.
Vor dem Hintergrund der Kreditvereinbarung ist auch die Beschwerdeausführung (Punkt 4), dass die Planung vorgesehen habe, den Familienwohnsitz im gewünschten und leistbaren Ausmaß zu errichten und die überzähligen Wohnungen entweder zu vermieten oder - falls Käufer gefunden würden - auch zu verkaufen, nicht nachvollziehbar.
Auch dass die verbliebenen vier Wohnungen langfristig im Privatvermögen gehalten werden sollten, wie in der Beschwerde vom (Punkt 10) ausgeführt wurde, stimmte schon zum damaligen Zeitpunkt nicht, da bereits mit Kaufvertrag vom - also nur drei Tage nach Erhebung der Beschwerde - eine dieser Wohnungen (Top 1) veräußert wurde. Da ein Wohnungsverkauf einen gewissen zeitlichen Vorlauf benötigt, muss davon ausgegangen werden, dass dieser im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung bereits bekannt war.
Die Berechnung selbst wurde in der Beschwerde nur insoweit beanstandet, als die bereits entrichtete Immobilienertragsteuer in Höhe von 14.216,89 Euro auf die Einkommensteuer 2015 anzurechnen sei. Richtigerweise wurde jedoch für das Jahr 2015 Immobilienertragsteuer in Höhe von 13.512,- Euro entrichtet, die durch die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt wurde.
In der Stellungnahme des Vorlageberichtes teilte die belangte Behörde mit, dass ihrer Ansicht nach die Berechnung der Einkünfte einer Korrektur bedürfe, da die Einkünfte aufgrund der Einlage im Jahr 2014 zu splitten seien. Einerseits handle es sich um Wertsteigerungen im privaten Bereich vor Einlage in das Betriebsvermögen (besonderer Steuersatz) und andererseits um Wertsteigerungen des Umlaufvermögens im betrieblichen Bereich (EStR 6685).
Mit Schreiben vom nahm der Bf. zu dieser Berechnung (BFG-Akt, OZ 38) im Wesentlichen wie folgt Stellung: Unter der weiterhin bestrittenen Annahme von gewerblichem Grundstückshandel wird ausgeführt, dass die von der Behörde vorgenommene Schätzung des Teilwertes im Einlagezeitpunkt unter Berücksichtigung eines 20 prozentigen Grundanteiles einerseits den Grundsätzen der allgemeinen Lebenserfahrung widerspreche und andererseits - zwar erst mit Wirkung ab 2016, aber auf Basis der bereits für 2015 erkannten wirtschaftlichen Tatsachen - ein Grundanteil von 40 % anzusetzen sei, da es sich um eine Liegenschaft in Wien mit einem Gebäude von nicht mehr als 10 Wohneinheiten handle. Auf Basis eines Grundanteiles von 40 % ergebe sich daher eine Bemessungsgrundlage für den besonderen Steuersatz von 25% in Höhe von 627.759,- Euro und für die gewerblichen Einkünfte in Höhe von 62.874,- Euro.
Weiters führt der Bf. an, dass der korrekte Ansatz der Grundkosten durch eine Verkehrswertschätzung bzw ein Verkehrswertgutachten zu ermitteln wäre, da auch die pauschale Bewertung mit 40 % nur einen Näherungsansatz darstelle. Jedenfalls sei der Ansatz von 20 % nicht sachgerecht. Es werde daher auch die Berechnungsvariante mit dem Mittelwert der beiden Ansätze, somit 30 % Grundanteil vorgelegt, da sie am ehesten eine realistische Schätzung des Grundanteiles darstelle.
Die belangte Behörde nahm mit Schreiben vom dazu Stellung und führte aus, dass kein begründeter Nachweis vorliege um von den gewählten 20 % für den Grundanteil abzuweichen. Es sei kein entsprechendes Gutachten vorgelegt, sondern lediglich auf die erst ab 2016 geltende Grundanteilsverordnung für vermietete Gebäude Bezug genommen worden. Auch könne im Hinblick auf die geringe Grundstücksfläche von insgesamt 365 m2 für ein Wohnhaus mit 10 Wohneinheiten bei einer Gebäudefläche von 227 m2 nicht von einem Grundanteil von 20 % abgewichen werden
Das Verwaltungsgericht nimmt diesbezüglich folgende Beweiswürdigung vor:
Beide Parteien gehen von pauschalen Grundanteilswerten aus, ohne diese qualifiziert zu begründen. Der Bf. verweist einerseits auf die erst ab geltende Grundanteilsverordnung, die daher für den streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht anzuwenden ist und andererseits darauf, dass der korrekte Ansatz durch ein Gutachten zu ermitteln wäre, ohne jedoch ein solches vorzulegen.
