Eine Widmung in Bauland/Aufschließungszone gem. NÖ Raumordnungsrecht stellt keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar
Revision eingebracht. Zurückweisung mit Beschluss vom .
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RV/5102157/2015-RS1 | Die Widmung als Bauland/Aufschließungszone nach dem Niederösterreichischen Raumordnungsrecht stellt für sich allein noch keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar, da mit dieser Widmung noch keine Möglichkeit der Bebauung, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht, einhergeht. Erst durch die nachfolgende Freigabe der Aufschließungszone zur Bebauung mittels Verordnung der Gemeinde ist eine solche Möglichkeit der Bebauung gegeben und stellt erst dieser Vorgang eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dar. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Senatsvorsitzenden Mag. Erich Schwaiger, den Richter Mag. Patrick Brandstetter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michaela Schmidt und Mag. Gottfried Warter MBA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BKS Steuerberatung GmbH & Co KG, Kiesgasse 1, 3390 Melk, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2013 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Roswitha Riefler zu Recht:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Zuständigkeit
Die Beschwerde fällt in das Fachgebiet FE6 - Einkommensteuer und damit in die Zuteilungsgruppe 6002.
Auf Basis der damals gültigen Geschäftsordnung wurde die Beschwerde im Zeitpunkt der Vorlage an das Bundesfinanzgericht am der Gerichtsabteilung 6021 zur Entscheidung zugewiesen.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom mit Wirkung zum wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 6021 abgenommen und der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.
Nach Punkt 3.3.8 der Geschäftsverteilung ist bei einer Senatszuständigkeit die erstgenannte Senatsgerichtsabteilung zuständig, wenn bei einer Gerichtsabteilung für eine bestimmte Rechtsangelegenheit keine zuständige Senatsgerichtsabteilung vorgesehen ist.
In der Gerichtabteilung 7004 ist keine Senatsgerichtsabteilung für Rechtsangelegenheiten der Zuteilungsgruppe 6002 eingerichtet. Folglich fällt die vorliegende Rechtsangelegenheit in die Zuständigkeit der erstgenannten Senatsgerichtsabteilung (7004-1).
Verfahrensgang
Das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs setzte betreffend die beschwerdeführende Partei mit Bescheid vom die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest und führte es in diesem Bescheid aus, dass die beschwerdeführende Partei Grundstücke veräußert habe und die daraus erzielten Einkünfte nicht erklärt worden seien. Da die verkauften Grundstücke zum nicht mehr steuerverfangen gewesen seien, könnten die Einkünfte aus den Grundstücksveräußerungen pauschal ermittelt werden. Bei einer Umwidmung in Bauland seien als Anschaffungskosten pauschal 40 % des Veräußerungserlöses anzusetzen. Die Einkünfte aus den Grundstücksveräußerungen würden daher 60 % des Veräußerungserlöses, das seien EUR 28.079,40 betragen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde vom brachte die beschwerdeführende Partei vor, dass die verkauften Grundstücke bereits vor dem Bauland gewesen seien. Nach dem sei keine Umwidmung mehr erfolgt. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom zu B1609/93 seien Aufschließungszonen im Sinne des Raumplanungsgesetzes Bestandteile des Baulandes und nicht des Grünlandes. Dass Gemeinden Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilen könnten, diene der Gewährleistung eines geordneten Siedlungswesens. Die gesetzliche Ermächtigung habe jedoch lediglich fakultativen Charakter. Es stehe daher der Gemeinde frei, Aufschließungszonen zu bilden und nach eigenen Kriterien freizugeben. Die Nachfrage nach Baugrundstücken sei daher ein wesentliches Kriterium für die Freigabe von Aufschließungszonen. Die vor dem bereits gegebene Baulandwidmung hätte daher bei einer entsprechenden Nachfrage nach Baugrundstücken in ***Dorf eine Bebauung dieser Grundflächen vor dem ermöglicht. Es liege daher keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG nach dem vor.
In Reaktion auf diese Beschwerde forderte das Finanzamt die beschwerdeführende Partei mit Vorhalt vom auf, einen Nachweis dafür vorzulegen, wann die Umwidmung in Bauland, die erstmals eine Bebauung ermöglicht habe, erfolgt sei.
