zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2023, RV/7300048/2022

Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG - Ausmessung der Geldstrafe und der Verbandsgeldbuße

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag.Dr. Wolfgang Pagitsch in der Finanzstrafsache gegen 1.) ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** als Beschuldigten und 2.) ***Bf2***, ***Bf2-Adr*** als belangten Verband, beide vertreten durch Mag. Wolfgang Anton Winkler, Ditscheinergasse 2 Tür 4, 1030 Wien, wegen Finanzordnungswidrigkeiten gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG über die Beschwerde des Beschuldigten und des belangten Verbandes vom gegen das jeweilige Erkenntnis des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom , zu Recht erkannt:

I.) Der Beschwerde des Beschuldigten wird (teilweise) Folge gegeben und bei unverändert aufrecht bleibendem Schuldspruch der Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abgeändert, dass gem. § 49 Abs. 2 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe auf € 3.500,00 und die gem. § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Wochen herabgesetzt wird.

Gem. § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des Finanzstrafverfahrens iHv € 350,00 zu ersetzen.

II.) Der Beschwerde des belangten Verbandes wird (teilweise) Folge gegeben und bei unverändert aufrecht bleibendem Schuldspruch der Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abgeändert, dass gem. § 28a Abs. 2 iVm 49 Abs. 2 FinStrG, unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG, die über den belangten Verband verhängte Verbandsgeldbuße auf € 3.000,00 herabgesetzt wird.

Gem. § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat der belangte Verband die Kosten des Finanzstrafverfahrens iHv € 300,00 zu ersetzen.

III.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Mit Erkenntnis des Amtes für Betrugsbekämpfung als Finanzstrafbehörde vom wurde der Beschuldigte für schuldig befunden, er habe als Entscheidungsträger der ***Bf2*** vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben und zwar Lohnsteuer 03/2018 iHv € 632,64, Dienstgeberbeitrag 03/2018 iHv € 552,89, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2018 iHv € 56,71, Lohnsteuer 04/2018 iHv € 853,95, Dienstgeberbeitrag 04/2018 iHv € 479,94, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2018 iHv € 49,22, Lohnsteuer 07/2018 iHv € 1.134,69, Dienstgeberbeitrag 07/2018 iHv € 697,07, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2018 iHv € 71,49, Lohnsteuer 08/2018 iHv € 1.084,34, Dienstgeberbeitrag 08/2018 iHv € 678,81, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2018 iHv € 69,62, Dienstgeberbeitrag 03/2020 iHv € 247,87, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2020 iHv € 41,25, Lohnsteuer 05/2020 iHv € 551,29, Dienstgeberbeitrag 05/2020 iHv € 262,06, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2020 iHv € 25,53, Lohnsteuer 07/2020 iHv € 2.227,94, Dienstgeberbeitrag 07/2020 iHv € 966,61, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2020 iHv € 94,18, Lohnsteuer 08/2020 iHv € 780,63, Dienstgeberbeitrag 08/2020 iHv € 483,50, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2020 iHv € 47,11, Lohnsteuer 10/2020 iHv € 1.755,15, Dienstgeberbeitrag 10/2020 iHv € 631,90, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2020 iHv € 61,57, Lohnsteuer 11/2020 iHv € 1.455,87, Dienstgeberbeitrag 11/2020 iHv € 894,16, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2020 iHv € 87,12, Lohnsteuer 12/2020 iHv € 780,63, Dienstgeberbeitrag 12/2020 iHv € 468,49, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2020 iHv € 45,65, Lohnsteuer 03/2021 iHv € 816,70, Dienstgeberbeitrag 03/2021 iHv € 468,49, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2021 iHv € 45,65, Lohnsteuer 04/2021 iHv € 825,60, Dienstgeberbeitrag 04/2021 iHv € 503,38, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2021 iHv € 49,05, Umsatzsteuer 07/2018 iHv € 1.355,92, Umsatzsteuer 08/2018 iHv € 2.175,11, Umsatzsteuer 09/2018 iHv € 1.745,25, Umsatzsteuer 07/2021 iHv € 1.868,80, insgesamt somit iHv € 28.123,83 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit abgeführt und hiedurch eine Finanzordnungswidrigkeit gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen. Gem. § 49 Abs. 2 FinStrG wurde über ihn eine Geldstrafe iHv € 5.000,00 verhängt. Gem. § 20 FinStrG wurde für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 20 Tagen festgesetzt. Gem. § 185 FinStrG wurden die Kosten des Strafverfahrens mit € 500,00 bestimmt.

