Umfang der Geschäftsführerhaftung, konkursrechtliche Aufrechnungsbesonderheiten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Heidemarie Winkler über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch TWP Steuerberatung OG, Kirchbergweg 5-7, 7100 Neusiedl am See, vom , gegen den Bescheid des vormaligen Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend Inanspruchnahme zur Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO, vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung am zu Recht:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben im Gesamtbetrag von EUR 22.774,45 eingeschränkt:
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Im Übrigen wird die Beschwerde gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ***Bf1*** (in Folge kurz: BF), war von bis zur Konkurseröffnung am tt.06.2008 eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***GmbH***. Die Geschäftstätigkeit wurde mit Konkurseröffnung eingestellt. Zur Abwicklung noch offener Vertragsverhältnisse, Erwägung von Schadenersatzklagen und Einhaltung der Kündigungsfristen erfolgten durch die steuerliche Vertretung noch weitere abgabenrechtliche Meldungen an das Finanzamt.
Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 139 IO erfolgte beschlussmäßig durch das Landesgericht Eisenstadt am .
Seitens des Finanzamtes (belangte Behörde) erging am ein Haftungsprüfungsvorhalt hinsichtlich der aushaftenden Abgabenschulden iHv EUR 44.576,60:
"[…] 1. Am Konto der ***1***" haften folgende haftungsrelevante Abgaben aus:
Abgabe: FälligkeitUVA/Erklärung eingebracht am:Betrag:
Umsatzsteuer 3/2008 2.458,93
Lohnsteuer 4/2008 35.167,52
Kammerumlage 01-03/2008 82,46
Dienstgeberbeitrag 4/2008 6.255,99
Zuschlag zum
Dienstgeberbeitrag 4/2008 611,70
Summe 44.576,60
2. Laut Firmenbuchauszug waren sie ab als Geschäftsführer der ***1*** bestellt. Auf Grund Ihrer Funktion als geschäftsführender Vertreter oblag Ihnen die Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Vertretenen.
3. Da die unter Punkt 1 angeführten haftungsrelevanten Abgabenbetrage während Ihrer Vertretungsperiode fällig bzw. nicht entrichtet wurden, muss das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteiles davon ausgehen, dass Sie der Ihnen aufgetragenen Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Vertretenen nicht vorschriftsgemäß nachgekommen sind.
4. Die genannten Beträge sind bei der ***1***" alsuneinbringlich anzusehen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Aktenlage und des anhängigen Konkursverfahren beim Landesgericht Eisenstadt ***2***, welches am nach Schlussverteilung aufgehoben wurde.
5. Sofern die Gesellschaft bereits zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben nicht mehr über ausreichende liquide Mittel zur (vollen) Bezahlung aller Verbindlichkeiten verfügte, werden Sie ersucht, dies durch eine Auflistung sämtlicher Gläubiger mit zum Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten (siehe Punkt 1) gleichzeitig oder früher fällig gewordenen Forderungen darzulegen. In dieser Aufstellung müssen alle damaligen Gläubiger der Gesellschaft (auch die zur Gänze bezahlten) sowie die auf einzelne Verbindlichkeiten (Gläubiger) geleisteten Zahlungen (Quoten) enthalten sein. Außerdem sind alle verfügbar gewesenen liquiden Mittel (Bargeld und offene Forderungen) anzugeben bzw. gegenüber zu stellen.Es steht Ihnen frei, die maßgebliche finanzielle Situation zum Eintritt der Abgabenfälligkeiten, die offenen Verbindlichkeiten und die erbrachten Tilgungsleistungen an alle einzeln anzuführenden Gläubiger auch auf andere Art und Weise einwandfrei bekannt zu geben.Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt Ihnen als Vertreter, Nachweise dafür, wie viel Zahlungsmittel zur Verfügung gestanden sind und in welchem Ausmaß die anderen Gläubiger noch Befriedigung erlangten, zu erbringen. Im Fall der Nichterbringung dieser Nachweise muss das Finanzamt davon ausgehen, dass Sie die Ihnen obliegende Verpflichtung, die fällig gewordenen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt haben, und diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall ist.
6. Wird der Nachweis einer Gläubigergleichbehandlung nicht in nachvollziehbarer Weise erbracht, liegt es im Ermessen des Finanzamtes, die Haftung für die unter Punkt 1 genannten Abgabenbeträge auszusprechen, bei Benachteiligung des Abgabengläubigers im Ausmaß der nachgewiesenen Benachteiligung der Abgabenschuldigkeiten gegenüber den anderen Verbindlichkeiten (z.B. 2000/15/0168). Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen.Da der öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, vollstreckbare Abgaben einzubringen, bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung allfällige Einzelinteressen verdrängt (z.B. 2004/14/0112), sähe sich das Finanzamt veranlasst, die gesetzliche Vertreterhaftung gegen Sie imerforderlichen Ausmaß geltend zu machen.Unter diesen Umstanden haften Sie für die uneinbringlichenAbgabenschuldigkeiten im vollen Ausmaß (zB. 2005/15/0114).
7. Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz besteht für Abfuhrabgaben, nämlich hier für die Lohnsteuer ( 95/15/0046).
8. Wurden Forderungen an Banken oder an andere Gläubigerabgetreten (Generalzession, Mantelzession)? Kopien der Verträge sind vorzulegen.
9. Wie sind Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse?Woraus bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt?Beiliegende Formulare (EV6 und EV7) sind vollständig auszufüllen.
10. Ist ein Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs) geplant? […]"
Der Haftungsprüfungsvorhalt wurde durch den BF, vertreten durch ***Stb***, am unter Bestreitung des vorgeworfenen Verschuldens beantwortet und damit begründet, dass die von der einzigen Vertriebspartnerin bereits zugesagte Finanzierung iHv EUR 700.000,00 zurückgenommen und der Vertriebsvertrag gekündigt worden sei. Es wurde rechnerisch eine gleichmäßige Tilgung der Verbindlichkeiten aller Gläubiger mit 3,62 % samt Konvolut an Unterlagen (Liquiditätsübersicht, Aufstellung der Verbindlichkeiten, Bewegungsdaten - Bank und Kassa, Finanzamtskonto), dargelegt.
Das Finanzamt ging bezüglich der Haftungsfrage vom Vorliegen des Verschuldens und von einer Ungleichbehandlung der Gläubiger aus. In Folge erließ die Behörde am (zugestellt am ) den streitgegenständlichen Haftungsbescheid:
Darin hieß es auszugsweise: "[…] Laut Feststellungen der ha. Prüfung und der vorgelegten Aufzeichnungen samt Lohnkonten wurden die Löhne bis einschließlich ausbezahlt […]
Im Haftungsprüfungsverfahren wird eine detaillierte und präzise Berechnung (rechnerische Darlegung) zur Gleichbehandlung aller Gläubiger abverlangt, aus der die Entrichtung zu den jeweiligen Abgabenfälligkeiten in Gegenüberstellung mit den sonstigen Verbindlichkeiten unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlungen ersichtlich ist und somit dem Gebot der Gleichbehandlung aller Forderungen entsprochen hätte.
Der Haftungsprüfungsvorhalt […] wird betreffend der Verrechnung von Guthaben aus der Abgabengebarung bemerkt, dass für die Aufrechnung in Insolvenzfällen die Regelungen der §§ 19 und 20 IO gelten, die als speziellere Vorschriften den allgemeinen Bestimmungen des ABGB vorgehen. Demnach ist gemäß § 20 Abs. 1 IO die Aufrechnung unter anderem unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Insolvenzmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Schuldner erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben worden ist. Auch ist gemäß § 215 Abs. 1 BAO ein sich aus der Gebarung unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabenpflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser bei derselben Abgabenbehörde hat.
Gemäß den genannten Bestimmungen wurde das Guthaben € 1.707,44 entstanden aus der Körperschaftssteuer 2010 mit den noch aushaftenden Konkursforderungen gegenverrechnet. Auch die vorgenommene Verrechnung des Guthabens über € 8.678,39 wurde zu Recht vorgenommen, da das Guthaben erst nach der Insolvenzaufhebung entstanden ist und daher nach den genannten Bestimmungen nicht dem Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 unterlag.
Laut den Ausführungen in der Stellungnahme und den beigelegten Unterlagen konnte der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung laut obigen Ausführungen nicht als geeignet erbracht angesehen werden. Es wurde zwar für die Gläubigergleichbehandlung eine Quotenberechnung von 3,62% aufgelistet, daraus kann aber nicht entnommen werden, mit welcher Quote konkret sämtliche Gläubiger im Verhältnis zu den Einzel- und auch Gesamtverbindlichkeiten befriedigt wurden […]."
Gegen diesen Bescheid erhob der BF am das Rechtsmittel der Beschwerde, beantragte darin die Anrechnung der auf die im Haftungsbescheid ausgewiesene Abgaben bereits geleisteten Zahlungen in Höhe von
EUR 2.931,05 (8,33545% Quote aus Verteilung der Masse betreffend Lohnsteuer 4/2008),
EUR 1.707,44 (Guthaben am Finanzamtskonto per ) sowie
EUR 8.678,39 (Guthaben am Finanzamtskonto per ) und führte weiters darin aus:
"[…] Gegenständliche Abgaben waren am in der jeweils angegebenen Höhe fällig. Am wurde nach Aufhebung des Konkurses die vorhandene Masse verteilt und die anteilige Quote (8,33454 %) ausbezahlt. Die Quotenzahlung wurde am am Finanzamtkonto verbucht. Obwohl die Abgaben daher aufgrund der Quotenzahlung bereits teilweise getilgt sind, wurde obiger Mandant betreffend der Lohnsteuer 4/2008 im Ausmaß der vollen Abgaben in Anspruch genommen.Die Haftungsinanspruchnahme für bereits getilgte Abgaben ist rechtswidrig, weshalb eine entsprechende Verringerung des Haftungsbetrages beantragt wird.Berechnung des Haftungsbetrages für die Lohnsteuer 4/2008:
Lohnsteuer 4/2008 €35.167,52
Abz anteilige Quote 8,33454%€-2.931,05
offene Lohnsteuer 4/2008 daher € 32.236,47
1.2. Anrechnung der Guthaben am Finanzamtkonto vom und
Per befand sich am Finanzamtkonto ein Guthaben in Hohe von € 1.707,44, welches aus der laufenden Gebarung (Umsatzsteuer und KÖST 2009 bis 2014) entstanden ist. Weiters befand sich am Finanzamtkonto am ein Guthaben in Hohe von € 8.678,39, welches aus der Veranlagung 2008 bis 2015 entstanden ist. Diese Guthaben wurden von der Abgabenbehörde mit Konkursforderungen verrechnet. Diese Vorgangsweise der Abgabenbehörde ist rechtswidrig. Sämtliche Konkursforderungen waren zu diesen Zeitpunkten ausgesetzt. Einerseits dürfen gem. § 212a Abs 8 BAO zur Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetzt ist, Zahlungen und sonstige Gutschriften sowie Guthaben nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden. Andererseits sind in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung gem § 214 (1) BAO Zahlungen und sonstige Gutschriften auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen. An die Stelle des Fälligkeitstages hat der davon abweichende zuletzt maßgebliche gesetzlich zustehende oder durch Bescheid zuerkannte Zahlungstermin zu treten. Haben mehrere Abgabenschuldigkeiten denselben Fälligkeitstag und reicht ein zu verrechnender Betrag zur Tilgung aller gleichzeitig fälligen Abgabenschuldigkeiten nicht aus, so hat die Verrechnung bei demselben Zahlungstermin auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschludigkeiten und bei demselben Fälligkeitstag auf die früher verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu erfolgen.Der älteste Fälligkeitstag entsprechend der Regelung des § 214 (1) BAO ist der . Entsprechend der Reihenfolge der Verbuchung sind die Guthaben daher auf die Umsatzsteuer 3/2008 mit € 2.253,99 (Betrag abzüglich Quotenzahlung) und auf die Lohnsteuer 4/2008 mit € 9.224,94 anzurechnen.An offenen Abgabenschuldigkeiten verbleiben daher:
Lohnsteuer 04/2008 - Rest € 24.104,63
DB 04/2008€ 5.734,58 (6.255,99 abz Quotenzahlung)
DZ 4/2008€ 560,72 ( 611,70 abz Quotenzahlung)
KU 1-3/2008€ 75,59 ( 82,46 abz Quotenzahlung)
Somit insgesamt€ 30.475,52
2) Zur Einschränkung der Haftung auf den Betrag, der auch bei gleichmäßiger Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (Gleichbehandlungsgrundsatz)
Mit Schreiben vom wurde zum Haftungsprüfungsvorhalt Stellung genommen und es wurden umfangreiche Unterlagen zur vorhandenen Liquidität Mai 2008, sowie der offenen Verbindlichkeiten per vorgelegt. Weiters wurde eine Übersicht über sämtliche geleisteten Zahlungen im Mai 2008 vorgelegt und anhand dieser Unterlagen die anteilige Quote im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes mit 3,62 % ermittelt. Laut Haftungsbescheid werden die vorgelegten Unterlagen von der Finanzbehörde als nicht geeignet angesehen, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erbringen.
