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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2023, RV/7100520/2023

Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß und nur wenn sie mit der Behinderung im Zusammenhang stehen als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0061. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte am die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2021 und die einkommensteuerliche Berücksichtigung von behinderungsbedingten tatsächlichen Kosten an Stelle von pauschalen Freibeträgen in Höhe von 5.100,79 €. Außerdem wurden Krankheitskosten mit Selbstbehalt in Höhe von 1.600 € als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht.

Die belangte Behörde ersuchte den Bf., eine genaue Kostenaufstellung der beantragten behinderungsbedingten außergewöhnlichen Belastungen, die ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen wären, zu übermitteln und dabei folgende Angaben zu machen:

  • "Bezeichnung der Aufwendung

  • Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen abzüglich erhaltener bzw. beantragter Ersätze wie z.B. Krankenkasse, Versicherung, Fonds, usw.

  • wenn Aufwendungen für andere Personen übernommen wurden, geben Sie bitte das Beziehungsverhältnis und die Unterhaltsverpflichtung an. Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege in Kopie bei

  • Rechnung/en inkl. Zahlungsnachweis/e z.B. Apothekenjahresabrechnung, Rechnungen für Heilbehelfe, Arztrechnungen, Feststellungsbescheid des Sozialministeriumservice usw.

  • ärztliche Verordnung bzw. Behandlungspläne zu den beantragten Kosten

  • bei Sonderklassegebühren weisen Sie bitte zusätzlich die triftigen medizinischen Gründe hierfür nach

  • Hinweis: Bei stationären Aufenthalten, wie z. B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen. Nur Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden."

Die steuerliche Vertretung des Bf. übermittelte am eine Kostenaufstellung der ihrer Ansicht nach ohne Selbstbehalt zu berücksichtigenden außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von insgesamt 5.100,79 €:

1. Apothekerkosten in Höhe von 303,10 €

2. Krankenhauskosten in Höhe von 201,92 €

3. Taxikosten von 55,00 €

4. Aufwendungen für Heilbehelfe in Höhe von 481,80 €

5. Heimkosten des Wohnparks ***1*** in Höhe von 4.294,41 €.

Unterlagen über vom Wohnpark ***1*** an den Bf. verrechnete Kosten in Höhe von 4.294,41 € betreffend den Zeitraum Jänner 2021 bis Dezember 2021 belegen Aufwendungen für ein betreutes Wohnen. Die monatlichen Kosten betragen 344,00 € und setzten sich aus nachfolgenden Positionen zusammen:

  • Aufpreis für eine 2. Person,

  • Frühstückspension,

  • Garagenplatz sowie Kabelfernsehen

Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom wurde dem Bf. rückwirkend mit ein Pflegegeld der Pflegestufe 3 zuerkannt.

Aus der Anfragebeantwortung geht nicht hervor, inwieweit die ohne Selbstbehalt geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen durch die Pflegebedürftigkeit des Bf. bedingt waren.

Mit Einkommensteuerbescheid 2021 vom verneinte das Finanzamt die Anerkennung der beantragten Wohnungskosten für ein betreutes Wohnen in der von ***1*** angebotenen Wohnanlage als außergewöhnliche Belastung. Die Aufwendungen der konkreten Unterbringung seien nicht infolge Krankheit, Pflegebedürftigkeit oder besonderer Betreuungsbedürftigkeit verursacht worden ().

Die übrigen geltend gemachten Krankheitskosten wurden im Ausmaß von 1.106,00 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug gebracht und verringerten infolge des Selbstbehaltes einkommensteuerlich nicht das Einkommen.

