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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.03.2023, RV/2100362/2013

Erträge aus einer Kapitalveranlagung in ein betrügerisches Veranlagungssystem

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Steuerberatung-A über die Beschwerde vom 14.Sept. 2012 gegen die zur Steuernummer ***FAStNr*** ergangenen Bescheide des ***FA*** (jetzt Dienststelle des Finanzamtes Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2006-2008 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Strittig ist im anhängigen Verfahren der Zufluss steuerpflichtiger Einkünfte aus Kapitalvermögen, die der Beschwerdeführer (Bf) nach Ansicht der Abgabenbehörde aus seinem Geldinvestment im Rahmen der sogenannten "Barschiene" des XY in den Jahren 2006 - 2008 erzielte.

1. Aufgrund des Ergebnisses einer Außenprüfung (AP) für 2008 - 2010 nahm das Finanzamt ***FA*** (FA) am die bis dahin an den Bf ergangenen Einkommensteuer(ESt)-Bescheide 2006 - 2008 gemäß § 303 BAO wieder auf und erließ zugleich die nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2006 - 2008, mit welchen erstmals (nicht endbesteuerte) Einkünfte aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterworfen wurden.

Im AP-Bericht führte das FA aus:
"Tz.1 Geldanlage XY
Im Oktober 2003 wurde bei Herrn XY - Finanzdienstleister ein Betrag in Höhe von € 20.000,- in ZZ-Wertpapieren angelegt. Herr Bf sah in dieser Anlage eine Pensionsvorsorge und hat sich die laufenden Zinsen nicht ausbezahlen lassen, sondern damit laufend das angelegte Kapital erhöht.
Mit dem Urteil vom des Straflandesgerichtes
Stadt-A wurde Herr XY. wegen schweren Betruges rechtskräftig verurteilt.

Es stellte sich heraus, dass das hingegebene Kapital und auch die erwirtschafteten Zinszuwächse nicht wie vereinbart in Substanzgenussscheine bei der ZZ Invest AG angelegt wurden. Bei den versprochenen Kapitalzuwächsen handelt es sich somit nicht um endbesteuerte Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Über die Hingabe des Geldes gibt es kein Schriftstück. Es wurden von der Fa. XYZ lediglich monatlich Mitteilungen über die Wertsteigerung verschickt. Die letzte Mitteilung wurde am empfangen und weist einen Kapitalstand in Höhe von € 61.417,58 auf. Zusätzlich wurde im Jänner 2008 ein Treuhandauftrag mit der Nr.: 9999 dem Anleger übermittelt, in dem ein Kapitalanspruch in Höhe von € 56.160,92 aufscheint.

Herr XY stellte zur Wahl die Zinsen monatlich auszuzahlen oder wiederzuveranlagen. Herr Bf wählte wie bereits erwähnt die Wiederveranlagung.

Im Zuge der BP wird festgestellt, dass die Wertsteigerungen gem. § 19 EStG zugeflossen sind und somit mit dem Normalsteuersatz zu versteuern sind.

Der Zufluss erfolgt gem. § 19 EStG dann, wenn der Investor rechtlich und wirtschaftlich darüber verfügen kann. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Anleger aber für die Wiederveranlagung, so liegt ein Zufluss durch Verfügung vor.

Das gilt auch bei einem Schneeballsystem, bei dem der Anleger vom Betrüger zur "Wiederveranlagung überredet" wird. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich ( 2004/15/0110).

Der Kapitalstand durch die Wiederveranlagungen der monatlichen Zinsen hat sich in den Jahren 2006 bis 2008 um die in der Tabelle angeführten Beträge erhöht.

Für die Jahre 2006 und 2007 erfolgt eine amtswegige Wiederaufnahme der Einkommensteuerbescheide. Der Einkommensteuerbescheid 2008 wird im Zuge des BP-Verfahrens geändert.

2006 2007 2008

Kapitalerhöhungen durch Wiederveranlagungen5.351,06 6.614,45 5.256,66

Stand 01 .01.2006 € 44.195,41
Stand
€ 61 .41 7,58" (Zitatende AP-Bericht )

2. Abweichend vom AP-Bericht enthielten die angefochtenen ESt-Bescheide vom Folgetag folgende Begründung (Beispiel ESt 2006):

"Im Zuge eines Betriebsprüfungsverfahrens für die Jahre 2008 bis 2010 wurde festgestellt, dass Zinseinkünfte der XYZ GmbH nicht versteuert wurden. Der Einkommensteuerbescheid 2006 wird im Zuge einer amtswegigen Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 4 geändert und wie folgt begründet:

Im Oktober 2003 hat Herr ***Bf1*** bei Herrn XY - Finanzdienstleister Euro 20.000,00 als Pensionsvorsorge zur Veranlagung in ZZ Substanzgenussscheinen ausgehändigt. Die Hingabe dieses Kapitals wurde weder bestätigt noch erhielt Herr Bf die versprochenen ZZ-Substanzgenussscheine.

Seit der Kapitalhingabe im Oktober 2003 hat sich Herr Bf die Wertzuwächse nicht auszahlen, sondern anwachsen lassen (obwohl die Auszahlung jederzeit möglich gewesen wäre), da die Veranlagung des eingesetzten Kapitals als Pensionsvorsorge gedacht war.

Über die Wertzuwächse und die laufend steigenden Kapitalstände ist er über gesonderte monatliche Mitteilungen der XYZ GmbH informiert worden. Die Verzinsung hat sich dabei ausschließlich am börsennotierten ZZ-Index orientiert.

Im Jahr 2008 wurde dem Anleger erstmals ein Treuhandvertrag ausgehändigt, in dem sein Kapitalanspruch per Jänner 2008 mit Euro 56.160,92 ausgewiesen wurde. Dieses Kapital ist aus der Thesaurierung der seinerzeit hingegebenen Euro 20.000,00 hervorgegangen. Bis zu diesem Zeitpunkt hat sich der Abgabepflichtige nie Gedanken gemacht aus welcher Art der Veranlagung diese Wertsteigerungen resultierten.

Da Herr Bf die beauftragten Substanzgenussscheine der ZZ Invest AG nie ausgehändigt bekam hätte ihm, sofern er nicht das Maß der gebotenen Sorgfalt vernachlässigte, klar sein müssen, dass es sich bei der Veranlagung um eine nicht steuerfreie Privatveranlagung gegenüber der XYZ GmbH handeln würde.

Tatsächlich ist die Veranlagung nicht in Form von Genussscheinen erfolgt, sondern als private Geldveranlagung der XYZ GmbH. Private Veranlagungen sind weder steuerfrei noch endbesteuert, Zinsen sind als Einkünfte aus Kapitalvermögen in der Steuererklärung zu erfassen und mit dem Normalsteuertarif zu versteuern.

Das Zahlungsversprechen der XYZ GmbH war immer an die Wertsteigerungen des börsen-notierten ZZ-Index gekoppelt, sprich Auszahlungen an Kunden sind immer zum Tageskurswert des Indexes erfolgt. Diese Vorgehensweise findet sich im Gutachten des Gerichtsachverständigen (SV-Name) in TZ 292. Weiters wird in diesem Gutachten TZ 173 dargestellt, dass es 2 Varianten gegeben hat, einmal das Ansparmodell, zum anderen die Anlageform in dem die Wertsteigerungen in regelmäßig oder unregelmäßig Abständen zur Auszahlung gelangten. Auf Grund der Würdigung des Gutachters wurde Herr XY mit Urteil vom des Straflandesgerichtes Stadt-A wegen schweren Betruges rechtskräftig verurteilt

Im Zuge der BP wird festgestellt, dass die Wertsteigerungen gern. § 19 EStG zugeflossen sind und somit mit dem Normalsteuersatz zu versteuern sind. Der Zufluss erfolgt gem. § 19 EStG dann, wenn der Investor rechtlich und wirtschaftlich darüber verfügen kann.

Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Anleger aber für die Wiederveranlagung, so liegt ein Zufluss durch Verfügung vor. Das gilt auch bei einem Schneeballsystem, bei dem der Anleger vom Betrüger zur "Wiederveranlagung überredet" wird. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich ().