Dies ist für uns nicht nachvollziehbar, denn (siehe Beilage 1 der Stellungnahme)bei einer freien Liquidität von € 117.816,71 welche sich aus dem Guthaben am BA-CA Konto € 32.713,36 per 30.4. und den Kundenzahlungen (Bankeingänge) im Mai in Höhe von € 85.103,35 zusammensetzt und offenen Verbindlichkeiten, die dieser Liquidität gegenüberstehen, in Höhe von insgesamt € 3,255.294,23 (offene Verbindlichkeiten per mit € 2,997.106,16 - siehe Anhang 3 der Stellungnahme - und Eingangsrechnungen vom Mai 2008 in Hohe von € 258.188,07) berechnet sich eine maximale anteilige Quotentilgung von 3,62 %. Dies ergibt sich, wenn die 117.816,71 auf die 3,255.294,23 gleichmäßig aufgeteilt werden, dann können die Verbindlichkeiten gleichmäßig anteilig im Ausmaß von 3,62 % getilgt werden. Worin hier das Unverständnis der Finanzbehörde besteht, ist für uns nicht nachvollziehbar. In der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt wurde daher für etwaige Unklarheiten um telefonische Kontaktaufnahme gebeten. Es entzieht sich unserer Vorstellungskraft, welche weiteren Unterlagen und Nachweise noch erbracht werden konnten. Laut Haftungsbescheid wurden die übermittelten Unterlagen zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung nicht als geeignet erbracht angesehen und obiger Mandant zur Haftung in vollem Ausmaß herangezogen, mehr noch, für die Lohnsteuer 4/2008 wurde der Gesamtbetrag als Haftungsbetrag vorgeschrieben, obwohl in Höhe der bezahlten Quote auch für die Lohnsteuer beim Primärschuldner keine Verbindlichkeit besteht. Unseres Erachtens wurde hier dem Parteiengehör nicht ausreichend Rechnung getragen. Auch wurde von Seiten der Behörde keine Stellung dazu genommen, wie denn der Nachweis erbracht werden könne bzw welche nähere Details zur Beurteilung erforderlich seien, damit die Behörde die Unterlagen als geeignet beurteilt.Laut Aufstellung Verbindlichkeiten (Detail siehe Anhang)
Lieferanten317.121,49
Sonstige Verbindlichkeiten inkl Bank2.681.173,96
Gesamt2,997.106,16
Eingangsrechnungen Mai258.188,07
Gesamt offen per 3,255.294,23
Liquidität Mai
Girokonto RLBnegativ,
Girokonto BA-CA per 32.713,36
Zahlungseingang Mai (Kundenzahlungen) 85.103,35
Freie Liquidität Mai117.103,25
Bei Verteilung dieser freien Liquidität auf die gesamten offenen Verbindlichkeiten wäre eine anteilige Deckung der Verbindlichkeiten im Ausmaß von max. 3,62 % möglich gewesen.
In der Anlage übermitteln wir eine Detailberechnung des Haftungsbetrag in Höhe von € 24.335,25. Dieser wurde unter Berücksichtigung der Quotenzahlung für die Lohnsteuer 4/2008, der Verrechnung der Guthaben am Finanzamtkonto entsprechend der Gebarungsvorschriften der BAO und der unter die Haftungseinschränkung (Gleichbehandlungsgrundsatz) fallenden Abgaben ermittelt [….]".
In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde der Haftungsbetrag auf EUR 39.154,14 eingeschränkt:
Nach Anführung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur schuldhaften Pflichtverletzung führte die belangte Behörde darin aus: "[…] Im gegenständlichen Fall bringt der Beschwerdeführer jedoch keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem Beschwerdeführer keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden waren, sondern lediglich dass durch den Finanzierungsausfall der Vertriebspartnerin die Mittel nicht ausreichten. Werden die vorhandenen liquiden Mittel nicht gleichmäßig zum entsprechenden Fälligkeitstag auf alle Gläubiger entrichtet stellt dies einen schuldhaften Verstoß gegen die abgabenrechtlichen Verpflichtungen dar.Reichen, wie gegenständlich, die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt somit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, sofern dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat ( 96/15/0049).
Die Partei wendet sich in der Beschwerde gegen eine Gläubigerbenachteiligung mit der Begründung, dass sich bei freier Liquidität in Höhe von € 117.816,71 und ihr gegenüberstehender Verbindlichkeit in Höhe von insgesamt € 3,255.294,23 eine anteilige Quotentilgung von 3,62 % errechne und nicht nachvollziehbar sei warum der in der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt eingebrachte Nachweis der Gläubigergleichbehandlung seitens der Behörde als nicht geeignet angesehen wurde.Der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, obliegt dem Vertreter. Vermag er nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsachlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Ganze vorgeschrieben werden.
Im vorliegenden Fall wurde seitens des Beschwerdewerbers eine anteilige Gläubigerbefriedigung lediglich pauschal und rechnerisch dargelegt, somit den Nachweis nicht angetreten. Aus den vorgelegten Unterlagen kann nicht entnommen werden, mit welcher Quote sämtliche Gläubiger im Verhältnis zu den Einzelverbindlichkeiten, zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten befriedigt wurden.Die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Gläubiger bezieht sich jedoch auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits.Es besteht somit für den Vertreter eine qualifizierte Mitwirkungspflicht in der Form, dass dieser im Haftungsverfahren die Gleichbehandlung aller Gläubiger ziffernmäßig darzustellen hat.
In der Beschwerde ist als Fälligkeitstag der angeführt und es wurden liquide Mittel von € 117.816,71 sowie Verbindlichkeiten von € 3,255.294,23 gegenübergestellt. Daraus wurde die eingewendete Quote von 3,62% ohne weitere Erläuterungen und Nachweise errechnet.
Den gesetzlich geforderten Nachweis, führte der Beschwerdewerber somit nicht. Die pauschale, kumulative Darlegung einer quotenmäßigen Befriedigung aller Gläubiger widerspricht der gesetzlichen Konkretisierungspflicht und genügt der dem Vertreter obliegenden Beweislast jedenfalls nicht.Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beschwerdewerber konnte dieAbgabenbehörde nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( 89/14/0044) auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.
Hinsichtlich des Einwandes, es sei die ausbezahlte anteilige Konkursquote in Höhe von € 2.931,05 rechtswidrig nicht auf die aushaftende Lohnsteuer 4/2008 angerechnet worden, folgt die Behörde der Rechtsmeinung der Partei und war der Haftungsbetrag betreffend Lohnsteuer auf € 32.236,47 einzuschränken.
Hinsichtlich des Argumentes der Partei, betreffend rechtswidriger Aufrechnung von Guthaben vom in Hohe von € 1.707,44 und vom in Hohe von € 8.678,39 mit Konkursforderungen, vertritt die Behörde folgende Rechtmeinung:
Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Behörde hat. Dies gilt nur dann nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten nach § 212a BAO ausgesetzt ist. Gegenständlich lag keine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vor, sondern eine Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO und geht daher dieser Einwand der Partei ins Leere.
Gemäß § 19 Abs. 1 Insolvenzordnung (IO) idF. BGBI. Nr. 29/2010, brauchen Forderungen, die zur Zeit der Konkurseröffnung bereits aufrechenbar waren, im Konkurs nicht geltend gemacht zu werden. Die Aufrechnung wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass die Forderung des Gläubigers oder des Gemeinschuldners zur Zeit der Konkurseröffnung noch bedingt oder betagt war (§ 19 Abs. 2 IO).
Gemäß § 20 IO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Schuldner der Insolvenzmasse geworden oder wenn die Forderung gegen den Schuldner erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben worden ist.
Das Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin wurde mit tt.06.2008 eröffnet und am rechtskräftig aufgehoben.Die Gutschrift vom in Höhe von € 1.707,44 ergab sich vor rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses und wurde am mit Konkursforderungen kompensiert. Mit der Gutschrift vom wird lediglich die Durchsetzung des Anspruchs gegenüber der Abgabenbehörde bewirkt, nicht aber das Entstehen des Anspruchs.Es fallen nur Gegenansprüche, welche nach Konkurseröffnung entstehen unter das Aufrechnungsverbot nach §20 I0. Forderungen, welche bereits vor Konkurseröffnung im Sinne des § 4 BAO entstehen, sind gemäß §19 I0 aufrechenbar und brauchen im Insolvenzverfahrennicht geltend gemacht werden. Der Abgabenanspruch folgt den Regelungen des § 4 BAO. Dieser ist somit für die Gutschriften vom aus Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer 2009 bis 2014 mit dem Beginn des dem jeweiligen Veranlagungsjahr folgenden Jahres gegeben.
Der die Steuergutschriften auslösende Abgabenanspruch liegt somit im Zeitraum nach der Konkurseröffnung und ist für diese Gutschrift § 20 I0 anzuwenden. Der Lohnsteuerbetrag 4/2008 ist war somit auch noch um die Höhe der Gutschrift auf € 30.529,03 einzuschränken.
