Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2023, RV/4100615/2022

Wirtschaftliche Einheit

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/4100615/2022-RS1
Im gegenständlichen Falle des § 24 BewG liegt eine Miteigentümergemeinschaft nicht vor. Vielmehr handelt es sich um eine Personengemeinschaft, denen eine wirtschaftliche Einheit (land- und forstwirtschaftlicher Betrieb) gemeinsam zuzurechnen ist. Richtigerweise sind im Fall des § 24 BewG beide Ehegatten oder eingetragene Partner als Bescheidadressaten anzuführen. Die Nennung eines Eigentümers und der Hinweis auf den anderen Miteigentümer ist unrichtig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Feststellung des Einheitswertes zum (Wert- und Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 BewG 1955), EW-AZ ***1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Eigentümer des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes KG ***2*** u.a., GrdSt.Nr. ***3*** u.a. mit 0,8990 ha landwirtschaftlich, 20,2261 ha forstwirtschaftlich und 100,1084 ha alpwirtschaftlich genutzter Flächen. Der Einheitswert zum Hauptfeststellung mit Wirksamtkeit wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit € 2.200 festgestellt (EW-AZ ***1***).

Die Gattin des Bf., Frau ***S***, ist Eigentümerin des forstwirtschaftlichen Betriebes KG ***4***, GrdSt.Nr. ***5*** mit einer Fläche von 48,3231 ha. Der Einheitswert zum - Hauptfeststellung mit Wirksamkeit - wurde mit € 1.900 festgestellt (EW-AZ ***6***).

Im Rahmen der Bearbeitung des Wertfortschreibungsantrages des Bf. vom gelangte das FA zur Ansicht, dass 25,9765 ha Vegetationsflächen als unproduktive Flächen zu berücksichtigen seien und dass der land- und forstwirtschaftliche Betrieb des Bf. (EW-AZ ***1***) mit dem forstwirtschaftlichen Betrieb der Gattin (EW-AZ ***6***) ab als Ehegatteneigentum zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzulegen sei.

In der Folge forderte das FA den Bf. und seine Gattin nach § 81 Abs. 2 BAO auf, eine vertretungsbefugte Person namhaft zu machen. Sowohl der Bf. als auch seine Gattin verwehrten sich gegen die im Formular Bew 1 angeführte Bezeichnung "Miteigentümer", da sie jeweils Eigentümer und nicht Miteigentümer wären.

Mit Bescheid vom bestellte das FA den Bf. nach § 81 Abs. 2 BAO zum Vertreter der Bewirtschaftungsgemeinschaft des Grundbesitzes KG ***7*** u.a., weil keine Person gegenüber der Abgabenbehörde als vertretungsbefugte Person namhaft gemacht worden sei.

***S*** wurde mit Schreiben vom über die Vertretung des Bf. mit Wirkung für die Gesamtheit des Grundbesitzes KG ***7*** verständigt.

Am erließ das FA den an ***Bf.*** und Miteigentümer, zH ***Bf.***, Adresse BF. adressierten Einheitswertbescheid zum (Wert- und Zurechnungsfortschreibung gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 BewG 1955) und stellte den Einheitswert für den Grundbesitz "Landwirtschaftlicher Betrieb, KG ***7*** mit € 3.800 fest. Dabei wurde dem Bf. ein Anteil von 127/209 mit € 2.309,09 und seiner Gattin ein Anteil von 82/209 mit € 1.490,91 zugerechnet. Begründet wurde der Einheitswertbescheid mit der Änderung im Flächenausmaß und damit, dass die Einheitswertaktenzeichen ***1*** und ***6*** unter Berücksichtigung der §§ 2 und 24 Bewertungsgesetz (wirtschaftliche Einheit bei Ehegattenbetrieb) zusammengelegt worden seien. Die Daten seien aus den Vorbescheiden übernommen worden. Die mit beantragte Berücksichtigung von 25,9765 ha als Vegetationsflächen mit geringer Ertragsfähigkeit sei als unproduktive Flächen berücksichtigt worden. Die Feststellung sei wegen Änderung in der steuerlichen Zurechnung bzw. Änderung der Eigentumsverhältnisse erforderlich geworden.

