Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.05.2023, RV/7500234/2023

Verwendung einer einfachen Farbkopie des Behindertenausweises gemäß §29b StVO als fahrlässige Abgabenverkürzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Johannes Böck in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerden des Beschuldigten,

1) vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: ***GZ1***,

2) vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: ***GZ2***,

zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Straferkenntnisse bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei Beiträge zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von je € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnissen vom 13. und , Zlen. ***GZ1*** und ***GZ2***, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) jeweils angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, in dem er das mehrspurige Kraftfahrzeug OPEL mit dem behördlichen Kennzeichen ***Kennzeichen*** am

  1. um 10:31 Uhr in 1180 Wien, Bäckenbrünnlgasse 1,

  2. um 12:29 Uhr in 1200 Wien, Pöchlarnstraße 4 ggü.,

jeweils in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben. Im Fahrzeug habe sich jeweils lediglich die Farbkopie des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960 mit der Nummer ***1*** befunden.

Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, iVm § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt und die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werde über den Beschwerdeführer jeweils gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG jeweils einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher jeweils € 70,00.

Begründend wurde jeweils ausgeführt, dass sich im Fahrzeug OPEL mit dem behördlichen Kennzeichen ***Kennzeichen*** lediglich die Farbkopie des Ausweises gemäß § 29b StVO, Nr. ***1***, befunden habe. Die Parkometerabgabe sei somit fahrlässig verkürzt worden.

Beweis sei durch Einsichtnahme in die Anzeige erhoben worden, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund einer eigenen dienstlichen Wahrnehmung gelegt wurde, sowie in die von diesem im Zuge der Beanstandung angefertigten Fotos und in die erteilte Lenkerauskunft.

Bereits vor Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens habe der Bf. jeweils angegeben, dass er einen Strafzettel bekommen habe und im Fahrzeug ein gültiger § 29b StVO 1960 Ausweis mit der Nummer ***1*** hinterlegt gewesen sei.

Im Zuge des Verfahrens habe festgestellt werden können, dass der Parkausweis gemäß § 29b StVO mit der Nummer ***1*** vom Sozialministeriumservice auf den Bf. ausgestellt worden sei.

In seinem Einspruch habe der Bf. die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht bestritten und jeweils angegeben, dass es aufgrund des Ausweises gemäß 29b StVO 1960 mit der Nummer ***1*** zu einer Anonymverfügung gekommen sei. Es sei bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Einschränkungen der Extremitäten vorliegen und es zur Übertretung gekommen sei. Weiters habe der Bf. angeführt, dass aufgrund der ihm angelasteten geringfügigen Übertretungen es zu keiner Schädigung im erheblichen Maße der geschützten Interessen der Verkehrssicherheit gekommen sei. Der Bf. habe ersucht, dies zu berücksichtigen, und deshalb die Strafverfügung außer Kraft zu setzen bzw. in Anbetracht der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der geringen Intensität der Beeinträchtigung von einer Strafe abzusehen bzw. eine Ermahnung auszusprechen. Der Bf. habe bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt und die Tat stehe mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch. Es tue ihm leid, dass es zu dieser Strafverfügung und Übertretung gekommen und habe um Einstellung des Verfahrens ersucht.

Unbestritten sei sowohl die Lenkereigenschaft des Bf. geblieben, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt gewesen sei. Zu diesem Vorbringen des Bf. werde seitens der belangten Behörde festgestellt:

Gemäß § 5 Abs. 1 der Parkometerabgabenverordnung gelte die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstelle, müsse bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Die Abgabe sei nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von dauernd stark gehbehinderten Personen abgestellt oder in denen solche Personen gemäß § 29b Abs. 3 StVO befördert werden, wenn die Fahrzeuge mit dem Ausweis gemäß § 29b Abs. 1 oder 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind (§ 6 Abs. 1 lit. g Parkometerabgabeverordnung). Hiermit könne lediglich die Verwendung des Ausweises im Original gemeint sein.

Der Anzeige des Meldungslegers sei jeweils zu entnehmen gewesen, dass es bei dem in Rede stehenden Behindertenausweis gemäß § 29b StVO nicht um das Original habe handeln können, da dieses nicht laminiert, zugeschnitten, die Farbe eingebleicht und gefalten sei.

Die Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Ausweis gemäß § 29b StVO wirke ausschließlich dann abgabenbefreiend, wenn dazu ein gültiges Originaldokument verwendet werde. Die Anbringung einer Kopie erfülle diese Voraussetzungen nicht, weswegen die zitierte Ausnahmebestimmung im gegenständlichen Falle nicht zur Anwendung kommen konnte und Sie die Parkometerabgabe hätten entrichten müssen.

