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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2023, RV/5101107/2020

1. Beiträge an ÖGATAP (Österreichische Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psychotherapie) und ÖBVP (Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie) - Werbungskosten eines Psychotherapeuten 2. Zeitpunkt des Abzugs bei außergewöhnlichen Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 unter anderem sonstige Werbungskosten in Höhe von € 573,00 sowie außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von € 9.345,71 geltend. Die Werbungskosten setzen sich aus Beiträgen zum ÖBVP (€ 356,00), der ÖGATAP (€ 160,00) sowie der Berufshaftpflicht für angestellte Psychotherapeuten (€ 57,00) zusammen. Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen bestehen aus Essensgeld im Hort des Stiefsohnes (€ 391,68) sowie Rechtsanwalts- und Fahrtkosten im Zusammenhang mit einem Kontaktrechtsverfahren zwischen der Mutter und dem leiblichen Vater des Stiefsohnes (€ 8.954,03).

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurden die Ausgaben mit folgender Begründung nicht anerkannt:

"Absetzbar sind beispielsweise Beiträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden undInteressensvertretungen, die sich überwiegend mit der Wahrnehmung der beruflichen Interessen ihrer Mitglieder befassen. Freiwillige Mitgliedschaften bei Vereinen, wie z.B. dem ÖBVP und ÖGATAP, sind steuerlich nicht abzugsfähig, da diese Mitgliedsbeiträge nach ständiger Judikatur der Privatsphäre zuzurechnen sind.

Die Kosten für den Rechtsanwalt entsprechen nicht dem § 34 EStG 1988. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt. Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 4.475,52Euro."

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde führt der Bf. wie folgt aus:

1.) Ich beantrage, dass die in meiner ESt-Erklärung für 2018 angegebenen sonstigen Werbungskosten von insgesamt 573 € anerkannt werden.

Bitte entnehmen Sie die dafür vorgesehene Begründung der beigefügten Expertise des Steuerberaters des ÖBVP, Herr Mag.***1***. Der Steuerberater hat in seinem Schreiben auch Bezug genommen auf die Mitgliedsgebühr der ÖGATAP.

Auszug aus dem Schreiben des Steuerberaters:

"Fachliche Würdigung:
1. Zunächst stimme ich Ihnen zu, dass es offensichtlich zu einer Verwechslung gekommen ist, weil ÖBVP und ÖGATAP nicht vergleichbar sind.

2. Der ÖBVP ist ganz klar ein Berufsverband und damit ist der Mitgliedsbeitrag natürlich als diesbezüglicher Abzugsposten unter den Werbungskosten anzuerkennen (Rz. 240 der LStR und Rz 1415 der EStR).

3. Der ÖGATAP als Ausbildungsverein fällt unter Rz. 1420 der EStR und sollte dennoch auch abzugsfähig sein. Dies aber nicht als Berufsverband, sondern nur nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff.

Beide Vereine als Privatangelegenheit abzutun, wie z.B. einen Absolventenverband o.ä., geht schlicht an der Realität vorbei.

4. Zusammenfassung: Ich bin daher absolut davon überzeugt, dass beide Mitgliedsbeiträge abzugsfähig sind, und empfehle ein weiteres Einschreiten."

Anzuführen ist auch, dass ich als tätiger Psychotherapeut eine Haftpflichtversicherung (für 2018 57€) zwingend haben muss.

2.) Ich beantrage, dass auch die restlichen beantragten Aufwendungen, insgesamt 8.954,03 € nunmehr als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.

Begründung: Es liegen besondere (insbes. ethische) Gründe vor, die für meine Gattin, die KM, und mich zwangsläufig die Inanspruchnahme eines RA im Obsorgeverfahren nötig machten; im Hintergrund steht ein Missbrauchsverfahren gg den KV."

Die belangte Behörde gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und berücksichtigte die Mitgliedsbeiträge für den ÖBVP - Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie. Hinsichtlich der übrigen Ausgaben, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen:

"Es handelt sich bei der ÖGATAP nicht um einen Berufsverband, sondern um einen Ausbildungsverein.Die Zugehörigkeit zu einer solchen Vereinigung ist nicht in erster Linie beruflich bedingt, sondernAusfluss einer in der Privatsphäre getroffenen Entscheidung (vgl. ). DieAufwendungen für die Mitgliedschaft in einer derartigen Vereinigung sind nicht als Werbungskostenabzugsfähig, sondern sie sind nicht abzugsfähige Aufwendungen der Lebensführung im Sinn des § 20Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988.

Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt.Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 4.432,80Euro."

Der Bf. beantrage mit Schreiben vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus:

"Entgegen der Ansicht des zuständigen Finanzamtes handelt es sich bei den geltend gemachten RA-Kosten um eine außergewöhnliche Belastung, die mir, dem Stiefvater, und der Kindesmutter (gleicher Haushalt) zwangsläufig erwachsen ist und meine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt. Die RA-Kosten resultieren aus einem Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren mit dem leiblichen Kindesvater. Gegen diesen lag eine Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs vor; dieses Verfahren wurde seitens der STA Linz eingestellt.

