Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2023, RV/7300044/2021

Private Rechnungen als betrieblich veranlasst geltend gemacht, Fehler des zwischenzeitig verstorbenen Steuerberaters, das Gegenteil war nicht beweisbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Finanzstrafsenat Wien 2 des Bundesfinanzgerichtes hat in der Finanzstrafsache gegen Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch CENTURION Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH Hegelgasse 8 Tür 14, 1010 Wien wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Amtsbeauftragten ***1***, vom gegen das einstellende Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , SpS ***3***, Finanzstrafverfahren ***4***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers, der Beschwerdeführerin und Amtsbeauftragten ***2*** sowie der Schriftführerin zu Recht erkannt:

Die Beschwerde des Amtsbeauftragten wird als unbegründet abgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Amt für Betrugsbekämpfung als Organ des Amtes für Betrugsbekämpfung, Bereich Finanzstrafsachen als Finanzstrafbehörde vom , SpS ***3***, Finanzstrafverfahren ***4***, wurde das gegen Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschuldigter), Deutschland, wohnhaft in ***Bf1-Adr***, geführte Finanzstrafverfahren (ergänzt: wegen des Verdachts der Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG, er habe vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht, nämlich durch die Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen zur Einkommensteuer in den Jahren 2015 bis 2017, eine Abgabenverkürzung in Höhe von insgesamt € 47.884,00, nämlich
Einkommensteuer für 2015 in Höhe von € 7.437,00
Einkommensteuer für 2016 in Höhe von € 18.756,00
Einkommensteuer für 2017 in Höhe von € 21.691,00 bewirkt)
gemäß § 136 FinStrG eingestellt.

Als Begründung wurde ausgeführt:

"Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und Verlesung des Strafaktes steht im Zusammenhalt mit der Verantwortung des Beschuldigten nachstehender Sachverhalt fest:

[...]

Der Beschuldigte weist keine finanzstrafrechtlichen Vorstrafen auf.

Im Jahr 2020 wurde eine Betriebsprüfung (kurz BP) mit Niederschrift über die Schlussbesprechung vom abgeschlossen. Geprüft wurden die Veranlagungsjahre 2015 bis 2017.

Dabei wurden folgende finanzstrafrechtlich relevanten Feststellungen getroffen:

Tz 4: Nicht anerkannte Aufwendungen gem. § 20 EStG:

Hierbei handle es sich um privat veranlasste Aufwendungen die keinen Bezug zu den selbstständigen Einkünften des Beschuldigten haben.

Tz 6: Betriebs- und Geschäftsausstattung

Es wurden Aufwendungen für Wirtschaftsgüter geltend gemacht, welche der privaten Sphäre des Beschuldigten zuzuordnen seien.

Tz 7: Werbe-, Repräsentationsaufwendungen:

Im Zuge der BP wurde festgestellt, dass Werbe-, Repräsentationsaufwendungen bisher zu 100% als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden. Durch die BP wurden die Ausgaben gem. § 20 (3) EStG auf 50% gekürzt. Dass der Beschuldigte bei Abgabe der unrichtigen Erklärungen zur Einkommensteuer für die inkriminierten Jahre eine Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bzw. eine Verkürzung der entsprechenden Abgaben ernstlich für möglich gehalten hätte bzw. sich gar damit abgefunden hätte, konnte nicht festgestellt werden.

Ebensowenig konnte festgestellt werden, dass der Beschuldigte bei Abgabe der Einkommensteuererklärungen für 2015 bis 2017 derart ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig gehandelt hätte, sodass der Eintritt einer Abgabenverkürzung als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar gewesen wäre.

Vielmehr vertraute er auf die diesbezüglichen Auskünfte und Ratschläge seines mittlerweile verstorbenen Steuerberaters Dr. ***5***, den er zwecks der steuerrechtlichen Behandlung der durch die Betriebsprüfung später monierten abgabenrechtlichen Probleme konsultierte, woraufhin auf Basis dieser Beratung die Einkommensteuererklärungen für 2015 bis 2017 eingebracht wurden.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich zum Einen auf die Feststellungen der Betriebsprüfung im Bericht vom , zum Anderen, insbesondere, was die abgabenrechtliche Behandlung nach der eingeholten Beratung durch den Steuerberater Dr. ***5*** (statt ***6***) betrifft, auf die unbedenklichen und durchwegs glaubhaft vorgebrachten Angaben des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung vom .

Der Beschuldigte brachte am eine Rechtfertigung zu dem angelasteten Sachverhalt ein, in der er im Wesentlichen folgendes vorbringt:

In Bezug auf die Ausbildungskosten des Sohnes ***7*** wurde angeführt, dass eine Ausbildungsvereinbarung zwischen dem Beschuldigten und ***7*** aufgesetzt wurde. Darin geregelt wurden beispielsweise die voraussichtlich zu zahlenden Ausbildungskosten und eine Einkommensbeteiligung am zukünftigen Einkommen von ***7***. Voraussichtliche Mindeststudiendauer laut Vertrag sind 6 Jahre, wobei mit jährlichen Kosten von ca. € 30.000,- gerechnet wird. In Summe würden daher mindestens € 180.000,- an Ausbildungskosten anfallen.

Demgegenüber wurde vereinbart, dass ***7*** nach Studienabschluss und mit Beginn der Tätigkeit als Zahnarzt monatliche Zahlungen von mindestens € 2.000,- zu leisten habe. Vertraglich wurde jedoch verankert, dass die Zahlungen maximal 5 Jahre geleistet werden sollen, bzw. bis zum Ausscheiden des Beschuldigten aus der Ordination in der Adresse1.

