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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2023, RV/7100845/2023

Familienbeihilfenanspruch nach Vollendung des 24. Lebensjahres

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Siegfried Fenz in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 10.2022-11.2022 SVNR. ***1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ an die Beschwerdeführerin (Bf.) folgenden Bescheid:
Rückforderungsbescheid Einzahlung
- Familienbeihilfe (FB)
- Kinderabsetzbetrag (KG)
für die Kinder
Name des Kindes VNR/Geb.dat. Art der Beihilfe Zeitraum[Nachname die Bf.] N… … 1197 FB Okt. 2022-Nov. 2022
KG Okt. 2022-Nov. 2022

Der Rückforderungsbetrag beträgt:
Art der Beihilfe Summe in €
FB € 358,60
KG € 116,80
Rückforderungsbetrag gesamt: € 475,40
Sie sind verpflichtet, diesen Betrag
- nach § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3
Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen. …
Begründung
Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
Zu [Nachname wie Bf.] N…:
Unter folgenden Voraussetzungen steht bei einem Studium die Familienbeihilfe bis zum 25. Geburtstag zu:
• Das Studium wird in dem Kalenderjahr begonnen, in das der 19. Geburtstag fällt
• Die gesetzliche Studiendauer des Studiums ohne Toleranzsemester beträgt mindestens
10 Semester
• Die gesetzliche Studiendauer ist noch nicht überschritten.
Mindestens eine dieser Voraussetzungen trifft nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. j Familienlastenausgleichsgesetz 1967).
§ 2 Abs. 9 FLAG 1967 sieht vor:
Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
Somit haben Sie einen Anspruch auf die Familienbeihilfe längstens bis .

Die Bf. erhob Beschwerde wie folgt:
Laut Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom wird für meine Tochter N… [Nachname die Bf.] (… 11 97) die Familienbeihilfe bis November 2022 gewährt.
Nachdem das Studium "Publizistik" per Sponsionsdatum beendet wurde, verstehe ich nicht, dass nun das Enddatum für die Familienbeihilfe mit September 2022 sein soll. Meine Tochter war doch bis November 2022 eine Studentin.
Ab Dezember 2022 ist mir klar, dass ich nur mehr für meine jüngere Tochter die Familienbeihilfe erhalte. Dies ist auch so erfolgt.
Ersuche daher höflich die Buchungsmitteilung 1/2023 vom mit einem Rückstand von € 475,40 richtig zu stellen.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, dies mit folgender Begründung:
§ 2 Abs. 9 FLAG 1967 sieht vor:
Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
Ihre Tochter hat die Altersgrenze mit Vollendung des 24. Lebensjahres mit ***2***2021
erreicht.
Die Altersgrenze erhöht sich aufgrund der COVID-19-Krise um die Monate bis Semesterende
= 02/2022 + 1 Semester = 09/2022, unabhängig davon, ob die vorgesehene Studienzeit später endet oder das Studium danach abgeschlossen wird.
Somit haben Sie einen Anspruch auf die Familienbeihilfe längstens bis .