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen betragen im Jahr 2006 € 5.351,06 " (Zitatende Bescheidbegründung )

3. In der fristgerecht eingebrachten Berufung gegen die ESt-Bescheide2006 - 2008 vom brachte der steuerlicher Vertreter des Bf vor:

"Im Zuge der Wiederaufnahme des Verfahrens wurden Kapitaleinkünfte in Höhe von 5.351,06, 6.614,45 und 5.256,66 der Einkommensbesteuerung unterzogen.
In der Begründung wird ausgeführt, dass die Kapitaleinkünfte aus Zinsengutschriften der
XYZ GmbH, Finanzdienstleistung XY resultieren. Als Zinseneinkünfte seien die Gutschriften deshalb zu werten, weil sich mein Mandant die Wertzuwächse, die ihm monatlich mitgeteilt wurden, nicht auszahlen ließ, sondern sich für die Weiterveranlagung (Thesaurierung) entschied. Mein Mandant hätte auch nie die versprochenen Genussscheine erhalten, für die er sein Geld hingegeben hat, aus diesem Grund hätte ihm klar sein müssen, dass die Veranlagung als private Geldveranlagung zu sehen sei, die steuerpflichtig ist. Weiters gehe aus einem Gutachten hervor, dass es zwei Varianten von Kapitalveranlagungen bei der XYZ GmbH gegeben hätte, einerseits ein Ansparmodell und andererseits eine Anlageform, in der Wertsteigerungen entweder regelmäßig oder unregelmäßig zur Auszahlung gelangten.
Man hätte im Zuge der BP festgestellt, dass die Wertsteigerungen zugeflossen sind, weil mein Mandant rechtlich und wirtschaftlich darüber verfügen konnte und sich im Zuge dieser Verfügungsmacht für die Thesaurierung entschieden hätte.

Diese Bescheidbegründung entspricht in ihren wesentlichen Punkten nicht dem tatsächlichen Sachverhalt:
Mein Mandant veranlagte im Oktober 2003 € 20.000,- in
ZZ Genussscheine bei der XYZ GmbH und erhielt unter der Nummer 9999 monatliche Abrechnungen über den "Depotgewinn" und über den "Depotwert". Die XYZ GmbH führte also im Stile einer Investmentbank ein Wertpapierdepot für meinen Mandanten und teilte ihm monatlich die Wertsteigerung und den Depotwert mit.
Ob hier tatsächlich
ZZ Genussscheine veranlagt wurden oder nicht, ist unerheblich.
Tatsache ist, dass mein Mandant aufgrund der Mitteilungen nie über Zinsengutschriften mit der Option der Auszahlung oder Thesaurierung verfügen konnte, sondern er über die Wertsteigerungen seines Depots informiert wurde. Es gab also keine Option zur Auszahlung der Wertsteigerung, sondern nur die Möglichkeit, sein Depot zur Gänze oder teilweise zu kündigen und sich daraus Gelder auszahlen zu lassen.

Die XYZ GmbH hat in ihren Mitteilungen nie über "Zinsen" oder sonstigen zinsenähnlichen Erträgen geschrieben, sondern ausschließlich über "Wertsteigerungen" des veranlagten Produktes.
Auch wenn in verbrecherischer Manier, kein "Wertpapier" im üblichen Sinne der Produktbezeichnung veranlagt wurde, kann man hier nicht unterstellen, dass eine Verfügungsmacht mit Thesaurierungswunsch von Kapitalerträgen stattgefunden hat, weil es dazu keinerlei Hinweise gibt und diese Verfügungsmacht tatsächlich nicht über die Erträgnisse gab, sondern nur über den Depotwert als gesamtes oder als Teil.

Dies geht auch klar aus dem im Jänner 2008 erstellten Treuhandvertrag hervor, in dem ausdrücklich von der Veranlagung in "Substanzgenussscheinen" die Rede ist und eine Auszahlung nur durch Verkauf der Genussscheine zum jeweiligen "Tageskurs" möglich ist und nicht wie in der Bescheidbegründung angeführt, die Auszahlung von Wertsteigerungen alleine möglich ist.

Ich bitte daher, die angefochtenen Bescheide aufzuheben." (Zitatende Berufung 14.Sept.2012)

4. Das FA erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung (BVE) mit folgender Begründung:

"Einkünfte aus Kapitalvermögen der Jahre 2006 - 2008
Veranlagung "Barschiene"
XY:
Bereits seit Oktober 2003 hat Herr
***Bf1*** Gelder (konkret Euro 20.000,00) bei XY veranlagt. Die Gelder waren von Herrn Bf zur Pensionsvorsorge vorgesehen.

Über das Vermögen des XY ist im Jahr 2010 ein Konkursverfahren eröffnet worden. Im Konkursverfahren hat Herr Bf seine Forderungen gegenüber XY in Höhe von Euro 62.417,58 angemeldet.

Bei den Geldhingaben an XY handelte es sich um die sogenannte "Barschiene", deren Bezeichnung sich in Gerichtsakten und auch im Gutachten des Sachverständigen (SV-Name) findet. Die Bezeichnung "Barschiene" steht als Synonym für jene Gelder, die Kunden direkt bei XY veranlagt haben.

Neben dieser Barschiene hat XY bzw. die XYZ GmbH Substanzgenussscheine der ZZ Invest AG vermittelt.
Bei der unter "Barschiene" angeführten Direktveranlagung handelt es sich um eine Privatveranlagung bei
XY. Für die Hingabe des Privatdarlehens wurden dem Darlehensgeber bzw. Privatanleger monatliche Zinsen in Höhe von durchschnittlich 1% versprochen. Die Zinshöhe orientierte sich am Index der börsennotierten ZZ-Wertpapiere. Mit der Geldhingabe erhielt der Kunde ursprünglich eine Übergabsbestätigung, ab 2008 schließlich Treuhandverträge. In den Übergabsbestätigungen und Treuhandverträgen wurde XY beauftragt den Wert der hingegebenen Gelder zur Veranlagung in Substanzgenusscheinen zu verwenden. Der Vertragswille war jedoch immer so ausgerichtet, dass nie daran gedacht war, für den Kunden eigene Genussscheine zu zeichnen, sondern dass von vornherein die Mitpartizipierung an den sich bereits im Besitz des XY befindlichen Genussscheinen vereinbart war. Laut eigenen Aussagen vor Gericht glaubte XY, über 12.000 Genussscheine an der ZZ verfügt zu haben.
Fakt ist, dass der Kunde selbst nie einen Genussschein ausgehändigt bekommen hat (auch keinen der auf
XY gelautet hätte).
Von vornherein ist also von den Kunden die Geldhingabe an
XY in Form eines Privatdarlehens erfolgt. Auch war die Geldhingabe nie an den Ausgabewert eines Substanzgenussscheines gebunden, sondern konnten individuelle (niedrigere oder höhere) Beträge privat bei XY veranlagt werden.
Die Wertsteigerungen der Genussscheine des
XY sind dem Kunden zur Gänze für die Hingabe des Privatdarlehens weitergegeben worden. Diese Form der Veranlagungen hat bei XY von 1995 bis Anfang Oktober 2008 bestens funktioniert. Über Neuanleger sind immer so viele liquide Mittel hereingekommen, dass Auszahlungen an Kunden nie gefährdet waren. Vielmehr hat XY über diese Schiene über so viele liquide Mittel verfügt, dass er sich It. Gerichtakt monatliche Lebenshaltungskosten in erheblicher Höhe leisten konnte.

Der Gerichtssachverständige führt im Kapitel "IV.4. Welche Renditeerwartungen wurden den Anlegern in Aussicht gestellt?" unterTz. 292 aus, dass XY den Kunden eine Kapitalgarantie/Kapitalsicherheit versprochen und Renditen von 1% p.M. zur Auszahlung gebracht hat.

Die Vorteile der Direktveranlagung bestanden darin, dass der Geldgeber nicht an den Ausgabekurs (Tageskurs) dieser ZZ Zertifikate gebunden war, die Bezahlung eines Ausgabeagios von 7% entfiel und dass der Anleger sich aussuchen konnte,
- in welcher beliebigen Höhe er seine Gelder veranlagen wollte
- ob er die erzielten Zinsen weiter veranlagen wollte oder
- sich diese monatlich auszahlen ließ.

Der Anleger hat auch jederzeit zwischen Auszahlung und Reinvestition und umgekehrt wechseln können. Auch konnte der Anleger das hingegebene Kapital oder auch nur Teile davon ohne Kosten jederzeit wieder zurückfordern. Bei einem börsennotierten Wertpapier wären Teilauszahlungen nicht möglich gewesen. Somit war die freie Verfügungsmöglichkeit für den Anleger wesentlich reizvoller als bei börsennotierten Anlageformen.

