Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2023, RV/6100351/2015

Abzugsteuer für im Inland vortragenden beschränkt Steuerpflichtigen

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0066.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Mathilde Haslauer, Judenbergweg 3, 5020 Salzburg, über die Beschwerden vom , vom , vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Salzburg-Land (nunmehr Finanzamt Österreich) betreffend

  1. Haftung für Abzugssteuer 07-12/2005, 2006-2008 und Festsetzung von Verspätungszuschlägen 07-12/2005, 2006-2008 jeweils vom

  2. Haftung für Abzugssteuer 2009-2012 jeweils vom ,

  3. Festsetzung von Verspätungszuschlägen 2009-2012 jeweils vom und

  4. Haftung für Abzugssteuer 2013-2016 jeweils vom ,

zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (kurz Bf) bietet im Rahmen seines Unternehmens ua. Veranstaltungen hinsichtlich Management, Verkaufs- und Führungsstrategien an.

Im Zuge von insgesamt drei die beschwerdegegenständlichen Zeiträume (2005-2016) umfassenden Außenprüfungen, wurde festgestellt, dass Fremdleistungsaufwendungen an ***1*** (Schweiz) betreffend die Durchführung von Seminaren in Österreich dem Steuerabzug nach § 99 EStG 1988 zu unterziehen seien. Eine Entlastung an der Quelle sei aufgrund fehlender Formalvoraussetzungen nicht möglich. Die Anwendung der DBA-Entlastungsverordnung setze die Vorlage des von der ausländischen Steuerverwaltung bestätigten Formulars "ZS-Q-1" (für natürliche Personen) voraus, welche bis dato trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden sei.

Mit Haftungsbescheiden für die Zeiträume 07-12/2005, 2006-2008 jeweils vom , für die Jahre 2009-2012 vom , sowie für die Jahre 2013-2016 vom wurde dem Bf die Abzugssteuer gemäß § 99 Abs 1 iVm § 100 Abs 2 EStG 1988 für diese Fremdleistungsrechnungen vorgeschrieben. Ebenfalls am ergingen die dazugehörigen Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die Jahre 2005-2008. Für die Jahre 2009-2012 wurden die Verspätungszuschläge mit Bescheiden vom 30.3.20015 verhängt. Zur Begründung der Haftungsbescheide wurde im Wesentlichen auf die Berichte über die Außenprüfungen verwiesen.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf zunächst Berufung (nunmehr Beschwerde) gegen Haftungsbescheide sowie die Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen für die Zeiträume 07-12/2005 und 2006-2008 ein. Gegen die Haftungsbescheide 2009-2012 brachte er mit Schriftsatz vom , gegen die dementsprechenden Bescheide über die Festsetzung von Verspätungszuschlägen mit Schriftsatz vom , Beschwerde ein. Gegen die Haftungsbescheide 2013-2016 brachte er mit Schriftsatz vom Beschwerde ein.

In den gleichlautenden Begründungen wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf bereits eine Bestätigung der zuständigen Gemeindeverwaltung vorgelegt habe. Aus dieser Bestätigung gehe hervor, dass ***1*** sein Einkommen in der Schweiz versteuere. Die Vorlage des Formulars ZS-Q 1 werde weder im Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz, noch in einer entsprechenden Durchführungsverordnung vorgeschrieben. Der Steuerabzug gemäß § 99 EStG 1988 komme außerdem nur dann zum Tragen, wenn der Empfänger der Einkünfte beschränkt steuerpflichtig ist. ***1*** sei in Österreich aber weder beschränkt noch unbeschränkt steuerpflichtig. Aus der DBA-Entlastungsverordnung - insbesondere § 2 Abs 1- könne keine zwingende Vorlage des Formulars ZS-Q 1 abgeleitet werden, da es sich um eine "Kannbestimmung" handle.

Ein Verspätungszuschlag sei daher ebenfalls zu Unrecht verhängt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (Jahre 2009-2012), sowie vom (Jahre 2013-2016) wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. In den wortgleichen Begründungen wurde zusammengefasst ausgeführt, dass gemäß § 99 Abs 1 Z 5 EStG bei Einkünften aus im Inland ausgeübter kaufmännischer Beratung die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben werde. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Steuerentlastung an der Quelle nach der DBA-Entlastungsverordnung sei, dass die in der Verordnung geforderten Aufzeichnungspflichten erfüllt werden. Die Vorlage der Steuerbescheide aus der Schweiz erfülle diese Anforderungen nicht. Weitere Unterlagen - Insbesondere das Formular ZS-Q 1 - seien nicht vorgelegt worden.

