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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2023, RV/7101922/2013

Doppelstöckige Publikums-Mitunternehmerschaft mit Treuhandkonstruktion: betriebliche Einkünfte? Verlustausgleichsverbot?

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7101922/2013-RS1
Für das erkennende Gericht ist jedoch nicht ersichtlich, welche Schlechterstellung den einzelnen Kommanditisten dadurch trifft, dass er seine den Kommanditanteil betreffenden Interessen nicht in der Gesellschafterversammlung sondern in der Treugeberversammlung geltend machen muss. Angesichts der Anzahl von 134 Treugeber-Kommanditisten, dem Treuhänder, der auch Kommanditist ist und einem Komplementär ist das Stimmgewicht jedes einzelnen Treugeberkommanditisten in der Treugeberversammlung nahezu ident mit jenem Gewicht, das dem Einzelnen in der Gesellschafterversammlung zukäme.
RV/7101922/2013-RS2
Dass der faktische Einfluss des einzelnen Treugeberkommanditisten gering ist, ergibt sich aus der schieren Zahl an Gesellschaftern. Diesem Aspekt misst jedoch keine Verfahrenspartei Bedeutung zu; zurecht, denn auch nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den tatsächlichen Einfluss an, sondern auf die Möglichkeit, die dem einzelnen Gesellschafter im Rahmen des Regelstatuts der KG im Ausmaß seines Anteils zukommt.
RV/7101922/2013-RS3
Zusammengefasst ist der einzelne Treugeberkommanditist durch die in seinem Interesse vom Treuhänder in der Gesellschafterversammlung wahrgenommenen Stimm-, Widerspruchs- und Kontrollrechte und durch die zusätzliche Möglichkeit, seine Interessen über die Treugeberversammlung in der Gesellschaft genauso mit Mehrheitsbeschluss durchzusetzen, wie das unmittelbar in der Gesellschafterversammlung erfolgen könnte, einem Kommanditisten nach dem Regelstatut der KG gleichgestellt.
RV/7101922/2013-RS4
Es kann über die Anwendbarkeit des § 2 Abs 2a EStG bereits im Feststellungsverfahren abgesprochen werden. Da die belangte Behörde dies getan hat, ist Sache des streitgegenständlichen Feststellungsverfahrens auch die Frage, ob § 2 Abs 2a EStG anwendbar ist.
RV/7101922/2013-RS5
Wie das BFG in seinem Erkenntnis vom , RV/7101627/2020, ausgesprochen hat, soll durch § 2 Abs 2a EStG sichergestellt werden, dass sich private Investitionsentscheidungen an wirtschaftlichen und nicht an steuerlichen Kriterien ausrichten, um der Gefahr von Fehlallokationen vorzubeugen. Die Bestimmung knüpft an einen bestimmten Investitionstypus an, dessen Investitionsentscheidung nicht primär anhand wirtschaftlicher Erwägungen getroffen wird, sondern im Kern überwiegend steuerlich motiviert ist. Ausdruck dieses Gedankens ist das in § 2 Abs 2a EStG (einzig) normierte Regelbeispiel, wonach das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht, wenn der Erwerb oder das Eingehen einer Beteiligung allgemein angeboten wird und auf der Grundlage des angebotenen Gesamtkonzeptes aus derartigen Beteiligungen ohne Anwendung dieser Bestimmung Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen. Andere (gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte) Beispiele würden zur Rechtfertigung der Verlustausgleichsbeschränkung gleichwertige objektive Umstände wie jene des Regelbeispiels erfordern.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den seit zuständigen Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Berufungen (nunmehr Beschwerden, § 323 Abs 38 BAO) gegen Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg (nunmehr Finanzamt Österreich, § 323b BAO), und zwar
(1.) über die Berufung vom gegen den Bescheid vom betreffend Feststellung von Einkünften 2010,
(2.) über die Berufung vom gegen
(2a) die Bescheide vom betreffend Feststellung und Nichtfeststellung von Einkünften 2008-2009 und gegen
(2b) die "Bescheide" vom betreffend Feststellung und Nichtfeststellung von Einkünften sowie
(3.) über die Berufung vom gegen
(3a) den Bescheid vom betreffend Feststellung und Nichtfeststellung von Einkünften 2011 und gegen
(3b) den "Bescheid" vom betreffend Feststellung von Einkünften 2011,
Steuernummer ***BF1StNr1***,

I. zu Recht erkannt: Die angefochtenen Bescheide vom , vom sowie jener vom (1., 2a, 3a) werden gemäß § 279 BAO abgeändert.

Die festgestellten Einkünfte, ihre Aufteilung auf die Mitunternehmer und die von diesem Erkenntnis erfassten Mitunternehmer sind den als Beilage angeschlossenen Blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. beschlossen: Die Beschwerde gegen die "Bescheide" vom und vom (2b, 3b) wird gemäß § 278 Abs 1 lit a iVm § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine KG, deren Komplementärin einen Kapitalmarktprospekt zur Finanzierung von Startups aufgelegt hat. Die Finanzierung ist dabei dergestalt, dass Investoren mit der Kommanditistin der Bf Treuhandvereinbarungen abschließen und das so in die KG gelangte Kapital im Wege atypisch stiller Beteiligungen an Unternehmen zur Finanzierung weitergegeben wird. Im Gegenzug erhalten die Treugeber anfänglich eine Verlustzuweisung, die bis zu 190 % ihrer Einlage ging.

Strittig ist im Verfahren inhaltlich, ob die Treugeber ein hinreichendes Unternehmerwagnis tragen, um betriebliche Einkünfte zu erzielen und damit die vorgesehene Verlustzuweisung steuerlich anerkannt werden kann, ob diesfalls eine Verlustverwertungsbeschränkung nach § 2 Abs 2a EStG vorliegt und ob die Umgründungsschritte alle Formvorschriften erfüllen, um die Verlustzuweisung rückwirkend wirksam zu machen.

Für ihren Standpunkt der fehlenden Unternehmereigenschaft führt die belangte Behörde in der Bescheidbegründung des nach (mittlerweile mit Erkenntnis des aufgehobener) Wiederaufnahme des Verfahrens erlassenen Feststellungsbescheides 2007, auf die in den Folgebescheiden verwiesen wird, aus:

Der einzelne Treugeber begebe sich mit Unterzeichnung des Treuhandvertrages jeglicher Unternehmerinitiative, weil er

  1. seine Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte an den Treuhänder übertrage, der sie einheitlich für alle Treugeber ausübe,

  2. aufgrund der Geheimhaltungspflicht über die Treuhänderdaten keine Möglichkeit der Vernetzung mit anderen Treugebern habe, um sich zur Einberufung einer Versammlung zu vernetzen,

  3. einen Wechsel des Treuhänders ohne Einflussmöglichkeiten zu dulden habe und

der Treuhänder auch Umgründungsmaßnahmen frei durchführen könne. Insgesamt bestehe somit keine aktive Handlungsmöglichkeit des Treugebers.

Auch das Unternehmerrisiko sei deutlich herabgesetzt, weil durch die vorrangige Verlustzuweisung bereits eine Einkommensteuergutschrift beinahe in Höhe der geleisteten Einlage entstehe. Außerdem könnten Verluste, die im Zeitpunkt des rückwirkenden Beitritts nach Art IV UmgrStG bereits feststünden, nicht auf ein Unternehmerrisiko schließen lassen (Verweis auf ).

Zur Verlustverwertungsbeschränkung führt die belangte Behörde aus, es gebe den Grundtatbestand (Im-Vordergrund-Stehen steuerlicher Vorteile, was sich insbesondere in deren Bewerbung manifestiere) und den speziellen Regeltatbestand (allgemeines Angebot, Renditevergleich), die nebeneinander gelten. Die Kommanditisten erhielten einen Anteil von 185% ihrer Einlage unabhängig vom Beteiligungsverhältnis als Verlustzuweisung, und nach deren Ausschöpfung erhalte die KG keine weiteren Verluste. In der Anlegerinformation werde auf die steuerlichen Vorteile der Beteiligung verwiesen, und nach der Lebenserfahrung sei es unwahrscheinlich, dass die mit dem Eingehen der Beteiligung "massiv verbundenen steuerlichen Vorteile" nicht im Vordergrund stünden. Für die vorrangige überproportionale Verlustzuweisung gebe es keinen außersteuerlichen Grund, der Anreiz für ein Hochrisikoinvestment wie dieses bestehe primär in der Risikominimierung durch eine Steuergutschrift, ohne die das hohe Ausfallrisiko den potentiellen Veranlagungsintentionen entgegenstehen würde. Würde der steuerliche Vorteil nicht beworben und bestünde ein hohes außersteuerliches Risiko, wäre § 2 Abs 2a EStG nicht anwendbar. Ein hohes außersteuerliches Risiko bestehe, wenn der Unternehmensschwerpunkt in einer risikoreichen Branche (Wachstums-/Hochtechnologie, F&E) liege, die Gewinn-/Verlustzuweisung sich ausschließlich am Beteiligungsausmaß orientiere und betraglich nicht limitiert sei, der Abschichtungserlös sich ausschließlich am Verkehrswert orientiere und nicht auf eine von vornherein beabsichtigte zeitliche Begrenzung geschlossen werden könne (Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG14, § 2 Tz 16; Doralt/Toifl in Doralt, EStG14. § 2 Tz 176/9). Die Berechnung im Renditevergleich sei ohne nähere Detailprüfung mathematisch inkorrekt, und wegen des Kündigungsverzichtes wäre ein zehnjähriger Zeitraum zugrunde zu legen.