Der Bf. erhob gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 Beschwerde, der er als Anhang den oben genannten Bescheid über die Erteilung der Pflegestufe 3 beifügte und weiterhin Krankheitskosten mit Selbstbehalt in Höhe von 1.106,00 € und ohne Selbstbehalt in Höhe von 5.100,00 € beantragte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden behinderungsbedingte Kosten in Höhe von 246,35 € anerkannt. Das Finanzamt führte in der Begründung dieser Entscheidung wie folgt aus:

Tatsächliche Kosten im Zusammenhang mit einer Behinderung in Höhe von 246,35 € wären nur für den Zeitraum der Gewährung des Pflegegeldes, demnach für 12/2021 berücksichtigt worden. Bei der Berechnung wurde das steuerfreie Pflegegeld in Höhe von 466,80 €, in Abzug gebracht. Garagengebühren und Kosten für Kabelfernsehen stellten keine außergewöhnliche Belastung dar.

Die übrigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, die mit Selbstbehalt zu berücksichtigen wären, hätten den Selbstbehalt in Höhe von 4.489,39 € nicht überstiegen und wirkten sich daher nicht Einkünfte mindernd aus.

Im Vorlageantrag führte die steuerliche Vertretung des Bf. wie folgt aus:

"Der Beschwerdeführer hat für das Kalenderjahr 2021 die steuerliche Berücksichtigung von Pflegeheim- und Heilbehandlungskosten beantragt. Mit Einkommensteuerbescheid 2021 vom wurden die Pflegeheimkosten mit der Begründung, dass der Selbstbehalt höher ist, nicht berücksichtigt. Zur fehlenden Berücksichtigung der Heilbehandlungskosten wurde keine Begründung abgegeben. Mit Einkommensteuerbescheid 2021 Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO vom wurden die Pflegeheimkosten nur für den Zeitraum der Pflegegeldzuerkennung berücksichtigt (Dezember 2021). Garagengebühren und Kosten für Kabelfemsehen wurden als nicht außergewöhnliche Belastung ausgesondert. Die übrigen Pflegeheim- und Heilbehandlungskosten wurden dem Selbstbehalt unterworfen. Der Beschwerdeführer hat sich vor Jahren einen Leistenbruch zugezogen, der jedoch unbehandelt geblieben ist. Dadurch kam es für den Beschwerdeführer zu einer lebensbedrohlichen Situation. Er kollabierte. Im Zuge der Operation wurde festgestellt, daß sich der Darm in den Eingeweidebruch eingeklemmt hat und Teile des Darms schon faulten. Während der achtstündigen Operation mußte viel Darm entfernt werden, weswegen ein künstlicher Darmausgang angelegt worden ist. Er hat die Operation nur knapp überlebt. Mit Bescheid vom hat der Beschwerdeführer ein Pflegegeld der Stufe 3 ab zuerkannt bekommen. Bei Zuerkennung von Pflegegeld ist von einer mindestens 25%igen Erwerbsunfähigkeit (Grad der Behinderung) auszugehen, sodass in diesen Fällen ein Nachweis nicht erforderlich ist.

Gemäß § 35 EStG 1988 können ab einem Behinderungsgrad von mindestens 25 % die dadurch entstandenen Mehrbelastungen ohne Selbstbehalt entweder mittels eines pauschalen Freibetrages oder durch Nachweis der tatsächlichen Kosten geltend gemacht werden. Eine Aliquotierung der außergewöhnlichen Belastungen ab Kenntnis der Behinderung kennt das Steuerrecht nicht. Es sind die gesamten im Kalenderjahr angefallenen Kosten steuerlich zu berücksichtigen. Gemäß § 35 EStG 1988 erfolgt kein Abzug eines Selbstbehaltes, wenn der Grad der Behinderung mindestens 25% beträgt, das gilt auch bei Zuerkennung einer pflegebedingten Geldleistung. Das Pflegegeld wurde im Kalenderjahr 2022 rückwirkend ausbezahlt. Das österreichische Einkommensteuerrecht kennt das Zufluß- und Abflußprinzip nach welchem Einnahmen bzw Ausgaben dem Kalenderjahr steuerlich zuzuordnen sind, in dem sie zu- bzw abgeflossen sind. Die Pflegeheimkosten des Kalenderjahres 2021 können daher um das Pflegegeld, welches erst im Jahr 2022 ausbezahlt worden ist, nicht gekürzt werden.

