Naturalwohnung und Sachbezug
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Revisionen (Amtsrevisionen) beim VwGH anhängig zu den Zahlen Ra 2023/13/0074 bis Ra 2023/13/0114. Mit Erkenntnis vom , Ra 2023/13/0074, Ra 2023/13/0083 (Serie) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Gabriele Krafft, die Richterin Dr. Monika Kofler sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. KomzlR. Georg Senft und Karl Stubenvoll in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 nunmehr Finanzamt Österreich vom betreffend Haftungsbescheide Lohnsteuer 2010 bis 2015 und Dienstgeberbeitrag 2010 bis 2015 Steuernummer ***Bf1StNr1*** nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Romana Schuster zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das ***B1*** - ***Bf1*** (hauptbeschwerdeführende Partei, HbfP.) wurde ab 2016 bis Oktober 2018 einer gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterzogen. Infolge der Prüfung erließ das Finanzamt Wien 1/23 nunmehr Finanzamt Österreich (in der Folge FA) jeweils für die Jahre 2010 bis 2015 Haftungsbescheide Lohnsteuer gemäß § 82 EStG (L), geänderte Abgabenbescheide für Dienstgeberbeitrag (DB) sowie Säumniszuschläge (SZ) für beide Abgaben. Die festgesetzten Mehrbeträge setzen sich wie folgt zusammen:
Begründend führte das FA im Bericht zur GPLA aus, dass aufgrund der von der HbfP. zur Verfügung gestellten Wohnungsdatenbanken eine Neuberechnung durchgeführt worden sei und dabei die Berechnungen der Richtwertmethode und der Vergleichswertmethode gegenübergestellt worden seien und der höhere Wert nach Abzug der vom Dienstnehmer (DN) zu leistenden Grundvergütung als Sachbezug anzusetzen sei.
Nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 ergebe sich auch ein Sachbezug für Benutzung der Wohnung nach Ende des jeweiligen Dienstverhältnisses, dieser sei im Wege der Veranlagung der ehemaligen DN zu erfassen, sofern die die Pensionsauszahlung nicht durch den Dienstgeber (DG) erfolgen würde.
Die Beilage zur Niederschrift der Schlussbesprechung auf welche in Bescheidbegründung letztlich verwiesen wird (Mehrfachverweise) lautet wörtlich wie folgt:
Gemäß § 15 Abs. 1 EStG liegen dann Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen.
Gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.
Geldwerte Vorteile sind in Geld umzurechnen. Die Grundregel des § 15 Abs. 2 EStG 1988 lautet, dass geldwerte Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen sind. Der Wortlaut des Gesetzes weist darauf hin, dass der Wert solcher Sachbezüge nach einem objektiven Maßstab zu ermitteln ist. Der übliche Mittelpreis des Verbrauchsortes ist jener Wert, den der Steuerpflichtige aufwenden müsste, um das, was ihm als Sachbezug zukommt, käuflich zu erwerben.
Die Bewertung bestimmter Sachbezüge ist in der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002, BGBl II Nr 416/2001 idF BGBl II Nr 468/2008 (=AÖF 16/2009) geregelt. Diese Verordnung ist für alle Bezüge aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 maßgeblich.
Soweit Sachbezüge in dieser Verordnung geregelt sind, gelten diese Werte als übliche Mittelpreise des Verbrauchsortes.
Die Zurverfügungstellung von Wohnraum wird durch diese Sachbezugswerteverordnung
(Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II 416/2001 idF BGBl. II Nr. 366/2012) - im § 2 der VO - geregelt. ….
es folgt die wörtliche Wiedergabe von § 2 Sachbezugswerte-VO
….
Aufgrund vorstehender Ausführungen war eine Bewertung der Wohnungen vorzunehmen und die von den Mietern bezahlte Grundvergütung den ermittelten Sachbezugswerten gegenzurechnen. Die seitens des ***Bf1*** zur Verfügung gestellten Wohnungsdatenbanken bildeten die Grundlagen und den Ausgangspunkt für die Neuberechnungen.
Im Zuge der Berechnungen der Sachbezugswerte wurde eine Gegenüberstellung zwischen den Berechnungen nach der Richtwertmethode (Methode 1) und der Vergleichswertmethode (Methode 2) vorgenommen.
Im gegenständlichen Fall werden die Betriebskosten und Heizkosten von den Dienstnehmern getragen. Dies wurde in den Berechnungen daher berücksichtigt und in Abzug gebracht.
Richtwertmethode 1
Bei der Richtwertmethode wurden die Sachbezüge anhand der Richtwerte, bezogen auf die einzelnen Bundesländer wie folgt berechnet:
Quadratmeter x Richtwert, abzgl. 25 % Abschlag (BK werden vom AN getragen) Sofern eine Nichtnormwohnung gegeben ist, wurde ein weiterer Abschlag in Höhe von 30 % vorgenommen.
Vergleichswertemethode 2
Bei der Vergleichswertmethode wurden die Sachbezüge wie folgt berechnet:
Vom Dienstgeber bezahlte Miete (inkl. Betriebskosten) vermindert um die Betriebskosten ergibt ein Zwischenergebnis, von welchem ein Abschlag von 25 % vorzunehmen war und so den Vergleichswert ergibt. Abschließend wurden beide Werte gegenübergestellt und der höhere Wert ergibt den monatlichen Sachbezugswert. Dieser Wert wurde sodann um die Grundvergütung (wird von den DN getragen) vermindert und mit zwölf multipliziert, um den jährlichen Sachbezugswert zu erhalten.
Gemäß den Bestimmungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 unterliegen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis der Steuerpflicht.
Daraus ergibt sich, dass der Sachbezug für die Benutzung einer Dienstwohnung nach Beendigung des Dienstverhältnisses ebenfalls der Lohnsteuerpflicht unterliegt.
Für die Erfassung im Wege der Veranlagung ist - wenn die Auszahlung der Pension nicht durch den Arbeitgeber erfolgt, wie im gegenständlichen Fall - ein Lohnzettel zu erstellen.
Die Grundlagen und Berechnungen dafür wurden aufbereitet und dem ***Bf1*** übergeben.
Da der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 haftet, ist ein Haftungsbescheid (§ 201 und 202 BAO) zu erlassen.
Diese Haftung des Arbeitgebers erstreckt sich auf sämtliche durch Lohnsteuerabzug zu erhebenden Beträge. Von den ermittelten Bemessungsgrundlagen war auch der Dienstgeberbeitrag gem. § 41 FLAG 1967 vorzuschreiben.
Die unterschiedlichen Rechtsansichten wurden im Zuge der GPLA und Schlussbesprechung nochmals dargelegt und erörtert:
Anbringen ***B1***:
§ 24 GehG 1956 spricht von einem angemessenen Entgelt für Sachleistungen. Im § 24a GehG 1956 legt er die Berechnungsmethode für Dienst- und Naturalwohnungen fest. Auf den § 24a Abs. 3 wurde hingewiesen.
Aus Sicht ***B1*** wäre davon auszugehen, dass die normierten Paragraphen die Angemessenheit wiederspiegeln.
Das ***B1*** ging bzw. geht davon aus, dass die Bestimmungen über die Angemessenheit zu keiner Steuerpflicht führen kann.
Das ***B1*** geht weiters davon aus, dass die Bescheide für die Zuweisung der Naturalwohnungen, Bindungswirkung auch für die Besteuerung haben.
Das ***B1*** stellt den Antrag die Prüfungsberichte über etwaige abgehaltene GPLA-Prüfungen zu eruieren.
Das ***B1*** teilt mit, dass die Finanzprokuratur auf die Bestimmungen den § 257 BAO hingewiesen hat, daher wird das ***B1*** nach Bescheiderlassung um Verlängerung der Rechtsmittelfrist ersuchen.
Das ***B1*** weist darauf hin, dass es noch weitere Ressorts mit Naturalwohnungen gibt und daraus weitere Verfahren eventueller Regresse möglich wären.
Die Berechnungsgrundlagen über die Feststellungen wurden mittels CD übergeben
Seitens Finanzamt wird noch angemerkt, dass der bundesweite Fachbereich im Zuge der Besprechung mit der BMF- Fachabteilung und Finanzprokuratur darauf hingewiesen hat, dass arbeitsrechtliche Grundlagen einerseits nie über steuerrechtliche Konsequenzen oder Würdigungen absprechen können.
In der nach Mängelbehebungsauftrag fristgerecht eingebrachten Beschwerde wendet das ***B1*** ein, dass der Bund als Dienstgeber seinen Dienstnehmern im Gegensatz zu Arbeitgebern im privatwirtschaftlichen Bereich eine Naturalwohnung nur unter Beachtung von festgelegten Rechtsnormen zur Verfügung stellen könne. Gleiches gelte für die Festlegung der angemessenen Vergütung für eine Naturalwohnung. Naturalwohnung seien alle anderen Wohnung als Dienstwohnungen, welche der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben beziehen müsse. Das ***B1*** habe keine Dienstwohnungen, sondern ausschließlich Naturalwohnungen, welche sie per Bescheid (Dienstgebermitteilung) an ihre Bediensteten zugewiesen habe. Die Zuweisung begründe kein Bestandsverhältnis.
In § 24 GehG werde normiert, dass, wenn dem Beamten (Vertragsbediensteten) neben seinem Monatsbezug Sachleistungen, wie zum Beispiel die Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen zu Wohnzwecken gewährt werde, dieser hierfür eine angemessene Vergütung zu leisten habe welche in § 24a GehG durch den Gesetzgeber selbst festgelegt sei zumal bei der Berechnung der Vergütung auf die örtlichen Verhältnisse sowie die dem Bund erwachsenden Gestehungskosten Bedacht zu nehmen sei. Nach der Wortinterpretation des § 24 GehG iVm § 24a GehG habe der Gesetzgeber die Angemessenheit bei der Vergütung bereits definiert. Dem Gesetzgeber könne daher unterstellt werden, dass keine weitere Vergütung vorgesehen sei und daher eine steuerliche Berücksichtigung als Sachbezug abzulehnen wäre.
Mit BGBl.Nr. 387/1986 sei im Art. lX eine gesetzliche Bestimmung normiert worden, die eine von § 24a GehG abweichende Vergütung für vom Bund angemietete Wohnungen vorgesehen habe, "solange es ***10*** Rücksichten erfordern" würden. Dazu sei explizit auf die ***10*** Rücksichten abgestellt, nicht aber auf die steuerrechtlichen Belange Bezug genommen worden. Die Versetzbarkeit von Soldaten solle nach den ***10*** Erfordernissen dadurch erleichtert werden, dass Naturalwohnungen in jedem ***Ort*** zur Verfügung gestellt werden könnten. Diese erleichterte Versetzbarkeit diene dem Vorteil des Arbeitgebers ***B1*** und nicht dem Vorteil des Bediensteten.