In der Antwort der beschwerdeführenden Partei vom führte diese aus, dass das Grundstück lt. geänderten Flächenwidmungsplan vom Bauland-Wohngebiet sei.
In weiterer Folge ersuchte das Finanzamt mit Schreiben vom die Marktgemeinde ***MG*** um Bekanntgabe des Zeitpunktes der Umwidmung der veräußerten Grundstücke in Bauland, die erstmals eine Bebauung ermöglicht habe.
Die Marktgemeinde ***MG*** kam diesem Ersuchen mit Schreiben vom nach und führte es unter Verweis auf den beiliegenden Flächenwidmungsplan aus dem Jahr 1981 aus, dass die Grundstücke im Jahr 1981 als Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone gewidmet gewesen seien. Diese Grundstücke seien mit Beschluss des Gemeinderates vom zur Grundabteilung und Bebauung freigegeben worden. Dieser Beschluss wurde ebenso mit diesem Schreiben übermittelt.
Nach Einholung dieser Auskunft wies das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Begründet wurde diese Entscheidung dergestalt, dass als Umwidmung eine Änderung der Widmung gelte, die erstmals eine Bebauung ermögliche, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland entspreche. Hingegen seien Widmungsänderungen von Grünland in Bauland keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, wenn eine Bebauung auf Grund raumordnungsrechtlicher Maßnahmen nicht zulässig sei (zB. Aufschließungsgebiete oder bei Baulanderwartungsland). Eine Umwidmung sei in diesen Fällen erst dann gegeben, wenn eine spätere Widmungsänderung erstmals tatsächlich eine Bebauung ermögliche. Die verkauften Grundstücke seien laut Flächenwidmungsplan in der Baulandaufschließungszone gewesen und seien die Grundstücke mit Beschluss vom zur Bebauung freigegeben worden.
In Reaktion auf diese Beschwerdevorentscheidung begehrte die beschwerdeführende Partei mit Antrag vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung sowie eine Entscheidung durch den Senat. Zusätzlich brachte die beschwerdeführende Partei neben der Wiederholung des ursprünglichen Beschwerdevorbringens vor, dass die Abweisung der Beschwerde entgegen dem Wortlaut des Gesetzes, der eine Umwidmung in Bauland vor dem mit der begünstigten Besteuerung nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 vorsehe, erfolgt sei. Aufschließungszonen seien Bestandteile des Baulands im Sinne der NÖ Raumordnungsgesetze. Die Steuer aus der Veräußerung der Grundstücke sei daher mit EUR 1.637,97 festzusetzen.
Am fand die von der beschwerdeführenden Partei beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat statt und brachte in dieser der Vertreter der beschwerdeführenden Partei vor, dass die Umwidmung im Jahr 1980 bzw. im Jahr 1981 erfolgt sei und vom Verfassungsgerichtshofs in seiner Entscheidung vom zu B1609/93 festgestellt worden sei, dass die Widmung "Baulandaufschließungszone" Bestandteil der Widmungsart Bauland sei. Mit einer Widmung als Baulandaufschließungszone habe der Bauwerber bei Vorliegen der dort definierten Voraussetzungen sogar einen Rechtsanspruch auf die Erlassung der Verordnung, die die endgültige Bebauung ermögliche. Im vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen Fall sei es darum gegangen, dass ein Nachbar gegen die Bebauung eines Grundstückes, das zwar umgewidmet, aber noch Aufschließungsgebiet gewesen sei, vorgegangen sei. Dies mit der obigen Begründung ohne Erfolg.
Der Vertreter des Finanzamtes Österreich replizierte unter Verweis auf die erläuternden Bemerkungen zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, dass sich aus deren klaren Formulierung ableiten lasse, dass dem Gesetzgeber diese Problematik bewusst gewesen sei und er den Umwidmungszeitpunkt so bestimmen habe wollen, dass er von der tatsächlichen Bebauungserlaubnis abhänge. Dieser werde im NÖ-Raumordnungsrecht per Verordnung bestimmt.
Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei ist aufgrund des (unentgeltlichen) Übergabsvertrages vom Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ ***ZZZ*** KG ***ZZZZZ***. Teile dieser Liegenschaft wurden mit Gemeinderatsbeschluss der Marktgemeinde ***MG*** vom und vom als Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone 3 bzw. als Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone 4 gewidmet. Diese Widmung erfolgte unter der Auflage, dass die Aufschließungszonen des Bauland-Wohngebietes unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Erfordernisse, unabhängig von der Nummerierung, freizugeben sind, wenn die Aufschließung gesichert ist.
