Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.05.2023, RV/4100313/2020

Verlängerung Verjährung wegen hinterzogener Abgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Hanno Michael Stromberger, Peraustraße 29, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamtes Klagenfurt ) je vom betreffend Haftung gemäß § 82 EStG 1988 (und Festsetzung von Säumniszuschlägen) und Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen 2009 bis 2013 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 (und Festsetzung von Säumniszuschlägen) und Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Jahre 2009 bis 2012 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.

II. Die Beschwerde betreffend Haftung für Lohnsteuer gemäß § 82 EStG 1988 (und Festsetzung von Säumniszuschlägen) und Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Jahr 2013 wird hingegen als unbegründet abgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist einerseits die Frage strittig, ob die Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) Lohnsteuer (in der Folge kurz: LSt) bzw. Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (in der Folge kurz: DB) im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO hinterzogen hat und somit die längere Verjährungsfrist der leg. cit. anzuwenden ist, sowie andererseits ob sie allenfalls zur Zahlung diese Abgaben wegen der Gründung einer Betriebsstätte im Inland iSd § 81 EStG 1988 verpflichtet werden kann.

Am langte bei der belangten Behörde eine anonyme Anzeige eines "aufmerksamen Bürgers" ein, in der unter anderem die Behauptung aufgestellt wurde, dass DN für die Bf. schon jahrelang "ohne gesetzliche Versicherung und Einkommensteuer zu leisten " in Österreich gewerblich tätig sei. Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der Finanzpolizei am bestätigte DN, seit 1995 bei der Bf. als weisungsgebundener Arbeitnehmer für ein monatliches Gehalt von Euro xxxx netto in Österreich zu arbeiten. In einem Telefonat mit der belangten Behörde legte er dar, dass ihm für seine Tätigkeit ein eigenes Büro in seiner Wohnung zur Verfügung stehe, wobei die Arbeiten zu ca. 80 % von dort aus verrichtet werden.

In der Folge fand eine Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO bei DN die LSt, DB und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004-2013 statt; dabei wurde die Feststellung getroffen, dass die Einkünfte aus der nichtselbstständigen Arbeit als "Bezüge und Vorteile aus einem Dienstverhältnis" der österreichischen Besteuerung auch dann unterlägen, wenn sie über einen ausländischen Arbeitgeber abgerechnet würden; demnach seien nachfolgende Beträge einzufordern:

[...]

Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsansicht der Betriebsprüfung an und zog mit Bescheiden je datierend mit DN "als Arbeitgeber" nicht nur zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 für zu entrichtende LSt. die Jahre 2004-2013 betreffend heran, sondern setzte darüber hinaus auch diesem gegenüber die DB für denselben Zeitraum fest. Den dagegen am erhobenen Beschwerden wurde mit Beschwerdevorentscheidungen je vom Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben; meritorisch führte die belangte Behörde aus, dass einerseits der DB dem Dienstgeber gegenüber bescheidmäßig festzusetzen sei bzw. andererseits der Arbeitgeber (und nicht der Arbeitnehmer) dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der LSt. hafte.

In einem wurde die Bf. am bescheidmäßig zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 als Arbeitgeberin herangezogen und wurden ihr gegenüber auch die DB festgesetzt, wobei sämtliche Bescheide den Zeitraum 2004-2013 betrafen; als bescheiderlassende Behörde trat das Finanzamt Graz-Stadt auf. Dagegen erhob die Bf. am das Rechtsmittel der Beschwerde, dem mit Erkenntnis des (GZ RV/2101219/2017) Folge gegeben wurde. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass dem Finanzamt Graz-Stadt zwar eine Sonderzuständigkeit im Zusammenhang mit der bundesweiten Erhebung der Umsatzsteuer gemäß § 17 AVOG zugekommen sei, dies jedoch keine Generalzuständigkeit begründe. Die angefochtenen Bescheide seien - so das BFG weiter - infolge Erlassung durch die unzuständige Abgabenbehörde mit Rechtswidrigkeit belastet und deshalb aufzuheben.

Jeweils datierend mit erließ das Finanzamt Klagenfurt (die nunmehr strittigen) Haftungs-, Säumnis- und DB-Festsetzungsbescheide für die Streitjahre (erneut) der Bf. gegenüber; der Ordnung halber ist zu den Daten festzuhalten, dass am im Akt inneliegenden Festsetzungsbescheid 2013 zwar als Datum der aufscheint, was aber nur ein Irrtum sein kann: Schließlich richtet sich die Beschwerde vom auch ausdrücklich gegen diesen Bescheid. Wäre der Festsetzungsbescheid für das Jahr 2013 tatsächlich erst am erlassen worden, hätte dagegen nicht am Beschwerde erhoben werden können. Alles spricht sohin für eine auf einen Irrtum beruhende unrichtige Datumsangabe. Inhaltlich vertrat die belangte Behörde die Rechtsansicht, dass sich die Bf. - unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht - einer Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG schuldig gemacht und eine Abgabenverkürzung bewirkt habe. Da durch die Nutzung der Wohnung des DN eine inländische Betriebsstätte im Sinne des § 81 EStG bestanden habe - welcher Umstand der steuerlich vertretenen Bf. bewusst gewesen sei - wäre sie in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin zur Abfuhr und Einbehaltung der Lohnsteuer verpflichtet gewesen. Dadurch, dass sie gegen diese gesetzliche Verpflichtung jedoch zumindest mit bedingtem Vorsatz verstoßen habe, sei der Tatbestand der Abgabenhinterziehung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht erfüllt und komme daher auch die verlängerte Verjährungsfrist von zehn Jahre zur Anwendung.

In der dagegen am erhobenen Beschwerde moniert die Bf. sowohl die Haftungsinanspruchnahme selbst als auch die erfolgte Festsetzung des DB (und der Säumniszuschläge) als unrichtig. Es sei - so der Verfahrensstandpunkt - mit dem Dienstnehmer DN vereinbart gewesen, dass das Entgelt als Bruttobetrag angewiesen werde und Letzterer die entsprechenden Abgaben und Beiträge in Österreich abzuführen habe; die Bf. sei davon ausgegangen, dass ihr Dienstnehmer - wie vereinbart - die Abgaben und Beiträge selbst abführen werde. Sie habe sohin keinesfalls eine - wie von der belangten Behörde behauptete - Abgabenhinterziehung gemäß § 33 FinStrG verwirklicht, weshalb eine Verlängerung der Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO nicht eingetreten sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Haftungs- und DB-Festsetzungsbescheide als unbegründet abgewiesen. Inhaltlich wiederholte die belangte Behörde ihre Rechtsansicht, wonach eine Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG vorläge. Zur subjektiven Tatseite genüge - so die belangte Behörde darin weiter - bedingter Vorsatz; es reiche aus, dass der Täter die Verwirklichung des Tatbestandes der Abgabenhinterziehung ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Unstrittig sei zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbart worden, dass DN - gegen Kostenersatz durch die Bf. als Arbeitgeberin - Büroräumlichkeiten in seinem Haus zur Verfügung stelle, wodurch die Bf. in Österreich eine Betriebsstätte gemäß § 81 EStG begründet habe. Nachdem die Bf. das monatliche Entgelt als Bruttobetrag zur Anweisung gebracht habe, und darüber hinaus Kosten für die Bürotätigkeiten erstattet worden seien, sei ihr bewusst gewesen, dass grundsätzlich sie als Arbeitgeberin zur Einbehaltung und Abfuhr von Lohnabgaben verpflichtet sei. Es läge keine vertretbare Rechtsauffassung vor, zumal auch das deutsche EStG ähnliche Regelungen enthalte. Die Erklärung eines Arbeitnehmers, er würde die vom Arbeitgeber erhaltenen Bezüge zur Einkommensteuer erklären, befreie den Arbeitgeber - bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses - nicht von der Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer. Da die Bf. nicht überprüft habe, ob DN der Vereinbarung entsprechend die von der Bf. an ihn überwälzte Verpflichtung zur Abfuhr der Lohnsteuer und des DB wahrgenommen habe, habe sie die erfolgte Verkürzung in Kauf genommen. Sie sei der gesetzlichen Verpflichtung zur Einbehaltung und Abfuhr von Lohnabgaben zumindest mit bedingtem Vorsatz nicht nachgekommen und habe damit den Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt; die verlängerte Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 2 BAO komme daher zur Anwendung. Darüber hinaus führte die belangte Behörde noch zur Frage der Betriebsstätte sowie der Haftung des Arbeitgebers sowie der Festsetzung des DB näher aus.

Mit weiterer Entscheidung vom wurden auch die Beschwerden gegen die Bescheide die Festsetzung eines Säumniszuschlages für den Streitzeitraum 2009-2013 als unbegründet abgewiesen.