Der Vorlageantrag wurde eingebracht wie folgt:
Das Finanzamt (DS Bruck Eisenstadt Oberwart) hat mit die Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe angeordnet. Mit 24. November2021 wurde mir, nach der von mir erwarteten sorgfältigen Prüfung der Umstände mitgeteilt, dass für meine Tochter N… [Nachname wie Bf.] (…1197) die Familienbeihilfe bis November2022 gewährt wird.
Nachdem ich nicht mit dem Gesetz vertraut bin, ist es mir nicht nachvollziehbar, weshalb die Familienbeihilfe mir nun doch nicht bis November, sondern nur bis September gewährt wird.
Meine Tochter war offiziell It. Universität Wien bis Studentin und schon bei der Voraussetzungsüberprüfung seitens des Finanzamtes 24 Jahre alt - meinerseits wusste ich bis dato der Beschwerdevorentscheidung nicht, dass es anscheinend nur vom Alter abhängig ist.
In der Beschwerdevorentscheidung wird begründet, dass die Altersgrenze unabhängig von der vorgesehenen Studienzeit ist und die Gewährung mit Vollendung des 24. Lebensjahres mit September 2022 endet. Das erscheint mir aber unlogisch im Zusammenhang mit der Voraussetzungsprüfung, da sie schon im Zeitpunkt der Voraussetzungsprüfung das 24. Lebensjahr abgeschlossen hat. Somit liegt der Fehler der Berechnung auf der Seite des Finanzamts, was sich in der Gegenüberstellung Voraussetzungsprüfung mit Gewährung Familienbeihilfe und Begründung Beschwerdevorentscheidung wie folgt deutlich hervorhebt:
- Finanzamt prüft Voraussetzungen mit November2021 und gewährt Familienbeihilfe bis November 2022, währenddessen ist meine Tochter bereits im 25. Lebensjahr (Mitteilungsdatum )
- Begründet wurde die Abweisung mit der Erreichung der Altersgrenze mit Vollendung des 24. Lebensjahres (war bereits bei Voraussetzungsprüfung seitens des Finanzamts) und die Jegliche Erhöhung aufgrund der COVID-19-Krise bis 09/22
Außerdem verweise ich auf die Ausführungen meiner Beschwerde und beantrage hiermit diesen Antrag dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen (kostenlos It. Website des BFG).
Weiters beantrage ich die Aussetzung der Einhebung in Höhe des Rückforderungsbetrag von insgesamt € 475,40 bis der Sachverhalt geklärt ist.
Ich bin alleinerziehende Mutter mit einem monatlichen Einkommen von rund EUR 1.700,- daher trifft uns die Teuerung natürlich stark, sowie die Streichung der Studienbeihilfen, da der Kindesvater viel zu viel verdient - und ich habe natürlich diese Beihilfe mit gutem Glauben für die Deckung der Ausgaben meiner Kinder (inkl. Tilgung der Kredite für ihre PKWs, um zum Studienort zu gelangen) verwendet.

Die Beschwerdevorlage erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin (Bf.) wurde zunächst mit Anspruchsüberprüfungsschreiben (AÜS) vom ersucht, eine Fortsetzungsbestätigung sowie den Studienerfolgsnachweis für ihre Tochter N…, geb. … .11.1997 vorzulegen. Dieser Aufforderung kam die Bf. fristgerecht nach und erhielt die Bf. in weiterer Folge eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom , wonach die Familienbeihilfe für N… bis November 2022 verlängert wird.
Mit AÜS vom wurde die Bf. ersucht, den Studienerfolgsnachweis sowie das Studienbuchblatt für N… vorzulegen.
Fristgerecht gab die Bf. unter Vorlage des Sponsionsbescheides bekannt, dass ihre Tochter das Masterstudium erfolgreich mit abgeschlossen habe und ab 12/2022 keine Familienbeihilfe mehr beantragt werde.
Die Bf. erhielt daraufhin am über Finanzonline eine weitere Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe, in der die Familienbeihilfe für N… nur mehr bis inklusive September 2022 ausgewiesen wird.
Am selben Tag wurde von der Behörde ein Rückforderungsbescheid für die Monate Oktober und November 2022 erlassen, welcher am zugestellt wurde.
Begründend wurde ausgeführt, dass § 2 Abs. 9 FLAG 1967 folgendes vorsieht:
"Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
Somit haben Sie einen Anspruch auf die Familienbeihilfe längstens bis ."
Auf Grund der Mitteilung und dem damit zu rechnenden Rückforderungsbescheid legte die Bf. mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde ein und bringt vor, dass laut Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom für ihre Tochter N… [Nachname wie Bf.] (… 11 97) die Familienbeihilfe bis November 2022 gewährt wurde. Nachdem das Studium "Publizistik" per Sponsionsdatum beendet wurde, verstehe sie nicht, dass nun das Enddatum für die Familienbeihilfe mit September 2022 sein soll. Ihre Tochter sei doch bis November 2022 eine Studentin gewesen. Ab Dezember 2022 sei ihr klar, dass sie nur mehr für ihre jüngere Tochter die Familienbeihilfe erhalte.
Die Beschwerde wurde mittels Beschwerdevorentscheidung abgewiesen und ergänzend zu den rechtlichen Grundlagen im Rückforderungsbescheid angemerkt, dass N… die Altersgrenze mit Vollendung des 24. Lebensjahres mit ***2***2021 erreicht hat. Die Altersgrenze erhöht sich aufgrund der COVID-19-Krise um die Monate bis Semesterende = 02/2022 + 1 Semester = 09/2022, unabhängig davon, ob die vorgesehene Studienzeit später endet oder das Studium danach abgeschlossen wird.
Somit habe die Bf. einen Anspruch auf die Familienbeihilfe längstens bis .
Die Bf. beantragte rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das BFG und bringt ergänzend vor, dass der Fehler beim Finanzamt liegen würde, da bereits zum Zeitpunkt der Beantwortung des AÜS im November 2021 alle Daten bekannt gewesen seien.
Beweismittel:
vorgelegte Aktenteile
Stellungnahme:
Die Beschwerde vom richtet sich zwar gegen die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom und wurde vor Zustellung des Rückforderungsbescheides eingebracht, richtet sich aber inhaltlich gegen den Rückforderungsbescheid, welcher am zugestellt wurde und wäre daher nach Meinung der Behörde eine Zurückweisung der Beschwerde gemäß § 260 Abs. 2 BAO nicht zulässig gewesen.
Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich ().
Die Erstattungspflicht besteht daher auch dann, wenn eine weiterhin ausbezahlte Familienbeihilfe gutgläubig verbraucht wurde.
Die Behörde beantragt unter Verweis auf die Begründung im Rückforderungsbescheid und der Beschwerdevorentscheidung die Abweisung der Beschwerde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. bezog für ihre Tochter N. bis inklusive November 2022 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

