Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.05.2023, RV/7104447/2014

Erwerb von Liegenschaften die dem WGG unterliegen - Verrechnung von Finanzierungsbeiträgen und Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen mit dem Kaufpreis

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7104447/2014-RS1
Vereinbaren die Vertragsparteien, dass die von den Mietern geleisteten Finanzierungsbeiträge iSd § 17 Abs. 1 WGG der Verkäuferin verbleiben, so ist der noch nicht amortisierte Anteil wie eine Mietzinsvorauszahlung zu betrachten und als „vorbehaltene Nutzung“ Teil der Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Auch eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Verrechnung des Kaufpreises mit dem zum Übergabestichtag bestehenden Saldo der von den Mietern geleisteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 14d WGG ist bei der Ermittlung der Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG zu berücksichtigen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***RA*** Rechtsanwälte GmbH, ***xxx*** über insgesamt 8 Beschwerden vom bzw gegen folgende 8 Bescheide des (damaligen) Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten)


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Bescheid vom
ErfNr. FA
Gz. BFG
***1***
RV/7104447/2014
***2***
RV/7104450/2014
***3***
RV/7104546/2014
***4***
RV/7104547/2014
***5***
RV/7104548/2014
***6***
RV/7104791/2014
***7***
RV/7104793/2014
***8***
RV/7104794/2014

jeweils betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide werden insofern abgeändert, als die Grunderwerbsteuer mit 3.5% ausgehend von der nachstehend angeführten Bemessungsgrundlage den folgenden Abgabenbeträgen festgesetzt wird:


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ErfNr
BMGL
GrESt
***1***
1.693.457,89
€ 59.271,03
***2***
3.408.327,01
€ 119.291,45
***3***
982.272,90
€ 34.379,55
***4***
1.149.543,91
€ 40.234,04
***5***
1.096.322,73
€ 38.371,30
***6***
1.836.761,11
€ 64.286,64
***7***
1.160.117,09
€ 40.604,10
***8***
2.013.566,89
€ 70.474,84

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer für Kaufverträge vom

Am führte die ***RA*** Rechtsanwalts-Partnerschaft (kurz ***RÄ***) über FinanzOnline Selbstberechnungen für 13 am zwischen der ***X*** Immobilien GmbH (kurz ***X***) als Verkäuferin und der ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) abgeschlossene Kaufverträge durch. Dabei wurde als Bemessungsgrundlage jeweils der im Kaufvertrag ausgewiesene Kaufpreis angesetzt und davon ausgehend unter Anwendung eines Steuersatzes von 3,5% die Grunderwerbsteuer unter den nachstehend angeführten 13 Erfassungsnummern mit insgesamt € 787.500,00 selbstberechnet:


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ErfNr.
Adresse
Kaufpreis
GreSt
***1***
***ADR 1***
€ 1.487.000,00
€ 52.045,00
***2***
***ADR2**
€ 3.986.000,00
€ 139.510,00
***3***
***ADR3***
€ 1.389.000,00
€ 48.615,00
***4***
***ADR4***
€ 1.019.000,00
€ 35.665,00
***5***
***ADR5***
€ 884.000,00
€ 30.940,00
***6***
***ADR6***
€ 1.552.000,00
€ 54.320,00
***7***
***ADR7***
€ 983.000,00
€ 34.405,00
***8***
***ADR8***
€ 1.822.000,00
€ 63.770,00
***3***
***ADR9***
€ 2.419.000,00
€ 84.665,00
***5***
***ADR10***
€ 2.073.000,00
€ 72.555,00
***3***
***ADR11***
€ 1.083.000,00
€ 37.905,00
***8***
***ADR12***
€ 1.376.000,00
€ 48.160,00
***7***
***ADR13***
€ 2.427.000,00
€ 84.945,00
Summe
€ 22.500.000,00
€ 787.500,00

Die Bekanntgabe des jeweils selbstberechnenden Abgabenbetrages an das (damalige) Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten, kurz FA) erfolgte am . Die Kaufverträge wurden dem Finanzamt - so wie bei einer Selbstberechnung gesetzlich vorgesehen - nicht übermittelt

Offenlegung und Selbstanzeige vom

Mit Schreiben vom erstattete die Bf. beim FA eine Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG und legte den Sachverhalt und ihrer Rechtsansicht auszugsweise wie folgt offen:

"Sachverhalt

1.1. Die ***X*** hat der Bf. mit 13 de facto identen Kaufverträgen vom sowie Nachtragsvereinbarungen vom 15./ die in der Anlage (.A) näher bezeichneten Liegenschaften um insgesamt € 22,5 Mio verkauft. Entgegen dem äußeren Anschein handelt es sich bei der gegenständlichen Transaktion um einen einheitlichen Erwerbsvorgang. Dieser einheitliche Erwerbsvorgang ist auch durch eine zwischen den Vertragsparteien abgeschlossenen Zusatzvereinbarung samt Nachtrag vom 15./ dokumentiert.

1.3 Die inhaltsgleichen Kaufverträge enthalten jeweils folgende Punkte2.4., 2.5 und 5.1

"2.4. Die von den Mietern geleisteten Finanzierungsbeiträge nach WGG betragen per gemäß gesondert der Käuferin übergebener Aufstellung insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag]. Diese Finanzierungsbeiträge werden nicht gesondert auf die Käuferin übertragen, sondern gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet. Die Käuferin hat dafür sämtliche mit den Finanzierungsbeiträgen verbundenen Rechten und Pflichten zu übernehmen und verpflichtet sich, die Verkäuferin diesbezüglich über erste Aufforderung vollkommen schad- und klaglos zu halten.

2.5. Die von den Mietern einbezahlten EVB 1 und EVB 2 betragen per gemäß gesondert der Käuferin übergebener Aufstellung insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag], Der Saldo der EVB 1 und EVB 2 wird nicht gesondert auf die Käuferin übertragen, sondern gilt mit dem Kaufpreis als verrechnet. Die Käuferin hat dafür sämtliche mit den EVB 1 und EVB 2 verbunden Rechten und Pflichten zu übernehmen und verpflichtet sich, die Verkäuferin diesbezüglich über erste Aufforderung vollkommen schad- und klaglos zu halten."

"5.1. Der einvernehmlich als angemessen zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Barkaufpreis beträgt insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag]. Festgehalten wird, dass der Barkaufpreis unter Berücksichtigung der in Punkt 2 angeführten Verpflichtungen ermittelt und ausdrücklich so vereinbart wurde. Sämtliche in Punkt 2 angeführten Verpflichtungen gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet."

1.4 Die gegenständlichen Wohnungen unterliegen dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), BGBl 1979/139-

1.5 Bei den in Punkt 2.4. der Kaufverträge genannten "Finanzierungsbeiträgen nach WGG" handelt es sich um Mieterleistungen zur Finanzierung des Bauvorhabens (§ 17 Abs 1 WGG). Diese Beträge verringern sich durch Zeitablauf sukzessive bis auf null. Der Mieter hat einen Anspruch auf Rückzahlung seines Finanzierungsbeitrages nur "im Falle der Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses". Dann ist ihm der zu diesem Zeitpunkt noch offene Finanzierungsbetrag binnen acht Wochen nach Räumung der Wohnung auszuzahlen (§17 Abs 1 und 3 WGG). Jedoch ist dieser Rückzahlungsbetrag für den Vermieter (Eigentümer) nicht verloren, weil er ihn vom Nachfolgemieter wieder verlangen darf (§ 17 Abs 2 WGG).

1.6 Anders als die Finanzierungsbeiträge sind die in Punkt 2.5. der Kaufverträge genannten EVB 1 und 2 bestimmungsgemäß zu verwenden. Der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gern § 14d WGG wird als Bestandteil des monatlichen Nutzungsentgelts eingehoben und dient zur Finanzierung von notwendigen Erhaltungs- und nützlichen Verbesserungsarbeiten. Beim EVB 1 handelt es sich um die betragliche "Grundstufe", die unabhängig vom Erstbezugsdatum des jeweiligen Mieters jedenfalls verlangt werden kann. Ein erhöhter EVB 2 darf eingehoben werden, wenn das Erstbezugsdatum mindestens zehn Jahre zurückliegt. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des EVB 1. Aber auch ein Rückerstattungsanspruch des EVB 2 besteht nur dann, wenn die Beträge nicht innerhalb einer Frist von zehn Jahren zur Finanzierung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten verwendet werden."

Zur grunderwerbsteuerlichen Beurteilung wurde ausgeführt, dass der Begriff der Gegenleistung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 Abs 1 BAO) weit auszulegen sei und bei einem solchen Verständnis daher nicht völlig auszuschließen sei, dass die besagten Mieterleistungen (die Finanzierungsbeiträge sowie der EVB 1 und 2) in die GrESt Basis einbezogen werden müssen.

Die um übernommene bzw mit dem Kaufpreis "verrechnete" Gelder würden für die Käuferin allenfalls eine rein formelle Verpflichtung, jedoch keine wirtschaftliche Last darstellen, die zu einer Erhöhung des Kaufpreises führe.