Am stellte der Gemeinderat der Marktgemeinde ***MG*** einstimmig fest, dass die Auflage zur Freigabe der als Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone gewidmeten Flächen erfüllt ist und beschloss dieser mit Verordnung vom gleichen Tag, die im Flächenwidmungsplan ausgewiesene Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone 3 sowie Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone 4 nach Erfüllung der im geltenden Örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegten Freigabebedingungen, das ist "Die Aufschließungszonen des Bauland-Wohngebietes unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Erfordernisse, unabhängig von der Nummerierung, freizugeben sind, wenn die Aufschließung gesichert ist", zur Grundabteilung und Bebauung freizugeben.
Mit Bescheid der Marktgemeinde ***MG*** vom wurde betreffend die Liegenschaft EZ ***ZZZ*** KG ***ZZZZZ*** unter anderem die Abteilung in die Grundstücke ***G1*** sowie ***G2*** verfügt.
Am erfolgte sodann der Verkauf der beiden Grundstücke und erhielt die beschwerdeführende Partei für ihren Hälfteanteil am Grundstück ***G1*** EUR 19.583,50 sowie für ihren Hälfteanteil am Grundstück ***G2*** EUR 27.215,50, sohin insgesamt EUR 46.799,00.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt basiert auf dem Notariatsakt vom , der Auskunft der Marktgemeinde ***MG*** vom samt dem beigelegten Sitzungsprotokoll über die Sitzung des Gemeinderates vom sowie dem beigelegten Flächenwidmungsplan aus dem Jahr 1981, den beiden Kaufverträgen vom betreffend die Grundstücke ***G1*** und ***G2***, dem Bescheid der Marktgemeinde ***MG*** vom und den Eintragungen im Grundbuch zu EZ ***ZZZ*** KG ***ZZZZZ***.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gem. § 30 Abs. 4 EStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012 (BGBl. I Nr. 112/2012) sind, soweit Grundstücke am nicht steuerverfangen waren, als Einkünfte anzusetzen:
1. Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 40% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Als Umwidmung gilt eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Dies gilt auch für eine spätere Umwidmung in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Veräußerung.
2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten. Der Unterschiedsbetrag erhöht sich um die Hälfte der in Teilbeträgen gem. § 28 Abs. 3 abgesetzten Herstellungsaufwendungen, soweit sie innerhalb von fünfzehn Jahren vor der Veräußerung vom Steuerpflichtigen selbst oder im Fall unentgeltlichen Übertragung von seinem Rechtsvorgänger geltend gemacht wurden.
Laut § 124b Z 233 EStG 1988 ist § 30 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012 erstmals anzuwenden auf Veräußerungen nach dem .
Erläuterungen zur Regierungsvorlage können im Rahmen der Interpretation des bezughabenden Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten (vgl. , mit weiteren Nachweisen), sofern sie nicht in eindeutigem Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes stehen (vgl. mit weiteren Nachweisen).
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, umfasst § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 im Wesentlichen die Umwidmung von Grünland in Bauland. Allerdings können auch Widmungen, die nicht dem Bauland zuzuordnen sind, aber eine Bebauung nach Art einer Baulandwidmung ermöglichen, unter diesen Tatbestand subsumiert werden (zB Sonderwidmungen für Einkaufzentren). Hingegen sind Widmungsänderungen von Grünland in Bauland keine Umwidmungen im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, wenn eine Bebauung auf Grund raumordnungsrechtlicher Maßnahmen nicht zulässig ist (zB bei Aufschließungsgebieten oder bei Bauerwartungsland). Eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 ist in diesen Fällen erst dann gegeben, wenn eine spätere Widmungsänderung erstmals tatsächlich eine Bebauung ermöglicht (ErlRV 1680 BlgNR 24. GP, 9ff).
