Beurteilung einer mittels amtlichen Formularvordrucks eingebrachten Kapitalertragsteueranmeldung als Anbringen, das auf einen Feststellungsbescheid gerichtet ist?
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/15/0055. Zurückweisung mit Beschluss vom .
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri***
in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***,
betreffend den Bescheid des ***FA*** vom hinsichtlich Zurückweisung eines Antrages 2002, Steuernummer ***BF1StNr1***,
nach am gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 lit. a BAO abgehaltener mündlicher Verhandlung
zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Von Seiten der beschwerdeführenden AG wurde am mit dem Formular Ka1 eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung für das Jahr 2002 beim Finanzamt eingebracht. Laut entsprechend dem Vordruck ausgefülltem Formular waren keine Kapitalerträge gezahlt, gutgeschrieben oder der Vorauszahlung zugrunde gelegt worden und war kein Kapitalertrag zugeflossen. Abschließend ist im Formular verzeichnet, dass am Kapitalertragsteuer i.H.v. € 605.999,99 abgeführt worden ist.
Das Finanzamt wies die Eingabe mit Bescheid zurück. Begründend führte es aus, es sei mit einer Zurückweisung vorzugehen gewesen, weil es sich um die Kapitalertragsteuer des Jahres 2002 handle und somit im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldung bereits die absolute Verjährung gemäß § 209 Abs. 3 BAO eingetreten war.
Nach dreimaligem Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist langte eine Beschwerde mit im Wesentlichen nachstehender Begründung ein:
Die Regeln der §§ 207 ff BAO seien auf das Anbringen vom nicht anwendbar, weil es nicht um eine Festsetzung einer Abgabe gehe. Die Eingabe habe vielmehr das Ziel, "von der Behörde bescheidmäßig festgestellt zu erhalten, dass eine Kapitalertragsteuer 2002 nicht festzusetzen ist". Das "Nichtfestsetzen" einer Abgabe sei aber eben gerade nicht das "Festsetzen" einer Abgabe, sodass die Eingabe vom nicht nach Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht worden sei. Es werde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Das Finanzamt erließ eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde und erläuterte begründend:
Wohl habe der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 83/17/0163, ausgesprochen, eine systemkonforme Auslegung der Verjährungsbestimmungen verbiete es, anzunehmen, dass der Behörde nach Ablauf der Bemessungsverjährungsfrist auch eine Abgabenfestsetzung zugunsten des Abgabenschuldners verwehrt sei. Hiebei handle es sich nämlich um eine Herabsetzung der Abgabenschuld bzw. um eine negative Abgabenschuld und damit - im Umfang der Herabsetzung bzw. des negativen Abgabenanspruchs - materiellrechtlich gesehen um keine Geltendmachung derselben im Sinne einer Festsetzung.
Mit Erkenntnis vom , 2007/17/0222, sei aber das Höchstgericht von dieser Rechtsauffassung abgerückt. Es habe nämlich darin ausgeführt, dass der Behörde die Vornahme einer bescheidmäßigen Abgabenfestsetzung nach Ablauf der Bemessungsverjährungsfrist auch dann verwehrt bleibe, wenn sich eine solche Abgabenfestsetzung zugunsten des Abgabepflichtigen auswirke. Der Begriff "Recht" sei in diesem Zusammenhang im Sinne von "Befugnis" zu verstehen und umfasse eben die Befugnis, d. h. das Recht und die Verpflichtung, zur Vornahme aller gebotenen Abgabenbemessungen innerhalb der Verjährungsfrist. Der Ablauf der Verjährungsfrist bewirke den Verlust der Befugnis der Behörde, die Abgabe zu bemessen. Diese Auslegung sei auch im Hinblick auf den Zweck der Verjährungsbestimmungen geboten. Ziel sei einerseits die Erhaltung des Rechtsfriedens, andererseits die Vermeidung von Beweisschwierigkeiten. Beide Zielsetzungen träfen unabhängig davon zu, ob eine Abgabenfestsetzung im Interesse des Abgabengläubigers oder im Interesse des Abgabepflichtigen erfolge. Das Finanzamt zitierte beispielhaft aus der Rechtsprechung des UFS und aus der Fachliteratur.
Dem in der Beschwerde vorgebrachten Einwand, wonach es dann, wenn sich keine Bemessungsgrundlage für die Abgabe ergebe, keinen Festsetzungsbescheid gebe, könne nicht gefolgt werden. Es werde nämlich jedenfalls über die Höhe der Abgabe abgesprochen. Ein Festsetzungsbescheid müsse nicht zwingend eine Bemessungsgrundlage über 0 Euro haben.