Dem tritt die Bf mit folgenden Argumenten entgegen:

In der deutschen Rechtsprechung werde die Ansicht vertreten, dass die Beschränkung des einzelnen Treugebers durch Mehrheitsentscheidungen der Treugebergemeinschaft zulässig sei, um die Funktionsfähigkeit der Publikumsgesellschaft insgesamt sicherzustellen (BFH , R 47/85, BStBl II 1989, 722, 725; , BStBl II 1993, 538, 541). Der Treugeber sei einem direkt beteiligten Gesellschafter vergleichbar, weil auch dieser in der Gesellschafterversammlung Mehrheiten benötige, um bestimmte Entscheidungen durchzusetzen. Es sei auch nicht unmöglich für die Treugeber, sich auszutauschen, denn aus ihrer Treuepflicht sei die Treuhänderin auch verpflichtet, Anträge auf Abhaltung einer Treugeberversammlung allen Treugebern zuzuleiten. Diesbezügliche Zweifel könnten jederzeit durch ein zivilrechtliches Gutachten ausgeräumt werden. Der Treugeber könne auch seinerseits das Treuhandverhältnis aufkündigen und mit Zustimmung des Komplementärs - dem hierbei kein Ermessensspielraum zukomme - seinen Anteil selbst verwalten. Auch bestehe das unabdingbare Recht der außerordentlichen Kündigung der Treuhand.

Die Langfristigkeit der Verträge sei erforderlich, um die Investitionen zu sichern, denn ein vorzeitiger Abschichtungsanspruch hätte auch eine Auflösung der stillen Gesellschaften zur Folge und würde die finanzierten Unternehmungen massiv beeinträchtigen sowie die gesamte Investition gefährden. Auch spreche die Langfristigkeit an sich eher für als gegen eine unternehmerische Beteiligung.

Die von der belangten Behörde angeführte Verlustzuweisung von 185 % stimme nicht; da die Einlage auch andere Kosten der KG betreffe, sei auf den Anteil bezogen eine Verlustzuweisung von 172,46 % erfolgt. Die vorrangige Verlustzuweisung sei ein Maximalbetrag, ohne dessen Deckelung viel höhere Verluste zuzuweisen gewesen wären. Außerdem bestand bei einer von drei stillen Gesellschaften keine vom Beteiligungsverhältnis abweichende Verlustzuweisung. Im Insolvenzfall - der bei einzelnen Gesellschaften auch eingetreten sei - komme es zudem zu einer Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass alle Kommanditisten dem 50%igen Grenzsteuersatz unterliegen, weil dies nicht zutreffe. Aus der Rechtsprechung lasse sich auch nicht ableiten, dass die Mitunternehmerstellung durch vom Beteiligungsverhältnis abweichende Verlustzuweisungen verlorengehe ( RV/0284/K-12 als Folge des von der belangten Behörde zitierten ; letztlich sei dort die Mitunternehmerstellung von Treugebern bejaht worden, ohne dass die Höhe der Verlustzuweisung von 150 % überhaupt releviert worden sei). Es gebe auch weitere Entscheidungen, welche die Unternehmereigenschaft nicht wegen überproportionaler Verlustzuweisungen verneint hätten ( zu 294 und 392 %; UFS RV/1754/W-03 zu 200 %).

Der mögliche Insolvenzfall von Unternehmen, an denen die Stillen Beteiligungen bestehen, führe zur Nachversteuerung und damit in Summe wieder zu einem Totalverlust des vom Kommanditisten eingesetzten Kapitals. Ebenso erhöhe ein Veräußerungsgewinn die Steuerbelastung des Kommanditisten.

, sage nicht aus, ein feststehender Verlust aus dem Rückwirkungszeitraum lasse es am Unternehmerrisiko mangen, es sei daraus lediglich nichts für das Vorliegen von Unternehmerrisiko zu gewinnen (und damit genauso wenig dagegen).

Die belangte Behörde habe den Treugebern mangels Risikos keine Verluste zugewiesen, dafür aber der Treuhänderin, die auf das Treuhandgut bezogen überhaupt kein Risiko trage. Für diese Zurechnung gebe es keinen Grund.

Für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft genüge, dass entweder Mitunternehmerinitiative oder Mitunternehmerrisiko gegeben seien (Kauba in Doralt, EStG10, § 23 Rz 214; ; ).

Der besondere Regelungsfall des § 2 Abs 2a EStG liege nicht vor, weil die Nachsteuerrendite nicht mehr als das Doppelte der Vorsteuerrendite betrage (vgl die Modellrechnungen in Beilage 2 zur Beschwerde). Es verbleibe der allgemeine Tatbestand des "Im-Vordergrund-Stehens" steuerlicher Vorteile. Dieses Kriterium müsse für jeden Anleger individuell geprüft werden. Ein steuerlicher Vorteil könne nur dann im Vordergrund stehen, wenn er gegenüber anderen Motiven zum Eingehen der Beteiligung überwiege. Für Art und Ausmaß der Bewerbung geben weder Gesetz noch Materialien Hinweise hervor. Aber auch hierfür müsse das Veröffentlichungsmaterial den Schwerpunkt auf die Darlegung des Steuervorteils haben (Jakom/Laudacher, EStG § 2 Rz 148). Die steuerlichen Vorteile müssten einen entscheidenden Kalkulationsfaktor bei Erstellung des Angebots darstellen ( RV/0510-G/05). Da es sich bei den Unternehmen, an denen stille Beteiligungen bestehen, um solche mit hohem Ertragspotential aber auch hohem Risiko des Totalausfalls handle, erscheine es absurd, bei einer Investition einen Steuervorteil im Vordergrund zu sehen, zumal der anfängliche Steuervorteil bei Insolvenz oder Abschichtung nachzuversteuern sei.

Mit dem Bewerben steuerlicher Vorteile beziehe sich die belangte Behörde auf die Anlegerinformation zur zweiten im Jahr 2009 aufgelegten Publikumsgesellschaft und zu den im Jahr 2010 aufgelegten Publikumsgesellschaften, die völlig andere Beteiligungen beträfen. Zudem umfasse die Anlegerinformation zehn Seiten, der von der belangten Behörde zitierte Teil nur den folgenden Absatz: "Der Anleger beteiligt sich über die Trehuandgesellschaft als atypischer stiller Gesellschafter und ist damit steuerlicher Mitunternehmer an den Portfoliounternehmen. Er kann seine Einlage steuerlich geltend machen. Damit reduziert sich das steuerliche Ergebnis. Der Vorteil: Die Beteiligung schmälert nicht in vollem Umfang das Portemonnaie des Anlegers. Wichtig: Das Verlustrisiko bleibt im Falle einer oder mehrerer Beteiligungsunternehmen erhalten." Aus diesem mitten im Prospekt enthaltenen Absatz könne nicht geschlossen werden, das Bewerben steuerlicher Vorteile stehe im Vordergrund.

Für die vorrangige Verlustzuweisung gebe es hinreichende außersteuerliche Gründe: Die höhere Verlustzuteilung zu Beginn diene dem Risikoausgleich, damit dann, wenn Gewinne anfielen nicht gleich in voller Höhe diese Gewinne entnehmbar seien und damit die Liquidität der Unternehmen nicht gefährdet werde.

In drei Fällen sei die stille Gesellschaft mit Verkehrswertzusammenschluss und alinearer Verlustzuweisung gebildet worden, im vierten als Buchwertzusammenschluss mit Vorbehaltsmethode, was in Verwaltungspraxis, Rechtsprechung und Literatur anerkannt sei und nahezu zum selben wirtschaftlichen Ergebnis führe. Ist aber die Verteilung nur eine Folge der Zusammenschlusstechnik, müssten die steuerlichen Folgen auch gleich sein.

