Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.04.2023, RV/3100168/2023

Zurückweisung eines vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrages als unzulässig

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100168/2023-RS1
Auch § 272 Abs. 4 BAO (Zuständigkeit des Berichterstatters) und § 274 Abs. 3 Z 1 BAO (Absehen von einer beantragten mündlichen Verhandlung) sind in diesem Fall sinngemäß anzuwenden.
Folgerechtssätze
RV/3100168/2023-RS1
wie RV/7104480/2016-RS1
Ein Vorlageantrag setzt unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus. Wird der Vorlageantrag vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, so ist er wirkungslos (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 264 Tz 6 mit Judikaturverweisen) und wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen, wobei gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO § 260 Abs. 1 BAO sinngemäß anzuwenden ist (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 264, Seite 741 f.).

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht beschließt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, vertreten durch Walder & Braito Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., Bahnhofstraße 20, 6430 Haiming, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Steuernummer ***StNr***:

I. Der Vorlageantrag vom wird hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 als unzulässig zurückgewiesen.

Dadurch bleibt die Beschwerdevorentscheidung vom im Rechtsbestand.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Sachverhalt (Verfahrensgang)

Am brachte der Beschwerdeführer (Bf.) rechtzeitig eine Beschwerde gegen insgesamt neun Einkommensteuerbescheide des Finanzamts Österreich verschiedenen Datums betreffend die Jahre 2012 bis 2020 ein. Diese wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidungen vom (betreffend 2015 bis 2020), (betreffend 2014) und (betreffend 2012 und 2013) ab, wobei sie die angefochtenen Bescheide gleichzeitig auch durchwegs zu Ungunsten des Bf. abänderte.

Die belangte Behörde versandte die Beschwerdevorentscheidung vom hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2014 am per Post. Am selben Tag brachte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers einen Vorlageantrag hinsichtlich dieser Beschwerdevorentscheidung über FinanzOnline ein. Die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 2014 wurde jedenfalls erst nach Einbringung des Vorlageantrags zugestellt.

2. Beweiswürdigung

Es ist infolge des Postenlaufs geradezu denkunmöglich, dass die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung zum Zeitpunkt der Einbringung des Vorlageantrags bereits zugestellt war, da sie am selben Tag erst von der Behörde zur Post gegeben wurde. Zudem wird im Vorlageantrag selbst ausgeführt, dass die Beschwerdevorentscheidung hinsichtlich dem Jahr 2014 zum Zeitpunkt der Einbringung des Vorlageantrags noch nicht zugegangen war.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifellos aus dem im Akt aufliegenden Eingangsvermerk auf dem Vorlageantrag sowie dem Versandvermerk zur Beschwerdevorentscheidung im Veranlagungsakt. Aufgrund der Übereinstimmung des Akteninhalts mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Vorlageantrag konnte das Gericht den oben dargestellten Sachverhalt als erwiesen annehmen und seiner Entscheidung zugrunde legen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung)

Ein Vorlageantrag setzt nach Lehre und Rechtsprechung unabdingbar eine Beschwerdevorentscheidung voraus. Wie andere Erledigungen der Abgabenbehörde wird auch eine Beschwerdevorentscheidung erst dadurch wirksam erlassen, dass sie dem Bescheidadressaten bekanntgegeben werden. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung, worunter die physische Übergabe der Erledigung zu verstehen ist.

Nach den Feststellungen erfolgte die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung jedenfalls erst nach Einbringung des Vorlageantrags. Wird jedoch ein Vorlageantrag vor Zustellung der Beschwerdevorentscheidung gestellt, so ist er wirkungslos, da § 260 Abs. 2 BAO mangels Anführung dieser Bestimmung in § 264 Abs. 4 BAO nicht sinngemäß auf Vorlageanträge anzuwenden ist (vgl. ; , 99/15/0136). Derartige Vorlageanträge sind als unzulässig zurückzuweisen (Ritz/Koran, BAO7 § 264 Tz 6 samt zahlreichen Judikaturfundstellen).

Die Zurückweisung eines Vorlageantrages in sinngemäßer Anwendung von § 260 Abs. 1 BAO in Verbindung mit § 264 Abs 4 lit. e BAO obliegt gemäß § 272 Abs. 4 BAO auch bei Zuständigkeit des Senats zunächst dem Berichterstatter als Einzelrichter, ferner konnte aus demselben Grund gemäß § 274 Abs. 3 Z 1 BAO von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Die Entscheidung über die Beschwerden gegen die anderen angefochtenen Einkommensteuerbescheide obliegt dem Senat und erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der vorliegende Beschluss der angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 3 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100168.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at