In einer Befragung wurden von XY und Fr. A.B. (Angestellte der XYZ-Finanzen) folgende Aussagen protokolliert:
- Für die Hingabe des Geldes wurde dem Kunden, stets eine Übernahmebestätigung ausgefolgt.
- Im Jahr 2008 wurde die Fa.
XYZ-GmbH gegründet.
- Ab diesem Zeitpunkt wurden für Geldhingaben immer Treuhandverträge anstelle der Übernahmebestätigungen ausgestellt.
- Sukzessive wurden auch die alten Übernahmebestätigungen in Treuhandverträge umgeschrieben.
- Der Grund für das Umschreiben auf Treuhandverträge lag darin, dass dokumentiert werden sollte, dass diese Geldanlagen bei
XY als Privatperson und nicht in der neu gegründete XYZ GesmbH erfolgten.

Herrn Bf wurde per Jänner 2008 erstmals ein Treuhandauftrag mit der Nummer 9999 ausgestellt. In diesem wurde Herr XY beauftragt, einen Betrag in Höhe von € 56.160,92 in Substanzgenussscheinen bei der ZZ Invest. AG zu veranlagen.
Über den Konkurs der
ZZ Invest AG wurden die von XY gehaltenen Substanzgenussscheine wertlos. Damit konnte XY seine Substanzgenussscheine nicht mehr werthaltig einlösen, wodurch ihm auch die Auszahlungsmöglichkeit an seine Geldgeber genommen war.

Über die Zinsentwicklung und den aktuellen Kapitalstand wurden die Kunden per gesonderte Mitteilungen monatlich schriftlich informiert.
Auch Herr
Bf hat solche Mitteilungen monatlich erhalten und wird dies auch im Prüfungsverfahren vorgelegt.

Auf einer von Herrn Bf vorgelegten Mitteilung vom Oktober 2003 finden sich folgende Angaben:
Wertsteigerung im Oktober 2003 + 0,71 %
Nr
Kaufdatum Kaufsumme Wertsteigerung DepotgewinnDepotwert
9999 Okt.03 € 20.000,- 0,71% € 142,00 € 20.142,00

Angemerkt wird, dass von Herrn Bf weder die Hingabe der Gelder, noch eine Verzinsung (die Zinsen wurden thesauriert) bestritten werden. Die Steuerpflicht der Erträge aus dieser privaten Geldveranlagung wird jedoch bestritten.

Rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes
Dem Anleger ist durch die Hingabe des Anlagebetrages eine monatliche Rendite versprochen worden, die er sich habe auszahlen lassen können oder die er sofort wieder reinvestieren habe können. Die Anlage ist auch jederzeit kündbar gewesen. In einem solchen Modell ist ein darlehensähnliches Geschäft zu erblicken.

Bei diesem Anlagemodell haben sich ein Teil der Anleger die "Dividenden" auszahlen lassen, ein anderer Teil hat in die Reinvestition optiert. Die Auszahlungen der "Dividenden" bzw. der allfälligen Kapitalrückzahlungen sind ohne jede Beanstandungen über 10 Jahre lang - bis zum Oktober 2008 hinein - erfolgt. Sogar die Bediensteten der XYZ GesmbH haben selbst in dieses Modell investiert, weil es bis zur Zahlungsunfähigkeit von XY funktioniert hat. Der OGH geht im Urteil 99XY99/99z vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des XY mit Anfang Oktober 2008 aus. Alle Forderungen der Anleger wurden bis dahin prompt erfüllt. Herr Bf hätte somit auch jederzeit von der einstigen Reinvestition zur Auszahlung und umgekehrt wechseln können.

Bis zum Zusammenbruch des Anlagemodells haben jedenfalls die Beträge laut monatlichen Mitteilungen jederzeit zu Geld gemacht werden können. Durch den freiwilligen Entschluss, die Kapitaleinkünfte zu reinvestieren, an Stelle sich die Erträgnisse, wie vorgesehen und möglich, auszahlen zu lassen, hat Herr Bf über den Betrag verfügt und ist ihm dieser im Sinne des § 19 EStG 1988 zugeflossen.

Die zugeflossenen Zinsen stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, die mit dem normalen Einkommensteuertarif zu versteuern sind, da Privatdarlehen nicht über einen KESt-Abzug endbesteuerungsfähig sind.

Der Zufluss der Einkünfte erfolgt gem. § 19 EStG dann, wenn der Investor rechtlich und wirtschaftlich darüber verfügen kann. Bei Zinsauszahlungen ist dies der Zeitpunkt der Geldannahme. Entscheidet sich der Investor für die Wiederveranlagung liegt ein Zufluss durch Verfügung vor, und zwar zum Zeitpunkt der Willensbildung, das Geld im Veranlagungstopf zu belassen.
Konkret hatten die Geldanleger jederzeit die Möglichkeit, sich die Gelder auszahlen zu lassen. Dies wird auch von Herrn
XY. so bestätigt. Mit der Weiterveranlagung seiner Gelder nach Übermittlung der periodischen Kapitalentwicklung erfolgt jener Willensakt, der den Zufluss der Zinsen auslöst. Spätestens mit Ausfertigung des jeweils weiteren Treuhandvertrages, liegt der Zeitpunkt des Zuflusses der bis dahin thesaurierten Zinsen vor.

Wenn vom AbgPfl angegeben wird, dass ihm von Seiten XY. versichert wurde, dass die Wertsteigerungen steuerfrei gewesen wären, ist dem entgegenzuhalten, dass öffentlich rechtliche Abgabenansprüche nicht mittels Privatzusagen wegvereinbart werden können. Selbst im Falle eines eventuellen Irrtums des AbgPfl über die Steuerpflicht hindert dies natürlich nicht die gebotene Abgabenvorschreibung.

Zusammenfassend wird festgestellt:
1. Als Nachweis der Mittelhingaben wurde ein Treuhandvertrag und die monatlichen Mitteilungen über die Verzinsung, somit die Entwicklung des veranlagten Betrages bis zum Oktober 2008 vorgelegt.
2. Dass hinsichtlich der Privatdarlehen eine Verzinsung vereinbart wurde ist unbestritten.
3. Herr
Bf hat bis zum Zeitpunkt der festgestellten Zahlungsunfähigkeit des Herrn XY., jederzeit die Möglichkeit gehabt, die vertragliche Rückkaufgarantie für sich zu beanspruchen.
4. Der Zufluss der Zinsen erfolgt laut monatlichen Mitteilungen.
5. Wie bereits erwähnt, unterliegen die Erträge aus der Hingabe von Privatdarlehen dem normalen Einkommensteuertarif.
6. Der Zufluss dieser Erträgnisse ist durch den Willensakt der Wiederveranlagung erfolgt.
7. Der Zufluss wird sowohl vom Konkursgericht als auch vom gerichtlich beeideten Sachverständigen
(SV-Name) angenommen. Sowohl im Konkursverfahren sind Beträge laut Gewinnmitteilungen (inklusive thesaurierter Zinsen) anerkannt worden, im Gutachten ermittelt der Sachverständige eine Schadenssumme von über € 35 Mio. bei einem eingesetzten Kapital von geschätzten 20.000.000,-- Euro.

Wenn in der Berufung nunmehr vorgebracht wird, dass XY oder die XYZ GmbH die Gelder quasi gleich einer Investmentbank auf einem Depot gehalten habe, so ist dem entgegenzuhalten, dass Herr XY. bzw. die XYZ GmbH
- nie über eine Banklizenz verfügt haben,
- Herr
Bf de facto nie einen Substanzgenussschein gezeichnet hat,
- das Abrechnungssystem gegenüber börsennotierten Substanzgenussscheinen komplett konträr war (kein Agio, Einzahlungen und Auszahlungen waren in Teilbeträgen möglich),...)

Unter Würdigung der vollkommen konträren Vorgehensweise und Vereinbarungen gegenüber jenen,
- die bei Banken üblich sind,
- und auch bei
XY in den Bereichen gelebt wurden, in denen tatsächlich Substanzgenussscheine der ZZ Invest AG vermittelt wurden, musste dem Abgabepflichtigen klar sein, dass die Geldhingabe an XY als Privatperson erfolgt ist. Erträge aus diesen Geldhingaben sind nicht endbesteuert, weshalb die Berufungen abweisend zu erledigen waren." (Zitatende BVE ).

5. Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag argumentierte der steuerliche Vertreter des Bf:
"Die Darstellung des Sachverhaltes in der Berufungsvorentscheidung entspricht nicht den Vertragsinhalten zwischen der Fa. XY bzw. der XYZ GmbH und meinem Mandanten:
Es gab nie eine Geldhingabe in Form eines Privatdarlehens sondern ausschließlich die Hingabe von Geld zur Veranlagung in
ZZ Substanzgenussscheinen. Wie aus den Abrechnungen klar ersichtlich ist, firmierte die nicht protokollierte Einzelfirma XY, X-Straße, Ort-B als Vertragspartner bis November 2004 und ab Dezember 2004 die XYZ, (Betriebsadresse-C), beides sind ausschließlich Firmenadressen und es gibt keinen Hinweis, wonach hier privat an XY Geld in Form einer "Barschiene", wie das Finanzamt behauptet, gegeben worden sei. Mein Mandant hat auch nie ein Versprechen über monatlich 1 % Zinsen von XY erhalten, wie die BVE Begründung anführt. Ebenso falsch ist die Darstellung, dass der Vertragswille darauf ausgerichtet war, keine Genussscheine zu kaufen.
Letztlich entspricht die Darstellung der BVE, wonach sich der Kunde aussuchen konnte, ob er Auszahlung oder Reinvestition wählt und ob er Erträge oder Kapital oder Teile davon disponieren will, nicht den Vertragsinhalten zwischen der Fa.
XY und meinem Mandanten.

Mein Mandant veranlagte sein Geld bei der Fa. XY ausschließlich in ZZ Genussscheinen, das wurde ihm versprochen und die Abrechnungen zeigen exakt das Bild von Wertpapierabrechnungen (ZZ Index aktuell, Kaufsumme, Depotgewinn, Depotwert, Firmenzeichnung XYZ). Hier spricht absolut nichts auf den Hinweis eines "Privatdarlehens".

Die rechtliche Betrachtung, dass es sich hier um Genussscheine der ZZ Invest handelt, geht auch aus den Gläubigerbehandlungen im Konkurs der ZZ hervor. Hier beantragte der Anlegervertreter Rasinger, dass die Genussscheingläubiger als Fremdkapital behandelt werden und nicht als Eigenkapital, wie der Masseverwalter aus der ZZ Bilanz bestätigte. Dieser Rechtsstreit liegt derzeit beim OGH und ist entscheidend für die Quote der Genussscheininhaber.
Zur Erläuterung: Genussscheine sind rechtlich in ihrer Zuordnung nicht klar definiert, wie etwa Aktien, sie können sowohl den Charakter eines Darlehens als auch den einer Aktie haben. In der Regel hat ein Genussscheininhaber 2 Ertragskomponenten, eine Zins- und eine Wertsteigerungskomponente, aber beide Komponenten alleine sind auch möglich.
Die Fa.
XY verkaufte an meinen Mandanten ZZ Substanzgenussscheine, die, wie in der BVE richtig erwähnt, eine Wertsteigerung von 8-12% jährlich bringen sollten. Genau das war der Vertragsinhalt. Zur Sicherheit dieser Wertpapiere führte die Fa. XY aus, dass zufolge der Beteiligung der Genussscheine am umfangreichen Vermögen, welches hauptsächlich in Grundvermögen besteht, die Genussscheine sicher wie ein Sparbuch wären.
Aus der Bezeichnung "Substanzgenussscheine" und deren Darstellung ergibt sich auch die bilanzielle Behandlung der Scheine als Eigenkapital und nicht als zinsverfangenes Fremdkapital in der Bilanz der
ZZ, was auch der Masseverwalter bestätigte.
Eigenkapital erwirbt grundsätzlich keinen Anspruch auf Verzinsung, sondern partizipiert an der Wertsteigerung des Unternehmens. Genau das wurde meinem Mandanten laufend mitgeteilt (Depotgewinn, Depotwelt) und es gibt keine Mitteilung über angewachsene Zinsen.

Auftrags meines Mandanten beantrage ich, die Einkommensteuerbescheide 2006 bis 2008 vom aufzuheben:
Das Finanzamt hat keine Beweise über Verträge von Privatdarlehen, keine Beweise über Vereinbarungen von Zinszahlungen und deren Thesaurierung, alle Darstellungen des Finanzamtes über Vertragsinhalte und Vertragspartner sind Konstruktionen und weder durch Aussagen meines Mandanten noch durch schriftliche Unterlagen belegbar.
Die Vertragspartner und die Vertragsinhalte gehen klar aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen hervor, wonach ein Depot abgerechnet wird, welches Wertsteigerungen aufweist, wo Vertragspartner die Fa.
XY ist usw .." (Zitatende Vorlageantrag ).

6. In einer Stellungnahme zum Vorlageantrag merkte der Prüfer ergänzend an, dass
"eine Veranlagung in der Barschiene des XY nie geplant und gewollt war. Die Veranlagung der hingegebenen Gelder sollte in ZZ-Genussscheinen erfolgen.

Diesbezüglich wird angemerkt, dass
- Herr
Bf nie Gelder in Höhe eines Ausgabewertes eines Genussscheines zur Veranlagung ausgehändigt hat.
- Kein Agio bezahlt wurde, welches bei Zeichnung von Genussscheinen in Höhe von 7% zwangsläufig angefallen wäre.
- Er sich nie vergewissert hat, dass tatsächlich ein
ZZ-Genussschein von XY treuhänderisch gezeichnet wurde und wo der aufbewahrt wurde.
- Eine weitere Geldhingabe oder Auszahlung (bzw. Teilauszahlung) konnte jederzeit und in beliebiger Höhe erfolgen. Bei Zeichnung eines Genussscheines oder bei dessen Realisierung wäre ausschließlich ein Börsenkurswert zumindest den Wert eines Genussscheines erforderlich gewesen. Die Ein-oder Auszahlung in willkürlichen Beträgen (Stückelung einzelner Genussscheinen) ist bei börsennotierten Wertpapieren nicht möglich.

Hinsichtlich der Zinsabsprachen wird angemerkt, dass aus dem Treuhandvertrag vom Jänner 2008 hervorgeht, dass sich die Verzinsung an den Wertsteigerungen der ZZ-Genussscheine orientiert hat. Schließlich wird im Falle der Realisierung des Leihgeldes zugesichert, dass die Auszahlung zum jeweiligen Tageskurs eines ZZ-Genussscheines zu erfolgen hat. Die Hingabe im Oktober 2003 in Höhe von € 20.000,- hat, obwohl es zu keiner Nachzeichnung gekommen ist, bis Jänner 2008 eine Verzinsung von € 36.160,92 bewirkt. Im Treuhandvertrag vom Jänner 2008 wird nämlich das wieder zu veranlagende Kapital ohne neuerliche Geldhingabe mit € 56.160,92 benannt.

Über diese Vorgehensweise ist die Abgabenbehörde zur Würdigung gelangt, dass es hinsichtlich der Geldhingabe an XY Absprachen dahingehend gegeben hat, als
- Herr
Bf an den von XY privat gehaltenen Genussscheinen mitpartizipiert
- sich die Verzinsung an der Kurswertentwicklung der
ZZ-Genussscheine orientiert hat.

Im Strafverfahren vor dem Landesgericht Stadt-A hat XY selbst ausgesagt, dass er glaubte selbst über 12.000 Stk ZZ-Genussscheine zu verfügen. Eine Mitbeteiligung von ausgewählten dritten Personen am Erfolg der Privatveranlagung des XY wurde gelebt." (Zitatende Prüferstellungnahme ).

7. Im Vorlagebericht an das BFG führte das FA aus:
"Strittig ist ob eine Kapitalveranlagung des Berufungswerbers bei Hrn. XY in der Form eines Privatdarlehens erfolgte und ob die aus dieser Veranlagung hervorgekommenen Kapitalzuwächse einen Wertzuwachs im Vermögensstamm oder Zinsen (Kapitalnutzungsentgelt) darstellen.

Nach Ansicht des Finanzamtes erfolgte die Kapitalhingabe zur Veranlagung an Hrn. XY. in Form eines (privat-) darlehensähnlichen Geschäfts. Zwar war vereinbart, dass das hingegebene Kapital in Substanzgenussscheinen der ZZ veranlagt werde, jedoch stand in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die vereinbarte lukrative Verzinsung des Kapitals mit 1% pro Monat im Vordergrund und musste dem Berufungswerber anhand der Veranlagungsmodalitäten (kein Agio, keine Verkaufsspesen, frei wählbare Beträge der Veranlagung, etc.) klar sein, dass er in Wahrheit keine Genussscheine erwirbt, sondern lediglich sein Kapital lukrativ verzinst.

