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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.07.2023, RV/2100762/2019

Kaufpreis und Schuldübernahme als Teile der Gegenleistung in der GrESt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Mag. Dietmar Mühl, Wienerstraße 29, 8605 Kapfenberg, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Grunderwerbsteuer, ErfNr. ***Bf-ErfNr***, StNr. ***Bf-StNr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Am schlossen Frau ***X*** als Verkäuferin und der Beschwerdeführer, im Folgenden kurz Bf. genannt, als Käufer einen Kaufvertrag über 58/6096-Anteile an der Liegenschaft EZ ***1*** KG ***2*** (Wohnungseigentumsobjekt "W4") und über einen 1/208-Anteil an der Liegenschaft EZ ***3*** KG ***2*** (Weganteil) ab.

Der Kaufvertrag wurde via Finanz Online/Cyberdoc dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel zur Abgabenbemessung angezeigt. Nach Anfrage wurde der Grundstückswert für die Anteile an der Liegenschaft EZ ***1*** KG ***2*** mit Mail vom mit 23.997,79 Euro bekanntgegeben.

Mit Bescheid vom wurde - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von insgesamt 115.418,28 Euro - dem Bf. Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.039,64 Euro vorgeschrieben. Die Bemessungsgrundlage setzte sich aus dem Pauschalkaufpreis in Höhe von 25.000 Euro und übernommenen Verbindlichkeiten in Höhe von 90.418,28 Euro zusammen.

Dagegen wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde mit der Begründung eingebracht, dass es sich um keine Schuldübernahme handle und daher die Steuer lediglich vom Pauschalkaufpreis in Höhe von 25.000 Euro festzusetzen wäre.

Bei den oben angeführten Anteilen der Frau ***X*** an der Liegenschaft EZ ***1*** KG ***2*** hafte unter C-LNR 115a ein Pfandrecht für die Steiermärkische Bank und Sparkassen Aktiengesellschaft im Höchstbetrag von 80.000 Euro aus. Hinsichtlich dieses Darlehens habe die Steiermärkische Bank und Sparkassen AG einen aushaftenden Stand per von insgesamt 180.836,57 Euro bekannt gegeben.

Bei der Vertragsunterfertigung sei von beiden Vertragsteilen erklärt worden, dass das Darlehen bisher zur Gänze vom Bf. alleine zurückbezahlt worden sei, da Frau ***X*** ein monatliches Nettoeinkommen von nur 500 Euro gehabt hätte und daher nie in der Lage gewesen sei, die monatlichen Raten zu bezahlen. Nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft hätten die Vertragsparteien auch vereinbart, dass aufgrund des geringen Einkommens sämtliche Zahlungen die bisher vom Bf. geleistet wurden, nicht anteilig von Frau ***X*** zurückzuzahlen seien.

Daher würden die Vertragsparteien davon ausgehen, dass es sich um keine Schuldübernahme seitens des Bf. handle, da zwischen den Parteien seit der Unterfertigung des Darlehensvertrages, neben der Liegenschaft als Sachhaftung, immer eine alleinige Rückzahlung bzw. persönliche Haftung des Bf. vereinbart gewesen und Frau ***X*** aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht zur Rückzahlung im Stande gewesen sei.

Weiters wurde auf das Schreiben der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG vom verwiesen, wonach Frau ***X*** nicht mehr persönliche Schuldnerin für den Kredit sei. Diese habe zwar den Darlehensvertrag zum damaligen Zeitpunkt mitunterfertigt, aber selbst seitens der Bank werde nunmehr keine persönliche Haftung von Frau ***X*** angenommen.

Auf Grund eines Ergänzungsersuchens vom wurden die Kreditverträge vom sowie vom an das Finanzamt übermittelt.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.

Im Vorlageantrag des Bf. vom wurde ausgeführt, dass die tatsächliche Bemessungsgrundlage richtigerweise 90.418,28 Euro betragen würde, da der vereinbarte Kaufpreis, welcher als Gegenleistung für die Übernahme des Kredites vereinbart worden sei, die Darlehensrückzahlung bereits beinhalte und kein tatsächlicher Kaufpreis mehr geflossen sei. Als Bemessungsgrundlage sei daher der Betrag von 90.418,28 Euro als tatsächliche Gegenleistung heranzuziehen.

Insofern wurde damit der Ansatz der Hälfte der aushaftenden Kredite in der Bemessungsgrundlage außer Streit gestellt und erfuhr die Beschwerde diesbzgl. eine Einschränkung. Strittig ist daher nur mehr die Einbeziehung des Pauschalkaufpreises von 25.000 Euro in die Bemessungsgrundlage.