In der Beschwerde werde dargetan, dass die Eingabe vom das Ziel hatte, die Behörde möge bescheidmäßig feststellen, dass eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen sei. Ein Feststellungsbescheid gemäß § 92 BAO komme aber nur dann in Frage, wenn die maßgeblichen Rechtsvorschriften eine Feststellung dieser Art nicht ausschlössen oder die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage nicht im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens oder gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden sei. Die Abgabenbehörde zitierte hiezu höchstgerichtliche Erkenntnisse.
Durch die erfolgte Meldung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer im Jahr 2006 und die eingereichte Kapitalertragsteuer-Anmeldung vom stehe nach den Bestimmungen der §§ 201 und 202 BAO ein für die Festsetzung vorgesehenes Verwaltungsverfahren zur Verfügung. Es bleibe daher für die bescheidmäßige Feststellung, dass eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen sei, kein Raum.
Nach wiederum begehrter Fristerstreckung brachte die beschwerdeführende AG durch ihre steuerliche Vertretung einen Antrag auf Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein und führte aus:
Die Abgabenbehörde habe die Beschwerde gegen den Bescheid über die Zurückweisung einer Eingabe vom betreffend Kapitalertragsteuer als unbegründet abgewiesen. Ergänzend zu den Ausführungen in der Beschwerde werde vorgebracht, zum Tatbestandselement "Recht auf Festsetzung einer Abgabe" gemäß §§ 207 Abs. 1 und 209 Abs. 3 BAO gebe es lediglich zwei einander widersprechende VwGH -Judikate ( und - Anm. zu letzerer Entscheidung: gemeint ist wohl VwGH 16.11.1984, 83/17/0163). Von einer einheitlichen Judikaturlinie könne daher nicht gesprochen werden.
Es seien im Übrigen die Regeln der §§ 207 ff BAO gegenständlich nicht anwendbar, weil die Eingabe vom nicht auf die Festsetzung einer Abgabe gerichtet gewesen sei. Vielmehr handle es sich um ein Anbringen im Sinne des § 85 BAO. Auf dem in der Streitsache relevanten Abgabenkonto sei am ein Betrag von € 606.000,00 unter der Bezeichnung "KA 2002" angelastet worden. Dieser Buchung liege weder eine Abgabenerklärung, noch eine Selbstbemessung noch eine Abgabenfestsetzung zugrunde, weshalb ein rechtliches Interesse und damit ein Rechtsanspruch auf die Feststellung bestehe, dass für das Jahr 2002 eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen sei.
Abgabenbehörden seien gemäß § 85a BAO verpflichtet, über Anbringen gemäß § 85 BAO ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Unter der Pflicht zur Entscheidung werde das bescheidmäßige Absprechen über das Anbringen verstanden, die §§ 207-209 BAO hätten lediglich die Festsetzung von Abgaben zum Gegenstand und seien daher auf das gegenständliche Anbringen nicht anwendbar. Darauf sei in der Beschwerdevorentscheidung nicht eingegangen worden.
Jedenfalls sei das Anbringen vom auch darauf gerichtet, die Behörde möge mit Bescheid iSd § 92 BAO feststellen, dass für das Jahr 2002 eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen sei. Die Abgabenbehörde könne sich die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Anbringen nicht ersparen.
Entsprechend dem Erkenntnis , seien für einen Feststellungsbescheid neben dem gestellten Antrag drei Elemente erforderlich, nämlich der Bestand eines Rechtsverhältnisses, der Bestand eines rechtlichen Interesses an der Feststellung sowie das Gegebensein eines notwendigen, letzten und einzigen Mittels zweckentsprechender Rechtsverteidigung.
Ein Rechtsverhältnis bestehe bereits deshalb, weil ein Betrag von € 606.000,00 auf dem Abgabenkonto gebucht worden sei, ohne dass diese Buchung durch eine Abgabenerklärung, eine Selbstbemessung oder eine bescheidmäßige Festsetzung gedeckt wäre. Ob es sich um abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen handle, sei unerheblich, weil der Bestand oder Nichtbestand eines Rechtsverhältnisses in § 92 Abs. 1 lit. c BAO tatbestandlich erfasst sei.
Das Bestehen eines rechtlichen Interesses sei evident, gehe es doch darum, einen rechtsgrundlos bezahlten Betrag in der Höhe von € 606.000,00 zurückzuerhalten. Dieser Betrag könne nicht als bloß geringfügig qualifiziert werden.
Zudem handle es sich um ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung, sogar um das letzte und einzige Mittel der Rechtsverteidigung.