Diese Ausführungen in den Erläuterungen übernehmend wird ebenso in den Kommentaren zum EStG 1988 die Rechtsauffassung vertreten, dass eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 dann vorliegt, wenn die Umwidmung erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche entspricht. Im Falle von Aufschließungsgebieten bzw. Bauerwartungsland liegt hingegen keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 vor, wenn aufgrund des Raumordnungsrechtes noch keine Bebauung zulässig ist. Erst wenn das Aufschließungsgebiet (mittels Verordnung) aufgehoben wird, liegt eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 vor. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass die durch die Umwidmung eingetretene Wertsteigerung auch im Rahmen der pauschalen Einkünfteermittlung erfasst wird (Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 30, IV. Ermittlung der Einkünfte (Abs 3 bis 6), Rz. 74; Bodis/Hammerl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg), Kommentar zum EStG (17. Lfg 2014), § 30, Ermittlung der Einkünfte, Rz. 270ff).
Nach § 16 Abs. 4 des Niederösterreichischen Raumordnungsgesetzes 1976, in der Fassung LGBl. 8000-10, kann das Bauland zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, wenn zugleich im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für deren Freigabe festgelegt werden. Als derartige Voraussetzungen kommen die Bebauung von Baulandflächen mit gleicher Nutzungsart zu einem bestimmten Prozentsatz, die Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen sowie von Lärmschutzbauten und dergleichen in Betracht. Eine fehlende Standorteignung gemäß § 15 Abs. 3 kann durch Freigabevoraussetzungen nicht ersetzt werden.
Die Freigabe erfolgt durch Verordnung des Gemeinderates nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200. Die Freigabe von Teilen einer Aufschließungszone ist zulässig, wenn die jeweils festgelegten Freigabevoraussetzungen erfüllt sind, der Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert bleibt.
Laut § 3 Abs. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976, in der Fassung LGBl. 8200-14, wird der Zeitpunkt des Beginnes der Abteilung und Bebauung von Grundstücken in allfälligen Aufschließungszonen nach Eintritt der im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegten Voraussetzungen vom Gemeinderat durch Verordnung bestimmt.
Das bedeutet für den konkreten Fall:
Der beschwerdeführenden Partei ist dahingehend zuzustimmen, dass in Bezug auf die im Jahr 2013 veräußerten Grundstücke bereits vor dem eine Umwidmung in Bauland stattfand. Dies verhilft der Beschwerde allerdings nicht zum Erfolg, wurden diese Grundstücke in concretu in Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone umgewidmet und ermöglichte diese Widmungsart für sich allein nach dem niederösterreichischen Raumordnungsrecht vorerst keine Bebauung dieser Grundstücke, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche entspricht. Erst durch die nachträglich im Jahr 1996 mittels Verordnung der Marktgemeinde ***MG*** vorgenommene Freigabe der Aufschließungszonen zur Aufteilung und Bebauung nach Erfüllung der im Zeitpunkt der Widmung vorgesehenen Auflage wurde erstmalig eine Bebauung dieser Grundstücke nach Art der Baulandswidmung möglich. Dieser Vorgang stellt zwar an sich keine spätere Widmungsänderung der veräußerten Grundstücke dar, die eine Bebauung erstmalig ermöglicht, wie in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum 1. Stabilitätsgesetz 2012 in diesem Zusammenhang erwähnt wird, doch ist die Freigabe von Aufschließungszonen mittels Verordnung der Intention des Gesetzgebers folgend einer späteren Widmungsänderung gleichzuhalten, wurde doch erst durch diesen im niederösterreichischen Raumordnungsrecht vorgesehenen Akt erstmalig eine Bebauung der bereits als Bauland/Aufschließungszone gewidmeten Grundstückes ermöglicht und ging mit diesem Akt eine Wertsteigerung der Grundstücke infolge der nunmehrigen Möglichkeit der Bebauung ebenjener einher.
In Anbetracht der vorgenannten Gründe sieht das erkennende Gericht keine Veranlassung, sich der Rechtsmeinung der beschwerdeführenden Partei, insoweit die Widmung als Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone der veräußerten Grundstücke im Jahr 1981 für sich allein bereits als eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 anzusehen sei, zu folgen, sondern liegt eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 nach Ansicht des erkennenden Senates erst in dem Zeitpunkt vor, in dem die veräußerten Grundstücke mittels Verordnung der Marktgemeinde vom zur Bebauung freigeben wurden. Folglich waren die pauschalen Anschaffungskosten gem. § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012 (BGBl. I Nr. 112/2012) mit 40 % des Veräußerungserlöses der veräußerten Grundstücke ***G1*** sowie ***G2***, anstatt der von der beschwerdeführenden Partei begehrten 86 % des Veräußerungserlöses, anzusetzen.