Bei den "Finanzierungsbeiträgen nach WGG" (siehe Punkt 2.4. der Kaufverträge) bestehe zwar eine gesetzliche Rückzahlungspflicht (§ 17 Abs 1 WGG). Doch habe die Genossenschaft bzw deren Nachfolger den ebenfalls gesetzlichen Anspruch, den einem ausscheidenden Mieter zu zahlenden Finanzierungsbeitrag von dessen Nachmieter in gleicher Höhe zu verlangen (§ 17 Abs 2 WGG). Die Finanzierungsbeträge seien objektgebunden, daher gerade nicht an die Person des Mieters, sondern an das Mietobjekt (Wohnung) gebunden. Dieser Anspruch gelte auch für die Verkäuferin (***X***), sodass sie durch den Verkauf insoweit weder besser noch schlechter gestellt sei, als sie es ohne Verkauf an die GmbH & Co KG wäre. Der einzig denkbare Fall, dass diese Verpflichtung schlagend werde, bestehe darin, dass ein Großteil oder sämtliche Wohnungen dauerhaft leer stünden, es beim Ausscheiden von Mietern also keine Nachmieter gibt. Doch sei ein solches Szenario bei lebensnaher Betrachtung bereits für einzelne (einige wenige) Wohnungen auszuschließen. Dafür spreche auch der als angemessen empfundene Gesamtkaufpreis von € 22,5 Mio, dem aus unmittelbar einsichtigen Gründen die Prämisse einer Dauervermietung jeder einzelnen Wohneinheit zugrunde liege.

Diese Leistungspflicht stehe unter der Bedingung, dass das Miet/Nutzungsverhältnis aufgelöst werde. Es könne heute darüber nur spekuliert werden, bei welchen Mietern es wann dazu kommt. Ohne Kündigung erreiche der Finanzierungsbeitrag irgendwann den Wert null. Selbst wenn man die Rückzahlung an den Altmieter als zusätzliche (Gegen-)Leistung des Käufers ansehen könnte, bleibe festzuhalten, dass er den gesetzlichen Anspruch habe, den Auszahlungsbetrag vom Nachmieter zu verlangen (§ 17 Abs 2 WGG). Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass die Finanzierungsbeiträge bei langfristiger und mieterübergreifender Betrachtung dem Eigentümer dauerhaft verbleiben. Vor diesem Hintergrund sei eine zusätzliche (Gegen-)Leistung des Erwerbers gerade unter wirtschaftlichem Aspekt auszuschließen (§21 Abs 1 BAO): Für den Käufer entstehe daraus eben keine zusätzliche wirtschaftliche Belastung, weil er in Zeiten steigender Wohnungsnachfrage davon ausgehen könne, den Rückzahlungsbetrag vom Nachmieter wieder zu erhalten. Damit tendiere sein wirtschaftliches Risiko gegen null.

Bei den "EVB 1 und 2 nach WGG" (siehe Punkt 2.5. der Kaufverträge) bestehe von vornherein keine Rückzahlungspflicht. Die auf die EVB 1 geleisteten Beträge könnten von den Mietern überhaupt nicht zurückverlangt werden. Aber auch die EVB 2 müssten dem Mieter nicht zurückbezahlt werden, wenn der Liegenschaftseigentümer bloß die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zur Erhaltung der Substanz der Liegenschaft erforderlichen Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten vornimmt. Insoweit bestehe die einzige Verpflichtung des Käufers darin, diese bereits vereinnahmten (und soweit noch vorhandenen) Gelder widmungsgemäß zu verwenden. Das sei für ihn aber keine zusätzliche Belastung, weil die Mittel nicht aus seinem Vermögen stammen, sondern von den Mietern laufend über erhöhte Nutzungsentgelte vereinnahmt werden. Diese Beiträge würden im Wesentlichen der Reparaturrücklage gem § 31 WEG entsprechen.

Wie sich aus der Aufstellung ergebe (Anlage ./C), habe der Voreigentümer in Summe mehr Erhaltungs- und Verbesserungsleistungen erbracht, als dies aufgrund der vereinnahmten EVB erforderlich gewesen wäre. Da die allenfalls rückforderbaren EVB 2 insgesamt negativ seien, könne die Käuferin hieraus bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung der Pakettransaktion keine Verpflichtung der Verkäuferin übernommen haben. Sollte man aber entgegen dem Standpunkt der Bf. die Finanzierungsbeiträge in die GrESt-Bemessungsgrundlage einbeziehen wollen, so müssten die (kumulierten) negativen EVB 1 und 2 im Gegenzug zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führen.

Anlage ./C enthalte eine Aufschlüsselung der auf die einzelnen Liegenschaften entfallenden Barkaufpreise, Finanzierungsbeiträge, EVB 1 und EVB 2 mit Stand . Als Liegenschaftspaket betrachtet, betrage die Summe

der Barkaufpreise € 22,5 Mio,
der Finanzierungsbeiträge € 2,036 Mio,
der EVB 1 und 2 minus € - 0,333 Mio,
sohin gesamt € 24,203 Mio (gerundet).

Würden die Finanzierungsbeiträge sowie der EVB 1 und 2 entgegen der Rechtsauffassung der Bf. als Bemessungsgrundlage für die GreSt herangezogen werden, so würde sich daraus eine noch abzuführende Grunderwerbsteuer von € 59.595,97 ergeben. Die Berechnungsdetails seien aus Anlage ./C ersichtlich.

Als Anlage ./B wurden die Zusatzvereinbarung zu den Kaufverträgen vom und der Nachtrag zur Zusatzvereinbarung vom 15.5/ vorgelegt.

Die Anlage ./C enthält folgende Aufstellungen:

[...]

Ermittlungen FA

Mit Schreiben vom teilte die Bf. dem FA unter Bezugnahme auf ein Auskunftsersuchen vom zu ErfNr. ***6*** folgendes mit:

[...]

Grunderwerbsteuerbescheide

In der Folge setzte das FA mit den nunmehr angefochtenen 8 nachstehend angeführten Bescheiden jeweils gemäß § 201 BAO die Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Gegenleistung bestehend aus Kaufpreis und "Sonstige Leitungen" (Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrages zum ) wie folgt fest


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ErfNr.
Bescheid
Bemessungsgrundlage
GrESt
Adresse
***1***
€ 1.557.438,77
€ 54.510,36
***ADR 1***
***2***
€ 4.499.792,15
€ 157.492,73
***ADR2**
***3***
€ 1.539.839,78
€ 55.784,39
***ADR3***
***4***
€ 1.044.713,19
€ 36.564,96
***ADR4***
***5***
€ 985.831,98
€ 34.504,12
***ADR5***
***6***
€ 1.598.646,16
€ 55.952,62
***ADR6***
***7***
€ 1.087.105,51
€ 38.048,69
***ADR7***
***8***
€ 1.953.432,98
€ 68.370,15
***ADR8***

Die Begründung lautet jeweils - bis auf die Beträge ident - wie folgt:

Gesonderte Begründung:

Gegenstand des Kaufvertrages ist die Liegenschaft […], die im Zeitpunkt des Kaufvertrages vermietet ist. Zwischen den Vertragsparteien wurde ein Barkaufpreis von EUR […] vereinbart. Weiters übernimmt die Käuferin sämtliche sich aus dem WGG ergebenden Rechte, Pflichten und Verbindlichkeiten, insbesondere gegenüber den Mietern und sonstigen Nutzungsberechtigten, und erklärt, die Verkäuferin im Falle ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. Die von den Mietern geleisteten Finanzierungsbeiträge nach WGG im Betrag von […] werden nicht gesondert auf die Käuferin übertragen, sondern gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet. Die Käuferin hat dafür sämtliche mit den Finanzierungsbeiträgen verbundenen Rechte und Pflichten zu übernehmen und verpflichtet sich, die Verkäuferin diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit es sich auf inländische Grundstücke bezieht. § 5 Abs. 1 GrEStG definiert die Gegenleistung bei einem Kauf als den Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Nach dem gegenständlichen Vertrag verbleiben dem Verkäufer die noch nicht abgewohnten Anteile der Finanzierungsbeiträge als vorbehaltene Nutzung bzw. sonstige Leistung und sind diese somit der Gegenleistung hinzuzurechnen. Aus den vereinnahmten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen hat der Voreigentümer mehr Leistungen erbracht, als dies auf Grund der vereinnahmeten EVB erforderlich gewesen wäre; ein Guthaben daraus besteht nicht.

Nach dem VwGH Erkenntnis vom , 93/16/0127 sind die als Baukostenzuschüsse geleisteten Mietvorauszahlungen, soweit sie der Veräußerer dem Erwerber nicht herauszugeben braucht, hinsichtlich der im Vertragszeitpunkt noch nicht amortisierten Baukostenanteile Nutzungen, die dem Verkäufer vorbehalten blieben und deshalb der Gegenleistung zuzuschlagen.

Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist somit der Barkaufpreis + die noch nicht amortisierten Finanzierungsbeitäge."

Beschwerden vom /

Fristgerecht brachte die Bf. gegen die 8 oben angeführten Bescheide Beschwerde ein.

Zum Sachverhalt wurde ergänzend vorgebracht, dass die Vertragsparteien mit dieser Regelung, eine erfolgsneutrale und damit grunderwerbsteuerneutrale Übertragung der Finanzierungsbeiträge auf die Käuferin, ohne weitere Leistungsverschiebungen beabsichtig hätten.

Gerügt wurde im Wesentlichen, dass die Behörde nicht auf die Regelung des § 17 WGG eingehe. Es sei nicht ersichtlich, wie das von dem Finanzamt zitierte Erkenntnis betreffend Baukostenzuschüsse auf den gegenständlichen Fall übertragbar sei. Hier lägen keine als "Baukostenzuschuss" getarnte langfristige Mietzinsvorauszahlung vor. Der Finanzierungsbeitrag sei gesetzlich im WGG genau geregelt und stelle keine "Entgeltsvorauszahlung" im Sinn der zitierten VwGH-Entscheidung dar. Ebenso sei zu berücksichtigen, dass der Finanzierungsbeitrag von jedem Nachmieter gern § 17 Abs 2 WGG verlangt werden könne. Demgegenüber bestehe keinerlei Anspruch darauf, auch von einem Nachmieter eine Mietzinsvorauszahlung zu fordern.