Es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass in einem rechtsstaatlich verfassten Gemeinwesen ein öffentliches Interesse an der Vermeidung von rechtswidrigen Zuständen bestehe und daher die beschriebene Kriterienprüfung ohnehin nicht erforderlich wäre. Die Abgabenbehörde sei, wohl weil sie von einer Anwendbarkeit der §§ 207 ff BAO ausgegangen sei, nicht auf das öffentliche Interesse eingegangen.
Die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft verwies im Zusammenhang mit dem Streitfall auf eine Betriebsprüfung bei der "***1***-Gruppe" betreffend die Jahre 1999-2002. Die Betriebsprüfung sei unter Ausübung rechtswidrigen Drucks abgeschlossen worden. Dies könne durch ein Schreiben der Großbetriebsprüfung ***2*** vom an das ***FA***, den Abschlussbericht der Landespolizeidirektion ***3*** vom sowie die Einvernahme mehrerer namentlich genannter Personen aus dem Bereich der Großbetriebsprüfung bzw. des Finanzamtes als Zeugen bewiesen werden.
Es sei durch den damaligen, österreichweiten Vorstand der Großbetriebsprüfung Strafanzeige gegen zwei Bedienstete der Großbetriebsprüfung u. a. wegen Missbrauchs der Amtsgewalt gem. § 302 Abs. 1 und 2 StGB bei der Staatsanwaltschaft eingebracht worden (Anm.: Die Ausübung rechtswidrigen Drucks wurde in der Folge durch die Staatsanwaltschaft und das Landesgericht nicht verifiziert, vgl. dazu unten, Sachverhalt).
Im Februar 2015 wurde durch die Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft vom Vorstand des ***FA*** die Richtigstellung der Buchungen betreffend "KA 2002" auf den diversen involvierten Abgabenkonten der geprüften Gesellschaften, darunter auch der Beschwerdeführerin, verlangt. Das Finanzamt habe darauf mitgeteilt, nicht verpflichtet zu sein, die auf den Abgabenkonten verbuchten Kapitalertragsteuern auszubuchen (Schreiben FA ***2*** vom ).
Die beschwerdeführende Gesellschaft betonte durch ihre steuerliche Vertretung, dass im Jahre 2006 keine Meldung einer Kapitalertragsteuer erfolgt sei. Dies sei der Abgabenbehörde bekannt. Dennoch werde in der Beschwerdevorentscheidung von einer "erfolgten Meldung und Abfuhr" der Kapitalertragsteuer im Jahr 2006 gesprochen. Es werde damit wohl versuchet, ein in der BAO vorgesehenes Verwaltungsverfahren annehmen zu können und auf dessen Verjährung zu verweisen.
Sollten im Streitfall tatsächlich die Bestimmungen der §§ 207 ff BAO anzuwenden sein, so werde die in der Entscheidung des , dargestellte Rechtsansicht vertreten.
Von Seiten der Abgabenbehörde wurde im Vorlagebericht wie folgt Stellung genommen: Am sei lediglich das Formular Ka 1 mit einem Kapitalertragsteuerbetrag von Null (0,00 €) beim Finanzamt eingebracht worden. Die Erledigung des Anbringens habe sich daher auf die Abgabenfestsetzung zu beschränken gehabt, ohne dass die Behörde weitere Ermittlungen über ein nicht im Formular Ka 1 zum Ausdruck kommendes Parteibegehren durchzuführen gehabt hätte. Durch die Verwendung eines amtlichen Formulars sei ein Antrag stets von vornherein standardisiert und inhaltlich begrenzt. Der erst im Beschwerdeverfahren erstattete Verweis auf § 92 Abs. 1 lit. c BAO, stelle eine unzulässige Erweiterung des ursprünglichen Begehrens durch Heranziehung einer anderen Rechtsgrundlage dar.
Am fand eine monokratische mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht statt, zu welcher der steuerliche Vertreter, ein Vertreter der Großbetriebsprüfung sowie eine Vertreterin der Abgabenbehörde erschienen. Über die mündliche Verhandlung wurde ein Protokoll angefertigt, auf das verwiesen wird. Protokollausfertigungen wurden den erschienenen Vertretern seitens der Richterin übermittelt.