In der Folge versucht nun der Kindesvater mit Hilfe seines Rechtsanwalts die Obsorge und ein maximales Kontaktrecht zu erwirken. Dieses Verfahren ist derzeit noch anhängig. Die RA-Kosten erfüllen sämtliche Voraussetzungen des § 34 EStG, da es sich um eine aufgezwungene Prozessführung handelt - die Prozessführung wurde von der Kindesmutter und mir nicht vorsätzlich herbeigeführt und beruht auch ansonsten nicht auf einem Verhalten zu dem wir uns aus freien Stücken entschlossen haben. Sondern vielmehr ist dies eine zwangsläufige Folge des vom leiblichen Kindesvater angestrengten Verfahrens.

Die Notwendigkeit der Beiziehung eines Rechtsanwalts ergibt sich einerseits aus den Gesamtumständen, da sich auch der Kindesvater zur Einleitung des Verfahrens eines RA bediente und nach wie vor bedient. Andererseits aufgrund des Zusammenhanges mit den in der Vergangenhait aufgetretenen Umständen (zuvor stattgefundenes Strafverfahren), sodass wir zur Wahrung des Kindeswohls hier ebenfalls einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen mussten, um den gegnerischen Anwälten und deren juristischem Fachwissen nicht unterlegen zu sein, wenn es um die Zukunft und das Wohl des Kindes geht. Ich beantrage die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Erlassung eines neuen Bescheides, mit dem meinem Beschwerdevorbringen Rechnung getragen wird."

Der Akt wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Bf. ist angestellter Psychotherapeut. Er ist seit ***Datum*** mit ***xy*** verheiratet. Diese ist Mutter des am ***Datum2*** geborenen ***xyz***. Bei dem leiblichen Kindesvater handelt es sich nicht um den Bf., sondern einen ehemaligen Lebenspartner der Gattin.

Der Bf. macht in seiner Arbeitnehmerveranlagung 2018 unter anderem sonstige Werbungskosten in Höhe von € 573,00 sowie außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt in Höhe von € 9.345,71 geltend.

Die Werbungskosten setzen sich aus Beiträgen zum ÖBVP - Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie (€ 356,00), der ÖGATAP - Österreichische Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psyhotherapie (€ 160,00) sowie der Berufshaftpflicht für angestellte Psychotherapeuten (€ 57,00) zusammen.

Die ÖGATAP ist ein durch das Psychotherapiegesetz autorisierter Verein. Er bietet psychotherapeutische Ausbildungen entsprechend dem österreichischen Psychotherapiegesetz in den anerkannten Methoden: Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP), Autogene Psychotherapie (ATP) und Hypnosepsychotherapie (HY) an. Für bereits graduierte PsychotherapeutInnen und weit fortgeschrittene AusbildungskandidatInnen gibt es die Möglichkeit, psychotherapeutische Weiterbildungscurricula in folgenden Bereichen und Methoden zu absolvieren: Psychodynamische Psychotherapie der Borderline-Störungen (TFP), ­Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie, Krisenintervention (in Kooperation mit dem ÖAGG), Transkulturelle Beratung und Psychotherapie (in Kooperation mit dem CBIF), Autogenes Training - Grundstufe der Autogenen Psychotherapie, und Klinische Hypnose. Fortbildungsschwerpunkte bei den Internationalen Seminaren in Goldegg und Bad Radkersburg für Paar- und ­Familientherapie (KIP) und für Trauma­therapie (KIP) sind für die in Planung befindlichen Weiterbildungscurricula anrechenbar. Die gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildungen für alle drei Methoden KIP, ATP und HY werden regelmäßig, in Form von eigenen Seminaren für graduierte PsychotherapeutInnen, bei den Internationalen Seminaren der ÖGATAP angeboten.

Die Mitgliedschaft beim der ÖGATAP ist berufspolitisch wichtig und ermöglicht dem Bf. den Zugang zu wichtigen Fachbeiträgen für die Arbeit als Psychotherapeut.

Die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen bestehen unter anderem aus Rechtsanwalts- und Fahrtkosten im Zusammenhang mit einem Obsorge- und Kontaktrechtsverfahren zwischen der Mutter und dem leiblichen Vater des Stiefsohnes (€ 8.954,03). Gegen den leiblichen Vater lag eine Anzeige wegen sexuellen Missbrauchs vor; dieses Verfahren wurde seitens der Staatsanwaltschaft eingestellt. In der Folge versucht der Kindesvater mit Hilfe seines Rechtsanwalts die Obsorge und ein maximales Kontaktrecht zu erwirken.

Die Honorarnote des Rechtsanwaltes ist mit datiert.

Die Gattin des Bf. ist berufstätig und verfügt über eigenes Einkommen über dem steuerlichen Existenzminimum. Eine existenzielle Notlage, die zur Übernahme der Prozesskosten durch den Bf. geführt hat, liegt nicht vor.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den glaubwürdigen, nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen des Beschwerdeführers.