Weiters wurde am selben Tag mit gesonderten Erkenntnis die ***Bf2*** als belangter Verband dafür verantwortlich gemacht, dass ihr Entscheidungsträger ***Bf1*** vorsätzlich die oben angeführten selbst zu berechnenden Abgaben iHv insgesamt € 28.123,83 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit abgeführt und hiedurch eine Finanzordnungswidrigkeit gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen habe. Gem. § 49 Abs. 2 iVm § 28a FinStrG wurde über den Verband eine Verbandsgeldbuße iHv € 5.000,00 verhängt und die Kosten des Strafverfahrens mit € 500,00 bestimmt.

Als Begründung wurde in beiden Erkenntnissen im Wesentlichen und inhaltsgleich ausgeführt, dass im Zuge der Würdigung des Abgabenkontos der ***Bf2*** festgestellt worden sei, dass oben angeführte Lohnabgaben und Umsatzsteuern nicht spätestens bis zum fünften Tag nach Fälligkeit gemeldet bzw. abgeführt worden seien und die verspäteten Meldungen konkludente Selbstanzeigen darstellen würden, welchen jedoch mangels Entrichtung der geschuldeten Abgaben binnen Monatsfrist keine strafbefreiende Wirkung zukomme. Deswegen seien am Finanzstrafverfahren eingeleitet worden, auf welches sich der Beschuldigte und der belangte Verband nicht eingelassen hätten. In weiterer Folge sei gegen die Strafverfügungen vom Einspruch erhoben worden. Diese hätten sich ausschließlich gegen die Strafhöhen gerichtet. Die subjektive Tatseite sei deshalb erfüllt, da die Verpflichtung zur rechtzeitigen Meldung der Lohnabgaben und Umsatzsteuern bzw. die fristgerechte Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen jedem steuerpflichtigen Unternehmer hinlänglich bekannt sei. Dies treffe auch auf den Beschuldigten zu, zumal im Tatzeitraum und darüber hinaus monatliche Meldungen durchaus auch fristgerecht erfolgt seien und er in der Vergangenheit bereits mehrfach wegen Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs 1 lit a FinStrG belangt worden sei. Er habe sich dennoch dafür entschieden, der abgabenrechtlichen Verpflichtung nicht ordnungsgemäß nachzukommen und habe sich damit abgefunden, wodurch ein bedingt vorsätzliches Handeln gegeben sei. Zudem habe sich der Beschuldigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung schuldig bekannt. Bei der Strafbemessung wurde sowohl beim Beschuldigten als auch beim belangten Verband als mildernd die finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit, die volle Schadensgutmachung und die angespannte wirtschaftliche Lage als erschwerend der lange Tatzeitraum gewertet. Zudem sei auf die jeweiligen persönlichen Verhältnisse und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht genommen worden und lägen entgegen der Ansicht des Beschuldigten auch spezialpräventive Gründe vor, da der Beschuldigte aufrechter Geschäftsführer des Verbandes sei und bereits in der Vergangenheit mehrfach finanzstrafrechtlich auffällig gewesen sei.