Die Einwendungen des Bf. seien somit nicht geeignet, ihn vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Es seien somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten. Der Bf. habe sohin jeweils den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht und die angelastete Übertretung sei daher als erwiesen anzusehen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor. Somit seien sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben. Der Bf. habe somit die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder (fahrlässig) verkürzt werde, seien als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe solle durch ihre Höhe dazu geeignet sein, den Bf. wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe seien gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet werde, schädige in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung diene.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung sei im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, sei auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es könne daher das Verschulden des Bf. nicht als geringfügig angesehen werden.

Es sei daher weder eine Ermahnung noch eine Einstellung des Verfahrens nicht in Betracht gekommen.

Bei der Strafbemessung seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf. sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt worden. Zudem sei auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen worden.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden sei die verhängte Geldstrafe durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nicht hervorgetreten seien.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stütze sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991.

Gegen die Straferkenntnisse vom 13. und , Zl. ***GZ1*** und ***GZ2***, erhob der Bf. mit E-Mail-Eingaben vom 14. und das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte jeweils eine Einstellung des Verfahrens.

Begründend wurde ausgeführt, am 2. bzw. sei es jeweils zur einer Anonymverfügung gekommen, dies jeweils aufgrund des Ausweises gemäß § 29b StVO 1960, Nr. ***1***.

Der Bf. habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Einschränkungen der Extremitäten vorliegen und es somit zur Übertretung gekommen sei. Dies sei bereits mehrfach vorgebracht worden. Aufgrund seiner Einschränkung habe der Bf. eine entsprechende Faltung seines Ausweises nicht vornehmen können.

Darüber hinaus sei es aufgrund der ihm angelasteten geringfügigen Übertretung zu keiner Schädigung im erheblichen Maße der geschützten Interessen der Verkehrssicherheit gekommen. Der Bf. bitte dieses zu berücksichtigen und deshalb die Strafverfügungen außer Kraft zu setzen bzw. in Anbetracht der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der geringen Intensität der Beeinträchtigung von einer Strafe abzusehen bzw. eine Ermahnung auszusprechen.

Weiters möchte der Bf. anführen, dass er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt und die ihm zur Last gelegte Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stehe. Der Bf. sei bisher immer für die Gesellschaft da, wenn sie ihn brauchte, und hoffe dass es nun die Gesellschaft sei, die für ihn da sei.

Es tue ihm aufrichtig leid, dass es zu dieser Strafverfügung und Übertretung gekommen sei und bitte um Einstellung des Verfahrens. § 34 StGB und Verwaltungsstrafgesetz 1991 seien zu berücksichtigen. Es werde daher um Einstellung gebeten.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Unstrittiger Sachverhalt:

Das Fahrzeug OPEL mit dem behördlichen Kennzeichen ***Kennzeichen*** wurde vom Bf. am um 12:29 Uhr und am um 10:31 Uhr jeweils in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1200 Wien, Pöchlarnstraße 4 ggü., bzw. 1180 Wien, Bäckenbrünnlgasse 1, abgestellt.

Der Bf. besitzt den Parkausweis gemäß § 29b StVO Nr. ***1***, der auf ihn selbst ausgestellt und unbefristet gültig ist.

Zu den Beanstandungszeiten durch das Kontrollorgan der Parkraumüberwachung am um 12:29 Uhr und am um 10:31 Uhr befand sich im Fahrzeug lediglich jeweils eine einfache Farbkopie des Parkausweises.

Hinsichtlich der am um 12:29 Uhr beanstandeten Kopie des Behindertenausweises gemäß § 29b StVO hinter der Windschutzscheibe wurde vom Meldungsleger festgehalten, dass diese Kopie nicht laminiert, zugeschnitten, die Farbe eingebleicht und diese gefalten war.

Hinsichtlich der weiteren am um 10:31 Uhr beanstandeten Kopie des Behindertenausweises gemäß § 29b StVO hinter der Windschutzscheibe hielt der Meldungsleger fest, dass die Schnittkanten nicht übereinstimmen und dieser Ausweis wie eine Farbkopie aussieht.

Die Farbkopie des Parkausweises wurde vom Bf. eingelegt. Dabei handelt es sich jeweils um eine einfache Farbfotokopie, sodass seitens der belangten Behörde jeweils lediglich von einer fahrlässigen und nicht von einer vorsätzlichen Verkürzung der Parkometerabgabe ausgegangen wurde.

Aus diesem Grund wurde seitens der belangten Behörde mit Straferkenntnissen vom 13. und jeweils nur eine Geldstrafe iHv EUR 60,00 sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden für den Fall von deren Uneinbringlichkeit verhängt.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den eigenen Wahrnehmungen und Anzeigedaten des Kontrollorgans der Parkraumüberwachung, den zur Beanstandungszeit angefertigten Fotos, der Auskunft des Sozialministeriumservice und den Angaben des Bf..