Anders verhält es sich mit der am entstandenen Gutschrift in Höhe von € 8.678,39. Diese entspringt Bescheiden, welche nach Aufhebung des Konkursverfahrens ergangen sind. Das Aufrechnungsverbot gem. § 20 IO kann hier nicht schlagend werden. Eine auf § 215 Abs 1 BAO gestützte Verrechnung einer Konkursforderung, sowohl mit vor als auch mit nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstandener Steuergutschrift, ist rechtlich zulässig […]."
Am stellte der BF einen Vorlageantrag zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (BFG). Darin wurde vorgebracht:
" [...] Im Sinne einer effizienten Vorgangsweise, kann es nicht erforderlich sein, jeden einzelnen Gläubiger individuell zu beurteilen und ist dies für die Ermittlung "welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre" nicht maßgeblich.
Der Fälligkeitstag für die haftungsrelevanten Abgaben ist der . Es wurde daher von den offenen Verbindlichkeiten zum ausgegangen (die einzelnen Gläubiger sind in der Anlage 3 der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt aufgelistet). Die Summe dieser Verbindlichkeiten wurde um die Eingangsrechnungen Mai erhöht (siehe Buchungsjournal per - EUR Habensumme 258.188,07 - aus diesem Buchungsjournal sind sämtliche Eingangsrechnungen Mai enthalten). Dann wurde die freie Liquidität ermittelt und zwar ausgehend von der freien Liquidität zum wurden die Kundenzahlungseingange Mai (It Bankkonto Anlage 5) addiert und so die freie Liquidität im Mai ermittelt. Wenn nun diese gesamte freie Mai-Liquidität in Relation zur Summe der offenen Gläubiger gestellt wird, ergibt sich eine Relation in welcher die einzelnen Gläubiger bei gleicher Aufteilung der vorhandenen Liquidität befriedigt hätten werden können. Dies ergibt eine Befriedigungsquote von 3,62 %.
Es ist richtig, dass aus Vereinfachungsgründen diese Rechnung auf Basis Ende Mai aufgestellt wurde, der Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben aber der ist.
Wird die obige Berechnung auf Basis dargestellt, so ergibt sich folgende Berechnung:
ER Mai bis 15.5. belaufen sich auf € 20.888,64;
Zahlungseingänge bis 15.5. betragen € 69.308,69.
Gesamt offen per 30.4.2,997.106,16
ER bis 20.888,64
Gesamt offen per 3,017.994,80
Freie Liquidität per 30.4. 32.713,36
Zahlungseingänge bis 15.5. 69.308,69
Fiktive Liquidität per 15.5. 102.022,05
Per ergäbe dies eine Gleichbehandlungsquote von 3,38 %.
Aufgrund der Offensichtlichkeit, dass eine Gläubigerbefriedigung nur im Ausmaß einer minimalen Quote möglich war und sämtliche Unterlagen zwecks Nachvollziehbarkeit der Berechnung vorgelegt wurden, ist unseres Erachtens der gesetzlich geforderte Nachweis der Geleichbehandlungsquote ausreichend erbracht.Hierzu verweisen wir auf die § 166 und 167 BAO, wonach als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebendem Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Gem § 167 BAO bedürfen Tatsachen, die offenkundig sind, keines Beweises.
Gegenständliche Gesellschaft hat im Juni Konkurs angemeldet und ist dieser aufgrund von Vorgängen Anfang Mai begründet. Es ist daher offensichtlich, dass die Gläubiger nicht 100 % befriedigt werdenkonnten und ist die Haftungsinanspruchnahme in voller Höhe daher nicht berechtigt.
Hinsichtlich der Nichtanrechnung der Finanzamtguthaben vom kann der Argumentation der Behörde nicht gefolgt werden, da nach § 214 (1) BAO Zahlungen und sonstige Gutschriften mit denFälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind. Die von derBehörde vorgenommene Verrechnung ist willkürlich und entspricht daher nicht den gesetzlichenVorschriften. […]"
Der BF beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabender Aktenteile mittels Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht, Gerichtsabteilung 1022, zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Durch den Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde der gegenständliche Fall der mittlerweile unbesetzten Gerichtsabteilung 1022 abgenommen und zum Stichtag der Gerichtsabteilung 1078 neu zugeteilt. Die Gerichtsabteilung 1078 wurde mit neu besetzt.
Am beantworte die belangte Behörde das Auskunftsersuchen des wie folgt:
"1. Der Konkurs der Primärschuldnerin (***1***) wurde am eröffnet. Danach wurde das Unternehmen (aus meiner Sicht) noch weitere 8 Jahre weitergeführt, bis es am zur Schlussverteilung kam. Laut Insolvenzdatei wurde aber am die Schließung des Unternehmens angeordnet. Am Abgabenkonto spiegelt sich dieser Vorgang, angesichts weiterer UVAs, KVZ, etc. aber nicht wieder. Können Sie dazu Angaben machen?
Am tt.06.2008 erfolgte durch das Landesgericht Eisenstadt der Beschluss der Konkurseröffnung, idF wurde die Gesellschaft aufgelöst. Am wurde dieser Konkurs nach Schlussverteilung einer Quote von 8,33513 aufgehoben und es erfolgte die amtswegige Löschung der Firma. Laut Insolvenzdatei wurde zwar am die Schließung des Unternehmens angeordnet, doch hat der bestellte Masseverwalter die offenen rechtlichen Belange der insolventen Partei bis zur Konkursaufhebung weiterzuführen, zB.: Abgabe der Steuererklärungen für die Jahre der insolvenzrechtlichen Abwicklung.Die Auflösung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklaratorischen Charakter und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt - also zB Abgaben noch festzusetzen - sind. Für die Abgabenbehörde bleibt die Steuernummer und die Rechtspersönlichkeit einer GmbH so lange erhalten, als dieser noch Abwicklungsbedarf besteht. Gegenständlich hat der Masseverwalter daher bis zu seiner Abbestellung (2016) noch Steuererklärungen abgegeben. Diese wurden auch erledigt und die Bescheide an ihn- und nach der Konkursaufhebung- an die Partei, zugestellt.
2.Können Sie weitere Angaben machen, zu welchem Zeitpunkt eine Uneinbringlichkeit der fälligen Abgaben (jene, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen) vorlag? Durch den langen Zeitraum zwischen Konkurseröffnung und Schlussverteilung (über 8 Jahre) stelle ich mir die Frage, ob im laufenden Verfahren schon eine Uneinbringlichkeit feststand. Können Sie hierzu Angaben machen?
Die objektive Uneinbringlichkeit der vom Haftungsbescheid umfassten Abgaben, ergab sich für die Abgabenbehörde erst nach Aufhebung des Konkurses am und der damit verbundenen gerichtlich festgesetzten Aufteilungsquote. Bis zu diesem Gerichtsbeschluss stand diese objektiv geforderte Uneinbringlichkeit noch nicht fest, zumal für die Behörde ab Konkurseröffnung eine Einbringungssperre vorliegt und erst nach Schlussverteilung die Anrechnung der Verteilungsquote auf die aushaftenden Abgaben stattfinden kann. Bis zur Konkursaufhebung war somit objektiv die Würdigung der Uneinbringlichkeit, zumindest der Höhe nach noch nicht möglich und der Aufhebungsbeschluss abzuwarten.
3.Zu dem vorgebrachten Guthaben über EUR 1.707,44: Dieses entstand im Zeitraum zwischen und aus der KÖSt 2008-2010, aber auch aus den gesamten dazwischenliegenden UVA und KVZ (laufende Gebarung), siehe nachstehender Auszug. Aus Sicht des Gerichtes entstand dies nach Konkurseröffnung und kann nicht auf die aushaftenden Abgaben angerechnet werden; es liegen Masseforderungen vor. Masseforderungen können nicht mit Konkursforderungen aufgerechnet werden. Dasselbe gilt für das Guthaben über EUR 8.678,39. Was sagen Sie dazu?
Vorab ist zu bemerken, dass die richtige Verbuchung auf dem Abgabenkonto nicht Gegenstand des Haftungsverfahren sondern eines Antrages gem. § 216 BAO sein kann. Die Behörde hat aber die Aufrechnung der betreffenden Guthaben auch im Haftungsverfahren begründet.
Ad € 1.707,44): Dieser Betrag war eine Massegutschrift, setzte sich zusammen aus
Körperschaftsteuer 2010 € 768,00,
KVZ 1-3/2013 € 427,76,
KVZ 4-6/2013 € 437,00
Umsatzsteuer 2012 € 74,68.
Bei der Verrechnung der eingegangenen Verteilungsquote mussten die offenen Konkursforderungen wieder auf das Konto gebucht werden und in diesem Zusammenhang wurde irrtümlich das Masseguthaben € 1.707,44 als Konkursforderung vorgeschrieben. Daher der Irrtum in der BVE, welche begründete, dass eine Verrechnung einer Konkursforderung vorlag. Im Zeitraum der Verrechnungssperre war keine Aufrechnung möglich.Da dieser Gutschriftbetrag sich aber auch nach Aufhebung des Konkurses noch auf dem Abgabenkonto befand und da ab diesem Zeitpunkt die Verrechnungsperre des § 20 IO weggefallen war, wurde der Gutschriftbetrag verrechnet.
Ad € 8.678,39): Diese Gutschriften ergaben sich im Zuge der Veranlagungen von Körperschaftsteuer 2009 - 2015 einschließlich Festsetzung von Zinsen. Die Veranlagung und Buchung erfolgte erst nach Aufhebung des Konkurses am , die Einschränkung gem. § 20 IO galt zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, der Konkurs war nach Schlussverteilung aufgehoben, es traten die Verrechnungsregeln der BAO wieder in Kraft.
4. Zu den 1.707,44: am wird die KÖSt 2008 mit EUR 3.250,- gutgeschrieben (Buchungscode 34 / vorläufige Festsetzung). Am erfolgt eine Belastung der KÖSt 2008, ebenfalls mit EUR 3.250,- (Buchungscode 52, Aufhebung Bescheid durch Oberbehörde). Am erfolgt eine Buchung (Gutschrift) von -5.106,11 (Buchungscode 44, Buchung von sonstigen Jahresschuldigkeiten). Könnten Sie dies bitte erläutern.
Die Veranlagung erfolgte vorläufig, da nach Rücksprache mit der steuerlichen Vertretung die Abgabenschuld der Höhe nach noch ungewiss war. Im Zuge des Insolvenzverfahrens war nämlich noch ein Rechtsstreit betreffend offener Forderungen anhängig, daher die Bescheiderledigung gem. § 200 BAO. Offensichtlich erwies sich danach der Spruch des Bescheides in seinem Inhalt nach als nicht richtig und wurde dieser gem. § 299 BAO ersatzlos aufgehoben und der Fall einer Prüfung zugeteilt. Als diese Prüfung abgeschlossen war wurde am ein endgültiger Bescheid, betreffend Körperschaftsteuer 2008 bis 2015 mit einer Gesamtgutschrift in der Höhe von € 5.106,11 erlassen. Warum eine Zusammenfassung der Veranlagungsjahre erfolgte kann nicht mehr nachvollzogen werden, höchstwahrscheinlich aus verwaltungsökonomischen Gründen. Dieser Bescheid wurde auch nicht beeinsprucht und stand daher rechtskräftig zu Buche.