Gegen beide Beschwerdevorentscheidungen richtet sich der mit datierende Vorlageantrag in dem die ersatzlose Behebung und Verfahrenseinstellung sowie die Durchführung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt wurden. Natürlich sei der Bf. klar - so die Begründung -, dass sie zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen verpflichtet gewesen wäre, wenn sie in Österreich eine Betriebsstätte im Sinne einer Niederlassung unterhalten hätte; darunter habe sie jedoch eine eigene betriebliche Infrastruktur mit Firmenschild, etc. in betriebseigenen Geschäftsräumlichkeiten, über die sie verfügungsberechtigt gewesen wäre, verstanden. Es war ihr aber nicht bewusst, dass bereits ein "Home Office" in der Privatwohnung eines Arbeitnehmers zur Betriebsstätte der Bf. führen würde; zu dieser Wohnung habe sie nicht einmal Zutritt bzw. keinerlei Verfügungsberechtigung gehabt. Fakt sei, dass ihr das Bestehen einer inländischen Betriebsstätte nicht bewusst gewesen sei, die Bf. war der Meinung, dass alleine der Dienstnehmer die Abgabe abzuführen habe und habe diese dem Dienstnehmer auch ausbezahlt. Schließlich habe sie eine Abgabenhinterziehung niemals ernstlich für möglich gehalten. Ganz im Gegenteil, war sie der Meinung, dass sie zur Einbehaltung und Abfuhr von Abgaben nicht verpflichtet sei. Es lägen die Voraussetzungen eines Eventualvorsatzes nicht vor. Es sei geradezu absurd anzunehmen, dass ein Unternehmen seinem Dienstnehmer Bezüge einschließlich LSt und DB ausbezahle, wenn es Abgaben hinterziehen wolle oder eine Abgabenhinterziehung ernstlich für möglich hielte und sich damit abfände. Für (bedingt) vorsätzliche Abgabenhinterzieher vielmehr typisch sei es, die hinterzogene Abgabe "im eigenen Geldtascherl" zu behalten und diese nicht ihrem Dienstnehmer auszuzahlen. Bei verständiger Würdigung des Sachverhalts könne der Bf. fahrlässige Unkenntnis, jedoch kein (bedingter) Vorsatz zum Vorwurf gemacht werden.

Mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde die Bf. aufgefordert die zwischen ihr und DN abgeschlossenen Arbeitsverträge (sowie allfällige zusätzliche Verträge), sowie geeignete Beweismittel zu ihrem Vorbringen, sie hätte die strittigen Lohnabgaben überwiesen, vorzulegen. Hierauf reagierte sie mit Schriftsatz vom und übermittelte diverse Unterlagen (Arbeitsvertrag, Gehaltsüberweisungen, Abrechnung der Brutto-Netto-Bezüge).

Die belangte Behörde legte die Beschwerden am dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vor, hielt ihren bisherigen Rechtsstandpunkt aufrecht und beantragte in einem deren Abweisung als unbegründet.

Das Bundesfinanzgericht forderte mit Beschluss vom die belangte Behörde auf, mitzuteilen, ob gegen die Bf. oder den vormaligen Dienstnehmer ein Finanzstrafverfahren eingeleitet worden sei, was sie am verneinte. Weiters forderte das Gericht am den Akt des zwischen der Bf. und ihrem (vormaligen) Dienstnehmer geführten Arbeitsrechtsprozesses vom Landesgericht Klagenfurt als Arbeit-und Sozialgericht an, der in der Folge zur Einsichtnahme übermittelt wurde. Auf die weitere Anfrage des Verwaltungsgerichts vom an die Österreichische Gesundheitskasse (in der Folge kurz: ÖGK) nach einem allenfalls dort vorhandenen Verfahrensakt in Bezug auf möglicherweise nicht ordnungsgemäß abgeführte Sozialversicherungsbeiträge, teilte diese mit, das diesbezügliche Verfahren bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ausgesetzt zu haben und derzeit somit über keine für das Gericht verwertbaren Unterlagen zu verfügen.

Am wurden die Parteien zu einem Erörterungstermin am mit dem weiteren Hinweis, sämtliches weiteres Vorbringen samt Beweisanträge spätestens dort zu stellen (bzw. den Arbeitsbogen über der Außenprüfung binnen Wochenfrist vorzulegen), geladen. Daraufhin langte ein Schreiben der belangten Behörde vom ein, in dem unter anderem zum Tatbestandsmerkmal der Betriebsstätte im Sinne des § 81 EStG weiter vorgebracht, sowie zur Aufforderung den Arbeitsbogen vorzulegen ausgeführt wurde, alle Prüfungsunterlagen, die im elektronischen Archiv zur Verfügung stünden, bereits mit dem Vorlagebericht übermittelt zu haben; der Prüfer sei zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten, weitere Unterlagen in Papierform stünden nicht zur Verfügung. Der Bf. wurde dazu am das rechtliche Gehör eingeräumt.

Im Rahmen des Erörterungstermins vom wurde mit den Parteien - unvorgreiflich der Entscheidung des Senates - vorerst die Rechtsfrage erörtert, ob die Nichtentrichtung einer Selbstberechnungsabgabe (wie der gegenständlichen) unter den (vorsätzlich) zu begehenden § 33 Abs. 1 FinStrG (wie von der belangten Behörde behauptet) oder aber unter Abs. 2 lit. b leg.cit., der in Bezug auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Hinterziehung auf der subjektiven Tatseite Wissentlichkeit verlangt, fällt. Die belangte Behörde hielt dazu fest, dass das der Bf. zum Vorwurf gemachte Verhalten auch den Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG verwirkliche, und sie auch wissentlich gehandelt habe. Ein Arbeitgeber müssen nämlich wissen, dass entsprechend dem § 76 EStG und der dazu ergangenen Verordnungen, Lohnkonten zu führen seien. Diese haben die persönlichen Daten der Dienstnehmer und die für die Lohnverrechnung notwendige Lohnsoftware zu enthalten. Die anwaltlich vertretene Bf. hingegen bestritt, dass die subjektive Tatseite erfüllt wäre; dies sei schon deshalb zu verneinen, da die Bf. aus der Auszahlung des Bruttogehalts, sohin eines solchen inklusive der Lohnabgaben, keinen Vorteil lukriert habe. Vor allem müsse sich das Wissen der Bf. auch darauf erstrecken, dass der vormalige Dienstnehmer DN die Abgaben im Inland nicht abgeführt habe. Die belangte Behörde bestritt daraufhin, dass tatsächlich ein Bruttobetrag zur Auszahlung gelangt sei; es wären etwa auch immer gleichbleibend hohe Beträge in Form eines "AG-Anteil freiw. SV Ausl" bezahlt worden. Schließlich wurde beiden Parteien aufgetragen weitere Unterlagen vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Bf. am und die die belangte Behörde am nach. In ihren weiteren Ausführungen vom legte die Bf. dar, weshalb aus ihrer Sicht ein Bruttobetrag (inklusive Lohnnebenkosten) zur Auszahlung gelangt sei. Schließlich gäbe es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Dienstnehmer DN privat sozialversichert hätte und die Bf. davon ausgegangen wäre. Die auf den Lohnzetteln ersichtliche Position "AG-Anteil freiw. SV Ausl" stelle keinen gesetzlichen Sozialversicherungsaufwand nach deutschem Recht dar. Jedenfalls habe das Wort "AG-Anteil freiw. SV Ausland" bereits nach dem Bedeutungsinhalt nichts mit einer "privaten Sozialversicherung" zu tun. Aus dieser Position ableiten zu wollen, dass die Bf. annehmen hätte müssen, dass die steuerlichen Abgaben vom Dienstnehmer nicht bezahlt werden, sei in höchstem Maß unlogisch und mehr als verfehlt.