Hätte sich die verkaufende ***X*** gegenüber der Bf. verpflichtet, diese für die Pflicht zur Rückerstattung des Finanzierungsbeitrags schad- und klaglos zu halten, wäre die Bf. bereichert, wenn sie allfällige neu erlangte Finanzierungsbeiträge behalten dürfte. Dies hätte daher die Bemessungsgrundlage sogar noch gemindert. Die Regelung des hiervorliegenden Kaufvertrags sei dagegen grunderwerbsteuerneutral, weil einerseits die Bf. zur Rückerstattung der Finanzierungsbeiträge bei Auflösung von Mietverträgen verpflichtet sei, andererseits dafür aber auch allfällige von neuen Mietern bezahlte Finanzierungsbeiträge behalten dürfe.

Vor diesem Hintergrund sei eine zusätzliche (Gegen-)Leistung des Erwerbers gerade unter wirtschaftlichem Aspekt auszuschließen (§ 21 Abs 1 BAO): Für die Bf. entstehe daraus eben keine zusätzliche wirtschaftliche Belastung, weil sie in Zeiten steigender Wohnungsnachfrage davon ausgehen könne, den Rückzahlungsbetrag von einem allfälligen Nachmieter wieder zu erhalten. Damit tendiere ihr wirtschaftliches Risiko gegen null. Der Einwand, dass die Bf. einen Vermögensnachteil erleide, wenn nicht sofort ein Nachmieter gefunden würde, sei zum einen in Zeiten verstärkter Wohnungsknappheit nicht besonders realitätsnah; zum anderen müsste man dann aber auch den "umgekehrten Fall" in die wirtschaftliche Betrachtung miteinbeziehen, nämlich dass die Bf. die Finanzierungsbeiträge für all jene Objekte - neu und zusätzlich - lukrieren könnten die bei Vertragsabschluss leer standen (sollten diese neuerlich vermietet werden). Bei wirtschaftlicher Betrachtung auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bezogen werde dadurch der theoretische Nachteil eines kurzfristigen Leerstands bei Auflösung von "Altmietverträgen" durch den theoretischen Vorteil, dass bereits leerstehende Objekte ebenfalls vermietet werden könnten, mehr als ausgeglichen.

Abschließend beantragte die Bf. jeweils der Beschwerde Folge zu geben und die Bescheide der belangten Behörde dahin abzuändern, dass die Grunderwerbsteuer mit den selbstberechneten Beträgen festgesetzt werde, in eventu die Bescheide der belangten Behörde zur Gänze aufzuheben

Für den Fall der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht wurde eine antragsstattgebende Entscheidung nach mündlicher Verhandlung durch einen Einzelrichter beantragt.

Beschwerdevorentscheidungen

Das FA erließ jeweils eine abweisende Beschwerdevorentscheidung und lautet die gesonderte Begründung jeweils (bis auf die Beträge ident) wie folgt:

"Laut Kaufvertrag beträgt der Barkaufpreis […], die Käuferin verpflichtet sich unter Verzicht auf Einwendungen oder Aufrechnungen diesen Betrag auf ein Treuhandkoto zu bezahlen. Im Punkt 2.2 erklärt die Käuferin, sich über die Konsequenzen der Anwendbarkeit des WGG auf diesen Kaufvertrag und die kaufgegenständliche Liegenschaft sowie deren Tragweite bewußt zu sein.

Die Mieter haben den Finanzierungsbeitrag an die vermietende Wohnbaugenossenschaft bezahlte. Sie haben jederzeit den Anspruch, den abgewohnten und aufgewerteten Betrag vom vermietenden Eigentümer zu erhalten, wenn das Mietverhältnis beendet wird.

Der Mieter hat also eine Forderung gegen die ***X*** Immobilien GmbH. Im Punkt 2.3 des gegenständlichen Kaufvertrages übernimmt die Käuferin diese Verbindlichkeit gegenüber den Mietern und erklärt, die Verkäuferin vollkommen schad- und klaglos zu halten. Im Punkt 2.4 wird festgehalten, dass diese Finanzierungsbeträge nicht gesondert auf die Käuferin übertragen werden, sondern gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet (nicht mit dem Barkaufpreis).

Laut Punkt 5. des Vertrages wird der Barkaufpreis unter Berücksichtigung der im Punkt 2 des Vertrages angeführten Verpflichtungen ausdrücklich so vereinbart.

Aus diesen Formulierungen im Kaufvertrag und der Selbstanzeige ist zu erkennen, dass der im Vertrag angegebene Barkaufpreis nicht der Gesamtgegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG1987 entspricht. Die Beschwerdeführerin ist sich dessen auch bewußt.

Wenn der Bf den Einwand bringt, die Behörde hätte sich nicht mit der Regelung des § 17 WGG beschäftigt, ist dazu zu sagen, dass das Finanzamt festzustellen hat, was Gegenleistung iSd § 5 GrEStG für die Übertragung der Liegenschaft ist; also alle Leistungen und Verpflichtungen, zu denen sich der Erwerber verpflichtet, um das Grundstück zu erhalten. Der Erwerber verpflichtet sich dem Veräußerer gegenüber, neben dem Barkaufpreis alle Verpflichtungen des Veräußerers zu übernehmen.

Der Verkäuferin verbleibt der nicht abgewohnte Finanzierungsbetrag laut Kaufvertrag, die Verpflichtungen aus dem Finanzierungsbetrag wurden mit dem Kaufvertrag von der Beschwerdeführerin übernommen und sind somit eine weitere Gegenleistung.(VwGH v., 93/16/0127)"

Vorlageantrag

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Vorlage der insgesamt 8 Beschwerden ans Bundesfinanzgericht.

Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht

Mit Vorlageberichten vom , und - die auch der Bf. übermittelt wurden - legte das Finanzamt die 8 Beschwerden dem Bundefinanzgericht zur Entscheidung vor und wurden die Beschwerden unter folgenden Gz. beim BFG erfasst:


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Gz. BFG
Vorlage BFG
ErfNr.
Bescheid
Beschwerde
Adresse
RV/7104447/2014
***1***
***ADR 1***
RV/7104450/2014
***2***
***ADR2**
RV/7104546/2014
***3***
***ADR3***
RV/7104547/2014
***4***
***ADR4***
RV/7104548/2014
***5***
***ADR5***
RV/7104791/2014
***6***
***ADR6***
RV/7104793/2014
***7***
***ADR7***
RV/7104794/2014
***8***
***ADR8***

Das FA gab jeweils noch eine Stellungnahme mit im Wesentlichen (bis auf die Beträge) identem Inhalt ab:

"Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Mit Kaufvertrag vom wird die gegenständliche Liegenschaft um den Barkaufpreis von […] verkauft.

Die Mieter des kaufgegenständlichen Objektes haben einen Finanzierungsbeitrag an die vermietende Wohnbaugenossenschaft bezahlt.

Der Mieter hat eine Forderung gegen die ***X*** Immobilien GmbH als Verkäuferin, die bei Beendigung des Mietverhältnisses an den Mieter nach den Bestimmungen des WGG zu zahlen ist.

Im Punkt 2.3 des gegenständlichen Kaufvertrages übernimmt die Käuferin der Liegenschaft diese Verbindlichkeit und erklärt, die Verkäuferin vollkommen schad- und klaglos zu halten. Im Punkt 2.4 des Kaufvertrages wird festgehalten, dass diese Finanzierungsbeiträge nicht gesondert auf die Käuferin übertragen werden, sondern gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet (nicht mit dem Barkaufpreis).

Aus diesen Formulierungen im Kaufvertrag und der Selbstanzeige ist zu erkennen, dass der im Vertrag angegebene Barkaufpreis nicht der Gesamtgegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987 entspricht. Gegenleistung iSd § 5 GrEStG ist alles was der Erwerber übernehmen muss, um das Grundstück zu erhalten. Im vorliegenden Fall ist dies der Barkaufpreis und die Übernahme der Verpflichtungen der Verkäuferin. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses übernimmt die Erwerberin sämtliche Verpflichtungen aus dem Titel "Finanzierungsbeitrag" und hält die Veräußerin schad- und klaglos.

Zum Einwand, dass für den Fall wo der Erwerber den Finanzierungsbeitrag an den scheidenden Mieter leisten muss, dieser den Finanzierungsbeitrag durch einen ev. Neumieter wieder ersetzt bekommt, ist zu sagen, dass in diesem Fall ebenfalls die Verpflichtung besteht, bei Beendigung des Mietverhältnisses den noch nicht angewohnten Betrag an den Mieter zurück zu zahlen. Aus diesem Argument kann der Bf somit nichts für sich gewinnen.

Da im vorliegenden Fall die geleisteten Finanzierungsbeiträge nicht an die Erwerberin der Liegenschaft übergeben werden, ist die Veräußerin um diese Beträge bereichert. Der Erwerber verspricht dem Veräußerer als weitere Gegenleistung für die Liegenschaftsübertragung die Verpflichtungen, die sich nach WGG aus dem Finanzierungsbeitrag ergeben, zu übernehmen."