Beschränkungen in der Verlustverwertung seien im Übrigen im Feststellungsverfahren der atypisch Stillen zu behandeln, weil auf dieser Ebene die vorrangige Verlustzuweisung stattgefunden habe und nicht auf Ebene der KG.

Letztlich sei durch die Vielzahl unbestimmter Gesetzesbegriffe zweifelhaft, ob § 2 Abs 2a EStG das Bestimmtheitsgebot des Art 18 B-VG erfülle.

Die Ausführungen zu Art 23 UmgrStG können dahingestellt bleiben, weil diese nur im nicht mehr gegenständlichen Jahr 2007 im Rahmen der Frage nach der rückwirkenden Teilnahme der Kommanditisten an Verlusten bedeutsam wären.

Weiters finden sich Ausführungen dazu, dass keine auf § 295 BAO gestützten Bescheide ergehen hätten dürfen, weil die erstmalig erlassenen Grundlagenbescheide zu keinen Änderungen geführt hätten. Darüber hinaus sei die Möglichkeit, den abgeleiteten Bescheid zu ändern, auf die Anpassung an die Grundlagenbescheide beschränkt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 295 Rz 13).

Betreffend die Jahre 2010 und 2011 wird außerdem begehrt, den festgestellten Veräußerungsgewinn nicht im Jahr 2010, sondern im Jahr 2011 zu erfassen, weil dies auch im Rechtsmittelverfahren des Grundlagenbescheides so beantragt sei. Es werde auch angemerkt, dass die alleinige Zurechnung zum Treuhänder, wie von der belangten Behörde vorgenommen, unzutreffend sei.

Formal strittig ist, ob automationsunterstützt aus technischer Notwendigkeit "intern" erstellte "Bescheide", die der steuerlichen Vertreter der Bf in FinanzOnline aufgefunden hat, die Qualität von Bescheiden haben. Weiters wurden für das Jahr 2011 zwei Bescheide erlassen, ein händischer am und ein elektronischer am . Die dagegen gerichtete Berufung führt im Betreff Bescheide vom 20.6. bzw an, wobei es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt, wie die korrekten Datierungen in der Begründung der Berufung zeigen.

Sämtliche Berufungen wurden - abgesehen von jener zum Feststellungsbescheid 2010 - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung (§ 276 BAO idF BGBl I 2009/20) dem UFS vorgelegt und gelten nunmehr vor dem BFG gemäß § 323 Abs 38 BAO als Beschwerden weiter. Betreffend das Jahr 2010 erging gleichzeitig mit den bekämpften Feststellungsbescheiden für die Jahre 2008 und 2009 die Berufungsvorentscheidung.

Vor Ergehen der Entscheidung wurden die Parteien aufgefordert, die Aktualität der Daten der Kommanditisten und die Richtigkeit der Tangentenzuweisungen zu überprüfen. Im Zuge dessen machte die Bf Eingaben, die sich ausschließlich auf Fehler in den Grundlagenbescheiden der stillen Gesellschaften bezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf ist eine Kommanditgesellschaft, die sich an vier Kapitalgesellschaften mit Risikokapital als atypisch stille Gesellschafterin beteiligt hat. Gesellschafter der Bf sind die ***1*** als Komplementärin und eine Vielzahl natürlicher Personen als Kommanditisten, wobei im Firmenbuch nur die ***2*** als Kommanditistin aufscheint ("Treuhandkommanditistin"), die neben ihrem eigenen Kommanditanteil für sämtliche Kommanditisten ("Treugeber") die Anteile treuhändig verwaltet. Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit errichtet, aber frühestens nach zehn Jahren kündbar.

Die atypisch stillen Gesellschaftsverträge sind allesamt derart ausgestaltet, dass die Bf als stille Gesellschafterin am Gewinn und Verlust sowie im Abschichtungsfall am gesamten Unternehmenswert einschließlich Firmenwert und stiller Reserven beteiligt ist, wobei der Unternehmenswert in allen Fällen des Ausscheidens als Ertragswert nach dem DCF-Verfahren ermittelt wird. Die Verlustzuweisung erfolgt vorrangig an die Stille, ist aber mit 190 % (bei "***3***" 187 %) der Einlage der Stillen begrenzt. Bei Ausscheiden ist die Stille nicht verpflichtet, ein negatives Kapitalkonto aufzufüllen. Kontrollrechte stehen der Stillen (also der Bf) wie einem Kommanditisten zu. Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit errichtet, aber frühestens nach sieben Jahren (bei "***3***" rund acht Jahren) kündbar.

Das Verhältnis zwischen der Bf und ihren Kommanditisten ist durch den Gesellschaftsvertrag der KG und den Treuhandvertrag geregelt, die aufeinander verweisen und damit eine Einheit bilden. Der Beitritt zur KG erfolgt mit Abgabe eines Zeichnungsscheines des Treugebers und nach Abschluss des Treuhandvertrages mit der Treuhandkommanditistin sowie Leistung der Einlage. Der Beitritt der Kommanditisten erfolgt im Wege des Zusammenschlusses (Art IV UmgrStG). Die Kommanditisten nehmen am Gewinn und Verlust der Gesellschaft uneingeschränkt teil, der Komplementär ist bloßer Arbeitsgesellschafter, erhält eine Geschäftsführungsvergütung, hat aber keinen Anspruch auf Vermögen und Ergebnis. Bei Ausscheiden eines Kommanditisten steht ihm die Abfindung des Verkehrswertes seines Anteils (ermittelt nach den Grundsätzen der Unternehmensbewertung) zu; ein negatives Kapitalkonto haben sie nicht aufzufüllen. Die Rechte der Kommanditisten übt die Treuhandkommanditistin in deren Interesse aus, insbesondere die Kontrollrechte sowie das Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung. Über Art und Ausmaß der Ausübung der Kontrollrechte, die die Treuhandkommanditistin im Interesse der Treugeber ausübt, entscheidet sie grundsätzlich selbst und hat darüber den Treugebern zu berichten. 25 % der Treugeber können jedoch die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung verlangen. Ebenso kann ein Viertel der Treugeber eine Treugeberversammlung verlangen, die von der Treuhandkommanditistin sodann einzuberufen ist. Mit Mehrheit von über 51% kann die Treugeberversammlung von der Treuhandkommanditistin ein bestimmtes Verhalten verlangen, mit einfacher Mehrheit wird die Treuhandkommanditistin dazu verhalten, Maßnahmen der außerordentlichen Geschäftsführung abzulehnen.

Verfahrensrechtlich relevante Komponenten

Am fertigte die Behörde elektronisch interne Dokumente an, die technisch nötig waren, um am neue Sachbescheide erlassen zu können. Sie enthielten grundsätzlich die Merkmale eines Bescheides, waren aber nur an die Behörde selbst adressiert und wurden nicht schriftlich ausgefertigt, sondern lediglich vom steuerlichen Vertreter der Bf in FinanzOnline im elektronischen Steuerakt gefunden. Der Wille der Behörde war auf die Verarbeitung der für die am erlassenen Bescheide erforderlichen Daten gerichtet, nicht aber darauf, Bescheide zu erlassen.

Die angefochtenen Bescheide für 2008 und 2009 vom ergingen nach ursprünglich antragsgemäßen Veranlagungen für die Jahre 2008 und 2009 gestützt auf § 295 BAO, weil sich Tangenten für die stillen Beteiligungen geändert haben. Für das Jahr 2010 erging zunächst ein Bescheid, gegen den Berufung erhoben wurde, weil auch der Grundlagenbescheid der Beteiligung ***4*** & Still bekämpft wurde. Gleichzeitig mit den Feststellungsbescheiden 2008 und 2009 erging sodann die Berufungsvorentscheidung betreffend 2010.

Im Jahr 2010 schied gemäß Feststellungsbescheid betreffend ***4*** & Still diese Beteiligung aus, und es kam zur Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos. Dabei wurden sämtliche Verlustzuweisungen aus der atypisch Stillen und Sonderbetriebsausgaben nunmehr (im Schätzungsweg) als Gewinn erfasst und mittels Feststellungsbescheid der Bf zugewiesen (756.910,82 Euro). Eine Gegenrechnung der bei der atpisch stillen Gesellschaft zu evidenzierenden an sie geleisteten Einlagen (353.000 Euro) unterblieb. Der ursprüngliche Feststellungsbescheid wurde bekämpft, die Berufungsvorentscheidung vom ist der aktuell gültige Bescheid.