Werbe-, und Repräsentationsaufwendungen der Tz 6 seien unter Verweis auf ein "Youtube Video" einer Weihnachtsmatinee sehr wohl Werbeaufwand und daher als 100% Betriebsausgabe anzusehen. Verwiesen wurde hierbei auf die Rz 4819 der Einkommensteuerrichtlinien.

In der mündlichen Verhandlung ergänzte er glaubhaft, dass die inkriminierten Steuererklärungen mit seinem Steuerberater abgesprochen gewesen seien und ihm dieser, insbesondere was die Ausbildungskosten betrifft, zur gewählten Vorgangsweise geraten habe.

Dazu hat der Spruchsenat erwogen:

Nach § 33 Abs 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige- Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Nach § 33 Abs 3 lit a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Nach § 8 Abs 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Fahrlässig i.S.d. § 8 Abs 2 FinStrG handelt, wer die Sorgfalt außer acht läßt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, daß er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht. Fahrlässig handelt auch, wer es für möglich hält, daß er einen solchen Sachverhalt verwirkliche, ihn aber nicht herbeiführen will.

Grob fahrlässig handelt: gemäß § 8 Abs 3 FinStrG, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Zur subjektiven Tatseite ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges einen Akt der Beweiswürdigung darstellt ().

Ein vorsätzliches Handeln des Beschuldigten war nach den Feststellungen demgemäß nicht erweislich.

Zum Weiteren, nämlich zum allfälligen Vorliegen einer groben Fahrlässigkeit nach § 8 Abs 3 FinStrG und damit einer möglichen Bestrafung nach § 34 Abs 3 FinStrG, sei auf das Erkenntnis des verwiesen:

Demgemäß ist nach § 8 Abs. 3 FinStrG dafür der Nachweis einer ungewöhnlichen, auffallenden Sorglosigkeit erforderlich, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhalts als geradezu wahrscheinlich hervorsehbar war. Die mit schwerem Verschulden gleichzusetzende grobe Fahrlässigkeit erfordert, dass ein objektiv besonders schwerer Sorgfaltsverstoß auch subjektiv schwerstens vorzuwerfen ist. Schweres Verschulden liegt demnach nicht vor, wenn bloß das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit überschritten wird. Das Verhalten des Täters muss vielmehr eine das durchschnittliche Maß einer Fahrlässigkeit beträchtlich übersteigende Sorglosigkeit erkennen lassen (vgl. zur Bestimmung des § 34 Abs. 3 FinStrG vor Inkrafttretens des Steuerreformgesetzes 2015/2016).

Grobe Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn der Schaden als wahrscheinlich vorhersehbar war, wenn das Versehen mit Rücksicht auf seine Schwere oder Häufigkeit nur bei besonderer Nachlässigkeit und nur bei besonders nachlässigen oder leichtsinnigen Menschen vorkommt sowie nach den Umständen die Vermutung des "bösen Vorsatzes" naheliegt. Dabei ist auch das Element der schweren subjektiven Vorwerfbarkeit einzubeziehen: Zum Umstand, dass ein Verstoß objektiv ohne Zweifel als besonders schwer anzusehen ist, muss hinzutreten, dass er auch subjektiv schwerstens vorwerfbar ist. Bei der Beurteilung des Vorliegens grober Fahrlässigkeit sind stets die Umstände des Einzelfalles heranzuziehen (Hinweis Beschlüsse des Obersten Gerichtshofes vom , 10 Ob 41/13x, und vom , 10 Ob 61/08f; ).

Bedient sich ein Steuerpflichtiger zur Besorgung seiner steuerlichen Angelegenheiten dritter Personen, ist er gehalten, bei der Auswahl dieser Personen sorgsam vorzugehen und sie auch entsprechend zu beaufsichtigen. Das Ausmaß der notwendigen Überwachung wird durch den Grad der Zuverlässigkeit und die Fachkunde des Erfüllungsgehilfen bestimmt. Weiters trifft den Abgabepflichtigen - ungeachtet einer beruflichen Beanspruchung - die Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Information der mit den abgabenrechtlichen Agenden betrauten Person (). Die im Falle der Übertragung von Obliegenheiten bestehende Verpflichtung des Vollmachtgebers zur inhaltlichen Kontrolle zur Durchführung des ihm erteilten Auftrages findet im Regelfall dort ihre Grenzen, wo sich der Normadressat eines berufsmäßigen Parteienvertreters bedient und diesen mit der Durchführung der vom Gesetz gebotenen Rechtshandlungen beauftragt.

Der Betrauung solcherart befugter Personen hat im vorliegenden Fall zweifelsfrei und unwiderlegt stattgefunden. Das gegenständliche Finanzstrafverfahren hat auch keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschuldigte seiner Verpflichtung, den von ihm beauftragten steuerlichen Vertreter vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren, unvollständig bzw. mangelhaft nachgekommen wäre.

Es war daher nach den Feststellungen mangels subjektiver Tatseite gemäß § 136 FinStrG mit einer Einstellung des Finanzstrafverfahrens vorzugehen."

In der dagegen fristgerecht vom Amtsbeauftragten ***1*** eingebrachten Beschwerde vom wird wie folgt ausgeführt:

"Mit Erkenntnis des Spruchsenates wurde das Finanzstrafverfahren gegen den Beschuldigten wegen dem Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG eingestellt.

Der Entscheidung des Spruchsenats, dass die subjektive Tatseite des bedingten Vorsatzes durch den Beschuldigten nicht erfüllt sei, kann durch die Finanzstrafbehörde nicht nachvollzogen werden.