Die Appartements im Hause ***1*** sind allesamt mit Kabelfemsehen ausgestattet. Auch bei Nichtnutzung des Kabelfemsehens werden die Kosten in Rechnung gestellt. Darüber hinaus hat der festgehalten, daß Aufwendungen für Kabelfemsehen solche für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens" im Sinne des Abs. 2 NÖ SHG sind. Da die beantragten Aufwendungen des Beschwerdeführers außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 34 iVm § 35 EStG 1988 sind, entspricht der Spruch des Bescheides nicht dem Gesetz und der Inhalt des Bescheides ist nicht richtig. Ich ersuche, dass das Gericht Ihr Ermessen unter Bedachtnahme auf Billigkeit iS von Angemessenheit in bezug auf die berechtigten Interessen meines Mandanten ausübt, dass Sie in Ihrer abschließenden Entscheidung über die Beschwerde dem Antrag, den Einkommensteuerbescheid 2021 vom unter steuermindernder Berücksichtigung der beantragten außergewöhnlichen Belastungen abzuändern, stattgibt".

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung 2021 Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt in Höhe von 1.600,00 €.

Darüber hinaus wurden Heilbehandlungskosten als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend gemacht. Es handelt sich dabei um Kosten für die Nutzung einer Seniorenwohnhausanlage des Kuratorium ***1*** (4.294,41€), Apothekerkosten (303,10 €), Krankenhauskosten (201,92 €), Fahrtkosten (55,00 €) und Kosten für Heilbehelfe (481,80 €), insgesamt somit in Höhe von 5.100,79 €.

Die Pensionsversicherungsanstalt hat am dem Bf. mit Wirkung vom ein Pflegegeld der Pflegestufe 3 bescheidmäßig zuerkannt. Ein Nachweis, dass die für 2021 geltend gemachten Kosten im Zusammenhang mit der dem Bf. ab dem attestierten Pflegebedürftigkeit und der daraus abzuleitenden Behinderung im Ausmaß von 25% gestanden wären, wurde nicht erbracht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen resultieren aus der Aktenlage. Ein direkter Zusammenhang der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachten Heilbehandlungskosten mit der seit bestehenden Pflegebedürftigkeit des Bf. ist nicht erwiesen. Die steuerliche Vertretung ist der Aufforderung der belangten Behörde, einen derartigen konkreten Zusammenhang anhand von ärztlichen Verordnungen bzw. Behandlungsplänen und Bescheinigungen nachzuweisen, nicht nachgekommen.

Die vom Bf. vorgelegten Abrechnungsunterlagen vom Wohnpark ***1***, über "den Aufpreis für eine 2. Person", die Frühstückspension, den Garagenplatz sowie ein Kabelfernsehen lassen ohne ärztliche Bescheinigung keinen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Behinderung des Bf. erkennen.

Ebenso vermögen der Kundenverkaufsnachweis einer Apotheke, die Rechnung über Kostenbeiträge für einen Krankenhausaufenthalt vom bis sowie Rechnungen über Heilbehelfe und Fahrtkosten für sich alleine, ohne ärztliche Verordnung oder Bescheinigung, dass diese Aufwendungen mit der Behinderung des Bf. direkt zusammenhingen, keinen behinderungsbedingten Aufwand nachweisen.

Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 34 BAO bestimmt:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs 2 in Verbindung mit Abs 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

  • von höchstens 7 300 Euro 6%

  • mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%

  • mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%

  • mehr als 36 400 Euro12%.

…….

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs 1 und 2, anzusetzen.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

(7) ……….

  • Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs 5)

  • Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflege­zulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 Abs. 1 EStG 1988 legt fest, dass dem Steuerpflichtigen, der außergewöhnliche Belastungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung hat, und weder er noch sein Ehepartner noch sein Kind pflegebedingte Geldleistungen erhält, jeweils ein Freibetrag nach Absatz 3 dieser Bestimmung zusteht.

