Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.04.2023, RV/7105742/2016

Gebühr für Gesellschafterdarlehen - Aufnahme in die Bücher

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kelemen & Partner Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungs GmbH, Kaiserallee 8a, 7000 Eisenstadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühren 2010, ***ErfNr*** Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Kontrollmitteilung vom

Am langte beim (damaligen) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, in der Folge kurz FA) eine Kontrollmitteilung des (damaligen) Finanzamtes ***1*** (kurz Betriebsfinanzamt) vom betreffend von der ***X*** Holding GmbH (kurz Holding) gewährte Gesellschafterdarlehen ein.

Ermittlungen des FA GVG

Aus Anlass der Kontrollmitteilung führte das FA GVG Firmenbuchabfragen betreffend die Holding durch und nahm Einsicht in die Bilanzen der Holding der Jahre 2007 - 2012. Über entsprechenden Vorhalt wurden dem FA mit Schreiben vom die Jahresabschlüsse 2007 - 2010 der Holding samt Erläuterungen übermittelt.

Nach weiteren Vorhalten wurden dem FA mit Schreiben vom aus den Bilanzen 2007 - 2012 jeweils die Seiten "Aktiva - Forderungen gegenüber verbundene Unternehmen" sowie die entsprechenden Kontenblätter und die Seiten "Passiva - Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" mit den entsprechenden Kontoblättern und dem Buchungsjournal vorgelegt.

Bescheid gemäß § 201 vom

Mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom setzte das Finanzamt gegenüber der ***Bf1*** (die nunmehrige beschwerdeführende Partei, kurz Bf.) für die im Jahr 2010 von der Gesellschafterin laut Bilanz der Holding zum und laut der Aufstellung in der Begründung gewährte Darlehen Gebühren gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 GebG iHv € 1.174,51 (0,8% von den Bemessungsgrundlagen iHv € 146.813,28) fest.

Die Begründung des Bescheides lautet wie Folgt

"Die Bemessungsgrundlagen (BMGL) wurden wie folgt ermittelt:

In der Bilanz der ***X*** Holding GmbH, nunmehr ***Y** Holding GmbH, zum scheint unter Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen das Verrechnungskonto der ***Bf1*** auf.
Zu diesem Konto wurde für das Jahr 2010 das Kontenblatt sowie das Buchungsjournal vorgelegt. Daraus ist zu ersehen, dass die ***X*** Holding GmbH, nunmehr ***Y** Holding GmbH, ihrer Tochtergesellschaft der ***Bf1*** Darlehen in Höhe von € 146.813,28 zur Verfügung gestellt hat - siehe folgende Aufstellung:

2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Bezeichn. Buch.
Darlehensbetrag
gem. § 33 TP 8 Abs. 1GebG 0,8%
Darlehen ***Bf***.
4.577,11
36,62
Darlehen ***Bf***
993,80
7,95
Darlehen ***Bf***
2.600,00
20,80
Darlehen ***Bf***
5.567,00
44,54
Darlehen ***Bf***
470,00
3,76
Darlehen ***Bf***
160,00
1,28
Darlehen ***Bf***
130.000,00
1.040,00
Darlehen ***Bf***
1.581,81
12,65
Darlehen ***Bf***
863,81
6,91
146.813,28
1.174,51

Wurde über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet, so gelten gemäß § 33 TP 8 Abs. 4 GebG die nach den abgaben rechtlichen Vorschriften im Inland zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde.
Da im gegenständlichen Fall Kredite/Darlehen von den Gesellschafterin ***X*** Holding GmbH, nunmehr ***Y** Holding GmbH, an ihre Tochtergesellschaft ***Bf1***, gewährt wurden, ist Gebührenpflicht gem. § 33 TP 8 Abs. 1 GebG für die im Jahre 2010 gewährten Darlehen gegeben.

Die Festsetzung der Gebühren war erforderlich, weil diese nicht entrichtet wurden. Die Festsetzung erfolgt gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, da kein selbst berechneter Betrag bekanntgegeben wurde.
Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteieninteresse an der Rechtskraft) einzuräumen. Auch können die steuerlichen Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsökonomie nicht bloß als geringfügig bezeichnet werden.
Daher war dem Gesetzeszweck, mittels einer Erlassung eines rechtmäßigen Sachbescheides ein den gesetzlichen Vorschriften entsprechendes Steuerergebnis zu erzielen, Rechnung zu tragen."

Beschwerde vom

Die Bf. erhob fristgerecht Beschwerde und beantragte die Festsetzung mit NULL sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Die Beschwerde enthält folgende Ausführungen:

"Sachverhalt:
Die ***Y** Holding Unternehmensgruppe mit derzeit 9 Tochtergesellschaften in Österreich steht im Eigentum der ***X*** AG, Schweiz, und hat bis einschließlich 2012 Investitionen in Österreich in Höhe von ca. 8 Mio EUR getätigt, wobei Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von ca. 1 Mio ausständig sind.