Mit Schreiben vom erhob der Bf. Beschwerde gegen den Einheitswertbescheid. Begründend führte er aus, dass er eine Fläche von 121,2355 ha, seine Gattin aber eine Fläche von 48,3231 ha in der KG ***4*** besitze. Er verwehre sich mit aller Entschiedenheit gegen die Zusammenlegung der angeführten Flächen. Dies hätte für ihn bei der SV der Bauern erhebliche Nachteile. Er beantrage mit sofortiger Wirkung die umgehende Gütertrennung.

Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Begründend wurde auf die §§ 2 und 24 BewG, die Rechtsprechung des VwGH und den Kommentar des Bewertungsgesetzes hingewiesen.

Der Bf. brachte am erneut eine Kopie der Beschwerde vom - als Vorlageantrag - beim FA ein. Ergänzend führte er aus, dass die §§ 2 und 24 BewG nicht auf "ihn und Miteigentümer" angewendet werden könnten. Seine Frau sei in ***D*** gemeldet - dort sei ihr ständiger Hauptwohnsitz. Sollte das FA seine Meinung nicht ändern, würden sie sich mit - zum 30. Hochzeitstag - scheiden lassen, an die Öffentlichkeit gehen und den Volksanwalt einschalten.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

  1. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Am fand in Anwesenheit der Richterin, der Amtssachverständigen DI Dr.in AB, des Bf. und seiner Gattin ein Erörterungsgespräch und Lokalaugenschein in ***'AdresseBf*** statt. Die schriftliche Ausfertigung des Tonbanprotokolls liegt dem Erkenntnis bei.

Soweit für die Beschwerde relevant, geben der Bf. und seine Gattin über Befragen der Richterin an, dass eine dauernde Haushaltsgemeinschaft im Sinne eines gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens nicht vorliege. Der Bf. lebe und wohne in ***AdresseBf.***, die Gattin in ***D***. Dort habe die Gattin die an Demenz leidende Schwiegermutter zu betreuen. Dies ginge schon seit Jahren so. Der Lebensmittelpunkt des Bf. befinde sich in ***AdresseBf.***, jener der Gattin in ***D***. Die Gattin schlafe maximal zweimal im Monat im Haus ***AdresseBf.***. Eine echte Lebenspartnerschaft - wie es normal sei - bestehe nicht. Die Gattin habe sich auch zum Stichtag in ***D*** aufgehalten. Hauptwohnsitzmäßig sei sie erst seit dem vorigen Jahr dort gemeldet. Ihr Lebensmittelpunkt sei in ***D*** bei der dementen Schwiegermutter. Jener des Gatten aber in ***AdresseBf.***.

Befragt nach den Berufen gab die Gattin des Bf. an, dass sie ursprünglich Einzelhandelskauffrau und Dekorateurin gelernt habe. Sie sei in Pension. Der Bf. sei Unternehmer gewesen. Er habe das im Haus befindliche, mittlerweile geschlossene Schuhgeschäft betrieben.

Befragt, von wo aus der rund 48 ha große "Wald" von Frau ***S*** bewirtschaftet werde, gab sie an, dass dies von der ***M-Hütte*** aus erfolge. Die Hütte, die sich Mitten in ihrem Forst (Revier Stall) befinde, sei mit einer Schlaf- und Kochgelegenheit ausgestattet. In einem weiteren Raum befänden sich Motorsägen, Sapine, Öl, Treibstoff, Ersatzketten und Werkzeug zum Schleifen. Die Geräte gehörten ihr allein.
Der Bf. führte aus, dass sein Forst von der ***A-Hütte*** aus bewirtschaftet werde. Dabei handle es sich um eine Blockhütte. In der ***A-Hütte*** befänden sich Motorsägen, Sapine, Treibstoff, Öle, einfach alles was im Wald gebraucht werde. Früher sei die Hütte ein Stall gewesen. Zur ***A-Hütte*** gebe es keinen befahrbaren Weg. Es müsste alles zu Fuß dorthin transportiert werden. Seine Forstfläche sei von jener der Gattin durch einen Graben getrennt. Er fahre 8 km über das Revier ***8*** und gehe dann noch eine Stunde zu Fuß zur ***A-Hütte***. Zur ***M-H*** seiner Frau müsse man 10,3 km über ***9*** fahren. Seine Frau habe kein Zufahrtsrecht. Sie müsse immer dafür zahlen.