Der steuerliche Vertreter legte im Zuge der Verhandlung neben seinen mündlichen Ausführungen eine ergänzende Beschwerdebegründung in Schriftform vor. Darin wird nochmals betont, dass die in Streit stehende Eingabe Ka 1 vom auf die bescheidmäßige Feststellung gerichtet gewesen sei, dass eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen ist. Sollte das Gericht von einer Relevanz der §§ 207 ff. BAO ausgehen, so werde vorgebracht, dass die Verjährung gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO -was hier zutreffend sei- mit Ablauf des Jahres beginne, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Im Streitfall sei ein Abgabenanspruch nie entstanden. Ein solcher entstehe gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z. 3 BAO für Steuerabzugsbeträge (hier zutreffend) im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte. Derartige Einkünfte seien nie zugeflossen. Die Frage, ob eine KESt-Anmeldung oder eine bescheidmäßige Festsetzung erfolgt sei, was übrigens beides nicht der Fall gewesen sei, sei irrelevant. Die Verjährung habe nicht zu laufen begonnen, was bedeute, dass die Frist gemäß § 207 Abs. 2 BAO auch nicht abgelaufen sein könne.
Der Vertreter der Großbetriebsprüfung brachte unter anderem (auf das Verhandlungsprotokoll wird verwiesen) vor, Kapitalertragsteuererklärungen wären seit 2013 zwingend in elektronischer Form einzubringen. Er verwies dazu auf das BFG Erkenntnis , RV/7102169/2022. In einer von Seiten der Richterin angeforderten Stellungnahme konkretisierte er sein Vorbringen insofern, als er den § 96 Abs. 3 EStG und den § 1 Abs. 3 Z 9 FOnErklV nannte sowie auf das Erkenntnis , hinwies.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Vorgeschichte:
In den Jahren 2004 und 2005 fand eine Großbetriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1999-2002 bei der "historischen ***1***-Gruppe", zu der auch die beschwerdeführende Gesellschaft gehört, statt.
Als Prüfungsergebnis wurde im Einvernehmen zwischen den Parteien ein Abgabenbetrag von pauschal € 2,5 Millionen herausgearbeitet, der zum größten Teil als Kapitalertragsteuer auf mehrere Gesellschaften verteilt vorgeschrieben werden sollte.
Bei der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde am eine Kapitalertragsteuerschuld für 2002 in Höhe von € 606.000,00 mit dem Geschäftsfälle-Code 46 "Buchung einer Festsetzung von selbst zu berechnenden/abzuführenden Abgabenschuldigkeiten" gebucht.
Am scheint auf dem Abgabenkonto die Entrichtung eines Betrages von € 605.999,99 durch die beschwerdeführende AG auf.
Im Mai 2013 wurde ein Antrag mit der Bezeichnung "Rückforderung rechtsgrundlose Zahlung" eingebracht, der durch die Abgabenbehörde als unzulässig zurückgewiesen wurde. Eine Deutung im Sinne der §§ 216, 240 oder 241 BAO sei nicht möglich gewesen, weil die dafür jeweils zur Verfügung stehenden Fristen abgelaufen gewesen wären.
In einem anschließenden Beschwerdeverfahren wurde durch die Abgabenbehörde abweisend entschieden und ausgeführt, für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO bestehe die Voraussetzung eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens. Die in Streit stehende Kapitalertragsteuer 2002 sei jedoch ohne Erlassung eines (Haftung-) Bescheides verbucht worden. Überdies sei Verjährung eingetreten.
Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft:
Am langte eine Sachverhaltsdarstellung des damaligen österreichweiten Leiter der Großbetriebsprüfung zum Prüfungsverfahren "***1***-Gruppe" bei der Staatsanwaltschaft ***2*** ein.
Am brachte derselbe eine ergänzende Sachverhaltsdarstellung wegen des Verdachtes auf Verwirklichung des Tatbestandes gemäß § 302 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 StGB in Bezug auf den damaligen Leiter der Großbetriebsprüfung ***2*** und einen Großbetriebsprüfer ein. Es wurden darin Bedenken gegen die zwischen den Vertretern der Großbetriebsprüfung und der beschwerdeführenden Gesellschaften ausgearbeitete Pauschallösung thematisiert.
Nach Einvernahme der Beschuldigten erstattete das Landeskriminalamt am einen Abschlussbericht.
Am erließ die Staatsanwaltschaft ***2*** eine Mitteilung der Einstellungsgründe gemäß § 194 Abs. 2 StPO (***5***).
Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaften stellten einen Fortführungsantrag, zu welchem die Staatsanwaltschaft ***2*** mit Schriftsatz vom eine Stellungnahme (***6***) erstattete.
Mit Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***4***, wurde der Antrag auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegen die oben genannten Großbetriebsprüfer wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 und 2 StGB abgewiesen.
Streitfall:
Am reichte die beschwerdeführende Gesellschaft durch ihren steuerlichen Vertreter mit amtlichem Vordruck das Formular Ka 1 "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" für 2002 ein.
An bezahlten, gutgeschriebenen, oder der Vorauszahlung zugrunde gelegten Gewinnanteilen, Werten, Zins-, oder Kapitalerträgen wurde in den dafür vorgesehenen Spalten des Formulars jeweils € 0,00 eingetragen.
