Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 06.03.2023, RV/7103537/2022

Zurückweisung des Vorlageantrages, weil BVE wegen Zustellmangel nicht rechtswirksam wurde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse Rauhofer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Lang & Partner Steuerberatung GmbH & Co KG, Kapfenstein 123, 8353 Kapfenstein, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einheitswert des land- u. forstwirtschaftl. Betriebes EWAZ ***1*** beschlossen:

Der Vorlageantrag wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensablauf

Einheitswertbescheid vom

Mit Einheitswertbescheid zum (Hauptfeststellung) vom stellte das (damalige) Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt, nunmehr Finanzamt Österreich (kurz FA) für den landwirtschaftlichen Betrieb des Herrn ***Bf1*** (der nunmehrige Beschwerdeführer, kurz Bf.) zu EWAZ ***1*** einen Einheitswert in Höhe von € 3.200,00 fest.

Email vom

Mit Email vom teilte Frau Rechtsanwältin ***RA*** (kurz Rechtsanwältin) dem FA mit, dass im neuen Einheitswertbescheid vom die Liegenschaft ***2*** fehle und ihres Erachtens daher für diese Liegenschaft nach wie vor der Einheitswertbescheid vom rechtswirksam sei.

Email vom mit Formular LuF1 HF 2014

Mit einer weiteren Email übersandte die Rechtsanwältin dem FA als Anhang ein vom Bf. unterzeichnetes Formular LuF1 HF 2014.

Wiederaufnahmebescheid und neuer Sachbescheid

Am erließ das FA einen Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO und hob den Einheitswertbescheid vom auf.

Gleichzeitig erließ das FA einen neuen Sachbescheid und stellte den Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb des Bf. mit € 615.500 fest.

Die Zustellung dieser Bescheide erfolgte direkt an den Bf.

Beschwerde

Die dagegen am eingebrachte Beschwerde enthält im Rubrum folgende Angaben:


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"Beschwerdeführer:
***Bf1***, …
Vertreten durch:
Rechtsanwälin ***RA***,

Vollmacht erteilt!"
Wegen:
Einheitswertbescheid zum 1.1.2014Hauptfeststellung mit Wirksamkeit ab
vom zu EWAZ ***1***"

Die Beschwerde enthält einleitend ausdrücklich die Erklärung, dass der Einheitswertbescheid zur Gänze angefochten wird. Der Wiederaufnahmebescheid wird hingegen im Beschwerdeschriftsatz nicht erwähnt und wird daher davon ausgegangen, dass der Wiederaufnahmebescheid in Rechtskraft erwachsen ist und somit der Einheitswertbescheid vom aufgehoben und nicht mehr dem Rechtsbestand angehört.

Weiterer als Beschwerde bezeichneter Schriftsatz vom

Am wurde für den Bf. von Frau Rechtsanwältin ***RA*** ein weiterer als Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid vom zu EWAZ ***1*** bezeichneter Schriftsatz eingebracht, in dem einleitend bekannt gegeben wurde, dass der Bf. Frau Rechtsanwältin ***RA*** mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat und sich diese auf die die ihr erteilte Vollmacht gemäß § 8 RAO und § 10 AVG beruft.

Beschwerdevorentscheidung

Am erließ das FA eine Beschwerdevorentscheidung, die direkt an den Bf. an dessen Wohnadresse und nicht zu Handen der ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreterin zugestellt wurde. Nach der Aktenlage liegt kein Hinweis dafür vor, dass die Beschwerdevorentscheidung im Original an die rechtsfreundliche Vertreterin weitergeleitet worden wäre.

Vorlageantrag

In der Folge wurde für den Bf. am durch die ***Stb*** Steuerberatung GmbH & Co KG unter Berufung auf eine an diese erteilte Vollmacht ein Vorlageantrag eingebracht in der einleitend festgehalten wurde, dass zur Beschwerdevorentscheidung vom die ergänzende Begründung am eingelangt sei.

Vorlage der Beschwerde ans BFG

Mit Vorlagebericht vom (der auch dem Bf. zu Handen der ***Stb*** Steuerberatung GmbH & Co KG übermittelt wurde) legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

bisherige Beweisaufnahme durch das BFG

Vom BFG wurde bisher Beweis erhoben durch Einsicht in die vom Finanzamt elektronisch vorgelegten Aktenteile und ergibt sich daraus der oben dargestellte Verfahrensablauf.