Die belangte Behörde replizierte mit Schreiben vom 22. bzw. auf die Ausführungen der Bf. - zusammengefasst - wie folgt: Es läge im Sinne des Tatbildes des § 33 Abs. 2 lit. b FinstrG eine Verletzung der Führung von Lohnkonten vor, da diese lediglich Angaben zum gezahlten Arbeitslohn, jedoch keine weiteren zur LSt., Beitragsgrundlagen, Sozialversicherungsbeiträgen bzw. Bezeichnung des zuständigen Sozialversicherungsträgers beinhalteten. Dadurch, dass die Bf. sehr wohl ein Lohnkonto geführt habe, müsse ihr bewusst gewesen sein, dass sie als Arbeitgeberin entsprechende Pflichten im Zusammenhang mit der Lohnauszahlung wahrzunehmen habe. Die Behauptung, sie habe die Abfuhr der Lohnsteuer an den Arbeitnehmer übertragen, sei nicht nachvollziehbar. Wie hätte dieser die Höhe der Lohnsteuer wissen sollen, wenn sie vom Arbeitgeber nicht berechnet und am Lohnkonto ausgewiesen worden sei. Weiters sei eine Übertragung der Abfuhrverpflichtung im Inland weder schriftlich vereinbart worden, noch sei diesbezüglich dem Arbeitsvertrag etwas zu entnehmen. Auch würde sich der Arbeitgeberbeitrag nach Prozenten des Gehaltes bemessen; im gegenständlichen Fall sei an den Dienstnehmer im gesamten Streitzeitraum in jedem Monat aber derselbe Betrag von Euro xxx (unabhängig von der Höhe des Bezuges) unter dem Titel "AG-Anteil freiw. SV Ausl" bezahlt worden. Es könne sich schon deshalb nicht um AG-Beiträge zur SV gehandelt haben. Vielmehr sei davon auszugehen, dass dem DN damit die Kosten für seine private Krankenversicherung in Österreich erstattet wurden. Dass es eine solche gegeben habe, sei aktenkundig und werde der Nachweis im Anhang vorgelegt. Im Übrigen sei eine private Sozialversicherung unter bestimmten Voraussetzungen in Österreich sehr wohl möglich. Es handle sich dabei zwar um eine grundsätzlich dem Sozialversicherungsrecht zuzuordnende Fragestellung, dennoch ergäbe sich daraus ein Hinweis, dass die Bf. bewusst auch ihren Arbeitgeberverpflichtungen in diesem Bereich nicht nachgekommen sei. Erneut wiederholte die belangte Behörde, dass die Bf. um ihre Pflicht als Arbeitgeberin wusste und durch deren Verletzung sich einer Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG schuldig gemacht habe. In einem legte die belangte Behörde eine Kopie einer Versicherungskarte der XY AG vor.

Mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde Letztere aufgefordert, diverse Fragen im Zusammenhang mit der vorgenannten Versicherung zu beantworten. Am wurde das Gericht darüber in Kenntnis gesetzt, dass sämtliche Unterlagen, die im Zusammenhang mit der Versicherung des DN bei der XY AG vorhanden waren, in der Zwischenzeit vernichtet wurden; es sei somit weder feststellbar, um welche Versicherung mit welchem Deckungsumfang es sich gehandelt habe, noch wann diese abgeschlossen worden war.

Die Bf. zog am den Antrag auf Entscheidung durch den Senat bzw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurück; sie bekräftigte neuerlich, dass Bruttobezüge (inklusive Lohnnebenkosten) ausbezahlt worden seien, die subjektive Tatseite nicht erfüllt wäre und sich die Position "AG-Anteil freiw. SV Ausl" zweifelsohne auf die Sozialversicherung bei der ÖGK beziehe. Dazu wurde der belangten Behörde rechtliches Gehör eingeräumt, das sie jedoch nicht nützte.

Schließlich wurde den Parteien mit verfahrensleitender Verfügung vom freigestellt, zu den Überlegungen des Gerichtes in Bezug auf den Eintritt der Bemessungsverjährung Stellung zu nehmen; hieauf reagierte die belangten Behörde mit Eingabe vom . Demnach sei die (allgemeine) Verjährung die Jahre 2011 und 2012 betreffend aufgrund des Schreibens des FA Graz-Stadt vom an das BFG (Außenstelle Graz) im Verfahren zu RV/2101219/2017 noch nicht abgelaufen. Die Bf. führte - nachdem die Frist auf verlängert worden war - im Schriftsatz vom selben Tag aus, dass einerseits alle Jahre verjährt seien; andererseits habe keine Betriebsstätte im Inland existiert und sei im Übrigen dem Bescheid das Veranlagungsjahr 2013 betreffend eine unrichtige Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt worden. Richtigerweise hätten von den Bruttobezügen die Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden müssen. Die belangte Behörde replizierte darauf am . Die Berechnung das Jahr 2013 betreffend sei entgegen dem Vorbringen der Bf. korrekt erfolgt: Man sei nämlich von einem steuerlichen Monatseinkommen von Euro xxxx ausgegangen; dieses setze sich zusammen aus der Summe der in den Abrechnungen unter den Positionen "Gehalt Ausland" (Euro xxxx) und "AG-Anteil freiw. SV Ausland" (Euro xxx) ersichtlichen Summen, zuzüglich einer monatlichen Durchschnittsprovision von Euro xxx und einer nach inländischem Recht richtigerweise mit 1,5% anzusetzenden Bewertung des Sachbezuges für das DienstKFZ (gemäß der SachbezugswerteVO, somit Euro xxxx pm). Ein Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen habe zu unterbleiben, da eine solche nicht bezahlt worden sei. Schließlich legte die belangte Behörde die von DN im Zuge der Betriebsprüfung 2014 beigebrachten Unterlagen die Versicherung bei der XY AG vor (Bestätigung XY AG samt Polizzen).

II. Sachverhalt

Die Bf. ist eine im Register des Amtsgerichtes A unter der HRB 11111 nach deutschem Recht eingetragene juristische Person des Privatrechts mit dem Sitz in Adresse. Sie entwickelt und vertreibt Holzbausoft- und Hardware (vergleiche die diesbezüglichen Ausführungen auf der Homepage der Bf. abrufbar unter: xxxxxx/).

Mit Vertrag vom wurde der am in B (BRD) geborene DN (in der Folge auch Dienst- bzw. Arbeitnehmer oder kurz "DN"/"AN" genannt) mit Wirksamkeit zum als Zimmermeister im Außendienst zum Vertrieb des Software-und Hardwareangebotes der Bf. angestellt. Das Verkaufsgebiet des damals in A-Adresse1 wohnhaften DN erstreckte sich auf ganz Österreich und Südtirol (Parteienbezeichnung sowie § 1 des Anstellungsvertrages vom ). Am 10./ wurde der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1995 durch einen zwischen den Parteien neu abgeschlossenen ersetzt (in der Folge Arbeitsvertrag oder auch kurz "AV"). Demnach sollte DN zwar weiterhin als Zimmermeister im Außendienst zum Vertrieb des Software- und Hardwareangebotes der Bf. beschäftigt bleiben und das Verkaufsgebiet Österreich und Südtirol bedienen (§ 2 "Tätigkeit, Aufgabenbereich" AV); es wurden aber detailliertere Regelungen etwa zur Abtretung, Verpfändung, Schadenersatzansprüchen uä getroffen. Darüber hinaus wurde im § 5 "Arbeitsentgelt" AV festgehalten, dass der AN ab März 2003 eine monatliche Grundvergütung in Höhe von "brutto Euro xxxx", für Sonntags- und Feiertagsausgleich Euro xxxx, sowie zusätzlich Euro xxxx für die Bereitstellung von Büroräumen innerhalb seines Hauses erhalten sollte; weiters wurde eine Umsatzprovision iHv 6 % für Hardware, Software und Zubehör, berechnet vom Nettoauftragswert, den der Kunde zu leisten hat, vereinbart. Dem DN wurde schließlich ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt, das auch zu Privatfahrten genutzt werden durfte. Diesbezüglich enthält der Vertrag in § 11 wörtlich nachfolgende Regelung: "Eine Privatnutzung des Kraftfahrzeuges wird im Rahmen des monatlichen Lohnsteuerabzuges vom Arbeitnehmer mit dem zu versteuernden geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Fahrzeuges einschließlich dem geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte versteuert. Der Arbeitgeber übernimmt die hierauf entfallende Steuer und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht. Der geldwerte Vorteil wird soweit zulässig pauschal versteuert (derzeit ein Prozent monatlich vom Bruttolistenpreis)." Nach § 17 AV sind bei Arbeitsaufnahme vom Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte, der Sozialversicherungsausweis und eine Mitgliedsbescheinigung der Krankenkasse vorzulegen.

Im Streitzeitraum schien auf der Homepage der Bf. als Kontaktperson für den Vertrieb in Österreich und Südtirol DN unter Nennung einer österreichischen Festnetz-, Fax- und Mobiltelefonnummer auf, die - was die Vorwahlen der Festnetz- bzw. Faxnummer anlangt - seinen damaligen Hauptwohnsitzen in den Ortsgemeinden C (Hauptwohnsitz von -) und D (Hauptwohnsitz von -) zuzurechnen sind. Der DN übte zumindest im Jahr 2013 in Kärnten und somit im Inland, nämlich in dem in seinem Wohnsitz in C befindlichen Büro, seine Tätigkeiten für die Bf. teilweise aus (Hotline-Kundenbetreuung via Internet, Modulpräsentation via Internet, Vor- und Nachbereiten von Kundenbesuchen).