Dass ein bedingter Vorsatz nicht vorliege, begründet der Spruchsenat in seinem Erkenntnis damit, dass der Beschuldigte steuerlich vertreten und beraten wurde und sich daher auf die Ausführungen seiner Vertretung verlassen hätte. Außerdem hätte es im finanzstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren keinerlei Anhaltspunkte gegeben, dass der Beschuldigte seiner Verpflichtung, den von ihm beauftragten steuerlichen Vertreter vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren, unvollständig bzw. mangelhaft nachgekommen wäre.

Die Verantwortung des Beschuldigten, dass die Sachverhalte auf Anraten seines Steuerberaters so umgesetzt wurden, erfolgte erstmalig in der Verhandlung vor dem Spruchsenat. Weder während der Betriebsprüfung noch in der Stellungnahme zur Einleitung des Finanzstrafverfahrens vom wurde dieser Umstand erwähnt. Alle bis zur Spruchsenatsverhandlung vorgelegten Unterlagen haben darauf geschlossen, dass die finanzstrafrechtlich relevanten Sachverhalte vom Beschuldigten veranlasst wurden.

Die im Finanzstrafverfahren angelasteten Sachverhalte sind nicht anerkannte Aufwendungen gem. § 20 EStG, Betriebs- und Geschäftsausstattung, die der privaten Sphäre des Beschuldigten zuzurechnen sind, und Werbe- und Repräsentationsaufwand der im Zuge der Betriebsprüfung um 50% gekürzt wurde.

Bei den nicht abzugsfähigen Aufwendungen und Betriebs- und Geschäftsausstattung handelt es sich im Wesentlichen um Rechnungen und Wirtschaftsgüter, die der privaten Lebensführung des Beschuldigten zuzurechnen sind. Dies deshalb, weil auf Rechnungen als Liefer- /Rechnungsadresse die Privatadresse des Beschuldigten angeführt wurde, Wirtschaftsgüter von der Betriebsprüfung im Rahmen einer Betriebsbesichtigung nicht gezeigt werden konnten oder aufgrund der Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Wirtschaftsgüter dem privaten Bereich zuzurechnen sind. Festzuhalten ist, dass die Feststellungen der Abgabenbehörde unbekämpft akzeptiert wurden. Aus Sicht der Finanzstrafbehörde ist es eindeutig, dass der Beschuldigte durch Aufnahme dieser Kosten als Betriebsausgaben eine Abgabenverkürzung für ernstlich möglich hielt und sich damit abfand.

Im Jahr 2017 wurden durch den Beschuldigten € 26.000,- als Ausbildungskosten für ein Zahnmedizinstudium seines Sohnes geltend gemacht. Diese Feststellung wurde im Abgabenverfahren ebenfalls unbekämpft akzeptiert. Im Finanzstrafverfahren wurde hierzu ein Ausbildungsvertrag vorgelegt, der aus Sicht der Finanzstrafbehörde einem Fremdvergleich nicht standhält. Die Rückzahlungsmodalitäten wurden unzureichend angeführt und der Abschluss eines solchen Vertrags würde, bei lebensnaher Betrachtung und außerhalb des familiären Umfelds niemals zustande kommen. In Anbetracht der Tatsache, dass der Beschuldigte den Vertrag selbst unterschrieben hat und den Inhalt dadurch mit Sicherheit kennt, ist davon auszugehen, dass er es zumindest ernstlich für möglich hielt, durch die Aufnahme der Kosten eine Abgabenverkürzung herbeizuführen.

Die Betriebsprüfung kürzte die bisher zu 100% als Werbeaufwand geltend gemachten Kosten, für durch den Beschuldigten organisierte Veranstaltungen, um 50% und erfasste diese Ausgaben als Repräsentationsausgaben gem. § 20 (1) Z3 EStG. Die Feststellung wurde im Abgabenverfahren ebenfalls unbekämpft akzeptiert. Aus Sicht der Finanzstrafbehörde ist keine Werbeleistung feststellbar und für einen Außenstehenden Dritten auch kein unmittelbarer Zusammenhang zu dem Betrieb des Beschuldigten erkennbar. Das in der Stellungnahme zum Finanzstrafverfahren des Beschuldigten angeführte Video ist aus Sicht der Finanzstrafbehörde nicht dazu geeignet den Aufwand als Werbeaufwand einzuordnen. Aufgrund der Verantwortung des Beschuldigten vor dem Spruchsenat besteht die Möglichkeit, dass diese Feststellung auf eine falsche Beurteilung der damaligen steuerlichen Vertretung zurückzuführen sein. Dass es sich bei den Veranstaltungen jedoch nicht um Werbeleistungen/Werbeveranstaltungen handelt ist auch dem Beschuldigten bekannt, vielmehr ist hier von einem geselligen Beisammensein mit Patienten auszugehen, bei dem es auch der Beschuldigte ernsthaft für möglich hielt, dass er durch die Aufnahme der gesamten Kosten der Veranstaltung eine Abgabenverkürzung herbeiführt.