Im Erlass des Bundeskanzleramtes vom , GZ 923.101/35-11/2/86, werde eine lohnsteuerliche Berücksichtigung bei der Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen dezidiert ausgeschlossen und sei der genannte Erlass mit Wirkung nach außen gegenüber den im öffentlichen Dienstverhältnis stehenden Naturalwohnungsbesitzern angewandt worden. Auf Seite 30 des Erlasses werde der Sachbezug für Naturalwohnungen verneint und dort ausgeführt: "Für die Benützer von Natural- und 'unechten' Dienstwohnungen findet eine Hinzurechnung des Wohnraumwertes bei der Ermittlung der oa. Bemessungsgrundlagen nicht statt. " Der genannte Erlass sei im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) erlassen worden und für den Vollzug des Naturalwohnungswesens bindend. Aufgrund des bestehenden Einvernehmens, sei dieser Erlass auch durch die belangte Behörde zu beachten und ein Sachbezug demgemäß nicht anzusetzen. Zudem sei der genannte Erlass keine reine Verwaltungsverordnung, sondern im Lichte der Judikatur des VfGH als Rechtsverordnung anzusehen, weshalb die Ausführungen zum Nichtvorliegen eines Sachbezugswertes im gegenständlichen Verfahren bindend seien.
Das ***B1*** sei im gesamten Prüfzeitraum in der Vollziehung des Naturalwohnungswesens an die Gesetze sowie an die durch die Richtlinienkompetenz des zuständigen Ressorts erlassenen Durchführungserlässe (Verordnungen) gebunden gewesen und hätte keine andere Vollzugsmöglichkeit in dieser Angelegenheit gehabt.
Im Zuge einer GPLA für die Jahre 2005 bis 2009, durchgeführt durch die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), sei bei gleicher Sachverhaltslage kein Sachbezug für Wohnraum angesetzt worden. Weiters habe das FA Wien 1/23 ab eine Nachschau bei der HbfP. durchgeführt, welche die Prüfung des Sachbezuges bei der Zurverfügungstellung von Naturalwohnungen an Bedienstete der HbfP. für die Finanzjahre 2008 bis 05/2013 umfasst habe. Diese Nachschau sei im September 2014 ohne Beanstandungen beendet worden. Dennoch seien die der Nachschau unterzogenen Zeiträume im Rahmen der Prüfung einbezogen und nunmehr anderes behandelt worden. Hätte die Abgabenbehörde im Zuge der Nachschau einen Sachbezug erkannt, hätte dies unmittelbar zu einer Außenprüfung und/oder entsprechenden Haftungsbescheiden führen müssen. Durch die formlose Beendigung ohne weitere Maßnahmen habe das FA eine "Auskunft erteilt" auf deren sachliche Richtigkeit die HbfP. vertraut habe. Dieses Vertrauen sei nach der Rechtsprechung des VwGH unter dem Grundsatz von "Treu und Glauben" schützenswert.
Weiters bekämpft die HbfP. die Festsetzung der Lohnabgaben gemäß § 201 Abs 2 Z 3 BAO iVm § 202 BAO und § 303 BAO wegen des Fehlens neuer Tatsachen zumal bereits im Zuge der GPLA für 2005 bis 2009 und im Rahmen der Nachschau für 2008 bis 5/2013 ausschließlich die Frage des Vorliegens von Sachbezugswerten bei Naturalwohnungen geprüft worden sei. Eine unrichtige oder geänderte Rechtsansicht stelle keine Wiederaufnahmegrund dar.
Zuletzt wendet sich die HbfP. in einzelnen, näher genannten Fällen, gegen die durchgeführten Berechnungen und bemängelt deren betragliche Richtigkeit wegen Nichtbeachtung des Vorliegens von "Nicht-Normwohnungen".
Mit Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom gab das FA der Beschwerde hinsichtlich des Beschwerdepunktes der unrichtigen Berechnung teilweise statt und wies die Beschwerde in den übrigen Punkten ab. In der Begründung der BVE wird ausgeführt, dass der Schwerpunkt der GPLA in der Überprüfung der zur Verfügung gestellten Naturalwohnungen gewesen sei und auch die weiteren Abgabenkonten ***StNr2*** "***B1*** - Kommando Landstreitkräfte" und das Abgabenkonto ***StNr3*** "***B1*** - Kommando Logistik" - beide nachgeordnete Dienststellen der HbfP. - in die Prüfung miteinbezogen worden seien. Zur Sachverhaltsfeststellung verweist die BVE auf die Schlussbesprechung vom und den Prüfbericht.
Zum Beschwerdepunkt der fehlenden neuen Tatsachen führt belangte Behörde in der BVE wörtlich aus:
Die Festsetzung gemäß § 201 BAO kann, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung iSd Absatz 1 dieser Bestimmung als "nicht richtig erweist, gemäß Abs. 2 Z 3 erfolgen, "wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würde". Entscheidend ist im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO und entsprechenden Bescheiden nach § 202 BAO somit, ob und gegebenenfalls welche für das Finanzamt seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des Finanzamts herangezogen wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind (vgl. ).
Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. dazu auch ).
In den angefochtenen Haftungsbescheiden gemäß § 82 EStG 1988 betreffend Lohnsteuer für die Jahre 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015, alle datiert mit , wird zur Begründung auf den Bericht über das Ergebnis einer durchgeführten Außenprüfung vom selben Tag und auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom verwiesen. Dass ein solcher Verweis grundsätzlich zulässig ist, entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. ).
Im verwiesenen Bericht sind unter der Überschrift "Eingesehene Unterlagen und Hinweise für den Dienstgeber" folgende Beweismittel angeführt: "Lohnkonten, Buchhaltungsunterlagen, Wohnungsdatenbanken etc.".In der Niederschrift vom verweist die Prüferin explizit auf "die seitens des ***Bf1*** zur Verfügung gestellten Wohnungsdatenbanken, die "die Grundlagen und den Ausgangspunkt für die Neuberechnungen" bildeten. Vor dem Hintergrund der unmittelbar vor Bescheiderlassung durchgeführten Außenprüfung bringt die Begründung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass es sich dabei um dem vom Finanzamt herangezogenen Tatsachenkomplex iSd. § 201 Abs. 2 Z 3 BAO zweiter Fall BAO handelt, der als Wiederaufnahmegrund zur Bescheiderlassung herangezogen wurde.
Ergänzend dazu ist auszuführen, dass das ***B1*** erst im Beschwerdeverfahren den Erlass des BKA, GZ 923.101/35-II/2/86, vorgelegt hat. In Zusammenhalt mit dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung ergibt sich, dass die HbfP. in Verkennung der Rechtslage den Standpunkt vertreten hat, wegen verbilligter Überlassung von Wohnungen an Dienstnehmer sei in den geprüften Jahren kein Sachbezug zu berücksichtigen gewesen. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass erst im Zuge der GPLA alle Details zu den Wohnungsdatenbanken (samt unterschiedlicher Kategorien) offengelegt und im Detail erklärt wurden (über 20 verschiedene Berechnungsarten, unterschiedliche Kategorien, etc.).
Bei der Ermessensübung war grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Da die steuerlichen Auswirkungen der neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel keineswegs geringfügig sind, erweist sich die Wiederaufnahme des Verfahrens als zweckmäßig.
Die Beurteilung der Frage, ob wegen verbilligter Überlassung von Wohnungen an Dienstnehmer ein Sachbezug zu berücksichtigen sei, habe ausschließlich nach dem Abgabenrecht zu erfolgen. In diesem Sinn habe das FA in der am aufgenommen Niederschrift zutreffend angemerkt, "dass arbeitsrechtliche Grundlagen... nie über steuerrechtliche Konsequenzen oder Würdigungen absprechen können." Die Richtlinien des BKA zur Behandlung von Naturalwohnungen könnten schon deshalb keine Bindungswirkung entfalten, weil das Abgabenrecht ein Verfahren zur Herstellung des Einvernehmens zwischen dem BKA und dem BMF (betreffend die steuerliche Behandlung von Sachleistung) nicht vorgesehe.Im Anlassfall sei Wohnraum begünstigt an viele DN zur Verfügung gestellt worden, weshalb zu untersuchen sei, ob dies einen geldwerten Vorteil darstelle. Werde eine Wohnung zur Verfügung gestellt, die nach objektiven Kriterien als Mittelpunkt der Lebensinteressen verwendet werden kann, liege immer ein steuerpflichtiger Sachbezug vor, bei dessen Bewertung die SachbezugswerteVO idF BGBl II Nr. 468/2008 zwingend anzuwenden sei.
Der von der HbfP. zitierte Erlass des BKA vom , ZI 923.101/35-II/2/86 (konkret bezeichnet als "Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen") sei, ebenso wie der , GZ 923.101/1- VII/4/97, nicht zum EStG 1988 sondern zu §§ 24a bis 24c Gehaltsgesetz 1956 ergangen. Die Ausführungen im Erlass vom , ZI 923.101/35-II/2/86, Seite 30 wonach eine Hinzurechnung des "Wohnraumwertes" für die Benützer von Natural- und "unechten" Dienstwohnungen nicht zu erfolgen habe, stelle zudem nur eine Klarstellung dar. Bedienstete, denen eine "unechte" Dienstwohnung bzw. eine Naturalwohnung zur Verfügung gestellt werde, hätten entsprechend des § 24 ff GehG einen Kostenersatz zu leisten. Es könne daher auch nicht der gesamte laut Erlass vom , ZI 923.101/35-II/2/86, zu ermittelnde Wohnraumwert zur Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer hinzugerechnet werden, weil der vom Bediensteten jeweils zu leistende Kostenersatz bei Ermittlung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung von verbilligtem Wohnraum in Abzug zu bringen sei.
Aus den genannten Ausführungen ergebe sich zudem nicht, dass die Anwendbarkeit einer 1992 erstmals ergangenen Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge für 1992 und ab 1993 (StF: BGBl. Nr. 642/1992) hinsichtlich der Bewertung von Dienstwohnungen oder die Anwendbarkeit von Bestimmungen des Einkommensteuerrechts (konkret des § 15 Abs. 2 EStG 1988) ausgeschlossen hätte werden sollte. Verordnungen sind zwingend anzuwenden. Ein Ausschluss der Anwendung einer Verordnung, die zu § 15 EStG 1988 ergangen ist, durch einen Erlass (konkret als Durchführungsbestimmung bezeichnet), der im Übrigen zu den §§ 24a bis 24c des Gehaltsgesetzes 1956 ergangen ist, wäre unzulässig.
Zudem sei davon auszugehen, dass die von den Bediensteten des ***B1*** nach dem GehG zu leistenden Kostensätze im Jahr 1987 möglicherweise auch noch die nach dem , ZI 07 0602/6-IV/7/86, zu ermittelnden Sachbezugswerte überschritten hätten und sich daher kein geldwerter Vorteil aus steuerlicher Sicht ergab.
Die HbfP. dürfte die streitgegenständlichen Naturalwohnungen zu derart günstigen Konditionen anmieten, dass die nach § 24 ff GehG vom DN zu leistende Vergütung, die ua. den vom ***B1*** zu entrichtenden Hauptmietzins umfasst, nicht einmal die Quadratmeterwerte nach der SachbezugswerteVO überschreitet. Dieser Umstand sei insbesondere darauf zurückzuführen, dass das ***B1*** langfristige Mietverträge eingegangen sei. Die Bestimmung des § 24a GehG stelle überdies eine arbeitsrechtliche Bestimmung dar und könne daraus keine gesetzliche Mietzinsbeschränkung abgeleitet werden.