Eine Wertermittlungsmethode des Liegenschaftsbewertungsgesetztes (LBG) ist das Vergleichswertverfahren. Dabei ist gemäß § 4 LBG der Wert der Sache durch Vergleich mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Sachen zu ermitteln (Vergleichswert). Vergleichbare Sachen sind solche, die hinsichtlich der den Wert beeinflussenden Umstände weitgehend mit der zu bewertenden Sache übereinstimmen. […] Zum Vergleich sind Kaufpreise heranzuziehen, die im redlichen Geschäftsverkehr in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag in vergleichbaren Gebieten erzielt wurden.
Auf der Internetseite https://www.data.gv.at/katalog/dataset/kaufpreissammlung-liegenschaften-wien findet sich eine Kaufpreissammlung der Liegenschaften für Wien. Aus diesen Daten hat das Gericht Vergleichsgrundstücke anhand folgender Parameter herausgefiltert: Katastralgemeinde ***5***, Kaufvertrag 2013/2014, ähnliche Grundstücksfläche, Abbruchobjekt, Lage: in der Nähe des streitgegenständlichen Grundstückes sowie im dicht verbauten Gebiet
[...]
Es ergeben sich folgende Grundstückspreise pro m2 (gerundet):
1.362,- / 1.204,- / 1.840,- / 2.659,- / 2.456,- mit einem Mittelwert von 1.904,- Euro pro m2
Da bei der Schätzung des Grundanteils im vorliegenden Fall ein Wert "Euro pro m2" mit einem Wert "Euro pro Anteil" verglichen werden soll, muss zunächst folgende Umrechnung erfolgen:
Gegenständliche Liegenschaft hat eine Größe von 365 m2 und in Summe 960 Anteile. Auf einen Anteil fallen somit 0,38 m2. Bei den verkauften Wohnungen handelt es sich um 561 Anteile - somit um 213,18 m2.
Der von der belangten Behörde der Berechnung zu Grunde gelegte Grundanteil in Höhe von
20 % entspricht 409.170,- Euro der verkauften Anteile. Der Grundanteil in Höhe von 40 % bzw 30 %, wie er vom Bf. in seinem Schreiben vom ins Treffen geführt wurde, entspricht 818.340,- Euro bzw 613.755,- Euro der verkauften Anteile. Dies ergibt bei 213,18 m2 folgende Werte pro m2:
20 % Grundanteil: 1.919,36 Euro pro m2
30 % Grundanteil: 2.879,05 Euro pro m2
40 % Grundanteil: 3.838,73 Euro pro m2
Vergleicht man nun diese Werte mit dem Mittelwert der Vergleichsgrundstücke in Höhe von 1.904,- Euro pro m2 ist klar ersichtlich, dass der von der Behörde der Berechnung zu Grunde gelegte Grundanteil in Höhe von 20 % dem Vergleichswert entspricht.
Das Bundesfinanzgericht folgt daher der von der Behörde vorgenommenen Schätzung des Grundanteils mit 20 %.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Wiederaufnahme)
Gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Tatsachen sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände (zB ), die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten.
Der Sachverhalt, die Liegenschaft ***2*** betreffend, wurde der belangten Behörde erst im Zuge der durchgeführten Außenprüfung bekannt und ist somit neu hervorgekommen. Die Kenntnis dieser Umstände führte zur Beurteilung der Tätigkeit als gewerblicher Grundstückshandel und hatte einen im Spruch anders lautenden Bescheid zur Folge. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist somit zu Recht erfolgt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Abänderung)
Im streitgegenständlichen Fall gilt es zu klären, ob private Grundstücksveräußerungen iSd
§ 30 EStG 1988 vorliegen oder ob ein gewerblicher Grundstückshandel iSd § 23 EStG 1988 gegeben ist.
Gemäß § 23 Z. 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.
Gemäß § 30 Abs 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Tätigkeit, die selbständig, nachhaltig, mit Gewinnabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird, gewerblich, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Das ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß überschreitet, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht. Keine Vermögensverwaltung liegt mehr vor, wenn die Vermögensnutzung durch Fruchtziehung in den Hintergrund tritt und die Vermögensverwertung entscheidend im Vordergrund steht (vgl. ). Ob Vermögensnutzung oder die Vermögensumschichtung und Vermögensverwertung im Vordergrund steht, ist eine Einzelfallbeurteilung, die nach dem objektiven Gesamtbild des jeweiligen Falles zu treffen ist (vgl. und ). Die Veräußerung von Grundstücken wird dann zum so genannten gewerblichen Grundstückshandel, wenn die Veräußerungen auf planmäßige Art und Weise erfolgen (vgl. , VwSlg. 7.527/F).