Gegen das jeweilige Straferkenntnis wurde in einem gemeinsamen Schriftsatz vom frist- und formgerecht Beschwerde erhoben. Diese richteten sich ausschließlich gegen die Strafhöhen und wurden damit begründet, dass die vorliegenden Milderungs- und Erschwernisgründe nicht richtig und ausreichend gewürdigt worden seien. Zudem habe der belangte Verband auf Grund der Corona Pandemie wirtschaftlich starke Einbußen hinnehmen müssen und liege daher eine angespannte wirtschaftliche Lage vor. Daher habe sich der Beschuldigte eine weitere unselbständige Beschäftigung suchen müssen, um seine Lebenshaltungskosten finanzieren zu können. Weiters würden sich die verspätetet abgeführten Lohnabgaben zu einem wesentlichen Teil auf die Zeit der Corona Pandemie beziehen, in der das Unternehmen auf Grund der staatlich angeordneten Lockdowns keine Umsätze erzielen konnte. Darüber hinaus seien die Abgaben zumindest informell gestundet worden und seien Stundungsansuchen von der Finanzverwaltung nicht bearbeitet worden. Auch habe der belangte Verband entsprechend der Anregung der Bundesregierung die Arbeitnehmer nicht freigesetzt, sondern weiter beschäftigt, wenn auch teilweise in Kurzarbeit. Daher hätte man mit Strafen in Ausmaß von 8 bis 10 % des verspätet abgeführten Betrages das Auslangen finden müssen und werde daher jeweils eine tat- und schuldangemessene Ausmessung der Strafen unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation beantragt.

Mit Vorlageberichten vom legte die belangte Behörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte ergänzend aus, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse ausreichend berücksichtigt worden seien, general- und spezialpräventive Überlegungen miteinzubeziehen gewesen seien, der Beschuldigte bereits mehrfach finanzstrafrechtlich in Erscheinung getreten sei und der Verband keine Maßnahmen zur Verhinderung solcher Taten gesetzt habe. Des Weiteren sei bei der Berechnung der Geldstrafe nicht vom strafbestimmenden Wertbetrag, sondern von der Höchststrafe auszugehen und seien die ausgesprochenen Strafen in Hinblick auf gleichartige Strafentscheidungen nicht unverhältnismäßig. Diese seien daher als schuld- und tatangemessen anzusehen, sodass die Abweisung der Beschwerden beantragt werde.

Mit Beschlüssen vom wurde der Beschuldigte und der belangte Verband aufgefordert, ihre aktuelle wirtschaftliche Situation darzulegen und gegebenenfalls bisher noch nicht vorgebrachte Milderungsgründe darzulegen.

Mit Schreiben vom wurde eine Saldenliste des belangten Verbandes übermittelt. Weiters wurde am ein aktueller Lohnzettel des Beschuldigten nachgereicht und bekanntgegeben, dass dieser über kein Vermögen verfüge, seine Verbindlichkeiten € 30.000,00 betragen würden und er keine Sorgepflichten habe.

Über die Beschwerden wurde erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Die ***Bf2*** ist im Restaurant und Gaststättenwesen in Wien tätig und wurde am ***Datum1*** gegründet. Der Beschuldigte war bis mit 50 %, danach bis mit 26 % an der Gesellschaft beteiligt. Seit ist der Beschuldigte wieder Hälfteeigentümer des belangten Verbandes. Weiters ist der Beschuldigte seit Geschäftsführer dieser Gesellschaft und war dies bereits von der Gründung bis zum . Die ***Bf2*** erzielte im Jahr 2021 bei einem Umsatz von rund € 200.000,00 einen steuerlichen Verlust von € 15.000,00. Im Jahr 2022 erzielte die Gesellschaft einen Umsatz von rund € 500.000,00. In den Jahren 2020 bis 2022 erhielt der belangte Verband Covid 19 Wirtschaftshilfen von rund € 160.000,00. Auf die Gesellschaft ist ein BMW 730d x Drive und ein Indian Motorcycle C Chief Dark Horse angemeldet, welche geleast werden. Der belangte Verband wurde 2015 wegen Finanzvergehen verurteilt. Die verhängte Geldstrafe wurde am entrichtet. Das Finanzstrafregister und das Strafregister weisen keine Eintragungen auf.