Nachfolgend eine Übersicht der angelasteten Feststellungen (It. Tz der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) und deren steuerliche Auswirkung:

Der strafbestimmende Wertbetrag hinsichtlich der Einkommensteuer ergibt sich:


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Tz 3
nicht abzugsfähige Aufwendungen
2015
2016
2017
A
private Ausbildungskosten Sohn
€ 26.000,00
B
private Telefonspesen
€ 2.304,42
€ 2.019,47
€ 2.005,81
C
private Literatur
€ 1.555,79
€ 777,12
€ 1.483,02
D
sonstige Aufwendungen
€ 1.334,00
€ 1.784,50
E
private Reparatur und Instandhaltungen
€ 7.623,20
€ 18.005,27
€ 4.248,00
F
Allianz KFZ-Versicherung privat
€ 1.083,76
G
private Re Adresse2
€ 1.558,71
€ 3.875,76
H
Büromaterial privat
€ 2.500,00
I
GWG privat
€ 2.707,59
€ 1.451,20
€ 1.921,04
Tz 5
Betriebs- und Geschäftsausstattung
A
Bild James Dean
€ 459,36
€ 918,72
€ 918,72
B
Koffer privat
€ 102,25
€ 204,50
C
Lampen
€ 168,00
Tz 6
Werbe und Repräsentationsaufwand
Kürzung 50% daher Gewinnerhöhung
€ 2.758,20
€ 8.400,00
€ 4.200,00
ergibt in Summe an Zurechnungen
€ 18.742,56
€ 37.517,24
€ 46.108,61

Die oben ermittelten Zurechnungen ergeben anhand der Erstbescheiddaten der einzelnen Veranlagungsjahre:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte/Einkommen
2015
2016
2017
lt Erstbescheid ohne Gewinnfreibetrag
€ 150.890,76
€ 171.554,21
€ 344.057,06
+ Zurechnungen
€ 18.742,56
€ 37.517,24
€ 46.108,61
ergibt §22 EStG EK nach Zurechnungen
€ 169.633,32
€ 209.071,45
€ 390.165,67
abzüglich Gewinnfreibetrag
€ 22.052,33
€ 15.837,44
€ 37.758,67
+ Einkünfte § 28 V+V
€ 4.718,12
€ 13.093,87
-€ 4.047,52
ergibt Einkommen nach Zurechnung
€ 152.239,11
€ 206.267,88
€ 348.299,48
§33 (1) EStG ergibt Einkommensteuer
€ 66.354,56
€ 91.013,94
€ 162.029,74
- ESt lt Erstbescheid
€ 58.917,00
€ 72.257,00
€ 140.338,00
Abgabennachforderung (stbWB)
€ 7.437,00
€ 18.756,00
€ 21.691,00
stbWB gesamt daher
€ 47.884,00

Bei der Berechnung des strafbestimmenden Wertbetrags wurden der Gewinnfreibetrag und das Sonderausgabenpauschale, anhand des BP-Ergebnisses bzw. der Erstbescheiddaten berücksichtigt.

Aufgrund der im Spruchsenatsverfahren erfolgten Verantwortung des Beschuldigten wird beantragt, die im Tatzeitraum verantwortliche steuerliche Vertretung als Zeugen zu hören. (Steuerberatung-alt). Eine Entbindung der Verschwiegenheitsverpflichtung ist seitens des Beschuldigten noch nicht erfolgt.

Es wird daher beantragt den Beschuldigten in einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht tat- und schuldangemessen zu bestrafen."

Laut Bericht über die Außenprüfung vom zu Steuernummer: ***9*** nahmen Mag. ***8*** und Mag. ***10*** an der Schlussbesprechung teil.

Mit Schreiben der aktuellen steuerlichen Vertretung wurden Mag. ***8*** und Mag. ***10*** von der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden.

In Beantwortung einer Aufforderung des BFG zur schriftlichen Zeugenaussage wurde von der steuerlichen Vertretung am wie folgt Stellung genommen:

"Mag. Dr. A. ***5***, Gründer und Gesellschafter-Geschäftsführer der WT Steuerberatung-alt, ist 2019 plötzlich und unerwartet verstorben. Mag. ***8*** übernahm anschließend als Schwager des Verstorbenen die Geschäftsführung.

Die Steuererklärungen für die Jahre 2015 bis 2017 waren zum Zeitpunkt des Ablebens bereits eingereicht. Die steuerliche Beratung und Beurteilung gewisser Sachverhalte wurde erfahrungsgemäß stets vom Steuerberater Mag. Dr. A. ***5*** durchgeführt. Die Betriebsprüfung wurde anschließend von Mag. ***8*** sowie Mag. ***10*** abgehalten. Naturgemäß können daher keine Aussagen darüber getroffen werden, welche Inhalte zwischen ***Bf1*** und Mag. Dr. A. ***5*** im Detail genau besprochen wurden."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG ist eine Abgabenverkürzung nach Abs. 1 oder 2 bewirkt mit Bekanntgabe des Bescheides, mit dem bescheidmäßig festzusetzende Abgaben zu niedrig festgesetzt wurden oder wenn diese infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.

Gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG macht sich der grob fahrlässigen Abgabenverkürzung schuldig, wer die im § 33 Abs. 1 bezeichnete Tat grob fahrlässig begeht. § 33 Abs. 3 gilt entsprechend.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, daß der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 8 Abs. 3 FinStrG handelt grob fahrlässig, wer ungewöhnlich und auffallend sorgfaltswidrig handelt, sodass der Eintritt eines dem gesetzlichen Tatbild entsprechenden Sachverhaltes als geradezu wahrscheinlich vorhersehbar war.

Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

§ 161 Abs. 3 FinStrG: Eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten ist nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

§ 20 EStG 1988: Nichtabzugsfähige Aufwendungen und Ausgaben

(1) Bei den einzelnen Einkünften dürfen nicht abgezogen werden:

1. Die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge.

2. a) Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

b) Betrieblich oder beruflich veranlaßte Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, und zwar insoweit, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind. Dies gilt für Aufwendungen im Zusammenhang mit Personen- und Kombinationskraftwagen, Personenluftfahrzeugen, Sport- und Luxusbooten, Jagden, geknüpften Teppichen, Tapisserien und Antiquitäten.