Eine Angemessenheit des vom DN zu leistenden Kostenersatzes iSd GehG bedeute nicht, dass sich nach der SachbezugswerteVO (bzw. nach § 15 Abs. 2 EStG 1988) kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil ergeben könnte. Es bestehe zudem kein Anwendungsvorrang von arbeits- bzw. besoldungsrechtlichen Bestimmungen gegenüber jenen des EStG.
Mit Schriftsatz vom beantragte die HbfP die Vorlage an das Bundesfinanzgericht (BFG).
In der mündlichen Verhandlung vom ergänzte das FA seine Ausführungen zu den Wiederaufnahmegründen. Die neue Tatsache der Nichtbesteuerung der Naturalwohnungen als Sachbezug mit den gegebenen Festsetzungsbescheiden sei verspätet verwertet worden sei. Eine bescheidmäßige Erledigung der im Jahr 2014 bekannt gewordenen Nichtbesteuerung sei erst im Rahmen des beschwerdegegenständlichen Verfahrens mit den gegenständlichen Festsetzungen im Oktober 2018 erfolgt.
Das von der Vorsitzenden zitierte E-Mail (eines Bediensteten des FA der im Nachschauteam tätig war) vom habe keinerlei Rechtsqualität und sei daher im Rahmen dieses Verfahrens nicht relevant. Erst die Festsetzungsbescheide würden die ehemals durchgeführten Meldungen der Selbstbemessungsabgaben ändern und daher seien die vorangegangenen Kenntnisse zwar später aber jedenfalls mit den streitgegenständlichen Bescheiden verarbeitet worden. Zu vergleichen sei der Wissensstand zum Zeitpunkt der Meldung der Selbstbemessungsabgabe mit dem Wissensstand der Behörde zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung.
Im Rahmen der Prüfung seien erstmals Daten zur Verfügung gestellt worden, die bislang nicht bekannt gewesen seien, die die exakte Berechnung des Sachbezugswert ermöglichten. Der Wiederaufnahmegrund der Nichtbesteuerung der Sachbezugswerte sei noch nicht bescheidmäßig "verbraucht" worden.
Die HbfP. führte zur Datenbank WOHNIS II aus, dass diese seit 1999 bestehe und folgende Inhalte habe: Nutzer samt allen persönlichen Daten inklusive Sozialversicherungsnummer und Zeitpunkt der Nutzungsübernahme; die Genossenschaft, welche die Wohnung an die HbfP. vermietet, die Größe er Wohnung, die Adresse, die Kategorie (A B C usw.), die von der HbfP. gezahlte Miete sowie die Betriebskosten und die vom Mieter zu zahlende Grundvergütung bzw. BK. Sämtliche Zahlungen (Grundvergütung und BK) würden an die HbfP. geleistet. Aus dem Budget der HbfP. würden sodann die Kosten für die Wohnungen (Miete und BK) an die jeweiligen Vermieter entrichtet.
Die Frage, ob die Datenbank als solches im Rahmen der GPLA zur Selbstabfrage durch die Prüfer zur Verfügung gestellt worden sei, verneinte die HbfP., dies sei faktisch gar nicht möglich.
Über Frage, ob die zur Verfügung gestellten Auswertungen im Zuge der Nachschau und der GPLA inhaltlich ident oder unterschiedlich gewesen wären, führte MinR ***X*** (***B1***) wörtlich aus:
"Bis auf zwei zusätzliche Informationen wurden idente Daten zur Verfügung gestellt. Die Unterschiede waren:
Die Zuordnung der jeweiligen Bediensteten zu den unterschiedlichen Dienstgeberkonten
Die Wohnqualität, also die Einstufung als Kategorie A, B oder C Wohnung
Zu diesem Vorbringen werden ergänzend zwei Datenblätter vorgelegt, aus welchen die zur Verfügung gestellten Daten und Unterlagen ersichtlich sind. Die übergebenen Datenblätter wurden damals jeweils 1:1 in Excel-Dateien exportiert."
Über Frage des FA, ob die Datenbank für die Prüfer einsehbar gewesen wäre, führte MinR ***X*** aus, das wäre möglich gewesen, habe aber niemand gewollt. Es sei in Besprechungen dargestellt worden, welche Auswertungsmöglichkeiten aus der Datenbank möglich wären und die Prüfer des FA hätten dann definiert, welche Daten sie dargestellt haben wollten.
Über weitere Frage der Vertreter des Finanzamtes wurde dargestellt, dass für die einzelnen Jahre unterschiedlich hohe Mietzahlungen erfolgen würden und dies auch für die einzelnen Jahre gesondert dargestellt worden sei. Im Rahmen der Nachschau habe der damalige Prüfer gemeint, dass er nur die Daten für 2013 benötigen würde. Es seien ihm daher auch nur diese zur Verfügung gestellt worden. Er hätte aber jederzeit auch die anderen Daten bekommen können.
Der steuerliche Vertreter der HbfP. verwies darauf, dass der der zitierte Erlass des Bundeskanzleiamtes laut Verteiler auch an die Abteilung IV/7 des BMF ergangen sei und sich das E-Mail des Prüfers zum Abschluss der Nachschau inhaltlich dem Erlass entspreche.
Die Vertreterin des Finanzamtes erwiderte zu diesem Vorbringen, dass die damaligen Sachbezugswerte (Anm: zum Zeitpunkt der Erlassveröffentlichung 1986) möglicherweise von der Berechnung der Vergütung damals gar nicht abgewichen wären. Das könne sich ja mittlerweile wesentlich geändert haben.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im Bereich des ***B1*** werden Bediensteten Naturalwohnung zur Verfügung gestellt. Die Wohnungen stehen teils im Eigentum des ***B1*** oder werden mittels langfristiger Verträge angemietet und sind unterschiedlichen Wohnungskategorien zuzuordnen. Vermieter sind unterschiedliche natürliche und juristische Personen, darunter eine große Anzahl von Wohnbaugenossenschaften. Die Wohnungen werden den Bediensteten mit Bescheid zugewiesen. Die Wohnungsnutzer haben dafür nach § 24 ff GehG ein "angemessenes Entgelt" an das ***B1*** zu leisten und sämtliche Betriebskosten zu ersetzen.
Für Naturalwohnungen, deren Vergabe, Berechnung der zu leistenden Vergütung und Behandlung im Rahmen der Lohn- und Gehaltsverrechnung im Bund und damit auch im Bereich des ***B1*** sind die Bestimmungen des Erlasses des BKA vom , GZ 923.101/35-11/2/86, "Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen" zu beachten.
Zur Administration der Naturalwohnungen verwendete das ***B1*** seit 1985 eine Wohnungsdatenbank (WOHNIS I). WOHNIS I wurde ab 1999 von der Weiterentwicklung "WOHNIS II" abgelöst. Die Datei erfasst alle Daten zu sämtlichen Wohnungen (Adresse, Größe, Vermieter, Wohnungsqualität nach Kategorie, die gezahlte Miete und die Betriebskosten) und zu den Wohnungsnutzern (SVNR, Dienststelle, Dienstgrad bzw. Amtstitel, Personenstand, Nutzungsübernahme, zu zahlende Grundvergütung und Betriebskosten).
Die Naturalwohnungen wurden bis Ende 2018 im ***B1*** nicht als Sachbezug behandelt und/oder versteuert, weil nach Rechtsansicht des ***B1*** aufgrund § 24ff GehG eine angemessene Vergütung zu leisten ist, weshalb kein Vorteil aus dem Dienstverhältnis vorliegen könne und der mit dem BMF abgestimmte Erlass des BKA vom , GZ 923.101/35-11/2/86 einen Sachbezug ausdrücklich ausschließt.
Unter Punkt "D Wohnraumbewertung, Berücksichtigung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer" des genannten Erlasses wird zunächst unter Punkt 1. die Benützung von echten Dienstwohnungen unter Beachtung der Sachbezugswerte anhand diverser Berechnungsbeispiele ausführlich dargelegt.
Punkt 2. lautet wörtlich:
2. Für die Benützer von Natural- und "unechten" Dienstwohnungen findet die Hinzurechnung des Wohnraumwertes bei der Ermittlung der o.a. Bemessungsgrundlagen nicht statt.
Aus dem Erlass des BKA vom , GZ 923.101/35-11/2/86 "Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen" ist aus dem Verteiler und dem Text eindeutig ableitbar, dass der Inhalt des Erlasses mit der zuständigen Fachabteilung für Lohnsteuer im BMF (damals Abteilung IV/7) abgestimmt war. Derartige Abstimmungen eines ressortübergreifenden Erlasstextes - der alle verwaltungsinternen Stellen der jeweils betroffenen Ressorts einbindet - ist erfahrungsgemäß ein Vorgang der zumindest mehrere Wochen und zahlreiche Abstimmungssitzungen erfordert. Es ist daher davon auszugehen, dass der endgültige und hier vorliegende Erlasstext die Rechtsansicht des BMF, vertreten durch die zuständige Fachabteilung Lohnsteuer, zur steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen wiedergibt. Dabei ist aufgrund der komplexen Berechnungen und inhaltlichen Ausführungen zusätzlich davon auszugehen ist, dass der genannten Punkt D zur Gänze von der zuständigen Fachabteilung im BMF verfasst wurde. Dem BMF kann nicht unterstellt werden, dass bei (Mit-) Verfassung der die das BMF betreffenden Rechtsfragen - nämlich die steuerrechtliche Behandlung - nicht zuvor sämtliche Sachverhalts- und Rechtsgrundlagen umfassend ermittelt und ausführlich besprochen wurden. Ein inhaltlich diesbezüglich geänderter Erlass "Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen" wurde soweit ersichtlich bis Ende 2015 nicht erlassen.
Auf Seite 35 des genannten Erlasses vom wird zudem darauf verwiesen, dass zur Festsetzung der Höhe der Vergütung für jede einzelne Wohnung die Zustimmung des BMF einzuholen ist. Erst nach Vorliegen dieser Zustimmungen würden die festgesetzten Vergütungsgrößen der zuständigen Dienstbehörde zur Durchführung der weiteren Verfahren bekanntgegeben.
Die HbfP. wurde bereits für die Jahre 2005 bis 2009 einer GPLA unterzogen welche von der Sozialversicherung (WGKK) durchgeführt worden war. Bereits im Rahmen dieser Prüfung waren die Naturalwohnungen Gegenstand der Überprüfungshandlungen. Unterlagen zu dieser Prüfung (Arbeitsbogen, Abschlussbericht oder dgl.) konnten von der belangten Behörde trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt werden. In freier Beweiswürdigung der diesbezüglichen Ausführungen der Vertreter der HbfP. und nach den Erfahrungen des täglichen Lebens ist davon auszugehen, dass auch im Rahmen der damaligen Prüfung sämtliche zur Vergabe und weiteren Behandlung der Naturalwohnungen vorhandenen Unterlagen sowie Auswertungen aus der Datenbank WOHNIS II zur Verfügung gestellt worden waren. Bereits im Rahmen dieser Prüfungshandlungen welche die WGKK im Auftrag und in Zusammenarbeit mit dem damals zuständigen Finanzamt durchgeführt hatte ("gemeinsamePrüfung aller Lohnabgaben") wurde daher der im FA zuständigen abgabenfestsetzende Stelle die Vorgehensweise des ***B1*** iZm mit der Behandlung der Naturalwohnungen, nämlich das Nichtansetzen von Sachbezugswerten, offengelegt.
