Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.03.2023, RV/5100439/2021

Ford Ranger Wildtrak - kein NoVA-Befreiungstatbestand

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1508/2023 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.; Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0006.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Grossgut-Palotás in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Staudinger & Partner Wirtschaftstreuhand- und Steuerberatung GmbH, Brucknerstraße 3 bis 5, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Normverbrauchsabgabe 2015 bis 2017 und gegen den Bescheid vom betreffend Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen 2015 bis 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Angefochten sind die Bescheide über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe über den Zeitraum 1-12/2015 bis 1-12/2017 und die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen über den Zeitraum 1/2015-12/2017.

Die Beschwerdeführerin erklärte in den beschwerdegegenständlichen Jahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb eines Kfz-Handels. Im Zuge einer Betriebsprüfung über den Zeitraum 2015 bis 2017 verneinte der Betriebsprüfer die Einstufung mehrerer Pick-Ups der Marke Ford Ranger Wildtrak als vorsteuerabzugsberechtigte LKWs (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ). Dieser Beurteilung entsprechend setzte das Finanzamt die Normverbrauchsabgabe mit 147.557,35 € (1-12/2015), 223.083,98 € (1-12/2016), 152.798,93 € (1-12/2017) (Bescheide vom ) und erste Säumniszuschläge für den Zeitraum 1/2015 bis 12/2017 in Höhe von insgesamt 5.722,52 € (Bescheid vom ) fest.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom durch ihre steuerliche Vertreterin Beschwerde und beantragte die Nichtfestsetzung der angefochtenen Abgaben; auf die Beschwerdeausführungen wird verwiesen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe bzw. mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde gegen die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen als unbegründet ab; auf die jeweiligen Bescheidbegründungen wird verwiesen.

Die Beschwerdeführerin beantragte mit Vorlageantrag vom durch ihre steuerliche Vertreterin die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die C GmbH (Beschwerdeführerin) hat im beschwerdegegenständlichen Zeitraum mehrere Pick-Ups der Marke Ford Ranger Wildtrak aus Deutschland importiert, adaptiert mit dem Originalumbausatz, den auch der Generalimporteur für Österreich verwendet, wobei die Adaptierung den NoVA-Befreiungstatbestand erfüllen sollte. Diese Fahrzeuge hat sie ohne NoVA-Vorschreibung an österreichische Kunden verkauft.

2. Beweiswürdigung

Die Beschwerdeführerin legte zum Beweis ihrer Ausführungen nachstehende Unterlagen vor:

  1. Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom betreffend Umsatzsteuer 4/2017-8/2017, Normverbrauchsabgabe 4/2017-8/2017 - Beilage 1

  2. Bescheid über einen Prüfungsauftrag vom betreffend Umsatzsteuer 2015-2017, Körperschaftsteuer 2015-2017, Kapitalertragsteuer 2015-2017, Normverbrauchsabgabe 2015-2017, zusammenfassende Meldung 2015-2017 - Beilage 2

  3. Gutachten des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für das Kraftfahrwesen Dr. Hermann Steffan vom - Beilage 3

  4. EG-Übereinstimmungsbescheinigung vom - Beilage 4

  5. Datenauszug aus der Genehmigungsdatenbank vom - Beilage 5

  6. Finanzsperrauskunft vom - Beilage 6

  7. EG-Übereinstimmungsbescheinigung vom - Beilage I

  8. Zulassungsbescheinigung Teil I vom - Beilage II

  9. Zulassungsbescheinigung Teil II vom - Beilage III

  10. Datenauszug aus der Genehmigungsdatenbank vom - Beilage IV

Die Beilagen 1 und 2 sollen eine zu Unrecht stattgefundene Wiederholungsprüfung dokumentieren. Aus den Beilagen 4 bis 6 und I bis IV sind die Typisierungsdaten ersichtlich.

Laut Gutachten des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen für das Kraftfahrwesen Dr. Hermann Steffan vom (Beilage 3 der Beschwerde) ergibt sich, dass die von der Beschwerdeführerin importierten Fahrzeuge mit den vom Generalimporteur eingeführten und umgebauten Fahrzeugen ident sind; festzuhalten ist, dass auch die vom Generalimporteur eingeführten Fahrzeuge nicht die für den NoVA-Befreiungstatbestand erforderlichen Abmessungen erfüllen (Beschwerdeschrift Seite 2). Diese Abmessungen belaufen sich bei der Länge der Ladefläche auf 1.554 mm (der Fahrzeughersteller spezifiziert in seinem Datenauszug die Länge der Ladefläche mit 1.685 mm), beim Radstand auf 3.220 mm (gleiche Spezifizierung des Fahrzeugherstellers). Hinsichtlich der genaueren Details wird auf die Ausführungen des Sachverständigen verwiesen. Die erfolgte Abmessung im Zuge der Außenprüfung ergab hingegen eine Ladefläche von 1.530 mm. Im Ergebnis spielen die unterschiedlichen Ladeflächenlängen bei der Einstufung der gegenständlichen Fahrzeuge allerdings keine Rolle, da beide Längenangaben die erforderlichen 50 % des Radstandes von 3.220 mm nicht erreichen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

  1. Rechtslage

Gemäß § 1 Z 2 Normverbrauchsabgabegesetz 1991 (NoVAG 19991) unterliegt der innergemeinschaftliche Erwerb (Art. 1 UStG 1994) von Kraftfahrzeugen, ausgenommen der Erwerb durch befugte Fahrzeughändler zur Weiterlieferung, der Normverbrauchsabgabe.