Objektive Tatseite:

Laut BP-Bericht ergeben sich folgende Feststellungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Tz 3
nicht abzugsfähige Aufwendungen
2015
2016
2017
a
private Ausbildungskosten Sohn
€ 26.000,00
b
private Telefonspesen
€ 2.304,42
€ 2.019,47
€ 2.005,81
c
private Literatur
€ 1.555,79
€ 777,12
€ 1.483,02
d
sonstige Aufwendungen
€ 1.334,00
€ 1.784,50
e
private Reparatur und Instandhaltungen
€ 7.623,20
€ 18.005,27
€ 4.248,00
f
Allianz KFZ-Versicherung privat
€ 1.083,76
g
private Re Adresse2
€ 1.558,71
€ 3.875,76
h
Büromaterial privat
€ 2.500,00
i
GWG privat
€ 2.707,59
€ 1.451,20
€ 1.921,04
Tz 5
Betriebs- und Geschäftsausstattung
a
Bild James Dean
€ 459,36
€ 918,72
€ 918,72
b
Koffer privat
€ 102,25
€ 204,50
c
Lampen
€ 168,00
Tz 6
Werbe und Repräsentationsaufwand
g
Kürzung 50% daher Gewinnerhöhung
€ 2.758,20
€ 8.400,00
€ 4.200,00
ergibt in Summe an Zurechnungen
€ 18.742,56
€ 37.517,24
€ 46.108,61
Einkünfte/Einkommen
2015
2016
2017
lt Erstbescheid ohne Gewinnfreibetrag
€ 150.890,76
€ 171.554,21
€ 344.057,06
+ Zurechnungen
€ 18.742,56
€ 37.517,24
€ 46.108,61
ergibt §22 EStG EK nach Zurechnungen
€ 169.633,32
€ 209.071,45
€ 390.165,67
abzüglich Gewinnfreibetrag
€ 22.052,33
€ 15.837,44
€ 37.758,67
+ Einkünfte § 28 V+V
€ 4.718,12
€ 13.093,87
-€ 4.047,52
ergibt Einkommen nach Zurechnung
€ 152.239,11
€ 206.267,88
€ 348.299,48
§33 (1) EStG ergibt Einkommensteuer
€ 66.354,56
€ 91.013,94
€ 162.029,74
- ESt lt Erstbescheid
€ 58.917,00
€ 72.257,00
€ 140.338,00
Abgabennachforderung (stbWB)
€ 7.437,00
€ 18.756,00
€ 21.691,00
stbWB gesamt daher
€ 47.884,00

In der mündlichen Verhandlung führte der Beschuldigte und/oder sein Verteidiger dazu aus:

"Ich habe diesen Ausbildungsvertrag als "Druckmittel" für meinen Sohn gedacht. Der damalige Steuerberater Dr. ***5*** hat mir erklärt, dass die Studiengebühren in Deutschland nicht absetzbar sind, dafür aber der Ausbildungsvertrag als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann, da der Sohn als Nachfolger vorgesehen ist. Die Idee zur Verfassung dieses Ausbildungsvertrages laut Tz 3 lit.a des BP-Berichtes stammte von Dr. ***5***.

Alle Rechnungen, die über das Ordinationskonto bezahlt wurden, sind an den Steuerberater gegangen. Wenn sich darunter private Rechnungen befunden haben, wurde ein Vermerk privat angebracht, um sicher zu gehen, dass hier keine Betriebsausgabe lukriert wird.

Ich habe sehr viele Rechnungen durchzusehen, ich schaue nicht jede Rechnung an. Ich unterschreibe nur jeden Erlagschein. Dr. ***5*** hätte eigentlich wissen müssen, wenn Adresse2 angeführt ist, dass das privat ist. Es war mit Dr. ***5*** prinzipiell ausgemacht, wenn Adresse2 angeführt ist, ist das privat. Ein eigener Vermerk wurde von mir unter Umständen nicht angebracht, weil ich es übersehen habe. Der Steuerberater hatte den Auftrag alle Adresse2 Rechnungen auf privat zu buchen.

Wenn Rechnungen von Firmen an die Firmenadresse adressiert werden, obwohl es sich um private Angelegenheiten handelt, ist es natürlich falsch, aber das geht an die Buchhaltung, damit habe ich nichts zu tun.

Die Rechnungen wurden unter anderem von meiner Frau gesammelt und monatlich an den Steuerberater weitergegeben. Damit habe ich nichts mehr zu tun gehabt. Eigentlich wurden private Rechnungen aussortiert, wenn das nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, habe ich das nicht mitbekommen."

"AB: Warum lassen Sie sich private Rechnungen an die Firmenadresse ausstellen?

Besch.: Das lasse ich ja so nicht, für die Leute bin ich Adresse1.

Vert. ergänzt, wenn die Rechnungen nach Adresse2 gesendet würden, bestünde die Gefahr, dass sie nicht rechtzeitig bezahlt werden.

Zu Telefonkosten: Der Betriebstarif wird mit mehreren Telefonnummern an der Adresse Adresse1 abgerechnet, dorthin kommen auch alle Rechnungen.

Vert. ergänzt, dass die Ehefrau als Angestellte ein Anrecht auf ein betriebliches Telefon hätte, weil sie die Terminverwaltung führt, daher als betrieblicher Aufwand zu betrachten ist. Damit sind die Gespräche innerhalb des Betriebes kostenfrei.

AB: Gibt es eine (weitere) private Telefonnummer der Gattin?

Besch.: Nein.

Vert.: Bei der GPLA-Prüfung wurde dieser Sachverhalt akzeptiert. Dort wäre der Ort gewesen, wo man das beanstanden hätte können.