Am erließ die belangte Behörde einen Feststellungsbescheid über das Jahr 2011, in dem sie die Einkünfte festsetzte, zur Gänze der Treuhandkommanditistin zurechnete und im Übrigen aussprach, dass die weiteren Kommanditisten keine Mitunternehmer seien und daher nicht an der Einkünftefeststellung teilnehmen. Begründend verwies sie auf den Feststellungsbescheid 2007. Der Bescheid vom erging in Papierform und wurde der Bf am zugestellt. Am erließ die belangte Behörde ein als Feststellungsbescheid über das Jahr 2011 tituliertes Dokument, in dem sie die Einkünfte festsetzte, zur Gänze der Treuhandkommanditistin zurechnete und allen übrigen Gesellschaftern eine Tangente von Null zuwies. Dieser "Bescheid" enthielt keine Begründung und wurde über FinanzOnline in die Databox der Bf zugestellt. Er ist wie die elektronischen internen Dokumente vom an die Behörde selbst adressiert. Damit fehlt auch hier der Wille, einen Bescheid zu erlassen, und der elektronische Vorgang dient nur dazu, die bescheidmäßigen Festsetzungen vom bei den einzelnen Gesellschaftern elektronisch verarbeiten zu können.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Gesellschaftsverträgen der atypisch stillen Gesellschaften und der Bf sowie aus den Treuhandverträgen zwischen den Treugeber-Kommanditisten und der Treuhänderin, weiters aus den vorgelegten bzw in FinanzOnline eingesehenen Bescheiden.

Dass es sich um Risikokapital handelt, also in Gesellschaften mit hohem außersteuerlichem Risiko investiert wird, ergibt sich aus dem Geschäftszweck der Geschäftsherrn der stillen Gesellschaften, deren Schwerpunkt in der Forschung, Entwicklung, Wachstums- und Hochtechnologie liegt: Die ***4*** entwickelt IT-Lösungen im Bereich der Biometrie. Die ***3*** forscht an der Entwicklung von Impfstoffen, ***5*** entwickelt Komponenten der Flugzeugelektronik und Flugsimulatoren, ***6*** (später ***7***) entwickelt Energy Drinks. Bei der ***4*** hat sich das Risiko in Form einer Insolvenz im Jahr 2010 manifestiert.

Dass es sich bei den Vorgängen vom und nicht um Bescheide gehandelt hat, ergibt sich aus dem eindeutigen Willen der belangten Behörde, der schon darin zum Ausdruck kommt, dass die technische Verarbeitung nur an das Finanzamt selbst adressiert ist und weiters aus dem diesbezüglichen Parteienkonsens (die Bf trägt schließlich vor, die Ansicht der belangten Behörde zu teilen, aber aus prozessualer Vorsicht auch gegen die "Bescheide" vom Beschwerde zu erheben - dies ist auf den gleichgelagerten Fall vom übertragbar).

Dass der im Wege der Beschwerdevorentscheidung am ergangene Feststellungsbescheid der ***4*** & Still mit einer Tangente von 756.910,82 derzeit in Geltung ist, ist daraus ersichtlich, dass zwar einerseits von der steuerlichen Vertretung der Bf ein Vorlageantrag vom dagegen vorgelegt wurde, andererseits aber im Aktenverwaltungssystem des Bundesfinanzgerichtes kein Rechtsmittel zur ***4*** & Still aufscheint und auch sonst keine neuere Erledigung aktenkundig wäre.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Zum Vorliegen gewerblicher Einkünfte

Gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 sind Gewinnanteile von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

In ständiger Rechtsprechung (vgl zuletzt mwN) hat der Verwaltungsgerichtshof zum Begriff des Mitunternehmers festgehalten: Er ist ein besonderer steuerrechtlicher Begriff, der im Gesetz nicht definiert ist und über dessen Vorliegen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden ist. Die Entscheidung, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu treffen. Die Mitunternehmerschaft erfordert das Entwickeln einer Unternehmerinitiative sowie die Übernahme eines Unternehmerrisikos. Indizien mit unterschiedlichem Gewicht für die Annahme einer Mitunternehmerschaft sind insbesondere die Beteiligung am Anlagevermögen, an den stillen Reserven, am Firmenwert und am buchmäßig ausgewiesenen Erfolg (Hofstätter/Reichel, EStG 1988 Band III Kommentar, Tz 23 zu § 23).

Kommanditisten sind im Hinblick auf die Anführung dieser Art von Gesellschaftern im § 23 Z 2 EStG grundsätzlich Mitunternehmer. Eine dem Regelstatut des HGB bzw UGB entsprechende Stellung als Kommanditist bewirkt dessen Mitunternehmerstellung im Sinne des EStG (vgl ; , 2006/13/0085 mwN).

Eine stille Gesellschaft wird dann als Mitunternehmerschaft behandelt (so genannte unechte oder atypische stille Gesellschaft), wenn der stille Gesellschafter vertraglich so gestellt ist, als hätte er die Stellung, welche im HGB bzw. UGB für den Kommanditisten vorgesehen ist. Für die Besteuerung soll es keinen Unterschied machen, ob Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft vorhanden ist oder ob es um die Bewirtschaftung des Vermögens eines Beteiligten geht, welches im Innenverhältnis wie derartiges Gesellschaftsvermögen behandelt wird (vgl. ). Die Vereinbarung der Beteiligung an den stillen Reserven und am Firmenwert des Geschäftsherrn gehören zu den Voraussetzungen der atypisch stillen Gesellschaft (; , 2004/15/0126; , 2008/15/0324; vgl zu alldem ).

Dass eine (atypisch) stille Gesellschaft, welche anders als eine KG nicht nach außen auftritt (bloße Innengesellschaft), dennoch als Mitunternehmerschaft zu qualifizieren ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa mwN). Für eine steuerrechtliche Anerkennung als Mitunternehmerschaft genügt (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen), dass das Gesellschaftsverhältnis der Abgabenbehörde gegenüber in Erscheinung tritt (vgl. ; Fellner in Hofstätter/Reichel, 55. Lfg, § 23 EStG 1988 Tz 367).

Damit die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft ihren Gesellschaftern eine Mitunternehmerstellung vermittelt, ist somit einerseits Unternehmerinitiative und andererseits Unternehmerrisiko erforderlich. Die Initiative kann sich dabei auf das Regelstatut der KG nach den Bestimmungen des UGB beschränken (Stimm-, Widerspruchs- und Kontrollrechte, vgl Jakom/Peyerl, EStG, 2022, § 23 Rz 128). Für das Risiko ist die Teilhabe an Gewinn, Verlust und stillen Reserven essentiell (siehe die obige Rsp).

An der Mitunternehmerstellung der Bf im Rahmen der atypisch stillen Beteiligungen besteht im Verfahren von keiner Seite Zweifel. Die Mitunternehmereigenschaft der Kommanditisten in der Bf ist nach Ansicht der belangten Behörde jedoch durch die Treuhandvereinbarung und die steuerlichen Vorteile der vorrangigen Verlustzuweisung zu stark eingeschränkt.

Für das erkennende Gericht ist jedoch nicht ersichtlich, welche Schlechterstellung den einzelnen Kommanditisten dadurch trifft, dass er seine den Kommanditanteil betreffenden Interessen nicht in der Gesellschafterversammlung sondern in der Treugeberversammlung geltend machen muss. Angesichts der Anzahl von 134 Treugeber-Kommanditisten, dem Treuhänder, der auch Kommanditist ist und einem Komplementär ist das Stimmgewicht jedes einzelnen Treugeberkommanditisten in der Treugeberversammlung nahezu ident mit jenem Gewicht, das dem Einzelnen in der Gesellschafterversammlung zukäme.

Essentiell ist nach der Rechtsprechung für die Unternehmerinitiative, dass der Gesellschafter auf das betriebliche Geschehen Einfluss nehmen kann (vgl etwa ; , 93/13/0253), wozu auch das einem Gesellschafter zustehende Stimmrecht genügt (,0080). Diese potentielle Möglichkeit ist mit der Konstruktion der Treugeberversammlung genauso sichergestellt, wie mit der unmittelbaren Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung. Dass der faktische Einfluss des einzelnen Treugeberkommanditisten gering ist, ergibt sich aus der schieren Zahl an Gesellschaftern. Diesem Aspekt misst jedoch keine Verfahrenspartei Bedeutung zu; zurecht, denn auch nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den tatsächlichen Einfluss an, sondern auf die Möglichkeit, die dem einzelnen Gesellschafter im Rahmen des Regelstatuts der KG im Ausmaß seines Anteils zukommt.