Übergang der Zuständigkeit auf die GA 1062

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom nahm der Geschäftsverteilungsausschuss (ua) die gegenständlichen Rechtssachen gemäß § 9 Abs. 9 BFGG der unbesetzten Gerichtsabteilung 1005 zum Stichtag ab und wurde diese der Gerichtsabteilung 1062 zur Erledigung zugewiesen.

Beweisaufnahme durch die zuständige Richterin

Die nunmehr zuständige Richterin nahm Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile und ergibt sich dadurch der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Weiters wurden Abfragen bei FinanzOnline und im Abgabeninformationssystem des Bundes (kurz AIS) zu den in der Offenlegung vom1.8.2013 genannten ErfNr. durchgeführt

Weiters wurden noch Grundbuchsabfragen hinsichtlich der 8 gegenständlichen Liegenschaften getätigt und Einsicht in die Urkundensammlung des Grundbuches genommen.

Mündliche Verhandlung

Bei der am durchgeführten mündlichen Verhandlung berichtete die Richterin über die Ergebnisse der bisher durchgeführte Beweisaufnahmen wie in der dem RA und dem FA ausgehändigten Beilage ./1 zur Niederschrift. Die Frage der Richterin, ob es zum vorgetragenen Sachverhalt noch Ergänzungen gibt, wurde von den Vertretern der Bf. und der Amtspartei verneint.

Zur rechtlichen Beurteilung verwiesen die Parteien zunächst auf die Schriftsätze im bisherigen Verfahren und ergänzten:

"RA: Keine Ergänzungen.

FA: Wir wollen nur noch auf das Erkenntnis verweisen."

Nach dem die Parteien keine weiteren Fragen und Beweisanträge stellten wurden das Beweisverfahren geschlossen.

Der Behördenvertreter beantragte die Abweisung der gegenständlichen Beschwerden.

Der Vertreter der Bf. beantragte die Stattgabe der Beschwerden und Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

Abschließend verkündigten die Richterin den Beschluss, dass die Entscheidung gemäß § 277 Abs. 4 BAO der schriftlichen Ausfertigung vorbehalten bleibt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am schlossen die ***X*** Immobilien GmbH (kurz ***X***) als Verkäuferin und die ***Bf1*** (die nunmehrige Beschwerdeführerin, kurz Bf.) 13 gesonderte Kaufverträge über insgesamt 13 Liegenschaften zu den nachstehend angeführten "Barkaufpreisen" ab. Als Stichtag für die Übergabe wurde jeweils der vereinbart:


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Adresse
Barkaufpreis
***ADR 1***
€ 1.487.000,00
***ADR2**
€ 3.986.000,00
***ADR3***
€ 1.389.000,00
***ADR4***
€ 1.019.000,00
***ADR5***
€ 884.000,00
***ADR6***
€ 1.552.000,00
***ADR7***
€ 983.000,00
***ADR8***
€ 1.822.000,00
***ADR9***
€ 2.419.000,00
***ADR10***
€ 2.073.000,00
***ADR11***
€ 1.083.000,00
***ADR12***
€ 1.376.000,00
***ADR13***
€ 2.427.000,00
Summe
€ 22.500.000,00

In der gleichzeitig mit den Kaufverträgen am von den Parteien unterzeichneten Zusatzvereinbarung wurde in Punkt 1. nach Aufzählung der erworbenen Liegenschaften festgehalten, dass der Gesamtkaufpreis EUR 22.500.000,00 beträgt, diese Vereinbarung eine unselbstständige Nebenvereinbarung zu den gesondert abgeschlossenen Kaufverträgen ist und die Kaufverträge mit der Nebenvereinbarung als Einheit zu sehen sind.

Die 13 Liegenschaften sind nicht benachbart und handelt es sich um eigenständige wirtschaftliche Einheiten im Sinne des Bewertungsgesetzes.

Die einzelnen Kaufverträge sind bis auf die Bezeichnung der jeweiligen Liegenschaft und die Beträge ident und enthalten jeweils folgende Punkte 2.4., 2.5 und 5.1

"2.4. Die von den Mietern geleisteten Finanzierungsbeiträge nach WGG betragen per gemäß gesondert der Käuferin übergebener Aufstellung insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag]. Diese Finanzierungsbeiträge werden nicht gesondert auf die Käuferin übertragen, sondern gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet. Die Käuferin hat dafür sämtliche mit den Finanzierungsbeiträgen verbundenen Rechten und Pflichten zu übernehmen und verpflichtet sich, die Verkäuferin diesbezüglich über erste Aufforderung vollkommen schad- und klaglos zu halten.

2.5. Die von den Mietern einbezahlten EVB 1 und EVB 2 betragen per gemäß gesondert der Käuferin übergebener Aufstellung insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag], Der Saldo der EVB 1 und EVB 2 wird nicht gesondert auf die Käuferin übertragen, sondern gilt mit dem Kaufpreis als verrechnet. Die Käuferin hat dafür sämtliche mit den EVB 1 und EVB 2 verbunden Rechten und Pflichten zu übernehmen und verpflichtet sich, die Verkäuferin diesbezüglich über erste Aufforderung vollkommen schad- und klaglos zu halten."

"5.1. Der einvernehmlich als angemessen zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Barkaufpreis beträgt insgesamt € [jeweils unterschiedlicher Betrag]. Festgehalten wird, dass der Barkaufpreis unter Berücksichtigung der in Punkt 2 angeführten Verpflichtungen ermittelt und ausdrücklich so vereinbart wurde. Sämtliche in Punkt 2 angeführten Verpflichtungen gelten mit dem Kaufpreis als verrechnet."

Mit Nachtragsvereinbarungen vom 14/ wurde festgehalten, dass auch die 20/1590 Anteile an der ***EZ 1 KG*** und die 54/1631 Anteile an der ***EZ2KG***, die am noch im bücherlichen Eigentum der ***Y*** Wohnbau GmbH (***FN**, vormals ***Y*** ***yy*** Gemeinnützige Wohnbauges.m.b.H) standen, ebenfalls an die Bf. verkauft und übergeben wurden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kaufverträge am hatte die ***X*** einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung dieser Liegenschaftsanteile und war der gemeinsame Wille der ***X*** und der Bf. darauf gerichtet, dass diese Anteile mitübertragen werden sollen. Der Erwerb dieser Liegenschaftsanteile war in dem am vereinbarten Gesamtkaufpreis mitumfasst.

Auf allen Liegenschaften befanden sich von einer gemeinnützigen Bauvereinigung iSd § 1 Abs. 1 Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl 1979/139 (kurz WGG) errichtete Wohnhäuser. Die Wohnungen waren im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses großteils vermietet und gingen die Bestandverhältnisse auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen (§§ 20 Abs. 1 Z 3b WGG iVm § 2 MRG) mit auf die Bf. über. Bei Vertragsabschluss gingen die Vertragsparteien davon aus, dass die Wohnungen weiterhin vermietet bleiben und sowohl auf die bestehenden Mietverhältnisse, als auch auf den Abschluss künftiger Mietverträge, aber auch bei einem Weiterkauf von Liegenschaftsanteilen durch die Bf. nach Begründung von Wohnungseigentum die Bestimmungen des WGG anzuwenden sind. Auch die Festlegung des jeweiligen Barkaufpreises für die einzelnen Liegenschaften erfolgte nach den Kriterien des WGG (wie zB § 15b WGG, § 23 WGG - "angemessener Preis").

Bei den in Punkt 2.4. der Kaufverträge genannten "Finanzierungsbeiträgen nach WGG" handelt es sich um Mieterleistungen zur Finanzierung des Bauvorhabens iSd § 17 Abs 1 WGG. Diese Finanzierungsbeiträge sind Teil des "angemessenen Entgelts" iSd § 14 WGG und vermindern sich durch Zeitablauf aliquot ("abwohnen") bis auf null. Die Mieter haben im Falle der Auflösung des Mietvertrages einen Anspruch auf Auszahlung des noch nicht amortisierten ("abgewohnten") Finanzierungsbeitrages. Bei der Neuvermietung kann der Liegenschaftseigentümer dem neuen Mieter einen Finanzierungsbeitrag in jener Höhe, die er dem ausscheidenden Mieter auszahlen musste, in Rechnung stellen.

Die Summe der nicht amortisierten Finanzierungsbeträge betrug für alle 13 Liegenschaften zum insgesamt € 2.036.157,70 und zum insgesamt € 2.031.067,31 (siehe dazu die nachstehende Aufstellung):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Adresse
Finanzierungsbeitrag zum
Finanzierungsbeitrag zum
***ADR 1***
€ 70.438,77
€ 70.262,67
***ADR2**
€ 513.792,15
€ 512.507,67
***ADR3***
€ 204.839,78
€ 204.327,68
***ADR4***
€ 25.713,19
€ 25.648,91
***ADR5***
€ 101.831,98
€ 101.577,40
***ADR6***
€ 46.646,16
€ 46.529,54
***ADR7***
€ 104.105,51
€ 103.845,25
***ADR8***
€ 131.432,98
€ 131.104,40
***ADR9***
€ 287.634,47
€ 286.915,38
***ADR10***
€ 58.855,54
€ 58.708,40
***ADR11***
€ 0,00
€ 0,00
***ADR12***
€ 76.830,38
€ 76.638,31
***ADR13***
€ 414.036,79
€ 413.001,70
Summe
€ 2.036.157,70
€ 2.031.067,31

Bei den in Punkt 2.5. der Kaufverträge genannten "EVB 1" und "EVB 2" handelt es sich um Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 14d WGG, die als Bestandteil des monatlichen Nutzungsentgelts von den Mietern eingehoben werden und der Finanzierung von notwendigen Erhaltungs- und nützlichen Verbesserungsarbeiten dienen. Die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge sind von der Vermieterin bestimmungsgemäß zu verwenden. Beim EVB 1 handelt es sich um die betragliche "Grundstufe", die unabhängig vom Erstbezugsdatum des jeweiligen Mieters jedenfalls verlangt werden kann. Ein erhöhter EVB 2 darf eingehoben werden, wenn das Erstbezugsdatum mindestens zehn Jahre zurückliegt. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des EVB 1. Ein Rückerstattungsanspruch hinsichtlich des EVB 2 besteht nur dann, wenn die Beträge nicht innerhalb einer Frist von zehn Jahren zur Finanzierung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten verwendet werden. Wegen der zu erwartenden laufenden Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten schloss die Bf. beim Erwerb der Liegenschaften aus, dass es tatsächlich zu Rückzahlungen an die Mieter kommen wird. Die Bf. erwartete, dass Investitionen zur Erhaltung des Zustandes bzw zur Erfüllung von gesetzlichen Verpflichtungen erforderlich sein werden, die die Höhe der vorhandenen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge übersteigen.