Der Beschuldigte ist neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer seit Oktober 2021 beim Militär angestellt. Dort erhält er einen monatlichen Lohn von rund € 2.000,00 netto. Im Jahr 2022 erhielt der Beschuldigte zudem von der ***Bf2*** ein Gehalt von € 4.372,65 brutto im Jahr. Er verfügt neben seinen Gesellschaftsanteilen über kein Vermögen. Seine Verbindlichkeiten betragen rund € 30.000,00 aus Haftungen für die Gesellschaft. Er hat keine Sorgepflichten. In den Jahren 2008 und 2013 wurde der Beschuldigte wegen Finanzvergehen verurteilt, die letzte Geldstrafe wurde am entrichtet. Das Finanzstrafregister und das Strafregister weisen keine Eintragungen auf.

Der Beschuldigte führte als Geschäftsführer der ***Bf2*** vorsätzlich selbst zu berechnende Abgaben und zwar Lohnsteuer 03/2018 iHv € 632,64, Dienstgeberbeitrag 03/2018 iHv € 552,89, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2018 iHv € 56,71, Lohnsteuer 04/2018 iHv € 853,95, Dienstgeberbeitrag 04/2018 iHv € 479,94, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2018 iHv € 49,22, Lohnsteuer 07/2018 iHv € 1.134,69, Dienstgeberbeitrag 07/2018 iHv € 697,07, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2018 iHv € 71,49, Lohnsteuer 08/2018 iHv € 1.084,34, Dienstgeberbeitrag 08/2018 iHv € 678,81, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2018 iHv € 69,62, Dienstgeberbeitrag 03/2020 iHv € 247,87, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2020 iHv € 41,25, Lohnsteuer 05/2020 iHv € 551,29, Dienstgeberbeitrag 05/2020 iHv € 262,06, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 05/2020 iHv € 25,53, Lohnsteuer 07/2020 iHv € 2.227,94, Dienstgeberbeitrag 07/2020 iHv € 966,61, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2020 iHv € 94,18, Lohnsteuer 08/2020 iHv € 780,63, Dienstgeberbeitrag 08/2020 iHv € 483,50, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 08/2020 iHv € 47,11, Lohnsteuer 10/2020 iHv € 1.755,15, Dienstgeberbeitrag 10/2020 iHv € 631,90, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 10/2020 iHv € 61,57, Lohnsteuer 11/2020 iHv € 1.455,87, Dienstgeberbeitrag 11/2020 iHv € 894,16, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2020 iHv € 87,12, Lohnsteuer 12/2020 iHv € 780,63, Dienstgeberbeitrag 12/2020 iHv € 468,49, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2020 iHv € 45,65, Lohnsteuer 03/2021 iHv € 816,70, Dienstgeberbeitrag 03/2021 iHv € 468,49, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 03/2021 iHv € 45,65, Lohnsteuer 04/2021 iHv € 825,60, Dienstgeberbeitrag 04/2021 iHv € 503,38, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 04/2021 iHv € 49,05, Umsatzsteuer 07/2018 iHv € 1.355,92, Umsatzsteuer 08/2018 iHv € 2.175,11, Umsatzsteuer 09/2018 iHv € 1.745,25, Umsatzsteuer 07/2021 iHv € 1.868,80, insgesamt somit iHv € 28.123,83 nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit ab. Er hat dadurch Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 FinStrG begangen. Zudem hat der belangte Verband diese Taten seines Entscheidungsträgers nach dem VbVG zu verantworten. Die verkürzten Abgaben wurden vom Beschuldigten nachgemeldet und vollständig entrichtet. Der Beschuldigte sowie der belangte Verband bekannten sich zu den streitgegenständlichen Finanzordnungswidrigkeiten für schuldig.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den rechtskräftigen Schuldsprüchen der Straferkenntnisse, dem Firmenbuch, den Registern der Finanzverwaltung und den eigenen Angaben des Beschuldigten bzw. des belangten Verbandes. Strittig ist (lediglich) die jeweilige Strafhöhe.