Der Absatz 5 der Bestimmung regelt, dass anstelle des Freibetrages auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden können (§ 34 Abs. 6 EStG 1988).

Der § 34 Abs. 6 EStG 1988 und der § 35 EStG 1988 sowie die dazu ergangene VO für außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010, enthalten Spezialbestimmungen bei Vorliegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

Nach § 4 der Verordnung für außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010 sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Aufwendungen für bestimmte Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen, sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen (; Glaubhaftmachung genügt nicht). - Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel im Sinne des § 4 der Verordnung sind Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen bzw zu mildern (s. LStR 850). Ebenso fallen darunter Medikamente, sofern sie mit der Behinderung in Zusammenhang stehen (; ; ) weiters dabei anfallende Fahrt- bzw Transportkosten im tatsächlichen Ausmaß bzw in Höhe des amtlichen Kilometergelds bei Verwendung des (familien)eigenen Kfz.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind Aufwendungen für die Unterbringung in ein Pflegeheim keine außergewöhnliche Belastung, wenn eine Unterbringung aus Altersgründen erfolgt. Anders, wenn besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht sind ().

Die steuerliche Vertretung des Bf. brachte vor, dass das Steuerrecht die von der belangten Behörde vorgenommene Aliquotierung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung ohne Selbstbehalt ab Kenntnis der Behinderung nicht kenne.

Dem ist zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwar eine Aliquotierung des Behindertenfreibetrages nicht vorzunehmen ist (vgl. ), im konkreten Fall jedoch die Anerkennung der anstelle des Freibetrages geltend gemachten tatsächlichen Kosten aus einer Behinderung strittig ist. Diesfalls sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sämtliche Kosten (), und zwar aus allen Behinderungen, nachzuweisen (LStR 844) bzw. glaubhaft zu machen. Dies betrifft auch die Aufwendungen iSd des § 2 bis 4 der Verordnung, BGBl 303/1996 idF BGBl II 430/2010. Darüber hinaus bedarf es eines unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhangs der geltend gemachten Kosten mit der Behinderung, die der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu Grunde liegt (, vgl. Jakom15, § 35 Rz 13).

Wie bereits oben festgehalten, genügte die vorgelegte Kostenaufstellung diesen Beweisanforderungen nicht. Ein Zusammenhang der geltend gemachten Aufwendungen mit der Behinderung des Bf. konnte nicht nachgewiesen werden. Trotz eines Vorhalts der belangten Behörde wurden keine ärztlichen Verordnungen von Medikamenten vorgelegt, die einen direkten Zusammenhang dieser Kosten mit einer Pflegebedürftigkeit des Bf. bescheinigt hätten. Dies trifft ebenso auf die Apothekenkosten, Krankenhauskosten, Fahrtkosten und Kosten für Heilbehelfe in Höhe von 1.041,82 € zu. Da diese Kosten allerdings zur Behandlung anderer Krankheiten als glaubwürdig erachtet werden, sind diese als zusätzliche außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen (, /; ).

Der vom Wohnpark ***1*** für die Monate Jänner 2021 bis November 2021 verrechnete Aufpreis für eine 2. Person, gleichermaßen die verrechneten Kosten für Frühstück, Garage und Kabelfernsehen können aus oben dargelegten Gründen keine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG sein, da nicht nachgewiesen wurde, dass mit ihnen besondere Aufwendungen abzudecken waren, die konkret durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht wurden (vgl. ).