Mitteilung gemäß § 281a BAO

Mit Beschluss vom wurde den Parteien gemäß § 281a BAO mitgeteilt, dass das Bundesfinanzgericht zur Auffassung gelangt ist, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist und daher beabsichtigt wird, den Vorlageantrag als unzulässig zurückzuweisen. Für die Abgabe einer allfälligen Stellungnahme wurde beiden Parteien eine Frist bis zum eingeräumt.

Bis dato ist keine Stellungnahme dazu beim BFG eingelangt.

II. Rechtslage und Erwägungen

Die Bundesabgabenordnung bestimmt in der geltenden Fassung auszugsweise Folgendes (die mit in Kraft getretenen Änderungen durch BGBl. I Nr. 62/2018 sind hervorgehoben):

"§ 83. (1) Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen.

§ 97. (1) Erledigungen werden dadurch wirksam, daß sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt

a) bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung

§ 98. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

§ 103. (1) Ungeachtet einer Zustellungsbevollmächtigung sind Vorladungen (§ 91) dem Vorgeladenen zuzustellen. Im Einhebungsverfahren ergehende Erledigungen können aus Gründen der Zweckmäßigkeit, insbesondere zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens, trotz Vorliegens einer Zustellungsbevollmächtigung wirksam dem Vollmachtgeber unmittelbar zugestellt werden.

(2) Eine Zustellungsbevollmächtigung ist Abgabenbehörden und Verwaltungsgerichten gegenüber unwirksam, wenn sie

a) ausdrücklich auf nur einige dem Vollmachtgeber zugedachte Erledigungen

eingeschränkt ist, die im Zuge eines Verfahrens ergehen, oder

b) ausdrücklich auf nur einige jener Abgaben eingeschränkt ist, deren Gebarung gemäß § 213 zusammengefasst verbucht wird.

§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

§ 264. (1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner

b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) § 255 (Verzicht),

d) § 256 (Zurücknahme),

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

(6) Erfolgt die Vorlage der Bescheidbeschwerde an das Verwaltungsgericht nicht innerhalb von zwei Monaten ab Einbringung des Vorlageantrages bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 3 und 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde, so kann die Partei (§ 78) beim Verwaltungsgericht eine Vorlageerinnerung einbringen. Diese wirkt wie eine Vorlage der Beschwerde. Sie hat die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung und des Vorlageantrages zu enthalten.

(7) Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.

§ 265. (1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(2) Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.

(4) Die Abgabenbehörde hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen.

(5) Partei im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist auch die Abgabenbehörde, deren Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten ist.

(6) Die Abgabenbehörde ist ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen.

Diese Pflicht besteht ab Verständigung (Abs. 4) auch für den Beschwerdeführer.

§ 281a. Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

§ 300. (1) Ab Vorlage der Beschwerde (§ 265) bzw. ab Einbringung einer Vorlageerinnerung (§ 264 Abs. 6) bzw. in den Fällen des § 262 Abs. 2 bis 4 (Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung) ab Einbringung der Bescheidbeschwerde können Abgabenbehörden beim Verwaltungsgericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide und allfällige Beschwerdevorentscheidungen bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben. Die Verpflichtung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (§ 262 Abs. 1) wird dadurch nicht berührt. …"

Erwägungen

Unwirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wegen Zustellmangel

Gemäß 9 Abs. 1 ZustG können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 ZustG, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Ausnahmen vom Grundsatz, wonach sich der Vertreter durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen hat, bestehen für bestimmte Berufsgruppen wie zB Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder.

Gemäß § 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten. Vor allen Gerichten und Behörden ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis.

Die Berufung auf die einem Rechtsanwalt erteilte (allgemeine) Vollmacht schließt auch eine Zustellvollmacht ein (vgl. ua. ).