Bei "Der Kapitalertrag ist zugeflossen" wurde eingetragen "nie".
Abschließend wurde verzeichnet, dass ein Betrag an Kapitalertragsteuer in Höhe von € 605.999,99 am abgeführt worden sei.
Die Eingabe vom wurde vom Finanzamt als Kapitalertragsteuer-Anmeldung erkannt und mit Bescheid als verjährt zurückgewiesen.
Die Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf unstrittigem Akteninhalt und auf durch die Richterin angeforderten Beschlüssen/Schriftsätzen der Staatsanwaltschaft und des Landesgerichtes ***2***.
2. Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abs. 2 leg. cit. der Verjährung. Gemäß Abs. 2 beträgt die Verjährungsfrist - abgesehen von hier nicht interessierenden Fällen - fünf Jahre.
Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 grundsätzlich mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4).
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte.
§ 201 Abs. 1 BAO normiert: Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. kann die Festsetzung erfolgen, 1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages, 2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, …
Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Festsetzung zu erfolgen, 1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, …
Gemäß § 85 Abs. 1 BAO sind Anbringen zur Geltendmachung von Rechten oder zur Erfüllung von Verpflichtungen (insbesondere Erklärungen, Anträge, Beantwortungen von Bedenkenvorhalten, Rechtsmittel) vorbehaltlich der Bestimmungen des Abs. 3 schriftlich einzureichen (Eingaben).
Gemäß § 92 Abs. 1 BAO sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.
Strittig ist: War die Eingabe der beschwerdeführenden Gesellschaft "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" (Formular Ka 1) für 2002 vom mit Recht als verjährt zurückzuweisen?
Festsetzungsbescheid - Feststellungsbescheid:
Die Beschwerde stützt sich darauf, dass das Anbringen vom nicht auf die Festsetzung einer Abgabe, sondern darauf gerichtet gewesen sei, die Behörde möge mit Bescheid feststellen, dass für das Jahr 2002 eine Kapitalertragsteuer nicht festzusetzen ist. Es handle sich also um ein Anbringen gemäß § 85 BAO, über das ohne unnötigen Aufschub meritorisch zu entscheiden wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d. h. es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. Birgit Bleyer in ÖStZB 2018/133, ).
Das Erklärte ist jedoch nur bei undeutlichem Inhalt einer Auslegung zugänglich (BFG, , RV/7105132/2016). Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist eine davon abweichende, nach außen hin nicht zum Ausdruck kommende Absicht des Einschreiters nicht maßgeblich. Auch bei rechtsschutzfreundlicher Interpretation von Parteienerklärungen ist die Behörde weder befugt noch verpflichtet, von der Partei tatsächlich nicht erstattete Erklärungen aus der Erwägung als erstattet zu fingieren, dass der Kontext des Parteienvorbringens die Erstattung der nicht erstatteten Erklärung als notwendig, ratsam oder empfehlenswert erscheinen lässt ().
Gegenständlich kann also dem in klarer Weise mittels amtlichen Formulars in eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung gekleideten und von einem Steuerberater unterfertigten Anbringen (vgl. ; ÖStZB2017/331) an die Abgabenbehörde vom nicht nachträglich in der Beschwerde ein anderer Zweck als der, die Kapitalertragsteuer möge, allenfalls auch mit € 0,00, festgesetzt werden, zugeschrieben werden (vgl. dazu auch die Stellungnahme der Abgabenbehörde zum Vorlagebericht, wonach durch die Verwendung eines amtlichen Formulars ein Antrag stets von vornherein standardisiert und inhaltlich begrenzt ist).
Es handelt sich insofern nicht um ein Anbringen mit undeutlichem Inhalt, bei welchem - im Hinblick auf § 115 BAO - die Absicht der Partei zu erforschen wäre (Ritz, BAO6, § 85 Tz 1 mit Hinweisen auf die höchstgerichtliche Judikatur) und bleibt daher schon a priori kein Raum für die Erlassung eines (nicht der Verjährung unterliegenden) Feststellungsbescheides gemäß § 92 BAO.
Ergänzend wird - der Vollständigkeit halber - festgehalten: Ungeachtet des hier vorliegenden eindeutigen Inhalts der Eingabe (Kapitalertragsteueranmeldung) gilt für ein Feststellungsbegehren oder einen Feststellungsbescheid der Grundsatz der Subsidiarität, d. h., es ist kein Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn die Erlassung eines Abgabenbescheides möglich ist. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Auslegung oder Klarstellung von Rechtsfolgen ist unzulässig.