AB: Die Telefonkosten beinhalten auch TV. und die Adresse Adresse3?

Besch.: Das habe ich nicht mitbekommen.

Vert.: Zu den Ausbildungskosten wird ausgeführt: der Sohn ist bei ihm beschäftigt. Ist ebenfalls in einem anerkannten Dienstverhältnis, welches von der GPLA über alle Jahre anstandslos so akzeptiert wurde.

Vorsitzender: Vorhalt Dienstzettel vom : wer in Stadt-D studiert, kommt nicht jeden Dienstagnachmittag nach Wien zum Arbeiten?

Besch.: Mein Sohn war immer mehrere Tage am Stück während des Studiums in Wien und hat da Röntgenbilder bzw. Tätigkeit laut Dienstzettel verrichtet. Eine wöchentliche Anreise ist nicht erfolgt. Mein Ziel war ja, dass er Erfahrung sammelt und meine Praxis übernimmt. Meine Überlegungen, dass am Dienstag jeweils ein Zahntechniker anwesend gewesen wäre, war leider so nicht umsetzbar. Die Handschrift am Dienstzettel, das ist meine Handschrift.

AB: War die Zusage in Deutschland so überraschend?

Besch.: Ja. Ich habe immer noch gedacht, dass er einen Studienplatz in Österreich erhält, daher habe ich den Vertrag mit abgeschlossen.

Vert.: Die Argumentation der BP zu den Ausbildungskosten des Sohnes geht am Thema vorbei (Problem außergewöhnliche Belastung etc.). Die Folgen wurden ebenfalls nicht bedacht.

Vorhalt Tz 3 lit. e: private Reparatur und Instandhaltung:

Besch.: Ich verweise auf das oben Gesagte zu Thema Adresse2, der Steuerberater hätte aufgrund der Adresse Adresse2 erkennen müssen, dass es sich um private Rechnungen handelt., so wäre es mit ihm vereinbart gewesen.

Tz 6:

Für mich bzw. für die Ordination ist die Veranstaltung insofern lebenswichtig, als mir die Zahnärztekammer zum Gebrurtstag öffentlich gratulierte. Für mich war die Überlegung, für meine Patienten eine Info zu geben, "es gibt mich noch" und meine Finger sind noch sehr beweglich (Klavier spielen). Daher habe ich ca. 2.000 Patienten angeschrieben und bei dieser Veranstaltung auch meinen Sohn vorgestellt, der als Nachfolger damals gedacht war, mit der Idee, der Laden läuft weiter.

Der Effekt war, dass die Patienten immer wieder auch Bekannte mitgebracht haben, die eventuell auch meine Dienste in Anspruch hätten nehmen wollen. Entsprechender Werbeerfolg ist durch das Anwachsen der Patientenzahl im Jänner des Folgejahres nachgewiesen.

AB: Nach welchen Kriterien wurden die Patienten angeschrieben?

Besch.: Alle die ein Implantat erhalten haben.

AB: Es sind immer wieder dieselben Namen auf der Liste.

Besch: Es kommen immer wieder neue dazu.

Vert.: Der Betriebsprüfer hat die zweiten 50 % ausgeschieden, damit zu 100 % ausgeschieden.

AB: das geht aus dem BP-Bericht nicht hervor.

Vert.: Es sind 100 % ausgeschieden worden.

Vorhalt Tz 3: Private KFZ:

Vert.: Kann passiert sein, kein Vorsatz kann derzeit nicht geklärt werden.

Private Rechnungen Adresse2:

Besch: Dezidiert Adresse2 ist privat, das hätte der Steuerberater wissen müssen.

Büromaterial privat:

Besch.: Ich habe mir von Faber Castell einen großen Kasten mit Malstiften liefern lassen, den habe ich in der Ordination im Wartezimmer für die Patienten hingestellt als Attraktion, mir hat das sehr gut gefallen.

Zu GWG:

Die Bücher habe ich im Wartezimmer stehen, die Patienten wollen dort nichts über Zähne lesen und schauen sich lieber Autobücher an.

Zu Tz 5a:

Vert.: Das Bild ist im Anlageverzeichnis ausgewiesen, wird ordnungsgemäß abgesetzt und war jederzeit für die Finanzverwaltung erkennbar.

Ich habe den Prüfer nicht verstanden, da er die Sachen, die er streichen wollte, in der Ordination bzw. im Wartezimmer gesehen hat. Ich habe sie nicht hindrapiert dass sie der Betriebsprüfer sieht.

Besch.: Bei der Behandlung kommen die Patienten in Begleitung, das heißt, eine Person sitzt dann 2 Stunden im Wartezimmer (die wollen auch unterhalten werden).

AB: Vorhalt Beratungshonorar ***11***?

Besch.: Der Ausbildungsvertrag war die Idee von Dr. ***5*** und er hat den Vertrag so formuliert. Die Beratung durch meinen anderen Sohn ***11*** zielte darauf, ob ich mit der Ordination weitermachen soll oder verkaufen. Ich wusste gar nicht, dass man einen Ausbildungsvertrag machen soll.

AB: Zu Tz 3 a: Der Steuerberater ist in der Zwischenzeit verstorben, somit ist nicht mehr nachvollziehbar wer tatsächlich die Idee für den Ausbildungsvertrag hatte. Ausbildungskosten für Kinder sind nicht absetzbar, zudem wäre zu prüfen, ob der Vertrag hinsichtlich der Rückzahlungsvereinbarung eingehalten wird. Zu den privaten Rechnungen ist auffällig, dass sie grundsätzlich an den Steuerberater mit der Adresse Adresse2 weitergeleitet wurden, die jedoch aber privat waren."