Der Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag für alle 13 Liegenschaften betrug zum insgesamt- € 333.415,63 (siehe dazu die nachstehende Aufstellung):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Adresse
EVB I (rund)
EVB II (rund)
Summe EVB I + II
***ADR 1***
€ 13.650,00
€ 122.545,00
€ 136.195,22
***ADR2**
€ 19.851,00
-€ 1.110.032,00
-€ 1.090.180,66
***ADR3***
€ 4.561,00
-€ 615.616,00
-€ 611.054,78
***ADR4***
€ 5.865,00
€ 99.030,00
€ 104.895,00
***ADR5***
€ 9.465,00
€ 101.280,00
€ 110.745,33
***ADR6***
€ 44.337,00
€ 193.895,00
€ 238.231,57
***ADR7***
€ 3.808,00
€ 69.464,00
€ 73.271,84
***ADR8***
€ 9.193,00
€ 51.269,00
€ 60.462,49
***ADR9***
€ 48.777,00
€ 204.176,00
€ 252.952,65
***ADR10***
€ 11.774,00
-€ 85.965,00
-€ 74.191,18
***ADR11***
€ 27.848,00
€ 61.840,00
€ 89.688,21
***ADR12***
€ 4.583,00
€ 25.064,00
€ 29.646,28
***ADR13***
€ 12.143,00
€ 333.780,00
€ 345.922,40
Summe
€ 215.855,00
-€ 549.270,00
-€ 333.415,63

Der negative Stand des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages bei einzelnen Liegenschaften bedeutet, dass hier die Kosten der in der Vergangenheit von der Verkäuferin (bzw von ihren Rechtsvorgängern) durchgeführten Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten nicht durch bereits von den Mietern geleistete Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge abgedeckt wurden, sondern eine Verrechnung mit zukünftigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge der Mieter erfolgen wird. Auf Grund der Bestimmungen des WGG ist es nicht zulässig, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge bzw. Aufwendungen für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten liegenschaftsübergreifend zu verrechnen.

Noch im Jahr 2013 wurde an allen von der Bf. am erworbenen Liegenschaften Wohnungseigentum begründet und mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen sowohl an bisherige Mieter als auch an Dritte begonnen. Mit der Begründung von Wohnungseigentum war ein Teil des EVB in die im Eigentum der Eigentümergemeinschaft stehende Rücklage iSd § 31 WEG (Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft) zu übertragen.

Selbstberechnungen - weitere Grestbescheide

Im Auftrag der Bf. wurde für alle 13 am mit der ***X*** abgeschlossenen Kaufverträge jeweils eine gesonderte Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer ausgehend vom im jeweiligen Kaufvertrag ausgewiesenen "Barkaufpreis" durchgeführt. Zusätzlich zu den hier gegenständlichen 8 Grunderwerbsteuerbescheiden erließ das FA im August/September 2018 weitere 4 Bescheide gemäß § 201 BAO für folgende Liegenschaften, die in Rechtskraft erwachsen sind. Auch dabei wurde dem Barkaufpreis der jeweilige Finanzierungsbeitrag zum hinzugerechnet und davon ausgehend die Grunderwerbsteuer wie folgt festgesetzt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Adresse
BMGL
GreSt lt. Bescheid
***ADR9***
€ 2.706.634,47
€ 94.732,21
***ADR10***;41-43
€ 2.131.855,54
€ 74.614,94
***ADR12***
€ 1.482.476,66
€ 51.886,68
***ADR13***
€ 2.841.036,79
€ 99.436,29

Für die Liegenschaft ***ADR11*** wurde kein Bescheid gemäß § 201 BAO erlassen und gehört demnach die Selbstberechnung nach wie vor dem Rechtsbestand an. Diese insgesamt 5 Kaufverträge sind nicht Gegenstand der Beschwerdeverfahren vor dem BFG.

2. Beweiswürdigung

Der nunmehr festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich im Wesentlichen aus den Schriftsätzen der Bf. und den eingesehenen Unterlagen. Nach Vortrag des Sachverhaltes bei der mündlichen Verhandlung erklärten beide Parteien, dass es dazu keine Ergänzungen gibt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung/teilweise Stattgabe)

Rechtslage

Nach der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses maßgeblichen Fassung bestimmte das Grunderwerbsteuergesetz 1987 (kurz GrEStG 1987) ua. Folgendes:

Gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer ua. folgende Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.

Gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG 1987 sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen.

§ 2 Abs 3 GrEStG 1987 bestimmt wie folgt:

"Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke als ein Grundstück behandelt. Bezieht sich ein Rechtsvorgang auf einen oder mehrere Teile eines Grundstückes, so werden diese Teile als ein Grundstück behandelt."

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer grundsätzlich vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung ua.

1. bei einem Kauf

der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,

Gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung

1. Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt,

2. Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten.

Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (BGBl. Nr. 139/1979, kurz WGG) lautete in der am maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt:

§ 13 (1) WGG:

Gemeinnützige Bauvereinigungen haben für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung … aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages, für die (nachträgliche) Übertragung des Eigentums (Miteigentum) an einer Baulichkeit oder für die (nachträgliche) Einräumung des Wohnungseigentums an einer Wohnung, … ein angemessenes Entgelt (Preis) zu vereinbaren, das nicht höher, aber auch nicht niedriger angesetzt werden darf, als es zur Deckung der Aufwendungen für die Bewirtschaftung ihrer Baulichkeiten und unter Berücksichtigung eines im Sinne der Grundsätze des § 23 gerechtfertigten Betrages zur Deckung der Kosten der Wirtschaftsführung der Bauvereinigung sowie nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung zur Bildung von Rücklagen erforderlich ist.

§ 14 (1) WGG

Das angemessene Entgelt für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung … oder eines Geschäftsraumes ist unter Bedachtnahme auf § 13 nach den Verteilungsbestimmungen des § 16 zu berechnen. … Die vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten vor Abschluß des Vertrages oder zu diesem Anlaß zusätzlich erbrachten Beiträge zur Finanzierung des Bauvorhabens sind bei der Berechnung des Entgelts betragsmindernd zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des Entgelts dürfen angerechnet werden:

1. ein Betrag für die Absetzung für Abnützung, …

5. ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag gemäß § 14d;

8. Rücklagen im Ausmaß von höchstens 2 vH der Beträge aus Z 1 bis 4 sowie von 2 vH des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages gemäß Z 5, diesfalls jedoch höchstens vom Betrag nach § 14d Abs. 2 Z 3,

(2) Reichen die nicht verbrauchten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge und die künftig im gesetzlichen Höchstausmaß einzuhebenden Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge auch unter Einrechnung der Einnahmen aus der Vermietung oder Überlassung von Dach- und Fassadenflächen zu Werbezwecken zur ordnungsmäßigen Erhaltung der Baulichkeit oder von Baulichkeiten, sofern diese hinsichtlich der Berechnung des Entgelts eine wirtschaftliche Einheit bilden, nicht aus, so kann die Bauvereinigung bei Gericht zur Deckung des Fehlbetrages eine Erhöhung des Betrages nach Abs. 1 Z 5 begehren. …

Erhaltung

§ 14a WGG

(1) Bei der Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages hat die Bauvereinigung nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten dafür zu sorgen, daß die Baulichkeit, die vermieteten oder zur Nutzung überlassenen Wohnungen oder Geschäftsräume und die der gemeinsamen Benützung der Bewohner der Baulichkeit dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigt werden. Im übrigen bleibt § 1096 ABGB unberührt.

(3) Die Kosten von Erhaltungsarbeiten sind durch die gemäß § 14 Abs. 1 Z 5 eingehobenen Beträge zu decken. Reichen diese Beträge zur Deckung der Kosten nicht aus, so gilt § 14 Abs. 2 bis 5.

Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag

§ 14d WGG

(1) Die Bauvereinigung hat im Interesse einer rechtzeitigen und vorausschauenden Sicherstellung der Finanzierung der Kosten der jeweils erkennbaren und in absehbarer Zeit notwendig werdenden Erhaltungsarbeiten sowie von nützlichen Verbesserungsarbeiten die Entrichtung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages zu verlangen, sofern der Miet- oder sonstige Nutzungsgegenstand in einem Gebäude gelegen ist, für das die Baubehörde den Abbruch weder bewilligt noch aufgetragen hat. Bei Verwendung eigenen oder fremden Kapitals gelten Verzinsung und Geldbeschaffungskosten als Kosten der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten.