Alleiniger Geschäftsführer der Konzerngesellschaften der ***Y** Unternehmensgruppe ist Hr. ***2***.

Seitens des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern wurden gegen die ***Y** Unternehmensgruppe 18 Gebührenbescheide betreffend Gesellschaftsteuer sowie Darlehensgebühren in Höhe von in Summe EUR 214.771,94 ausgestellt. Dies entspricht 3,1% der Nettoinvestitionssumme von 7 Mio EUR bei einem Gebührensatz von 0,8% Darlehensgebühr sowie 1% Gesellschaftsteuer.

Dies zeigt die missbräuchliche Anwendung des Gebührengesetzes seitens der Finanzverwaltung deutlich auf.

In der ***Y** Unternehmensgruppe werden grundsätzlich Verrechnungskonten unter den Gesellschaften geführt, welche kurzfristig einem Kapitalausgleich der Gesellschaften dienen. Dies ist als Cash Pooling anzusehen, eine derartige Vorgehensweise ist in Konzernen üblich, insbesondere wenn bei allen Gesellschaften derselbe Geschäftsführer bestellt ist.

Seitens der Behörde wurde aufgrund der Übermittlung eines EDV Standardkontenplanes (BMD) darauf geschlossen, dass die Bezeichnung des Standardkontenplanes auch jener Bezeichnung in der Gesellschaft entspricht Diese Schlussfolgerung ist, wie jeder mit Buchhaltung vertrauten Person bekannt ist, nicht zulässig. In den Bilanzen der Gesellschaften sind jeweils nur Verrechnungskonten und keine Darlehen ausgewiesen.

Die missbräuchliche Anwendung des Gebührengesetzes ist aus dem Bescheid mit der Erfassungsnummer ***xxx*** klar ersichtlich, wo eine Überweisung des täglichen Geschäftes in Höhe von EUR 6,21 mit 0,05 EUR Darlehensgebühr belegt ist.

Die Beschwerde gegen den Bescheid mit der Erfassungsnummer ***yyy*** vom , zugestellt am , begründen wir wie folgt:

Seitens der Betriebsprüfung wurden gebuchte Zinsen nicht als solche anerkannt (siehe Beilagen), da nicht von einer Darlehensgewährung auszugehen ist. Die Bescheide der Betriebsprüfung sind rechtskräftig.

Gemäß §2 Z 4a KVG unterliegen freiwillige Leistungen - Zuschüsse eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft der Geselischaftsteuer, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Geselischaftsrechte zu erhöhen.

Dies ist im gegenständlichen Sachverhalt nicht der Fall, da die Kapitalzuschüsse der ***X*** AG (Bilanz Schweiz) umgehend bei Auszahlung zu 100% wertberichtigt wurden. Von einer Erhöhung der Gesellschaftsrechte kann also nicht ausgegangen werden.

Seitens der ***Y** Holding GmbH wurden diese Kapitalflüsse aus der Schweiz wiederum Ihren Tochtergesellschaften zur Verlustabdeckung weitergereicht, wobei folglich wiederum keine Erhöhung der Gesellschaftsrechte abzuleiten ist.

Aus den dargelegten Grünen ersuchen wir um Festsetzung der Darlehensgebühr im gegenständlichen Fall mit NULL."

Der Beschwerde angeschlossen wurde die Seite 3 des Prüfberichtes des (damaligen) Finanzamtes ***1*** zu ***ABNr 1***, Steuernummer ***xxxx*** betreffend die Holding sowie die Seite 4 des Prüfberichtes des Finanzamtes ***1*** zu ***ABNr 2***, Steuernummer ***yyyy*** betreffend die ***X*** ***....*** GmbH (eine weitere Tochtergesellschaft der Holding).

Beschwerdevorentscheidung vom

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA GVG die Beschwerde als unbegründet ab.

Die Abweisung wurde wie folgt begründet:

"In der Bilanzen der ***X*** Holding GmbH zum scheint unter Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen "Verrechnung ***Bf1***" auf. Weiters wird dann aufgegliedert in Forderungen aus "Lieferungen und Leistungen" und in "sonstige Forderungen". Unter "sonstige Forderungen" scheint zum ein Betrag von € 148.613,28 auf - dieser setzt sich laut Kontoblatt zusammen aus "darlehen ***Bf***." aus 2009 von € 1.800,00 und "darlehen ***Bf***" aus 2010 von gesamt € 146.813,28.

