Ein fehlender beherrschender Einfluss eines Gesellschafters auf die Gesellschaft steht einem Fingieren eines Zuflusses von Honoraren an den Gesellschafter entgegen.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch MMag. Christoph Doppelbauer, Vogelweiderstraße 9, 4600 Wels, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2013 sowie gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Umsatzsteuer 2014 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuer 2013 wird ersatzlos aufgehoben.
Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2014 vom wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet dieses einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Bei der beschwerdeführenden Partei fand im Jahr 2015 eine Umsatzsteuersonderprüfung statt und hielt das Finanzamt Grieskirchen Wels in der diesbezüglichen Niederschrift über die Schlussbesprechung und Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom fest, dass die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2013 und 2014 gegenüber der ***GmbH*** Honorarnoten für Consulting, Controlling und Finanzwesen gestellt habe. Die beschwerdeführende Partei sei Gesellschafter (33 %) der ***GmbH*** und erfolge ihre Gewinnermittlung nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung). Bis zum seien von der Gesellschaft keine Zahlungen geleistet worden.
Rechtlich sei dieser Sachverhalt so zu würdigen, dass nach der ständigen Rechtsprechung ein Betrag dann als zugeflossen gelte, wenn der Empfänger darüber verfügen könne. Nehme eine Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zugunsten ihres Gesellschafters auf dem Verrechnungskonto vor, dann sei von einem Zufluss auszugehen. Bei einem beherrschenden Gesellschafter (Mehrheitsgesellschafter) sei der Zufluss bereits dann gegeben, sobald die Forderung fällig sei. Nach Ansicht der Finanzverwaltung sei die Fälligkeit der Beträge längst eingetreten und es würden die Beträge daher als zugeflossen gelten und es sei die enthaltene Mehrwertsteuer abzuführen. Dies betreffe sowohl Honorarnoten, die im Jahr 2013 ausgestellt worden seien, als auch Honorarnoten, die im Jahr 2014 ausgestellt worden seien.
Als Folge dieses Ergebnisses verfügte das Finanzamt Grieskirchen Wels mit Bescheid vom die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Umsatzsteuer 2013 und setzte es mit Bescheid vom gleichen Datum die Umsatzsteuer für das Jahr 2013 entsprechend den Ausführungen im Bericht fest.
Zusätzlich nahm das Finanzamt Grieskirchen Wels mit weiterem Bescheid vom eine Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 10-12/2014 im Sinne des Prüfungsergebnisses vor.
Mit Schriftsätze vom erhob die beschwerdeführende Partei gegen alle vorgenannten Bescheide Beschwerde und begründete sie diese dergestalt, dass die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2013 und 2014 mit 33,33 % an der ***GmbH*** beteiligt gewesen sei und dass ab dem die ***OG***, an die die beschwerdeführende Partei mit 50 % beteiligt sei, wiederrum einen Anteil von
33,33 % übernommen habe. Die beschwerdeführende Partei habe in den Jahren 2013 und 2014 Leistungen gegenüber dieser Gesellschaft erbracht und seien hierfür Honorarnoten in Höhe von EUR 36.000,00 ausgestellt worden, die allerdings nicht von der Gesellschaft bezahlt worden seien. Folglich seien die Honorare mangels einer Zahlung nicht der Umsatzsteuer zu unterziehen, da die beschwerdeführende Partei nach vereinnahmten Entgelten besteuere.
Ein Zufluss liege entgegen der Ansicht des Finanzamtes Grieskirchen Wels nicht vor, da eine wirtschaftliche Verfügung nur unterstellt werden könne, wenn ausreichend liquide Mittel im Unternehmen vorhanden seien und müsse dies in Hinblick auf die angespannte finanzielle Situation der ***GmbH*** verneint werden. Auch habe die beschwerdeführende Partei keine rechtliche Verfügungsmöglichkeit gehabt, da diese nicht zeichnungsberechtigt gewesen sei und somit keinen Zugang zum Bankkonto gehabt habe.
Zudem habe die beschwerdeführende Partei im Jahr 2014 bis zur Insolvenz der Gesellschaft Gesellschafterdarlehen gewährt, die nötig gewesen seien, um die Zahlungsfähigkeit zu gewährleisten.