Selbst wenn, nach der Praxis der Finanzverwaltung, allein bei Anspruch auf Pflegegeld davon ausgegangen werden könne, dass die Heimkosten eine außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt darstellten, übersteigen die im Beschwerdefall für den Monat Dezember 2021 für die Unterbringung und Verpflegung verrechneten Kosten in Höhe von 242,43 € nicht die in Abzug zu bringende monatliche Haushaltsersparnis in Höhe von 156,96 € und das für Dezember des Streitjahres beanspruchte Pflegegeld in Höhe von 475,20 €. Die Kosten für Garage und Kabelfernsehen stellen nach der konkreten Beweislage übliche Kosten der Lebensführung dar und sind keine außergewöhnlichen Belastungen (vgl. ).

Demzufolge ist aus dem von der steuerlichen Vertretung zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2000/11/0347, betreffend Sozialhilfe, für den vorliegenden Fall in Bezug auf die beantragte einkommensteuermindernde Berücksichtigung von Garagen- und Kabelfernsehaufwendungen nichts zu gewinnen.

Für das Pflegegeld kann das von der steuerlichen Vertretung ins Treffen geführte Zufluss- und Abflussprinzip im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG 1988 nicht gelten, zumal dieses kein Einkommen ist und gem. § 21 Bundespflegegesetz (BPGG), BGBl. Nr. 71/2013 nicht der Einkommensteuer unterliegt. Pflegegelder stellen demzufolge nicht steuerbare Transferleistungen dar.

Pflegegeld kann gemeinsam mit Pensionen von der Pensionsversicherungsanstalt ausbezahlt werden, über welches auch bescheidmäßig abzusprechen ist. Letztlich kann auch das Pflegegeld im Vergleich zu Pensionen bei der Anwendung des § 19 Abs. 1 EStG 1988 ein Ausnahmefall sein: Da vor Ergehen des Bescheides Akontozahlungen nicht möglich sind werden für diese Ausnahmefälle eine über § 19 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 hinausgehende Zuordnung zum Zeitraum der wirtschaftlichen Zugehörigkeit bewirkt (so die EB zu § 19 Abs. 1 idF BudBG 2001). Diese Nachzahlungen sind somit nicht im Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, sondern in dem Zeitraum, für den der Anspruch besteht, zu erfassen. Damit sollen negative Auswirkungen auf die steuerliche Progression vermieden werden (vgl. Mayr/Hayden in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, § 19 Tz 30/2).

Aus all dem folgt, dass alleine Krankheitskosten in Höhe von 1.041,82 € als außergewöhnliche Belastung mit Selbstbehalt zu berücksichtigen waren, welche gemeinsam mit den bereits berücksichtigten Ausgaben in Höhe von 1.016,00 insgesamt im Ausmaß von 2.057,82 € in Ansatz zu bringen waren. Da diese Aufwendungen jedoch den für den Bf. anzuwendenden Selbstbehalt in Höhe von 4.537,14 € nicht übersteigen, mindern sie nicht das Einkommen.

Berechnung der Einkommensteuer 2021:


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Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit
32.408,16 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
32.408,16 €
Sonderausgaben
-151,55 €
Außergewöhnliche Belastung
-2.057,82 €
Selbstbehalt
2.057,82 €
Einkommen
32.256,61 €
Die Einkommensteuer nach § 33 Abs. 1 EStG 1988
0% für die ersten 11.000,00
0,00 €
20% für die weiteren 7.000,00
1.400,00 €
35% für die weiteren 13.000,00
4.550,00 €
42% für die restlichen 1.251,61
527,78 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
6.477,78 €
Pensionistenabsetzbetrag
0,00 €
Steuer für sonstige Bezüge
0% für die ersten 620,00
0,00 €
6% für die restlichen 4.781,36 €
286,88 €
Einkommensteuer
6.764,66 €
Anrechenbare Lohnsteuer
6.828,32 €
Festgesetzte Einkommensteuer
-64,00 €

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, da der zu erbringende Nachweis, ob Krankheitskosten durch die Pflegebedürftigkeit bedingt waren, eine Frage darstellte, die der Feststellung des Sachverhaltes diente. Die Revision war daher nicht zulässig.

Wien, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at