Befragt nach der Mithilfe des einen Ehegatten im Betrieb des anderen, gaben der Bf. und seine Gattin an, dass die Arbeit an Schlägerungsunternehmen ausgelagert werde. Für die steilen Waldflächen sei es sehr schwierig überhaupt ein Schlägerungsunternehmen zu bekommen. Das Holz werde am Stock zu einem Fixpreis verkauft. Stockverkauf bedeute, dass das Schlägerungsunternehmen es schlägere, messe und danach werde es bezahlt.
Sie könnten beide - schon aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes - nicht mehr im "Wald" arbeiten. Der Bf. leide seit 10 Jahren an ***12*** und habe im vorigen Jahr einen ***13*** erlitten. Die Gattin habe sich das Sprunggelenk gebrochen.

Weiters gab Frau ***S*** an, dass sie sämtliche Reparaturen der Geräte selbst bezahle. Sie finanziere "ihren Wald alleine". Sie habe nie mit ihrem Gatten ein gemeinsames Konto gehabt. Sie habe immer ihr Erspartes für den "Wald" verwendet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist Eigentümer von 0,8990 ha landwirtschaftlich, 20,2261 ha forstwirtschaflich und 100,1084 ha alpwirtschaftlich genutzter Flächen. Der Einheitswert wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit € 2.200,00 festgestellt. Erfasst ist der land- und forstwirtschaftliche Betrieb unter dem EW-AZ ***1***.

Die Gattin des Bf. ist Eigentümerin von 4,7000 ha unproduktiven und 43,6231 ha forstwirtschaftlichen Flächen. Der Einheitswert wurde zum - Hauptfeststellung Wirksamkeit - mit € 1.900,00 festgestellt. Erfasst ist der forstwirtschaftliche Betrieb unter dem EW-AZ ***6***.

Das FA bestellte mit Bescheid vom den Bf. nach § 81 Abs. 2 BAO als Vertreter für die Bewirtschaftsungsgemeinschaft des Grundbesitzes KG ***, ***, GrundstücksNrn. ***3*** u.a. Mit gleichem Datum wurde die Gattin des Bf. darüber verständigt.

Am erging der an ***Bf1*** und Miteigentümer z.H. ***Bf.*** adressierte Einheitswertbescheid zum (Wert- und Zurechnungsfortschreibung nach § 21 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 BewG 1955). Im Rahmen des Einheitswertbescheides wurde der forstwirtschaftliche Betrieb der Gattin des Bf. dem land- und forstwirtschaftliche Betrieb des Bf. zugerechnet; das FA ging von einer wirtschaftlichen Einheit bei Ehegattenbetrieb aus. Weiters wurden antragsgemäß 25,9765 ha Vegetationsfläche mit geringer Ertragsfähigkeit als unproduktive Fläche berücksichtigt. Der Einheitswert wurde mit € 3.800,00 festgestellt.

Gegen die Zurechnung im Rahmen eines Ehegattenbetriebes spricht sich der Bf. in der Beschwerde und im Vorlageantrag aus.