(1a) Kosten gemäß Abs. 1 sind auch die der Erhaltung und Verbesserung gewidmeten (§ 19a Abs. 2 lit. e) angemessenen Beiträge zur Rücklage gemäß § 31 Abs. 1 WEG 2002

(7) Verwendet die Bauvereinigung die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalenderjahren zur Finanzierung einer Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeit, so hat die Bauvereinigung unverzüglich die von den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten entrichteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zuzüglich einer angemessenen Verzinsung insoweit zurückzuerstatten, als diese die nach Abs. 2 Z 3 errechneten Beträge übersteigen.

(8) Zur Rückforderung des nicht verbrauchten Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages (samt angemessener Verzinsung) ist der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte berechtigt, der im Zeitpunkt der Fälligkeit dieses Anspruchs Mieter oder Nutzungsberechtigter der Wohnung oder des sonstigen Mietgegenstandes ist; rückzahlungspflichtig ist der Vermieter oder die Bauvereinigung, die zu diesem Zeitpunkt Hauseigentümer oder Baurechtsberechtigte sind.

Rückzahlung von Beiträgen

§ 17 WGG

(1) Im Falle der Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages hat der ausscheidende Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Entgelt geleisteten Beträge, vermindert um die ordnungsmäßige Absetzung für Abschreibung im gemäß Abs. 4 festgesetzten Ausmaß.

(2) Vom Nachfolgemieter darf neben dem Entgelt der Betrag gemäß Abs. 1 verlangt oder unter sinngemäßer Anwendung des § 17a Abs. 1 ganz oder teilweise durch Eigen- oder Fremdmittel ersetzt werden.

(3) Der Betrag gemäß Abs. 1 ist binnen acht Wochen nach Räumung des Miet- oder sonstigen Nutzungsgegenstandes an den ausscheidenden Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten auszuzahlen.

(4) Die Beträge gemäß Abs. 1 sind mit 1 vH pro Jahr, gerechnet ab Erteilung der baubehördlichen Benützungsbewilligung, bei allfälligem früheren Beziehen der Baulichkeit ab diesem Zeitpunkt abzuschreiben.

…"

Erwägungen

Ein oder mehrere Erwerbsvorgänge iSd § 1 GrEStG - Sache der Beschwerdeverfahren

Jeder Erwerbsvorgang löst grundsätzlich selbständig die Grunderwerbsteuerpflicht aus und bildet einen in sich abgeschlossenen Steuerfall, dessen gesetzliche Tatbestandsmerkmale je für sich gesondert zu würdigen sind. Bei mehreren Erwerbsvorgängen ist grundsätzlich jeder Erwerbsvorgang, worunter das Verpflichtungsgeschäft zu verstehen ist, grunderwerbsteuerpflichtig (vgl. ua. , 04039).

Gegenstand eines grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsvorganges kann ein Grundstück (§ 2 Abs. 1 GrEStG, allenfalls auch ein ihm gleichgestelltes Objekt nach § 2 Abs. 2 GrEStG) oder ein Grundstücksteil (§ 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG) oder aber eine wirtschaftliche Einheit aus mehreren Grundstücken sein (§ 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG). Das Erfordernis der wirtschaftlichen Einheit ist für den Fall angeordnet, dass sich ein Rechtsvorgang auf mehrere Grundstücke bezieht ().

Mehrere Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes sind abgabenrechtlich als nur ein Grundstück anzusehen, sofern sie bei der Einheitswertfeststellung als eine wirtschaftliche Einheit bewertet wurden (vgl ua ).

Selbst bei Abschluss nur eines Rechtsgeschäftes hinsichtlich mehrerer Grundstücke iSd Bewertungsrechtes und Vorliegen eines inneren Zusammenhanges - wie hier in der Zusatzvereinbarung deutlich zum Ausdruck gebracht - werden daher mehrerer Erwerbsvorgänge iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG und damit mehrere Steuerfälle verwirklicht.

Die Vertragsparteien haben hier über jede Liegenschaft, die jeweils eine eigenständige wirtschaftliche Einheit im Sinne des Bewertungsgesetzes darstellt, einen gesonderten Kaufvertrag abgeschlossen und für jeden der 13 Kaufverträge gesondert eine Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vorgenommen. Die Vornahme getrennter Selbstberechnungen für die am gleichzeitig geschlossenen Verträge entspricht somit der Rechtslage, zumal selbst bei einem einheitlichen Rechtsgeschäft, das sich auf den Erwerb mehrerer wirtschaftlicher Einheiten beziehet, mehrere selbstständige Grunderwerbsteuerfälle vorliegen (Anmerkung: davon zu unterscheiden ist die Frage, ob die gleichzeitig abgeschlossenen Erwerbsvorgänge einen Einfluss auf die Höhe der Gegenleistung des einzelnen Erwerbsvorganges haben, siehe dazu unten).

Die Abänderungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes ist durch die Sache beschränkt; "Sache" ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. Ritz/Koran, BAO-Kommentar7, § 279 BAO, Rz 10f). Das Verwaltungsgericht darf daher ein und dieselbe Abgabe (das ist die im bekämpften Bescheid vorgeschriebene Abgabe) in veränderter Höhe (auch von veränderten Grundlagen und anders beurteilten Sachverhalten ausgehend) festsetzen (vgl. ).

"Sache" der gegenständlichen 8 Beschwerdeverfahren sind die im Jahr 2014 erfolgten bescheidmäßigen Festsetzungen der Grunderwerbsteuer gemäß § 201 BAO jeweils hinsichtlich eines bestimmten Grundstückes. Hinsichtlich der übrigen am verwirklichten Erwerbsvorgänge (für die die bescheidmäßigen Festsetzungen im Jahr 2018 erfolgte bzw für die keine bescheidmäßige Festsetzung erfolgte) besteht hingegen keine Abänderungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes).

Allgemein zum Begriff der Gegenleistung

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Er ist vielmehr im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form bzw den strengen Wortlaut des Vertrages, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt des zugrundeliegenden Erwerbsvorganges an (vgl zB ; , Ra 2020/16/0018).

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen - somit "inneren" - Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsgegenstand und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist (vgl ; , 2005/16/0104).

Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Grunderwerbsteuer ist in erster Linie die Gegenleistung, dh jede bewertbare Leistung, die der Erwerber aufwenden muss, um das Grundstück zu erhalten. Es ist somit auf denjenigen abzustellen, der die Leistung erbringt, also auf den Erwerber des Grundstücks, der die Gegenleistung (für das Grundstück) erbringt (vgl ; , Ro 2020/16/0024, mwN).

Maßgebend ist nicht, was die Vertragschließenden als Kaufpreis bezeichnen, sondern was nach dem Inhalt des Vertrages der Käufer als Wert der Gegenleistung im maßgebenden Zeitpunkt des Erwerbsvorganges zu erbringen hat (vgl ; ; ; ).

Leistungen verlieren durch ihre Erbringung an Dritte nicht grundsätzlich ihren Charakter als Gegenleistung, doch ist, wenn sie auch von den Tatbeständen des § 5 Abs 3 GrEStG nicht erfasst werden, stets entscheidend, ob sie für den Erwerb des Grundstückes erbracht werden. Die vertragliche Übernahme von Leistungen, sei es gegenüber dem Vertragspartner oder einem Dritten durch den Erwerber, stellt eine Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs 1 Z 1 GrEStG dar ().

Instandsetzungskosten werden, weil sie in der Regel dem Erwerber zugute kommen, nur dann in die Bemessungsgrundlage einbezogen, wenn sie noch den Verkäufer treffen und sie der Käufer ausdrücklich übernimmt. Dies gilt auch für die noch vom Verkäufer in Auftrag gegebenen Kosten einer Hausreparatur. Leistungen, die der Erwerber zwar verspricht, die aber ausschließlich ihm selbst zugute kommen, gehören nicht zur Gegenleistung (vgl VwGH 22.5,1980, 1879/79).

Durch den von den Verkäufern seinerzeit vorgenommenen Umbau der Betriebslokalitäten hatte der Kaufgegenstand auch für Zwecke des Erwerbers einen höheren Wert erlangt, der durch den entsprechenden Teil der Gegenleistung auch wirtschaftlich seinen Ausgleich gefunden hatte. Der hierfür geleistete "Ersatz" unterlag daher der Grunderwerbsteuer, weil dem so geleisteten Betrag Kaufpreisfunktion zukam ().

Beim Erwerb einer Eigentumswohnung hat eine gesonderte Abgeltung der Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag keine Auswirkung auf die Höhe und Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer. Dies deshalb, weil die Instandhaltungsrücklage Sondervermögen der Eigentümergemeinschaft darstellt und der einzelne Eigentümer bereits geleistete Beiträge nicht zurückverlangen kann. Aus grunderwerbsteuerlicher Sicht ist daher irrelevant, ob die Instandhaltungsrücklage im Kaufvertrag extra ausgewiesen und abgegolten wird. Diese stellt stets Teil der Gegenleistung für die Übertragung des Grundstücks dar und ist in die Bemessung der Grunderwerbsteuer miteinzubeziehen (Novosel in immo aktuell 2020, 5 unter Hinweis auf Ergänzung der Information des BMF vom 13.5.20016 zum Grunderwerbsteuergesetz, BMF-010206/0058-VI/5/216, BMF-010206/0094-IV/9/20017, Pkt 5.1); siehe dazu auch die Rechtsprechung des BFH , II R 49/17 zum deutschen Grunderwerbsteuergesetz).