Rechtliche Würdigung

Gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, dass der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekannt gegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermins für sich allein nicht strafbar.

Gem. § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.

Hat jemand durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Finanzvergehen derselben oder verschiedener Art begangen und wird über diese Finanzvergehen gleichzeitig erkannt, so ist gem. § 21 Abs. 1 erster Satz FinStrG auf eine einzige Geldstrafe, Freiheitsstrafe oder Geld- und Freiheitsstrafe zu erkennen. Hängen die zusammentreffenden Strafdrohungen von Wertbeträgen ab, so ist gem. § 21 Abs. 2 zweiter Satz FinStrG für die einheitliche Geldstrafe die Summe dieser Strafdrohungen maßgebend.

Gem. § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Schuld des Täters. Gem. § 23 Abs. 2 FinStrG sind bei Bemessung der Strafe die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß. Gem. § 23 Abs. 3 FinStrG sind bei Bemessung der Geldstrafe auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen. Gem. § 23 Abs. 4 FinStrG hat bei Finanzvergehen, deren Strafdrohung sich nach einem Wertbetrag richtet, die Bemessung der Geldstrafe mit mindestens einem Zehntel des Höchstmaßes der angedrohten Geldstrafe zu erfolgen. Die Bemessung einer diesen Betrag unterschreitenden Geldstrafe aus besonderen Gründen ist zulässig, wenn die Ahndung der Finanzvergehen nicht dem Gericht obliegt.

Gem. § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des VbVG sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des ersten Abschnittes des FinStrG, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.

Gem. § 5 Abs. 2 VbVG ist die Anzahl insbesondere umso höher zu bemessen, 1. je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, für die der Verband verantwortlich ist; 2. je höher der aus der Straftat vom Verband erlangte Vorteil ist; 3. je mehr gesetzwidriges Verhalten von Mitarbeitern geduldet oder begünstigt wurde.

Gem. § 5 Abs. 3 VbVG ist die Anzahl insbesondere geringer zu bemessen, wenn 1. der Verband schon vor der Tat Vorkehrungen zur Verhinderung solcher Taten getroffen oder Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten angehalten hat; 2. der Verband lediglich für Straftaten von Mitarbeitern verantwortlich ist (§ 3 Abs. 3); 3. er nach der Tat erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat; 4. er die Folgen der Tat gutgemacht hat; 5. er wesentliche Schritte zur zukünftigen Verhinderung ähnlicher Taten unternommen hat; 6. die Tat bereits gewichtige rechtliche Nachteile für den Verband oder seine Eigentümer nach sich gezogen hat.

Gem. § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.

Gem. § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gem. § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gem. § 161 Abs. 3 FinStrG ist eine Änderung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.

Die gegenständlichen Beschwerden richten sich ausschließlich gegen die Höhe der verhängten Strafen. Entsprechend der ständigen Judikatur des VwGH ist daher von einer Teilrechtskraft der Schuldsprüche auszugehen (; ). Das Gericht hat sich daher in diesem Verfahren ausschließlich mit der Höhe der von der belangten Behörde ausgemessenen Strafen zu befassen.

Finanzordnungswidrigkeiten nach § 49 Abs. 1 FinStrG werden durch dort pönalisiertes Verhalten bezogen auf Entrichtungs- bzw. Abfuhrzeiträume verwirklicht, sodass sachverhaltsmäßig hinsichtlich jedes solchen Zeitraums und jeder Steuerart unabhängig von der Höhe des selbst zu berechnenden Betrages eine selbstständige Tat und damit jeweils ein Finanzvergehen verwirklicht wird (vgl. ; ). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde hat daher der Beschuldigte nicht eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, sondern insgesamt 42 solche Finanzvergehen begangen. Darüber hinaus weisen die bereits rechtskräftigen Schuldsprüche keine für die Strafbemessung zu berücksichtigende Mängel auf (zB andere Verkürzungsbeträge, Wegfall von Taten, andere Schuldform).