Hinsichtlich der Jahre 2005-2008 wurde keine Beschwerdevorentscheidung erlassen.

Mit Vorlageanträgen vom und beantrage der Bf, dass die Beschwerden hinsichtlich der Jahre 2009-2012 und 2013-2016 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt werden.

Das Finanzamt legte die Beschwerden mittels Vorlageberichten vom , und dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat die Beschwerden wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf bietet im Rahmen seines Unternehmens Veranstaltungen aus dem Bereichen Führung-, Team und Managemententwicklung an. ***1*** war als Vortragender für den Bf bei diversen Seminaren in Österreich tätig.

Im beschwerdegegenständlichen Zeitraum machte der Bf Rechnungen für die Leistungen des ***1*** als Fremdleistungsaufwand geltend.

***1*** ist in der Schweiz wohnhaft und verfügt in Österreich weder über eine Wohnung, noch hält er sich länger als sechs Monate pro Jahr in Österreich auf. Er hat im Inland auch keine betriebliche Einrichtung.

Die Leistungsbeschreibungen der Rechnungen betreffen die Abhaltung von Seminaren in österreichischen Seminarhotels hinsichtlich Verkauf, Beratungspraxis, Führung, Motivation und Managementtraining.

Folgende Beträge wurden geltend gemacht:

2005: € 58.002,91

2006: € 68.997,66

2007: € 121.985,92

2008: € 116.676,95

2009: € 137.696,78

2010: € 97.233,37

2011: € 137.852,32

2012: € 143.627,34

2013: € 113.124,96

2014: € 73.179.13

2015: € 91.065,96

2016: € 33.492,25

Ansässigkeitsbescheinigungen bezüglich der von ***1*** getätigten Einkünfte in Österreich liegen nicht vor.

2. Beweiswürdigung

Eine Ansässigkeitsbescheinigung wurde vom Bf trotz Aufforderung nicht vorgelegt. Es wurde auch kein gleichwertiger Nachweis vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass der Schweizer Abgabenbehörde die von ***1*** in Österreich erzielten Einkünfte bekannt sind.

Die Sachverhaltsfeststellung, dass ***1*** in Österreich weder eine betriebliche Einrichtung noch eine Wohnung hat und sich nicht mehr als 6 Monate im Jahr im Inland aufhält, ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Einleitend wird darauf hingewiesen, dass gemäß § 323 Abs. 38 BAO die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.

Abzugssteuer:

Gemäß § 98 Abs 1 Z 2 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs 3) Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 22), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Die Arbeit wird im Inland ausgeübt, wenn der Steuerpflichtige im Inland persönlich tätig geworden ist.

Nach § 99 Abs 1 Z 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden, durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer).

Gemäß § 100 Abs 2 EStG 1988 ist Schuldner der Abzugsteuer der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs 1. Der Schuldner dieser Einkünfte (in den Fällen des § 99 Abs 3 die zum Steuerabzug zugelassene Person) haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99.

Nach § 22 Z 1 lit a EStG 1988 sind Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören: Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit.

Von einer unterrichtenden Tätigkeit wird gesprochen, wenn bestimmte Fertigkeiten und/oder Kenntnisse didaktisch aufbereitet und in systemgerechter Weise mit einem bestimmten Lehrziel vermittelt werden, wobei diese Tätigkeit im Vordergrund einer allenfalls darüberhinausgehenden Tätigkeit stehen muss (; Peyerl in Jakom EStG15, § 22, Rz 32). Beispielsweise erzielt nach der Rsp ein Personaltrainer auf dem Gebiet der Rhetorik, Verhandlungstaktik und Kommunikation Einkünfte aus einer unterrichtenden Tätigkeit ().

