Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.05.2023, RV/7500169/2023

Zurückweisung - verspäteter Einspruch gegen die Strafverfügung; Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfüllt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien vom , Geschäftszahl (GZ): MA67/226700572296/2022, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom mit derselben GZ gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gemäß Art. 133 B-VG ist gegen diese Entscheidung eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Geschäftszahl: MA67/226700572296/2022, wurde Herr ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer bzw. Bf.) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung (am , 15.32 Uhr, in 1150 Wien, F.gasse 2 und 4) für schuldig erkannt und über ihn nach § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt.

Am bestätigte der Bf. mit seiner Unterschrift unter Beisetzung des Datums "" mit seiner Unterschrift: "Obengenannte Sendung wurde ordnungsgemäß ausgefolgt."

Davor, am , hatte die Magistratsabteilung 67 betreffend dieselbe zur Last gelegte Verwaltungsübertretung eine Anonymverfügung an den Bf. gerichtet.

Am richtete der Magistrat der Stadt Wien eine Mahnung an den Bf.:
Wir erinnern Sie, dass Sie mit der rechtskräftigen Strafverfügung vom ,
GZ.: MA67/2267 00572296/2022, zu folgender Geldleistung verpflichtet wurden:
Delikt … Strafbetrag …
Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar ist, fordern wir Sie noch einmal auf, den Gesamtbetrag unverzüglich einzuzahlen.

Am richtete sich der Magistrat der Stadt Wien, GZ. MA67/226700572296/2022, mit dem Ersuchen um Vollstreckung einer öffentlich-rechtlichen Geldforderung an das Finanzamt ***deutsche.Stadt***:
Herr/Frau (Bf.), geb.: …
wohnhaft in [Wohnanschrift des Bf.] wurde mit der Strafverfügung vom ,
GZ.: MA67/226700572296/2022 rechtskräftig bestraft.
Die Forderung beruht auf folgender gesetzlicher Bestimmung:
§ 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABI. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung.
Da trotz Zahlungserinnerung der aushaftende Strafbetrag bis heute nicht verbucht werden konnte, wird um eine zwangsweise Eintreibung des Geldbetrages ersucht.

Am , 16:27 Uhr, schrieb der Bf. der über Ersuchen des Magistrats der Stadt Wien eingeschalteten Stadtkasse ***deutsche.Stadt***:
… wie telefonisch mit Frau Ve…, besprochen möchte ich Ihnen mitteilen das der Wagen seit den nicht mehr in meinen Besitz ist.
Bitte wenden Sie sich zu allen Strafverfügungen dieses Kennzeichen MG-… (betroffenes in der Strafverfügung angeführtes Kennzeichen) an
Herr …
Polen
alle Vergehen sind von Herrn T… ausgegangen
Die Betrugsangelegenheit ist bei der Polizei gemeldet Ansprechpartner ist Herr ...
Kriminalpolizei in ***deutsche.Stadt*** mit dem Sie sich gerne in Verbindung setzten möchten.
Im Moment werden mehrere Straftaten mit diesen Fahrzeug in Österreich getätigt so dass die Behörden dort auch schon in Kenntnis gesetzt wurden.

Der mit E-Mail am eingebrachte Einspruch gegen diese Strafverfügung wurde vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG als verspätet zurückgewiesen.