Zur weiteren Erläuterung wird auf die ausführliche Begründung der BVE und auf die Stellungnahme zum Vorlageantrag des Prüfers verwiesen."
(Zitatende Vorlagebericht )

8. In dem nach einer Aussetzung gemäß § 271 BAO fortgesetzten finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren ergingen, unter Verweis auf die zwischenzeitige VwGH-Judikatur zum Komplex "Barschiene XY", Aufforderungen an beide Verfahrensparteien zur Vorlage der Monatsmitteilungen über die Wertsteigerungen sowie von Unterlagen über die Investitionsentscheidungen des Bf, insbesondere betreffend weitere Einzahlungen und über Auszahlungen zum verfahrensgegenständlichen Investment (Übernahmebestätigungen, Treuhandaufträge, Bankunterlagen zu Ein-/Auszahlungsvorgängen).
Auch Unterlagen über die Forderungsanmeldung des Bf im Konkurs des XY und das daraus resultierende Ergebnis wurden vom BFG angefordert.

Beide Parteien blieben ergänzende Unterlagen schuldig, nahmen jedoch zum Sachverhalt noch einmal Stellung.

9. Der Bf brachte ergänzend vor:
"Auftrags meines Mandanten teile ich mit, dass er keine Unterlagen mehr zur Verfügung hat, die die gegenständliche Causa betreffen.

In Ergänzung der Beschwerde teile ich im Auftrag meines Mandanten folgendes mit:
Sachverhalt:
Mein Mandant hat 2 Beträge an Herrn
XY. zur Kapitalanlage gezahlt (Oktober 2003 20.000,- Euro und 2004 im November 15.000,- Euro). Es ist ihm erinnerlich, dass das Geld bar übergeben wurde, er aber keinen Beleg für die Übergabe erhalten hat. Die Geldübergabe erfolgte deshalb, weil ihm eine Zusatzpension versprochen wurde und er aus seinem Kleinstgewerbe keine nennenswerte Gewerbepension zu erwarten hatte. Aus diesem Grund gab es auch keinerlei Ausschüttungen, Wiederveranlagungen oder andere Verfügungen über das Geld, weil noch kein Pensionsalter erreicht wurde. Tatsächlich hat sich mein Mandant auch nie um die Entwicklung seines Geldes gekümmert, die Art der Veranlagung und die zwischendurch übermittelte Kapitalentwicklung war ihm egal, solange er nicht seine versprochene Zusatzpension zu beanspruchen gedachte. Die Höhe dieser Zusatzpension wollte er dann ausverhandeln, wenn der Pensionsantritt erfolgt.Meinem Mandanten ist auch noch erinnerlich, dass ihm der Betrüger anlässlich einer "organisatorischen Depotumschichtung" mehrmals empfohlen hat, mehr Geld bei ihm anzulegen, damit sich die Pensionsauszahlungen auch lohnen. Dies lehnte mein Mandant jedoch ab, bzw. konnte mein Mandant keine weiteren Gelder erübrigen.

Fazit:
Die Behauptung des Finanzamtes, mein Mandant habe zwischenzeitlich über eine "Depotentwicklung", wo ihm Zinsen angewachsen seien, verfügt und er hätte sich die Zinsen auszahlen lassen können, hätte sich aber für die Thesaurierung entschlossen, trifft hier nicht zu. Das Finanzamt kann von ähnlich gelagerten Fällen, wo zwischenzeitlich auch Auszahlungen erfolgt sind, nicht auf diesen Fall schließen, weil hier klar andere Sachverhalte zu Grunde liegen.

Die Medien sind voll von gutgläubigen Kapitalanlegern, die Betrügern auf dem Leim gehen. Schlaue Betrüger haben sogar noch gefälschte Kontoauszüge von Banken übermittelt, damit sie mehr Geld aus ihren Opfern herauslocken konnten.
Folgte man den Ansichten des Finanzamtes, so müssten alle von Betrügern getäuschten Kapitalanleger die versprochenen und mitgeteilten Kapitalzuwächse versteuern und das wäre geradezu absurd.

Das Finanzamt hat keinerlei Beweise dafür, dass hier Gelder geflossen sind, über Gelder verfügt wurde und dass mein Mandant die Möglichkeit gehabt hätte, sich Gelder auszahlen zu lassen. Mein Mandant ist jetzt im Nachhinein davon überzeugt, dass er nie die Möglichkeit gehabt hätte, sich Gelder auszahlen zu lassen, sondern, dass Herr XY. durch die lange Veranlagungszeit bis zum Pensionseintritt meines Mandanten nie die Absicht hatte, diese Gelder jemals zurückzuzahlen, zu verzinsen oder zu einer Zusatzpension zu veranlagen. Daher ist hier für die Anwendung des § 27 EStG kein Platz.
Meinem Mandanten war auch klar, dass er die Gelder, die er als Zusatzpension erhalten würde, zu versteuern hätte, aber eben erst dann, wenn er die Gelder erhält. Dies wurde ihm auch beraterseitig erklärt."

10. Das FA führte in seiner Stellungnahme aus:
"Sachverhalt:
Herr
***Bf1*** hat seit Oktober 2003 bei XY Gelder (konkret Euro 20.000,00) veranlagt. Die Gelder waren von Herrn Bf zur Pensionsvorsorge vorgesehen. Über das Vermögen des XY ist im Jahr 2010 ein Konkursverfahren eröffnet worden. Im Konkursverfahren hat Herr Bf seine Forderungen gegenüber XY in Höhe von Euro 62.417,58 angemeldet.
Bei den Geldhingaben an
XY handelte es sich um die sogenannte "Barschiene", deren Bezeichnung sich in Gerichtsakten und auch im Gutachten des Sachverständigen (SV-Name) findet. Die Bezeichnung "Barschiene" steht als Synonym für jene Gelder, die Kunden direkt bei XY veranlagt haben.
Neben dieser Barschiene hat
XY bzw. die XYZ GmbH Substanzgenussscheine der ZZ Invest AG vermittelt.
Bei der unter "Barschiene" angeführten Direktveranlagung handelt es sich um eine Privatveranlagung bei
XY. Für die Hingabe des Privatdarlehens wurden dem Darlehensgeber bzw. Privatanleger monatliche Zinsen in Höhe von durchschnittlich 1% versprochen. Die Zinshöhe orientierte sich am Index der börsennotierten ZZ-Wertpapiere. Mit der Geldhingabe erhielt der Kunde ursprünglich eine Übergabebestätigung, ab 2008 schließlich Treuhandverträge. In den Übergabebestätigungen und Treuhandverträgen wurde XY beauftragt den Wert der hingegebenen Gelder zur Veranlagung in Substanzgenussscheinen zu verwenden. Der Vertragswille war jedoch immer so ausgerichtet, dass nie daran gedacht war, für den Kunden eigene Genussscheine zu zeichnen, sondern dass von vornherein die Mitpartizipierung an den sich bereits im Besitz des XY befindlichen Genussscheinen vereinbart war.
Beweismittel:
Mitteilungen über die monatlichen Wertsteigerungen für den Monat Oktober 2003, Treuhandauftrag Nr.
9999 über € 56.160,92 vom Jänner 2008.
Stellungnahme:
Auf Grund einer höchstgerichtlichen Entscheidung war die Besteuerung von thesaurierten Zinsgewinnen nicht rechtens."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. 1.Der - langjährig steuerlich vertretene - Bf (geb. 1957) war bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2017 beim FA mit gewerblichen Einkünften aus einem Elektroinstallationsbetrieb steuerlich erfasst.

Die verfahrensgegenständliche AP betraf den Zeitraum 2008-2010. Über die strittigen Einkünfte aus Kapitalvermögen hinaus ergaben sich keine Prüfungsfeststellungen.

Für die Jahre 2006 und 2007 ergingen zugleich mit den "AP-Bescheiden" 2008 Wiederaufnahme- und Einkommensteuerbescheide auf Basis der Erkenntnisse zum klärungsbedürftigen Kapitalinvestment aus dem AP-Verfahren.

Rechtsmittel gegen die Wiederaufnahmebescheide wurden nicht erhoben.

2. Zur steuerlichen Beurteilung der Auswirkungen des "Barschiene"-Systems des XY bei den Anlegern ergingen bereits mehrere BFG-Entscheidungen (vgl. z.B. ; ; ; ; ; ; ; , einsehbar unter findok.bmf.gv.at). Auch OGH und VwGH waren mit der Thematik schon befasst.