Diese Beschwerden wurden vom Finanzamt Grieskirchen Wels mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet abgewiesen.
Die Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffen die Umsatzsteuer 2013 wurde damit begründet, dass die Vereinnahmung der Rechnungsbeträge und damit die Abfuhrverpflichtung der Umsatzsteuer erst im Zuge der Außenprüfung festgestellt worden sei und somit ein Wiederaufnahmegrund vorgelegen habe.
In der Begründung hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 sowie Umsatzsteuer 10-12/2014 führte das Finanzamt Grieskirchen Wels zusammengefasst aus, dass der Begriff der Vereinnahmung im UStG nicht definiert sei und im Übrigen die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten dem einkommensteuerlichen Prinzip der Besteuerung nach Maßgabe des Zuflusses entspreche. Die Judikatur und die Lehre zum einkommensteuerlichen Zuflussprinzip seien daher auf das UStG übertragbar. Vereinnahmung liege danach in dem Zeitpunkt vor, in dem der Unternehmer über den Wert der Gegenleistung rechtlich und wirtschaftlich verfügen könne.
Eine Gutschrift in den Büchern des Schuldners führe nur dann zur Vereinnahmung, wenn mit der Gutschrift auch die freie Verfügungsmöglichkeit verbunden sei. Das sei in der Regel der Fall, wenn die Gutschrift (statt Auszahlung) aus Gründen erfolge, die im überwiegenden Interesse des Gläubigers liege. Sei der leistende Unternehmer gleichzeitig Gesellschafter der Schuldner-Körperschaft, sei der Zufluss mit der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, außer die Gesellschaft sei zahlungsunfähig.
Eine Zahlungsunfähigkeit der ***GmbH*** sei zum Zeitpunkt der Leistungserbringung und der Fälligkeit der Forderungen nicht erkennbar gewesen. Die Konkurseröffnung sei erst am ***tt.mm*** 2015 erfolgt.
In Reaktion auf die Abweisung der Beschwerden durch das Finanzamt Grieskirchen Wels stellte die beschwerdeführende Partei mit Schriftsatz vom einen Antrag auf Vorlage der Beschwerden zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht samt mündlicher Verhandlung und führte sie darin zusammengefasst aus, dass ausgehend von einer Beteiligung der beschwerdeführenden Partei an der ***GmbH*** in Ausmaß von einem Drittel die Abgabenbehörde rechtirrig davon ausgehe, dass ein Zufluss mit Fälligkeit der Forderung anzunehmen sei. Aufgrund der Feststellungen des Finanzamtes Grieskirchen Wels sei die beschwerdeführende Partei Minderheitsgesellschafter und jedenfalls nicht Geschäftsführer der ***GmbH*** gewesen, sodass zu keinem Zeitpunkt ein Zufluss fingiert werden hätte dürfen.
Die beschwerdeführende Partei habe weder tatsächlich noch rechtlich über die gebuchten Beträge verfügen können und sei über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden. Nach den Ausführungen des Masseverwalters habe der Vermögensverfall der Gesellschaft im Jänner 2014 begonnen und sei die Gesellschaft ab nicht mehr in der Lage gewesen, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Demzufolge sei eine Zahlungsunfähigkeit/materielle Insolvenz mit Beginn des Jahres 2014 gegeben gewesen, sodass die Fiktion des Zuflusses für das Jahr 2014 ausgeschlossen sei.
Auch im Jahr 2013 seien keine ausreichenden liquiden Mittel vorhanden und auch nicht beschaffbar gewesen, um die Forderungen der beschwerdeführenden Partei zu bedienen. Eine Fremdfinanzierung sei nicht möglich gewesen bzw. sei eine solche von der Hausbank abgelehnt worden, zumal zum damaligen Zeitpunkt noch keine gesicherten wirtschaftlichen Daten der Gesellschaft (Neugründung) vorgelegt werden hätten können. Die Bankverbindlichkeiten haben per EUR 55.000,00 (übersteigend) betragen, dies bei einem Bilanzverlust on EUR 80.000,00 (übersteigend). Dem Umlaufvermögen mit EUR 253.000,00 (übersteigend) seien Verbindlichkeiten von EUR 306.000,00 (übersteigend) gegenübergestanden.