Die Tochter der Bf. wurde im November 1997 geboren und vollendete das 24. Lebensjahr im November 2021.

Am richtete das Finanzamt eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe an die Bf.:
Wir haben Ihren Anspruch auf Familienbeihilfe überprüft und können Ihnen diesen im folgenden Umfang gewähren:
Name des Kindes Geb.dat. von - bis
[Nachname wie Bf.] N… … .11.1997 Jän. 2014 - Nov. 2022

Das Finanzamt forderte mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die beiden Monate Oktober und November 2022 in Gesamthöhe von EUR 475,40 zurück, da mindestens eine der drei im Bescheid aufgelisteten (kumulativ geforderten) Voraussetzungen, auf Grund welcher bei einem Studium die Familienbeihilfe bis zum 25. Geburtstag zusteht, nicht zutreffe und sich die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j FLAG 1967 im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, (nur) um ein weiteres Semester verlängert.
Somit habe die Bf. einen Anspruch auf die Familienbeihilfe längstens bis .

In der Begründung der Beschwerdevorentscheidung legte das Finanzamt der Bf. dar,
- dass ihre Tochter die Altersgrenze mit Vollendung des 24. Lebensjahres mit ***2***2021
erreichte und
- dass sich die Altersgrenze aufgrund der COVID-19-Krise um die Monate bis Semesterende = 02/2022 + 1 Semester = 09/2022, erhöhte.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt im elektronischen Weg vorgelegten Akten. Die Sachverhaltsfeststellungen sind unstrittig. Diesbezüglicher Ausführungen bedarf es daher nicht.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit b leg.cit. haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

§ 2 Abs. 9 FLAG 1967 bestimmt:
Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinausum ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist [Hervorhebungen durch den Sachbearbeiter].

Durch das 6. COVID-19-Gesetz, BGBl I 28/2020, wurde dem § 2 FLAG 1967 ein Abs. 9 angefügt, der gemäß § 55 Abs. 45 FLAG 1967 mit in Kraft getreten ist und nach dessen lit. b sich die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise verlängert.