Am erließ die belangte Behörde, unter der GZ MA67/226700572296/2022, den beschwerdegegenständlichen Zurückweisungsbescheid wie folgt:
Spruch
Ihr Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom , GZ w.o., wird gemäß § 49 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG als verspätet zurückgewiesen.
Begründung
"Gemäß § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Die Strafverfügung wurde laut Zustellnachweis am ordnungsgemäß an Sie ausgefolgt, wodurch ein etwaiger Zustellmangel ab diesem Zeitpunkt als saniert gilt.
Die im § 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher spätestens am und endete am .
Sie haben den Einspruch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der Einspruchsfrist per E-Mail bei der deutschen Vollstreckungsbehörde eingebracht, sodass der Einspruch als verspätet zurückgewiesen werden musste.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde ist es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Am richtete der Bf. folgendes E-Mail an die Magistratsabteilung 67:
Betreff: MA67/226700572296/2022
Betreff: Beschwerde auf Bescheid vom
"wie Sie mir mitteilen ist mein Einspruch richtig und vollständig aber zu spät bei Ihnen eingegangen. Ich möchte mich für die Verzögerung entschuldigen da ich krankheitsbedingt verhindert war.
Bei so vielen Schreiben von Ihnen wo es immer wieder um ein Delikt geht was ich nicht begangen habe da ich nicht Besitzer des Fahrzeuges bin habe ich auch etwas den Überblick verloren.
Bitte wenden Sie sich zu allen Strafverfügungen dieses Kennzeichen an […]
wie ich Ihnen schon mitteilte alle Vergehen sind von Herrn T… ausgegangen gerne können Sie sich mit der deutschen Polizei in Verbindung setzen da Strafantrag gestellt wurde.
Ich bin nicht bereit die Strafverfügungen zu zahlen."

Das Bundesfinanzgericht richtete am ein Schreiben an den Bf.; es wurde bis dato nicht beantwortet (näheres vgl. unten im Erwägungsteil).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 24 Abs. 1 1. Satz Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) ist das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht in der BAO, im Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG), BGBl. Nr. 659/1994, im Finanzstrafgesetz (FinStrG), BGBl. Nr. 129/1958, sowie in § 42 EU-BStbG geregelt. Für gemäß Art. 131 Abs. 5 B-VG dem Bundesfinanzgericht übertragene Rechtsmittel betreffend Verwaltungsübertretungen ist das Verfahren im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt.

§ 50 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bestimmt:
Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

Gemäß § 5 Wiener Abgabenorganisationsrecht (WOAR) entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten der in den §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben entscheidet das Bundesfinanzgericht. In Angelegenheiten der in §§ 1 und 2 genannten Landes- und Gemeindeabgaben findet ein Instanzenzug nicht statt.

§ 49 VStG normiert:
"(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken."

Die Frist des § 49 Abs. 1 VStG bildet eine verfahrensrechtliche Frist, die nicht erstreckbar ist. Ein verspätet erhobener Einspruch ist bescheidförmig zurückzuweisen; auf ein Verschulden der Partei kommt es dabei nicht an (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 49 Rz 3).

§ 44 VwGVG normiert:
"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

§ 11 Zustellgesetz normiert:
"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen."

Artikel 10 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen normiert:
"(1) Schriftstücke in Verfahren nach Artikel 1 Absatz 1 werden unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" zu versenden."

Reale Auslandszustellungen sind Zustellungen, bei denen der physische Zustellvorgang als solcher im Ausland vorgenommen wird. Die internationale Rechtshilfe im traditionellen Sinn regelt daher auch nur die Arten des Übermittlungswegs, der Zustellvorgang selbst fällt hingegen bereits in die ausschließliche Kompetenz des Empfangsstaates (vgl. Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny3 II/2 § 11 ZustG Rz 12).

§ 177 der deutschen Zivilprozessordnung normiert:
"Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird."

Nach dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (AS 19) hat der Bf. die Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom , GZ: MA67/226700572296/2022, am persönlich übernommen.

Somit wurde das behördliche Dokument nachweislich an die Person, der zugestellt werden soll (den Bf.), übergeben und auch den Vorgaben im Rechtshilfeabkommen hinsichtlich der postalischen Zustellung mit Zustellnachweis entsprochen.

Der Beschwerdeführer hat - hiermit im Einklang stehend - eine mangelhafte Zustellung der Strafverfügung nicht geltend gemacht.

Die Strafverfügung vom , Zahl: MA67/226700572296/2022, wurde mit persönlicher Übernahme durch den Beschwerdeführer am rechtmäßig zugestellt.

Die zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am und endete am Freitag den .

Der mit E-Mail am vom Beschwerdeführer eingebrachte Einspruch gegen die verfahrensgegenständliche Strafverfügung war somit nicht fristgerecht.

Mit dem nicht näher konkretisierten Vorbringen: "Ich möchte mich für die Verzögerung [zu ergänzen: der Einbringung des Einspruches] entschuldigen da ich krankheitsbedingt verhindert war." wurde ein Zustellmangel nicht geltend gemacht. Vielmehr ist dieses Vorbringen im Lichte des Erfüllens der Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beurteilen (näheres zur Wiedereinsetzung vgl. unten).