Im gesamten Streitzeitraum wurde von den an DN geleisteten Gehaltszahlungen weder LSt. noch DB im Inland abgeführt, dies obwohl für den DN Lohnkonten - diese jedoch ohne Ausweis der abzuführenden Steuern und Abgaben - von der Bf. geführt wurden. Sie bediente sich für lohnrechtliche Agenden eines in Deutschland ansässigen steuerlichen Vertreters. An den DN wurde monatlich vom Geschäftskonto der Bf. aus die vertraglich vereinbarte Grundvergütung gemäß § 5 AV zuzüglich Provision, Kfz-Sachbezug sowie ein in den Abrechnungen als "AG-Anteil freiw. SV Ausland" bezeichneter Betrag überwiesen.

Nachdem die Bf. im Jahr 2014 Kenntnis davon erlangt hatte, dass die belangte Behörde vorerst Ermittlungen gegen den DN eingeleitet, sowie diesem gegenüber eine Betriebsprüfung im Inland stattgefunden hatte, kündigte sie Letzterem mit Schreiben vom das Beschäftigungsverhältnis fristlos auf. Begründet wurde der Schritt damit, dass die Bf. die Auffassung vertrat, dass zwischen ihr und DN eine Vereinbarung dahingehend bestanden hätte, dass der DN für die Abfuhr der Steuern und Abgaben in Österreich selbst verantwortlich gewesen wäre; dadurch, dass er dieser - von der Bf. angenommenen - Verpflichtung jedoch offenbar über all die Jahre des aufrechten Bestandes des Arbeitsverhältnisses nicht nachgekommen sei - von welchem Umstand sie erst im Zuge der Ermittlungen der österreichischen Finanzbehörden Kenntnis erlangt hatte -, habe er eine grobe Pflichtverletzung begangen und widerspräche sein Vorgehen auch dem Grundsatz von Treu und Glauben, sodass die sofortige Beendigung des Dienstverhältnisses rechtens sei. DN bestritt in der Folge in dem von ihm vor dem Landesgericht Klagenfurt als Arbeits-und Sozialgericht zur GZ xxxx iniizierten Verfahren den Bestand einer derartigen Vereinbarung und begehrte die Rechtsunwirksamerklärung der Arbeitsvertragsbeendigung. Die dort beklagte Bf. hingegen hielt ihren Verfahrensstandpunkt, wonach die beschriebene Vereinbarung bestanden habe aufrecht; im Zuge der Tagsatzung vom wurde der Prozess durch einen Vergleich zwischen den dortigen Streitteilen dergestalt beendet, als das Dienstverhältnis mit einvernehmlich beendet wurde und die Bf. noch für den Zeitraum vom - (konkret festgehaltene) Gehaltszahlungen zu leisten hatte.

Weder der AN noch die Bf. bzw. deren Verantwortliche/n wurden wegen der Nichtentrichtung der verfahrensgegenständlichen Selbstberechnungsabgaben jemals finanzstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Es kann schließlich nicht festgestellt werden, dass die Bf. eine Verkürzung von LSt. und DB für gewiss gehalten hat, noch, dass im Veranlagungsjahr 2013 Beiträge zur inländischen Sozialversicherung (Pflichtversicherung) geleistet wurden.

III. Beweiswürdigung

Der nachfolgende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Bf. sind unstrittig und gehen aus dem Inhalt ihrer Homepage hervor. Was die zwischen ihr und dem DN geschlossenen Verträge bzw. deren Inhalt anlangt, ist auf die im Akt inneliegenden Anstellungsverträge vom bzw. 10./ zu verweisen; im Übrigen wurden im Punkt "Sachverhalt" ohnedies die konkreten Paragrafen der zitierten Vertragspassagen genannt.

Bezüglich der Feststellungen zur Person des DN nahm das Gericht Einsicht in das Zentrale Melderegister des Bundesministeriums für Inneres (in der Folge kurz: ZMR).

Dass auf der Homepage der Bf. als Kontaktperson für den Vertrieb in Österreich und Südtirol DN unter Nennung der festgestellten Nummern aufschien, ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten historischen Internetauszug. Die Zurechnung der Vorwahlen der Festnetz-, bzw. Faxnummern zu den damaligen Hauptwohnsitzen des DN resultiert aus einem Vergleich zwischen den im ZMR eingetragenen Wohnsitzen einerseits und den - durch Telefonbücher - öffentlich zugänglichen Vorwahlen andererseits. Dass der DN zumindest im Jahr 2013 seine Tätigkeiten für die Bf. auch von einem Büro aus ausübte, das sich in dessen Wohnungsverband in Kärnten befand, stand zwischen den Streitteilen außer Streit; die Bf. bestritt lediglich unsubstantiiert, dass die Arbeiten von dort aus nur im untergeordneten Ausmaß erfolgt seien. Diese Ausführungen stehen nicht nur im Widerspruch zum im Akt inneliegenden (undatierten) Vermerk des Prüfers, über ein Telefonat mit dem DN (darin ist die Rede von einer 80%igen Arbeitsleistung von diesem Büro aus), sondern können nicht in Einklang mit den Angaben des DN selbst im Zuge seiner Einvernahme vor der Finanzpolizei am gebracht werden: Demnach erfolgte sowohl die Hotline-Kundenbetreuung, als auch die Vorführung der Module vom inländischen Büro aus; das Laufe - so der DN wörtlich - hauptsächlich "auch über das Internet. Außer, es gibt Probleme, oder es wird ein persönliches Gespräch gewünscht", dann fahre er vor Ort (vgl. Einvernahme DN vom , S. 3). Diese Angaben gehen sohin über eine - wie von der Bf. in den Raum gestellte - rein untergeordnete Tätigkeit in Österreich hinaus. Weiters ist festzuhalten, dass die Bf. für das Büro im Inland auch einen monatlichen Beitrag iHv Euro xxxx an den DN leistete; diese Summe geht über einen reinen Anerkennungsbetrag hinaus und deutet ebenfalls auf eine nicht unbedeutende Tätigkeit von dort aus hin. Schließlich verkennt die Bf., dass für die Bejahung einer (lohnsteuerrechtlichen) Betriebsstätte bereits - wie im Zuge der rechtlichen Beurteilung noch dargelegt werden wird - die von ihr zugestandenen Vor- und Nacharbeiten in Kombination mit der monatlichen Abgeltung für die Bereitstellung der Büroräume ausreicht.

Die Nichtabfuhr der verfahrensgegenständlichen Abgaben ist ebenfalls unstrittig; das Führen von - wie festgestellt - Lohnkonten für den DN, ergibt sich aus den bereits der Betriebsprüfung vorgelegten bzw. vom Bf. am beigeschafften Unterlagen. Dass die Lohnverrechnung an eine deutsche steuerliche Vertretung ausgelagert wurde, erscheint aufgrund der vorliegenden Lohnabrechnungen plausibel (ist dort doch die Rede von einem "Berater" bzw. "Mandanten"); auch die optische und inhaltliche Gestaltung der Abrechnungen deutet auf eine professionelle Lohnverrechnung hin. Die festgestellten Auszahlungen gehen unzweifelhaft aus den vorgenannten Urkunden hervor (vgl. dazu auch die nachfolgenden Ausführungen); schließlich zeigt sich anhand der vorliegenden Kontoauszüge der Bf. weiters, dass sie die Gehaltszahlungen von ihrem Geschäftskonto aus tätigte.

Ob es sich bei den Auszahlungsbeträgen um "Bruttobeträge", sohin solche, inklusive Steuern und sozialversicherungsrechtlichen Abgaben samt DB, gehandelt hat oder nicht - was zwischen den Streitteilen im Verfahren kontrovers diskutiert wurde - ist für den hier vertretenen Rechtsstandpunkt - wie unter Punkt IV. dargelegt werden wird - irrelevant. Eine Feststellung zu dieser Frage konnte sohin mangels rechtlicher Relevanz unterbleiben.