Laut dem Buchungsjournal der Darlehensgeberin der ***X*** Holding GmbH (nunmehr ***Y** Holding GmbH) für 2010 hat diese ihrer 100%iden Tochtergesellschaft der ***Bf1*** Kapitalbeträge zur Verfügung gestellt. In der Spalte "Text" werden diese Beträge bezeichnet mit "darlehn ***Bf***.". Auch am Kontoblatt 2581 - Konto Verrechnung ***Bf1*** sind die Betröge mit Text "darlehen ***Bf***." angeführt.

Dem Einwand, dass vom Standardkontenplan ausgegangen wurde, wird entgegnet, dass betreffend der Bezeichnung nicht vom Standardkontenplan ausgegangen wurde, sondern von den Ausführungen in den Kontoblättern sowie im Buchungsjournal.

In der Anfragenbeantwortung vom (von ***X*** Holding GmbH nunmehr ***Y** Holding GmbH) wurde die Darstellung des Kontos "Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen" vorgelegt und ausgeführt, dass betreffend des zur Verfügung gestellten Kapitals keine Vereinbarungen betr. Dauer, Rückzahlung und Verzinsung vorliegen. Auch hier wird ausgeführt, dass Kapital zur Verfügung gestellt wurde.

Für die Entscheidung der Frage, ob es sich im Einzelnen um ein Gesellschafterdarlehen (oder um einen Gesellschafterkredit) handelt, wird maßgeblich sein, was die Bücher und Aufzeichnungen aufweisen, unter welcher Bezeichnung also etwa die entsprechenden Konten im Kontenplan etc. angeordnet sind. Da es sich bei diesen Aufzeichnungen um Urkunden über das Rechtsgeschäft handelt, gilt auch hier der Grundsatz des Gebührengesetzes, dass für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgeblich ist (Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band I Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 8, insbes. Rzn. 3, 18 und 35 f, -1/06).

Dem Einwand, dass Cashpooling vorliegt, wird von Seiten des FAGVG entgegnet:
Cashpooling ist ein System wechselseitiger Kreditgewährungen im Konzernbereich, ein Instrument zum Liquiditätsausgleich. Dies ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Aufgrund der vorliegenden Unterlagen werden der Tochtergesellschaft von der Muttergesellschaft laufend und längerfristig Geldbeträge zur Verfügung gestellt, es handelt sich nicht nur um einen kurzfristigen Ausgleich von Kontensalden.

Zum Einwand, dass von Seiten der Betriebsprüfung die Zinsen nicht anerkannt wurden, ist zu sagen, dass ertragssteuerrechtlich die wirtschaftliche Betrachtungsweise überwiegt, im Gebührenrecht jedoch die zivilrechtliche Betrachtungsweise.

Dem Einwand, dass keine Erhöhung der Gesellschaftsrechte erfolgt ist mit der Zufuhr des Kapitals, wird entgegnet:
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung nicht erforderlich; vielmehr reicht die objektive Eignung der Leistung, den Erfolg der Wertsteigerung zu bewirken (). Selbst die Abdeckung von Verlusten der Kapitalgesellschaft ist als wertsteigernd zu qualifizieren (s. Knörzer/Althuber, Kurzkommentar zur Gesellschaftsteuer, ). Die Gesellschafterinnen hatten ja im gegenständlichen Fall keine vertragliche Verpflichtung einen Verlust abzudecken.

Aufgrund der o.a. Ausführungen wird davon ausgegangen, dass die Gesellschafterin ihrer Tochtergesellschaft Darlehen zur Verfügung gestellt hat, die gem. § 33 TP 8 Abs. 1 iVm Abs. 4 GebG der Gebühr unterliegen."

Vorlageantrag

Am beantragte die Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und ersuchte um Fristverlängerung bis zur Beibringung weitere inhaltlicher Begründungen.

Mit Schriftsatz vom führte die Bf. ergänzend aus:

"Im gegenständlichen Sachverhalt wurde keine Urkunde über einen Darlehensvertrag errichtet. Eine bloße Bezeichnung einer Überweisung durch eine Mitarbeiterin der Gesellschaft von wenigen EURO - CENT in der laufenden Buchhaltung als "Darlehen" ist nicht hinreichend dies als Darlehen zu qualifizieren.

Im Jahresabschluss der Gesellschaft wird lediglich ein Verrechnungskonto ausgewiesen, jedoch kein Darlehen (vgl. BFG 2016 RV/7100194/2008)

Laut , löse nur ein tatsächlich zustande gekommenes Rechtsgeschäft, über welches eine rechtserzeugende oder rechtsbezeugende Urkunde errichtet worden sei oder in Ermangelung einer derartigen Urkunde, der Tatbestand einer Ersatzbeurkunden, die Gebührenpflicht aus. Eine solche Urkunde sei nicht errichtet worden. Nicht die Urkunde als solche unterliege der Gebühr, sondern das jeweilige Rechtsgeschäft. Die Urkunde sei lediglich Bedingung für die Gebührenpflicht eines Rechtsgeschäftes. Daher führe die Ersatzbeurkundung eines Darlehens nur in jenem Fall zur Gebührenpflicht, in welchem ein rechtsgültig zustande gekommener Darlehensvertrag vorliege. Auch ersetze die Aufnahme des Darlehens in die Bücher der Gesellschaft für sich nicht die Feststellung, dass ihr ein rechtsgültig zustande gekommener Darlehensvertrag zugrunde liege."