Der planmäßige Abverkauf von Immobilien nach baulichen Umgestaltungsmaßnahmen begründet regelmäßig einen gewerblichen Grundstückshandel (vgl. Doralt/Kauba, EStG10, § 23 Tz 128). Erwirbt ein Steuerpflichtiger Grundstücke, um diese zu bebauen, und veräußert er sie in nahem zeitlichen Zusammenhang, so kann bereits bei einer geringen Anzahl von Objekten eine gewerbliche Tätigkeit entstehen. Neben der Anzahl der veräußerten Objekte ist dabei auf den Zeitraum zwischen Erwerbs- und Veräußerungsvorgängen Bedacht zu nehmen, weil der Ankauf von Grundstücken mit der Absicht, diese möglichst kurzfristig nach Erwerb und Fertigstellung von Gebäuden wieder zu veräußern, insbesondere in Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger seine Tätigkeit werbend an die Allgemeinheit richtet, für eine gewerbliche Tätigkeit spricht (vgl. ). ()
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/15/0159 betraf ein parifiziertes Einfamilienhaus mit sechs Wohnungen, von denen drei verkauft wurden, eine weitere vom Steuerpflichtigen selbst bewohnt wurde und zwei dauerhaft der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienten. Die Wohnungsverkäufe wurden vor allem deshalb als gewerblicher Grundstückshandel beurteilt, da der Plan des Steuerpflichtigen von vornherein darauf gerichtet war, einen Teil der Eigentumswohnungen zu verkaufen und auch in den Folgejahren weitere ähnlich gelagerte Projekte verwirklicht wurden.
Im vorliegenden Fall ist ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Erwerb des Liegenschaftsanteiles des Bruders des Bf. (2013) und den nachfolgenden baulichen Aktivitäten (2014) bis zum Verkauf der Wohnungen (2015/2017/2019) gegeben. Dass es sich um einen planmäßigen Abverkauf der Wohnungen gehandelt hat, lässt sich an der Kreditvereinbarung vom erkennen - bereits die Finanzierung des Projektes war darauf ausgerichtet, die Wohnungen zeitnah zu veräußern, um den Kredit rückzuführen.
Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtbild des Einzelfalles maßgeblich ist und daher auch eine mehrjährige, über den einzelnen Veranlagungszeitraum hinausgehende Betrachtung zu erfolgen hat, ist auch das Projekt in ***4*** in die Betrachtung miteinzubeziehen. Auch hier wurden Wohnungen errichtet und alle Wohnungen, bis auf eine, die der Bf. in seinem Eigentum hält, in einem engen zeitlichen Zusammenhang an verschiedene Käufer verkauft.
Wenn der Bf. im Vorlageantrag anführt, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom (, 0061) über eine Tätigkeit abgesprochen, die 122 Veräußerungsvorgänge umfasste und letztlich keine gewerbliche Tätigkeit daraus abgeleitet, ist folgendes anzumerken: Es ist richtig, dass es nicht ausschließlich auf die absolute Anzahl der Ankaufs- und Verkaufsvorgänge ankommt. Allerdings legt der Verwaltungsgerichtshof auch in diesem Erkenntnis seine - wie oben zu angeführt - bereits oftmals judizierten Abgrenzungskriterien dar.
Nach dieser Abgrenzung ist hier vorliegend eindeutig von gewerblichem Grundstückshandel auszugehen, da das gesamte Projekt - Ankauf des restlichen Anteiles / Abriss / Neubau / Parifizierung / Veräußerung der Wohnungen - in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt ist. Da das Projekt auch mit Fremdmitteln finanziert wurde und bereits die Finanzierung des Projektes auf diese Vorgangsweise ausgelegt war, kann auch nicht - wie in der Beschwerde (Punkt 4) und im Vorlageantrag angeführt - davon gesprochen werden, dass neben den Wohnungen, die für den Familienwohnsitz vorgesehen waren, grundsätzlich Vermietungsabsicht gegeben war und die Wohnungen nur gegebenenfalls, wenn Käufer gefunden würden, zu verkaufen. Die Veräußerung ist vielmehr auf planmäßige Art und Weise und in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Dass während der Bauphase keine Miet- oder Kaufverträge abgeschlossen wurden (Beschwerde Punkt 8), kann daran nichts ändern, da die Absicht jedenfalls bereits vor Baubeginn bestanden hatte und dies auch in der Kreditvereinbarung eindeutig zum Ausdruck kommt.