Was den "AG-Anteil freiw. SV Ausland" anlangt, der mit dem Gehalt an den DN zur Anweisung gelangte, ist folgendes festzuhalten: Wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, ist die Frage, ob den sozialversicherungsrechtlichen AG-Pflichten nachgekommen wurde, sowie, ob dem DN Kosten für eine private Krankenversicherung im Inland erstattet wurden, für das steuerrechtliche Verfahren irrelevant. Einzig für die Berechnung der Höhe der strittigen Abgaben ist wesentlich, ob im Inland (gesetzliche) Sozialversicherungsbeiträge tatsächlich bezahlt wurden (diese wären sodann von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen). Die Bf. konnte aber weder beweisen, dass sie oder der DN derartige Zahlungen an einen Sozialversicherungsträger im Inland leistete, noch legte sie dazu entsprechende Unterlagen vor. Im Gegenteil: Im E-Mail der Bf. vom führt sie auf Aufforderung der belangten Behörde, eine Bestätigung über ua die Einbehaltung von Sozialversicherungsbeiträgen beizubringen aus, dass der Arbeitgeberanteil an den DN ausbezahlt worden sei. Die im Akt inneliegenden Versicherungsbedingungen der Uniqa Versicherungen AG über die bei ihr im Jahr 2014 bestehende private Krankenversicherung des DN werde schließlich mit "Versicherungsschutz für Nicht-Pflichtversicherte" tituliert. Auch dieses Beweisergebnis ist - obwohl es nur das Jahr 2014 betrifft - zumindest ein Indiz für den Nichtbestand einer inländischen Sozialversicherung. Schließlich spricht gegen die tatsächliche Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen im Inland (von wem auch immer), dass ua auch das Jahr 2013 betreffende bei der ÖGK behängende Nachforderungsverfahren (das nach tel. Auskunft der ÖGK vom bis zur Entscheidung des BFG ausgesetzt wurde). Folglich war die Feststellung zu treffen, dass im Jahr 2013 keine Beiträge zu einer inländischen Sozialversicherung geleistet wurden.

Die Feststellungen zum vor dem Landesgericht Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht abgeführten Verfahren zwischen der Bf. und dem DN resultieren aus einer Einsicht des Gerichtes in den dortigen Verfahrensakt; dass weder der AN noch die Bf. jemals finanzstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurden, geht aus dem Verfahrensakt hervor (vgl. AV Finanzstrafbehörde vom ; Protokoll ET , S.1)).

Nicht nur im hier zu entscheidenden Beschwerdeverfahren, sondern bereits im Arbeitsgerichtsprozess stellte die Bf. jeweils die Verfahrensbehauptung auf, es habe mit dem DN eine Vereinbarung dergestalt gegeben, dass dieser zur Abfuhr ua auch der hier strittigen Abgaben im Inland verantwortlich gewesen wäre. Nun ist der belangten Behörde in diesem Punkt zwar beizupflichten, dass sich eine solche Abmachung aus den vorgelegten Arbeitsverträgen nicht ergibt. Einzig die Formulierung in Punkt in § 11 AV deutet eine derartige Abfuhrpflicht zumindest was die Lohnsteuer betrifft an, ist dort im Zusammenhang mit dem Sachbezug wörtlich die Rede davon, dass dieser "im Rahmen des monatlichen Lohnsteuerabzuges vom Arbeitnehmer (Hervorhebung durch Verf.) [….] versteuert werde". Unvorgreiflich der Ausführungen zur subjektiven Tatseite im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ist jedoch bereits an dieser Stelle festzuhalten, dass die Frage ob eine derartige Vereinbarung als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, für das gegenständliche Verfahren zweitrangig ist. Wie unter Punkt IV. näher dargelegt werden wird, unterliegt das Recht eine Abgabe festzusetzen der Verjährung; diese beträgt im Allgemeinen fünf Jahre. Soweit jedoch eine Abgabe hinterzogen ist - wovon die belangte Behörde ausgeht - verlängert sie sich hingegen auf zehn Jahre. Im gegenständlichen Fall muss jedoch die Bf. - damit es zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre kommen kann - ua wissentlich im Hinblick auf das Tatbestandsmerkmal der Abgabenverkürzung gehandelt haben. Vereinfacht dargestellt "steht und fällt" die Rechtsansicht der belangten Behörde zumindest für die Streitjahre 2009-2012 mit der Frage, ob die Bf. (bzw. deren Verantwortliche) wissentlich im Hinblick auf die Nichtabfuhr der Lohnsteuer und des DB im Zeitpunkt der Fälligkeit gehandelt haben. Ob eine Abgabe hinterzogen ist - und somit sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre erstreckt - bildet im gegenständlichen Fall eine Vorfrage nach § 116 Abs. 1 BAO. Da die Finanzstrafbehörde weder gegen den DN noch die Bf. (bzw. deren Verantwortliche) vorgegangen ist, ist eine Antwort auf die Frage nach der Schuldform von der Spezialbehörde somit nicht mehr zu erzielen. Daher bedarf es der Beurteilung nunmehr des Gerichtes, die nach (finanz-)strafrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen hat. Deshalb obliegt es der belangten Behörde, die Hinterziehungskriterien nachzuweisen (; , 2002/16/0190). Bereits dieser Nachweispflicht wurde nicht entsprochen; hat die belangte Behörde mit der (mehrfachen) Behauptung, die Bf. hätte aufgrund diverser Umstände "wissen müssen" zur Abfuhr der strittigen Abgaben verpflichtet zu sein, die bloße Behauptungsebene nicht verlassen. Zudem kommen bei der finanzstrafrechtlichen Beurteilung die strengeren Anforderungen des Strafrechts zum Tragen: Sie betreffen vor allem das Beweismaß. Das ist der Grad an Überzeugung, der erreicht sein muss, um eine Tatsache als wahr (bewiesen, erwiesen, feststehend) anzusehen und sie darum der eigenen Erledigung zugrunde zu legen. Dafür genügt in Abgabensachen die größte (überragende, überwiegende) Wahrscheinlichkeit (; , 89/13/0262 f; , 93/15/0097; , 2009/16/0033), das ist ein Grad an Wahrscheinlichkeit knapp über 50% (). Demgegenüber bedarf es in Straf- oder Zivilsachen der "vollen Überzeugung des Richters". Das ist ein Grad an Wahrscheinlichkeit "nur wenige Promille unter der Hundertprozentgrenze", bei dem nicht einmal mehr für "leise Zweifel" Platz ist (Kotschnigg/Pohnert in Tannert/Kotschnigg/Twardosz, FinStrG § 98 Rz 58ff, mwN). Daher sind an die zum Beweis einer Tatsache erforderliche Wahrscheinlichkeit hohe Anforderungen zu stellen. Es wird ein (sehr) hohes Maß an Wahrscheinlichkeit verlangt, die der Wahrheit nahekommt, Fehlerhaftigkeit und Irrtum aber nicht ausschließt und deshalb prozessual als Wahrheit gilt (relative Wahrheit). Die Formulierungen sind unterschiedlich: Teils wird die volle Überzeugung des Richters verlangt (Fasching, Lehrbuch2, Rz 815), teils muss die Wahrscheinlichkeit "sehr hoch" sein (, SSt 45/23; , 11 Os 126/97) bzw. an Sicherheit heranreichen oder angrenzen. Ausgehend von diesen Prämissen, war die Negativfeststellung zu treffen, dass die Bf. eine Verkürzung von LSt. und DB nicht für gewiss gehalten hat: Tatsächlich sprechen nämlich einige Punkte dafür, dass die Bf. vom Bestand einer Vereinbarung zwischen ihr und dem DN überzeugt war, wonach Letzterer die Abfuhr der LSt. und DB im Inland bewerkstelligen werde; diese - in der Folge dargelegten - Indizien führen in Summe dazu, dass das zuvor dargelegte Beweismaß im Zusammenhang mit einem wissentlichen Handeln nicht erreicht wird: Einerseits schien der DN namentlich unter Anführung inländischer Telefonnummern bzw. einer Faxnummer auf der Homepage der Bf. auf, auch wurden für ihn Lohnkonten geführt, somit war er im System der Lohnabrechnungen erfasst. Die Bf. versuchte sohin nicht - wie von einem Arbeitgeber, der wissentlich eine Abgabenverkürzung begehen möchte zu erwarten wäre - das Faktum der Tätigkeit des DN in ihrem Unternehmen im Außenverhältnis zu verschweigen oder zu verschleiern. Auch der Umstand, dass DN bei der Lohnabrechnung mit korrektem Namen, Adresse, Berufsbezeichnung und tatsächlich zur Auszahlung gelangten Beträgen erfasst wurde, spricht für den Verfahrensstandpunkt der Bf.: Die Aufnahme des DN in die Lohnverrechnung birgt ja auch die Gefahr in sich, im Fall der Überprüfung durch deutsche Steuerbehörden - die gegebenenfalls die inländischen informieren - überführt zu werden. Auch wurden die Gehaltszahlungen im Bankweg über das Geschäftskonto überwiesen und nicht "schwarz" ausbezahlt. Nachdem sie von der Nichtabfuhr im Inland (und den damit einhergehenden Betriebsprüfungen) erfuhr, reagierte die Bf. mit der fristlosen Entlassung des DN und begründete diese mit dem Verstoß gegen die vereinbarte Abfuhrverpflichtung. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb sie diesen Schritt setzten und sich in einem der Gefahr eines - noch dazu in Österreich zu führenden - Gerichtsverfahrens hätte aussetzten sollen, wenn sie nicht vom Bestand der Vereinbarung überzeugt gewesen wäre; schließlich ist es als gerichtsnotorische Tatsache anzusehen, dass sich ein durchschnittlich wirtschaftlich denkender Unternehmer zu diesem Vorgehen - das ja mit drohenden Kosten verbunden ist (nicht nur für ein allfälliges Gerichtsverfahren, sondern auch für das Recruiting einer Ersatzkraft) - wohl nur entschließen wird, wenn er die Entlassungsgründe für beweisbar hält. Auch hielt die Bf. ihre Verantwortung, vom aufrechten Bestand der strittigen Vereinbarung ausgegangen zu sein, nicht nur (von Anfang an) im abgabenbehördlichen Verfahren aufrecht, sondern auch in jenem vor dem Landesgericht Klagenfurt als Arbeit-und Sozialgericht geführten. Dass schließlich die belangte Behörde selbst keine Finanzstrafe (weder gegen den DN noch die Bf.) verhängte (bzw. kein Finanzstrafverfahren geführt wurde), runden das Bild ab, wonach nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Überzeugung feststellbar ist, dass die Bf. die Abgabenverkürzung dem Grunde nach für gewiss gehalten hat.