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom legte das FA die Beschwerden dem BFG zur Entscheidung vor.

Das FA GVG gab darin noch eine Stellungnahme zu den Ausführungen der Bf. mit folgendem Inhalt ab:

"Das in der Begründung zum Vorlageantrag zitierte Erkenntnis des , ist mit gegenständlichem Fall nicht vergleichbar, war doch in jenem Fall die Verbindlichkeit eine Kaufpreisschuld, die lediglich als "Darlehen" verbucht wurde. Im beschwerdegegenständlichen Fall gibt es eine derartige Buchung - resultierend aus einem Rechtsgeschäft zwischen Darlehensgeber und Darlehensnehmer nicht. Auch der dem Erkenntnis des , zu Grunde liegende Sachverhalt ist mit gegenständlichem nicht vergleichbar, war doch in jenem Fall die Gesellschaft noch nicht gegründet. Ein Rechtsgeschäft zwischen Gesellschafter und Gesellschaft konnte daher nicht abgeschlossen worden sein.
Wurde über ein Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft keine Urkunde errichtet, sondern dieses nur in die Buchhaltung aufgenommen, so ordnete § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 an, dass die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in welche das Darlehen aufgenommen wurde, als Ersatzurkunde gelten sollten. (vgl. ; ). § 33 TP 8 Abs. 4 GebG 1957 stellt eine Spezialbestimmung zu § 15 Abs. 1 GebG 1957 dar, wonach Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird.
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur GebG-Novelle 1976 (338 BlgNR 14. GP) gilt "der Ausweis eines Gesellschafterdarlehens in den nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Büchern und Aufzeichnungen der Gesellschaft […] als Beurkundung, da diese Bücher und Aufzeichnungen grundsätzlich geeignet sind, über die Zuzählung des Darlehens Beweis zu erbringen und daher häufig infolge des Naheverhältnisses des Gesellschafters zu seiner Gesellschaft von der Errichtung einer förmlichen Urkunde abgesehen wird".
Der Ausweis des Gesellschafterdarlehens in den Büchern und Aufzeichnungen der Gesellschaft gilt grundsätzlich als Beweis über die Zuzählung des Darlehens, womit der Realvertrag "Darlehen" zwischen der Gesellschaft und ihrem Gesellschafter als zustande gekommen gelten kann."

Übergang der Zuständigkeit auf die Gerichtsabteilung 1062

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses wurde (ua) die gegenständliche Rechtssache mit Stichtag gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 1019 abgenommen und der Gerichtsabteilung 1062 zur Bearbeitung zugeteilt.

Beweiserhebung durch das BFG

Vom BFG wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Bemessungsaktes ***ErfNr***, durch Abfragen im Firmenbuch zu ***FN 1*** und ***FN 2*** sowie durch Einsicht in den Akt des BFG RV/7105733/2016 betreffend die ***X*** ***....*** GmbH (eine weitere Tochtergesellschaft der Holding, in dem sich die vom FA in der BVE genannten Schreiben samt Vorlage der Jahresabschlüsse, der Kontoblätter und der Buchungsjournale der Holding befinden).

Vorbereitungsvorhalt und Zurücknahme des Antrages auf mündliche Verhandlung

Am teilte das BFG den Parteien zur Vorbereitung auf die beantragte mündliche Verhandlung mit, welche Beweismittel dem BFG bisher vorliegen und wie sich die Sach- und Rechtslage für die zuständige Richterin dadurch darstellt. Zur Abgaben einer Stellungnahme wurde eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Vorhaltes eingeräumt.

Nach dem die Frist ungenützt verstrichen ist wurden die Parteien am zu der für anberaumten Mündlichen Verhandlung geladen.

Mit Telefax vom wurde der Antrag auf mündliche Verhandlung von der Bf. zurückgezogen. Eine inhaltliche Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist eine 2007 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Österreich. Das gesamte Jahr 2010 war Alleingesellschafterin der Bf. die ***Y** Holding GmbH (vormals ***X*** Holding GmbH, kurz Holding - eine Tochtergesesellschaft der ***X*** AG mit dem Sitz in der Schweiz. Geschäftsführer sowohl der Bf. als auch der Holding waren im Jahr 2010 Herr ***2***, mit Wohnsitz in der Schweiz.