Vom Verkäufer vorbehaltene Nutzungen - Mietzinsvorauszahlungen

Teil der Gegenleistung sind die dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Das sind diejenigen Nutzungen, die dem Veräußerer über den Zeitpunkt hinaus verbleiben sollen, in dem sie kraft Gesetzes auf den Erwerber übergehen. Nutzungen sind die Früchte einer Sache oder eines Rechts. Nutzungen gehen beim Kauf einer Sache mit dem Abschluss des Kaufvertrages auf den Erwerber über. Dem Erwerber gehören nicht nur die seit dieser Zeit fällig gewordenen oder tatsächlich gezogenen Nutzungen, vielmehr stehen ihm alle Nutzungen zu, die auf diese Zeit entfallen.

Die vorbehaltene Nutzung gipfelt in einer Duldung seitens des Erwerbers. Gegenstand einer vorbehaltenen Nutzung können entweder das Grundstück selbst oder seine Früchte natürlicher oder rechtlicher Art sein. Der Grund der Zurechnung der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen liegt klar auf der Hand. Der Grunderwerbsteuer sollen alle Vorteile unterworfen werden, die der Veräußerer im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft erhält. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass auch ihm vorbehaltene Nutzungen den Erlös erhöhen, den er für die Hingabe des Grundstückes erhält.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind auch Mietzinsvorauszahlungen, die der Veräußerer vereinnahmt hat und dem Erwerber nicht herauszugeben braucht, vorbehaltene Nutzungen. Dazu zählen auch als Baukostenzuschüsse geleistete Mietvorauszahlungen, soweit sie der Veräußerer dem Erwerber nicht herauszugeben braucht (vgl. ; ).

Die Baukostenzuschüsse der Bestandnehmer (bei auf 100 Jahre abgeschlossenen Bestandverträgen) stellten beim Erwerb der vermieteten Eigentumswohnungen - wobei die Käuferin in die Rechte und Pflichten des Verkäufers der Eigentumswohnungen eintrat - eine Gegenleistung dar. Dabei war jedoch im Hinblick auf die bereits verstrichene Bestanddauer nicht der Bestandzins für 100 Jahre, sondern nur der für die noch offene Bestanddauer eine dem Verkäufer vorbehaltene Nutzung ().

Die Überbindung der Pflichten aus dem Bestandvertrag bedarf keiner Untersuchung, ob diese Überbindung als "sonstige Leistung" im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG anzusehen ist, weil in allen Fällen, in denen Bestandverträge abgeschlossen wurden, hinsichtlich der im Vertragszeitpunkt noch nicht amortisierten Baukostenanteile Nutzungen vorlagen, die dem Verkäufer vorbehalten blieben und schon deshalb der Gegenleistung zuzuschlagen waren ().

Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes sind die von WGG-Mietern für die Überlassung des Gebrauchs einer Wohnung vorweg zu leistenden Finanzierungsbeiträge aufgrund ihrer rechtlichen Konstruktion (§ 14 Abs 1 iVm § 17 Abs 1 WGG) als Mietzinsvorauszahlungen Bestandteil des geschuldeten Mietzinses (vgl. mit zahlreichen Judikaturhinweisen.

Die Überprüfung des Entgelts, das ein Mieter für die Nutzung einer dem WGG unterliegenden Wohnung vereinbarungsgemäß zu zahlen hat, muss sich immer auf alle Entgeltbestandteile erstrecken, weil sich nur so die Angemessenheit (Zulässigkeit) des Entgelts in Relation zur Leistung des Vermieters feststellen lässt. Es sind daher auch Einmalzahlungen des Mieters zu veranschlagen. Das gilt insbesondere für "Finanzierungsbeiträge", bei denen es sich ja im Grunde um Mietzinsbestandteile (Mietzinsvorauszahlungen) handelt (vgl. ).

Ein Anspruch gegen eine gemeinnützige Bauvereinigung auf Rückzahlung der zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Entgelt geleisteten Beträge entsteht (erst) bei Auflösung des Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrags, anspruchsberechtigt ist nur der scheidende Mieter. Bis dahin kommt dem Finanzierungsbeitrag grundsätzlich die Qualifikation einer Mietzinsvorauszahlung zu. Eine den Betrag finanzierende Dritte ist nicht seine Eigentümerin, ihr steht kein Aussonderungsanspruch zu (vgl. ).

Auch im Bereich der Umsatzsteuer wird der Finanzierungsbeitrag iSd WGG als Mietzinsvorauszahlung behandelt. Die Umsatzsteuer fällt für den abgeschriebenen Betrag, da es sich um eine Mietzinsvorauszahlung handelt, an und wird diese dem Mieter von der GBV vorgeschrieben (§ 19 Abs 2 Z 1 lit a UStG 1994). Der rückzubezahlende Finanzierungsbeitrag, also der nicht verwohnte Finanzierungsbeitrag, ist im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses als umsatzsteuerlich neutral anzusehen und daher nicht umsatzsteuerpflichtig (siehe dazu den Kommentar, Wohnrecht, Illedits, 4. Aufl, April 2022, § 17 WGG (Rudnigger).

Bei den in Punkt 2.4. der gegenständlichen Kaufverträge genannten "Finanzierungsbeiträgen nach WGG" handelt es sich um Mieterleistungen zur Finanzierung des Bauvorhabens iSd § 17 Abs 1 WGG, die Teil des "angemessenen Entgelts" iSd § 14 WGG sind und sich durch Zeitablauf aliquot ("abwohnen") bis auf null vermindern. Für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung kommt es daher nicht darauf an, dass für die Mieter erst im Falle der Auflösung des Mietvertrages ein Anspruch auf Auszahlung des noch nicht amortisierten ("abgewohnten") Finanzierungsbeitrages entsteht und die Bf. bei der Neuvermietung dem neuen Mieter einen Finanzierungsbeitrag in jener Höhe, die er dem ausscheidenden Mieter auszahlen musste, in Rechnung stellen kann. Entscheidend ist vielmehr, dass der Nutzen, den die Bf. aus den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vermieteten Wohnungen ziehen kann, um den nicht amortisierten Teil der Finanzierungsbeiträge vermindert ist. Obwohl die Bestandverhältnisse mit auf die Bf. übergegangen sind und alle Rechte und Pflichten aus den Bestandverträgen gegenüber den Mietern auf die Bf. übergegangen sind, sind die noch nicht amortisierten Finanzierungsbeiträge auf Grund der vertraglichen Vereinbarung in Punkt 2.4 der Kaufverträge bei der Verkäuferin verblieben. Der Verkäuferin kommt damit auch für Zeiträume, in der sie nicht mehr die Liegenschaftseigentümerin und Vermieterin ist, wirtschaftlich ein Nutzen aus den Finanzierungsbeiträgen zu und ist die Bf. um eben diese Beträge - die sie den Mietern monatlich auf das Nutzungsentgelt anrechnen muss - spiegelbildlich belastet.

Das Verbleiben der noch nicht amortisierten Finanzierungsbeiträge bei der Verkäuferin ist daher als "vorbehaltene Nutzung" Teil der Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG

Die im Auftrag der Bf. ausschließlich vom im jeweiligen Kaufvertrag ausgewiesenen (Bar-)Kaufpreis der Liegenschaft vorgenommenen Selbstberechnungen erweist sich daher als unrichtig und hat das FA daher zu Recht innerhalb der Jahresfrist mit den angefochtenen Bescheiden eine Festsetzung der Grunderwerbsteuer nach § 201 Abs. 2 Z. 1 BAO vorgenommen. Auch die vorgenommene Ermessensübung wurde vom FA nachvollziehbar begründet.

Da allerdings der Übergangsstichtag war und mit diesem Tag (und nicht bereits mit ) die Bestandverhältnisse auf die Bf. übergingen, stehen die Mietzahlungen (und damit auch die aliquoten Finanzierungsbeiträge) für den Zeitraum bis noch der Verkäuferin als damalige Liegenschaftseigentümerin zu. Nach Ansicht der erkennenden Richterin sind daher die zum Stichtag noch nicht verrechneten Finanzierungsbeträge bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen.

Verrechnung des Saldos der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge

Nach Punkt 5.1, letzter Satz der Kaufverträge gelten sämtliche in Punkt 2 angeführten Verpflichtungen mit dem Kaufpreis als verrechnet und bezieht sich diese Verrechnung somit nicht nur auf die Finanzierungsbeiträge (Punkt 2.4 der Kaufverträge), sondern auch auf die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (Punkt 2.5 der Kaufverträge).

Bei den in Punkt 2.5. der Kaufverträge genannten "EVB 1" und "EVB 2" handelt es sich um Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 14d WGG, die als Bestandteil des monatlichen Nutzungsentgelts von den Mietern eingehoben werden und der Finanzierung von notwendigen Erhaltungs- und nützlichen Verbesserungsarbeiten dienen. Die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge sind von der Vermieterin bestimmungsgemäß zu verwenden. Beim EVB 1 handelt es sich um die betragliche "Grundstufe", die unabhängig vom Erstbezugsdatum des jeweiligen Mieters jedenfalls verlangt werden kann. Ein erhöhter EVB 2 darf eingehoben werden, wenn das Erstbezugsdatum mindestens zehn Jahre zurückliegt. Der Mieter hat keinen Anspruch auf Rückzahlung des EVB 1. Ein Rückerstattungsanspruch hinsichtlich des EVB 2 besteht nur dann, wenn die Beträge nicht innerhalb einer Frist von zehn Jahren zur Finanzierung von Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten verwendet werden.