Fernerhin hätten die Gründungsgesellschafter bereits zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit der ***GmbH*** vereinbart, dass Zahlungen auf von den Gesellschaftern an die Gesellschaft allenfalls verrechneten Leistungen nicht erfolgen dürften, solange nicht gewährleistet sei, dass die Gesellschaft einen Gewinn erwirtschafte bzw. gesichert von einer Gewinnerzielung und ausreichender Liquidität ausgegangen werden könne. Dies zumal schon im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2013 ein erhebliches negatives Ergebnis erwirtschaftet worden sei. Die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft habe sich nicht verbessert und hätte die Gesellschaft letztlich durch Mittelzuschüsse des Gesellschafters gestützt und finanziert werden müssen. Auch aus diesem Grund könne ein Zufluss nicht vorliegen.
Am legte das Finanzamt Grieskirchen Wels die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Grieskirchen Wels die Umsatzsteuer der beschwerdeführenden Partei für das Jahr 2014 im Sinne des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Monate 10-12/2014 vom fest.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsauschusses vom wurde die Beschwerde der Gerichtsabteilung 6021 zum Stichtag abgenommen sowie der Gerichtsabteilung 7004 zugewiesen.
Am übermittelte die rechtsfreundliche Vertretung der beschwerdeführenden Partei dem Bundesfinanzgericht per Fax eine monatliche Saldenliste für das Jahr 2013, den Jahresabschluss 2013 sowie ein URG Berechnungsblatt 2013.
Darüber hinaus wurde eine Ergänzung des bisherigen Beschwerdevorbringens dahingehend vorgenommen, als die Gesellschaft im Jahr 2013 nach dem URG von Anfang an reorganisationsbedürftig gewesen sei. Zudem habe die beschwerdeführende Partei die verfahrensgegenständlichen Rechnungsbeträge kreditieren müssen, weil diese dem EKEG unterliegen hätten und demnach rückzahlungsgesperrt gewesen seien. In solch einem Fall sei keine Verfügungsmacht gegeben, da einer Verfügung über den Betrag § 14 EKEG entgegenstünde und eine dennoch vorgenommene Verfügung eine strafrechtliche Sanktion nach sich ziehen würde. In diesem Sinne hätte auch das Bundesfinanzgericht in seiner Entscheidung vom zu RV/5101139/2018 erkannt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am wiederholte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen die Inhalte ihrer bisher eingebrachten Schriftsätze.
Die Amtsbeauftragte gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung bekannt, dass nach Ansicht der Abgabenbehörde eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ab dem vorgelegen habe und verwies sie in Bezug auf das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses der beschwerdeführenden Partei auf die Gesellschaft über die Gesellschafterversammlung auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom zu RV/5100396/2016 betreffend die ***OG***, die ab September 2013 an der ***GmbH*** beteiligt gewesen sei.
Sachverhalt
Die beschwerdeführende Partei war in den Jahren 2013 und 2014 zu einem Drittel an der ***GmbH***, die am gegründet wurde, beteiligt. Weitere Gesellschafter waren mit jeweils einem Drittel der Bruder der beschwerdeführenden Partei sowie bis zum ***Ges3***. Ab dem trat anstelle des Gesellschafters ***Ges3*** die ***OG*** als Gesellschafter ein und waren sowohl die beschwerdeführende Partei als auch ihr Bruder unbeschränkt haftende Gesellschafter dieser Personengesellschaft.
Geschäftsführer der ***GmbH*** waren bis zum der Bruder der beschwerdeführenden Partei sowie ***Ges3*** und vertraten diese beiden Personen die Gesellschaft gemeinsam. Ab dem war nur mehr der Bruder der beschwerdeführenden Partei Geschäftsführer der Gesellschaft und vertrat dieser ebenjene allein. Die beschwerdeführende Partei hingegen war zu keinem Zeitpunkt Geschäftsführer der Gesellschaft.
Im Gesellschaftsvertrag wurde zwischen den Gesellschaftern vereinbart, dass alle Beschlüsse der Generalversammlung, soweit das Gesetz nicht ein höheres Beschlusserfordernis vorsieht, mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden.