Im Rahmen des Lokalaugenscheins und Erörterungsgespräches vom wurde festgestellt:

Der Bf. ist in ***AdresseBf.***, die Gattin seit in ***D*** hauptwohnsitzgemeldet. Eigentümer der Liegenschaften ***AdresseBf.*** und ***D*** ist der Bf. Die Gattin des Bf. betreut seit Jahren die in ***D*** lebende an Demenz erkrankte Schwiegermutter. Frau ***S*** hält sich rund 2 Tage pro Monat in ***AdresseBf.*** auf. Die restliche Zeit verbringt sie in ***D***. Der Bf. hält sich durchgängig in ***AdresseBf.*** auf. Der Bf. bezieht eine Pension von der Sozialversicherung der Selbständigen, die Gattin eine Pension der Pensionsversicherungsanstalt.

Der forstwirtschaftliche Betrieb der Gattin des Bf. - 48,3231 ha - wird von der ***M-Hütte*** aus bewirtschaftet. Darin befinden sich von ihr finanzierte für den Forst erforderliche Gerätschaften wie Motorsägen, Sapine, Öle, Treibstoffe, Ersatzketten, Schleifwerkzeuge. Die Zufahrt zur ***M-Hütte*** ist nur über einen Weg der Bundesforste möglich. Dafür ist ein Entgelt zu entrichten.

Die forstwirtschaftlichen Flächen des Bf. - 20,2261 ha - werden von der ***A-Hütte*** aus bewirtschaftet. Hier befinden sich Motorsägen, Werkzeuge, Sapine, Ersatzteile, Ketten, Öle, Treibstoffe, ein Notstromaggregat, Schleifwerkzeuge. Inventar und Betriebsmittel werden vom Bf. finanziert.

Zwischen den forstwirtschaftlichen Betrieben des Bf. und seiner Gattin befindet sich ein unüberbrückbarer Graben.

Der Bf. ist durch seine jahrelange Krankheit (***12***) sowie den vorjährigen ***13*** gesundheitlich in seiner Arbeitskraft beeinträchtigt. Eine Mithilfe des Bf. im forstwirtschaftlichen Betrieb der Gattin ist nicht möglich. Und auch die Gattin des Bf. ist gesundheitlich beeinträchtigt.

Schlägerungen - sowohl im Forst des Bf. wie auch im Forst der Gattin - werden von ausgelagerten Unternehmungen (***10***) durchgeführt. Das Holz wird ab Stock verkauft und nach Abmaß bezahlt. Die Schlägerungskosten werden vom Bf. bzw. seiner Gattin getrennt bezahlt; die Erlöse aus den Holzverkäufen werden ebenfalls getrennt verbucht.

Sowohl der Bf. als auch seine Gattin verfügen über eigene Bank- und Verrechnungskonten.

Die Ehegatten haben keine land- bzw. forstwirtschaftliche Ausbildung.

Bei der AMA sind die Betriebe nicht erfasst.

2. Beweiswürdigung

Strittig in diesem Verfahren ist, ob es dem Bf. und seiner Gattin gelungen ist, die nach der Verkehrsauffassung zulässige Vermutung zu widerlegen, wonach Betriebe von Ehegatten, die einerseits eine Land- und Forstwirtschaft und andererseits eine Forstwirtschaft betreiben, grundsätzlich als einheitlich anzusehen sind.

Gegenstand des Beweisverfahrens war daher vor allem die Beurteilung jener Umstände, die für oder gegen die Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes sprachen.

Das FA teilte unter Bezugnahme auf die §§ 2 und 24 BewG die Vermutung, dass die Betriebe von Ehegatten als wirtschaftliche Einheit - als Ehegattenbetrieb - anzusehen seien. Zur Begründung verwies die Abgabenbehörde auf die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung und ob die in Rede stehenden Flächen von einem Mittelpunkt (einer Hofstelle) aus bewirtschaftet werden könnten. Privatrechtliche Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit hätten außer Acht zu bleiben. Dass die Gattin des Bf. ihren Hauptwohnsitz mit von ***AdresseBf.*** nach ***D*** verlegt hätte, ändere laut dem FA nichts an der rechtlichen Beurteilung.