Objektiv ist festzuhalten, dass gemäß § 119 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) Abgabepflichtige (hier: der Beschuldigte) die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen haben. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen, weshalb es naturgegebenermaßen auch verboten ist, Aufwendungen oder Ausgaben einfach zu erfinden und allenfalls auch mit gesammelten, anderen Personen zugehörigen Rechnungen zu belegen.

Zu dieser abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht gehört auch die Verpflichtung, nur solche Aufwendungen gewinnmindernd als Betriebsausgaben zu deklarieren, denen diese Eigenschaft auch in steuerrechtlicher Hinsicht zukommt; so sind beispielsweise nicht abzugsfähig gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge (z.B. für Bekleidung, Ernährung, ärztliche Versorgung, Körper- und Gesundheitspflege, Urlaub; Details mit Judikaturzitaten siehe bspw. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 20, II. Abzugsverbote gem Abs 1 Rz 3 ff), gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (bspw. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 20, II. Abzugsverbote gem Abs 1 Rz 11 ff), gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit c EStG 1988 Reisekosten, soweit sie nach § 4 Abs. 5 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind (weil sie bestimmte Sätze übersteigen), sowie gemäß § 20 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 Repräsentationsaufwendungen oder Repräsentationsausgaben (z.B. gesellige Zusammenkünfte aller Art, Bewirtung und Geschenke an Kunden aus bestimmten Anlässen, Einladungen, kleinere Sachgeschenke wie Wein, Bonbonnieren, Aufwendungen für Restaurants, Feinkostläden, Wäschemoden, Spenden, z.B. für Faschingsabende; Details mit Judikaturzitaten siehe bspw. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 20, II. Abzugsverbote Rz 63ff). Darunter fallen auch Aufwendungen oder Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden (in diesem Sinne bereits ab ), außer der Steuerpflichtige weist nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt (so ab ), wobei letztendlich ab ein möglicher Abzug der Hälfte verblieben ist) (Details mit Judikaturzitaten siehe wiederum bspw. Peyerl in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 20, II. Abzugsverbote Rz 68 ff).

Aufwendungen für Fachliteratur sind dann abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen (Hinweis ). Wesentlich ist, dass die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, sohin ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen (Hinweis ; ).

Als Fachliteratur wurden beispielsweise geltend gemacht:

Re : Das große Buch der Garten- und Landschaftsgehölze € 79,50
Re : Sortimentskatalog € 15,00
Re : Die großen Herrscher des Hauses Habsburg
Re : Galerie Belvedere Katalog Winterpalais etc. € 92,10
Re Albertina Die Naschmarktmorde, Egon Schiele Tod und Mädchen, Fast ein ganzes
Jahr € 109,00
Morawa Maria Theresia, The Complete Spot Paintings € 242,90
Re : Motorbuchversand: Mercedes Benz 300 SL € 105,50
Re : Israel Palestina, Israel für das Beste, Milano € 51,79

Als geringwertige Wirtschaftsgüter wurden für eine Implantationspraxis geltend gemacht:

[...]

Die gesamte Handlungsweise des Beschuldigten lässt für jeden objektiven Betrachter erkennen, dass scheinbar ohne Rücksicht auf betriebliche Veranlassung auch private Rechnungen an den Steuerberater weitergeleitet wurden, die über das Ordinationskonto bezahlt wurden und in der Folge vom damaligen Steuerberater als betrieblich veranlasst als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, obwohl diversen Rechnungen diese Eigenschaft bei weitem nicht zukommt. Normaler Weise werden private Rechnungen schon gar nicht über das betriebliche Bankkonto bezahlt und schon gar nicht an den Steuerberater zur Aufnahme in das betriebliche Rechenwerk übermittelt. Doch wurden die hier verfahrensrelevanten privaten Rechnungen nicht vom Beschuldigten selbst, sondern seiner Ehefrau gesammelt an den Steuerberater weitergegeben.

Dass hier diverse Rechnungen mit eindeutig privatem Hintergrund über das Ordinationskonto bezahlt wurden, ist evident, sodass eindeutig entsprechende Abgabenverkürzungen an Einkommensteuer der Jahre 2015 bis 2017 vorliegen.

Eine genaue Berechnung der strafbestimmenden Wertbeträge erübrigt sich angesichts der Ausführungen zur subjektiven Tatseite.

Subjektive Tatseite:

Zur subjektiven Tatseite ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Vorsatz eine zielgerichtete subjektive Einstellung des Täters bedeutet, auf deren Vorhandensein oder Nichtvorhandensein nur nach seinem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten unter Würdigung aller sonstigen Sachverhaltselemente geschlossen werden kann ().

Der sogenannte bedingte Vorsatz (dolus eventualis), der eine Untergrenze des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, d.h. als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist ().

Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar ().

Wenn private Rechnungen (ausnahmsweise) an einen Steuerberater weitergeleitet werden, beinhalten sie normalerwiese "selbstverständlich" einen Hinweis wie "privat" oder "nicht betrieblich", um gerade die betriebliche Berücksichtigung von privaten Rechnungen hintanzuhalten. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier so viel wie möglich auch an privaten Rechnungen als betrieblich veranlasst geltend gemacht werden sollten, um möglichst viel an Betriebsausgaben zu lukrieren, obwohl das nicht in diesem Ausmaß zusteht.