Weiters werden solcherart Finanzordnungswidrigkeiten gem. § 49 Abs. 2 FinStrG (neben einer im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangenden Freiheitsstrafe) mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt. Dabei sind im Falle mehrerer Finanzstraftaten zur Bemessung der Geldstrafe gemäß § 21 Abs. 2 FinStrG die Summen der Strafdrohungen zu einer einheitlichen Geldstrafe zusammenzurechnen. Da die Summe der einzelnen Verkürzungsbeträge € 28.123,83 beträgt, ergibt sich im gegenständlichen Fall gem. § 49 Abs. 2 FinStrG iVm § 23 Abs. 4 FinStrG ein Strafrahmen von € 1.406,20 bis € 14.061,92, innerhalb dessen die Geldstrafe auszumessen ist.

Läge daher beim Beschuldigten ein durchschnittliches Verschulden vor, hielten einander die Erschwerungs- und Milderungsgründe hinsichtlich ihrer Gewichtung die Waage und bestünden beim Beschuldigten durchschnittliche persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, ergäbe sich eine Strafe von rund € 7.000,00.

Dem sehr wesentlichen Erschwerungsgrund der Vielzahl an deliktischen Säumnissen (mehrfache Tatwiederholung, insgesamt 42 Taten) über einen Zeitraum von vier Jahren (3/2018 bis 7/2021) stehen als mildernd gegenüber die laut Abfragen aus dem Strafregister und Finanzstrafregister gegebene finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit des Beschuldigten sowie die laut Abfrage des Abgabenkontos des belangten Verbandes erfolgte vollständige Schadensgutmachung. Die letzte von der Finanzstrafbehörde verhängte Geldstrafe wurde am entrichtet und ist daher die zugrundeliegende Bestrafung nicht mehr als Vorstrafe zu werten.

Zudem wird vom Gericht als mildernd gewertet, dass der Beschuldigte an der Aufklärung der Taten erheblich mitgewirkt hat, indem er die verkürzten Selbstbemessungsabgaben nachgemeldet hat. Dies kommt - wie auch die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht ausgeführt hat - jeweils konkludenten Selbstanzeigen gleich, welchen aber mangels fristgerechter Entrichtung der verkürzten Beträge keine strafbefreiende Wirkung zukommen konnte. Dieser Umstand wurde von der belangten Behörde zwar aufgezeigt, aber bei der Strafbemessung nicht strafmildernd berücksichtigt. Weiters hat sich der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde grundsätzlich für schuldig bekannt. Auch wenn dazu in der Niederschrift nähere Angaben fehlen, kommt nach Ansicht des Gerichtes dieser Äußerung zumindest einem Tatsachengeständnis gleich. Auch dieser Umstand wurde bisher bei der Ausmessung der Strafe nicht beachtet.

Zudem wertete die belangte Behörde die angespannte wirtschaftliche Lage als mildernd. Das Gericht geht davon aus, dass damit die allgemein prekäre wirtschaftliche Situation der Unternehmer während der Corona Pandemie gemeint war. Dieser Umstand stellt nach Ansicht des Gerichtes gegenständlich aber nur einen untergeordneten Milderungsgrund dar. Dies deshalb, weil ein Teil der Finanzvergehen bereits vor der Corona Pandemie begangen wurden und der Staat die Unternehmer, so auch den belangten Verband, mit Wirtschaftshilfen unterstützt hat. Darüber hinaus verkennt der Beschuldigte in seiner Beschwerde, dass es zur Verhinderung von Finanzordnungswidrigkeiten gem. § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG ausgereicht hätte, die selbst zu berechnenden Abgaben dem Finanzamt zu melden. Daher ist es irrelevant, ob - wie eingewendet - während der Corona Pandemie Dienstnehmer nicht freigesetzt, Abgaben informell gestundet, schriftliche Stundungsansuchen nicht bearbeitet oder aufgrund von Liquiditätsengpässen, Zahlungen verspätet geleistet worden seien oder es im Jahr 2018 zu Gesellschafterstreitigkeiten gekommen sei.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten stellen sich für das Bundesfinanzgericht durchschnittlich dar, zumal der Beschuldigte keine Sorgepflichten hat, rund € 2.000,00 netto verdient und den Schulden iHv € 30.000,00 die Hälfte der Geschäftsanteile des belangten Verbandes gegenüberstehen.