Der Bf. verwehrt sich gegen die Zusammenlegung der Betriebe, brächte dies doch sozialversicherungsrechtlich erhebliche Nachteile für ihn.

Aufgrund der fehlenden Sachverhaltsfeststellungen im Beschwerdefall setzte das Bundesfinanzgericht am einen Lokalaugenschein samt Erörterungsgespräch an. Auf das beiliegende Protokoll wird verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Wirtschaftliche Einheit

Nach § 2 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

Gemäß § 24 BewG 1955 wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder eingetragenen Partner gehören, wenn die Ehegatten oder eingetragenen Partner in dauernder Hausgemeinschaft leben.

Im Beschwerdefall gilt es zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zurechnung der der Ehegattin des Bf. gehörenden forstwirtschaftlich genutzten Flächen KG ***4*** im Ausmaß von 48,3231 ha zu der den dem Bf. gehörenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen KG ***2*** mit dem Ausmaß von 121,2335 ha, rechtlich gerechtfertigt ist. Es gilt sohin die Frage zu klären, ob die Betriebe der Ehegatten eine wirtschaftliche Einheit bilden.

§ 24 BewG 1955 sieht als Tatbestandsvoraussetzung für den Umfang der wirtschaftlichen Einheit in Sonderfällen das Vorliegen einer dauernden Haushaltsgemeinschaft zwischen den Ehegatten vor. Unter einer dauernden Haushaltsgemeinschaft versteht man, dass die Ehegatten oder eingetragenen Partner in einer Wohngemeinschaft leben und dass eine gemeinsame Wirtschaftsführung vorliegt.
Wie im Rahmen des Erörterungsgespräches und des Ortsaugenscheins vom festgestellt werden konnte, hält sich die Gattin des Bf. überwiegend - und seit Jahren - in ***D*** auf. Sie lebt - nächtigt, isst, etc. - dort und pflegt die seit Jahren an Demenz erkrankte Schwiegermutter, die die tägliche und nächtliche Anwesenheit der Gattin des Bf. erfordert. Lediglich an zwei Tagen im Monat hält sich die Gattin des Bf. in ***AdresseBf.*** auf.
Der Bf. lebt und wirtschaftet in ***AdresseBf.***. Die Kinder sind seit Jahren auf dem Haus. Weiters wurde festgestellt, dass zwischen den Ehegatten eine Wirtschaftsgemeinschaft so gut wie nicht gegeben ist. Beide Gatten beziehen Pensionen, beide Gatten haben getrennte Konten und versorgen sich finanziell selbst.

Aufgrund der Sachlage sieht es das Bundesfinanzgericht es als erwiesen an, dass im Beschwerdefall nicht von einer dauernden Haushaltsgemeinschaft zwischen dem Bf. und seiner Gattin iSd § 24 BewG 1955 auszugehen ist.

Wenngleich die Hauptwohnsitzmeldung der Gattin des Bf. in ***D*** erst mit erfolgte - und somit augenscheinlich wird, dass dies mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom in Verbindung steht - ist festzuhalten, dass eine polizeiliche Ab- und Anmeldung nicht entscheidend ist, wenn die faktischen Verhältnisse diesem Indiz entgegenstehen ( uvam.).