Da sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 VStG eingebracht wurde und die Rechtzeitigkeit des Einspruchs aufgrund der getroffenen Feststellungen zu verneinen ist, war es dem Bundesfinanzgericht (auf Grund der Zurückweisung) verwehrt auf inhaltliche Aspektedes dem Zurückweisungsbescheid zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrenseinzugehen.

§ 33 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) bestimmt - wie § 71 Abs. 1 Z 1 AVG 1991:
(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) In den Fällen des Abs. 1 ist der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen und zwar bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde und ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht; ein ab Vorlage der Beschwerde vor Zustellung der Mitteilung über deren Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der Behörde gestellter Antrag gilt als beim Verwaltungsgericht gestellt und ist diesem unverzüglich vorzulegen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 4 Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt.

Das Vorbringen des Bf. in der Beschwerde "da ich krankheitsbedingt verhindert war" veranlasste das Bundesfinanzgericht, am folgendes Schreiben an den Bf. zu richten:
Ihr E-Mail an die Magistratsabteilung 67 des Magistrats der Stadt Wien vom lautet:
Betreff: MA67/226700572296/2022
Betreff: Beschwerde auf Bescheid vom
"wie Sie mir mitteilen ist mein Einspruch richtig und vollständig aber zu spät bei Ihnen eingegangen. Ich möchte mich für die Verzögerung entschuldigen da ich krankheitsbedingt verhindert war.
Bei so vielen Schreiben von Ihnen wo es immer wieder um ein Delikt geht was ich nicht begangen habe da ich nicht Besitzer des Fahrzeuges bin habe ich auch etwas den Überblick verloren.
Bitte wenden Sie sich zu allen Strafverfügungen dieses Kennzeichen an […]
wie ich Ihnen schon mitteilte alle Vergehen sind von Herrn T… ausgegangen gerne können Sie sich mit der deutschen Polizei in Verbindung setzen da Strafantrag gestellt wurde.
Ich bin nicht bereit die Strafverfügungen zu zahlen."
Mit diesem Vorbringen wurde [Anmerkung. wie oben bereits ausgeführt] nicht ein Zustellmangel (bei der Zustellung der Strafverfügung an Sie) geltend gemacht.
Vielmehr ist dieses Vorbringen (und zwar wegen Ihres Vorbringen "da ich krankheitsbedingt verhindert war") im Lichte des Erfüllens der Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beurteilen und kann nur ein diesbezüglich für Sie erfolgreicher Verfahrensschritt dazu führen, dass Sie die verhängte Strafe nicht zahlen müssen!).
Zu den Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auszuführen:
[Wiedergabe der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen an eine Wiedereinsetzung]
Den Wiedereinsetzungswerber trifft trotz des im Verwaltungsverfahren herrschenden Grundsatzes der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist daher nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers gesteckt ist (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 84/11/0011, vom , Zl. 95/19/1792 und vom , Zl. 97/01/0983).
Es wird Ihnen Gelegenheit gegeben, das Erfüllen der Voraussetzungen
- … glaubhaft zu machen (mittels Ihnen geeignet erscheinender Unterlagen zu dokumentieren)
und
- … darzutun, dass die zweiwöchige Frist gemäß dieser Bestimmung eingehalten wurde.
Hierfür wird Ihnen eine Frist von zwei Wochen eingeräumt.

Auf dieses Schreiben wurde bis dato nicht reagiert.

Mangels Reagieren des Bf. kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfüllt sind. Ein diesbezüglich für den Bf. erfolgreicher Verfahrensschritt wurde vom Bf. somit nicht gesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt wurde und sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet.

Kostenentscheidung

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:
"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:

1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

Da sich die rechtlichen Konsequenzen eines verspätet eingebrachten Einspruches gegen eine Strafverfügung, welche Beurteilung dem vorliegenden Beschwerdefall zugrunde liegt, aus dem Gesetz ergeben, war die ordentliche Revision im gegenständlichen Fall für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500169.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at