Aus den Feststellungen zum Veranlagungssystem des XY in den oa. Paralleverfahren ergibt sich, soweit für das anhängige Verfahren maßgeblich, folgendes Bild:
Der Finanzberater XY bot zwei Arten von Kapitalveranlagungen an.
Einerseits war bei ihm der Erwerb von börsennotierten Substanzgenussscheinen der ZZ Invest-AG möglich. Dabei wurden den Anlegern ZZ-Zertifikate ausgefolgt.
Andererseits übergaben die Anleger an XY im Rahmen der so genannten "Barschiene" Bargeld gegen dessen Zusage, in ZZ-Genussscheine zu investieren und die Anleger an deren Wertentwicklung zu beteiligen. Dazu wurden von XY bis 2007 regelmäßig sogenannte "Übernahmebestätigungen einer Kapitalanlage" bzw. ab dem Jahr 2008 als "Treuhandaufträge" bezeichnete Dokumente ausgestellt.

Kapitalhingaben waren dem betreffenden Anleger im "Barschiene"-System über eine bei der Erstveranlagung vergebene Ordnungsnummer zugeordnet. Zu dieser Ordnungsnummer wurden nach Art eines Kundenkontos nachfolgende Veränderungen des Investments erfasst (Ein-/Auszahlungen, laufend zugerechnete Wertsteigerungen, Umstellung der Übernahmebestätigungen auf die Treuhandaufträge). Dieses Kundenkonto wurde in monatlichen Informationsschreiben über die Entwicklung des Kapitalinvestments als "Depot" des Anlegers bezeichnet.

Bei der Veranlagung im Rahmen der "Barschiene" konnten vom Anleger jederzeit Gelder in beliebiger Höhe eingezahlt, aber auch wieder behoben werden.
Auch für die mitgeteilten "Wertsteigerungen" konnte der Anleger jederzeit eine Barauszahlung wählen (Variante mit laufender Auszahlung), er konnte diese aber auch weiter investiert belassen (Ansparungs-, bzw. Thesaurierungsvariante).
Über die Wertentwicklung seines "Depots" erhielt der Anleger monatliche Mitteilungen von XY. Kam es auf Veranlassung des Anlegers zu einer Veränderung "imDepot" (Ein-/ Auszahlung), wurde der Betrag regelmäßig zunächst handschriftlich auf der aktuellen Mitteilung vermerkt. In der nachfolgend zugesendeten Mitteilung war der geänderte Gesamtsaldo des Kapitalinvestments (der neue "Depotwert") als "Kaufsumme" des Monats der Veränderung ausgewiesen und es begann eine neue Berechnungsperiode für die Wertsteigerung des "Depots".

Die von XY für das Investment zugesagten "Wertsteigerungen" orientierten sich an den veröffentlichten Kursentwicklungen des ZZ-Indizes.
Anlegern wurde vermittelt, dass weder bei der Ein- noch bei der Rückzahlung Kosten oder Spesen anfallen. Insbesondere wurde mit dem Unterbleiben eines Agio-Abzuges geworben.

Das BFG erhebt die dargestellten Feststellungen aus den oa. BFG-Parallelverfahren zum "Barschiene"-System des XY zur Sachverhaltsfeststellung im gegenständlichen Verfahren, soweit nachfolgend nicht explizit davon abweichende Feststellungen getroffen werden.

3. Zum Investment des Bf liegen dem BFG nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren folgende Unterlagen vor:
a) Ein an den Bf adressiertes und mit Okt 2003 datiertes Schriftstück des Einzelunternehmens XY Finanzberatung (XYZ) Ort-B zur Wertsteigerung im Okt 2003 beim Depot Nr 9999, mit den in der BVE abgebildeten Inhalten ("Kaufsumme" per Okt 2003 20.000,- €, "Wertsteigerung" Okt 2003 0,710%, "Depotwert" 20.142,- €).

Das Dokument mit dem Überschriftstext "Es ist Zeit, an Ihr Geld zu denken… ZZ Index aktuell Die innovative Beteiligung seit 1995" (nachfolgend analog der Bezeichnung in BFG-Parallelverfahren "Mitteilung" bzw. "Mitteilung über die Wertsteigerung") liegt in zwei Varianten vor.
Die als Beilage zur Berufung des Bf vorgelegte Version der Mitteilung enthält weder handschriftliche Anmerkungen noch Unterfertigungen.
In der zweiten Variante findet sich auf der Mitteilung der handschriftliche Vermerk "letzte Veränderung war im August 2008".
Worauf sich die "letzte Veränderung" bezieht, ist nicht näher konkretisiert und für das BFG anhand der vorgelegten Verfahrensunterlagen auch nicht feststellbar.

Das BFG geht aufgrund des identen Ausdruckdatums (Okt. 2003) davon aus, dass die Berufungsbeilage eine Kopie der dem Bf zugegangenen Mitteilung ist und der handschriftliche Vermerk auf einer Kopie der Berufungsbeilage von einem FA-Mitarbeiter im Zuge des abgabenbehördlichen Verfahrens angebracht wurde.
Dem handschriftlichen Vermerk räumt das BFG gemäß § 266 (4) BAO keine Aussagekraft ein, zumal der Inhalt im weiteren Verfahrensergebnis keine Deckung findet.

b) Des Weiteren liegt dem BFG ein von XY erstellter "Treuhandauftrag Nr. 9999" vor, nach welchem der Bf als "Treugeber" "hiermit" XY beauftragt, den ihm treuhändig überlassenen Betrag von 56.160,92 € im Namen des Bf "bei der ZZ Invest AGin Betriebsort-D zur Veranlagung von Substanzgenussscheinenentgegen zu nehmen",…. die Veranlagung durchzuführen und im Sinne des Treuhandauftrages regelmäßig zu berichten und alles zu tun und nichts zu unterlassen um die bestmögliche Veranlagung bei der genannten Aktiengesellschaft zu erwirken."

XY verpflichtet sich "auf Wunsch des Kundenbinnen 10 Tagen den Substanzgenussschein einzulösen und das Realisat zum jeweiligen Tageskurs an den Treugeber auszuzahlen, wobei ein Einbehalt "allfälliger Steuern und Spesen" zulässig ist.
Mit der Auszahlung des Realisates ist das Treuhandverhältnis beendet.

Neben einer Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches und grob fahrlässiges Handeln des XY enthält der Treuhandauftrag noch den "Hinweis" auf das mit jeder "Kapitalveranlagung" verbundene Risiko, sei es durch Kursschwankungen ("Kurse können sowohl steigen als auch fallen") als auch dadurch, dass "Renditen der Vergangenheit (…) keine Garantie für die Zukunft (sind)."

Die Gattin des Bf ist im Treuhandauftrag als Bezugsberechtigte im Ablebensfall ist angeführt.
Das mit "im Jänner 2008" datierte Dokument trägt die Unterschrift beider Vertragspartner.

Das BFG geht davon aus, dass der Treuhandauftrag Nr. 9999 im Zuge der lt. BVE von der XYZ-Mitarbeiterin A. B. zu Protokoll gegebenen organisatorischen "Umstellung" des "Barschiene"-Systems anlässlich der Gründung der XYZ GmbH im Gefolge des Ausscheidens von XY aus der Vorstandsfunktion in der ZZ Invest-AG im Jänner 2008, auf Initiative des XY ausgestellt wurde.
Wie nachfolgend gezeigt wird, fehlen belastbare Anhaltspunkte für eine Ausfertigung des Treuhandauftrages als Folge einer Willensentscheidung des Bf im Zusammenhang mit seinem Kapitalinvestment bei XY.

c) Die im oa. Treuhandauftrag angegebenen Daten (56.160,92 €/Nr 9999/Jän.2008) entsprechen den zum Bf erfassten Werten in Aufzeichnungen über Kundendaten des "Barschiene"-Systems, die im Vorfeld des gerichtlichen Strafverfahrens im Zuge einer Hausdurchsuchung bei XY festgestellt wurden. Im Gegensatz zu anderen Anlegern, sind in diesen Aufzeichnungen zum Datensatz des Bf keine Ein-oder Auszahlungen vermerkt.