Anlässlich der Beschwerdevorlage am beantragte das Finanzamt in seiner Stellungnahme die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Kaufvertrag vom lautet auszugsweise folgendermaßen:

"2. Kaufklausel
Frau ***X***, in der Folge kurz ,Verkäuferin' genannt, verkauft und übergibt hiermit an Herrn ***Bf***, in der Folge kurz ,Käufer' genannt und dieser kauft und übernimmt von der Verkäuferin in sein Alleineigentum das unter Punkt ,1.3.' dieses Vertrages näher beschriebene Kaufobjekt und zwar so …. und zwar um den beiderseits vereinbarten Pauschalkaufpreis von € 25.000,00."

"4. Haftung
Die Verkäuferin übernimmt keine Haftung für Lage, Grenzen, Flächenausmaß und Beschaffenheit des Kaufobjektes wohl aber dafür, dass dieses, ausgenommen der unter Punkt 1.2. dieses Vertrages angeführten Dienstbarkeiten, welche vom Käufer zur weiteren Duldung ausdrücklich mitübernommen werden, sowie dem unter Punkt ,1.2.' angeführten Pfandrecht (C-LNR 115a), welches vom Käufer weiterhin alleine zurückbezahlt wird, vollkommen frei von weiteren bücherlichen und außerbücherlichen Schulden und Lasten, sowie frei von Bestand-, Pfand- und Besitzrechten dritter Personen, in das Alleineigentum des Käufers übergeht.

…"

"9. Kaufpreisberichtigung
Hinsichtlich der Berichtigung des Kaufpreises wird von den Vertragsparteien einvernehmlich erklärt, dass auf eine treuhänderische Abwicklung durch den Urkundenverfasser ausdrücklich verzichtet wird.

Bezüglich der Kaufpreisberichtigung wird von den Vertragsparteien festgehalten, dass der Kaufpreis in Höhe von € 25.000,00 bereits durch die alleinige Ratenzahlung des unter C- LNR 115a einverleibten Darlehens für die letzten 10 Jahre durch den Käufer erfolgt ist, sodass zur Kaufpreisberichtigung nunmehr kein zusätzlicher Bargeldbetrag fließt."

Unter C-LNR 115a war im Grundbuch zur Liegenschaft EZ ***1*** am Stichtag zugunsten der Steiermärkischen Bank und Sparkassen AG ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 80.000,00 Euro eingetragen.

Besichert waren damit zwei Kredite, die jeweils von beiden Vertragsparteien am über 132.000 Euro bzw. am über 50.000 Euro aufgenommen worden sind. Zum Stichtag am waren beide Vertragsparteien Mitkreditnehmer und hafteten die beiden Kreditkonten mit gesamt 180.836,57 Euro aus.

Die Vertragsparteien lebten seinerzeit in einer Lebensgemeinschaft, wobei die Verkäuferin lediglich bis in der veräußerten Wohnung ihren Hauptwohnsitz gemeldet hatte und dann verzogen ist. Der Bf. hat die Kreditraten - so auch nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft - alleine zurückbezahlt. Im Kaufvertrag vom hat sich der Bf. verpflichtet, die Kreditraten auch weiterhin alleine abzustatten.

Aus den Bestätigungen der Bank vom ergibt sich, dass die Verkäuferin von der Bank aus der persönlichen Haftung für die beiden Kreditkonten entlassen wurde und die Rückzahlungsraten dem Bf. alleine angelastet wurden.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung als erwiesen angesehen und ergeben sich aus dem elektronisch vorgelegten Bemessungsakt ErfNr. ***Bf-ErfNr*** mit den darin enthaltenen unbedenklichen Urkunden und Auskünften der Bank und aus einer Abfrage im Zentralen Melderegister.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Nach § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen. Die Ausnahmen, wann vom Grundstückswert oder vom Einheitswert auszugehen ist, kommen gegenständlich nicht in Betracht.

Im § 5 Abs. 1 GrEStG 1987 werden Umfang und Art der Gegenleistung bei einzelnen Erwerbsvorgängen demonstrativ angeführt.

Nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuerrecht ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt, oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG ist somit die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 5 Rz 5f unter Zitierung der umfangreichen VwGH-Judikatur). Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Gegenleistung überhaupt oder ob die tatsächlich vereinbarte Gegenleistung beurkundet wurde (vgl. ).