Die für ihren Betrieb erforderlichen Geldmittel finanzierte die Bf. ua durch Kapitalbeträge, die ihr von der Holding als Alleingesellschafterin der Bf. laufend und längerfristig zur Verfügung gestellt wurden.

In den Kontoblättern und den Buchungsjournalen der Holding werden diese Kapitalbeträge als Darlehen bezeichnet und erfolgte die Verbuchung über Verrechnungskonten der Gesellschafterin. In den Jahresabschlüssen der Bf. wurden die auf den Verrechnungskonten verbuchten Beträge als "Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen" ausgewiesen.

Im Jahr 2010 stellte die beiden Gesellschafterin der Bf. insgesamt € 146.813,28 als Darlehen zur Verfügung (zu den Details siehe die Aufstellungen des FA im angefochtenen Bescheid).

Die Zuzählung der Darlehen erfolgte dadurch, dass die Gesellschafterin offene Rechnungen der Bf. zur Zahlung übernahm und wurden dadurch - auch wenn keine dezidierten schriftlichen Vereinbarungen getroffen wurden - konkludent Darlehensverträge zwischen der Bf. und den Gesellschafterin abgeschlossen.

Schriftliche Verträge über die Darlehensgewährungen, Rückzahlungsmodalitäten und eine allfällige Verzinsung wurden nicht unterzeichnet.

Die Gesellschafterin hat sich bei der Hingabe der Geldmittel stets die Möglichkeit des späteren Geldrückflusses offen gehalten und steht der jeweiligen Mittelzufuhr durch die Gesellschafterin eine Rechtspflicht der Bf. zur Rückzahlung dieser Mittel gegenüber.

2. Beweiswürdigung

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich im Wesentlichen auf die eingesehenen Unterlagen, wie insbesondere die Jahresabschlüsse der Bf. samt Anhänge und die vorgelegten Kontoblätter und Buchungsjournale.

Bei der Vorschrift des § 17 Abs 2 GebG handelt es sich um Sonderverfahrensrecht, das die allgemeinen Vorschriften der BAO über die amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde überlagert und eigene Beweisregeln aufstellt. Die Regelung führt zu Verschiebungen der Beweislast und nicht zu einer endgültigen Gebührenbelastung: Dem Gebührenschuldner steht es frei, den Gegenbeweis zu erbringen oder dies zu unterlassen (vgl. dazu VfGH Prüfungsbeschluss vom , B 774/04 sowie G 1/06).

Die Bf. hat für die von der Gesellschafterin zur Verfügung gestellten Geldmittel weder Gesellschaftsteuererklärungen beim Finanzamt eingereicht, noch Selbstberechnungen der Gesellschafteuer durchgeführt. Auch Selbstberechnung von Rechtsgebühr für die als Gesellschafterdarlehen in den Büchern ausgewiesenen Beträge wurden von der Bf nicht vorgenommen. Die Bf. hat von sich aus auch sonst keinerlei Informationen über Kapitalzuführungen gegenüber dem für die Erhebung der Gesellschaftsteuer zuständigen Finanzamt getätigt (zB durch formlose Schreiben). Erst nach dem das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel auf Grund einer Kontrollmitteilung Kenntnis von allenfalls gebührenrechtlich relevanten Vorgängen erlangt hat und nach dem die Bf. mehrfach zur Abgabe einer detaillierten Sachverhaltsdarstellung und zur Vorlage von diversen Unterlagen aufgefordert wurde, tätigte sie gegenüber dem Finanzamt nach und nach - teils widersprüchliche - Angaben über die Zurverfügungstellung der Geldmittel durch die Gesellschafterin.

Die Bf. hat lediglich pauschal erklärt, dass kein Rechtsgrund für die Zahlungen vorläge bzw dass keine Darlehen vorlägen ohne auch nur ansatzweise für konkrete Fälle nähere Angaben zu machen.

Es ist der Bf. daher nicht gelungen, einen (Gegen-)Beweis dafür zu erbringen, dass die in den Büchern der Holding bzw der Bf. (Buchungsjournale/Kontoblätter/Jahresabschlüsse) enthaltenen Angaben nicht den Tatsachen entsprechen. Dass in den Büchern nur zum Schein Verbindlichkeiten ausgewiesen wurden, wurde nicht einmal von der Bf. behauptet. Es wird deshalb bei der rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass die Gesellschafterin der Bf. die Geldmittel nicht als Einlage oder Zuschuss gewährte, sondern mit der Verpflichtung zur Rückzahlung zur Verfügung stellte und dass mit der Übernahme offener Rechnungen der Bf. zur Zahlung durch die Gesellschafterin zur Zuzählung der Darlehensvaluta gekommen ist und konkludent Darlehensverträge zwischen der Bf. und der Gesellschafterin abgeschlossen wurden.