Die Ausführungen über die ÖGATAP wurden der Homepage des Vereins entnommen (Abfragedatum: ).

Die Honorarnote des Rechtsanwaltes ist mit datiert. Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung nach der allgemeinen Lebenserfahrung von einer Überweisung im Jahr 2019 aus.

Der Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, hat im Allgemeinen selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen und zumindest glaubhaft zu machen sind (vgl mwN).

Vor diesem Hintergrund können die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Zu den Beiträgen an den ÖBVP (Österreichischer Bundesverband für Psychotherapie) und ÖGATAP (Österreichische Gesellschaft für angewandte Tiefenpsychologie und allgemeine Psyhotherapie) als Werbungskosten:

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten "die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen".

Die Mitgliedschaft beim ÖBVP und bei der ÖGATAP ist berufspolitisch wichtig und ermöglicht dem Bf. den Zugang zu wichtigen Fachbeiträgen und Fortbildungen für die Arbeit als Psychotherapeut.

Die jährlichen Mitgliedsbeiträge sind als Werbungskosten abzugsfähig.

In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die berufliche Tätigkeit notwendig erweisen.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist für das Bundesfinanzgericht ein private Veranlassung der Mitgliedsbeiträge nicht erkennbar, sodass die Prüfung der Notwendigkeit der getätigten Aufwendungen entfallen kann.

Die jährlichen Mitgliedsbeiträge an den ÖBVP wurden seitens der belangten Behörde bereits im Rahmen der BVE zum Abzug zugelassen.

Zu den Rechtsanwalts- und Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung:

Zum Zeitpunkt des Abzugs:

Außergewöhnliche Belastungen sind in dem Jahr steuerlich zu berücksichtigen, in dem die Zahlungen geleistet wurden, es gilt das Abflussprinzip (§ 19 Abs 2; ; ).

Welcher Periode eine Ausgabe steuerlich zuzurechnen ist, bestimmt sich nach der Vorschrift des § 19 Abs. 2 EStG. Diese Vorschrift gilt auch für außergewöhnliche Belastungen. Sohin sind Ausgaben grundsätzlich in dem Kalenderjahr geltend zu machen, indem sie geleistet worden sind. Unter "leisten" ist nach Lehre und Rechtsprechung das Übertragen der tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsmacht über Geld oder Geldeswert zu verstehen ().

Die Prozesskosten wurden erst im Jahr 2019 bezahlt, eine Abzugsfähigkeit im Jahr 2018 muss daher schon dem Grunde nach verneint werden.

Zur Zwangsläufigkeit:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss vor allem folgende Voraussetzungen erfüllen:

"1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)."

Gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz EStG 1988 sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Die im vorliegenden Fall strittige Voraussetzung der Zwangsläufigkeit ist gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erfüllt, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung "aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann".

Tatsächliche Gründe sind solche, die unmittelbar den Steuerpflichtigen selbst betreffen. Unter rechtlichen Gründen sind solche zu verstehen, die dem Pflichtigen eine Belastung auf Grund einer rechtlichen Verpflichtung auferlegen. Sittliche Gründe können nur aus dem Verhältnis zu anderen Personen erwachsen; eine sittliche Verpflichtung kommt in erster Linie gegenüber nahen Angehörigen in Betracht (Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21, § 34 Tz 34ff.).

Es reicht nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich, wünschens- oder lobenswert erscheint. Bei der Übernahme von Prozesskosten eines nahen Angehörigen liegt in der Regel Zwangsläufigkeit nicht vor (zB Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 34 Tz 36, und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im Beschwerdeverfahren ist strittig, ob die Rechtsanwaltskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensveranlagung des Bf. anerkannt werden können. Die belangte Behörde bestreitet im Ergebnis die Zwangsläufigkeit der in Rede stehende Aufwendungen.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nahe Angehörige grundsätzlich keinen über den Rechtsanspruch hinausgehenden Anspruch auf Unterhaltsleistungen aus dem Titel der sittlichen Verpflichtung haben (). Es besteht auch keine über die rechtliche Verpflichtung hinausgehende sittliche Verpflichtung zur Tragung von Prozesskosten eines Angehörigen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wäre allenfalls nur dann zulässig, wenn die Prozessführung unmittelbar zur Abwendung einer existenzbedrohenden Notlage des nahen Angehörigen erforderlich gewesen wäre (). Eine Situation, die einer existenzbedrohenden Notlage nahekommt, hat der Bf im vorliegenden Fall nicht dargelegt und war für das Bundesfinanzgericht auch nicht erkennbar.

Abschließend ist daher festzuhalten, dass die Aufwendungen dem Bf. weder aus rechtlichen noch aus sittlichen Gründen zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988 erwachsen sind.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Soweit im Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen sind, folgt das Bundesfinanzgericht der im Rahmen der erfolgten rechtlichen Beurteilung (Punkt 3.) zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5101107.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at