An anderer Stelle der beschlagnahmten Aufzeichnungen findet sich zum Namen des Bf der Betrag von 61.417,58 (ohne zeitliche Zuordnung), der im AP-Bericht als der in der letzten Mitteilung an den Bf angegebene Wert der verfahrensgegenständlichen Kapitalinvestition zum 30.Sept 2008 genannt ist (Datenträger "(Codewort).."/"Adressen", Zeile 675 bzw. "Tabelle 1", Zeile 192, BFG-Akt OZ 52).
Die Steigerung zwischen den beiden Werten entspricht lt. AP-Unterlagen dem Gesamtwert des ZZ-Index-Anstieges zwischen 1.Jänner und 30.Sept.2008 (+ 9,36%).

Das BFG sieht durch die vorliegenden Unterlagen, die Teilnahme des Bf am "Barschiene"-System des XY belegt. Zudem sprechen die Mitteilung vom Okt 2003 und die beiden Werte aus dem Treuhandauftrag bzw. den beschlagnahmten Aufzeichnungen für eine an der veröffentlichten Wertentwicklung des ZZ-Indizes orientierte Wertsteigerung seines "Depots".

4. Darüberhinausgehende Unterlagen mit konkretem Bezug zum Kapitalinvestment des Bf brachte das Ermittlungsverfahren nicht hervor. Selbst die im AP-Bericht erwähnte letzte Mitteilung vom Sept 2008 fehlt. Trotz expliziter Aufforderung an beide Verfahrensparteien wurden weder weitere "Mitteilungen über Wertsteigerungen", noch Unterlagen über Ein- oder Auszahlungen des/an den Bf im Verfahrenszeitraum übermittelt. Auch die angeforderten Unterlagen zu der in der BVE genannten Forderungsanmeldung des Bf im Konkurs des XY wurden nicht nachgereicht.

II. Nach § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 in der Fassung des Verfahrenszeitraumes (VerfZR) zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 gehören. Das Gesetz nennt als Beispiele Zinsen/Erträgnisse aus Darlehen, Anleihen, Einlagen, Guthaben bei Kreditinstituten und aus Ergänzungskapital im Sinne des Bankwesengesetzes oder des Versicherungsaufsichtsgesetzes.

Der Tatbestand des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 ist weit gefasst und umfasst das gesamte Spektrum eines wirtschaftlichen Nutzungsentgelts für eine Kapitalüberlassung, unabhängig von dessen Bezeichnung im Einzelfall (; ).

Nach § 19 Abs. 1 EStG 1988 werden Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Der Zufluss von Einnahmen setzt nach der VwGH-Judikatur voraus, dass der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über sie verfügen kann. In diesem Sinn verfügt ein Gläubiger über einen Geldbetrag auch, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf seinen Wunsch verschoben wird, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist. Der Zufluss ist damit bereits in diesem Zeitpunkt erfolgt (; ).

§ 21 Abs. 1 BAO ordnet für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen die Maßgeblichkeit des wahren wirtschaftlichen Gehalts anstatt der äußeren Erscheinungsform des Sachverhaltes an (wirtschaftliche Betrachtungsweise).

Nach § 167 Abs. 2 BAO iVm. § 2a BAO hat das BFG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (Grundsatz der freien Beweiswürdigung).

§ 266 BAO sieht für das finanzgerichtliche Verfahren eine Vorlage der Verfahrensakten durch die Abgabenbehörde grundsätzlich zugleich mit der Vorlage der Bescheidbeschwerde vor (§ 266 Abs.1 BAO). Soweit die Abgabenbehörde die Vorlage von Akten unterlässt, kann das BFG nach erfolgloser Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen (§ 266 Abs. 4 BAO).

III. 1. Zum anhängigen Verfahren ist zunächst festzuhalten, dass der in den Mitteilungen verwendete Begriff "Depot" aus Sicht des BFG nicht im wertpapierrechtlichen bzw. banktechnischen Sinn zu verstehen ist, sondern nach dem Verfahrensergebnis als reiner Werbebegriff verwendet wurde, um den Anlegern den Eindruck eines banküblichen Wertpapiergeschäfts zu vermitteln.
Keinem der Erkenntnisse zu den oa. BFG-Parallelverfahren ist zu entnehmen, dass von einem Anleger für den Verfahrenszeitraum die Existenz eines auf seinen Namen lautenden WP-Depots mit der in den Mitteilungen angegebenen Depot-Nr. bei einem Kreditinstitut nachgewiesen wurde.
Der Bf selbst verwies im anhängigen Verfahren lediglich darauf, dass die "XYZ GmbH…im Stile einer Investmentbank ein Wertpapierdepot" für ihn führte (Berufung ).

2. Das zum BFG-Erkenntnis vom , RV/2100778/2014 ergangene VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0090 enthält folgende, für das anhängige Verfahren wesentliche Aussagen:
"22 Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 27 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 Zinsen und andere Erträgnisse aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen somit alle Vermögensvermehrungen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen. Unerheblich ist es, ob der Überlassung von Kapital ein Darlehensvertrag oder ein anderer Titel zu Grunde liegt (vgl. zu Verzugszinsen Ra 2014/15/0018).

23 Einnahmen sind dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger rechtlich und wirtschaftlich über sie verfügen kann. Der Gläubiger verfügt (auch dann) über einen Geldbetrag, wenn die Auszahlung des Geldbetrages auf Wunsch des Gläubigers verschoben wird, obwohl der Schuldner zahlungswillig und zahlungsfähig ist. Der Zufluss ist damit bereits in diesem Zeitpunkt (Fälligkeitstag) erfolgt. Ist eine Auszahlung grundsätzlich möglich, entscheidet sich der Gläubiger aber - wenn auch nach Überredung durch den Schuldner - die fälligen Erträge wieder zu veranlagen, so ist der Zufluss im Sinne des § 19 EStG 1988 durch die Verfügung der Wiederveranlagung in diesem Zeitpunkt erfolgt. Der wiederveranlagte Ertrag bildet eine neue Einkunftsquelle (oder einen Teil einer Einkunftsquelle), deren Untergang auf die Steuerpflicht früher zugeflossener Erträge steuerlich keine Auswirkung hat. Ein nachfolgender Verlust auch des neuerlich eingesetzten Kapitals ist steuerlich unbeachtlich (vgl. 2003/15/0128, mwN) ...

29 Welche tragfähigen Feststellungen dafür sprächen, dass sich der Revisionswerber monatlich fällige 'Wertsteigerungen' habe zusagen lassen, die er 'wiederveranlagt' habe, ist dem angefochtenen Erkenntnis allerdings nicht zu entnehmen. Im Prüfungsbericht findet sich die Ablichtung einer jener monatlichen Mitteilungen, mit welcher der Revisionswerber und seine Ehefrau über die 'Wertsteigerung' ihres Treuhandauftrages informiert wurden. Darin sind das Kaufdatum, die Kaufsumme, die Wertsteigerung (die 'monatlichen Wertsteigerungen' offenbar summiert ab dem jeweiligen Kaufdatum, wobei in der Überschrift die aktuelle monatliche Wertsteigerung aufscheint), der Depotgewinn und der Depotwert ausgewiesen. Weiters wird im Prüfungsbericht die Aussage einer Mitarbeiterin des X wiedergegeben, wonach 'sofern der Kunde nur einen Teilbetrag wollte, wurde dieser Betrag vom eingezahlten Betrag inkl. Wertsteigerungen abgezogen und ein neuer Trauhandauftrag mit dem Datum der Auszahlung mit dem nun neuen Betrag ausgefertigt'. Eine monatlich fällige Verzinsung über die der Anleger durch Wiederveranlagung verfügt habe, ist daraus nicht ableitbar.

30 Lediglich für das Jahr 2008 wurden vom Prüfer Feststellungen über erfolgte Auszahlungen verbunden mit der Erteilung eines neuen Treuhandauftrages getroffen, die im Sinne der angeführten Vorjudikatur als Zufluss iSd des § 19 EStG 1988 beurteilt werden durften. Doch liegt auch der Schätzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen für das Jahr 2008 offenkundig die Ansicht zu Grunde, dass bereits die bloße Mitteilung von 'Depotgewinnen' zu einem Zufluss führt und - zu Gunsten des Revisionswerbers - 'ohnehin' nur von einem Kapitaleinsatz von 200.000 EUR ausgegangen worden sei.

31 Somit geht auch die Schätzung der Einkünfte für das Jahr 2008 von einer unrichtigen Rechtsansicht aus, wobei nach der Lage des Falles nicht ohne Weiteres gesagt werden kann, dass sich dieser Umstand nur zu Gunsten des Revisionswerbers auswirken konnte ..."