Soweit der steuerliche Vertreter seine Rechtsmeinung, wonach das in Streit stehende Anbringen auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides gerichtet gewesen sei, in der mündlichen Verhandlung vom mit der Argumentation unterstrichen hat, es wäre kein anderes Verfahren (d. h. Erlassung eines Abgabenbescheides) möglich gewesen, ist dem zu entgegnen:
Eine Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid auf Antrag des/der Abgabepflichtigen bei als unrichtig beurteilter Selbstberechnung hätte gemäß § 201 BAO bei Antragstellung binnen eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages, d.h. ab Anlastung auf dem Konto mit (Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 2 leg. cit.), bzw. binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages (Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 leg. cit.) erfolgen können bzw. müssen (vgl. hiezu Festsetzung von KESt nach verdeckter Gewinnausschüttung, ÖStZB 2009/338, ÖStZB 2009, 366, Heft 14).
Das rechtliche Interesse, das Voraussetzung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist, liegt nicht vor, wenn die Rechtsfrage in einem anderen Verfahren geklärt werden kann.
Wie im Sachverhalt dargestellt, wurde im Zuge der Betriebsprüfung Einvernehmen zwischen den Prüfern und dem steuerlichen Vertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft darüber erzielt, in welcher Höhe Kapitalertragsteuer vorzuschreiben und auf dem Abgabenkonto zu belasten sei (siehe Betriebsprüfungsbericht vom nach Schlussbesprechung vom , Änderung der Besteuerungsgrundlagen, Steuerliche Feststellungen, Tz 1, Festsetzung Kapitalertragsteuer).
Die im Rahmen der Betriebsprüfung iSd Tz 1 einvernehmlich Zug um Zug gepflogene Vorgangsweise der Vertreter der Abgabenbehörde und der geprüften Gesellschaft entspricht einer Selbstbemessung der KESt als Selbstberechnungsabgabe (siehe dazu auch unten, Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***4***). Nach Belastung auf dem Konto am erfolgte die Zahlung (Abfuhr) des Betrages von € 605.999,99 von Seiten der geprüften Gesellschaft am (vgl. dazu auch die Erläuterungen der Vertreterin der Abgabenbehörde in der mündlichen Verhandlung vom sowie , RS 1).
Soweit daher im Beschwerdeverfahren mehrfach erklärt wurde, es habe keine Selbstberechnung einer Kapitalertragsteuer gegeben und der steuerliche Vertreter auch in der Verhandlung vom vor dem BFG betont hat, dass er weder eine KESt vorgeschlagen habe, noch KESt- Anmeldungen abgegeben habe, vielmehr diese von Seiten der Betriebsprüfung vorgeschlagen wurde, worauf einvernehmlich Beträge vereinbart wurden, wird ergänzend aus dem - streitfallbezogenen - Beschluss des Landesgerichtes ***2*** vom ***4***, zitiert:
"Letztlich hat die Staatsanwaltschaft in Bezug auf die KESt darauf verwiesen, dass es sich um eine selbsterklärende Abgabe handle, sodass davon auszugehen sei, dass der steuerliche Vertreter sämtlicher geprüften Unternehmen, Dr. X, für seine Mandanten die KESt berechnet und erklärt habe und die (durch den Beschuldigten Y) erfolgte Eingabe in das EDV-System eine reine Erfassung dieser selbst erklärten Steuern darstelle … Im Übrigen mag es schon stimmen, dass es zu keinem Zeitpunkt hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Kapitalertragsteuer eine Selbsterklärung bzw. die Erklärung einer Selbstbemessungsabgabe gegeben hat. Der Umstand, dass die Thematik der KESt und die im Belieben des steuerlichen Vertreters Dr. X stehende Aufteilung auf die KEG´s (auch) Gegenstand der Vergleichsverhandlungen war, kommt im Ergebnis einer Erklärung gleich, sodass zumindest aus strafrechtlicher Sicht insoweit kein substantieller Unterschied zu erkennen ist. An der Tatsache, dass der Beschuldigte Y de facto lediglich vorbereitetes Zahlenmaterial zu Grunde gelegt hat, vermag das Vorbringen in der Ergänzung zum Fortführungsantrag nichts zu ändern."
Da nach allem Ausgeführten somit kein Raum für einen - nicht der Verjährung unterliegenden - Feststellungsbescheid besteht, war die Eingabe Ka 1 "Kapitalertragsteuer-Anmeldung" vom unter dem Gesichtspunkt der Verjährung zu untersuchen:
Der steuerliche Vertreter hat in der mündlichen Verhandlung vom unterstrichen und dies auch in einem nachgereichten Schriftsatz niedergelegt, für den Beginn der Verjährung sei die Entstehung des Abgabenanspruches, somit der Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte ausschlaggebend (§ 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO). Mangels Zufließens habe im Streitfall daher die Verjährung niemals zu laufen begonnen.