Gesetzliche Grundlagen:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung hat jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 29b Abs. 1 StVO 1960 normiert:

"Inhabern und Inhaberinnen eines Behindertenpasses nach dem Bundesbehindertengesetz, BGBl. Nr. 283/1990, die über die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" verfügen, ist als Nachweis über die Berechtigungen nach Abs. 2 bis 4 auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen ein Ausweis auszufolgen. Die näheren Bestimmungen über diesen Ausweis sind durch Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zu treffen."

Gemäß § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung ist die Abgabe nicht zu entrichten für Fahrzeuge, die von Inhabern eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sofern die Fahrzeuge beim Abstellen mit diesem Ausweis gekennzeichnet sind.

Den Bestimmungen des § 6 lit. g Wiener Parkometerabgabeverordnung zufolge tritt die Befreiung von der Entrichtung von Parkgebühren nur dann ein, wenn im Fahrzeug, das von einem Inhaber eines Parkausweises für Behinderte gemäß § 29b StVO 1960 abgestellt oder in denen solche Personen befördert werden, sichtbar und im Original der Parkausweis hinterlegt ist (vgl. ; , RV/7501051/2018; , RV/7500217/2020; , RV/7500156/2021).

Entscheidend ist nicht, dass der Parkausweis gemäß § 29b StVO im Original vorhanden ist, sondern dass dieser im Original hinter der Windschutzscheibe gut sichtbar angebracht ist (vgl. ).

Zusammenfassend wird festgestellt, dass der Bf. durch die Verwendung einer Farbkopie des Parkausweises die objektive Tatseite der ihm von der belangten Behörde angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht hat.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).

Nach der Judikatur des VwGH stellt die Unkenntnis iSd § 5 Abs. 2 VStG, u.a. von straßenpolizeilichen Bestimmungen oder Parkgebührenvorschriften, keinen entschuldigenden Rechtsirrtum dar, wenn sich der am Straßenverkehr Teilnehmende über die gesetzlichen Bestimmungen nicht an geeigneter Stelle erkundigt hat (vgl. ; , 2012/11/0243).

Der Bf. hat sich offensichtlich nicht erkundigt, dass die Befreiung von der Parkometerabgabe nur dann eintritt, wenn der Parkausweis im Fahrzeug im Original hinter der Windschutzscheibe eingelegt ist. Die Verwendung einer Farbkopie des Parkausweises ist nicht zulässig.

Der Bf. hat somit die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, da er bei der Abstellung des Fahrzeuges in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1200 Wien, Pöchlarnstraße 4 ggü., und in 1180 Wien, Bäckenbrünnlgasse 1, jeweils eine einfache Kopie des Parkausweises gemäß § 29b StVO hinter der Windschutzscheibe eingelegt hat.

Aus der Aktenlage und dem Vorbringen des Bf. geht nicht hervor, dass ihm ein rechtskonformes Verhalten zur Tatzeit jeweils nicht möglich war.

Das Vorbringen des Bf., dass er wegen Bewegungs- und Funktionsstörungen in den Armen das Original des Parkausweises nicht falten habe können, weshalb er eine Kopie davon angefertigt habe, kann nicht schuldbefreiend wirken.

Es waren somit auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Strafbemessung

Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365,00 € zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG 1991 zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hierfür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet bzw. angewendet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.

Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat und den Parkausweis jeweils nicht im Original hinter der Windschutzscheibe eingelegt, sondern eine (einfache) Farbkopie verwendet hat.

Die Behörde hat innerhalb des durch § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 gesetzten Strafrahmens von bis zu 365,00 € und der durch § 19 VStG determinierten Strafbemessungs-kriterien Ermessen, die Strafe festzulegen (vgl. , ).

Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde unter Beachtung der Strafzumessungsgründe mit 60,00 € verhängte Geldstrafe (diese beträgt nur rund ein Sechstel des gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 bis zu 365,00 € reichenden Strafrahmens) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen und keinesfalls überhöht.

Die Einstellung der jeweiligen Verfahren bzw. der Ausspruch einer Ermahnung kam nicht in Betracht, da nach der ständigen Judikatur des VwGH die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG voraussetzt, dass das Verschulden geringfügig sein muss und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind (vgl. ; , Ra 2019/02/0109).

Das Gericht kann im vorliegenden Sorgfaltsverstoß und der Anfertigung jeweils einer Kopie eines Behindertenausweises gemäß § 29b StVO kein geringes Verschulden erblicken.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 64 VStG sind die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von 10% der Strafe (Mindestbeitrag € 10,00) festzusetzen. Sie wurden somit bei einer Geldstrafe von 60,00 € mit 10,00 € korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere 12,00 € als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 29b StVO 1960, Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500234.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at