Der Bf. ist insofern beizupflichten, als die Rückzahlungsverpflichtung erst mit einem Verstoß der Vermieterin gegen die gesetzlichen Bestimmungen des WGG entsteht. Die - potentielle- Rückzahlungsverpflichtung an die Mieter ist somit aufschiebend bedingt und die Situation hier vergleichbar mit nur bei Förderverstößen rückzahlbaren Baukostenzuschüssen im Bereich der Wohnbauförderung, die vom UFS als aufschiebend bedingte Gegenleistung behandelt wurde. (siehe dazu ua ).

Überdies normiert § 14d Abs. 8 WGG, dass rückzahlungspflichtig der Vermieter oder die Bauvereinigung ist, die zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruches Hauseigentümer ist und spricht dies dagegen, dass die Verkäuferin von einer Rückzahlungsverpflichtung befreit wurde.

Wirtschaftlich betrachtet übernimmt die Bf. hier bei einem Teil der Liegenschaften allerdings insofern eine Last, als sie Sanierungsarbeiten an den Wohnhäusern durchzuführen hat und sie bei der Finanzierung nicht auf bereits von den Mietern entrichtete Erhaltungs- und Finanzierungsbeiträge zurückgreifen kann, weil diese der Vermieterin verbleiben.

Die Besonderheit im gegenständlichen Fall besteht hier darin, dass der Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für alle 13 Liegenschaften zum insgesamt betrachtet negativ (- € 333.415,63) war. Der negative Stand des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages bei einzelnen Liegenschaften bedeutet, dass hier die Kosten der in der Vergangenheit von der Verkäuferin (bzw von ihren Rechtsvorgängern) durchgeführten Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten nicht durch bereits von den Mietern geleistete Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge abgedeckt wurden und somit die Bf. für Sanierungskosten - die nicht sie getragen hat - eine Verrechnung mit zukünftigen Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge der Mieter vornehmen kann.

Unstrittig ist, dass hier gleichzeitig eine Pakettransaktion über insgesamt 13 Liegenschaften stattgefunden hat. Es ist daher lebensnah, dass die Vertragsparteien bei der Preisbildung und Bestimmung des Gesamtbarkaufpreises mit Euro 22,5 Millionen neben den üblichen preisbestimmenden Merkmalen wie dem baulichen Zustand der einzelnen Wohnhäuser und dem Vermietungsgrad und den objektiv bestehenden Beschränkungen des Eigentums durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (vgl. dazu zur Frage von außergewöhnlichen Verhältnissen gemäß § 26 Abs. 3 GGG) darauf Bedacht genommen haben, dass neben der Summe der Finanzierungsbeträge für alle 13 Liegenschaften insgesamt ein negativer Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge gegeben ist.

Auch wenn es auf Grund der Bestimmungen des WGG nicht zulässig ist, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge bzw. Aufwendungen für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten liegenschaftsübergreifend zu verrechnen (vgl. dazu: Liegenschaftsübergreifende Vorschreibung und Verrechnung von EVB nach Wohnungseigentumsbegründung, Christian Prader, immolex 2021/199, Heft 12 / 2021, Seite 418), wird wirtschaftlich gesehen die Belastung der Bf. bei der Gesamttransaktion durch die Liegenschaften mit einem negativen Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge verringert (bei diesen Häuser darf im Ergebnis die Bf. die EVBs für die von der Verkäuferin durchgeführten Erhaltungsarbeiten von den Mietern "kassieren" - im Gegenzug muss sie bei anderen Häusern Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten auf ihre Rechnung durchführen, weil die EVBs der Mieter bei der Verkäuferin verblieben).

Im Zusammenhang mit der Schenkungssteuer hat der VwGH ausgesprochen, dass Zuwendungen mehrere Vermögensgegenstände (dort Übertragung eines Betriebes vom Vater an den Sohn; gleichzeitige Übertragung einer Liegenschaft von Vater und Mitter) dann eine Einheit bilden, wenn diese nach dem Parteiwillen und den objektiven Gegebenheiten als einheitliches Rechtsgeschäft anzusehen sind (vgl. unter Hinweis auf Stoll, ÖStZ 1981, 226).

Die Vertragsparteien haben hier zwar über jede Liegenschaft einen gesonderten Kaufvertrag abgeschlossen, in dem für die jeweilige Liegenschaft gesondert nach den Kriterien des WGG - unter Berücksichtigung der Finanzierungsbeiträge und der Erhaltungsbeiträge der konkreten Liegenschaft - ein bestimmter "angemessener" (Bar-)Kaufpreis vereinbart wurde. Durch die gleichzeitig am abgeschlossene Zusatzvereinbarung wurde von den Vertragsparteien deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Kaufverträge als Einheit zu sehen sind. Bei der Ermittlung der Gegenleistung für den einzelnen Erwerbsvorgang iSd § 1 GrEStG (Erwerb des jeweiligen Grundstückes, siehe dazu oben), ist daher zunächst zu betrachten, zu welchen Leistungen sich die Bf. am insgesamt (Gesamtgegenleistung) verpflichtet hat, um das aus 13 Liegenschaften bestehende Liegenschaftspaket zu erhalten.

Auch die Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge sind Teil des laufenden Mietengeltes (siehe § 14 Abs, 1 Z 5 WGG) und spricht dies nach Ansicht der erkennenden Richterin dafür bei der Betrachtung der "vorbehaltenen Nutzung" der Vermieterin auch den Stand der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge zu berücksichtigen und somit von den nicht amortisierten Finanzierungsbeiträgen zum iHv € 2.031.067,31 den insgesamt negativen Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iHv -333.415,63 abzuziehen.

Wirtschaftlich betrachtet beträgt somit die von der Bf. für den Erwerb des Liegenschaftspaketes versprochene Gesamtgegenleistung € 24.197.651,68 (Barkaufpreise von € 22,5 Mio plus Summe aller noch nicht amortisierten Finanzierungsbeiträge zum iHv € 2.031.067,31 abzüglich negativer Saldo der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iHv -333.415,63).

Diese Gesamtgegenleistung ist sodann durch Auflösung einer Proportion - vergleichbar mit den Fällen des Erwerbes einer Liegenschaft und anderer selbständiger Wirtschaftsgüter durch einen einheitlichen Rechtsvorgang - nach dem Verhältnis der Verkehrswerte auf die einzelnen Liegenschaften zu verteilen. Da hier von den Vertragsparteien für jede Liegenschaft nach den Bestimmungen des WGG gesondert ein "angemessener" Preis unter Berücksichtigung der Finanzierungsbeiträge und der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge festgelegt wurde und kein Hinweis dafür vorliegt, dass diese "Aufteilung" nicht den objektiven Wertverhältnissen entspricht, sind hier im Ergebnis bei den beschwerdegegenständlichen 8 Erwerbsvorgängen die Werte der jeweils erworbenen Liegenschaft für die Ermittlung der jeweiligen Gegenleistung maßgeblich.

Ergebnis

Bei den insgesamt 8 angefochtenen Bescheiden ist die Grunderwerbsteuer daher wie folgt neu zu berechnen:


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ErfNr
Barkaufpreis
Finbeitrag
EVB I + II
BMGL
***1***
1.487.000,00
70.262,67
136.195,22
1.693.457,89
***2***
€ 3.986.000,00
512.507,67
- 1.090.180,66
3.408.327,01
***3***
€ 1.389.000,00
204.327,68
- 611.054,78
982.272,90
***4***
€ 1.019.000,00
25.648,91
104.895,00
1.149.543,91
***5***
€ 884.000,00
101.577,40
10.745,33
1.096.322,73
***6***
€ 1.552.000,00
46.529,54
238.231,57
1.836.761,11
***7***
€ 983.000,00
103.845,25
73.271,84
1.160.117,09
***8***
€ 1.822.000,00
131.104,40
60.462,49
2.013.566,89
(Summe)
€ 13.122.000,00
€ 1.195.803,52
- € 977.433,99
€ 13.340.369,53

Grunderwerbsteuer neu


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ErfNr
BMGL
GrESt neu
Differenz Selbstberechnung
Differenz angef. Bescheide
***1***
1.693.457,89
€ 59.271,03
€ 7.226,03
€ 4.760,67
***2***
3.408.327,01
€ 119.291,45
- € 20.218,55
- € 38.201,28
***3***
982.272,90
€ 34.379,55
- € 14.235,45
- € 21.404,84
***4***
1.149.543,91
€ 40.234,04
€ 4.569,04
€ 3.669,08
***5***
1.096.322,73
€ 38.371,30
€ 7.431,30
€ 3.867,18
***6***
1.836.761,11
€ 64.286,64
€ 9.966,64
€ 8.334,02
***7***
1.160.117,09
€ 40.604,10
€ 6.199,10
€ 2.555,41
***8***
2.013.566,89
€ 70.474,84
€ 6.704,84
€ 2.104,69
(Summe)
€ 466.912,93
€ 7.642,93
- € 34.315,09

Es war daher den Beschwerden teilweise Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide wie im Spruch ersichtlich abzuändern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit überblickbar liegt bisher keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage vor, ob eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Verrechnung des Kaufpreises mit dem zum Übergabestichtag bestehenden (hier negativen) Saldo der von den Mietern geleisteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge iSd § 14d WGG bei der Ermittlung der Gegenleistung iSd § 5 Abs. 1 Z: 1 GrEStG zu berücksichtigen ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7104447.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at