5.Zur USt 03/2008: Gemeldet via UVA werden am EUR 2.690,27. Im Haftungsprüfungsvorhalt werden EUR 2.458,93 vorgehalten. Wie kommen Sie auf diese Summe? Am Abgabenkonto haften zur Zeit der Erlassung des Haftungsprüfungsvorhaltes EUR 1.853,99 (Aussetzung der Einbringung Konkurs) und EUR 204,94 (Löschung Konkurs) aus.
Ad € 2.458,93)Die UVA 03/2008 wurde ursprünglich erklärungsgemäß mit € 2.690,27 eingebucht. Am erfolgte hierzu eine UEB (Umbuchung) um den Rückstand umzuwandeln in Höhe von € 321,34. Somit ergab sich nur noch ein aushaftender Betrag von € 2.458,93.Der Grund für die Umwandlung lag höchstwahrscheinlich in der Anrechnung der Aufteilungsquote, welche aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht auf jede einzelne Abgabe angerechnet wird sondern kumulativ auf den ältesten Saldo.
Ad € 1.853,99)Bis zur Konkursaufhebung wird der aushaftende Betrag gem. § 231 BAO ausgesetzt. Erst mit Erledigung des Haftungsbescheides wird der Haftungsbetrag wieder in der richtigen Höhe auf das Konto gebucht. Dies erklärt warum zum Zeitpunkt des Haftungsprüfungsvorhaltes nur € 1.853,99 zu Buche standen.
6.Aus welchen Gründen erkennen Sie den durch den BF erbrachten Gleichbehandlungsnachweis nicht an?Vorhalt: Die Rechtsprechung fordert dazu folgendes: Nach der Judikatur sind - wie auch in der BVE dargelegt - in die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) einzubeziehen:
- die gesamte Einnahmensituation (vgl. 99/15/0253);
- die gesamte Liquiditätssituation (vgl. 2009/16/0108);
- die freiwillig geleisteten Zahlungen (vgl. 2006/15/0010);
- die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (vgl. 2006/15/0010);
- die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlich sind (vgl. 2011/16/0064);
- die von der Gesellschaft getätigten systemerhaltenden Ausgaben (vgl. 2001/14/0176).Nach Ansicht des Gerichtes sind sämtliche Daten dazu erbracht.
Die Abgabenbehörde vertritt die Meinung, dass folgender Nachweis zu führen ist: Einerseits welcher Betrag -bezogen auf die jeweiligen Gläubiger*innen- zum jeweiligen Fälligkeitstag bezahlt wurde, andererseits wieviel liquide Mittel zu diesen geforderten Zeitpunkten vorhanden waren. Hieraus kann man eine Befriedigungsquote errechnen.Die Verpflichtung, eine Ausfallsquote zu berechnen trifft die Partei und nicht die Abgabenbehörde.Die erforderlichen Unterlagen dienen grundsätzlich nur als Beweismittel, um die Quotenberechnung des Vertreters nachvollziehbar zu machen.Die Angaben der Partei waren kumuliert und pauschal. Der Abgabenbehörde fehlte die Aufstellung der Daten für den Haftungszeitraum, nämlich 03/2008 betreffend Umsatzsteuer und 1-03/2008 betreffend KU. Für die Lohnsteuer gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.Im vorliegenden Fall wurden in einer die Aufstellung in Beilage ./3 Lieferantenkonten und sonstige Bestandskonten vorgelegt. In einer weiteren Darstellung erfolgte die Auflistung der Haftungsabgaben und entsprechende Verrechnungsdaten. Es wurde ein Buchungsjournal per , sowie per vorgelegt, sowie Beilage ./7 - ein Auszug aus den Saldendaten.Die Partei trifft allerdings eine Konkretisierungspflicht, es fehlte an der konkreten Berechnung des Quotenschadens. Die Partei, hat aus den Buchhaltungsunterlagen bzw. Buchungsjournalen und Saldenlisten die fälligkeitsbezogenen Daten aufzubereiten, darzulegen und die Quote zu berechnen. Buchungsjournale und Saldenlisten lediglich vorzulegen, erfüllen die gebotene Konkretisierung nicht. Aus den übrigen Unterlagen konnten die Zahlungen, sowie das Vorhandensein der jeweiligen liquiden Mittel zum Fälligkeitszeitpunkt nicht nachvollzogen werden.
Was meinen Sie mit "Es wurde zwar für die Gläubigergleichbehandlung eine Quotenberechnung von 3,62% aufgelistet, daraus kann aber nicht entnommen werden, mit welcher Quote konkret sämtliche Gläubiger im Verhältnis zu den Einzel- und auch Gesamtverbindlichkeiten befriedigt wurden". Dieses Kriterium wird durch die Rechtsprechung nicht verlangt. Was sagen Sie dazu?
Der VwGH vertritt in gängiger Rechtsprechung die Auffassung, dass zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung eine Quote berechnet werden muss, die aufzeigt, wie hoch der verhältnismäßige Abgabenausfall ist, den die Abgabenbehörde durch die Ungleichbehandlung erlitten hat.Die errechnete Quote von 3,62% konnte von der Behörde aufgrund der beigelegten Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Es konnte nicht nachgewiesen werden welcher Betrag zum Fälligkeitstag an wen bezahlt wurde, somit welche anteilsmäßige Befriedigung an wen erfolgte. Es konnte zum Fälligkeitstag die anteilsmäßige Befriedigung gegenüber der Abgabengläubigerin und den weiteren Gläubigern nicht gegenübergestellt und eine quotenmäßige Schlechter/Besserstellung errechnet werden. Die Partei hat dies aber von sich aus vorzulegen, da nur Sie den Einblick auf Ihre Gebarung hat.Aus diesem Grund wurde die Gläubigergleichbehandlung nicht anerkannt.
Weiters gab es im Firmenbuch einen weiteren GF, Hrn. Dr. ***3***. Laut Unterlagen im Akt wurde dieser ebenfalls zur Haftung herangezogen (RV/7101023/2018). Hierzu liegen Unterlagen aus dem Haftungsverfahren zur Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe (***6***), Magistratsabteilung 6, vom Dezember 2009 vor. Darin findet sich im Schreiben der MA 6 () folgendes zum Gleichbehandlungsnachweis: "Zur Berechnungsmethode des anteiligen Haftungsbetrages ist auszuführen, dass entsprechend der Judikatur des VwGH das Verhältnis der vom BF bekanntgegebenen Verbindlichkeiten zu den ebenso bekannt gegebenen Zahlungen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ermittelt und die sich daraus ergebende Befriedigungsquote auf die zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt bestehende Abgabenforderung einschl. der Nebengebühren angewendet wurde." Sprich, der Gleichbehandlungsnachweis wurde vom Magistrat anerkannt. Dazu führt das Gericht aus, dass Dr. ***4*** vom selben Steuerberater wie der BF vertreten wurde, und die Unterlagen/Berechnung zur Gläubigergleichbehandlung ident, mit denen des BF sind. Was sagen Sie dazu, dass der Magistrat im Haftungsverfahren des Dr. ***4*** den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung als erbracht ansieht.Auch aus dem Aktenvermerk des FA, Haftung ***4***, geht hervor: "Aufgrund der Vorhaltsbeantwortung v. wird nach Prüfung durch den Fachbereich auch für die angeführten Abgaben für den Teil der Gläubigerbenachteiligung die Haftung auszusprechen sein."Auch hier wird nur eine Haftung im Umfang des Quotenschadens geltend gemacht. Was sagen Sie dazu?
Die Rechtsprechung des Magistrats kann die Abgabenbehörde nicht beurteilen.Hier könnte es sich um einen Zwiespalt der anzuwendenden Theorien handeln.Für die Berechnung der Quote existieren in der Rechtsprechung zwei vorherrschende Theorien, die Mittel- und die Zahlungstheorie. Bezugnehmend auf das Abgabenrecht, geht der VwGH grundsätzlich von der Mitteltheorie aus, wobei diese Rechtsprechung nicht konstant für alle Haftungsnormen gilt. Durch die Teilung der Zuständigkeit beim VwGH bezüglich Senat 16 (§ 9 BAO) und Senat 8 (§ 67 Abs 10 ASVG und § 25a Abs 7 BUAG), gibt es Urteile, die sich in der Vorgehensweise widersprechen. Bei der Mitteltheorie wird nicht nur von geleisteten Zahlungen ausgegangen, sondern auch von den übrigen vorhandenen Mitteln. Dies bevorzugt tendenziell die Abgabenbehörde, da die GmbH zur Verfügung stehenden Mittel nicht zurückbehalten darf und zumindest anteilig auf den Abgabengläubiger verteilen muss. Dadurch wird eine Ausschüttungspflichtbegründet, die sich in Bezug auf § 9 BAO lediglich auf Abgabenschulden bezieht."
Am wurden die noch verbliebenen offenen Fragen durch die belangte Behörde wie folgt beantwortet:
"Ad 3) Guthaben: Womit wurden die beiden Guthaben (schlussendlich) verrechnet? Soweit ich gesehen habe, NICHT mit jenen Abgaben, die sich im Haftungsbescheid befinden. Ansonsten hätte sich ja die Haftungssumme reduziert. Ist das richtig?
Die Gutschrift € 1707,44 wurde mit der U 5/2008 verrechnet, welche nicht zur Haftung genommen wurden. Die Gutschrift € 8678,39 wurde mit der U 4/2008 verrechnet, welche auch nicht zur Haftung ausgesprochen wurden.
Ad 5) Ust 03/2008 Was ist aus Ihrer Sicht - nach Berücksichtigung sämtlicher Gutschriften, etc. - der richtige Haftungsbetrag betreffend USt 03/2008?
Es wäre der Betrag lt Erklärung nach Berichtigung der Aufteilungsquote, somit U 3/2008 € 2.458,93. Also der Betrag lt. Haftungsvorhalt. Aber: Manchmal passiert es dass die Sachbearbeiterin im Zuge des Haftungsbescheides noch einmal die Aufteilungsquote abzieht, das ist gegenständlich passiert und daher wurde im Haftungsbescheid der Betrag € 2.253,99 ausgewiesen."
Das Finanzamt verzichtete aufgrund einer Terminkollision auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung.
In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung wiederholte der BF sein bisheriges Beschwerdevorbringen und bekräftigte erneut, dass sämtliche angeforderte Unterlagen zum Gleichbehandlungsnachweis aus seiner Sicht erbracht wurden. Zudem müssen sich die am Abgabenkonto befindlichen Guthaben haftungsreduzierend auswirken.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der BF war von bis zur Konkurseröffnung (***2***) am tt.06.2008 eingetragener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. ***GmbH*** (Primärschuldnerin). Die Geschäftstätigkeit wurde mit Konkurseröffnung eingestellt. Zur Abwicklung noch offener Vertragsverhältnisse, Erwägung von Schadenersatzklagen und Einhaltung der Kündigungsfristen erfolgten durch die steuerliche Vertretung noch weitere abgabenrechtliche Meldungen an das Finanzamt.
Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens gem. § 139 IO erfolgte beschlussmäßig durch das Landesgericht Eisenstadt am . Es wurde eine Verteilungsquote von 8,33513% ausgeschüttet und an das Finanzamt überwiesen.
Aufgrund der Kündigung einer Vertriebsvereinbarung im Mai 2008 konnten die offenen Verbindlichkeiten durch die Primärschuldnerin nicht mehr zur Gänze entrichtet werden; die fälligen Abgaben wurden nach dem zur Gänze nicht entrichtet.
Zum Zeitpunkt der Erlassung des Haftungsbescheides bestand ein offener Rückstand der ***GmbH*** iHv EUR 43.392,53. Aufgrund des Konkurses wurden Abgaben in Höhe von EUR 65.681,79 gelöscht.
Der Rückstand ist Gegenstand des angefochtenen Haftungsbescheides.
Am wurde der BF als Haftungspflichtiger gemäß § 9 iVm § 80 BAO mit dem angefochtenen Haftungsbescheid für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Primärschuldnerin im Ausmaß von EUR 43.792,53 zur Haftung herangezogen. In einer Aufgliederung zum Haftungsbescheid waren die Abgaben wie folgt aufgelistet:
Der BF hat geeignete Unterlagen vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass ab Mai 2008 keine Löhne mehr ausbezahlt worden sind. Eine Ungleichbehandlung des Finanzamtes ist im Ausmaß von 3,38% erfolgt.
Die Löhne für 04/2008 wurden am zur Gänze ausbezahlt.
Aus der weiteren Abgabengebarung ergeben u.a. sich folgende, streitverfangene, Gutschriften/Guthaben:
EUR 1.704,44 ()
EUR 8.678,39 ()
gesamt EUR 10.385,83
Mit Beschluss des HG Wien vom wurde die Gesellschaft gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht.
Die Abgaben sind bei der GmbH uneinbringlich.
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde weiters erhoben durch Einsicht in den elektronischen Akt, insbesondere dem Abgabenkonto.
Die Feststellungen der Geschäftsführertätigkeit des BF und zum Insolvenzverfahren der Gesellschaft sind den aktenkundigen Auszügen aus dem Firmenbuch (***FN***) und der Insolvenzdatei (***2***) der Gesellschaft entnommen und sind unstrittig.
Die Feststellung zum Quotenschaden ergibt sich aus den umfassend vorgelegten Berechnungen des BF (vgl. Vorlageantrag vom ), die nachvollziehbar sind.
Strittig ist insbesondere der Umfang der Haftung und die damit im Zusammenhang stehende Frage der Gläubigergleichbehandlung. Hierzu hat der BF zahlreich Unterlagen vorgelegt, in denen er zeitraumbezogene Berechnungen anstellt, sämtliche Verbindlichkeiten, Bankguthaben, Kundenzahlungen sowie durchgeführte Zahlungen seitens der Primärschuldnerin ausweist und gegenüberstellt. Anhand der dazu vorgelegten, korrespondierenden Buchhaltungsunterlagen, nämlich dem Auszug der Lieferantenkonten und der Buchungsjournale, konnten die ausgewiesenen Beträge auch verifiziert und zugeordnet werden. Der BF räumt darin einen Quotenschaden des Finanzamtes iHv 3,38 % (zum Stichtag ) ein. Dieser ist durchaus als nachvollziehbar einzustufen, auch wenn er vom Finanzamt in Abrede gestellt wurde.
Ein gänzliches Fehlen liquider Mittel wurde lediglich in der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt vom vorgebracht, in weiterer Folge jedoch nicht mehr aufrechterhalten. Im Übrigen ergibt sich aus den vorgelegten Berechnungen zum Gläubigergleichbehandlungsnachweis, zum berechneten Quotenschaden, dass sehr wohl noch Zahlungen, wenn auch in geringem Umfang, getätigt wurden und demnach liquide Mittel vorhanden waren.
Die vom BF vorgebrachten Gutschriften über EUR 1.704,44 und EUR 8.678,39 sind am Abgabenkonto ausgewiesen. Die zwischen Konkurseröffnung und Haftungsprüfungsverfahren erfolgte Gebarung wurde ebenso dem Abgabenkonto entnommen.
Die Feststellung, dass die Beträge bei der Primärschuldnerin im dargelegten Ausmaß nicht einbringlich sind, ergibt sich aus dem Konkursverfahren und der Löschung im Firmenbuch.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Rechtlsgrundlagen
§ 9 Abs 1 BAO lautet:
"Die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese betreffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben in Folge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können."
§ 80 Abs 1 BAO lautet:
"Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden."
§ 216 BAO lautet:
Mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) ist über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.
§ 224 BAO lautet:
2. Geltendmachung von Haftungen.
§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.
(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.
3.2. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Allgemeines zur Haftungsinanspruchnahme
Nach der im Folgenden näher dargestellten, ständigen Rechtsprechung des VwGH, setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO voraus, dass
1. die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO gehört (Vertreterstellung),
2. eine uneinbringliche Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht (Uneinbringlichkeit),
3. ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliegt (Verschulden) und
4. die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (Kausalität).
Die Haftung nach § 9 BAO ist einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet (). Die Haftung nach § 9 BAO stellt nicht die Haftung für einen Schaden dar, welcher dem Abgabengläubiger bei Gesamtbetrachtung der Abgabenschulden mehrerer Abgabenschuldner entstanden ist, sondern der Tatbestand des § 9 BAO stellt darauf ab, dass Abgabenschulden eines Abgabepflichtigen nicht eingebracht werden können. Als Geschäftsführer der Primärschuldnerin war der BF ihr Vertreter.
Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären (). Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit. Diese ist erst dann anzunehmen, wenn im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; schließlich würde selbst eine geringe Quote die Haftung betragsmäßig entsprechend vermindern (zB ).
Auf Grund des Abschlusses des Konkursverfahrens steht die Uneinbringlichkeit in jenem Ausmaß, das nicht von der Quote abgedeckt ist, endgültig fest. Auch wenn der BF in der mündlichen Verhandlung vom bekräftigte, dass die Uneinbringlichkeit aus seiner Sicht schon bei Konkurseröffnung, nämlich durch Wegfall der Finanzierungszusage/Zahlungen seitens der Vetriebspartnerin ***5*** bestand, wird dem entgegengehalten, dass diese aufgrund der noch offenen bzw. schwebenden (Schaden)ersatzklagen (in Amerika) sowie der weiteren Abwicklung von noch offenen Geschäftsfällen zur Schadensminimierung (s. Niederschrift vom ) zu diesem Zeitpunkt eben noch nicht gegeben war. Aufgrund dieser schwebenden und ungewissen Klagsführung war auch das Konkursverfahren über Jahre offen und konnte keinem Abschluss zugeführt werden.
3.2.1. Zur Vertreterstellung
Der BF war im haftungsrelevanten Zeitraum wie festgestellt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin und gehörte damit zum Personenkreis der §§ 80 ff BAO. Zu seinen Pflichten als Geschäftsführer der GmbH gehörte es daher, die abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft wahrzunehmen und für die Entrichtung der Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu sorgen (siehe ; , 2006/13/0121; 2008/15/0085).
3.2.2. Zur Uneinbringlichkeit der Abgaben
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine Ausfallshaftung und setzt die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden voraus ().
Die objektive Uneinbringlichkeit der verfahrensgegenständlichen Abgaben steht zweifelsfrei fest, da das über die Primärschuldnerin mit dem Beschluss vom tt.06.2008 eröffnete Konkursverfahren mit rechtskräftigem Beschluss vom mit einer Quote von 8,33454% beendet wurde, weshalb eine Einbringlichmachung der noch zu 91,66546% aushaftenden Abgabenverbindlichkeiten bei der Gesellschaft ausgeschlossen ist ( mwN).
Im Übrigen wurde die Uneinbringlichkeit in der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt vom außer Streit gestellt.
3.2.3. Zum Verschulden
Die Haftung nach § 9 BAO ist eine verschuldensabhängige Haftung. Voraussetzung ist daher ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten der vertretenen Gesellschaft. Eine bestimmte Schuldform ist nicht gefordert (auch leichte Fahrlässigkeit ist ausreichend, zB , 91/13/0038; , 95/15/0137).
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (zB ; , 2011/16/0184; , 2013/16/0166; , 2013/16/0208; , 2013/16/0016). Die Judikatur beruft sich teilweise auf § 1298 ABGB (zB ; , 95/17/0613; nach Arnold, AnwBl 1987, 193, ist diese Ableitung problematisch). Nur der Vertreter wird nämlich idR jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung des Vertretenen haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht (zB ; , 2001/14/0087; , 2009/16/0108; , 2009/16/0106). Daher hat er für die Möglichkeit des Nachweises seines pflichtgemäßen Verhaltens vorzusorgen ( ), etwa durch das Erstellen und Aufbewahren von Ausdrucken (zB ).
In der Beschwerde wird gegen das Vorliegen eines Verschuldens eingewendet, dass eine ursächliche, schuldhafte Pflichtverletzung durch Eintritt eines unvorhersehbaren Ereignisses nicht vorliege. Es sei die von der einzigen Vertriebspartnerin (***5***) bereits zugesagte Finanzierung in Höhe von EUR 700.000,-- zurückgenommen und der Vertriebsvertrag gekündigt worden und somit nur noch eine gleichmäßige Tilgung der Verbindlichkeiten aller Gläubiger mit 3,62% möglich gewesen. Dazu wird festgestellt:
Der Umstand des Vertrauens auf die Finanzierungszusage in Verbindung mit dem Finanzierungsausfall, kann den BF jedoch noch nicht entschulden, da es für die Haftung nach § 9 BAO ohne Bedeutung ist, ob den Vertreter ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit trifft. Es oblag ihm als Geschäftsführer generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Primärschuldnerin im Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen. Die Tatsache des Finanzierungsausfalles sowie die Nichtvorhersehbarkeit der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse reichen nicht aus, um eine einhergehende schuldbefreiende Wirkung betreffend die abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu begründen.
Im gegenständlichen Fall bringt der BF keine triftigen Gründe, aus denen ihm die Erfüllung seiner abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen wäre, vor. Insbesondere wurde nicht behauptet, dass dem BF keine Mittel zur Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zur Verfügung gestanden waren, sondern lediglich, dass durch den Finanzierungsausfall der Vertriebspartnerin die Mittel nicht ausreichten. Werden die vorhandenen liquiden Mittel nicht gleichmäßig zum entsprechenden Fälligkeitstag auf alle Gläubiger entrichtet, stellt dies einen schuldhaften Verstoß gegen die abgabenrechtlichen Verpflichtungen dar. Im konkreten Fall lag, laut eigenen Angaben des BF, zum Zeitpunkt der Fälligkeit der hier haftungsrelevanten Abgaben, eine freie Liquidität von EUR 117.816,71 (per ) bzw. EUR 102.022,05 (per ) vor. Im Mai 2008 wurden zwar Zahlungen in Höhe von EUR 103.620,14 vorgenommen, allerdings wurde davon kein Betrag, auch nicht quotenmäßig, zur Begleichung der Abgabenschulden verwendet. In diesem Verhalten liegt ein schuldhafter Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und daher gegen die oben angeführten Bestimmungen.