Obgleich die Beschwerde aufgrund der fehlenden dauernden Haushaltsgemeinschaft der Ehegatten schon entschieden ist, ist der Vollständigkeit halber hinsichtlich der in den §§ 2 und 24 BewG 1955 geforderten Kriterien für eine Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit, festzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit iSd § 2 BewG 1955 die gemeinsame wirtschaftliche Zweckbestimmung maßgebend. Diese ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen; auf den Willen des Eigentümers (im Fall des § 24 BewG: der Eigentümer), Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln, kommt es nicht an, wenn diese Absicht in der Verkehrsanschauung keine Deckung findet. Nach der Verkehrsanschauung gehören grundsätzlich zu einem einheitlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft alle Flächen, die nach Lage der Verhältnisse von einem Mittelpunkt (in der Regel: der Hofstelle) aus bewirtschaftet werden können und demselben Eigentümer (unter den Voraussetzungen des § 24 BewG: Ehegatten) gehören. Die privatrechtlichen Beziehungen des einzelnen Ehegatten zu den verschiedenen Teilen der wirtschaftlichen Einheit bleiben außer Betracht; es kommt somit nicht darauf an, wer von den beiden Ehegatten Eigentümer der wirtschaftlich zusammengehörenden Wirtschaftsgüter ist. Auch mehrere Betriebe bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn sie zusammen bewirtschaftet werden. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn zwischen den Betrieben ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht.

Im Beschwerdefall wird der forstwirtschaftliche Betrieb des Bf. von der ***A-Hütte*** aus und jener der Gattin von der ***M-H*** aus bewirtschaftet. Die jeweiligen forstwirtschaftlichen Flächen werden nicht von einem Mittelpunkt, der sogen. Hofstelle aus, bewirtschaftet. In den jeweiligen Forsthütten befinden sich Betriebsmittel. Schlägerungs- und Aufforstungsarbeiten werden von speziellen Schlägerungsunternehmen durchgeführt. Die Auftragserteilung, Abrechnung und Bezahlung der Schlägerungsunternehmen erfolgt jeweils durch den Bf. bzw. der Gattin für den jeweiligen forstwirtschaftlichen Betrieb gesondert. Jeder Betrieb verfügt über eigene Konten. Die Mithilfe des Bf. bzw. der Gattin im jeweils anderen forstwirtschaftlichen Betrieb ist aus gesundheitlichen Gründen der Ehegatten seit Jahren nicht mehr möglich.

Das Bundesfinanzgericht sieht es als erwiesen an, dass aufgrund der angeführten Umstände die - nach der Verkehrsauffassung vermutete - gemeinsame Bewirtschaftung durch die Ehegatten nicht vorliegt. Ein innerer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Betrieben des Bf. und seiner Gattin besteht nicht.

  1. Verfahrensrechtlich ist zur Bescheidadressierung iZm Wirtschaftlichen Einheiten iSd § 24 BewG ergänzend festzuhalten:

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.

Gemäß § 186 Abs. 3 BAO sind mit der Feststellung des Einheitswertes Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung und darüber zu verbinden, wem dieser zuzurechnen ist (§ 24 BAO). Sind an dem Gegenstand mehrere Personen beteiligt, so ist auch eine Feststellung darüber zu treffen, wie der festgestellte Betrag sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt.

Gemäß § 191 Abs.1 lit. a BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 186 (Einheitswert für eine wirtschaftliche Einheit) an denjenigen, dem die wirtschaftliche Einheit zugerechnet wird, wenn jedoch am Gegenstand der Feststellung mehrere beteiligt sind, an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, an der die Beteiligung im Feststellungszeitpunkt bestanden hat.

Nach § 191 Abs. 3 erster Satz BAO wirken Feststellungsbescheide (§ 186) gegen alle, die am Gegenstand der Feststellung beteiligt sind.

Nach § 81 Abs. 1 sind abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben nach Abs. 2 diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.

Nach § 24 BewG wird die Zurechnung mehrerer Wirtschaftsgüter zu einer wirtschaftlichen Einheit nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Wirtschaftsgüter zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder eingetragenen Partner gehören, wenn die Ehegatten oder eingetragenen Partner in dauernder Haushaltsgemeinschaft leben.

Im angefochtenen Bescheid vom lautet der Bescheideadressat für die zum angenommene wirtschaftliche Einheit: ***Bf1*** und Miteigentümer, zH ***Bf.***, ***AdresseBf.***, ***11***. Der Bf. verwehrt sich gegen die Adressierung insbesondere, dass von einer Miteigentümerschaft ausgegangen werde.