IV. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323 b Abs. 1 BAO idF BGBl. I 2020/99 tritt das Finanzamt Österreich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Partei des Verfahrens ist nunmehr das Finanzamt Österreich als belangte Behörde, deren Bezeichnung war somit im Spruch entsprechend richtig zu stellen.

1.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe 2009-2012 und Abweisung 2013)

a. Allgemeines

Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn). Nach § 47 Abs. 1 leg.cit. wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt.

§ 78 Abs. 1 EStG 1988 normiert, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und gemäß § 79 Abs. 1 EStG 1988 spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates an das Finanzamt abzuführen hat. Nach § 81 EStG 1988 gilt als Betriebsstätte für Zwecke des Steuerabzuges vom Arbeitslohn jede vom Arbeitgeber im Inland für die Dauer von mehr als einem Monat unterhaltene feste örtliche Anlage oder Einrichtung, wenn sie der Ausübung der durch den Arbeitnehmer ausgeführten Tätigkeit dient; § 29 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) gilt entsprechend. Die Haftung des Arbeitgebers für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer vom Arbeitslohn ist in § 82 EStG 1988 verankert. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im steuerrechtlichen Sinn zieht - §§ 78 Abs. 1 und 79 Abs. 1 EStG 1988 zufolge - zwangsläufig die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber nach sich. Die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber ist in diesem Fall die vom Gesetz angeordnete Erhebungsform der Einkommensteuer. Kommt ein Arbeitgeber seinen Verpflichtungen zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer nicht nach, so ist der Arbeitgeber mit Haftungsbescheid (§ 82 EStG 1988) zur Entrichtung der Lohnsteuer heranzuziehen. Nach der Aussage des § 83 Abs. 1 EStG 1988 ist der Arbeitnehmer beim Lohnsteuerabzug der eigentliche Steuerschuldner, der Steuerpflichtige. Aus dem vorangestellten § 82 EStG 1988 folgt aber, dass der Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr, dh. für die richtige Berechnung der Lohnsteuer, für die vollständige Einbehaltung und die termingerechte Abfuhr der einbehaltenen Beträge an das Finanzamt der Betriebsstätte haftet. Die Lohnsteuerabzugspflicht ist auch für ausländische Arbeitgeber vorgesehen, wenn sie in Österreich für die Dauer von mehr als einem Monat über feste örtliche Einrichtungen verfügen. Die Haftung gemäß § 82 EStG 1988 ist ausgeschlossen, wenn es sich um ausländische Arbeitgeber handelt, die im Inland keine Betriebsstätte iS des § 81 EStG 1988 unterhalten (vgl. Hofstätter - Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, § 82 Tzen 2 und 7). Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen (§ 41 Abs. 1 erster TS FLAG 1967). Gemäß § 43 Abs. 1 FLAG 1967 ist der Dienstgeberbeitrag für jeden Monat bis spätestens zum 15. Tag des nachfolgenden Monats an das Finanzamt zu entrichten. Die sachliche Zuständigkeit richtet sich nach den für die Abfuhr der Lohnsteuer maßgebenden Vorschriften. Nach § 43 Abs. 2 FLAG 1967 finden die Bestimmungen über den Steuerabzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) sinngemäß Anwendung.

Unstrittig liegen im gegenständlichen Fall - rücksichtlich dieser gesetzlichen und judikativen Prämissen - Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines im Inland wohnhaften DN von einem deutschen Unternehmer vor; es ist zwischen den Parteien weiters unstrittig, dass Österreich das Besteuerungsrecht an den Einkünften des DN aufgrund des Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl. III Nr. 182/2002) zukommt. Zweifel daran haben sich auch für das erkennende Gericht nicht ergeben.

Sowohl die Haftungsinanspruchnahme als auch die Vorschreibung des DB sind jedoch nur innerhalb der Verjährung zulässig; ob und wenn ja, für welche Zeiträume Verjährung allenfalls eingetreten ist, sollte sohin als Vorfrage in der Folge geklärt werden, dies noch bevor auf die weiteren Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bf. (Betriebsstätte, Ermessen usw.) eingegangen wird.

b. Verlängerung der Verjährungsfrist wegen Abgabenhinterziehung (§ 207 Abs. 2 2. Satz BAO)

Nach der leg. cit. verjähren hinterzogene Abgaben binnen zehn (statt regulär fünf) Jahren. Der Argumentation der belangten Behörde, wonach diese Verlängerung gegenständlich schlagend geworden sei, ist aber aus nachfolgenden Gründen nicht zu folgen:

Nach § 33 Abs 1 FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Gemäß § 33 Abs 2 lit. b FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung weiters schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Eine Verkürzung gem. leg. cit. ist bewirkt, wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) wurden.

Die von § 33 Abs 2 lit. b FinStrG erfassten - verfahrensgegenständlichen - Abgaben sind Selbstberechnungsabgaben, für die deshalb keine Erklärungspflicht besteht. Da es sich bei der Führung von Lohnkonten um keine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht handelt, kann der Tatbestand des § 33 Abs 1 FinStrG durch Defizite beim Lohnkonto somit nicht erfüllt werden. Diese Fälle sind daher ausschließlich nach § 33 Abs 2 lit. b FinStrG zu beurteilen, es sei denn ein Arbeitgeber wäre bescheidmäßig zur Abgabe von Lohnsteueranmeldungen verpflichtet worden (vgl. Kotschnigg in Tannert/Kotschnigg, FinStrG, 11. Lfg, § 33 Tz 280 f; ; ), was gegenständlich nicht geschehen ist. Für die Pflichtverletzung in einem derartigen Fall genügt bedingter Vorsatz; der Verkürzungserfolg muss aber wissentlich bewirkt werden (vgl. Kotschnigg, aaO, Tz 283). Nun enthält das Finanzstrafgesetz keine dem § 5 StGB entsprechende Definition dieser (erweiterten) Vorsatzform; da das FinStrG jedoch teils ausdrücklich auf das StGB verweist (§ 250 Abs 1), teils identische Formulierungen verwendet (vgl § 23 Abs 2 zweiter Satz sowie § 38a Abs 1 lit b einerseits und § 5 Abs 2 StGB) ist auch die Rechtsprechung zu § 5 Abs. 3 StGB daher auch in den Fällen uneingeschränkt anzuwenden, in denen das FinStrG nach den dort genannten Vorsatzformen verlangt (Lässig in Höpfel/Ratz, WK2 FinStrG § 8, Anm 1). Der Täter handelt somit nach § 5 Abs 3 StGB dann wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt (hier den Umstand, dass eine Abgabenverkürzung erfolgt ist), nicht bloß für möglich, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält (sog. "dolus principalis" als Verstärkung der Wissenskomponente des Vorsatzes, zB ; ). Vorsätzliches - und somit auch wissentliches - Handeln beruht nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, ist aber aus dem nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten des Täters zu erschließen, wobei sich die diesbezüglichen Schlussfolgerungen als Ausfluss der freien Beweiswürdigung erweisen (vgl. , mwN). Wie bereits im Zuge der Beweiswürdigung dargelegt, konnte nicht mit der für ein (Finanz-)strafverfahren notwendigen Überzeugung festgestellt werden, dass die Bf. die Abgabenhinterziehung im Inland nicht nur bloß für möglich, sondern für gewiss gehalten hat. Sie war - wie mehrfach dargelegt - der Ansicht, die Abfuhrverpflichtung an den DN übertragen zu haben, was den "dolus principalis" ausschließt. Daran vermag auch die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Entscheidung des GZ RV/2300014/2020, nichts zu ändern. Im dort entschiedenen Fall wurden Löhne teils noch am Arbeitsort in bar und ohne Berücksichtigung in der Buchhaltung ausbezahlt, weshalb die Voraussetzungen der Wissentlichkeit hinsichtlich der bewirkten Verkürzungen vom Senat für gegeben angesehen wurden. Im hier vorliegenden Fall hingegen wurden aber weder Barauszahlungen vorgenommen, noch wurden Leistungen nicht in die Lohnverrechnung miteinbezogen.