Da für eine Haftung nach § 9 BAO nur die Verletzung von Abgabenvorschriften durch den Vertreter maßgebend ist, kommt daher den Ursachen für die Zahlungsunfähigkeit im vorliegenden Verfahren ebenso wenig Bedeutung zu wie dem Umstand, dass den BF am Eintritt der Insolvenz kein Verschulden traf.
Reichen, wie gegenständlich, die Mittel zur Begleichung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht aus, so hat der Vertreter nachzuweisen, dass die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden, andernfalls haftet der Geschäftsführer für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft. Eine Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger stellt somit eine schuldhafte Pflichtverletzung durch den Vertreter dar, sofern dieses Verhalten eine Verkürzung der Abgaben bewirkt hat ().
Zum Gleichbehandlungsnachweis:
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden die Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen ("Gleichbehandlungsgrundsatz"; ). Verfügt der Vertretene über (wenn auch nicht ausreichende) Mittel, so darf der Vertreter bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter behandeln als die übrigen Schulden (zB ; , 2003/14/0094; , 2005/13/0040). Es kann aber nicht verlangt werden, der Vertreter müsse den Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigen (; , 98/17/0038; , 99/14/0278). Er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen.
Was die haftungsgegenständlichen Abgaben betrifft, erstreckt sich die Haftung des Vertreters, wenn die liquiden Mittel nicht zur Begleichung sämtlicher Schulden gereicht haben und der Vertreter nur deswegen haftet, weil er die Abgabenforderungen nicht wenigstens anteilig befriedigt und somit die Abgabengläubiger benachteiligt hat, nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat ().
Der Vertreter erfährt somit nur dann eine Einschränkung der Haftung, wenn er den Nachweis erbringt, welcher konkrete Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger uneinbringlich geworden wäre (). Hat der Geschäftsführer aber nicht dargetan, weshalb er für die rechtzeitige Entrichtung der bei der Gesellschaft angefallenen Abgaben gesorgt hat, darf die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen (siehe nochmals ).
Da der Nachweis, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre, dem BF oblag, wurde er von der Abgabenbehörde im Haftprüfungsvorhalt vom aufgefordert, zu den jeweiligen Fälligkeitstagen der Abgaben eine Aufstellung sämtlicher Gläubiger, der auf die einzelnen Verbindlichkeiten geleisteten Zahlungen sowie aller verfügbar gewesenen liquiden Mittel beizubringen. Auch die Ausführungen in der BVE vom sind als nochmalige Aufforderung zur Vorlage von Gleichbehandlungsnachweisen zu verstehen.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens herrscht nun Streit darüber, ob die vom BF vorgelegten Aufstellungen eine ausreichende Erfüllung seiner verfahrensrechtlichen Obliegenheiten darstellen.
Für den Ausgang des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens (das Haftungsausmaß) ist es daher entscheidend, ob das Verwaltungsgericht unter Zugrundelegung der vorgelegten Aufstellungen und Quotenbehauptungen beurteilen kann, inwieweit der BF die vorhandenen (finanziellen) Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.
Nach der Judikatur sind - wie auch in der BVE dargelegt - in die rechnerische Darstellung des Nachweises (Verhältnisrechnung) einzubeziehen:
- die gesamte Einnahmensituation (vgl. );
- die gesamte Liquiditätssituation (vgl. );
- die freiwillig geleisteten Zahlungen (vgl. );
- die im Wege der Exekution entrichteten Beträge (vgl. );
- die Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlich sind (vgl. );
- die von der Gesellschaft getätigten systemerhaltenden Ausgaben (vgl. ).
Unbestritten ist, dass ab Mitte Mai 2008 bis zur Konkurseröffnung am tt.06.2008 überhaupt keine Abgaben mehr entrichtet wurden, während andere Gläubiger - nach Darstellung des steuerlichen Vertreters - noch befriedigt wurden.
Es war daher am BF gelegen, zu den jeweiligen Fälligkeitstagen die Finanzverbindlichkeit den übrigen Schulden gegenüberzustellen, den Anteil der Finanzverbindlichkeiten an den Gesamtverbindlichkeiten zu berechnen (=Quote) und darzustellen, inwieweit die Abgabenbehörde gegenüber den anderen Gläubiger quotenmäßig bei Verwendung der vorhandenen liquiden Mittel benachteiligt wurde.
Der BF hat sowohl in seiner Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt (vom ), in seiner Beschwerde (vom ) sowie im Vorlangeantrag (vom ) umfangreiche Unterlagen zur vorhandenen Liquidität (Mitte und Ende) Mai 2008, sowie der offenen Verbindlichkeiten per vorgelegt. Weiters wurde eine Übersicht über sämtliche geleisteten Zahlungen im Mai 2008 vorgelegt und anhand dieser Unterlagen die anteilige Quote im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes mit 3,62 % zum Stichtag und 3,38% zum Stichtag ermittelt. Bei einer freien Liquidität von € 117.816,71, welche sich aus dem Guthaben am BA-CA Konto € 32.713,36 per 30.4. und den Kundenzahlungen (Bankeingänge) im Mai in Höhe von € 85.103,35 zusammensetzt und offenen Verbindlichkeiten, die dieser Liquidität gegenüberstehen, in Höhe von insgesamt € 3,255.294,23 (offene Verbindlichkeiten per mit € 2,997.106,16 - siehe Anhang 3 der Stellungnahme - und Eingangsrechnungen vom Mai 2008 in Höhe von € 258.188,07) berechnet sich eine maximale anteilige Quotentilgung von 3,62 %. Dies ergibt sich, wenn die 117.816,71 auf die 3,255.294,23 gleichmäßig aufgeteilt werden, dann können die Verbindlichkeiten gleichmäßig anteilig im Ausmaß von 3,62 % getilgt werden.
Aufstellung zum
Lieferanten 317.121,49
Sonstige Verbindlichkeiten inkl. Bank 2.681.173,96
Gesamt 2,997.106,16
Eingangsrechnungen Mai 258.188,07
Gesamt offen per daher 3,255.294,23
Liquidität Mai
Girokonto RLB negativ
Girokonto BA-CA per 32.713,36
Zahlungseingang Mai (Kundenzahlungen) 85.103,35
Freie Liquidität Mai daher 117.103,25
Bei Verteilung dieser freien Liquidität auf die gesamten offenen Verbindlichkeiten wäre (zum Stichtag ) eine anteilige Deckung der Verbindlichkeiten im Ausmaß von max. 3,62 % möglich gewesen.
Aufstellung zum
Eingangsrechnungen Mai € 20.888,64
Zahlungseingänge bis 15.5. € 69.308,69
Gesamt offen per 30.4. 2,997.106,16
ER bis 20.888,64
Gesamt offen per 3,017.994,80
Freie Liquidität per 30.4. 32.713,36
Zahlungseingänge bis 15.5. 69.308,69
Fiktive Liquidität per 15.5. 102.022,05
Per ergibt dies eine Gleichbehandlungsquote von 3,38 %.
Den Nachweis, welcher Abgabenbetrag auch bei einer gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger hinsichtlich der haftungsrelevanten Zeiträume uneinbringlich geworden wäre sowie die Aufstellung, aus dem eine von ihm berechnete Ungleichbehandlung des Finanzamtes iHv 3,38% des vorgeschriebenen Haftungsbetrages hervorgeht, hat der BF durch diese Unterlagen und Berechnungen nach Ansicht des Gerichtes erbracht. Durch die Offenlegung der vollständigen Einnahmensituation sowie der ganzen Ausgabensituation (und zwar insgesamt als auch bezogen auf den Zeitpunkt der Abgabenfälligkeiten/fallgegenständlich lediglich zum ) war die Beurteilung der Ungleichbehandlung des Abgabengläubigers durch vollständig Darstellung der Liquiditätssituation möglich. Eine schuldhafte Pflichtverletzung im eingeschränkten Ausmaß von 3,38% konnte daher als erwiesen angenommen werden, sodass diese Haftungsbeträge (mit Ausnahme der Lohnsteuer, s. unten) entsprechend einzuschränken sind.
Entgegen dem Vorbringen der belangten Behörde wurde demnach sehr wohl nachgewiesen welcher Betrag zum Fälligkeitstag an wen bezahlt wurde (s. Aufstellung: Zahlungen vom BA-CA Konto, das im Buchungsjournal Deckung findet), somit welche anteilsmäßige Befriedigung an wen erfolgte. Im Hinblick auf die vorgenommene Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der (vollen) Abgabenverbindlichkeiten kommt daher eine Beschränkung der Haftung des BF bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden in Betracht.
Da der BF sohin sämtlichen Verpflichtung nach Ansicht des BFG nachgekommen ist, hat ihn die belangte Behörde zu Unrecht im Ausmaß des gesamten Abgabenrückstandes in Anspruch genommen.
Die strenge und weder aus dem Gesetz noch aus der Judikatur der Höchstgerichte auferlegte Nachweisführung zur Gläubigergleichbehandlung seitens des Finanzamtes konnten trotz Wahrung des Parteiengehörs (Stellungnahme vom und ) nicht nachvollzogen werden.
Darüber hinaus erlaubt sich das Gericht die Anmerkung, dass im Haftungsverfahren des weiteren Geschäftsführers, Dr. ***3***, der von derselben steuerlichen Vertretung erstellte, gleichlautende Gleichbehandlungsnachweis im Haftungsverfahren zur Kommunalsteuer (durch die Stadt Wien) sehr wohl anerkannt wurde (vgl. Unterlagen aus dem im Akt aufliegenden Haftungsverfahren, ***6***, Magistratsabteilung 6, vom Dezember 2009). Darin findet sich im Schreiben der MA 6 () folgendes zum Gleichbehandlungsnachweis: "Zur Berechnungsmethode des anteiligen Haftungsbetrages ist auszuführen, dass entsprechend der Judikatur des VwGH das Verhältnis der vom BF bekanntgegebenen Verbindlichkeiten zu den ebenso bekannt gegebenen Zahlungen zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt ermittelt und die sich daraus ergebende Befriedigungsquote auf die zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt bestehende Abgabenforderung einschl. der Nebengebühren angewendet wurde."
Hinsichtlich der von der belangten Behörde dazu vorgebrachten Mittel- bzw. Zahlungstheorie verweist das BFG auf die ständige Rechtsprechung des VwGH, wonach der Vertreter dann jedenfalls für die nicht entrichteten Abgaben der vertretenen GmbH haftet, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (siehe bspw. ; , 2011/16/0075; , 2012/16/0100, und ).