In diesem Zusammenhang - wie auch ganz allgemein in Hinblick auf die Doppelstöckigkeit der Beteiligung - ist auch die Rechtsprechung zur Unterbeteiligung (Jakom/Peyerl, EStG 2022, § 23 Rz 154 f) interessant: Diese führt zu Einkünften als Mitunternehmer, und zwar unabhängig davon, ob die Unterbeteiligung gegenüber der Gesellschaft offengelegt ist (). In diesem Erkenntnis ging es um die Konstellation, dass eine Angestellte der GesBR einen Anteil an der Gesellschaft geerbt hätte. Da sie aber weiterhin Angestellte bleiben wollte, wurde der gesamte Gesellschaftsanteil dem weiteren Erben zugeschlagen und zwischen beiden eine Unterbeteiligung vereinbart. Dem zivilrechtlich bestehenden Dienstverhältnis maß der VwGH keine Bedeutung bei, weil die Beteiligung an den stillen Reserven (somit am Betriebsvermögen) und am Gewinn und Verlust die Merkmale einer Mitunternehmerschaft begründe. Selbst dann also, wenn ein Gesellschafter gar kein Interesse daran hat, in irgendeiner Form unternehmerisch tätig zu sein, löst die bloße Möglichkeit, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, verbunden mit der Beteiligung an den stillen Reserven eine Mitunternehmerstellung aus. Umso mehr muss das gelten, wenn initiativ vom Gesellschafter die Beteiligung an einer Risikokapital-Unternehmung angestrebt wird.

Was die Bedenken der belangten Behörde hinsichtlich der Möglichkeit der Treugeber betrifft, überhaupt eine Treugeberversammlung einzuberufen und mit anderen Treugebern in Kontakt zu treten, so wird die Argumentation der Bf für stichhaltig erachtet. Schon aus der Funktion des Treuhänders heraus, die Interessen des Treugebers zu vertreten, hat er bereits das Begehren eines einzelnen Treugebers, eine Versammlung abzuhalten, an alle weiterzuleiten, womit die notwendige Kommunikation sichergestellt werden kann.

Es erscheint auch unbedenklich, dass die Treuhandkommanditistin laut Treuhandvertrag berechtigt ist, Umgründungsmaßnahmen betreffend das Gesellschaftsvermögen durchzuführen, weil der Zweck der KG die Beteiligung an Risikokapital ist und Umgründungen somit zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören. Das Widerspruchsrecht des einzelnen Treugebers bezüglich solcher Maßnahmen bleibt letztlich über die Möglichkeiten der Treugeberversammlung sichergestellt und bestehen.

Dass der Treugeber einen Wechsel des Treuhänders in Kauf zu nehmen hat, ändert nichts an seiner Rechtsstellung in der Gesellschaft und schränkt aufgrund der bloßen Mittelsmannfunktion des Treuhänders auch weder Unternehmerinitiative noch -risiko der Treugeberkommanditisten ein.

Dass ein Steuervorteil aus der Möglichkeit erwächst, Verluste zu verwerten, ist grundsätzlich Ausfluss des objektiven Nettoprinzips. Die daraus entstehende Steuerersparnis kann daher nicht dazu führen, dem Steuerpflichtigen das Unternehmerrisiko abzusprechen, zumal die Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos bei Ausscheiden des Gesellschafters in dieser Betrachtung völlig ausgeblendet wird.

Für die gewählte Form der überproportionalen vorrangigen Verlustzuweisung hat die Bf außersteuerliche Gründe ins Treffen geführt: Die höhere Verlustzuteilung zu Beginn diene dem Risikoausgleich, damit dann, wenn Gewinne anfielen nicht gleich in voller Höhe diese Gewinne entnehmbar seien und damit die Liquidität der Unternehmen nicht gefährdet werde. Diese Gründe werden für hinreichend stichhaltig erachtet.

Zusammengefasst ist der einzelne Treugeberkommanditist durch die in seinem Interesse vom Treuhänder in der Gesellschafterversammlung wahrgenommenen Stimm-, Widerspruchs- und Kontrollrechte und durch die zusätzliche Möglichkeit, seine Interessen über die Treugeberversammlung in der Gesellschaft genauso mit Mehrheitsbeschluss durchzusetzen, wie das unmittelbar in der Gesellschafterversammlung erfolgen könnte, einem Kommanditisten nach dem Regelstatut der KG gleichgestellt.

Da die Tätigkeit der Bf darin besteht, sich durch atypisch stille Einlagen am Unternehmen von Personen zu beteiligen, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen, liegen auch auf Ebene der Bf und davon abgeleitet bei den einzelnen mitunternehmerischen Gesellschaftern Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, die nach § 188 BAO festzustellen sind.

Festgehalten wird in diesem Zusammenhang, dass die von der belangten Behörde gewählte Lösung, den gesamten Verlust der Bf der Treuhandkommanditistin zuzurechnen, nicht in den von ihr getroffenen Feststellungen gedeckt sein kann. Zwar hat sie den Treugeberkommanditisten die Unternehmereigenschaft - zu Unrecht - abgesprochen, doch ist nicht ersichtlich, dass den Treugebern die Einkunftsquelle, die sich aus ihren Anteilen ergibt, nicht zuzurechnen wäre. Da die Treuhandschaft nicht angezweifelt wurde, ist das Wirtschaftsgut Kommanditanteil dem jeweiligen treugebenden Gesellschafter zuzurechnen (§ 24 Abs 1 lit b BAO), der auch über diesen verfügen und ihn als Einkunftsquelle nutzen kann. Die fehlende Unternehmereigenschaft hätte lediglich bewirkt, dass keine betrieblichen Einkünfte vorliegen und daher auf die Treugeberkommanditisten bezogen ein Feststellungsverfahren nach § 188 BAO nicht durchzuführen gewesen wäre. Die Mitunternehmerstellung der Komplementärin und der Treuhandkommanditistin bejahend, hätte nur auf deren Anteil bezogen ein Feststellungsverfahren durchgeführt werden können. Die den einzelnen Treugeberkommanditisten zugewiesenen Ergebnistangenten hätten jedoch ohne Feststellungsverfahren im jeweiligen Veranlagungsverfahren allenfalls als außerbetriebliche Einkünfte erfasst gehört.

Zu § 2 Abs 2a EStG

Die belangte Behörde hat Bescheide nach § 190 BAO erlassen, in denen ausgesprochen worden ist, dass Feststellungen gemäß § 188 BAO unterbleiben. Auf solche Bescheide sind die Vorschriften der §§ 185 ff BAO sinngemäß anzuwenden (§ 190 Abs 1 BAO).

Gemäß § 188 Abs 1 BAO werden die Einkünfte aus den betrieblichen Einkünften und VuV festgestellt, wenn an den Einkünften derselben Einkunftsart mehrere Personen beteiligt sind. Gegenstand der Feststellung ist auch die Verteilung des festgestellten Betrages auf die Teilhaber (§ 188 Abs 3 BAO).

§ 2 EStG regelt die Begriffe des Einkommens, der Einkünfte und beschreibt die Einkunftsarten. Gemäß § 2 Abs 2 EStG ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben und nach Abzug der Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und des Freibetrages nach § 105 EStG.

Nach § 2 Abs 2a EStG sind negative Einkünfte u.a. aus sogenannten "Verlustbeteiligungsmodellen" (TS 1 leg.cit.) weder ausgleichsfähig noch gemäß § 18 Abs 6 EStG vortragsfähig, sondern mit positiven Einkünften aus derselben Quelle frühestmöglich zu verrechnen. Während Feststellungsbescheide nur der Ermittlung von gemeinschaftlichen Einkünften und ihrer Verteilung auf die einzelnen daran beteiligten Steuersubjekte dienen, ist die Bestimmung des § 2 Abs 2a EStG auf der Ebene der Einkommensermittlung der einzelnen Steuerpflichtigen angesiedelt und somit dem Feststellungsverfahren nachgelagert.

Die hier angefochtenen Bescheide sind solche nach § 190 iVm § 188 BAO. Sache des Beschwerdeverfahrens ist daher die Einkünfteermittlung aus einer gemeinschaftlichen Einkunftsquelle. Inwieweit die so festgestellten Einkünfte in den davon abgeleiteten Einkommensteuerbescheiden bei der jeweiligen Einkommensermittlung im Rahmen des "Ausgleich[s] mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben" zu berücksichtigen sind, oder gemäß § 2 Abs 2a EStG nicht ausgeglichen werden können, ist grundsätzlich Sache der konkreten Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer.