In den Materialien (126 BlgNR XXVII. GP - Ausschussbericht NR) heißt es dazu:
"Für Volljährige wird die Familienbeihilfe grundsätzlich nur dann gewährt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (z.B. ein Studium betreiben). Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).
Auf Grund der COVID-19-Krise wird die Absolvierung einer Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) im Regelfall beeinträchtigt und daher die Fortsetzung bzw. der Abschluss verzögert.
Innerhalb der derzeit im FLAG 1967 vorgesehenen Altersgrenze kann eine Unterbrechung der Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) insofern saniert werden, als die Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verlängert werden kann. Die derzeitige COVID-19-Krise ist als derartiges Ereignis anzusehen und zwar unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung. Diese Verlängerung wird unmittelbar in Bezug auf jene Studienphase wirksam, in der die Beeinträchtigung durch die COVID-19-Krise erfolgt.
Um die angesprochenen Nachteile für die in Rede stehende Personengruppe zu kompensieren, deren Gesamtstudiendauer, die für die Gewährung der Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise zur Verfügung steht, über die Vollendung des 24. oder 25. Lebensjahres hinausgeht, soll die Zeitdauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltende Altersgrenze hinaus verlängert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass auch - zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird - für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt werden kann, in denen der Studienbetrieb beeinträchtigt war. Dies soll durch eine Verlängerung des Anspruches auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr erfolgen."

Vollendete die Tochter der Bf. das 24. Lebensjahr im November 2021 und berücksichtigte das Finanzamt die COVID- 19- Verlängerung der Anspruchsdauer um ein Semester, hat die Bf. bis einschließlich September 2022 Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Tochter.

Zur Vorbringen betreffend die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe

Zum Vorbringen der Bf., dass ihr laut Mitteilung des Finanzamtes die Familienbeihilfe für ihre Tochter mit Mitteilung vom bis zugesichert wurde, wird zunächst Folgendes festgestellt:

Steht nach Ansicht der Beihilfenbehörde Familienbeihilfe zu, hat das Finanzamt diese gemäß § 11 FLAG 1967 auszuzahlen und hierüber gemäß § 12 leg. cit. eine Mitteilung auszustellen. Diese Mitteilung ist der Rechtskraft nicht zugänglich und kein Bescheid (vgl. bspw. ): Gemäß § 13 FLAG ist ein Bescheid zu erlassen, soweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist. Demnach ergibt sich schon aus dem Gesetz denklogisch, dass eine Mitteilung nach § 12 Abs. 1 FLAG 1967 kein Bescheid iSd § 13 FLAG 1967 ist (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 12, Rz 5:
"Die Mitteilung über den entstandenen Anspruch auf Bezug der FB, den Wegfall der FB oder die Verständigung über die Einstellung der Auszahlung der FB ist kein Bescheid [s RV/0205-G/06 ...]; bspw. und , RV/7103603/2015)."

Da über die Zuerkennung von Familienbeihilfe kein (positiver) Bescheid erlassen wird, kann innerhalb der Verjährungsfrist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe zurückgefordert werden, ohne dass es des Vorliegens von z.B. der in § 299 oder 303 BAO normierten besonderen Voraussetzungen bedarf.

Dass die Bf. auf Grund des vom Finanzamt erzeugten Anscheins und der Weitergewährung der Familienbeihilfe davon ausging, ihr stünden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu, hindert eine Rückforderung nicht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof judiziert, normiert § 26 Abs. 1 FLAG 1967 eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl. etwa ; ; ; ).
Diese Verpflichtung zur Rückerstattung ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat.
Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. mit Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung wie Erkenntnisse ).

Die objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht es der Rückforderung auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch das Finanzamt verursacht worden ist (vgl. ).

Vgl. zur umfangreichen höchstgerichtlichen Rechtsprechung auch die ausführlichen Hinweise von Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26 Rz 12 ff mwN.

Mitteilungen über den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen stehen einer Rückforderung auch nach einhelliger Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichtes nicht entgegen (vgl. bspw. ; , RV/7102979/2017; , RV/7101290/2017).

Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen vermag dem Standpunkt der Bf. nicht zum Durchbruch zu verhelfen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung:

Angesichts der von der Bf. angesprochenen finanziellen Situation wird auf die Möglichkeit eines beim Finanzamt einzubringenden Zahlungserleichterungsansuchen (§ 212 BAO) hingewiesen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolgen im beschwerdegegenständlichen Fall ergeben sich unmittelbar aus den anzuwendenden eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen und wurde im Übrigen der ständigen Rechtsprechung des VwGH gefolgt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100845.2023

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