Wie die belangte Behörde in der Stellungnahme im Vorlagebericht richtig ausführt, war das Angebot an eine interessierte Allgemeinheit gerichtet, auch wenn nicht mittels erheblicher Werbemaßnahmen um Kaufinteressenten geworben wurde. Der Bf. selbst hat in der Beschwerde (Punkt 9) erläutert, dass es auch ohne Werbung aufgrund der guten Lage und des günstigen Preises großes Interesse an den Wohnungen gegeben hat. Dass die Parifizierung der Liegenschaft erst mit Ende der Bautätigkeit eingeleitet wurde ist nicht relevant, da die Absicht entsprechend des Kreditvertrages bereits vor Beginn der Bautätigkeiten gegeben war.
Das Bundesfinanzgericht folgt aus den dargelegten Gründen der Beurteilung der belangten Behörde, dass bei den Veräußerungsvorgängen ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt. Die Frage, ob der fehlende Vorsteuerabzug ein geeignetes Abgrenzungskriterium ist, erübrigt sich daher.
Dem Bf. ist insoweit zu folgen, dass die Immobilienertragsteuer - wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung von der belangten Behörde durchgeführt wurde - in Höhe der tatsächlich entrichteten Beträge zu berücksichtigen ist. Allerdings wurden für das Jahr 2015 nicht wie in der Beschwerde beantragt 14.216,89 Euro, sondern 13.512,- Euro entrichtet.
Zur Berechnung der betrieblichen Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen:
§ 30a EStG 1988 idF BGBl I, Nr. 112/2012
(1) Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken im Sinne des § 30 unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 2) anzuwenden ist.
(2) […]
(3) Die Abs. 1 und 2 gelten auch für betriebliche Einkünfte aus der Veräußerung, der Zuschreibung oder der Entnahme von Grundstücken. Dies gilt nicht:
1. Wenn das Grundstück dem Umlaufvermögen zuzurechnen ist. Wurde das veräußerte Grundstück in das Betriebsvermögen eingelegt, sind hinsichtlich des Unterschiedsbetrages zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt und den niedrigeren Anschaffungs- oder Herstellungskosten Abs. 1 und 2 anzuwenden;[…].
[…]
Sind die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels erfüllt, sind jene Grundstücke, auf die sich die Handelstätigkeit bezieht, dem Umlaufvermögen zuzurechnen (EStR 5440a). Die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken des Umlaufvermögens unterliegen dem allgemeinen Steuertarif. Maßgeblich ist die Zurechnung zum Umlaufvermögen im Zeitpunkt der Veräußerung. Wurde das Grundstück aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen eingelegt, unterliegt der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt und den niedrigeren Anschaffungs-/Herstellungskosten dem besonderen Steuersatz (mit der Möglichkeit, zur Regelbesteuerung zu optieren). (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2020, § 30a Rz 18)
Dies ist hier vorliegend der Fall, weshalb es zu einer Teilung der Besteuerung kommt. Bis zur Einlage in das Betriebsvermögen ist für die Besteuerung mit dem besonderen Steuersatz der Unterschiedsbetrag zwischen dem Teilwert im Einlagezeitpunkt und den niedrigeren Anschaffungs-/Herstellungskosten zu ermitteln.
Diesen Wert hat die belangte Behörde in ihrer mit der Vorlage übermittelten gesamten Neuberechnung der Einkünfte (BFG-Akt, OZ 38) folgendermaßen ermittelt: Aus den im Jahr 2015 erzielten Verkaufspreisen hat sie einen geschätzten Grundanteil in Höhe von 20 % ermittelt und diesen als Teilwert im Einlagezeitpunkt für die verkauften Objekte der Berechnung zu Grunde gelegt.
Der Bf. ist dieser Berechnung in einem einzigen Punkt, nämlich bezüglich der Höhe des Grundanteiles, entgegengetreten. Dem konnte das Bundesfinanzgericht, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt nicht folgen.
Die mit der Vorlage der Beschwerde übermittelte korrigierte Berechnung der belangten Behörde (BFG-Akt, OZ 38) ist in Summe nachvollziehbar und richtig, weshalb das Gericht diese Berechnung dem Ergebnis zu Grunde legt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Mit dem vorliegenden Erkenntnis ist das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abgrenzung privater Grundstücksveräußerung und gewerblichem Grundstückshandel abgewichen, sondern folgt den in der rechtlichen Beurteilung angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.
Da weiters entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (Höhe des Anteiles des Grund und Bodens) war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG auch diesbezüglich nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 23 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 30a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105892.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at