Die Bevollmächtigung muss im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden (vgl. Ritz, BAO6, § 9 ZustG Tz 19). Dies trifft auf das Beschwerdeverfahren zu, enthält doch die Beschwerde vom den Hinweis "Vollmacht erteilt" im Rubrum und der Schriftsatz vom (der auch als Beschwerde bezeichnet wurde) dezidiert eine Berufung von Frau Rechtsanwältnis ***RA***, dass ihr vom Bf. eine Vollmacht erteilt wurde. Eine Einschränkung der Vollmacht iSd § 103 Abs. 2 BAO ist nicht erkennbar, weshalb nach der oben zitierten Judikatur davon auszugehen, dass der Bf. für das gegenständliche Beschwerdeverfahren eine von der Abgabenbehörde zu beachtende Vollmacht, die eine Zustellvollmacht umfasst, erteilt hat.

Zustellbevollmächtigungen sind so lange zu beachten, als der Behörde nicht der Widerruf, die Kündigung bzw. die einvernehmliche Aufhebung bekannt wird (vgl. Ritz, BAO6, § 9ZustG Tz 21 und die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Nach der Aktenlage liegt kein Hinweis dafür vor, dass das Vollmachtsverhältnis vor Erlassung der Beschwerdevorentscheidung erloschen wäre.

Eine Adressierung und Zustellung einer Erledigung an den Vollmachtgeber, obwohl eine aufrechte Zustellvollmacht besteht, hat die Wirkung, dass die Zustellung rechtsunwirksam ist (vgl. ). Eine Sanierung ist jedoch nach § 9 Abs. 3 zweiter Satz Zustellgesetz möglich, wenn das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zukommt.

Ein tatsächliches Zukommen setzt voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstückes gelangt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes z.B. durch Übermittlung einer Ablichtung etwa per Fax oder E-Mail (vgl. Ritz, BAO6, ZustG § 7 Tz 7, und die dort wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa ; sowie im Ergebnis bereits ). Die BAO enthält in Verbindung mit dem ZustG Regelungen über die Heilung von Zustellmängeln; eine "Heilung durch Einlassung" kennen diese Bestimmungen nicht (vgl. unter Hinweis auf ).

Nach der Aktenlage liegt kein Hinweis dafür vor, dass die als Beschwerdevorentscheidung intendierte Erledigung je im Original bei der Rechtsanwältin eingelangt wäre. Gegen die Annahme eines tatsächlichen Zukommens im Original an die Rechtsanwältin spricht hier auch, dass der Vorlageantrag von der ***Stb*** Steuerberatung GmbH eingebracht wurde.

Es wird daher davon ausgegangen, dass keine Heilung des Zustellmangels erfolgt ist und somit keine wirksame Beschwerdevorentscheidung vorliegt.

Die Parteien waren daher nach der mit in Kraft getretenen Bestimmung des § 281a BAO "formlos" zu Handen des ausgewiesenen Vertreters darüber in Kenntnis zu setzen, dass das Bundesfinanzgericht zur Auffassung gelangt ist, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist.

Diese Ansicht wurde den Parteien auch mit Beschluss vom vorgehalten und ist dem weder das FA noch die beschwerdeführende Partei entgegengetreten.

Unzulässigkeit des Vorlageantrages

Das Verwaltungsgericht hat die Bescheidbeschwerde bzw den Vorlageantrag zuerst auf ihre Zulässigkeit zu prüfen hat, widrigenfalls das Rechtsmittel mit Beschluss zurückzuweisen ist (vgl. dazu ).

Selbst wenn die belangte Behörde nun die verpflichtende Beschwerdevorentscheidung (nachträglich) erlässt bleibt nach Ansicht des BFG der Vorlageantrag vom unzulässig, weil er zu früh gestellt wurde und kann dadurch nicht saniert werden. Der Vorlageantrag wäre daher auch diesfalls als unzulässig zurückzuweisen (vgl sowie ). Durch eine solche Zurückweisung erfolgte keine Entscheidung in einer Sache. Nach (erstmaliger) Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb der dafür vorgesehenen Frist ein (neuer) Vorlageantrag gestellt werden (vgl. abermals Da sowohl vom FA als auch von der Bf. RV/7100861/2014).

Der Vorlageantrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit weiteren Nachweisen).

Im gegenständlichen Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die die maßgebliche Rechtslage unmittelbar und klar aus dem Gesetz ergibt bzw. die zu lösenden Rechtsfragen bereits durch die oben zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 3 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103537.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at