Der nunmehr festgestellte Sachverhalt wurde der Bf. auch in Vorbereitungsvorhalt vom vorgehalten und ist dem die Bf. nicht entgegen getreten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtslage

Darlehensverträge für die die Gebührenschuld vor dem entsteht (§ 37 Abs. 28 letzter Satz GebG) unterliegen gemäß § 33 TP 8 Abs. 1 GebG nach dem Werte der dargeliehenen Sache einer Gebühr von 0,8%.

§ 33 TP 8 Abs. 4 GebG bestimmte Folgendes:

"Wurde über das Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft, die den Ort ihrer Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland hat, keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise errichtet, so gelten die nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen des Darlehensschuldners, in die das Darlehen aufgenommen wurde, als Urkunde. Der Darlehensschuldner hat die Gebühr selbst zu berechnen und innerhalb von drei Monaten nach dem Entstehen der Gebührenschuld bei dem Finanzamt, in dessen Amtsbereich sich die Geschäftsleitung des Darlehensschuldners befindet, zu entrichten. Ein Auszug aus den Büchern oder Aufzeichnungen ist innerhalb derselben Frist an dieses Finanzamt zu übersenden. Die Übersendung gilt als Gebührenanzeige gemäß § 31."

Nach § 983 ABGB in der bis anzuwendenden Fassung entstand ein Darlehensvertrag dadurch, dass jemand eine bestimmte Menge vertretbarer Sachen mit der Verpflichtung übergeben wird, nach einer gewissen Zeit ebenso viele von derselben Gattung und Güte zurückzugeben.

Mit Art 1 Z 1 des am in Kraft getretenen Darlehens- und Kreditrechts-Änderungsgesetzes, BGBl. I 2010/28, wurde im § 983 ABGB die historische Darlehenskonzeption des Darlehens als Realkontrakt aufgegeben und das Darlehen als Konsensualvertrag gestaltet. Das den Vertragstyp konstituierende Tätigkeitsmerkmal ist nicht mehr das Übergeben der Sachen, sondern die Übernahme der Verpflichtung zu deren Übergabe (RV, 650 BlgNr 24. GP, 7).

Auf Grund des § 15 Abs. 3 GebG sind ua. Rechtsgeschäfte, die unter das Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen.

Gelten die nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Bücher und Aufzeichnungen als Urkunde über den Darlehens- oder Kreditvertrag, so entsteht gemäß § 16 Abs. 6 GebG in der hier auf Grund des § 37 Abs. 28 GebG anzuwendenden Fassung vor dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, die Gebührenschuld mit der Aufnahme in diese.

Gemäß § 17 Abs.1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.

Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit einer Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß § 17 Abs 2 GebG bis zum Gegenbeweise der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann auf Grund des § 201 Abs. 1 BAO nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Gemäß Abs. 2 Z 1 leg.cit. kann die Festsetzung von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages und gemäß Abs. 2 Z 3 leg.cit, wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird.

Innerhalb derselben Abgabenart kann auf Grund des Abs. 4 leg.cit. die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Erwägungen

Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur GebG-Novelle 1976 (338 BlgNR 14. GP), mit der die Ersatzbeurkundung von Gesellschafterdarlehen eingeführt wurde, gilt der Ausweis eines Gesellschafterdarlehens in den nach abgabenrechtlichen Vorschriften zu führenden Büchern und Aufzeichnungen der Gesellschaft als Beurkundung, "da diese Bücher und Aufzeichnungen grundsätzlich geeignet sind, über die Zuzählung des Darlehens Beweis zu erbringen und daher häufig infolge des Naheverhältnisses des Gesellschafters zu seiner Gesellschaft von der Errichtung einer förmlichen Urkunde abgesehen wird".

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes steht es dem Gesetzgeber frei, im Fall von Gesellschafterdarlehen die Aufnahme des Darlehens in die vom Darlehensschuldner zu führenden Bücher als Urkundenersatz anzusehen. Er darf dabei davon ausgehen, dass bei am Unternehmen beteiligten Darlehensgläubigern typischerweise ein solches Naheverhältnis besteht, dass deswegen auf eine Beurkundung von Darlehen verzichtet wird, und muss nicht auf (Ausnahms)Fälle Bedacht nehmen, in denen fremde Darlehensgeber aus welchen Gründen immer auf eine formelle Beurkundung verzichten (Ablehnungsbeschluss des ).