Vortragstätigkeit im Sinne des § 99 EStG ist dadurch gekennzeichnet, dass mündliche Ausführungen von Dritten unmittelbar sinnlich erfasst werden. Vortragende erbringen grundsätzlich wissenschaftliche, unterrichtende oder erzieherische Leistungen. Die Vortragstätigkeit umfasst die Vermittlung von Information und Wissen zu dem abgehaltenen Vortragsthema. Der Begriff "Vortragender" ist weit zu verstehen. Darunter fällt bspw. auch die durch Vortrag gestaltete Unterrichtstätigkeit, die Betreuung von Workshops durch Lehrpersonen und das vornehmlich mündlich betriebene Managementtraining. (vgl. Ludwig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG-Kommentar22, § 99 Rz 8).

Bei den gegenständlichen Leistungen des ***1*** handelt es sich um Einkünfte aus selbständiger Arbeit iSd § 22 EStG, da im Rahmen der Seminare Fertigkeiten und Kenntnisse in den genannten Fachgebieten didaktisch aufbereitet und in systemgerechter Weise mit einem bestimmten Lehrziel vermittelt wurden.

Es handelt sich auch eindeutig um eine Vortragstätigkeit iSd § 99 EStG.

Die Einkünfte des ***1*** fallen daher grundsätzlich unter die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte nach § 98 EStG, für die ein Steuerabzug gemäß § 99 EStG vorgesehen ist, da er in Österreich unstrittig über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt (§ 1 Abs 3 EStG).

Gemäß Artikel 14 Z 1 Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ("DBA Schweiz") dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf oder aus sonstiger selbständiger Tätigkeit ähnlicher Art bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Vertragsstaat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt.

§ 1 DBA-Entlastungsverordnung bestimmt: Sind Einkünfte von im Ausland ansässigen Personen auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen ganz oder teilweise von einer inländischen Abzugsbesteuerung zu entlasten, kann diese Entlastung in unmittelbarer Anwendung der Doppelbesteuerungsabkommen vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen vom Vergütungsschuldner (vom Abfuhrpflichtigen) herbeigeführt werden (Entlastung an der Quelle). Der Vergütungsschuldner ist in diesem Fall verpflichtet, die Richtigkeit der Unterlassung oder Einschränkung des Steuerabzuges zu beweisen oder nach Maßgabe des § 138 BAO glaubhaft zu machen.

Nach § 2 Abs 1 DBA-Entlastungsverordnung kann die Abkommensberechtigung des ausländischen Einkünfteempfängers dem Grunde nach durch eine von der ausländischen Steuerverwaltung ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung unter Verwendung der Vordrucke ZS-Q 1 (für natürliche Personen) oder ZS-Q 2 (für juristische Personen) glaubhaft gemacht werden.

Nach § 5 Abs 1 Z 1 DBA-Entlastungsverordnung ist eine Entlastung an der Quelle unzulässig, wenn den Dokumentationsanforderungen der §§ 2 bis 4 nicht ausreichend entsprochen wird.

Das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte des ***1*** steht nach Art 14 Z 1 DBA-Schweiz der Schweiz zu.

Eine unmittelbare Anwendung des Doppelbesteuerungsabkommens ist aber nur unter Berücksichtigung der DBA-Entlastungsverordnung möglich. Die DBA-Entlastungsverordnung definiert also die Bedingungen, unter denen die Entlastung unmittelbar an der Quelle erfolgen darf (Doralt/Ruppe, Steuerrecht Band II, Rz 658).

Die Entlastung an der Quelle ist nach § 2 Abs 1 DBA-EntlastungsVO nur dann zulässig, wenn nachweislich sämtliche Formalanforderungen rechtzeitig erfüllt sind. Der Empfänger der Einkünfte muss demnach eine Ansässigkeitsbescheinigung beibringen (Formular "ZS-Q 1" für natürliche Personen; vgl ; Marschner in Jakom EStG15, § 99 Rz 45 und 47;). Wenn die Dokumentationspflichten nach der DBA-EntlastungsVO nicht erfüllt sind, besteht jedenfalls eine Verpflichtung zum Steuerabzug (). Das Verlangen nach einer Ansässigkeitsbescheinigung ist nach Ansicht des VwGH auch unionsrechtskonform ().

Mit der Ansässigkeitsbescheinigung wird dokumentiert, dass die ausländische Steuerverwaltung über den Einkünftezufluss an den deklarierten Einkünfteempfänger Kenntnis erlangt (Marschner in Jakom EStG15, § 99 Rz 46).