Schließlich sei an dieser Stelle noch festzuhalten, dass - wie von der belangten Behörde mehrfach vorgebracht - eine strafrechtlich relevante Wissentlichkeit nicht gleichzusetzten ist mit einem "wissen müssen". Natürlich muss ein Arbeitgeber wissen, dass Lohnabgaben im Inland abzuführen sind; das ist aber nicht gleichbedeutend damit, eine Verkürzung der Abgaben im strafrechtlichen Sinn für gewiss zu halten.

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes kann sohin nicht von der Erfüllung des subjektiven Tatbildes des § 33 Abs 2 lit. b FinStrG durch die Bf. ausgegangen werden. Es liegt somitkeine Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs 2 lit b FinStrG vor, sodass die zehnjährige Verjährungsfrist gem. § 207 Abs 2 BAO nicht zur Anwendung gelangt.

c. Verlängerung der Verjährungsfrist wegen nach außen erkennbaren Amtshandlungen (§ 209 Abs. 1 BAO)

§ 209 Abs. 1 BAO lautet: "Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen."

Die Verjährungsfrist kann nach der leg. cit. somit zunächst einmalig gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO um ein Jahr durch (zumindest) eine (zeitlich beliebig innerhalb der Verjährungsfrist gesetzte) nach außen erkennbare Amtshandlung verlängert werden. Im letzten Jahr der offenen Verjährung steht sodann der Abgabenbehörde nach § 209 Abs 1 Satz 2 BAO eine weitere (mehrfache) Verlängerungsmöglichkeit der Verjährung durch in diesem letzten Jahr gesetzte nach außen erkennbare Amtshandlungen offen. Die (mehrfachen) Verlängerungsmöglichkeiten nach § 209 Abs 1 Satz 2 werden allerdings durch die absolute Verjährung des § 209 Abs 3 begrenzt (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 209 Anm. 1 mwN).

Dies vorausgeschickt stellt sich die Rechtslage je Streitjahr somit wie folgt dar:

c1. Jahr 2009:

Die Bemessungsverjährung begann für dieses Streitjahr am zu laufen und hätte regulär am geendet. Innerhalb offener Verjährungsfrist wurde jedoch der DN von der belangten Behörde am zur Haftung für die strittige LSt. bzw. Zahlung des DB bescheidmäßig herangezogen. Dabei handelt es sich um eine fristverlängernde Amtshandlung: Die Amtshandlung muss nämlich nur objektiv nach außen, dh außerhalb der Abgabenbehörde, erkennbar sein, sie muss aber nicht dem/r Abgabepflichtigen zur Kenntnis gelangen; auch muss sie sich nicht gegen den Abgabenschuldner selbst richten. Die Unterbrechungswirkung setzt schließlich die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus, weshalb die niederschriftliche Einvernahme des DN am nicht als solche anerkannt werden kann; Gegenstand der Amtshandlung war der Verdacht der Übertretung des AuslBG, AVRAG bzw. ASVG, sohin nicht die Geltendmachung eines Abgabenanspruches (, ÖStZB 1987, 517 = Slg 6211 F; , 99/16/0379, ÖStZB 2000, 514; , 2000/16/0602; , 2002/16/0027). All diese Voraussetzungen liegen bei der eingangs genannten Amtshandlung jedoch vor, sodass die Frist gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO um ein Jahr, sohin bis verlängert wurde. Nachdem jedoch innerhalb der verlängerten Verjährungszeit vom bis keine weiteren Verlängerungshandlungen gesetzt wurden, waren die Ansprüche das Jahr 2009 betreffend somit am verjährt.

c2. Jahr 2010:

Die Bemessungsverjährung begann für dieses Streitjahr am zu laufen und hätte regulär am geendet. Durch die im Vorpunkt dargestellte Amtshandlung wurde auch hier die Frist gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO um ein Jahr, somit bis verlängert. Nachdem jedoch innerhalb der verlängerten Verjährungszeit vom bis keine weiteren Verlängerungshandlungen gesetzt wurden, waren die Ansprüche das Jahr 2010 betreffend somit am verjährt.

c3. Jahr 2011:

Der Verjährungsbeginn war der ; diese hätte am geendet. Die (erstmalige) Verlängerung gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO erfolgte durch die in den Vorpunkten beschriebene Amtshandlung, sodass die Frist bis verlängert wurde. Innerhalb des dergestalt verlängerten Jahres vom bis erfolgte eine weitere Amtshandlung: Am wurde von der belangten Behörde die Beschwerdevorentscheidung im Verfahren des DN erlassen. Somit wurde das Verjährungsende gemäß § 209 Abs. 1 Satz 2 BAO entgegen der Rechtsansicht der Bf. auf den hinausgeschoben. Auch die stattgebende BVE ist eine Amtshandlung zur Feststellung des Abgabenanspruches, da sie die denklogische Voraussetzung für die Durchsetzung des Anspruches gegen die Bf. war. Die BVE war sohin jedenfalls eine nach außen hin erkennbare Handlung des zuständigen Finanzamtes zur Feststellung des Anspruches bzw. des Zahlungspflichtigen. Zwischen dem und dem wurden jedoch keine weiteren nach außen erkennbaren Amtshandlungen gesetzt, sodass die Verjährung am eingetreten war. Eine solche Verlängerung konnte auch nicht durch das vom Finanzamt Graz-Stadt abgeführte Verfahren (und somit auch nicht durch das von der belangten Behörde in der Stellungnahme vom ins Treffen geführte Schreiben vom ) erreicht werden, da eine fristverlängernde Wirkung nur Amtshandlungen der sachlich zuständigen Abgabenbehörde zukommt (Ritz, aaO, Rz 9 zu § 209 mwN); diesem oblag (nach der damaligen Rechtslage) jedoch die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmen, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben, noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen (vgl. § 17 AVOG alt). Das Finanzamt Graz-Stadt war sohin - wie aus dem zwischenzeitlich rechtskräftigen Erkenntnis des zu dieser Frage ersichtlich - sachlich zur Erlassung der Bescheide (und folglich auch zur Durchführung des Verfahrens selbst) unzuständig. Nur der Ordnung halber sei an dieser Stelle angemerkt, dass auch das soeben genannte Erkenntnis ebenso keine Verlängerung der Bemessungsverjährung bewirken konnte, da Verwaltungsgerichte keine Abgabenbehörden iSd § 209 BAO sind (Ritz, aaO, Rz 9 zu § 209; Tanzer in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 209, 580; Fischerlehner, Abgabenverfahren 2, § 209 Anm. 3). Es bleibt sohin auch das Jahr 2011 verjährt.

c4. Jahr 2012:

Die Bemessungsverjährung begann für dieses Streitjahr am zu laufen und hätte regulär am geendet. Durch die im Vorpunkt dargestellte Amtshandlung vom (Erstbescheid gegen den DN) wurde auch hier die Frist gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO um ein Jahr, somit bis verlängert. Nachdem jedoch innerhalb der verlängerten Verjährungszeit vom bis keine weiteren Verlängerungshandlungen gesetzt wurden, waren die Ansprüche das Jahr 2012 betreffend somit am verjährt (vgl. zum vom FA Graz-Stadt durchgeführten Verfahren die Ausführungen unter c3.).

Als Zwischenergebnis ist sohin an dieser Stelle festzuhalten, dass den Beschwerden gegen die Haftungs- bzw. die Festsetzungsbescheide die Jahre 2009 bis einschließlich 2012 betreffend wegen eingetretener Bemessungsverjährung Folge zu geben ist, und die diesbezüglichen Bescheide ersatzlos aufzuheben sind.

c5. Jahr 2013:

Der Verjährungsbeginn war der ; diese hätte am geendet. Die (erstmalige) Verlängerung gemäß § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO erfolgte durch die in den Vorpunkten beschriebene bescheidmäßige Inanspruchnahme des DN im Sommer 2014, sodass die Frist bis verlängert wurde. An der die Bemessungsverjährung unterbrechenden Wirkung eines Abgabenbescheides ändert nämlich die Aufhebung dieses Bescheides in der Folge nichts ( , ÖStZB 1983, 347; , 87/17/0202, ÖStZB 1989, 493; , 94/14/0055, ÖStZB 1995, 252). Innerhalb des dergestalt verlängerten Jahres vom bis wurden die verfahrensgegenständlichen Bescheide erlassen. Das Recht zur Bemessung der strittigen Abgaben das Jahr 2013 betreffend, ist folglich noch nicht verjährt.

d. Abweisung 2013

Wie bereits eingangs dargelegt, hat der im Inland wohnhafte DN von der in Deutschland ansässigen Bf. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen, wobei Österreich das Besteuerungsrecht zukommt. Offen bleibt sohin für das Jahr 2013 die Frage, ob die Bf. dadurch, dass der DN die Tätigkeiten von einem in seinem Wohnungsverband gelegenen Büro aus ausgeübt hat, eine Betriebsstätte iSd § 81 EStG 1988 im Inland begründet hat.