Die beschwerdeführende Partei verfügte weder im Jahr 2013 noch im Jahr 2014 über einen beherrschenden Einfluss auf die ***GmbH*** über die Gesellschafterversammlung.
In den Jahren 2013 und 2014 erbrachte die beschwerdeführende Partei gegenüber der ***GmbH*** Leistungen in Form von Consulting, Controling und Finanzwesen und legte sie hierfür folgende Honorarnoten.
Für das Jahr 2013:
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Datum | Netto | USt | Brutto |
12.000,00 | 2.400,00 | 14.400,00 | |
12.000,00 | 2.400,00 | 14.400,00 | |
12.000,00 | 2.400,00 | 14.400,00 |
Für das Jahr 2014:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum | Netto | USt | Brutto |
18.000,00 | 3.600,00 | 21.600,00 | |
3.000,00 | 600,00 | 3.600,00 | |
3.000,00 | 600,00 | 3.600,00 | |
3.000,00 | 600,00 | 3.600,00 |
Diese Honorare wurden von der ***GmbH*** in ihren Büchern als Beratungsaufwand mit dem Verrechnungskonto der beschwerdeführenden Partei als Gegenkonto erfasst. Eine tatsächliche Zahlung dieser Beträge an die beschwerdeführende Partei erfolgte nicht und wurde in Bezug auf die verrechneten Leistungen vereinbart, dass diese bis zur Erwirtschaftung eines Gewinnes durch die Gesellschaft gestundet werden.
Im Jänner 2014 begann nach einem Zahlungsausfall eines Schuldners in Bezug auf die ***GmbH*** der Vermögensverfall und wirtschaftete die Gesellschaft ab diesem Zeitpunkt nur mehr nach dem Loch-auf-Loch-zu Prinzip. Löhne wurden ab dem Frühjahr 2014 mit einer Verspätung von ein bis zwei Monaten bezahlt und führte die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse ab Februar 2014 monatlich Exekution gegen die Gesellschaft.
Ab dem war es der Gesellschaft nicht mehr möglich, ihre fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen und wurde in weiterer Folge am ***tt.mm*** 2015 vor dem Landesgericht Wels der Konkurs eröffnet, der mit Beschluss des Landesgerichts Wels vom ***tt.mm*** 2016 nach Schlussverteilung aufgehoben wurde. In weiterer Folge wurde die Gesellschaft am ***tt.mm*** 2016 amtswegig aufgrund Vermögenslosigkeit gem. § 40 FBG gelöscht.
Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf die Beteiligung der beschwerdeführenden Partei an der ***GmbH***, die Gesellschafterstruktur, die Geschäftsführer sowie die Beschlussfassungsregelung basieren auf den Eintragungen im Firmenbuch hinsichtlich der ***GmbH*** (***FN-GmbH***) und der ***OG*** (***FN-OG***) sowie auf dem Gesellschaftsvertrag vom betreffend die ***GmbH***.
Die Feststellungen betreffend die Leistungserbringung der beschwerdeführenden Partei gegenüber der ***GmbH*** sowie die damit einhergegangenen, von der beschwerdeführenden Partei an die Gesellschaft ausgestellten Honorare haben ihre Grundlage in den Ausführungen des Berichts über das Ergebnis der Außenprüfung vom , der in Einklang mit der Sachverhaltsschilderung der beschwerdeführenden Partei in ihren Eingaben steht.
Die Feststellungen in Bezug auf die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ab Jänner 2014 wurden anhand des nachvollziehbaren und schlüssigen Berichtes des Masseverwalters vom im Konkursverfahren über das Vermögen der ***GmbH*** getroffen.