An dieser Beurteilung vermag auch die Argumentation in der Beschwerde, dass bei entsprechender Nachfrage an Baugrundstücken eine Freigabe und damit einhergehend eine Bebauung der veräußerten Grundstücke bereits vor dem möglich gewesen wäre, keine Änderung herbeizuführen, stellen doch weder das Gesetz noch die Erläuterungen noch die zitierte Literatur auf eine rein theoretische Freigabe zur Bebauung ab, sondern wird ausdrücklich eine Widmungsänderungs- bzw. ein Freigabeakt verlangt, der erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Im Falle von Aufschließungszonen nach dem Niederösterreichischen Raumordnungsrecht tritt deren Bebauungsmöglichkeit erst in dem Zeitpunkt der Freigabe ebenjener zur Bebauung nach Erfüllung der diesbezüglich festgelegten Voraussetzungen durch Verordnung der jeweiligen Gemeinde ein. Eine allfällige vorherige Bebauung von Grundstücken in Aufschließungszonen würde daher gegen das Niederösterreichische Raumordnungsrecht verstoßen und sich infolge dessen als rechtswidrig erweisen.
In Bezug auf die von der beschwerdeführenden Partei im Rahmen der Beschwerdebegründung sowie in der mündlichen Verhandlung angesprochene Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom zu B1609/93 gilt es vorweg festzuhalten, dass dieser Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde lag. Eine Gemeinde legte mit Verordnung die Widmung eines Grundstücks als Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone A 16 fest, ohne jedoch die Bedingungen für die Freigabe der Aufschließungszone in dieser Verordnung zu bestimmen. Später wurde mit weiterer Verordnung der Gemeinde die Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone 16 gem. § 3 Abs. 3 der NÖ Bauordnung 1976 zur Grundabteilung und Bebauung freigegeben sowie darauf folgend in Bezug auf das Grundstück mittels Bescheid die Baubewilligung hinsichtlich der Errichtung einer Wohnhausanlage erteilt.
Betreffend diesen Baubewilligungsbescheid brachten die in diesem Verfahren auftretenden Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde unter anderem vor, dass beide Verordnungen der Gemeinde gesetzwidrig seien, weil in der Verordnung über die Widmung des Grundstückes weder eine zeitliche Reihenfolge noch Bedingungen für die Freigabe festgesetzt worden seien und dementsprechend auch die Freigabeverordnung von keinen entsprechenden, vom Flächenwidmungsplan festzulegenden Voraussetzungen für die Freigabe ausgehen habe können.
Der Verfassungsgerichtshof schloss sich dieser Rechtsmeinung allerdings nicht an und führte er, soweit für das gegenständliche Verfahren von Relevanz, aus, dass Aufschließungszonen im Sinne des Raumplanungsrechts Bestandteil des Baulandes und nicht des Grünlandes, mag ihre Bebauung auch noch zeitlich aufgeschoben sein, sind. Grundgedanke der einem Baulandausweis beigefügten Beschränkung als Aufschließungszone war und ist, dass dieses Bauland erst zu einem späteren Zeitpunkt - nach gehöriger Aufschließung und bei entsprechendem Bedarf - durch Verordnung zur Bebauung freigegeben wird. Dazu ist der Verordnungsgeber bei Vorliegen der Voraussetzungen sogar verpflichtet.