Deshalb darf die Frage gestattet sein, weshalb die oben auszugsweise wiedergegebenen Rechnungen überhaupt über das Ordinationskonto bezahlt werden, wenn es sich teilweise eindeutig um private Rechnungen handelt. Offensichtlich wurden vom Beschuldigten auch Rechnungen für privat gedachte Wirtschaftsgüter über das Ordinationskonto bezahlt und dem Beschuldigten musste schon beim Unterschreiben der Erlagscheine bewusst sein, dass es sich nicht um betriebliche Aufwendungen handelte.

Dennoch hat er so gehandelt, als ob es keinerlei Trennung zwischen Betriebsausgaben und privaten Aufwendungen geben würde. Dieses Verhalten lässt in seinem Kernbereich keinen anderen Schluss zu als dass der Beschuldigte mit dem Ziel gehandelt hat, durch die Geltendmachung steuerlich nicht absetzbarer Ausgaben bzw. Aufwendungen eine rechtswidrige Abgabenvermeidung im Höchstausmaß zu erzielen.

Grundsätzlich ist ein Abgabepflichtiger für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Vorschriften verantwortlich. Wenn er für private Anschaffungen lautend Eingangsrechnungen (siehe BP-Bericht) dem Steuerberater übergibt, ohne ihn darüber zu informieren, dass diesen Rechnungen private Einkäufe zu Grunde liegen, setzt er damit eine Handlung, die zur unrechtmäßigen Geltendmachung von Betriebsausgaben führt, zumal der Steuerberater die private Veranlassung solcher Geschäfte nicht erkennen kann (vgl. ).

Werden Privatausgaben als Betriebsausgaben abgesetzt, obwohl die private Veranlassung bekannt ist, so indiziert dies ein vorsätzliches Verhalten, es sei denn, es ergeben sich konkrete Anhaltspunkte dagegen (; ).

Werden vom Beschuldigten Aufwendungen, bei denen es sich um typische Aufwendungen der Lebensführung (zB Stromkosten für die Privatwohnung, Kauf von Lebensmitteln, Aufwendungen für einen privaten Personenkraftwagen) handelt, als Betriebsausgaben abgesetzt, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschuldigte als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt ().

Insoweit bestehen allein aus der Vorgangsweise des Beschuldigten keine Zweifel an einer vorsätzlichen Handlungsweise.

Allerdings wurde sowohl vom Beschuldigten als auch vom Verteidiger der ehemalige, zwischenzeitig verstorbene Steuerberater als eigentlich Verantwortlicher der Geltendmachung von privaten Rechnungen als Betriebsausgaben präsentiert: Laut Aussage des Beschuldigten war mit dem damaligen Steuerberater vereinbart, dass alle Rechnungen mit Bezug Adresse2 als privat vom Steuerberater nicht in die betriebliche Buchhaltung aufzunehmen sind. Auch der Ausbildungsvertrag sei die Idee des verstorbenen Steuerberaters gewesen, ebenso die Geltendmachung der Repräsentationsaufwendungen.

Das Bundesfinanzgericht hat im Vorfeld der mündlichen Verhandlung versucht, vom damals zuständigen Steuerberater entsprechende Aussagen zu erhalten, wer wann welche Vorschläge zur "Abgabenvermeidung" gemacht hat. Festzustellen ist, dass laut Mitteilung der aktuellen steuerlichen Vertretung der Beschuldigte seinerzeit von Herrn Mag. Dr. ***5*** steuerlich vertreten wurde. Herr Mag. Dr. ***5*** ist jedoch am unerwartet verstorben.

Es ist daher speziell zur Frage, wer die Idee für die Ausgestaltung des Ausbildungsvertrages für den Sohn in dieser Form hatte bzw. ob das Thema Repräsentationsaufwendungen entsprechend besprochen wurde, ob und in welcher Form der damalige Steuerberater von sich aus (allein aufgrund der Verbindung zu Adresse2) private Rechnungen als solche ausscheiden hätte sollen, aufgrund des Todes des damaligen Steuerberaters (andere Mitarbeiter der Steuerberatungsgesellschaft sollen nicht zuständig gewesen sein) keine weitere Information zu gewinnen.

Allein die Tatsache, dass private Rechnungen an den Steuerberater weitergeleitet werden, lässt normalerweise schon den Schluss zu, dass dies nur deshalb passiert, um hier betriebliche Aufwendungen geltend zu machen. Wessen Idee es wirklich war, ob hier allenfalls die Ehefrau des Beschuldigten auch private Rechnungen dem Ehemann zum Unterschreiben der Erlagscheine über das Ordinationskonto vorgelegt hat, der Beschuldigte aufgrund der Vielzahl der Rechnungen sich beim Unterschreiben der Erlagscheine (kein Online-Banking) keine weiteren Gedanken ob betrieblich oder privat veranlasst gemacht hat, lässt sich aus den vorliegenden Aussagen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachweisen.

Verbleiben allenfalls nach Durchführung der Beweise nach eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten, dann hat nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" die Einstellung des Verfahrens zu erfolgen (vgl. ; ).

Eine Entscheidung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" ist erst dann zu treffen, wenn eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht möglich ist (vgl. ; ).

Da eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes nicht mehr möglich ist und der Beweis, dass der Beschuldigte bewusst private Rechnungen als betrieblich an den Steuerberater weitergeleitet hat oder der verstorbene Steuerberater nur als eigentlich Verantwortlicher vorgeschoben wurde, mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit nicht geführt werden konnte, war daher im Zweifel zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass die für eine Abgabenhinterziehung oder Abgabenverkürzung erforderliche subjektive Tatseite nicht vorliegt.

Die Beschwerde das Amtsbeauftragten war daher abzuweisen. Die angefochtene Entscheidung ist damit rechtskräftig.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine ungelöste Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war für die Entscheidung nicht relevant, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300044.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at