3.2.4 Haftung für Lohnsteuer
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988, wonach in Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten ist, ergibt sich nämlich, dass jede vom Geschäftsführer einer GmbH vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflicht mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellt (siehe zuletzt und die dort zitierte Vorjudikatur).
Wenn der BF angibt, dass die Liquidität am , zum Zeitpunkt der Auszahlung der Löhne nicht anders war, als die Monate davor und sich diese erst durch die Kündigung einer Vertriebsvereinbarung Mitte Mai dramatisch verschlechterte, sodass sämtliche Zahlungen eingestellt werden mussten und daher auch die am fälligen Abgaben nicht mehr entrichtet werden konnten, so exkulpiert dieser Umstand den BF nicht von seiner abgabenrechtlichen Verpflichtung, die zur Gänze einbehaltene Lohnsteuer auch zur Gänze abzuführen. Schon im Erkenntnis vom , 2001/15/0187 hat der VwGH ausgesprochen, dass das allfällige Fehlen liquider Mittel das Unterlassen der Abfuhr von Lohnsteuer nicht hätte entschuldigen können. Dem ist zu entnehmen, dass die einbehaltene Lohnsteuer zur Gänze zur späteren Abfuhr zu verwenden ist und bei sich bis zum Abfuhrzeitpunkt geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dem Gleichbehandlungsgebot unterliegt.
Jede vom Geschäftsführer vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne stellt eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten dar, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Abfuhr der darauf entfallenden Lohnsteuer ausreichen und auch abgeführt werden. Die Bestimmung stellt nicht auf jene Gründe ab, die dazu geführt haben, dass nicht die volle Lohnsteuer abgeführt wurde.
Somit trifft den Vertreter nach § 80 BAO die Verpflichtung, die Lohnsteuer einerseits einzubehalten und andererseits - ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten und des Gleichbehandlungsgebotes - zur Gänze dem Finanzamt zum Fälligkeitstag abzuführen.
Nach dem Erkenntnis des verstärkten Senates des fällt es einem Vertreter im Sinne des § 80 ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne ausbezahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt abführt (). Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Lohnsteuer immer abzuführen ist. Beim Vorhandensein ausreichender Mittel ist die Lohnsteuer vom vollen ausbezahlten Lohn abzuführen, wenn nicht ausreichende Mittel vorhanden sind, ist schon der zur Auszahlung gelangende Lohn entsprechend zu kürzen. Das bedeutet, dass der BF bereits im Zeitpunkt der Auszahlung der Löhne für den Monat April 2008 dafür hätte sorgen müssen, dass bei Fälligkeit der Lohnsteuer für April 2008, also am , ausreichend liquide Mittel vorhanden sein müssen, um die Lohnsteuer für die ausbezahlten Löhne an das Finanzamt überweisen zu können. Dass der BF diesbezüglich nicht die entsprechenden Vorkehrungen getroffen hat, stellt eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten dar.
Unabhängig von wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft ist die Verletzung der Verpflichtung zur Abfuhr von Lohnabgaben jedenfalls schuldhaft, weil es sich dabei um solche Abgaben handelt, deren Entrichtung bzw. Abfuhr bei korrekter Geschäftsführung durch diese Schwierigkeiten nicht gehindert war (). Eine Begrenzung der Haftung in Höhe des sogenannten Quotenschadens kommt diesbezüglich nicht in Betracht ().
Bei der Lohnsteuer liegt daher nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH eine Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten nur dann nicht vor, wenn bei fehlenden Mitteln die Gesamtauszahlung an die Arbeitnehmer vermindert und die Lohnsteuer vom verminderten Betrag in voller Höhe abgeführt wird.
Von einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ist daher insgesamt hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Lohnsteuer auszugehen.
3.2.5 Zur Kausalität/Pflichtverletzung
Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen.
Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.
Die Haftungsinanspruchnahme setzt eine Kausalität zwischen schuldhafter Pflichtverletzung und Abgabenausfall voraus. Die Pflichtverletzung muss zur Uneinbringlichkeit geführt haben. Wäre die Abgabe auch ohne schuldhafte Pflichtverletzung des Vertreters uneinbringlich geworden, so besteht keine Haftung (zB Stoll, BAO, 131; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 9, 51).
Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der Rechtsprechung des VwGH eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung ist demnach kausal für die Uneinbringlichkeit ().
Im vorliegenden Fall war die pflichtwidrige (zur Gänze) Nichtentrichtung der aushaftenden Abgaben kausal für deren Uneinbringlichkeit. Dieses pflichtwidrige Verhalten ist dem BF als verantwortlichem Geschäftsführer der Gesellschaft für die übrig gebliebenen Abgaben zuzurechnen.
3.2.6. Zum Ermessen
Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen.
Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftung folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().
Da der Abgabenausfall auf ein Verschulden des BF zurückzuführen ist, ist den Zweckmäßigkeitsgründen der Vorrang einzuräumen. In Hinblick auf die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin ist die Geltendmachung der Haftung die einzige Möglichkeit, für die Einbringlichkeit der gegenständlichen Abgaben zu sorgen.
Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Vom BF wurde grundsätzlich nicht aufgezeigt, dass die Haftung wegen seiner berechtigten Interessen nicht geltend gemacht werden dürfe. Derartige Umstände sind auch für das BFG nicht ersichtlich. Vermögenslosigkeit oder das Fehlen von Einkünften des Haftungspflichtigen stünden im Übrigen der Geltendmachung der Haftung nicht entgegen (vgl. zB mwN).
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits ist ein Umstand, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf (). Im vorliegenden Fall liegen zwischen dem Zeitpunkt der endgültigen Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben und der Haftungsinanspruchnahme des BF über zwei Jahre, hinzu kommt die lange verstrichene Zeit zwischen der Fälligkeit der Abgabenschuldigkeiten und der Haftungsinanspruchnahme. Zur Hintanhaltung von Unbilligkeiten bei der Ermessensübung ist daher Bedacht zu nehmen, sodass eine Reduzierung der Haftungsbeträge um 30% gerechtfertigt erscheint und der Beschwerde insoweit teilweise stattzugeben und der angefochtene Bescheid spruchgemäß abzuändern ist (vgl. ).
Vom BF wurden keine weiteren Gründe vorgebracht, die bei Abwägung von Zweckmäßigkeit und Billigkeit eine andere Einschätzung bewirken hätten können.
4. Umfang der Haftung
4.1. Konkursquote
Entgegen den angeführten Beträgen (EUR 44.576,60) aus dem Haftungsprüfungsvorhalt vom hat die belangte Behörde im Haftungsbescheid vom die entrichtete Konkursquote von 8,33454% - mit Ausnahme der Lohnsteuer 4/2008 - berücksichtigt und den Haftungsbetrag auf gesamt EUR 43.792,53 reduziert.
Bezüglich des die Quote umfassenden Betrages liegt keine Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin vor, da es eben durch die Zahlungen im Insolvenzverfahren zu einer anteiligen Befriedigung aus der Masse gekommen war (vgl. ). Die Inanspruchnahme im Ausmaß der vollen Lohnsteuer 4/2008 durch die belangte Behörde erweist sich jedoch in Hinblick auf die Quotenentrichtung vom als nicht richtig und ist daher eine Verringerung in Höhe von EUR 2.931,05 vorzunehmen.
Hinsichtlich des Haftungsbetrages betreffend Umsatzsteuer 03/2008 wird der Entscheidung der Betrag von EUR 2.458,93 zugrunde gelegt. Die belangte Behörde hat nach Vorhalt der mangelnden Nachvollziehbarkeit des Betrages im Haftungsbescheid bzw. der BVE dargelegt, dass es hier irrtümlich zur Doppelberücksichtigung der Konkursquote gekommen ist. Dieser Feststellung ist der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten.
4.2. Anrechnung von Guthaben am Finanzamtskonto
Strittig ist weiters, welche Auswirkung die am Finanzamtskonto ausgewiesenen Gutschriften von EUR 1.707,44 und EUR 8.678,39 auf die Haftungssumme haben.
Dazu wird festgehalten, dass es sich hierbei um Meinungsverschiedenheiten betreffend die Richtigkeit der Gebarung (§ 213 BAO), insbesondere darüber, wie die Gutschriften vom Finanzamt verbucht hätten werden müssen, handelt. In einem solchen Fall ist jedoch mittels Abrechnungsbescheid (§ 216 BAO) abzusprechen (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 239 Anm 2; Ritz, BAO4, Hinweis Stoll, BAO-Kommentar, Seite 2353; § 216 Rz 2; ), zu solcher Antragsstellung auch der Haftungspflichtige legitimiert ist (). Demnach ist die Frage der Rechtmäßigkeit von Buchungen nicht im Haftungsverfahren, sondern auf Antrag des Abgabepflichtigen im Abrechnungsbescheidverfahren (§ 216 BAO) zu klären (siehe dazu Arnold, AnwBl 1998, 729; ; , 2006/16/0129; , 2007/16/0121; Ritz, BAO4, § 216 Rz 1).
Die Einwendungen betreffend die Gebarung auf dem Abgabenkonto sind daher im Haftungsverfahren unbeachtlich.
Der Vollständigkeit halber erlaubt sich das Gericht dazu folgende Anmerkungen, aus denen hervorgeht, dass sich das vorgebrachte Guthaben nicht haftungsmindernd auswirkt:
4.2.1. Guthaben von EUR 1.707,44
In der Stellungnahme zum Haftungsprüfungsvorhalt bringt der BF vor, dass sich aus der laufenden Abgabengebarung während des Konkursverfahrens u.a. ein Guthaben in Höhe von EUR 1.707,44 (siehe Finanzamtskonto per ) ergeben habe, welches mit den Konkursforderungen der Abgabenbehörde verrechnet worden sei. Dieses Guthaben hätte sich daher mindernd auf den haftungsrelevanten Rückstand ausgewirkt.
Festgehalten wird zunächst, dass die vom BF geltend gemachte Gutschrift über EUR 1.707,44 in der Zeit des laufenden Konkursverfahrens, nämlich zwischen und aufgrund nachstehender Verbuchungen, zustande kam:
[...]
Die Gutschrift resultiert aus div. Körperschaftssteuervorauszahlungen, Umsatzsteuervoranmeldungen, Körperschafts- und Umsatzsteuerbescheiden (s. Auszug).
Aufrechnung (Kompensation) ist die Aufhebung gegenseitiger Forderungen ohne effektiven Leistungsaustausch (Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 20 KO (Stand , rdb.at). Im Konkurs wird die Aufrechnung zum Teil erleichtert, zum Teil erschwert. Erleichtert wird die Aufrechnung insofern, als mit im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch bedingten oder betagten Forderungen bzw. solchen, die nicht auf eine Geldleistung gerichtet sind, aufgerechnet werden kann (§ 19 Abs 2 IO). Erschwert ist die Aufrechnung, weil die Aufrechenbarkeit im Zeitpunkt der Abgabe der Aufrechnungserklärung nicht genügt, diese vielmehr schon im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegeben gewesen sein muss (§ 20 Abs 1 IO).