Der Bf hat im gesamten Verfahren keine Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt. Er ist daher seiner Dokumentationspflicht nach der DBA-EntlastungsVO nicht nachgekommen. Nach Zorn in Titz SWI, Heft 3/2010, 101, reicht zwar unter Umständen auch eine gleichwertige Beweisurkunde aus. Eine gleichwertige Beweisurkunde wurde aber vom Bf nicht vorgelegt. Ziel und Zweck der Dokumentationserfordernisse des § 2 DBA-EntlastungsVO ist, dass die ausländische Steuerbehörde von den zu versteuernden Einkünften Kenntnis erlangt. Im amtlichen Formular "ZS-Q 1" ist unter Punkt III. "Angaben über die von der Besteuerung zu entlastenden österreichischen Einkünfte", ua. die Art und die Höhe der Einkünfte bekanntzugeben. Durch die Vorlage einer Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde, dass ***1*** in der Schweiz einkommensteuerpflichtig ist, wird dem nicht genüge getan.

Da nach innerstaatlichem Recht die Abfuhrpflicht gegeben ist, die Voraussetzungen der DBA-Entlastungsverordnung für eine Entlastung an der Quelle in unmittelbarer Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens aber nicht erfüllt sind, war die Abzugsteuer zu Recht vorzuschreiben.

Verspätungszuschlag:

Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde gemäß § 135 BAO einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.

Zweck des Verspätungszuschlags ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist.

Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (Ritz/Koran, BAO7, § 135 Rz 1 ff).

Die zu den Selbstbemessungsabgaben zählende Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 ist vom Abfuhrpflichtigen (Haftungspflichtigen) selbst zu berechnen und zu entrichten, ohne dass eine vorherige abgabenbehördliche Tätigkeit wie etwa die bescheidmäßige Festsetzung abgewartet werden darf. Bei dieser Abgabe handelt es sich um eine Zahlungsschuld kraft Gesetzes, deren Entstehungszeitpunkt durch § 100 Abs 4 EStG 1988 geregelt wird. Der jeweilige Fälligkeitstermin ergibt sich aus § 101 Abs 1 EStG 1988. Danach hat der Schuldner der dem Steuerabzug unterliegenden Einkünfte die innerhalb eines Kalendermonates gemäß § 99 einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Steuerabzug gemäß § 99 EStG" spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates an sein Betriebs- bzw. Wohnsitzfinanzamt abzuführen.

Im gegenständlichen Fall steht außer Streit, dass der Bf es verabsäumte die Abzugssteuer nach § 99 EStG zu berechnen und an das Finanzamt abzuführen. Von der gesetzlichen Frist zur Berechnung der Abgabe durch den Haftungsverpflichteten (§ 101 Abs 1 EStG) bis zur Erlassung der Haftungsbescheide verging jeweils ein Zeitraum von mehreren Jahren.

Das BFG kommt im vorliegenden Beschwerdefall nicht zur Auffassung, dass der Bf seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist und seinem "Nicht-Tun" in Bezug auf die Selbstberechnung eine "vertretbare" Ansicht zugrunde lag, zumal der Bf durch wiederholte Außenprüfungen wusste, welche Rechtsansicht die zuständige Behörde vertrat.

Dem Grunde nach war daher das Finanzamt zur Verhängung eines Verspätungszuschlages berechtigt.

Das Finanzamt hat einheitlich den Höchstsatz von 10% in Ansatz gebracht. Den in den Bescheiden über die Verspätungszuschläge dargelegten Gründe folgt auch das BFG. Das Finanzamt führte dabei aus, dass der Bf wiederholt die Vorlage der Ansässigkeitsbescheinigungen unterlassen hat und es sich demnach um eine länger dauernde rechtswidrige Übung mit entsprechend hohen steuerliche Nachforderungen handelte. Die wiederholte Säumigkeit über einen Zeitraum von vielen Jahren und der Umstand, dass selbst die mehrfache Aufforderung seitens des Finanzamtes den Bf nicht zur Abgabe der notwenigen Formulare bewegen konnte, sprechen für eine "hartnäckige" Weigerung des Bf die Abgabe zu berechnen und abzuführen bzw. die für die Entlastung nötigen Unterlagen vorzulegen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht strittige Rechtsfrage ist durch die Rsp des VwGH geklärt. Von dieser wird im vorliegenden Erkenntnis nicht abgewichen. Die (ordentliche) Revision war somit nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100351.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at