Gemäß § 2 Z 2 NoVAG gelten als Kraftfahrzeuge Personenkraftwagen und andere hauptsächlich zur Personenbeförderung gebaute Kraftfahrzeuge (ausgenommen solche der Position 8702), einschließlich Kombinationskraftwagen und Rennwagen (Position 8703 der Kombinierten Nomenklatur).

Gemäß § 148 Abs. 3 BAO darf für einen Zeitraum, für den eine Außenprüfung bereits vorgenommen worden ist, ein neuerlicher Prüfungsauftrag ohne Zustimmung des Abgabepflichtigen nur erteilt werden, zur Prüfung von Abgabenarten, die in einem früheren Prüfungsauftrag nicht enthalten waren (lit. a); zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303) gegeben sind (lit. b).

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag getilgt wird, sofern diese Verpflichtung zur Entrichtung nicht gemäß Abs. 4 bis 6 hinausgeschoben wird. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs. 2).

  1. Rechtliche Erwägungen

Normverbrauchsabgabe

Unstrittig sind die festgestellten Abmessungen, die den NoVA-Befreiungstatbestand nicht erfüllen; ebenso unstrittig ist, dass es sich bei sämtlichen verkauften Pick-Ups der Marke Ford Ranger Wildtrak um baugleiche Fahrzeuge handelt.

Hinsichtlich der Beurteilung einer NoVA-Pflicht stellt das Finanzamt auf die zolltarifarische Einstufung der Fahrzeuge ab und verneint entgegen der Typisierungsdaten die Einstufung als steuerbegünstigte Lkws. Das Bundesfinanzgericht sieht hier keinen Grund, von den diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in seiner Beschwerdevorentscheidung vom abzuweichen.

Der Hinweis der Beschwerdeführerin in ihrem Vorlageantrag

"Wir beantragen die Gleichbehandlung baugleicher Fahrzeuge hinsichtlich NoVA und Umsatzsteuer, da nach dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot ein baugleiches Fahrzeug, das vom Generalimporteur gekauft wurde steuerlich nicht anders behandelt werden darf, als das von einem kleinen Fahrzeughändler (hier ist die C GmbH gemeint)".

suggeriert, dass für die vom Generalimporteur gekauften Fahrzeuge der Marke Ford Ranger Wildtrak keine Normverbrauchsabgabe abgeführt werden musste.

Dies ist nicht richtig. Zwar besteht die Möglichkeit, dass in der Vergangenheit für Fahrzeuge der Marke Ford Ranger Wildtrak der NoVA-Befreiungstatbestand ungerechtfertigter Weise zur Anwendung kam, es kann jedoch aus einer solchen unrichtigen steuerlichen Beurteilung kein Recht auf Gleichbehandlung abgeleitet werden. Kommt jemand zu Unrecht in den Genuss von steuerlichen Vorteilen, so ergibt sich daraus kein Anspruch für andere Abgabepflichtige auf die gleiche Vorgangsweise der Steuerbehörde. Es gibt kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht.

Wiederholungsprüfung

Es ist richtig, dass in der vorangegangenen Außenprüfung für den Zeitraum 4/2017-8/2017 die Normverbrauchsabgabe eines Pick-Ups der Marke Ford Ranger Wildtrak überprüft worden ist; dieses Fahrzeug ist jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens, sodass keine Wiederholungsprüfung vorliegt.

Des Weiteren liegt auch für die in diesem Verfahren strittigen Fahrzeuge, keine Wiederholungsprüfung gemäß § 148 BAO vor, da keine bescheidmäßige Festsetzung der NoVA nach § 201 BAO erfolgt ist.

Gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO kann eine amtswegige Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe dann erfolgen, wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen. Die "sinngemäße Anwendung" bedeutet, dass an Stelle des durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens, das Voraussetzung für die Wiederaufnahme ist, die Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages tritt.

Für das Finanzamt ist nachträglich durch die Betriebsprüfung neu hervorgekommen, dass die der Typisierung zugrundeliegenden Abmessungen nicht richtig sind, was eine andere steuerliche Beurteilung zur Folge hatte; weiters wurde bekanntgegeben, dass es sich um baugleiche Fahrzeuge handle (Aussage des Geschäftsführers der C GmbH, Seite 3 der Niederschrift über die Schlussbesprechung).

Säumniszuschlag

Die Regelung des § 217 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung macht den Eintritt der Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages davon abhängig, ob eine Abgabe spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Dies bedeutet, dass die Gründe im Einzelfall, warum eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet worden ist, keine Berücksichtigung finden. Es kommt allein auf die Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale an. In einem solchen Fall sind die Abgabenbehörden zur Vorschreibung des Säumniszuschlages von Gesetzes wegen verpflichtet. Eine Prüfung der sachlichen Richtigkeit der Abgabenfestsetzung findet daher nicht statt. Ebenso wenig ist ein Verschulden des Abgabepflichtigen Voraussetzung für die Verhängung eines Säumniszuschlages (vgl. Ritz, BAO6, § 217 Tz 3 f).

Im gegenständlichen Fall wurde die Normverbrauchsabgabe für 1-12/2015 mit Bescheid vom , für 1-12/2016 und 1-12/2017 mit Bescheiden vom festgesetzt. Da die Abgaben zu den gesetzlichen Fälligkeitstagen nicht entrichtet worden waren, hatte das Finanzamt nach obiger gesetzlicher Bestimmung keine andere Möglichkeit, als die ersten Säumniszuschläge festzusetzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die oben dargelegten Gründe nicht vorliegen, ist eine Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Z 2 NoVAG 1991, Normverbrauchsabgabegesetz, BGBl. Nr. 695/1991
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100439.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at