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens lässt grundsätzlich die bereits bestandene Möglichkeit der Aufrechnung unberührt (SZ 53/92; 56/128; JBl 1986, 321; RdW 1987, 82; ZIK 1995, 26; Petschek/Reimer/Schiemer 475 ff). Voraussetzung ist aber, dass sich die Forderungen bereits bei Verfahrenseröffnung aufrechenbar gegenüberstanden. Entsteht eine der Forderungen erst durch die Konkurseröffnung, fehlt es an dieser Voraussetzung der Aufrechenbarkeit (SZ 53/92; 56/128; RdW 1987, 82).
Wurde eine Forderung gegen den Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben, ist das Aufrechnungsverbot des § 20 IO zu beachten.
In den Konkurs fallen grundsätzlich nur solche vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Gemeinschuldner, die schon im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bestanden haben. Mit dem Tag der Konkurseröffnung ist die Gruppe der Konkursgläubiger abgeschlossen (vgl. ). Die für eine Aufrechnung erforderliche Voraussetzung, dass sich die Forderungen bei Verfahrenseröffnung aufrechenbar gegenüberstehen, lag im vorliegenden Fall nicht vor. Aufrechnungen sind untersagt, sofern Forderung und Gegenforderung unterschiedliche Entstehungszeitpunkte (vor und nach Insolvenzeröffnung) haben.
Der Rechtsansicht des BF, wonach die am Abgabenkonto der GmbH verbuchten Guthaben im Ausmaß von 1.707,44 EUR die Haftungsschuld vermindern müssten, weil sie mit den zeitlich vorausgegangenen Fälligkeiten hätten verrechnet werden müssen, kann aus folgenden Gründen nicht geteilt werden:
Gemäß § 46 Abs. 1 KO sind Masseforderungen unter anderem die Kosten des Konkursverfahrens (Z 1), alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind sowie alle die Masse treffenden Steuern, wenn und soweit der die Abgabepflicht auslösende Sachverhalt während des Konkursverfahrens verwirklicht wird (Z 2).
Gemäß § 20 Abs. 1 KO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Konkursgläubiger erst nach der Konkurseröffnung Schuldner der Konkursmasse geworden ist oder wenn die Forderung gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung erworben worden ist.
Aus den zitierten Aufrechnungsvorschriften der KO folgt, dass für die Aufrechnung von Abgaben, die auf die Zeit nach Konkurseröffnung (tt.06.2008) entfallen (Masseforderungen) gegen Forderungen der Masse (z.B. Umsatzsteuergutschriften, die während des laufenden Konkursverfahrens entstehen) keine konkursrechtlichen Sonderbestimmungen bestehen und der Konkursgläubiger daher aushaftende Masseforderungen mit gegen ihn gerichtete Forderungen der Masse verrechnen kann. Ausgeschlossen ist nach dieser Gesetzeslage hingegen eine Aufrechnung von vor der Konkurseröffnung fälligen Verbindlichkeiten (Konkursforderungen) mit erst während des Konkursverfahrens entstandenen Masseforderungen.
Nach der Judikatur des VwGH entstehen Abgabenansprüche im engeren Sinn und auch Rückforderungsansprüche jeweils zu dem Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet, verwirklicht wird. Das bedeutet, dass es sich bei einem Rückforderungsanspruch des Abgabepflichtigen um nichts anderes handelt, als um einen "negativen Abgabenanspruch" der Abgabenbehörde (vgl. (; ). Somit entsteht der Rückforderungsanspruch aus der auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung bzw. der Vornahme der Berichtigung kommt es ebenfalls nicht an. Mit dem Bescheid wird vielmehr lediglich die Durchsetzbarkeit des Anspruches gegenüber der Abgabenbehörde bewirkt, nicht aber das Entstehen des Anspruches. Grundsätzlich gilt im Insolvenzverfahren, dass der Zeitpunkt der Entstehung des Guthabens auf dem Abgabenkonto bzw. der Zeitpunkt der Buchung eines Abgabenbescheides, der eine Gutschrift oder Belastung auslöst, unmaßgeblich ist. Die Abgabenansprüche der Behörde ebenso wie die Rückforderungsansprüche des Abgabepflichtigen entstehen vielmehr unabhängig vom Willen des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde bereits mit der Realisierung eines gesetzlichen Tatbestandes, nämlich im Zeitpunkt, in dem ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht wird, mit dessen Konkretisierung das Gesetz Abgabenrechtsfolgen verbindet.
Gemäß § 4 Abs. 2 Zif. 2 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der zu veranlagenden Körperschaftsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird. Dieser Zeitpunkt des Ablaufes des Kalenderjahres ist daher nach der Rechtsprechung des VwGH für die insolvenzrechtliche Qualifikation eines Abgabenanspruches bzw. Rückforderungsanspruches maßgebend (vgl. ).
Gegenständlich entstanden die - aus abgabenrechtlicher Sicht - jeweiligen Steuergutschriften ("negative Abgabenansprüche") in jedem Fall nachAblauf des Kalenderjahres 2008 und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens (am tt.06.2008). Eine Aufrechnung der Gutschriften mit den Konkursforderungen und die daraus abgeleitete Reduktion des Haftungsbetrages kam daher nicht in Frage und geht dieser Punkt der Beschwerde sohin auch aus diesem Blickwinkel ins Leere. Sämtliche im Haftungsbescheid angeführten Abgaben waren vor Konkurseröffnung fällig und stellen daher Konkursforderungen dar, die mit den angeführten Masseforderungen nach den Bestimmungen der KO nicht verrechnet werden konnten.
Nicht zuletzt vertritt der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass den Aufrechnungsvorschriften der KO und der AO (insbesondere §§ 19, 20 KO und AO) der Vorrang vor den Verrechnungsregeln des § 214 BAO zukommt (siehe VwGH-Erkenntnis vom , 92/15/0012 und die dort zitierte Vorjudikatur), sodass die Regelung des § 214 Abs. 1 BAO, wonach in den Fällen der zusammengefassten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften zunächst grundsätzlich auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind, im Konkursverfahren nicht anzuwenden ist.
4.2.2. Guthaben von EUR 8.678,39
Das Guthaben über EUR 8.678,39 ergab sich durch folgende Gutschriften am Abgabenkonto, gebucht am bzw. :
[...]
Am wurde die Einbringung der USt-Nachforderungen 04/2008 wiederaufgenommen und das Guthaben der EUR 8.678,39 damit gegenverrechnet.
Wenn der BF in diesem Zusammenhang versucht die Bestimmung des § 212a Abs 8 BAO ins Treffen zu führen, wird dem entgegnet, dass im vorliegenden Fall keine Aussetzung der Einhebung (wie in § 212a Abs 8 BAO normiert), sondern eine Aussetzung der Einbringung (§ 231 BAO) vorliegt.
Eine Aussetzung der Einbringung setzt voraus, dass Einbringungsmaßnahmen erfolglos waren bzw. aussichtslos wären, aber die Möglichkeit besteht, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt zum Erfolg führen können. Diese Voraussetzung lag bei den im Haftungsbescheid angeführten Konkursforderungen vor, sodass die belangte Behörde die Einbringung Abgaben zu Recht aussetzte. Der Abgabepflichtige hat keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung der Einbringung (; , 96/14/0001; , 97/14/0128; , 2007/13/0086; , 2012/15/0020); die Aussetzung liegt im Ermessen (zB Stoll, BAO, 2392; Kraft, Abgabenverfahrensrecht, 211; RAE, Rz 1491; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 231 Anm 2; ; Unger in Althuber/Tanzer/Unger, BAO-HB, § 231, 678).
Wenn der BF in seinen Eingaben immer wieder die Bestimmung des § 214 Abs. 1 BAO, wonach in den Fällen einer zusammengefassten Verbuchung der Gebarung Zahlungen und sonstige Gutschriften, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, auf die dem Fälligkeitstag nach ältesten verbuchten Abgabenschuldigkeiten zu verrechnen sind, vorbringt, so darf darauf verwiesen werden, dass § 214 Abs. 1 auf gemäß § 231 ausgesetzte Beträge nicht anwendbar ist (zB Stoll, BAO, 2393; RAE, Rz 1495, Rz 1496; ebenso Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 231 Anm 5).
4.3. Ergebnis
Bei Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes erstreckt sich die Haftung des Vertreters nur auf jenen Betrag, um den bei gleichmäßiger Behandlung sämtlicher Gläubiger die Abgabenbehörde mehr erlangt hätte, als sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des Vertreters tatsächlich bekommen hat (zB ; , 2000/14/0149; , 2003/14/0040; , 2009/16/0108; ebenso VereinsR 2001, Rz 818).
Besteht nur die Pflicht zur anteiligen Entrichtung, so ist die Verletzung dieser Pflicht nur kausal für den anteiligen Abgabenausfall (nicht jedoch für die Abgabe zur Gänze). Nicht zuletzt deshalb besteht bei Verletzung der Gleichbehandlungspflicht die Haftung des § 9 nur anteilig, nämlich mit jenem Teilbetrag, der bei Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu entrichten gewesen wäre (vgl zB Arnold, AnwBl 1993, 519; Auer, Rechtsgrundlagen für GmbH-Geschäftsführer, Tz 654; ).
Der Beschwerde war aus den dargelegten Gründen gemäß § 279 BAO teilweise Folge zu geben und der angefochtene Bescheid dahingehend abzuändern, als die Umsatzsteuer im Ausmaß von EUR 2.195,81, die Lohnsteuer im Ausmaß von 12.601,99, die Kammerumlage im Ausmaß von EUR 80,67, der Dienstgeberbeitrag im Ausmaß von EUR 6.120,31 und der Dienstgeberzuschlag im Ausmaß von EUR 598,43 aus der Haftung ausgeschieden werden.
Für den darüber hinaus offenen Haftungsbetrag an Umsatzsteuer von EUR 58,18, Lohnsteuer von EUR 22.565,53, Kammerumlage von EUR 1,79, Dienstgeberbeitrag von EUR 135,68 und der Dienstgeberzuschlag von EUR 13,27 war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Finanzamt Österreich
§ 323b Abs. 1 bis 3 BAO lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 99/2020 (2. FORG)
§ 323b. (1) Das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe treten für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes. Das Zollamt Österreich tritt am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.
(2) Die am bei einem Finanzamt oder Zollamt anhängigen Verfahren werden von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.
(3) Eine vor dem von der zuständigen Abgabenbehörde des Bundes genehmigte Erledigung, die erst nach dem wirksam wird, gilt als Erledigung der im Zeitpunkt des Wirksamwerdens für die jeweilige Angelegenheit zuständigen Abgabenbehörde.
Die gegenständliche Entscheidung ergeht daher an das Finanzamt Österreich.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung (vgl. die unter 3.2. zitierte Rechtsprechung). Die vorliegende Rechtsprechung des VwGH ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage, ob der BF zu Recht zur Haftung herangezogen wurde sowie zum Umfang der Haftung, vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 19 Abs. 2 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 212a Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 231 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 19 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 139 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 19 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 20 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 20 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914 § 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7102580.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at