Unter Berücksichtigung der aktenkundigen wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten und des dargelegten Verschuldens ist daher aufgrund der vorliegenden Milderungs- und Erschwernisgründe und in Abwägung derselben in gesamthafter Betrachtung eine Herabsetzung der Geldstrafe auf € 3.500,00 geboten. Dies entspricht in etwa 25% der Höchststrafe. Entscheidend für die Reduzierung der Geldstrafe war, dass nicht nur die wesentlichsten Milderungsgründe (Unbescholtenheit, Schadensgutmachung, konkludente Selbstanzeigen, Tatsachengeständnis) vorliegen, sondern insgesamt die Milderungsgründe sowohl in der Anzahl als auch in der Gewichtung beträchtlich überwiegen, was nach Ansicht des Gerichtes eine Verringerung um rund die Hälfte des Ausgangswertes seinen Ausdruck findet. Eine darüberhinausgehende weitere Herabsetzung der Geldstrafe stehen sowohl general- als auch spezialpräventive Gründe entgegen, zumal der Beschuldigte weiterhin als Geschäftsführer des belangten Verbandes tätig ist, in der Vergangenheit bereits mehrmals finanzstrafrechtlich in Erscheinung getreten ist und mögliche Finanzstraftäter in vergleichbaren Situationen von der Begehung von Finanzvergehen abgehalten werden sollen.

Bei den selben Strafbemessungsgründen war auch die gem. § 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit zu bemessende Ersatzfreiheitsstrafe auf das im Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren. Allerdings sind die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters nur bei der Bemessung der Geldstrafe, nicht aber der Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend. Insbesondere scheiden für die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe Überlegungen darüber, wie diese vollzogen werden kann, aus ().

Hinsichtlich der Bemessung der Verbandsgeldbuße gelten grundsätzlich die oben dargelegten Ausführungen, wobei jedoch statt der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten, diejenigen des belangten Verbandes heranzuziehen sind. Aufgrund der festgestellten aktenkundigen Unternehmensdaten geht das Gericht von einer durchschnittlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des belangten Verbandes aus. Weiters ist es richtig, dass der belangte Verband finanzstrafrechtlich unbescholten ist, da die Tilgung der letzten Bestrafung am eintrat. Zusätzlich existiert aber beim belangten Verband der Milderungsgrund des § 5 Abs. 3 Z 6 VbVG, da die verfahrensgegenständlichen Finanzstraftaten, für welche der Verband zur Verantwortung gezogen wird, bereits für den Beschuldigten als Gesellschafter und somit Miteigentümer des Verbandes den Rechtsnachteil seiner Bestrafung nach sich zieht. Dieser Umstand wird mit einem Abschlag von € 500,00 berücksichtigt, sodass eine Verbandsgeldbuße von € 3.000,00 festgesetzt wird.

Im Hinblick auf die genannten Strafzumessungsgründe erscheinen die verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sowie die Verbandsgeldbuße als schuld- und tatangemessen.

Da von keiner der Verfahrensparteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde und sich die gegenständlichen Beschwerden ausschließlich gegen die Strafhöhen richten, konnte gemäß § 160 Abs. 2 lit. b FinStrG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

Kostenentscheidung

Die Verfahrenskosten von € 350,00 für den Beschuldigten und € 300,00 für den belangten Verband gründen sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach pauschal ein Kostenersatz im Ausmaß von 10% der verhängten Geldstrafe bzw. Verbandsgeldbuße, maximal aber ein Betrag von € 500,00 festzusetzen ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die gegenständliche Entscheidung weicht von der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab und hat die Strafbemessung und Bemessung der Verbandsgeldbuße im konkreten Einzelfall und somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7300048.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at