Im Jahr 2013 erfolgte, offensichtlich ausgelöst durch einen kritischen Zeitungsartikel zu den Naturalwohnungen (NEWS 19/13 "Österreichs schönste Sozialwohnungen"), laut Nachschauauftrag vom für den Zeitraum 1/2008 bis 5/2013 eine Nachschau seitens des FA 1/23 durch ein dreiköpfiges Team von Lohnsteuerprüfern. Gegenstand der Überprüfungshandlungen war dabei ausschließlich die Behandlung der Naturalwohnungen im Bereich des ***B1***. Dabei wurden zahlreiche Unterlagen eingesehen. Im Arbeitsbogen finden sich dazu eine Reihe von Unterlagen, die das FA dem Gericht auszugsweise übermittelte. Der Arbeitsbogen selbst stand dem Gericht nicht zur Verfügung. Aus den vorgelegten Unterlagen des Arbeitsbogens der Nachschau ist ersichtlich, dass die Daten aus der Wohnungsdatenbank WOHNIS II den Prüfern im Rahmen der Nachschau zur Verfügung gestellt und als "Wohnungsdatenauszug" im Arbeitsbogen abgelegt wurden.
Dazu ist auch folgender mail-Verkehr im Arbeitsbogen ersichtlich:
Teamleiter der GPLA ***N*** an den damaligen Leiter der Dienststelle:
Bezug: NEWS 19/13 und andere Medien "Österreichs schönste Sozialwohnungen", Bericht über die Wohnung von ***8***. Anzeige vom
Wir (***3***, ***4*** und ich) befassen uns seit geraumer Zeit mit dem Problem Naturalwohnungen/Dienstwohnungen beim ***Bf1***. Da erst die nötigen Ansprechpartner gefunden und die Daten ermittelt werden mussten, sowie erst eine Methode der Auswertung des Datenbestandes von uns gefunden werden musste, hat sich das Verfahren über längere Zeit hingezogen. Betonen möchte ich die ausgesprochen gute Zusammenarbeit und das rasche und umfangreiche Auskunftsverhalten der Dienststellen (führend Hr. ***X***, ***11***).
Die Daten (es geht um ca. 1900 Einzelobjekte) samt Unterlagen (Erlässe, Gesetzesvorschriften, Dienstanweisungen usw.) liegen uns seit einiger Zeit vor und wurden unsererseits grob ausgewertet. Der Datenbestand umfasst umfangreiche Einzeldaten (ua. Wer ist der Nutzer, wer verwaltet die Wohnung, von wem wird sie angemietet, was zahlt das BM für die Wohnung, was zahlt der Nutzer, Dienststelle,Dienstgrad, Adresse). Die Abrechnung/Berechnung erfolgt detailliert nach Einzelobjekt, wobei aus bisheriger Sicht keine "bevorzugten Gruppen" (im Sinne von Dienstgrad, Truppenzugehörigkeit, Lage der Wohnung usw.) erkennbar sind. Im Wohnungsbestand sind auch Wohnungen der Stiftung.
Nachdem wir nun einen Überblick über obigen Datenbestand haben, haben wir nun Kontakt mit dem im NEWS 19/13 genannten Stiftungsgeschäftsführer ***1*** aufgenommen, um die Wohnungen der Stiftung im Detail anzusehen. Besprechungstermin ist der 19.3.
Die Prüfung (Nachschau) wird in diesem Sinne fortgesetzt. Eventuelle Berichte erfolgen weiter.
***N***
Teamleiter GPLA 1
FA 1/23
CC an MR ***2***, wie gewünscht
Zuständiger Prüfer an Mitarbeiter der Bf am - im Arbeitsbogen bezeichnet als AW Datenauszug WOHNIS II:
Sehr geehrter Herr ***X***!
Danke für die Übermittlung der Daten. Diese haben wir nun analysiert....
Unsere Fragen (aus derzeitiger Sicht):
- Was ist der Grund für den Abschlag? Dieser wirkt sich sowohl negativ als auch positiv aus!
- In vielen Fällen würde der Abschlag zu einem Sachbezug führen können.
- Wird vom Mieter tatsächlich immer nur die Grundvergütung + > BK... bezahlt?
- Zahlt das Ministerium auch einen Teil der Betriebskosten oder trägt diese immer ausschließlich der Mieter?
- Wie läuft der Zahlungsfluss: Zahlung Mieter an BM oder an die Genossenschaft?
- Im Datensatz sind auch Häuser der Stiftung?
Wie sieht es mit den restlichen Daten der Stiftung aus bzw. einem Kontakt?
Mit freundlichen Grüßen
***N***, ***3***, ***4***
Prüfer an Mitarbeiter der HbfP. am :
Sehr geehrter Herr ***X***!
Leider brauche ich noch weitere Hilfe und bitte Sie daher, mir ein paar Beispiele zu erklären:
SVNr (aus der Datei) ***Zahl 1***, ***Zahl 2***, ***Zahl 3***.Die Beispiele wurden ohne bestimmte Absicht gewählt.
Bitte, wie ist der Abschlag begründet/berechnet? Der Abschlag beträgt keine 60% oder 75% oder was auch immer.
Antwort ***X*** an Prüfer am :
1. SV ***Zahl 1*** (Hr. ***5***)
Die Grundvergütung von Hr. ***5*** wird vom Gehalt V/2 mit 0,045% berechnet. Das Gehalt V/2 richtet sich nach dem Gehaltsgesetz und ist im Ressort ein "oft" verwendeter Bezugswert (auch für die Festsetzung der Grundwehrdienergehälter), wird bei jeder Gehaltsanpassung erhöht und verändert sich dementsprechend im Laufe der Nutzung. Bei Hr. ***5*** war diese Regelung zur Festsetzung der Grundvergütung heranzuziehen, da diese bis zum (bis zur 45. Gehaltsgesetz-Novelle) "aktuell" war. Da Hr. W. diese Wohnung schon sehr lange nutzt, fiel dieser unter die beschriebene Festsetzungsvariante. Zusätzlich habe ich Ihnen das Wohnungsblatt von Hr. ***5*** in der Anlage übermittelt. Dort ist ersichtlich, dass Hr. W. die Wohnung seit nutzt. Auf der zweiten Seite sind die historischen Vergütungsdaten ersichtlich. Die Regelung über die Festsetzung der Grundvergütung bleibt so lange bestehen, bis Hr. W. in den Ruhestand Übertritt.
2. SV ***Zahl 2*** (Hr. ***6***)
Hr. Sch. wird nach jener Vorgabe für die Festsetzung der Grundvergütung eingestuft, die vor der aktuellen Regelung gültig war. Dabei wurde die Festsetzung der Grundvergütung von einem Schilling-Mischbetrag abzüglich 25% ermittelt. Der Mischbetrag wurde ermittelt aus der Summe von Mietzins Kategorie A + Kategorie B (alles vorgegebene Richtwerte durch BKA). Die Summe wird dann durch zwei dividiert. Vom Ergebnis werden die 25 % gem GehG abgezogen. Zusätzlich habe ich Ihnen das Wohnungsblatt von Hr. Sch. in der Anlage übermittelt. Hr. Sch. nutzt die Wohnung bereits seit . Die Regelung über die Festsetzung der Grundvergütung bleibt ebenfalls so lange aufrecht, bis dieser in den Ruhestand Übertritt.
3. SV ***Zahl 3*** (Hr. ***7***)
Hr. ***7*** benutzt die Wohnung seit und fällt daher unter die aktuelle Festsetzungsregelung. Da Hr. ***7*** auch KlOP-Soldat ist, wird seine Grundvergütung gemäß der Sonderregelung §112d GehG iVm der Anlage zum Schreiben BKA-GZ 924.570/0001 -II1/2/2012 (siehe Anhang Email vom ). Die Ermittlung richtet sich nach dem gemittelten Richtwert (aktuell: € 5,37) * m2 - 25%. In der Anlage habe ich Ihnen auch das Wohnungsblatt zu Hr. ***7*** beigelegt. Ebenfalls auf Seite 2 ersichtlich sind die historischen Vergütungen.
Weiters darf ich Ihnen eine Statistik über alle Grundvergütungen übermitteln. Darin werden alle Grundvergütungen historisch aufgelistet. Es nicht alle "Varianten der Festsetzung für die Grundvergütung" derzeit gültig, aber ich bin überzeugt, dass man dadurch einen Überblick über die unterschiedlichen "Varianten" erhält.
Im Arbeitsbogen findet sich zudem eine Unterlage des ***B1*** mit dem Titel "Naturalwohnungen Zahlen, Daten, Fakten und Org-Ablauf" mit Stand Oktober 2013 in welcher sich unter anderem folgender Passus findet:
Berechnung der Grundvergütung; Zurzeit 26 verschiedene Berechnungsarten (abhängig vom Datum des Nutzungsbeginnes und des damals gültigen Verrechnungssatzes).
Es folgt sodann die Darstellung der unterschiedlichen Berechnungsarten, sowie folgende Aussage:
Generalmietverträge;
Zurzeit gibt es 106 Generalmietverträge für die ang. NW mit 22 verschiedenen Eigentümern, die großteils mit einer 3-monatigen und einige mit einer 6-monatigen Kündigungsfrist jederzeit gekündigt werden können. Teilkündigungen einzelner NW sind jedoch vertragsgemäß nicht vorgesehen. Dies führte zu bekannter struktureller Leerstehungsproblematik. 9 Mietverträge sind unkündbar bis 2024 bzw. bis 2037, 2040, 2041, 2046 und 2048. Ein Mietvertrag wurde mit der BIG abgeschlossen, die zum Großteil die Naturalwohnungen an weitere Eigentümer verkauft hat. Von diesen Eigentümern hat das ***Bf1*** keine eigenen Mietverträge, sohin gilt der BIG-Mietvertrag weiterhin. Die Anzahl, der Eigentümer ist dadurch auf derzeit ca. 80 und der Verwaltungsaufwand enorm gestiegen.
Mit E-Mail vom teilte ein Prüfer des GPLA -Teams (Herr ***4***) dem zuständigen Mitarbeiter des ***B1*** (***X***) wie folgt mit (das Schreiben ging in CC an den Teamleiter und eine weitere Person des zuständigen GPLA Teams):
Ich möchte Ihnen kurz mitteilen, dass die Nachschau beim ***Bf1*** beendet ist. Aus dem dargestellten Sachverhalt (Wohnungen) ergeben sich für die Finanzverwaltung keine weiteren Veranlassungen. Es wird unsererseits ein Aktenvermerk (für etwaige zukünftige Veranlassungen) angelegt. Sollte es noch Feststellungen oder Einwände ihrerseits geben, bitte ich Sie mir dies mitzuteilen.