Zur Feststellung, dass der beschwerdeführenden Partei in den Jahren 2013 und 2014 kein beherrschender Einfluss auf die ***GmbH*** zukam, gilt es vorweg festzuhalten, dass das Vorliegen eines zuflussbegründenden beherrschenden Einflusses eines Gesellschafters und Gläubigers einer Gesellschaft nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine Tatfrage darstellt, die das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung festzustellen hat (). Aus welchen Umständen sich ein solcher beherrschender Einfluss auf die Gesellschaft ergibt, ist nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht wesentlich und kann sich ein solcher beherrschender Einfluss bei Fehlen einer Mehrheitsbeteiligung auch aus einem Naheverhältnis zu anderen Anteilsinhabern ergeben, wodurch sich insgesamt ein entsprechendes Stimmgewicht in der Gesellschafterversammlung ergibt (). Im Falle einer Lebensgemeinschaft zweier Gesellschafter, die zu jeweils 50 % an einer Gesellschaft beteiligt sind, kann aus der sich hierdurch ergebenden persönlichen Nahebeziehung und der gleich gerichteten Interessenslage ein beherrschender Einfluss beider Gesellschafter abgeleitet werden ().
Zum beherrschenden Einfluss der beschwerdeführenden Partei auf die ***GmbH*** ist sodann auszuführen, dass sich ein solcher aus dem Ausmaß der Beteiligung der beschwerdeführenden Partei an der Gesellschaft allein nicht ergibt. Die beschwerdeführende Partei war selbst unter Einbeziehung ihrer Beteiligung an der ***OG*** zu keinem Zeitpunkt Mehrheitsgesellschafter der ***GmbH*** und verfügte sie demnach allein aufgrund des Beteiligungsausmaßes zu keinem Zeitpunkt über eine Mehrheit an Stimmen in der Gesellschafterversammlung, die jedoch nach dem Gesellschaftsvertrag Voraussetzung für die Fassung von Beschlüssen durch die Gesellschafter war. Eine Beschlussfassung im Rahmen der Gesellschafterversammlung durch die beschwerdeführende Partei allein war demnach ausgeschlossen und bedurfte es für eine solche bis zum eines Mitwirkens des Bruders der beschwerdeführenden Partei oder des ***Ges3*** bzw. ab dem nur mehr eines Mitwirkens des Bruders der beschwerdeführenden Partei als weiteren Gesellschafter sowie weiteren Komplementärs der ebenso an der ***GmbH*** beteiligten ***OG***, um die erforderliche Mehrheit an Stimmen für die Fassung eines Gesellschafterbeschlusses zu erlangen.
Aber auch der Umstand, dass der Bruder der beschwerdeführenden Partei bis zum mit einem Drittel bzw. ab dem mittelbar über die ***OG*** mit 50 % an der ***GmbH*** beteiligt war, bedingt nicht von sich aus einen beherrschenden Einfluss der beschwerdeführenden Partei auf die Gesellschaft. Wiewohl bei verschwisterten Gesellschaftern durchaus eine Nahebeziehung vorliegen mag, erreicht diese nicht die Intensität, wie sie in der Regel bei in Lebensgemeinschaft lebenden Gesellschaftern anzutreffen ist. Mangels einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, die bei in Lebensgemeinschaft lebenden Gesellschaftern im Gegensatz zu verschwisterten Gesellschaftern vorhanden ist, kann bei verschwisterten Gesellschaftern ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht von einer gleich gerichteten Interessenslage in Bezug auf deren jeweiliges Vermögen gesprochen werden und wird in der Regel auch bei verschwisterten Gesellschaftern deren Interesse auf der Vermehrung des eigenen Vermögens und nicht des Vermögens des verschwisterten Gesellschafters liegen. Dieser grundsätzliche Interessensgegensatz tritt insbesondere im gegenständlichen Fall anhand der Vereinbarung zwischen der beschwerdeführenden Partei und dem Bruder anschaulich zu Tage, wonach eine Bedienung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber ebendiesen Beiden bis zur Erwirtschaftung eines positiven Ergebnisses ausgeschlossen wurde.
Insoweit die Abgabenbehörde aufgrund der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/5100396/2016 betreffend die ab September 2013 an der ***GmbH*** beteiligt gewesenen ***OG***, wonach dieser Personengesellschaft ein beherrschender Einfluss zugekommen sei, einen beherrschenden Einfluss der beschwerdeführenden Partei als gegeben ansieht, ist dem zum einen zu entgegnen, dass das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Verfahren bei der Beurteilung des Vorliegens eines beherrschenden Einflusses der beschwerdeführenden Partei auf die ***GmbH*** nicht an diese Entscheidung gebunden ist.