Dem gegenüber hat der VwGH zum Umfang der im Feststellungsverfahren zu treffenden Feststellungen jedoch folgendermaßen judiziert (vgl zuletzt ):

Es ist aus dem Normengefüge und der Systematik der Bundesabgabenordnung hinsichtlich der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften auf den Willen des Gesetzgebers zu schließen, dass alle Feststellungen, die die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung betreffen, im Feststellungsverfahren mit Bindungswirkung für die Abgabenbescheide der Teilhaber getroffen werden sollen, weil abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenem Verfahren zu treffen sind, in dem der maßgebende Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann (Hinweis ; , 89/14/0112; , 91/13/0113, 89/13/0151; , 93/14/0039; , 95/14/0021).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht erkannt, dass insbesondere auch über die Fragen, ob in Einkunftsteilen ein Veräußerungsgewinn(-verlust) enthalten ist, ob Einkunftsteile den begünstigten Steuersätzen unterliegen oder ob Vergütungen nach § 23 Z 2 EStG vorliegen, im Spruch von Feststellungsbescheiden abzusprechen ist (vgl. , , 97/13/0204, und , 2004/14/0154, sowie Stoll, BAO-Kommentar, 1977). Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass in Feststellungsbescheiden fakultativ auch über die Nichtvortragsfähigkeit von Verlusten abgesprochen werden darf (vgl. nochmals ).

Im Erkenntnis vom , Ro 2016/13/0027, das zu einem Feststellungsverfahren ergangen ist, hat der VwGH allgemeine Aussagen zu § 2 Abs 2a EStG getätigt und damit implizit bestätigt, dass über die Anwendbarkeit des § 2 Abs 2a EStG auch im Feststellungsverfahren abgesprochen werden kann.

Zur Wirkweise des § 2 Abs 2a EStG gibt es einerseits jene Ansicht, dass er eine typisierende Betrachtung verlange (hM, vgl zB Jakom/Laudacher, EStG, 2022, § 2 Rz 153), andererseits die, dass ein Im-Vordergrund-Stehen von steuerlichen Vorteilen individuell auf Ebene jedes einzelnen Gesellschafters zu prüfen sei (Stengei, FJ 2000, 1; ). Die Argumente für eine typisierende Betrachtung sind jedenfalls schon im Hinblick auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage überzeugender, wo wörtlich zu lesen ist: "Die Regelung ist in der Weise angelegt, daß nicht auf die konkreten Verhältnisse des Anlegers abzustellen ist" (vgl ErlRV 1766 BlgNR XX. GP). Durch diese typisierende Betrachtung, die am Regelfall des Anlegers anknüpft, stellt § 2 Abs 2a EStG eine Norm dar, welche die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte betrifft. Im Sinne des eben Ausgeführten kann daher über die Anwendbarkeit des § 2 Abs 2a EStG bereits im Feststellungsverfahren abgesprochen werden. Da die belangte Behörde dies getan hat, ist Sache des streitgegenständlichen Feststellungsverfahrens auch die Frage, ob § 2 Abs 2a EStG anwendbar ist. Die gegenteilige Ansicht der Bf wird nicht geteilt.

Zur Frage, welches der beiden Feststellungsverfahren im Rahmen der doppelstöckigen Personengesellschaft das geeignete ist, über § 2 Abs 2a EStG abzusprechen, sind die Ausführungen der steuerlichen Vertretung der Bf widersprüchlich. In der gegenständlichen Beschwerde führt sie aus, derartige Feststellungen seien auf Ebene der stillen Gesellschaften zu treffen, weil dort die überproportionale Verlustzuweisung erfolgt. Im Beschwerdeverfahren einer stillen Gesellschaft, die zwar nicht mit der Bf, aber mit mehreren Folgegesellschaften geschlossen worden ist, die allesamt von den selben handelnden Personen initiiert worden sind, argumentiert die selbe steuerliche Vertretung, auf Ebene der stillen Gesellschaft fehlte es an beteiligten natürlichen Personen und einem allgemeinen Anbot, weshalb nur auf Ebene der Kommanditgesellschaften überhaupt eine Anwendbarkeit des § 2 Abs 2a EStG infrage käme (vgl die Beschwerde in der Sache ***10*** & Still, RV/1100432/2013 - RV/1100440/2013).

Tatsächlich kann aber dahingestellt bleiben, ob jene Ebene, auf der die überproportionale Verlustzuweisung stattfindet (atypisch Stille), oder jene Ebene, in der die Einkünfte auf die Kommanditisten verteilt werden, die richtige wäre. Das gesamte Beteiligungsmodell besteht aus dem Zusammenspiel zwischen den atypisch stillen Beteiligungen und den per Zeichnungsschein und Treuhandvertrag in die KG aufgenommenen Treugeberkommanditisten, wobei auch die Umgründungsschritte penibel aufeinander abgestimmt sind. Der Beitritt der Kommanditisten zur KG und die mit ihren Einlagen finanzierten stillen Beteiligungen bilden somit eine wirtschaftliche Einheit. Es wäre daher zulässig, bereits auf Ebene der atypisch stillen Beteiligungen über die grundsätzliche Eigenschaft von Verlusten aus der jeweiligen Beteiligung nach § 2 Abs 2a EStG abzusprechen, was im folgenden Feststellungsverfahren auf die jeweilige stille Beteiligung bezogen bindend wäre. Es ist aber genauso legitim, diese Feststellung auf Ebene der KG über die Gesamtheit ihrer Einkünfte für alle Beteiligten auszusprechen, wie es im Verfahren der Bf erfolgt ist.

Allerdings trifft der Tatbestand des § 2 Abs 2a EStG auf den verwirklichten Sachverhalt nicht zu:

Wie das BFG in seinem Erkenntnis vom , RV/7101627/2020, ausgesprochen hat, soll durch § 2 Abs 2a EStG sichergestellt werden, dass sich private Investitionsentscheidungen an wirtschaftlichen und nicht an steuerlichen Kriterien ausrichten, um der Gefahr von Fehlallokationen vorzubeugen. Die Bestimmung knüpft an einen bestimmten Investitionstypus an, dessen Investitionsentscheidung nicht primär anhand wirtschaftlicher Erwägungen getroffen wird, sondern im Kern überwiegend steuerlich motiviert ist. Ausdruck dieses Gedankens ist das in § 2 Abs 2a EStG (einzig) normierte Regelbeispiel, wonach das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund steht, wenn der Erwerb oder das Eingehen einer Beteiligung allgemein angeboten wird und auf der Grundlage des angebotenen Gesamtkonzeptes aus derartigen Beteiligungen ohne Anwendung dieser Bestimmung Renditen erreichbar wären, die nach Steuern mehr als das Doppelte der entsprechenden Renditen vor Steuern betragen. Andere (gesetzlich nicht ausdrücklich geregelte) Beispiele würden zur Rechtfertigung der Verlustausgleichsbeschränkung gleichwertige objektive Umstände wie jene des Regelbeispiels erfordern.

Zwar liegt ein allgemeines Angebot vor, doch ist die Renditeverdoppelung im Nachsteuervergleich offensichtlich nicht gegeben, wie die der Berufung beigelegten Berechnungsblätter zeigen. Die belangte Behörde ist den Berechnungen der Bf nicht substantiiert entgegengetreten. Die lapidare Bemerkung, sie seien falsch, ohne die Fehler näher aufzuzeigen und richtigzustellen, reicht nicht. Das Bundesfinanzgericht kann in den vorgelegten Kalkulationen, die an das Beispiel aus Reinold/Inzinger/Wiesner in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 2, Anm 20, angelehnt sind, keinen Fehler erkennen. Außerdem erscheint auch der Ansatz eines siebenjährigen Zeitraumes plausibel, weil die atypisch stillen Gesellschaftsverträge - in denen die überproportionalen Verlustzuweisungen enthalten sind und auf die es daher ankommt - mit einem rund siebenjährigen Kündigungsverzicht belegt sind. Die errechneten Renditen betragen demnach bei 160 % Abschichtungserlös 3,93 % vor und 6,36 % nach Steuern und bei 220 % Abschichtungserlös 7,14 % vor und 9,19 % nach Steuern. Gegen die angesetzten Grundannahmen (Höhe des Abschichtungserlöses, Zinssatz) sind keine Einwendungen seitens der belangten Behörde ersichtlich.

Veranschaulichend wird seitens des BFG noch eine Vergleichsrechnung mit zu Ungunsten der Bf adaptierten Werten angestellt:

Ginge man statt von einer siebenjährigen - wie von der belangten Behörde gefordert - von einer zehnjährigen Laufzeit für die Berechnung aus (was der Mindestdauer der KG entspräche), müsste auch der Abschichtungserlös entsprechend der getroffenen Renditeerwartung adaptiert werden. Beträgt dieser nach sieben Jahren angenommene 160 %, entspricht das einer jährlichen Wertsteigerung von 6,9 %. Auf eine zehnjährige Laufzeit entspräche diese Entwicklung einem Abschichtungserlös von 195 %.