……
Aus den Unterlagen des Arbeitsbogens der Nachschau, durchgeführt unter der Leitung des zuständigen Teamleiters der GPLA des damals zuständigen Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr FAÖ DS Wien 1/23) ist ersichtlich, dass der zuständigen abgabenfestsetzenden Stelle jedenfalls seit 2013 vollumfänglich bekannt war, wie und nach welchen Kriterien die HbfP. die von den betroffenen Dienstnehmern zu leistende Abgeltung für Naturalwohnungen im Detail berechnet und dass die HbfP. für die streitgegenständlichen Naturalwohnungen keinen Sachbezugswert ansetzt. Die HbfP. hat nicht nur sämtliche Berechnungsparameter im Rahmen der Nachschau betreffend 2008 bis 5/2013 offengelegt sondern auch die Rechtsansicht begründet und auf die jeweiligen von ihr angewendeten Rechtsgrundlagen verwiesen.
Die für die Abgabenfestsetzung zuständige Stelle teilte zudem der HbfP. mittels E-Mail mit, dass bei gleichbleibendem Sachverhalt aus der Sicht das FA keine Veranlassungen aus diesem Grund erfolgen würden. Die HbfP. konnte daher zu Recht davon ausgehen, dass das FA ihre Rechtsmeinung teilte und ihr Vorgehen - nämlich Nichtansatz eines Sachbezugswertes für die Naturalwohnungen - zutreffend und daher auch für die Zukunft nicht zu ändern war.
Beginnend mit wurde bei der HbfP. - ausgelöst durch einen Bericht des Rechnungshofs (RH) zu "Wohnungen im Bereich des ***Bf1***" vom August 2017 (Punkt 10.1.¸11.1. und 11.3. des RH-Berichts) - eine GPLA Prüfung für 2010-2015 durchgeführt. Die Prüfer laut Prüfungsauftrag vom waren Frau ***9***, Herr ***4*** und Herr ***3*** (somit waren zwei der drei Prüfer ident mit jenen der Nachschau).
Unter 11.1. im RH Bericht wird wörtlich ausgeführt:
Aufgrund fehlerhafter Berechnungen des ***Bf1*** bei drei stichprobenartig ausgewählten Fällen kam das FA zum Ergebnis, dass die Vergütungen, welche die Bediensteten zu entrichten hatten, den Kosten des ***Bf1*** entsprachen, weshalb kein geldwerter Vorteil vorgelegen sei, der zu versteuern gewesen wäre.
Der angenommene Berechnungsfehler der zur Fehlbeurteilung des FA geführt haben soll, kann nicht erkannt werden. Worin diese Berechnungsfehler gelegen wäre, wird weder im Rechnungshofbericht noch in den Ausführungen des FA dargestellt, ist für das Gericht nicht ersichtlich und wurde auch von der belangten Behörde nicht aufgeklärt.
Im RH-Bericht findet sich weiters unter 11.3 (2) folgende Aussage:
Laut Stellungnahme des BMF habe sich das zuständige Finanzamt der Meinung des RH angeschlossen. Das ***Bf1*** sei bereits auf den Prüfungsplan für eine GPLA gesetzt worden. Für die Jahre ab 2010 sei ein entsprechender Prüfungsauftrag ergangen.
Aus dieser Formulierung ist ersichtlich, dass die belangte Behörde offensichtlich über Anregung/Weisung des BMF tätig wurde. Das BMF und damit die belangte Behörde gingen damit von der im Erlasswege ausgedrückten Rechtsansicht des BMF in der konkreten Themenstellung der Naturalwohnungsbehandlung ab. Mit der hier gegenständlichen GPLA sollte diese nunmehr als unrichtig gewertete Erlassansicht nicht nur für zukünftige Zeiträume, sondern für alle Ende 2016 (Beginn der Prüfung) noch nicht verjährten Jahre korrigiert werden.
Die im Rahmen der beschwerdegegenständlichen GPLA für 2010 - 2015 zur Verfügung gestellten Auswertungen aus WOHNIS II deckten sich mit jenen Auswertungen die im Rahmen der Nachschau zur Verfügung gestellt worden waren, wurden aber um zwei Informationen ergänzt nämlich die Darstellung der Wohnungskategorie und die Zuordnung der Wohnungsnutzer zu den jeweiligen Dienstgeberkonten für Lohnabgaben die damals im Ressort bestanden. Zudem wurden für den Nachschauzeitraum 2008 bis 5/2013 über Wunsch der Nachschauorgane nur die Daten für 2013 aufbereitet.
Wird das ***B1*** im Haftungsweg zur Zahlung von Lohnsteuernachforderungen herangezogen besteht die Verpflichtung diese Beträge im Regresswege bei den Bediensteten rückzufordern. Die Rückforderung stellt dabei keinen Übergenuss dar, sondern ist im Einzelfall im Klagswege einbringlich zu machen.
3. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich Großteils aus den vorgelegten Akten, Unterlagen und dem Bericht des Rechnungshofes zu "Wohnungen im Bereich des ***Bf1***" sowie insbesondere aus den Auszügen aus dem Arbeitsbogen der Nachschau.
Die Feststellungen zum Inhalt der WOHNIS II und den im Rahmen der Nachschau 2008-5/2013 und der GPLA Prüfung 2010-2015 zur Verfügung gestellten Unterlagen und Auswertungen ergeben sich aus den glaubwürdigen Ausführungen von MinR ***X*** welche sich mit den Darstellungen der belangten Behörde und den vorgelegten Unterlagen decken.
Die Aussagen zum "Berechnungsfehler" der HbfP. die eine Fehleinschätzung des FA ausgelöst habe, ergeben sich aus dem zitieren RH-Bericht. Das FA machte trotz entsprechender Aufforderung zur genauen Darlegung der neuen Tatsachen bzw. Beweismittel keine Angaben, worin der Berechnungsfehler bei den oben zitierten Antworten zu den ausgewählten Stichproben gelegen wäre. Im Gegenteil ist aus dem mail-Verkehr im Arbeitsbogen der Nachschau ersichtlich, dass die Berechnungen durch übermittelte zusätzliche Unterlagen untermauert und bereits 2014 erklärt worden waren. Nach Ansicht des Gerichts liegt auch kein Berechnungsfehler vor, sondern verrechnete das ***B1*** die entstandenen Kosten entsprechend den einschlägigen Bestimmungen (§ 24a GehG, Erlass des BKA) an die Wohnungsnutzer weiter.
Die Feststellung, dass bereits 2005-2009 eine GPLA-Prüfung stattgefunden hat ist unstrittig. Dass dabei die Naturalwohnungen Prüfungsgegenstand waren, ergibt sich aus den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen von Vertretern des ***B1*** und entspricht bei der gegebenen Sachlage auch den Erfahrungen des täglichen Lebens. Dabei ist nachgerade zwingend davon auszugehen, dass auch im Rahmen dieser Prüfung sämtliche bezughabenden Unterlagen und Datenbankauswertungen zur Verfügung gestellt wurden. Die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter des ***B1*** im Rahmen von Prüfungshandlungen wurde vom Nachschauteam ausdrücklich hervorgehoben. Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass das in der Vorprüfung nicht so gewesen wäre.
Die Feststellungen zur Erarbeitung eines interministeriellen Erlasses entsprechen der diesbezüglichen Lebenserfahrung und resultieren aus den einschlägigen beruflichen Vorerfahrungen der vorsitzenden Richterin.
Die Regressverpflichtung der HbfP. gegenüber den Mitarbeitern wurde den glaubwürdigen Ausführungen der zuständigen Sachbearbeiter im ***B1*** entnommen und deckt sich mit diesbezüglicher Judikatur und einschlägigen Rechtsvorschriften:
Wird das ***B1*** im Haftungswege zur Zahlung einer Lohnsteuernachforderung verpflichtet übernimmt es eine fremde Schuld iSd § 1358 ABGB und ist befugt, vom Arbeitnehmer den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern ( 14 OB A80/87). Die zivilrechtliche Qualifikation dieses Anspruches besteht unabhängig davon, ob das zugrundeliegende Dienstverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlichen Charakter hat.
Nach § 72 BHG 2013 hat das zuständige Organ eine irrtümlich erbrachte Leistung des Bundes, zurückzufordern.
Gemäß § 74 BHG 2013 kann der Bund nur aufgrund von Einzelfallprüfungen auf Forderungen gegenüber den Bediensteten verzichten. Wenn der Bedienstete der Rückforderung nicht zustimmt, so hat der Arbeitgeber (Bund) eine Klage gegenüber seinen Bediensteten bei einem ordentlichen Gericht einzubringen (-B2844/95).
Bei der Forderung des ***B1*** gegenüber den Bediensteten liegt bei der Bezahlung der Lohnsteuer im Haftungswege und bei späterer Rückforderung kein Übergenuss nach § 13a GehG vor. Damit kann die Forderung des Bundes gegenüber den Bediensteten auch nicht im Aufrechnungswege hereingebracht werden (). Die Rückforderung hat sohin im Zivilrechtsweg durch Einzelklagen der jeweiligen Bediensteten zu erfolgen.
4. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt.
Gemäß § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner. Nach § 78 Abs. 1 EStG 1988 hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates an das Finanzamt abzuführen.
Gemäß § 82 EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im steuerrechtlichen Sinn zieht - §§ 78 Abs. 1 und 79 Abs. 1 EStG 1988 zufolge - zwangsläufig die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber nach sich. Die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber ist in diesem Fall die vom Gesetz angeordnete Erhebungsform der Einkommensteuer. Kommt ein Arbeitgeber seinen Verpflichtungen zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer nicht nach, so ist der Arbeitgeber mit Haftungsbescheid (§ 82 EStG 1988) zur Entrichtung der Lohnsteuer heranzuziehen.
Nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen, den Dienstgeberbeitrag zu leisten. Dienstnehmer sind nach § 41 Abs. 2 FLAG 1967 Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen. Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG 1967 ist der Beitrag des Dienstgebers von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b des Einkommensteuergesetzes 1988. Gemäß § 41 Abs. 5 FLAG 1967 idF beträgt der Dienstgeberbeitrag 4,5 v.H. der Beitragsgrundlage.
Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an, kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO von Amts wegen eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist (§ 201 Abs. 1 BAO). Die Festsetzung kann gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wurde oder bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden.
§ 202 Abs 1 BAO zufolge gilt § 201 BAO sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.
Die Wiederaufnahmevoraussetzungen sind - über den Verweis in § 201 Abs 2 Z 3 BAO - auch für (Neu-)Festsetzungen von Selbstbemessungsabgaben anwendbar. Auch in diesem Fall muss daher das FA bei einer amtswegigen Neufestsetzung festlegen, welchen Tatsachenkomplex es seinem Bescheid als Rechtfertigung der Neufestsetzung zugrunde legt. Er bildet die "Sache" des Verfahrens ().
Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Die Tatsachen oder Beweismittel müssen im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existiert haben, sind aber erst danach hervorgekommen (). Entscheidend ist im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO und entsprechenden Bescheiden nach § 303 BAO somit, ob und gegebenenfalls welche für das Finanzamt seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des Finanzamts herangezogen wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind ().
Maßgebend ist beim Neuerungstatbestand, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger bzw. anderer rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können.
Keine Wiederaufnahmegründe (keine Tatsachen) sind neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (; , 96/15/0148; , 2008/15/0215).
Es ist nicht Sache des Abgabepflichtigen, das Nichtvorliegen eines Wiederaufnahmegrundes nachzuweisen, sondern Aufgabe der Abgabenbehörde, die von ihr verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (). Zudem hat die Behörde hat ihre Ermessensübung zu begründen (; , 95/13/0136; , 94/15/0085).
Im gegebenen Fall steht jedenfalls fest, dass der Abgabenbehörde bereits aufgrund der GPLA Prüfung der Jahre 2005 bis 2009 - durchgeführt im Auftrag und im Einvernehmen mit der abgabenfestsetzenden Stelle im FA durch die WGKK - bekannt war, dass die HbfP. an ihre Bediensteten Naturalwohnungen überlässt und dafür keinen steuerpflichtigen Sachbezug ansetzt. Es ist dem FA seit diesem Zeitpunkt auch bekannt, warum das so gehandhabt wird. Die HbfP. vertritt dazu die Rechtsansicht, dass § 24 ff GehG gesetzlich normiert wie in derartigen Fällen vorzugehen ist und daher in diesen Fällen wegen der gesetzlichen Festlegung der Angemessenheit der Vergütung für einen steuerlichen Sachbezug kein Raum bleibt. Diese Rechtsansicht des ***B1*** ist auch im Erlass des BKA , "Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen" begründet.
Neuerlich mehrfach besprochen und gegenüber den Nachschauorganen dargestellt wurde diese Rechtsansicht der HbfP. im Rahmen des Nachschauverfahrens. Die bekannt gegebene Rechtsansicht - die überdies vom Bundesverwaltungsgericht in seinen Erkenntnissen vom , L501 2223004-1/2E und L501 2223004-6/2E betreffend die Behandlung der Naturalwohnungen im Rahmen der Berechnung der Sozialversicherung bestätigt wurde - führte dazu, dass die Nachschau keine weitere Veranlassung seitens des FA auslöste. Im Gegenteil, Herr ***4*** welcher als Mitglied des Nachschauteams für das zuständigen FA an allen Besprechungen teilgenommen hatte, teilte dem ***B1*** am ausdrücklich mit, dass keine Veranlassung zu erfolgen hätten und für allfällige zukünftige Verfahren ein entsprechender Aktenvermerk erstellt werde. Ergänzend sei darauf verwiesen, dass Herr ***4*** auch Prüfer im Rahmen des beschwerdegegenständlichen Prüfungsverfahren war.
Aus dieser Mitteilung ist für Dritte und für die HbfP. eindeutig ableitbar, dass die im FA zuständige abgabenfestsetzende Stelle zumindest bis 2015 die Rechtsansicht der HbfP. zur Behandlung der Naturalwohnungen teilte. Das lässt sich auch den Aussagen im Punkt 11.3 (2) des RH Berichts ableiten, wo ausgeführt wird, das FA habe sich der "Meinung des RH angeschlossen ".
Bei unveränderter Tatsachenlage lassen sich im Wege einer Wiederaufnahme die nachteiligen Folgen einer früheren unzutreffenden Würdigung oder Wertung des offen gelegt gewesenen Sachverhaltes oder einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung nicht beseitigen ( 3143, 3144/80; , 2006/13/0107). Im gegebenen Fall war sowohl dem FA als auch dem BMF seit vielen Jahren - zumindest aber seit 2009 - bekannt, dass seit Jahrzehnten kein Ansatz von Sachbezugswerten bei Naturalwohnungen im ***B1*** erfolgte. Diese Vorgehensweise war aufgrund eines interministeriell abgestimmten Erlasses bereits 1987 für ebendiese Fälle bei voller Kenntnis der Tatsachenlage vom BMF so festgelegt worden.
Das FA führt zutreffend aus, dass Verordnungen zwingend anzuwenden seien. Diese Aussage trifft grundsätzlich zu, es ist aber zu beachten, dass Vorgängerregelungen zur derzeit geltenden Sachbezugswerte-VO bestehen. Bereits im Geltungsbereich des EStG 1972 wurden die Sachbezugswerte regelmäßig durch Verordnungen der Finanzlandesdirektionen festgelegt und im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung (AöFV) veröffentlicht . Eine bundesweite Regelung der Sachbezugswerte erfolgte mit , Z 07 0602/6-IV/7/86, AöFV Nr. 213/1986. Dem Text dieser Regelungen ist zu entnehmen, dass die Erlassbestimmungen zwingend und bundesweit anzuwenden waren und nicht bloß eine (einzelfallbezogene bzw. unpräjudizielle) Auslegung zu § 15 EStG darstellten.
Ob einem generellen Verwaltungsakt Verordnungscharakter zukommt, richtet sich nach seinem Inhalt: Ein als Rundschreiben, Erlass, Richtlinie oä bezeichneter Verwaltungsakt ist als Verordnung zu qualifizieren, wenn er sich nicht in einer bloßen Wiederholung des Gesetzestextes erschöpft, sondern das Gesetz bindend auslegt (Grabenwarter/Frank, B-VG Kommentar Art 139 Tz 2; VfSlg 5905/1969; 13.632/1993). Verordnungscharakter haben derartige Bestimmungen dann, wenn sie imperative Formulierungen und allgemein verbindliche Anordnungen für die Rechtsunterworfenen enthalten ().
Nach dieser Judikatur des VfGH stellt ein Erlass der die Sachbezugswerte bundesweit einheitlich regelt - schon vor der erstmalige Erlassung einer bundesweiten SachbezugswerteVO im Jahr 1992 (BGBl Nr. 642/1992) - seinem eigentlichen Charakter nach eine Verordnung (Rechtsverordnung) dar. Die Tatsache, dass die danach erlassene bundesweite SachbezugswerteVO BGBl Nr. 642/1992 sprachlich und inhaltlich dem , AöFV Nr. 213/1986 entspricht, untermauert diese Einstufung.
Daher war der zum Zeitpunkt der Verfassung des Erlasses des BKA , GZ 923.101/35-11/2/86 ebenso wie die zum Zeitpunkt der GPLA in Geltung befindliche SachbezugswerteVO BGBl. II 416/2001 idF BGBl. II Nr. 366/2012 zwingend anzuwenden.
Im Lichte dieser Rechtssprechung des VfGH sind sowohl der zur Festlegung der Sachbezugswerte als auch der Erlass des BKA vom zur Regelung der Dienst- und Naturalwohnungen ("Dienst- und Naturalwohnungen, Durchführungsbestimmungen ") als Rechtsverordnung anzusehen. Wenn man dabei beachtet, dass in dem als Rechtsverordnung einzustufenden Erlass des BKA die (wohl gemeint: jeweils gültige) Rechtsverordnung des BMF betreffend die Sachbezugswerte ausdrücklich als nicht anwendbar bezeichnet wird, stellt erstere Bestimmung gegenüber letzterer eine Lex Specialis dar. Die Formulierung im Erlass des BKA in Punkt D, Unterpunkt 2. ist dabei nach Ansicht des Senats als dynamischer Verweis anzusehen.
Der HbfP. ist daher zuzustimmen, dass die nunmehrige Festsetzung aus einer Änderung der Rechtsansicht des FA nach allfälliger vorheriger Fehlbeurteilung abgeleitet ist und daher schon aus diesem Grund keine neue Tatsache vorliegt, die eine Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 BAO rechtfertigt (; , 96/15/0148; , 2008/15/0215).
Wollte man aber dem FA folgen und in der gegebenen Vorgehensweise keine Änderung der Rechtsansicht erblicken, stellt sich zunächst die Frage, welcher konkrete Tatbestand des § 201 BAO angewendet wurde bzw. ob und wann ja welche neuen Tatsachen oder Beweismittel vorlagen.
Sache einer Festsetzung nach § 201 BAO ist nicht nur die konkrete Festsetzung der konkreten Abgabe gem. § 198 BAO, sondern auch der jeweils konkrete herangezogene Tatbestand des § 201 BAO (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 102 Rz 21).
Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 kann eine Festsetzung erfolgen, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme vorliegen würden.
Weder im Bericht noch in den übrigen Unterlagen (Niederschrift) auf die der Bericht verweist finden sich klare Aussagen darüber welcher der beiden Tatbestände des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO herangezogen wurden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) erfordert § 201 BAO nicht, dass im Spruch angeführt wird auf welchen Tatbestand des
§ 201 BAO der Bescheid gestützt wird. Der Tatbestand muss aber zumindest aus der Begründung des Bescheides hervorgehen. Eine allenfalls mangelhafte Begründung kann vom Verwaltungsgericht ersetzt werden (, , Ro 2016/16/0004). Es ist aber unzulässig, dass das Verwaltungsgericht oder die belangte Behörde im Rahmen der BVE Gründe für die Wiederaufnahme "nachschiebt" (, 0188).
Im Beschwerdefall verweisen die Festsetzungsbescheide zur Begründung auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung und diese auf eine Beilage. Dieser Beilage sind umfangreiche rechtliche Ausführungen zu entnehmen, an keiner Stelle wird jedoch dargestellt, ob die Festsetzung erfolgte, weil zuvor keiner Lohnsteuerbeträge gemeldet wurden oder ob bzw. welche neue Tatsache(n) oder Beweismittel konkret neu hervorgekommen wären.
Es ist Aufgabe der Abgabenbehörden, die von ihnen verfügte Wiederaufnahme durch unmissverständliche Hinweise darauf zu begründen, welche Tatsachen und Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind (). Auf welche neu hervorgekommene Tatsachen das Finanzamt die Wiederaufnahme in einem Fall, in welchem der erstinstanzliche Bescheid in Verweisung auf die über die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung aufgenommene Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht begründet wurde, gestützt hat, bestimmt sich nach den Angaben in der entsprechenden Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht. Dies setzt jedoch voraus, dass die entsprechenden Tatsachen dort angeführt sind ().
Im hier gegenständlichen Fall kann den Bescheiden bzw. der gesonderten Begründung nicht entnommen werden, ob diese auf § 201 Abs. 2 Z 3 erster Fall BAO oder auf § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO gestützt werden, und liegt insofern auch keine allenfalls mangelhafte Begründung vor, die das Bundesfinanzgericht präzisieren bzw. ergänzen könnte. Auch wenn in der BVE in diesen Punkten ergänzende Ausführung zu finden sind, darf nicht übersehen werden, dass der Erstbescheid bzw. dessen Begründungen den Tatsachenkomplex und damit die "Sache" des Beschwerdverfahrens determinieren.
Es ist dem Bundesfinanzgericht verwehrt, in einem Erkenntnis erstmalig den konkreten Tatbestand des § 201 BAO zu benennen, auf den die Festsetzung gestützt wird.