Unter einem "Kaufpreis" ist - iSd Begriffsbestimmung des Kaufvertrages in § 1053 ABGB erster Satz bzw. der Anordnung des § 1054 ABGB zweiter Satz - die bestimmte (bzw. "nicht unbestimmte, dh wenigstens bestimmbare) Summe Geldes zu verstehen, die der Käufer dem Verkäufer für die Überlassung des Kaufgegenstandes (vereinbarungsgemäß) zuzuwenden hat (vgl. ).

Kurz gesagt, ist damit der vereinbarte Geldbetrag gemeint. Dieser ist bei einem Kauf für die Grunderwerbsteuer maßgebend. Die Entrichtung braucht nicht in Bargeld zu erfolgen, sie kann auch durch Leistungen an Erfüllungs Statt (zB Dienstleistungen, Wertpapiere) oder auch - wie im gegenständlichen Fall - durch eine Aufrechnung mit Forderungen erfolgen.

Nach Punkt 2 "Kaufklausel" des Vertrages wurden die der Frau ***X*** gehörigen Anteile an den beiden Liegenschaften ausdrücklich um den beiderseits vereinbarten "Pauschalkaufpreis" von 25.000 Euro veräußert. Dass dieser Kaufpreis nach Punkt 9 des Kaufvertrages nicht als Bargeldbetrag an die Verkäuferin zu entrichten war, sondern mit der im Innenverhältnis bestehenden (Regress)Forderung des Bf. gegen Frau ***X*** aufgerechnet wurde, die sich daraus ergeben hatte, dass der Bf. fürdie letzten 10 Jahre vor der Vertragserrichtung die Kreditraten alleine zurückgezahlt hat, ändert nichts daran, dass der Pauschalkaufpreis als Gegenleistung für den Erwerb der Liegenschaften vereinbart wurde und dieser damit einen Teil der Bemessungsgrundlage darstellt. Ein Mitschuldner zur ungeteilten Hand, der die ganze Schuld abgetragen hat, ist gemäß § 896 ABGB grundsätzlich berechtigt, von den übrigen Ersatz zu fordern.

Der Bf. hat darüber hinausauch weiterhindie alleinige Rückzahlung der gemeinsam aufgenommenen Kredite versprochen, indem er in Punkt 4. "Haftung" des Vertrages erklärt, dass er das unter Punkt "1.2." angeführte Pfandrecht weiterhin alleine zurückzahlen wird, was auch durch die Aussagen in der Beschwerde und die Erklärungen der Bank bestätigt wird. Der Umstand, dass im zu beurteilenden Vertragstext nicht die Worte, der Käufer werde die Verkäuferin "klag- und schadlos" halten verwendet werden, kommt dabei entscheidende Bedeutung nicht zu (vgl. ; ).

Verpflichtet sich der Erwerber eines Grundstückes dem Veräußerer gegenüber, eine Schuld zu übernehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu leisten, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, wenn sie ohne Anrechnung auf den Kaufpreis erbracht wird (vgl. ; ).

Der Bf. hat eine noch bestehende persönliche Schuld der Verkäuferin neben dem Pauschalkaufpreis auf sich genommen und wirkt sich diese Schuldübernahme bzgl. der Darlehen in der zum Stichtag aushaftenden anteiligen Höhe von 90.418,28 Euro im Vermögen der Verkäuferin zu deren Gunsten aus, weshalb dieser Betrag als sonstige Leistung nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 einen weiteren Teil der Gegenleistung darstellt.

Der Argumentation des Bf. im Vorlageantrag, der vereinbarte Kaufpreis beinhalte bereits die Darlehensrückzahlung, steht der Vertragstext entgegen, der unter Punkt 2. "Kaufklausel" einen Kaufpreis fixiert und nurim Zusammenhang mit der Entrichtung auf die vom Bf. bereits für die letzten 10 Jahre vor dem Stichtag alleine geleisteten Kreditraten verweist, indem im Punkt 9. "Kaufpreisberichtigung" sinngemäß zum Ausdruck gebracht wird, dass die damit im Innenverhältnis bestehende Forderung an die Verkäuferin mit dem Pauschalkaufpreis aufgerechnet wird.

Die Gegenleistung iSd § 5 GrEStG und damit die Bemessungsgrundlage bei der Berechnung der Grunderwerbsteuer setzt sich aus dem Pauschalkaufpreis einschließlich der vom Bf. übernommenen Schulden zusammen. Beide Leistungen hatte der Bf. im Kaufvertrag vom versprochen um die Liegenschaftsanteile zu erhalten, weshalb der angefochtene Bescheid rechtsrichtig erlassen worden ist.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung folgt der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb die Zulassung einer (ordentlichen) Revision nicht auszusprechen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100762.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at