Zudem durfte gemäß dem zum Zeitpunkt der Erlassung des vereinfachten Flächenwidmungsplanes geltenden § 13 Abs. 6 NÖ ROG 1968 und kann gemäß des § 16 Abs. 5 erster Satz NÖ ROG 1976 das Bauland auch in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, "wenn eine bestimmte zeitliche Reihenfolge der Aufschließung vorgesehen ist". Diese gesetzliche Ermächtigung schließt nach dem Verfassungsgerichtshof aber angesichts ihres lediglich fakultativen Charakters ("… kann in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, …) nicht aus, dass Aufschließungszonen im Bauland auch ohne zeitliche Reihenfolge festgelegt werden, wie es auch in dem von ihm zu beurteilenden Fall geschah. Die Freigabe mittels Verordnung nach § 3 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1976 ist mangels einer ausdrücklichen zeitlichen Festlegung dann zu erteilen, wenn die Voraussetzungen, di. eben die erforderliche Aufschließung durch Schaffung der notwendigen Infrastruktur und ein entsprechender Baulandbedarf, vorliegen.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass diese Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs nicht für, sondern gegen die Position der beschwerdeführenden Partei spricht. So ist zum einen im vorliegenden Fall von Relevanz, dass die Widmung in Bauland Wohngebiet/ Aufschließungszone vor dem stattfand und die Freigabe zur Bebauung mittels Verordnung der Markgemeinde ***MG*** erst nach diesem für die Lösung des Rechtsproblems relevanten Zeitpunktes erfolgte. Im Unterschied dazu war die Freigabeverordnung im vom Höchstgericht beurteilten Fall bereits vor dem Beurteilungszeitpunkt erlassen worden.
Zum anderen ist zu beachten, dass der Verfassungsgerichtshof seine Feststellung, wonach Aufschließungszonen Bestandteil des Baulandes und nicht des Grünlandes sind, mit dem Nebensatz ergänzte, dass die Bebaubarkeit von Aufschließungszonen zeitlich aufgeschoben ist, und anmerkte, dass der Grundgedanke der einem Baulandausweis beigefügten Beschränkung als Aufschließungszone war und ist, dass dieses Bauland erst zu einem späteren Zeitpunkt, nach Eintritt der entsprechenden Voraussetzungen, durch Verordnung zur Bebauung freigegeben wird.
Diese Tatsache dürfte auch der Gesetzgeber bei der Formulierung der Gesetzesmaterialien vor Augen gehabt haben, als er die hier einschlägigen Aufschließungsgebiete bzw. Bauerwartungsland wörtlich erwähnte und zum Schluss kam, eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 sei in diesen Fällen erst dann gegeben, wenn eine spätere Widmungsänderung erstmals tatsächlich eine Bebauung ermöglicht (ErlRV 1680 BlgNR 24. GP, 9ff).
Die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs und die zitierten Gesetzesmaterialien stützen die Rechtsauffassung des erkennenden Senats des Bundesfinanzgerichts und dessen Überzeugung, dass die Widmung als "Bauland Wohngebiet/Aufschließungszone" noch keine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 darstellt, weil mit ihr eben keine Möglichkeit der Bebauung einhergeht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht. Erst mit der Freigabe mittels Verordnung der Gemeinde nach Eintritt der hierfür bestimmten Voraussetzungen ist diese Möglichkeit gegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt ist sie auch nach dem Rechtsverständnis des Verfassungsgerichtshofs zeitlich aufgeschoben.
Auch der Verweis der beschwerdeführenden Partei auf die Aussage des Verfassungsgerichtshofs, der zufolge die gesetzliche Ermächtigung, wonach Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden kann, wenn eine bestimmte zeitliche Reihenfolge der Aufschließung vorgesehen ist, fakultativen Charakter hat, vermag nicht zu überzeugen. Weder bezog sich diese Aussage auf die Freigabe von Aufschließungszonen durch die jeweilige Gemeinde mittels Verordnung, noch ändert dies etwas an der zeitlichen Aufschiebung der Möglichkeit der Bebauung bis zur Freigabe nach Eintritt der hierfür vorgesehenen Voraussetzungen.
Damit war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG).
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag ( mit weiteren Nachweisen) bzw. die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).
Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im gegenständlichen Fall zuzulassen, da in Bezug auf die entscheidungsrelevante Rechtsfrage, ob für das Vorliegen eine Umwidmung im Sinne des § 30 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 eine Widmung in Bauland/Aufschließungszone für sich allein bereits als ausreichend anzusehen ist, oder ob in solch einem Fall die geforderte Umwidmung erst in dem Zeitpunkt gegeben ist, in dem die Aufschließungszone mittels Verordnung der Gemeinde zur Bebauung freigeben wird, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs existiert. Die Beantwortung dieser Frage kann sich zwar auf detaillierte parlamentarische Materialien stützen, die auch nicht in eindeutigem Widerspruch zum Gesetz stehen, nicht aber auf einen klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | Brandstetter in BFGjournal 2023, 240 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5102157.2015 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at