Gem. § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen. Die Änderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts im Sinne des. § 279 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist durch die Sache nach § 279 Abs. 1 erster Satz BAO begrenzt (). Unter der Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ist jene Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruchs des Bescheids der Abgabenbehörde erster Instanz bildet (; , Ra 2020/16/0137).
Das Bundesfinanzgericht darf in einer Angelegenheit, die überhaupt noch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen war, kein Erkenntnis erlassen, das im Ergebnis einer erstmaligen Erlassung eines Sachbescheides gleichkommt. Ein solches Vorgehen ist als unzulässig anzusehen ().
Entscheidend ist im Fall einer amtswegigen (Neu)Festsetzung nach § 201 Abs 2 Z 3 BAO somit, ob und ggf welche für das FA seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände seitens des FA dargetan wurden, die als Wiederaufnahmsgrund geeignet sind (). Bedeutsam ist in dem Zusammenhang somit ua, dass das FA seiner erstmaligen Abgabenfestsetzung auch - und mag es durch einen entsprechend konkreten Verweis auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung sein (; , Ra 2014/15/0058; , 2012/15/0030, sowie , 2012/15/0172) - klar erkennbar einen bestimmten Tatsachenkomplex zu Grunde gelegt hat. Ein Austausch (oder erstmaliger Ansatz) von Wiederaufnahmsgründe durch das Verwaltungsgericht ist - im Gegensatz zur bloßen Ergänzung der Begründung hinsichtlich des vom FA herangezogenen Wiederaufnahmsgrundes - auch im Rahmen des § 201 BAO (aufgrund der "sinngemäßen" Anwendung von § 303 BAO im "Gleichklang" mit diesem) nicht zulässig. Diesfalls wäre der Bescheid aufzuheben.
Auch zum Umstand des Neu-Hervorkommens sind Feststellungen zu treffen (warum/bis wann dem FA die Tatsachen nicht bekannt waren). (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 201 Anm 23).
Der bloße Hinweis auf die Ausführungen in einem BP-Bericht bzw. wie hier auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung ist hinreichend, wenn aus diesem die Wiederaufnahmegründe hervorgehen und Überlegungen zur Ermessensübung angestellt sind. (, 0263).
Weder im Bericht noch in den übrigen Unterlagen (Niederschrift oder Beilage zur Niederschrift) auf die der Bericht verweist finden sich klare Aussagen welche konkreten Tatsachen oder Beweismittel überhaupt für die Festsetzung herangezogen werden. In der vorliegenden Niederschrift über die Schlussbesprechung wird kein Wiederaufnahmetatbestand genannt, es lässt sich auch nicht explizit auf einen schließen. Insgesamt wird auf die Festsetzungsgründe nur in rechtlicher Hinsicht eingegangen. Es lässt sich bloß erahnen, dass die belangte Behörde von einem Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel ausgeht. Keinesfalls ergibt sich dies jedoch konkret aus dem Text der Beilage zur Niederschrift. Aus dem hier zu beurteilenden Text lässt sich vielmehr ableiten, dass eine neue rechtliche Würdigung eines bereits bekannten Sachverhaltes erfolgte. Ein neu herangezogener Tatsachenkomplex, wie er sich für die Begründung einer Wiederaufnahme aufzeigen muss, kann der Begründung nicht entnommen werden. Schließlich wird dem Abgabepflichtigen auch nicht zu verstehen gegeben, dass die Kenntnis neu hervorgekommener Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Es fehlen zudem sämtliche Hinweise zur Ermessensübung.
So führte der VwGH zur Frage der ausreichenden Begründung in seinem Erkenntnis aus:
Die - einzige - Begründung des Bescheids über die amtswegige Wiederaufnahme, es sei im Zuge der Betriebsprüfung festgestellt worden, "dass die an die Arbeitnehmer ausbezahlten Reisekosten (lt Lohnkonto Aufwandsentschädigungen) nicht ordnungsgemäß versteuert bzw verrechnet wurden", legt nicht konkret dar, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sein sollen, die eine Beurteilung gestatten, dass Lohnbezüge nicht ordnungsgemäß versteuert wurden.
Legt man dieses Erkenntnis auf den gegebenen Fall um ist ersichtlich, dass die vorgenommene Festsetzung nicht ausreichend begründet wurde. Die belangte Behörde ist ihrer Aufgabe, die verfügte Festsetzung durch unmissverständliche Hinweise dahingehend zu begründen, welche Tatsachen oder Beweismittel auf welche Weise neu hervorgekommen sind, nicht ausreichend nachgekommen (). Eine Sanierung derartiger Begründungsmängel in Wiederaufnahme- bzw. Festsetzungsbescheiden ist im Rahmen des Beschwerdeverfahrens weder durch die Beschwerdevorentscheidung noch durch das Erkenntnis des Verwaltungsgericht möglich ().
Da im Erstbescheid auch sämtliche Aussagen zur Ermessensübung fehlen liegt der Schluss nahe, dass das FA im gegenständlichen Fall gänzlich auf die verfahrensrechtlichen Grundlagen der Festsetzungbescheide vergessen hat.
Würde man zum Ergebnis gelangen, dass die Festsetzungsbescheide "nur" mangelhaft begründet sind und sowohl der die Festsetzung auslösende Tatbestand des § 201 Abs. 2 Z 3 2.Tatbestand als auch der zu beurteilende Tatsachenkomplex aus der Begründung ausreichend ableitbar und damit einer Ergänzung zugänglich sind, ist zunächst die Frage des Vorliegens der "neu hervorgekommenen Tatsachen" zu beurteilen.
Das FA führt dazu aus, der angezogene Grund, die Nichtbesteuerung der Naturalwohnung als Sachbezug sei erst im Zuge der GPLA-Prüfung 2010-2015 neu hervorgekommen, bzw. "später" (nämlich lange nach Bekanntwerden im Rahmen der Nachschau 2013/14) verwertet worden.
Diesen Ausführungen steht der Umstand entgegen, dass die nunmehr als unrichtig eingeordnete Vorgehensweise bereits in der Vorprüfung Prüfungsgegenstand war. Den damaligen Prüfern war daher bekannt, dass seitens der HbfP. keine Sachbezugswerte angesetzt werden. Die Kenntnis des seither unverändert gebliebenen Sachverhalts muss sich das FA anrechnen lassen. Der Umstand, dass zusätzlich im Rahmen der Nachschau nur und ausschließlich die Behandlung der Naturalwohnungen Gegenstand der Nachschau war und das FA durch ein zuständiges Organ ausdrücklich die Richtigkeit der Vorgehensweise der HbfP. bestätigte, ist dabei ebenso zu beachten.
Dem FA - und zwar der für die Feststetzung der Lohnabgaben zuständigen Stelle - war der zugrundeliegende Sachverhalt jedenfalls seit 2009 bekannt und hat sich danach nicht verändert. Im Gegenteil hat das FA von sich aus zu verstehen gegeben, dass die gewählte Vorgehensweise nicht nur bekannt, sondern auch richtig sei. Bezieht man zudem den Erlass des BKA vom17.11.1986, GZ 923.101/35-11/2/86 mit in die Betrachtung ein, ist ersichtlich, dass sämtlichen mit der Erhebung der Lohnsteuern befassten Dienststellen und Abteilungen die Vorgehensweise des ***B1*** iZm der steuerlichen Behandlung von Naturalwohnungen bekannt gewesen sein musste zumal die dort enthaltenen Ausführungen, wenn nicht ohnehin Rechtsverordnungen, jedenfalls als Weisungen des zuständigen Ressorts an die nachgeordneten Dienststellen (ua. Gehaltsverrechnung im ***B1*** und den für die Erhebung der Dienstnehmerabgaben zuständigen Stellen der Abgabenbehörden) anzusehen sind.
Hinzu tritt der Umstand, dass für das Gericht eindeutig ersichtlich ist, dass im Rahmen der Formulierung des Erlasses des Bundeskanzleramts vom , GZ 923.101/35-11/2/86 jedenfalls umfangreiche Verhandlungen zwischen den einzelnen Fachabteilungen der betroffenen Ministerien - insbesondere unter maßgeblicher Beteiligung der damaligen Abteilung IV/7 (Lohnsteuerabteilung) - stattfanden und offensichtlich (uU auf politischer Ebene) Einigkeit darüber erzielt wurde, dass bei Naturalwohnungen die bereits damals bestehende Vorgängerregelung zur nunmehrigen SachbezugswerteVO - nämlich der , AÖFV 1986 Nr. 213 - nicht zur Anwendung gelangen sollte.
In diesem Licht ist auch das Erkenntnis des VwGH () relevant, dass falls der Abgabepflichtige durch das Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung in seiner Auffassung von der Berechtigung der geltend gemachten (Umsatzsteuer-)Befreiung bestärkt wird, dann muss ihm bei gleichbleibender Tätigkeit deren jährlich wiederkehrende eingehende Darstellung nicht in einer Weise als erforderlich und sinnhaft erscheinen, die es rechtfertigt, von einer Verletzung der Offenlegungspflicht in einem mehr als vernachlässigbaren, weil bloß theoretischen Ausmaß zu sprechen. Umgelegt auf den gegenständlichen Sachverhalt ist daher wohl die mehrfache und unbeanstandete Darlegung der seit Jahrzehnten unverändert gebliebenen Vorgehensweise gegenüber dem BMF (1987) der WGKK (2009) und dem FA im Zuge der Nachschau (2013) als vergleichbare Offenlegung und erfolgte Bestätigung der Richtigkeit anzusehen.
Erst im Zuge der Prüfung durch den Rechnungshof ergaben sich offensichtlich Zweifel an der Richtigkeit der jahrzehntelangen Vorgehensweise. Der Rechnungshofbericht löste die beschwerdegegenständliche GPLA aus. Daraus kann aber keine neu hervorgekommene Tatsache abgeleitet werden. Vielmehr ist darin eine geänderte Rechtsansicht (siehe oben) zu erblicken.
Sollte man in der im Zuge der GPLA erstmals mitgeteilten Wohnungskategorie ein neues Beweismittel oder eine neu hervorgekommene Tatsache erblicken und wäre die mangelhafte Begründung des Festsetzungsbescheides diesbezüglich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens (Ausführungen in der BVE) als verbessert anzusehen bleibt zuletzt das geübte Ermessen zu prüfen.
Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), müssen sich gemäß § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Billigkeit bedeutet dabei Bedachtnahme auf berechtigte Interessen der Parteien, Zweckmäßigkeit hingegen ist das öffentliches Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Bedachtnahme auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften und ferner - ableitbar aus Art 126b Abs 5 B-VG - auch die Bedachtnahme auf die Verwaltungsökonomie (Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung). Aus der Begründung eines Bescheides, mit dem eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, muss entnehmbar sein, welche für die Ermessensübung maßgeblichen Überlegungen angestellt worden sind. Im Fall eines Rechtsmittels gegen eine Ermessensentscheidung kann das Verwaltungsgericht ungeachtet der Entscheidung der Abgabenbehörde neuerlich Ermessen üben, weil es nach § 289 Abs. 2 BAO immer in der Sache selbst zu entscheiden hat und daher seine Entscheidung an die Stelle jener der Abgabenbehörde tritt. Dies gilt entsprechend auch bei Erlassung einer BVE (§ 276 Abs. 1 oder 5 BAO).