Die Bf hat die Steuerersparnis erst nach einem Jahr anfallen lassen und damit nur hoch 6 statt hoch 7 aufgezinst. Da aber die Investoren im ersten Quartal 2008 rückwirkend zum beigetreten sind und ihre Steuergutschrift bereits kurz darauf in der Steuererklärung 2007 geltend machen konnten, ist es legitim, auch die Steuergutschrift schon ab der Einlage aufzuzinsen (Steuerersparnis x 1,035Laufzeit), also hoch 7 bzw 10.

Letztlich wurde der von der Bf angenommene rechnerische Wert einer bloß 175%igen Verlustzuweisung nicht näher verifiziert, weshalb von den vertraglich vereinbarten 190 % ausgegangen wird.

Selbst unter Durchführung all dieser Anpassungen liegt der Vergleichsfaktor der Renditen vor und nach Steuern unter 2 und damit außerhalb des Anwendungsbereiches des § 2 Abs 2a EStG.

Vergleichsrechnung BFG


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einlage
1
100.000
100.000
Zinssatz
3,50%
3,50%
Laufzeit
7
10
Steuersatz
50%
50%
Abschichtungserlös
2
160.000
195.000
Steuer auf Gewinn nominell
30.000
47.500
- Jahr 1 (§ 37 Abs 2 EStG)
10.000
15.833
- Jahr 2 abgezinst
9.662
15.298
- Jahr 3 abgezinst
9.335
14.781
Steuer darauf abgezinst
3
28.997
45.912
Rendite vor Steuern (= 2 - 1 - 3)
31.003
49.088
Verlustzuweisung
190%
190%
Steuervorteil
95.000
95.000
Gewinn inkl. neg. KapKto (für Steuerberechnung)
250.000
285.000
Steuer darauf nominell
125.000
142.500
- Jahr 1 (§ 37 Abs 2 EStG)
41.667
47.500
- Jahr 2 abgezinst
40.258
45.894
- Jahr 3 abgezinst
38.896
44.342
Steuer darauf abgezinst
4
120.821
137.735
Steuervorteil aufgezinst
5
120.867
134.007
Rendite nach Steuern (= 2 + 5 - 1 - 4)
60.046
91.271
Faktor
1,94
1,86

Schon die typisierende Berechnung mit 50 % Steuervorteil zeigt, dass nach Steuern keine Renditeverdoppelung eintritt und damit § 2 Abs 2a EStG nicht anwendbar ist. Daher war auf die von der belangten Behörde am vorgelegte Auswertung der Progressionsstufen der Treugeber nicht mehr weiter einzugehen, weil in den streitgegenständlichen Jahren der Höchststeuersatz die bereits typisierend angewendeten 50 % nicht überschreiten konnte. Folglich kann auch auf Eben der einzelnen Gesellschafter das Im-Vordergrund-Stehen steuerlicher Vorteile im Sinne einer Renditeverdoppelung ausgeschlossen werden.

Dass im vorliegenden Fall ein Modell vorläge, das dem Regelbeispiel des § 2 Abs 2a EStG 1988 (Renditeverdoppelung) vergleichbare objektive Umstände aufweist (vgl ), ist nicht ersichtlich. Die von der belangten Behörde herangezogenen Kriterien (Bewerbung des Steuervorteils und vermeintlich fehlendes hohes außersteuerliches Risiko) erscheinen dafür nicht ausreichend.

Zur Bewerbung: Der Kapitalmarktprospekt besteht aus einer einseitigen Zusammenfassung, die auf die steuerlichen Wirkungen mit keinem Satz eingeht, und nach dem Inhaltsverzeichnis aus vierzehn Seiten mit inhaltlichen Ausführungen. Gut eineinhalb Seiten widmen sich den steuerrechtlichen Rahmenbedingungen (Qualifizierung der Tätigkeit als Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Mitunternehmerschaft, Problematik des § 2 Abs 2a EStG, Liebhaberei, Nachversteuerung eines negativen Kapitalkontos bei Ausscheiden). Eine Werbung für einen steuerlichen Vorteil ist dem gesamten Prospekt nicht zu entnehmen. Im Gegenteil findet sich bei der steuerlichen Risikoqualifizierung (Seite 20 Mitte) der Satz: "Vom Treugeber allfällig angestrebte steuerliche Vorteile bilden nicht die Geschäftsgrundlage dieser Beteiligung." - wiederum versehen mit dem Hinweis, die Finanzverwaltung vertrete derartigen Beteiligungen gegenüber eine kritische Haltung. Dass es für Beteiligungsgesellschaften, die in späteren Jahren errichtet wurden, Anlegerinformationen gibt, in denen die steuerliche Verwertbarkeit von Verlusten als Vorteil bezeichnet wird, lässt für den vorliegenden Fall nichts gewinnen, zumal das bloße einmalige Bezeichnen eines Vorteils ohne nähere Wertangaben noch kein besonderes Bewerben darstellt.

Die Ansicht der belangten Behörde, aus der Tatsache, dass rund drei Viertel der Kommanditisten dem 50%igen Grenzsteuersatz unterliegen und nur rund 1% dem 0%igen (vgl die am übermittelte Auswertung des Finanzamtes), könne auf das Im-Vordergrund-Stehen steuerlicher Vorteile geschlossen werden, ergibt sich für das erkennende Gericht nicht. Bei Investitionen in Hochrisiko-Beteiligungen ist naheliegend, dass der weitaus überwiegende Teil der Beteiligten eine entsprechende Finanzkraft besitzt, um auch einen allfälligen Totalverlust verkraften zu können. Das hohe Ausmaß an Kommanditisten mit hohem Einkommen ist weniger Folge als vielmehr Voraussetzung, derartige direkte Unternehmensbeteiligungen einzugehen. Aus einem hohen Einkommen kann nicht automatisch abgeleitet werden, ein Investment diene jedenfalls in erster Linie der Steuerersparnis.

Der VwGH vertritt, dass ein Bewerben steuerlicher Vorteile bei entsprechender Intensität und nach Abwägung mit anderen in Aussicht gestellten Vorteilen der Beteiligung zum Verlustausgleichsverbot führen kann (). Da aber gar nicht mit Steuervorteilen geworben wird, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit weiteren Kriterien.

Dennoch sei auch auf die Merkmale eines hohen außersteuerlichen Risikos eingegangen, das § 2 Abs 2a EStG unanwendbar machen würde (vgl (Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG14, § 2 Tz 16; Doralt/Toifl in Doralt, EStG14. § 2 Tz 176/9): Eine risikoreiche Branche (Wachstums-/Hochtechnologie, F&E - wobei "risikoreich" keinesfalls auf diese Branchen beschränkt sein kann, vgl ) liegt vor, der Abschichtungserlös orientiert sich ausschließlich am Verkehrswert, und auf eine von vornherein beabsichtigte zeitliche Begrenzung kann nicht geschlossen werden. Dass die Verlustzuweisung vorrangig den Kommanditisten zukommt und insgesamt beschränkt ist, vermag angesichts der übrigen Kriterien nicht wesentlich ins Gewicht zu fallen, zumal dafür außersteuerliche Gründe vorliegen. Weshalb die vier Merkmale jedenfalls kumulativ vorzuliegen hätten, wie offenbar aus EStR 2000 Rz 166 von den Autoren übernommen, ist nicht nachvollziehbar. Letztlich führte eine unbeschränkte Verlustzuweisung zu deutlich höheren Steuervorteilen, zumal keine Verpflichtung besteht, ein negatives Kapitalkonto aufzufüllen; auf dieses Kriterium wird von den EStR jedoch nicht weiter eingegangen, womit die Betrachtung eine unvollständige und unzureichende ist - zumal ein nicht aufzufüllendes Kapitalkonto bei Ausscheiden zu einem massiven steuerlichen Nachteil verkehrt wird.

Zuletzt sei angemerkt, dass sich aus § 2 Abs 2a EStG ein hinreichendes Substrat zur Vollziehung gewinnen lässt, wie auch die Rechtsprechung des VwGH und des BFG zeigt. Das erkennende Gericht hegt daher keine Bedenken, die Vorschrift stünde im Widerspruch zum Bestimmtheitsgebot des Art 18 Abs 1 B-VG.

Zum Zusammenschluss

Da im Jahr des Zusammenschlusses bereits die Wiederaufnahme rechtswidrig war und der ursprüngliche antragsgemäß ergangene Feststellungbescheid 2007 weiterhin gilt, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Rechtsfragen iZm Art IV UmgrStG, denn für die anderen Jahre sind sie unbedeutend.