Er distanziert sich damit im Nachhinein von der mit seiner Zustimmung mit Vertretern der Großbetriebsprüfung für den Prüfungszeitraum 1999-2002 getroffenen Pauschalvereinbarung, die seitens der Staatsanwaltschaft und des Landesgerichtes ***2*** (siehe oben) als straf-und finanzstrafrechtlich nicht bedenklich eingestuft wurde. Auch der Leiter der Strafsachenstelle beim ***FA***, dem der Sachverhalt von der Großbetriebsprüfung bekanntgegeben worden war, erkannte keine finanzstrafrechtliche Relevanz. Ein Vertreter der Finanzstrafbehörde beim ***FA*** erklärte in Beurteilung der finanzstrafrechtlichen Aspekte, dass nicht gesagt werden könne, ob überhaupt eine Abgabenverkürzung bewirkt worden sei. In drei Protokollen von Aufsichtsratssitzungen der ***1***-Holding AG wurden "Vergleichsgespräche" mit der Großbetriebsprüfung erwähnt und zustimmend zur Kenntnis genommen.
Die einvernehmlich getroffene Lösung sah so aus, dass nach Erstellung eines Prüfungsrasters vom durch die Großbetriebsprüfer (dieses Papier wurde laut Aktenlage als "Plattform" bezeichnet) mit Überblick über zahlreiche, für eine vertiefende Prüfung in Frage kommende Punkte, aus verfahrensökonomischen Gründen eine Pauschallösung (Schätzung) dahingehend getroffen wurde, dass für die ***1***-Gruppe eine Steuernachzahlung in Höhe von insgesamt € 2,5 Millionen vereinbart wurde.
Ein Steuerbetrag i.H.v. € 1.000.000 sollte dabei den KEG-Bereich und der Rest die anderen ***1***-Gesellschaften belasten. Entsprechend der Aktenlage (vgl. etwa Sachverhaltsdarstellung des damaligen österreichweiten Leiters der Großbetriebsprüfung vom ) wurde es dabei dem steuerlichen Vertreter überlassen, welche ***1***-Gesellschaften in welcher Höhe mit Körperschaftssteuer oder Kapitalertragsteuer belastet werden sollten. Der steuerliche Vertreter arbeitete in der Folge ein Arbeitspapier aus und legte dieses der Groß- BP zur Umsetzung vor.
Streitfallbezogen heißt es im Betriebsprüfungsbericht vom , Steuerliche Feststellungen, Tz 1, Festsetzung Kapitalertragsteuer: "Von den an die Gesellschafter ausbezahlten Geldbeträgen, welche steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttungen zu werten sind, wurde die Kapitalertragsteuer nicht im Sinne der §§ 95 und 96 EStG 1988 einbehalten und abgeführt. Die fällige und bisher nicht entrichtete Kapitalertragsteuer wird mittels Festsetzung vorgeschrieben und auf dem Abgabenkonto belastet. Kapitalertragsteuer Zeitraum 2002 € 606.000".
Ein erfolgter Zufluss - nämlich in Form der in Tz 1 des Betriebsprüfungsberichts dargestellten verdeckten Gewinnausschüttungen - ist daher Teil der einvernehmlich zwischen den Parteien getroffenen Pauschalvereinbarung, welche -wie oben dargestellt - seitens der maßgeblichen Stellen weder als straf- noch als finanzstrafrechtlich relevant beurteilt wurde.
Der Abgabenanspruch für Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO, der die Verjährung gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO auslöst, ist daher entsprechend der Tz 1 des Betriebsprüfungsberichtes im Jahr 2002 entstanden. Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches. Die für die absolute Verjährung maßgebliche Frist ist daher am abgelaufen.
Die Eingabe Kapitalertragsteuer-Anmeldung Ka 1 vom erfolgte somit nach bereits eingetretener absoluter Verjährung (§ 209 Abs. 3 BAO).
Es ist insofern auch ohne Relevanz, dass die Einbringung in Schriftform erfolgte. Eine allfällige Mängelbehebung im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO wäre nicht mehr möglich gewesen. Eine elektronische Einbringung desselben Datums läge ebenso außerhalb der Verjährungsfrist.
Soweit von Seiten der beschwerdeführenden Gesellschaft in eventu beantragt wurde, falls die Bestimmungen der §§ 207 ff. BAO anzuwenden sein sollten, möge im Sinne des Erkenntnisses des , entschieden werden, ist dem zu entgegnen:
Das genannte Erkenntnis ist durch das spätere Erkenntnis , überholt, wonach der Ablauf der Verjährungsfrist den Verlust der Befugnis der Behörde bewirkt, die Abgabe zu bemessen, ungeachtet dessen, ob die Abgabenfestsetzung im Interesse des Abgabengläubigers oder im Interesse des Abgabepflichtigen liegt.