Die Behörde hat bei der Ermessensübung in der Begründung des Bescheides die dafür maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (; , 84/16/0209; , 93/13/0065). Dabei muss sie dartun, aus welchen Gründen sie bei der Interessenabwägung den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit den Vorzug gibt ().
Fehlt die erforderliche Begründung der Ermessensübung, ist dies ein Verfahrensmangel () der durch das Verwaltungsgericht behoben werden kann.
Bei der Ermessensübung hat die Abgabenbehörde unter Bedachtnahme auf die amtswegige Ermittlungspflicht (§ 115 Abs 1 BAO) zwar grundsätzlich der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) den Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) einzuräumen, allerdings kann nach Abwägung gegenläufiger Gesichtspunkte auch von einer Festsetzung bzw. Wiederaufnahme von Amts wegen Abstand genommen werden.
Gegen eine Wiederaufnahme spricht das Verschulden der Behörde an der Nichtgeltendmachung der neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel im wiederaufzunehmenden Verfahren aber auch der Grundsatz von Treu und Glauben. Zudem sind Auswirkungen auf andere Abgabepflichtige zu bedenken. Angesichts der Einzelfallorientierung der Ermessensübung ist eine nachvollziehbare Begründung der Ermessensentscheidung in Auseinandersetzung mit den streitgegenständlich relevanten widerstreitenden Gesichtspunkten umso wichtiger (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO § 303, Anm 31 ).
Bei Ausübung des Ermessens sind alle im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme in Betracht kommenden Umstände zu berücksichtigen ().
Bezogen auf den gegenständlichen Fall ist ersichtlich, dass das FA im Erstbescheid keinerlei Ermessensabwägung vorgenommen hat. In der diesbezüglich ergänzenden BVE findet sich nur ein formelhafter Hinweis, das grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben sei. Ziel sei ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Da die steuerlichen Auswirkungen der neu hervorgekommenen Tatsachen und Beweismittel keineswegs geringfügig seien, erweise sich die Wiederaufnahme des Verfahrens als zweckmäßig.
Eine Interessensabwägung unter Beachtung sämtlicher Umstände unterblieb zumal die belangte Behörde auch keine erkennbaren Ermittlungshandlungen zur gegebenen Regressverpflichtung und den damit verbundenen Verfahren und Kosten anstellte.
Unter dem Gesichtspunkt der subjektiven Billigkeit kann das bisherige Verhalten des Abgabepflichtigen bei der Erfüllung der ihn treffenden abgabenrechtlichen Pflichten berücksichtigt werden. (, 0006; , 89/13/0191; , 93/15/0165, 0166).
Für die Beurteilung, ob Umstände vorliegen, die Billigkeitsmaßnahmen rechtfertigen, ist das Verschulden einer Behörde auch dann von Bedeutung, wenn es nicht der zur Entscheidung berufenen, sondern einer anderen Behörde, die am Verfahren mitzuwirken hatte, zuzurechnen ist; dieses Verschulden ist dahin zu verstehen, dass es sich um Umstände handeln muss, die in der Sphäre der Behörde eingetreten sind und die der Abgabepflichtige nicht zu verantworten hat. ().
In diesem Kontext ist zunächst zu erkennen, dass das ***B1*** bei der steuerlichen Behandlung der Naturalwohnungen innerhalb eines gesetzlich und erlassmäßig genau geregelten Verfahrens vorzugehen hatte. Sämtliche inhaltlichen Vorgaben - seien es gesetzliche oder erlassmäßige - wurden vom ***B1*** bei der Vergabe und der Berechnung der durch die Dienstnehmer zu entrichtenden "Vergütung" unstrittig eingehalten. Dabei wurde insbesondere der Erlass des BKA vom beachtet und umgesetzt woraus auch die Nichtversteuerung eines Sachbezugswertes resultierte. Wenn das FA nunmehr die Ausführungen des Erlasses als inhaltlich unzutreffend erachtet und ausführt, dass "abgestimmte Erlässe" in der BAO nicht erwähnt und daher nicht bindend seien, ist dennoch zu beachten, dass der Grund für die Nichtbesteuerung als Sachbezug maßgeblich in der Sphäre der Finanzverwaltung und den mit dem BMF abgestimmten Inhalten des Erlasses vom , GZ 923.101/35-11/2/86 liegt. Das ***B1*** war nicht befugt eigenmächtig von den dort festgelegten Regelungen abzugehen.
In einem weiteren Verfahren, nämlich der GPLA 2005-2009 durchgeführt durch die WGKK, wurde durch Nichtaufgreifen des Sachverhalts die rechtliche Richtigkeit der Erlassmeinung und des Vorgehens des ***B1*** bestätigt.
Weiters darf nicht übersehen werden, dass das FA im Zuge der Nachschau selbst ausdrücklich erklärt hatte, dass die Vorgehensweise des ***B1*** aus Sicht der GPLA keine Veranlassungen nach sich ziehen würden, es wird sogar darauf hingewiesen für zukünftige Amtshandlungen einen entsprechenden Vermerk zu machen. Daraus konnte das ***B1*** zu Recht ableiten, dass die gehandhabte Vorgehensweise seitens des FA keine Festsetzungen/Wiederaufnahmen im Zusammenhang mit der Nichtbesteuerung der Naturalwohnungen als Sachbezug auslösen würde.
Aus der Sicht des ***B1*** wurden sämtliche einschlägigen - auch steuerlichen - Vorschriften beachtet. Falls in der Nichterfassung von Sachbezugswerten eine aus ertragsteuerlicher Sicht unrichtige Vorgehensweise erblickt wird, hat dieses unrichtige Vorgehens die Finanzverwaltung, wenn nicht alleine so doch wesentlich und überwiegend zu verantworten und ist dieser Umstand im Rahmen der Ermessensübung zugunsten der HbfP. zu berücksichtigen.
Dem von der HbfP. aufgeworfenen Hinweis auf den Grundsatz von Treu und Glauben kommt im Rahmen der Ermessensübung iZm mit amtswegigen Wiederaufnahmen und Festsetzungen nach § 201 BAO ebenfalls Bedeutung zu ().
Der VwGH schützt zwar in der Regel kein Vertrauen in die Richtigkeit von Erlässen des BMF (; , 95/14/0035; , 94/13/0045; , 99/15/0119; , 2007/15/0253), aber im Rahmen der Ermessensübung ist ein Abgabepflichtiger der sich im Vertrauen auf eine Erlasslage erlasskonform verhalten hat in diesem Vertrauen geschützt ( iZm Haftung nach § 99 EStG).
Dabei kann die Abgabenbehörde nur dann gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn einerseits ein unrichtiges Verhalten der Abgabenbehörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen ist, und andererseits der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet hat und nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erleidet (; , 90/13/0292; , 92/15/0037; , 93/15/0040; , 96/13/0090).
Bei der gegebenen Sachlage wurde der zugrundeliegende interministeriell erarbeitete Erlass gezielt für die Behandlung von Dienst- und Naturalwohnungen des Bundes erlassen und das ***B1*** hat gemäß den Vorgaben dieses Erlasses disponiert und keine Sachbezugswerte angesetzt. Diese Vorgehensweise beruhte nicht auf einer eigenen unrichtigen Einschätzung der Rechtslage der HbfP. sondern einer zwischen den Ministerien abgestimmten und für das ***B1*** bindenden Vorgehensweise.
Der Grundsatz von Treu und Glauben ist daher aufgrund der besonderen Umstände (langjährige, bundesweite Übung im Sinne der interministeriellen Übereinkunft verbunden mit der Bindung an den Erlass des BKA) im gegenständlichen Verfahren im Rahmen der Ermessensübung als so wesentlich einzustufen, dass der Billigkeit der Vorzug gegenüber der Zweckmäßigkeit einzuräumen ist.
Für die Beurteilung der Haftungsbescheide Lohnsteuer gem. § 82 EStG 1988 sind zusätzlich weitere Aspekte im Rahmen der Ermessensübung zu beachten.
Wie bereits oben dargestellt besteht für das ***B1*** die Verpflichtung Lohnsteuerbeträge, für welche die HbfP zur Haftung herangezogen wird, im Regresswege von den Dienstnehmern zurückzufordern.
Da es sich bei dieser Regressforderung nach der Judikatur um keinen Übergenuss im Sinne § 13a GehG handelt ist keine Einbehaltung von den laufenden Bezügen möglich, sondern muss der jeweilige Anspruch gegenüber jedem einzelnen betroffenen Bediensteten geltend gemacht bzw. im Zivilrechtswege durchgesetzt werden. Daraus entstehen der öffentlichen Hand der Höhe nach wesentliche Beratungs-, Gerichtskosten und Verwaltungskosten die im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen sind und schon aus Gründen der Zweckmäßigkeit gegen die Festsetzung sprechen.
Darüber hinaus sind auch die Interessen der - teilweises dem Beschwerdeverfahren beigetretenen - betroffenen Naturalwohnungsnutzer in diesem Zusammenhang zu beachten. Diese wurden als öffentlich Bedienstete über entsprechenden Antrag bescheidmäßig in die Wohnungen "eingewiesen" wobei sie zu Recht davon ausgehen durften, dass die zu entrichtenden und bescheidmäßig festgelegten Entgelte sowie die gesamte Vorgehensweise im Rahmen der Lohn- und Gehaltsverrechnung sämtlichen gesetzlichen Vorgaben entsprachen. Wenn die Bediensteten nun nach Haftungsinanspruchnahme der HbfP im Regressweg nach so langer Zeit für einen mehrere Jahre umfassenden Zeitraum in Anspruch genommen werden sollen, beeinträchtigt das jedenfalls ihre Wirtschaftskraft wesentlich und unerwartet. Dieser Umstand darf bei der der Ermessensübung nicht außer Acht gelassen werden.
Diese beiden Überlegen verstärken bei der gegebenen Sachlage die Unbilligkeit der Inanspruchnahme der HbfP im Haftungswege gem § 82 EStG 1988.
Nach Ansicht des erkennenden Senates wäre als Folge des Rechnungshofberichtes die bundesweite Vorgehensweise allenfalls pro futuro zu ändern, eine rückwirkende Änderung und damit die Erlassung der hier gegenständlichen Haftungsbescheide nach § 82 EStG bzw. Neufestsetzung des DB bis an die Verjährungsgrenze erscheint jedoch insgesamt - wenn nicht schon wegen Fehlens der verfahrensrechtlichen Grundlagen zur Festsetzung nach § 201 BAO rechtswidrig - jedenfalls unbillig. Die angefochtenen Bescheide sind daher aufzuheben.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt hier nicht vor, zumal sich die gegenständliche Entscheidung an der Judikatur des VwGH orientiert. Hier insbesondere an ; , 96/15/0148; , 2008/15/0215 bzw. zur Frage der Wiederaufnahme bei Änderung der Rechtsansicht bzw. Korrektur unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie zur Ermessensübung.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 202 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 15 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103469.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at