Zu den Abänderungen gemäß § 295 BAO

Soweit sich die Beschwerde dagegen richtet, dass die belangte Behörde die Feststellungsbescheide 2008 und 2009 gemäß § 295 Abs 1 BAO durch neue ersetzt hat, ist zunächst festzuhalten, dass sich im Jahr 2008 die Tangente aus der atypisch stillen Beteiligung mit der Steuernummer ***8*** ("***3***") von -5.579,01 Euro laut Beilage zur Steuererklärung der Bf auf 5.180,24 Euro laut Feststellungsbescheid der atypisch Stillen vom geändert hat und im Jahr 2009 die Tangenten aus sämtlichen atypisch stillen Beteiligungen zumindest im Centbereich geändert wurden (u.a. jene mit der Steuernummer ***9*** ("***6***"), auf die in der Bescheidbegründung verwiesen wird), jene mit der Steuernummer ***8*** ("***3***") von -2.740,04 Euro laut Beilage zur Steuererklärung der Bf auf 0 Euro laut Feststellungsbescheid der atypisch Stillen vom .

Ändert sich die Tangente wegen einer Abänderung oder - wie hier - erstmaligen Erlassung des Grundlagenbescheides, ist zwingend (und ohne Ermessen etwa Geringfügigkeit der Änderung davon Abstand zu nehmen) der abgeleitete Bescheid amtswegig durch einen neuen zu ersetzen. Da der abgeleitete Bescheid nicht bloß abgeändert wird, sondern gänzlich außer Kraft tritt und durch einen neuen ersetzt wird, kann die Behörde auch Änderungen vornehmen, die über die bloße Anpassung an den Grundlagenbescheid hinausgehen ( mwN).

Allerdings würde die bloße erstmalige Existenz des Grundlagenbescheides - ohne dass dieser zu Änderungen im abgeleiteten Bescheid führte - die belangte Behörde nicht dazu berechtigten, den abgeleiteten Bescheid aus dem Titel des § 295 Abs 1 BAO durch einen neuen zu ersetzen. Die Norm hat nämlich ausschließlich die Funktion, abgeleitete Bescheide mit den Inhalten erstmalig erlassener Feststellungsbescheide oder deren Abänderung oder den Konsequenzen ihrer Aufhebung in Einklang zu bringen ().

Es besteht weder eine Verpflichtung der Behörde, mit der Erlassung eines abgeleiteten Bescheides bis zur Erlassung bzw Änderung des Grundlagenbescheides zuzuwarten (vgl zB ), noch hat sie mit der Folgeänderung nach § 295 BAO bis zur Rechtskraft des Grundlagenbescheides zuzuwarten - ein solches Zuwarten liegt bloß in ihrem Ermessen (; , 87/13/0002).

Der neue Bescheid ist zwar in vollem Umfang anfechtbar, allerdings nicht mit Gründen, die gegen den vorangegangenen Grundlagenbescheid zu richten gewesen wären ( mit Hinweis auf Stoll, BAO Kommentar, Band 3, 2862 und Ritz, BAO, § 295, Tz 8).

Da nach erstmaliger Erlassung der angefochtenen Bescheide ergangene Grundlagenbescheide Änderungen bedingt haben, hatte die belangte Behörde nach § 295 Abs 1 BAO vorzugehen.

Im Rahmen des vorliegenden Erkenntnisses werden sämtliche Ergebniszurechnungen aus den aktuell bestehenden Grundlagenbescheiden berücksichtigt. Auf allfällige Einwendungen gegen deren Richtigkeit braucht in diesem Verfahren nicht eingegangen zu werden. Damit kann auch auf das Vorbringen, die Zuweisungen aus der "***3***" in den Jahren 2008 und 2009 träfen nicht zu, weil hier Vorzeichenfehler oder ein fehlender Ansatz vorlägen, nicht eingegangen werden.

Ebenso ist in diesem Verfahren der Einwand unbeachtlich, bei Ermittlung des Gewinnes aus der ***4*** & Still im Jahr 2010 sei die Einlage nicht gewinnmindernd abgezogen worden. Der Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO spricht über die Art der gemeinschaftlichen Einkünfte, deren Höhe, den Feststellungszeitraum (Gewinnermittlungszeitraum, ; dazu Schwaiger, SWK 2009, S 947; ), die Namen der Beteiligten sowie die Höhe ihrer Anteile ab ( RV/0611-I/09). Der Gewinn der Mitunternehmerschaft umfasst auch Sonderbetriebsausgaben () sowie Veräußerungsgewinne (). Liegt ein Feststellungsbescheid vor, dürfen (Sonder)Betriebsausgaben, die mit der mitunternehmerischen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, aber nicht in den Feststellungsbescheid Eingang gefunden haben, im abgeleiteten Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden ().

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdevorentscheidung vom im Feststellungsverfahren des Jahres 2010 der ***4*** & Still in Rechtskraft erwachsen ist oder dagegen ein - bis jetzt nicht dem BFG vorgelegter - Vorlageantrag gestellt worden ist. Gemäß § 264 Abs 3 BAO wird die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung durch den Vorlageantrag nicht berührt. Es brauchte auch nicht bis zu einer - hier mangels erfolgter Vorlage nicht absehbaren - Erledigung des Vorlageantrages zum Grundlagenbescheid zugewartet werden, bis der abgeleitete Bescheid erlassen wird (vgl ). Daher war diesem Erkenntnis jene Tangente zugrunde zu legen, die im Bescheid vom der Bf zugewiesen wurde.

3.2. Zu Spruchpunkt II. - "Bescheiden" vom und (Zurückweisung)

Erledigungen werden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung (§ 97 Abs 1 lit a BAO). Anstelle der schriftlichen Ausfertigung kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen auch eine elektronische Zustellung erfolgen (§ 97 Abs 3 BAO).

Die auf Basis dieser Bestimmung ergangene FinanzOnline-Verordnung (FOnV) regelt allerdings nicht, welche Erledigungen mit FinanzOnline "zugestellt" werden dürfen. Damit ist es bereits grundsätzlich fraglich, ob die elektronische Übermittlung des Inhaltes von Abgabenbescheiden als Bekanntgabe von Bescheiden zu werten ist (Ritz/Koran, BAO7, § 97 Rz 12).

Auch dann, wenn man diese Bedenken nicht teilt, und wenn man letztlich konzediert, dass eine Erledigung, die im Spruch die Bf und ihre Treugeber anführt, ihrem Inhalt nach gerade für diese bestimmt gewesen wäre, so fehlt es letztlich an einer rechtsgültigen Zustellung.

Wesentlich ist für eine erfolgreiche elektronische Zustellung, dass die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" sind, was "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" ist (270 BlgNR XXIII. GP 13; vgl ). Dass bei Akteneinsicht im Wege des Einstieges in FinanzOnline der "interne Bescheid" vom steuerlichen Vertreter der Bf entdeckt worden ist, kann noch nicht als Zustellung angesehen werden; der elektronische Erledigungsentwurf zur Vorbereitung des tatsächlichen Bescheides am Folgetag ist ein "Nochnicht-Bescheid" und kann daher jederzeit von der Behörde zurückgenommen, abgeändert oder durch eine andere Erledigung ersetzt werden (vgl ; , 94/16/0010, 0011, 0012).

Außerdem war nie eine Zustellung an die Bf beabsichtigt, und ihre Kenntnis von dem internen Verwaltungsakt am führt auch nicht zu einer Heilung eines Zustellmangels durch Zukommen an den tatsächlichen Empfänger iSd § 7 ZustG. Keine Heilung nach § 7 ZustG ist nämlich möglich, wenn die Zustellverfügung auf einen falschen Empfänger (hier: die belangte Behörde selbst) lautet (st Rspr seit , Slg 10.327A, vgl Ritz/Koran, BAO7 ZustG § 7 Rz 4).

Entscheidend für die Bescheidqualität ist, dass und wie eine Erledigung ihrem Adressaten zugeht. Erfolgt dies nicht oder nicht gehörig, so knüpft sich daran keinerlei Bescheidwirkung (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, § 92, 288). Somit konnte den Verarbeitungsvorgängen vom und kein Bescheidcharakter zugemessen werden.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Qualifikation betrieblicher Einkünfte im Zusammenhang mit einer Treuhandkonstruktion der vorliegenden Art und zur Frage der nötigen Intensität, mit der Mitunternehmer ihre Kontrollrechte wahrzunehmen imstande sein müssen, fehlt bisher eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da es sich um Rechtsfragen handelt, die über das konkrete Verfahren hinaus von wesentlichem Interesse sind, war die Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 23 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101922.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at