Die Zurückweisung wegen bereits eingetretener Verjährung erfolgte nach allem Ausgeführten zu Recht (auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung und in der Stellungnahme zum Vorlagebericht wird verwiesen).
Im Hinblick auf die bereits eingetretene Verjährung sind daher die gestellten Beweisanträge bereits a priori wegen Unerheblichkeit im Sinne des § 183 Abs. 3 BAO abzulehnen.
Ergänzend wird im Einzelnen ausgeführt:
Der in der Beschwerde gestellte und in der mündlichen Verhandlung bestätigte Antrag auf Einvernahme zweier namentlich genannter Großbetriebsprüfer und des Leiters der Strafsachenbehörde beim ***FA*** als Zeugen zum Beweisthema "Bestand eines rechtlichen Interesses an einer meritorischen Entscheidung der Abgabenbehörde" (siehe entsprechende Konkretisierung durch den steuerlichen Vertreter in der mündlichen Verhandlung vom ) wäre auch deshalb abzulehnen, weil Gegenstand einer Beweisaufnahme im Sinne des § 183 BAO Tatsachen sind. Eine rechtliche Würdigung, wie sie das obenstehende Beweisthema zum Ausdruck bringt, kann nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein.
Der in der mündlichen Verhandlung vom durch den steuerlichen Vertreter gestellte Beweisantrag auf Einvernahme des namentlich genannten Großbetriebsprüfers für die Betriebsprüfung der Jahre 2005-2009 zum Beweisthema "Bestehen eines Abgabenanspruches gemäß § 4 BAO" wäre aus denselben Gründen abzulehnen. Ebenso wie oben umschreibt das Beweisthema eine rechtliche Würdigung, wie sie nicht Gegenstand einer Zeugenaussage sein kann.
Der in der mündlichen Verhandlung vom durch den steuerlichen Vertreter gestellte Beweisantrag auf Vorlage des Schriftverkehrs hinsichtlich der Anträge an das ***FA*** unter dem Titel "rechtsgrundlose Zahlungen" möge vorgelegt werden, wäre abzulehnen, weil der genannte Schriftverkehr bereits im Akt aufliegt und bereits Gegenstand einer abgabenbehördlichen Würdigung war: Siehe Eingabe beim Finanzamt vom , Zurückweisungsbescheid vom , Beschwerde in verlängerter Frist vom , Beschwerdevorentscheidung abweisend vom mit abgabenhördlicher Beurteilung von Bescheidvarianten gemäß §§ 216, 240 und 241 sowie 303 Abs. 4 BAO (vgl. oben, unter Sachverhalt, Vorgeschichte). Übrigens hat der steuerliche Vertreter das Beweisthema nicht umschrieben.
Der ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom gestellte Beweisantrag, die Stellungnahme der Finanzprokuratur im Zusammenhang mit den Ansuchen "rechtsgrundlose Zahlung" möge vorgelegt werden, wäre auch deshalb abzulehnen, weil laut Vorbringen der Vertreterin der Abgabenbehörde dieser Schriftverkehr der abgabenbehördlichen Geheimhaltungspflicht unterliegt.
Das Bundesfinanzgericht verkennt nicht, dass ungeachtet der im Streitfall im Einvernehmen getroffenen Pauschalerledigung, die zudem, wie oben dargelegt, von den zuständigen Stellen weder als finanzstraf- noch als strafrechtlich relevant eingestuft wurde, eine ordnungsgemäße Betriebsprüfung grundsätzlich unter detaillierter Abarbeitung von Prüfungsfeststellungen (wie diese gegenständlich durch die Großbetriebsprüfer auf sechs Seiten in dem Papier "Plattform" vom zusammengestellt wurden) zu erfolgen hat. Jedoch steht die bereits eingetretene Verjährung, die laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung die Ziele der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens hat, einer - im Übrigen ergebnisoffenen - Neu- oder Nachprüfung der ***1***-Gruppe für die Jahre 1999-2002 entgegen.
Insgesamt war wie im Spruch zu entscheiden.
2.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenstand der rechtlichen Würdigung waren vorerst Sachverhaltsfragen, wie sie einer Revision nicht zugänglich sind. Im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale von Feststellungsbescheiden ist das BFG der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung, im Hinblick auf die Verjährung klaren gesetzlichen Vorgaben gefolgt.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 §§ 207 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 92 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100078.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at