Zum anderen bedingt das Vorliegen eines allfälligen beherrschenden Einflusses der ***OG*** auf die ***GmbH*** nicht automatisch einen beherrschenden Einfluss der beschwerdeführenden Partei. Denn während die Stimmen der beschwerdeführenden Partei und ihres Bruders in der Gesellschafterversammlung infolge deren Gesellschafterstellung betreffend die ***OG*** ident mit der Stimme dieser Personengesellschaft sein hat müssen und sich bereits hierdurch ein beherrschender Einfluss der ***OG*** auf die ***GmbH*** ergibt, musste die Stimme des Bruders der beschwerdeführenden Partei in Anbetracht der obigen Ausführungen nicht zwingend ident mit der Stimme der beschwerdeführenden Partei sein. Für die Erlangung der erforderlichen Stimmmehrheit in der Gesellschafterversammlung bedurfte es daher auch vor dem Hintergrund der Gesellschafterstellung des Bruders der beschwerdeführenden Partei bezüglich der ***OG*** immer dessen Mitwirkung. Dass eine solche Mitwirkung aufgrund der Verschwisterung nicht als gegeben angesehen werden kann, wurde bereits oben dargestellt und bedarf keiner weiteren Wiederholung. Der Verweis der Abgabenbehörde auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom zu RV/5100396/2016 war demnach nicht geeignet, einen beherrschenden Einfluss der beschwerdeführenden Partei auf die ***GmbH*** aufzuzeigen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I.
Nach § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) Der Bescheid durch eine gerichtglich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) Der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entscheiden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente und sind dies solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit den Spruch zu beeinflussen geeignet sind. Eine Wiederaufnahme setzt daher neben dem Vorliegen von Wiederaufnahmegründen voraus, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeiführt (Ritz, BAO7, § 303, Rz. 43ff). Sind die Wiederaufnahmegründe nicht geeignet, einen anders lautenden Spruch herbeizuführen, dann ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens aus diesen Gründen nicht zu verfügen ().
Laut § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 117/2016 vom , entsteht die Steuerschuld in Fällen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 17) mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind (Istbesteuerung). Wird die Steuer vom Empfänger der Leistung geschuldet (Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 1a, Abs. 1b, Abs. 1c, Abs. 1d und Abs. 1e), entsteht abweichend davon die Steuerschuld für vereinbarte, im Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht vereinnahmte Entgelte, mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist. Dieser Zeitpunkt verschiebt sich - ausgenommen in den Fällen des § 19 Abs. 1 zweiter Satz - um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung erbracht worden ist.
Der Begriff der Vereinnahmung ist im UStG 1994 nicht geregelt, allerdingst entspricht die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten dem einkommensteuerlichen Prinzip der Besteuerung nach Maßgabe des Zuflusses. Die Judikatur und Lehre zum einkommensteuerlichen Zuflussprinzip sind daher auf die Vereinnahmung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes übertragbar und liegt eine Vereinnahmung in dem Zeitpunkt vor, in dem der Unternehmer über den Wert der Gegenleistung rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 17 UStG, Rz. 32ff).
Im Fall von Leistungsabrechnungen eines Gesellschafters gegenüber seiner Kapitalgesellschaft sind nach der ständigen Rechtsprechung für die Frage des Zuflusses - abgesehen von der Zuleitung des Barbetrages - insbesondere zwei mögliche zuflussbegründende Umstände zu unterscheiden, die beide für sich einen Zufluss beim Gesellschafter bewirken können und daher getrennt zu prüfen sind, wobei der frühere Zeitpunkt den Zufluss bewirkt ().
Ist der Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer der Gesellschaft, so ist auf den Gutschriftszeitpunkt durch die Kapitalgesellschaft abzustellen. Nimmt eine Kapitalgesellschaft eine Gutschrift zu Gunsten ihres Geschäftsführers etwa auf dem Verrechnungskonto vor, ist ein Zufluss gegeben, sofern die Gesellschaft zahlungsfähig ist. Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft hat nämlich grundsätzlich die tatsächliche Verfügungsmacht über die zu seinen Gunsten ausgestellten Gutschriften ().