In der Folge hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass in dem hier normierten Ersatzbeurkundungstatbestand der Gesetzgeber auf das typisiert gerade durch die Stellung des Darlehensgebers als Gesellschafter des Darlehensnehmers bestehende Naheverhältnis als Grund dafür, dass eine Urkundenerrichtung unterblieb, Bezug genommen hat. Dass der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang daneben andere Fälle besonderer Nahebeziehungen zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer, die auch dazu führen können, dass eine an sich für die Gebührenpflicht gemäß § 15 Abs 1 GebG essentielle Urkundenerrichtung unterbleibt, nicht einem entsprechenden Ersatzbeurkundungstatbestand unterworfen hat, macht die in § 33 TP 8 Abs 4 GebG normierte, auf die Gesellschafterstellung des Darlehensgebers zugeschnittene Ersatzbeurkundung noch nicht unsachlich. Es besteht daher keinerlei Anlass, die vom Gesetzgeber im Wege der Bezugnahme auf die Gesellschafterstellung des Darlehensgebers vertypte Nahebeziehung, die als Ursache für das Unterbleiben einer Beurkundung gemäß § 15 Abs 1 GebG anzusehen ist, im Wege der von der Beschwerde angestrebten teleologischen Reduktion ihres wesentlichen Gehaltes zu entkleiden und damit im Ergebnis unanwendbar zu machen. Der Gesetzgeber hat vielmehr durch die Formulierung des Ersatzbeurkundungstatbestandes gerade an eine bestehende Stellung des Darlehensgebers als Gesellschafter des Darlehensnehmers angeknüpft, ohne dabei noch auf das Vorhandensein anderer Umstände als wesentlich für das Unterbleiben der Errichtung einer an sich für die Gebührenpflicht erforderlichen Urkunde abzustellen (vgl. ).

Wie das FA in den Beschwerdevorentscheidungen zutreffend festgehalten hat, ist für die Entscheidung der Frage, ob es sich im Einzelnen um ein Gesellschafterdarlehen (oder um einen Gesellschafterkredit) handelt, maßgeblich sein, was die Bücher und Aufzeichnungen aufweisen, unter welcher Bezeichnung also etwa die entsprechenden Konten im Kontenplan etc. eingeordnet sind. Da es sich bei diesen Aufzeichnungen um Urkunden über das Rechtsgeschäft handelt, gilt auch hier der Grundsatz des Gebührengesetzes, dass für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgeblich ist (vgl. auch ).

Die eigenkapitalersetzende Funktion des Darlehens ist seit der ersatzlosen Aufhebung des § 3 Abs. 1 Satz 1 KVG idF vor Novelle BGB1. Nr. 629/1994 gesellschaftsteuerrechtlich nicht mehr relevant (vgl. ). Eine allfällige Gesellschaftsteuerpflicht von eigenkapitalersetzenden Maßnahmen ist völlig unabhängig vom Eigenkapitalersatzcharakter nach den "normalen" Kriterien der relevanten KVG Tatbestände zu prüfen (siehe dazu Walzl, Eigenkapitalgesetz und Gesellschaftsteuerrecht, GeS 2002, 14ff unter Hinweis auf Arnold in Achatz - Jabornegg - Karollus (Hsg), Eigenkapitalersatz im Gesellschafts- Steuer- und Arbeitsrecht (1999), S. 62 ff).

Das mit BGBl. I Nr. 92/2003 geschaffenen Eigenkapitalersatz-Gesetz (kurz EKEG) ist gemäߧ 18 EKEG auf Sachverhalt anzuwenden, die nach dem verwirklicht werden. Die nunmehr in § 14 Abs. 1 EKEG normierte Rückzahlungssperre deckt sich im Wesentlichen mit den zuvor durch die Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des EKEG wurde vom Obersten Gerichtshof ausgesprochen, dass ein Eigenkapital ersetzendes Gesellschafterdarlehen bis zur nachhaltigen Sanierung der Gesellschaft weder unmittelbar noch mittelbar zurückgezahlt werden darf (vgl. ua. , ). Die gesetzliche Rückzahlungssperre bewirkt lediglich eine langfristige Stundung, nicht aber ein Erlöschen des Rückzahlungsanspruches (vgl ).

Der vorübergehende Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung löst noch keine Gesellschaftsteuer aus. Ein Verzicht auf Forderungen liegt nur dann vor, wenn endgültig auf eine bereits rechtlich vorhandene Forderung verzichtet wird. Gewährt der Gesellschafter einer Gesellschaft formal ein Darlehen und ist von vornherein eine Rückzahlung des Darlehens nicht beabsichtigt, so liegt darin ein Zuschuss (vgl. unter Hinweis auf Brönner/Kamprad, Kommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz4, Rz. 52 zu § 2, sowie auf Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, Rz. 138).

Selbst eine auf Grund der wirtschaftlichen Lage der Darlehensnehmerin gegebene Rückzahlungssperre ändert nichts daran, dass der Hingabe der Darlehensvaluta eine Rückzahlungsverpflichtung der Darlehensnehmerin gegenüber steht und sich das Gesamtvermögen der Darlehensnehmerin durch die Gesellschafterdarlehen nicht erhöht hat, sondern sich nur seine Zusammensetzung verändert hat und insofern eine Vermögensumschichtung stattgefunden hat (vgl. dazu )..