Gemäß § 81 EStG 1988 gilt als Betriebsstätte für Zwecke des Steuerabzuges vom Arbeitslohn jede vom Arbeitgeber im Inland für die Dauer von mehr als einem Monat unterhaltene feste örtliche Anlage oder Einrichtung, wenn sie der Ausübung der durch den Arbeitnehmer ausgeführten Tätigkeit dient; § 29 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) gilt entsprechend. Der Begriff der Betriebsstätte iSd § 81 EStG ist jedoch nicht ident mit dem Begriff der Betriebsstätte iSd § 29 BAO, der an die Ausübung eines Betriebes oder wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes (§ 31 BAO) anknüpft, was die Bf. offenbar im Zusammenhang mit ihren Ausführungen im Vorlageantrag vom , S. 3, verkennt. Es kommt gerade nicht auf eine eigene betriebliche Infrastruktur, ein Firmenschild oder betriebseigene Geschäftsräumlichkeiten an. Der Betriebsstättenbegriff iSd § 81 EStG knüpft an die Einrichtung an, die dem Arbeitnehmer zur Ausübung seiner Tätigkeit dient. Insoweit geht § 81 EStG über den Betriebsstättenbegriff des § 29 BAO hinaus. Nach § 81 EStG ist es auch nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer im Rahmen einer betrieblichen (auf Einkünfteerzielung ausgerichteten) Tätigkeit eingesetzt wird. Es ist nicht notwendig, dass die Räumlichkeiten dem Arbeitgeber gehören oder dass sie an ihn vermietet worden sind; es genügt, wenn sie lediglich zur Verfügung stehen. Betriebstätten können sich auch im Wohnungsverband befinden, wenn ein Arbeitnehmer eines ausländischen Unternehmens in Österreich in seiner eigenen Wohnung für den ausländischen Arbeitgeber tätig wird (; ; EAS 1705). Dadurch, dass der DN zumindest zum Teil seine Tätigkeiten von dem in seiner Wohnung befindlichen Büro aus ausgeübt hat und die Bf. für diese Bereitstellung sogar monatlich einen gesonderten Betrag an den DN überwies, hat sie letztlich eine Betriebsstätte gemäß § 81 EStG im Inland begründet. Schließlich wurden auch dessen österreichische Kontaktdaten (Telefon- und Faxnummern) auf der Homepage der Bf. abgebildet. Die Frage hingegen, ob der Bf. der Umstand der Gründung einer (lohnsteuerrechtlich relevanten) Betriebsstätte bewusst war, ist für die Haftungsinanspruchnahme bzw. Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach irrelevant. Schließlich sind - wie bereits unter Punkt a. dargestellt - auch ausländische Dienstnehmer zum Abzug bzw. zur Abfuhr der strittigen Abgaben im Inland verpflichtet; auf die Frage der Kenntnis oder Unkenntnis der inländischen Rechtslage kommt es dabei gerade nicht an.

Ein Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG 1988 hat nach § 202 Abs. 1 BAO iVm § 201 Abs. 2 BAO ua zur Voraussetzung, dass bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden. Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. ). Entscheidend ist im Fall einer amtswegigen Festsetzung nach § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO und entsprechenden Bescheiden nach § 202 BAO somit, ob und gegebenenfalls welche für die belangte Behörde seit der Selbstbemessung neu hervorgekommenen Umstände herangezogen wurden, die als Wiederaufnahmegrund geeignet sind. In den verfahrensgegenständlichen Haftungsbescheiden wird zur Begründung auf das Faktum hingewiesen, dass aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens zu Tage getreten ist, dass der DN seit dem Jahr 2003 laufend Einkünfte an einer inländischen Betriebsstätte erzielte und keine Abgaben abgeführt worden sind. Damit bringt die jeweilige Bescheidbegründung sohin mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass es sich bei der Nichtabfuhr der strittigen Beträge um den von der belangten Behörde herangezogenen Tatsachenkomplex iSd § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO handelt. Dass der belangten Behörde diese Tatsachen bereits früher bekannt waren bzw. bekannt sein hätten müssen, hat das Beweisverfahren nicht ergeben. Es lag sohin zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Haftungsbescheide ein bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigender Grund vor. Der verfahrensgegenständliche Haftungsbescheid 2013 (samt DB-Festsetzung) ist sohin dem Grunde nach zu Recht erlassen worden.

Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers zur Haftung steht im Ermessen der Behörde. Danach wäre der Arbeitgeber insbesondere dann nicht zur Haftung heranzuziehen, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird und er die auf die Lohnbezüge entfallende Einkommensteuer bereits entrichtet hat. Der Arbeitgeber hat gegebenenfalls zu beweisen, dass die Einkommensteuer bereits entrichtet worden ist oder die dafür erforderlichen Daten bekannt zu geben. (Doralt, aaO, Rz 2 und 4 zu § 82; ; , 84/13/0004). Derartige Beweise wurden von Seiten der Bf. nicht erbracht; auch liegt keine Geringfügigkeit des Forderungsbetrages vor; schließlich haben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld bei der Bf. ergeben; auch berechtigte Interessen die gegen eine Haftungsinanspruchnahme der Bf. sprechen könnten, haben sich im Beschwerdeverfahren nicht ergeben bzw. wurden solche nicht geltend gemacht. Dass die Bf. von der Übertragung der Abfuhrverpflichtung an den DN ausging vermag nichts an der Haftungsinanspruchnahme bzw. Festsetzung zu ändern: Von einem verständigen, wirtschaftlich agierenden Unternehmer ist erwartbar, eine derartige Vereinbarung einerseits ausdrücklich schriftlich festzuhalten und sich darüber hinaus andererseits nach einer gewissen Zeit bei den zuständigen Behörden im Inland über die Abfuhr zu erkundigen. Offenbar hat die Bf. aber nie bei der belangten Behörde Erkundigungen über die Erfüllung der ihrerseits angenommenen Vereinbarung angestellt; auch sind keine Interventionen ihrer steuerlichen Vertretung aktenkundig. All diese Überlegungen sprechen in Summe für die Haftungsinanspruchnahme der Bf..

Auch der Höhe nach haben die Bescheide keine Änderung zu erfahren: Es gibt keinerlei Ermittlungsergebnisse für eine unrichtige Berechnung der Lst. bzw. des DB. Nachdem die tatsächliche Bezahlung von Sozialversicherungsbeiträgen an den inländischen Träger nicht nachgewiesen wurde, hatte auch ein Abzug derartiger Zahlungen von der Bemessungsgrundlage zu unterbleiben. Insgesamt war der Beschwerde das Jahr 2013 betreffend sohin der Erfolg zu versagen.

Hinsichtlich der Beschwerden gegen die Bescheide die Festsetzung von Säumniszuschlägen betreffend, hatte eine spruchmäßige Erledigung zu unterbleiben; sie sind nämlich formell akzessorisch, ihre Festsetzung ist nur isoliert - und somit nicht in Verbindung mit der Hauptsache - rechtsmittelfähig ().

1.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor: Die Frage, ob die Bf. (bzw. die für sie handelnden natürlichen Personen) wissentlich im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG gehandelt hat, entzieht sich als Ausfluss der freien richterlichen Beweiswürdigung der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (). Auch hinsichtlich der Verjährungsverlängerung durch Amtshandlungen hat sich das Gericht an die gesetzlichen Vorgaben und die ohnedies zitierte Judikatur gehalten; gleiches gilt für die Bejahung einer Betriebsstätte im Jahr 2013. Die ordentliche Revision war sohin nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 83 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 43 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 33 Abs. 2 lit. b FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 202 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 201 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Homeoffice als Betriebsstätte
Hinterziehung von Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag
Betriebsstätte
Verlängerung Verjährung
Wissentlichkeit
Amtshandlungen Verjährung
Homeoffice
Übertragung Abfuhrverpflichtung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100313.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at