Ist der Gesellschafter Mehrheitsgesellschafter der Gesellschaft, die sein Schuldner ist, dann liegt ein Zufluss bereits in dem Zeitpunkt vor, in dem die Forderung fällig ist, wobei auch in diesem Fall die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft gegeben sein muss. Dies ergibt sich aus dem beherrschenden Einfluss des Mehrheitsgesellschafters auf die Gesellschaft über die Gesellschafterversammlung und dem damit einhergehenden besonderen Naheverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Für einen Zufluss bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit ist somit das Vorliegen eines beherrschenden Einflusses des Gesellschafters auf die Gesellschaft entscheidend, wobei es unwesentlich ist, aus welchen Gründen dem Gesellschafter ein beherrschender Einfluss über die Gesellschaft zukommt (; vom , 2002/13/0175; vom , 2007/14/0002).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ergibt sich für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes einerseits, dass mangels einer Stellung der beschwerdeführenden Partei als Geschäftsführer der ***GmbH*** ebenjener zu keinem Zeitpunkt eine Verfügungsmacht über die auf dem Verrechnungskonto verbuchten Beträge zukam und somit ein Zufluss im Zeitpunkt der Verbuchung der Honorare auf dem Verrechnungskonto bereits aus diesem Grund ausscheidet. Eine Auseinandersetzung betreffend das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen für einen Zufluss im Falle eines Gesellschafter-Geschäftsführers sowie das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, wonach die Bestimmungen des EKEG und die bei Missachtung ebenjener Bestimmungen vorgesehenen strafrechtlichen Sanktionen einer Verfügungsmacht entgegenstehen würden, bedurfte es daher nicht mehr.
Andererseits ist auch ein Zufluss im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderungen der beschwerdeführenden Partei aus den Honorarnoten gegenüber der Gesellschaft nicht gegeben, verfügte die beschwerdeführende Partei doch in den Jahren 2013 und 2014 über keinen beherrschenden Einfluss auf die ***GmbH*** über die Gesellschafterversammlung.
Obendrein wurden die Honorare bis zum Erwirtschaften eines Gewinnes durch die Gesellschaft gestundet, sodass es für die Fingierung eines Zuflusses auch an der Voraussetzung der Fälligkeit der Forderung mangelt.
Fernerhin muss insbesondere in Bezug auf die Umsatzsteuer für das Jahr 2014 noch angemerkt werden, dass sämtliche dieses Kalenderjahr betreffende Honorarnoten durch die beschwerdeführende Partei an die ***GmbH*** nach dem gestellt wurden und es der Gesellschaft jedoch ab dem unmöglich war, fällige Forderungen zu bedienen. Ein Zufluss in Bezug auf die Honorarnoten aus dem Jahr 2014 scheitert somit ebenso am Fehlen der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, die jedoch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs für einen Zufluss unabdingbar gegeben sein muss.
In Anbetracht dieser Ausführungen zeigt sich, dass mangels eines Zuflusses eine Steuerschuld gem. § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994 in Bezug auf die durch die beschwerdeführende Partei in den Jahren 2013 und 2014 gelegten Honorare nicht entstanden ist. Dies bedingt zum einen, dass es den von den der Abgabenbehörde genannten Wiederaufnahmegründen der Eignung fehlt, einen anders lautenden Bescheid betreffend die Umsatzsteuer 2013 herbeizuführen, und war dementsprechend der Bescheid über die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens für das Jahr 2013 ersatzlos aufzuheben.
Zum anderen war der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer betreffend das Jahr 2014 mangels eines Zuflusses hinsichtlich der in diesem Jahr ausgestellten Honorare dahingehend abzuändern, als die von der Abgabenbehörde als in dem Jahr 2014 zugeflossen angesehenen Honorare von der Bemessungsgrundlage auszuscheiden waren.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Revision ist im gegenständlichen Fall nicht zulässig, da die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits vom Verwaltungsgerichtshofs in der zitierten Judikatur einer Klärung zugeführt wurden und das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht von dieser Rechtsprechung abgewichen ist.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 2 Z 1 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100413.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at