Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.03.2023, RV/7500136/2023

Zurückweisung infolge Fristversäumnis der Einspruchsfrist (Parkometer)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Robert Posch in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden des Beschuldigten vom gegen die Zurückweisungsbescheide des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahlen: 1) MA67/22670x/2022, 2) MA67/22670y/2022, mit denen die Einsprüche vom gegen die Strafverfügungen vom mit denselben Geschäftszahlen gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurden, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Zurückweisungsbescheide bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Eine Revision der beschwerdeführenden Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe


Mit Strafverfügungen des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , Zahlen: 1) MA67/22670x/2022, 2) MA67/22670y/2022, wurde ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) jeweils der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 2 Wiener Parkometergesetz 2006 für schuldig erkannt, über ihn nach § 4 Abs. 2 Wiener Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von je € 60,00 verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 14 Stunden festgesetzt.

Die mit E-Mail am gegen diese Strafverfügungen eingebrachten Einsprüche wurden vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen.

Die Zurückweisungsbescheide der belangten Behörde vom , Zahlen: 1) MA67/22670x/2022, 2) MA67/22670y/2022, wurden wie folgt begründet:

"Gemäß
§ 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Die Strafverfügung wurde am laut Zustellnachweis zugestellt. Die im
§ 49 Abs. 1 VStG festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist begann daher am 28.11 .2022 und endete am .

Sie haben den Einspruch trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am ,
somit nach Ablauf der Einspruchsfrist beim hiesigen Amt eingebracht, sodass der Einspruch alsverspätet zurückgewiesen werden musste.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsmittelfrist eine
zwingende, auch durch die Behörde nicht erstreckbare gesetzliche Frist. Der Behörde ist es deshalbdurch die verspätete Einbringung des Einspruchs rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zutreffen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

In den Beschwerden vom wurde inhaltsgleich ausgeführt:

"Hiermit gebe ich bekannt, dass ich gegen den Zurückweisungsbescheid (GZ siehe Betreff) der MA 67, datiert mit , Beschwerde erhebe aus folgenden Gründen:

1) Da ich am ortsabwesend war, habe ich von der Zustellung erst am 29. Nov. erfahren.
2) Selbst wenn ich von der Zustellung am Kenntnis gehabt hätte, wäre der Beginn der Einspruchsfrist am gewesen, das Ende am und somit der Einspruch fristgerecht eingebracht worden (Rechtsmittelbelehrung: "Der Einspruch ist innerhalb von zwei Wochen NACH Zustellung ... bei uns einzubringen")."

Über die Beschwerde wurde erwogen:


§ 49 VStG normiert:
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.

Die Bestimmung des § 49 Abs. 1 VStG stellt eine verfahrensrechtliche Frist dar, die gemäß § 32 Abs 2 und § 33 AVG zu berechnen und nicht erstreckbar ist (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG2 § 49 Rz 3).

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen -
mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Gemäß § 13 Abs. 1 Zustellgesetz ist das Dokument dem Empfänger der Abgabestelle zuzustellen.

§ 17 ZustG Abs. 1-3 lautet:
(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, so hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind (vgl. , mwN).

Nach den aktenkundigen Zustellnachweisen (jeweils AS 27) hat der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Strafverfügungen am an seiner Abgabestelle persönlich übernommen.

Die in den Beschwerden behauptete Ortsabwesenheit konnte nicht nachgewiesen werden und ist auch an Hand der Aktenlage nicht nachvollziehbar.

Somit geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung nach § 45 Abs. 2 AVG davon aus, dass die Strafverfügungen vom , Zahlen: 1) MA67/22670x/2022, 2) MA67/22670y/2022, mit deren persönlicher Übernahme durch den Beschwerdeführer am rechtmäßig zugestellt wurden.

Abgesehen davon, dass die Rechtsmittelbelehrungen der verfahrensgegenständlichen Strafverfügungen den § 49 Abs. 1 VStG ("binnen zwei Wochen nach deren Zustellung") zitieren, sind für Beginn und Ende der Einspruchsfrist die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des AVG bzw. ZustG maßgebend.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustG beginnt der Lauf dieser Frist mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Da der Tag des fristauslösenden Ereignisses bei der Berechnung des Fristablaufs nicht mitgezählt wird und die Frist, wie im § 49 Abs. 1 VStG vorgesehen, zwei Wochen betrug, begannen die Einspruchsfristen mit der Zustellung der verfahrensgegenständlichen Strafverfügungen (jeweils) am (Montag) und endeten am , ebenfalls einem Montag.

Die mit E-Mail am eingebrachten Einsprüche gegen die verfahrensgegenständlichen Strafverfügungen wurden von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen.

Da sich der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bei Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob der Einspruch innerhalb der Frist des § 49 Abs. 1 VStG eingebracht wurde und die Rechtzeitigkeit der Einsprüche aufgrund der vorliegenden Unterlagen eindeutig verneint werden musste, war es dem Bundesfinanzgericht verwehrt auf inhaltliche Aspekte der den Zurückweisungsbescheiden zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren einzugehen.

§ 44 VwGVG normiert:
(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt wurde und sich die Beschwerden gegen verfahrensrechtliche Bescheide richteten.

Kostenentscheidung

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:

1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]"

Die Revision ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis in freier Beweiswürdigung über den Zustellzeitpunkt zu entscheiden hatte und hinsichtlich der Fristberechnung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 49 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7500136.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at