Nach § 93 Abs. 2 BAO ist im Spruch eines jeden Bescheides die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die der Bescheid ergeht. Der Adressat ist namentlich zu nennen (Ritz, Kommentar Bundesabgabenordnung, § 93 Rz 6 und die dort zitierte VwGH- Judikatur).

Bei Zurechnung einer wirtschaftlichen Einheit an eine Personengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit hat die Bescheidadressierung so zu erfolgen, dass die Personengemeinschaft als Bescheidadressat eindeutig bestimmt ist.

Demnach ist es bei einer Miteigentümergemeinschaft grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn im Bescheidspruch ein Miteigentümer namentlich genannt wird und darauf hingewiesen wird, dass sich der Bescheid auch an die weiteren Miteigentümer oder Mitbesitzer der Liegenschaft (oder mehrerer Liegenschaften) richtet (vgl. ). Zu beachten ist dabei, dass nach § 2 Abs. 2 BewG mehrere Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht kommen, als sie demselben Eigentümer gehören.

Eine Ausnahme zu § 2 Abs. 2 BewG bildet § 24 BewG. Danach wird die Zusammenfassung von Wirtschaftsgütern, die zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten oder eingetragenen Partner allein gehören, zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit zugelassen.

Eine Miteigentümergemeinschaft liegt aber in Fällen des § 24 BewG nicht vor. Vielmehr handelt es sich um eine Personengemeinschaft, denen eine wirtschaftliche Einheit (land- und forstwirtschaftlicher Betrieb) gemeinsam zuzurechnen ist. Dabei ist es nach § 24 BewG unbeachtlich, wenn einzelne Wirtschaftsgüter nur einem Ehepartner oder eingetragenen Partner gehören. Zivilrechtliches Miteigentum ist nicht erforderlich.

Richtigerweise müssten in einem Fall des § 24 BewG beide Ehegatten oder eingetragene Partner im Bescheidadressaten angeführt werden. Die Nennung eines Eigentümers und der Hinweis auf den anderen Miteigentümer ist unrichtig.

Im angefochtenen Bescheid ergibt sich die Eindeutigkeit des Bescheidadressaten aus § 186 Abs. 3 BAO, wonach mit der Feststellung des Einheitswertes Feststellungen über die Art des Gegenstandes der Feststellung und darüber zu verbinden sind, wem diese zuzurechnen ist (§ 24 BewG). Sind an dem Gegenstand mehrere Personen beteiligt, so ist auch eine Feststellung darüber zu treffen, wie der festgestellte Betrag sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt.

Im angefochtenen Bescheid ist im Spruch die an der wirtschaftlichen Einheit Mitbeteiligte Gattin des Bf. mit ihrem Anteil an der vom FA angenommenen ab bestehenden wirtschaftlichen Einheit angeführt, nämlich ***S*** Anteil 82/209 € 1.490,91.

Daraus ist erschließbar, dass es sich dabei um einen nach § 293 Abs. 1 BAO berichtigungsfähigen Fehler handelt. Die Unrichtigkeit des Wortes "Miteigentümer" anstatt "Beteiligte" an einer wirtschaftlichen Einheit bedeutet somit nicht die Nichtigkeit bzw. die Unwirksamkeit des Bescheides, was aber nicht bedeutet, dass nicht von vornherein in Fällen des § 24 BewG die richtige Bescheidadressierung zu wählen sein wird.

Aus den angeführten Gründen war der Beschwerde stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war in freier Beweiswürdigung die Frage nach dem Umfang der wirtschaftlichen Einheit in Sonderfällen nach §§ 2 und 24 BewG 1955 zu beurteilen. Die steuerliche Behandlung ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. der höchstgerichtlichen Judikatur.
Es war somit keine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, zu lösen.

Beilage: Niederschrift über den Verlauf der Erörterung gemäß § 269 Abs. 3 BAO und des Lokalaugenscheins vom

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 24 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 2 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 186 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 24 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.4100615.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at