In der Vorhaltsbeantwortung vom wurde nur ausgeführt, dass zum damaligen Zeitpunkt seitens der Konzernmutter erst geplant war, die Gesellschaften in Österreich auf Grund der Betriebsprüfungsergebnisse mit frischem Eigenkapital auszustatten.

Eine spätere Umwandlung von Gesellschafterdarlehen in einen Kapitalzuschuss haben keinen Einfluss auf die bereits entstandene Gebührenschuld (vgl. ).

Wird ein Darlehen (auch vor dem DaKRÄG) auf unbestimmte Zeit vereinbart, enthält diese Absprache eine Rückzahlungsverpflichtung. Das Vorliegen eines Darlehensvertrages kann somit nicht bezweifelt werden (vgl. ; ).

Ein Darlehen kann auch durch Zahlung einer Schuld des Darlehensnehmers an seinen Gläubiger gewährt werden (vgl. ua ).

Im Zusammenhang mit unverzinslichen Gesellschafterdarlehen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass der Gebühr nach § 33 TP 8 Abs 1 GebG die tatsächliche Zuzählung des dargeliehenen Betrages unterliegt, während bei der Gesellschaftsteuer nicht die Begründung der freiwilligen Übernahmsverpflichtung, sondern erst deren Erfüllung, also das tatsächliche Bewirken der Leistung (im Beschwerdefall: die fortlaufende Überlassung der Darlehensvaluta zur Nutzung) den Steuertatbestand auslöst (vgl. ). Für die Rechtsgebühr bedeutet dies, dass eine Identität des Rechtsvorganges iSd § 15 Abs. 3 GebG nur dann gegeben ist, wenn die Zurverfügungstellung des bestimmten Geldbetrages vom Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft eine Gesellschaftsteuerpflicht vom gesamten Kapitalbetrages auslöst. Hingegen liegt keine Identität des Rechtsvorganges vor, wenn der Gesellschaftsteuer bloß die fortlaufende Überlassung des Geldbetrages zur Nutzung unterliegt (die Gesellschaftsteuer also nicht vom gesamten Kapitalbetrag, sondern bloß von den ersparten Zinsen berechnet wird).

Ein Gesellschafterzuschuss und ein Verzicht des Gesellschafters auf Zinsen für die vorübergehende Nutzung von Kapital stellen unterschiedliche Sachverhalte dar, die jeweils selbständig - mit gesonderten Kapitalverkehrsteuerbescheiden - der Gesellschaftsteuer zu unterziehen sind (siehe dazu BFH , I R 25/88, BStBl. 1989 II S. 982 und BFH , I R 42/88, BStBl. 1991 II S. 387).

Das Wirtschaftspotential der Bf. wurde hier nicht durch die Hingabe der Darlehensvaluta gestärkt, sondern durch die besonderen Konditionen (wie Unverzinslichkeit und die langfristige Tilgungsfreistellung auf Grund der bisher vorliegenden Rückzahlungssperre). Eine Erhöhung des Gesellschaftsvermögens wird hier lediglich durch die Ersparnis an Zinsaufwendungen bewirkt und sind die Geldmittel nur mit ihrem Nutzungswert, d.h. mit dem Betrag der ersparten Zinsen der Gesellschaftsteuer zu unterziehen (siehe unten).

Es liegt hier auch kein Anhaltspunkt dafür vor, dass die Darlehensgewährung eine Voraussetzung für den Erwerb eines Gesellschaftsrechtes an der Bf. gewesen wäre oder dass die Bf. der Gesellschafterin für die erhaltenen Geldmittel eine Gewinnbeteiligung gewährt hätte. Für die Qualifikation einer Forderung als Gesellschaftsrecht iSd § 5 Abs. 1 Z. 3 KVG ist nach dem eindeutigen Wortlaut erforderlich, dass die Forderung dem Gläubiger einen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn oder auf Beteiligung am Liquidationserlös der Gesellschaft vermittelt (wie es typischerweise beim sog. "partiarischen Darlehen" der Fall ist).

Die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung nach § 15 Abs. 3 GebG liegen daher hier nicht vor.

Die Zeitpunkte der Zuzählung und der jeweils zugezählte Betrag (= Bemessungsgrundlage) für die einzelnen Darlehen findet sich detailliert im Rahmen der Begründung des angefochtenen Bescheides und wurde auf diese Aufgliederung im Spruch des Bescheides auch ausdrücklich verwiesen.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgte in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Im Ergebnis war hier nicht die Lösung von Rechtsfragen entscheidungswesentlich, sondern waren hier Tatfragen über das zu klären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 8 Abs. 4 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 8 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105742.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at