Für das anhängige Verfahren ergeben sich aus diesem Erkenntnis aus Sicht des BFG zwei Aussagen von entscheidender Bedeutung.
Einerseits setzt die Zurechnung von Einkünften beim Anleger demnach voraus, dass er aus seiner Kapitalinvestition Vermögensvermehrungen erlangt hat, die bei wirtschaftlicher Betrachtung Entgelt für eine Kapitalnutzung darstellen, unter welchem Titel ihm dieses auch immer zuging.
Anderseits muss es beim Anleger zu einem Zufluss der Vermögensvermehrungen im Sinne des § 19 EStG gekommen sein. Dazu muss der Anleger nicht nur rechtlich und wirtschaftlich über den Zuwachs verfügen können, sondern auch tatsächlich darüber verfügt haben. Dies erfordert - neben der Verfügungsmöglichkeit - einen entsprechenden Willensentschluss des Empfängers, der im Verfahren nachzuweisen ist.
Der bloße Zugang einer Mitteilung über Wertsteigerungen an den Anleger erfüllte diese Voraussetzungen auch dann nicht, wenn die Mitteilung werthaltig war, dem mitgeteilten Wertzuwachs also die Möglichkeit und Bereitschaft des XY zu Auszahlung zugrunde lag. Solange ein nachvollziehbarer Entschluss des Anlegers, über die angebotene Vermögensvermehrung zu verfügen fehlte, kam es zu keinem Zufluss im Sinne des § 19 EStG. Dieser Entschluss konnte auch eine Entscheidung zur Wiederveranlagung sein.

3. Wie festgestellt, investierte der Bf im Herbst 2003 beim Einzelunternehmen des XY einen Geldbetrag von 20.000,- € im Rahmen der sogenannten "Barschiene". Der Geldempfang wurde beim Einzelunternehmen des XY unter der Nr. 9999 erfasst.

Von bereits davor erfolgten Einzahlungen des Bf gehen beide Verfahrensparteien nicht aus und bietet das Verfahrensergebnis dafür auch keine Anhaltspunkte.

Eine weitere Einzahlung über 15.000,- € vom Nov 2004 wurde erstmals in der Stellungnahme des Bf vom erwähnt. Die Vorlage zugehöriger Unterlagen unterblieb.

Nach den Feststellungen im AP-Bericht und in den Bescheidbegründungen existierten über die Hingabe des Geldbetrages im Okt 2003 weder ein Schriftstück (keine "Empfangsbestätigung", kein "Zertifikat"), noch hatte der Bf die zugesagten ZZ-Genussscheine ausgehändigt erhalten.

Mangels gegenteiliger Hinweise in den Verfahrensunterlagen sieht das BFG keine Veranlassung an der Richtigkeit dieser - unbekämpft gebliebenen - abgabenbehördlichen Feststellungen zu zweifeln und geht davon aus, dass im abgabenbehördlichen Verfahren kein Dokument über die bei der Erstinvestition des Bf in das "Barschiene"-System mit XY getroffenen Vereinbarungen vorlag.

Festgehalten ist im AP-Bericht allerdings, dass der Bf die ihm zugegangenen Monatsmitteilungen über die Wertsteigerungen seines Investments im AP-Verfahren vorgelegt hatte.

Da sich in den Verfahrensunterlagen nur Kopien zur Mitteilung vom Okt 2003 befinden und auch der Bf über keine Mitteilungen mehr verfügt, fehlt es an Unterlagen für Feststellungen über Ein-/ Auszahlungen zum "Depot" Nr 9999 nach der Erstveranlagung.

Das BFG leitet aus dem Fehlen weiterer Kopien von Mitteilungen in den abgabenbehördlichen Unterlagen ab, dass die vom Bf im AP-Verfahren vorgewiesenen Mitteilungen keine Hinweise auf zwischenzeitige Verfügungen des Bf über sein "Depot" enthalten hatten. Ist doch davon auszugehen, dass handschriftliche Anmerkungen über Ein-/ Auszahlungen auf einer Mitteilung nicht unbemerkt geblieben und die betreffende Mitteilung für den AP-Akt kopiert worden wäre.

Wie festgestellt, enthalten die vorgelegten Verfahrensunterlagen - abgesehen vom nachträglich angebrachten, handschriftlichen "Änderungsvermerk" auf einer Kopie der Berufungsbeilage - auch keine sonstigen Anhaltspunkte für Ein- oder Auszahlungen des/an den Bf im Verfahrenszeitraum.

Der Bf und die Abgabenbehörde verwiesen im Verfahren übereinstimmend und wiederholt auf die Pensionsvorsorge als Begründung für das Investment des Bf bei XY. Die - verglichen mit Treuhandaufträgen anderer Anleger durchaus unübliche - Nennung der Gattin im Treuhandauftrag Nr 9999 als Bezugsberechtigte für den Ablebensfall des Bf und die tatsächliche Beendigung seines Gewerbebetriebes mit Erreichen des 60.Lebensjahres, unterstreichen das Motiv der Altersvorsorge.

In Hinblick darauf erachtet es das BFG für glaubwürdig, dass der Bf im Verfahrenszeitraum keine Verfügungen über Auszahlungen traf - und zwar weder betreffend Wertzuwächse noch bezüglich des veranlagten Kapitals. Gleiches gilt aus Sicht des BFG für die Vorgänge im Zusammenhang mit der Erstellung des Treuhandauftrages Nr. 9999 vom Jänner 2008.

4. Nach den niederschriftlichen Angaben der XYZ-Mitarbeiterin A. B. führten nicht nur Änderungen des Depotwertes aufgrund von Verfügungen der Anleger (Ein-/Auszahlungen) zur Ausfertigung von neuen Treuhandaufträgen, sondern zur Zeit der "Systemumstellung" zu Jahresbeginn 2008 auch "sukzessiveUmschreibungen" durch Mitarbeiter der XYZ (NS A B. , BFG-Akt OZ 51).
In diesen Fällen wurden Treuhandaufträge somit ohne Involvierung der Anleger erstellt.

Das BFG geht auf Basis des festgestellten Verfahrensergebnisses davon aus, dass der im Jänner 2008 zum "Depot" Nr 9999 ausgefertigte "Treuhandauftrag" im Rahmen der von A. B. genannten "Umschreibungen" im Zuge der Systemumstellung bei der XYZ, ohne Veranlassung des Bf erstellt wurde.

Neben dem angeführten Pensionsvorsorgemotiv des Bf spricht aus Sicht des BFG auch das im Treuhandauftrag offenbar vorgefertigte Datum für die Unterfertigung ("im Jänner 2008") für eine vorsorgliche Erstellung des Dokuments im Sinne der Ausführungen der XYZ-Mitarbeiterin.

Wenn der Bf in der Stellungnahme vom März 2023 auf ein Drängen des XY zur Erweiterung seines Investments anlässlich der Unterfertigung und Ausfolgung der Treuhandauftrages Nr 9999 im Jänner 2008 verweist, dem er jedoch nicht nachgekommen sei, so verdichtet sich aus Sicht des BFG - in Verbindung mit der Darstellung der A. B. zur "Umschreibung" der Kapitalveranlagungen - sehr überzeugend das Bild, dass die Erstellung des Treuhandauftrages Nr 9999 im Jänner 2008 nicht auf Veranlassung des Bf erfolgte.

Da Anhaltspunkte für Einzahlungen des Bf im Verfahrenszeitraum fehlen, hält das BFG auch das Vorbringen, der Bf habe dem Drängen des XY nicht nachgegeben, für glaubwürdig.

5. Damit stellt sich die Frage nach dem Zustandekommen des im Treuhandauftrag Nr 9999 vom Jänner 2008 angegebenen Wertes von 56.160,92 €.

Nach der vorliegenden "Depot"-Mitteilung der XYZ erfuhr der vom Bf investierte Geldbetrag im Okt 2003 eine Wertsteigerung, die sich an der veröffentlichten Entwicklung des ZZ-Indizes in diesem Monat orientierte.

An Hand der vorhandenen Monatswerte der ZZ-Index-Entwicklung lässt sich zudem, ausgehend vom Wert aus dem Treuhandauftrag Nr 9999 für das "Depot" des Bf zum Jahresende 2007, die Höhe des im AP-Bericht genannten Wertes zum 30.Sept.2008 ableiten.

Dies und die Erkenntnisse aus BFG-Parallelverfahren zum "Barschiene"-System des XY lassen den Schluss zu, dass sich auch die weiteren Mitteilungen über Wertsteigerungen zur Kapitalveranlagung des Bf an der für Anleger transparenten Entwicklung des ZZ-Indizes orientierten.

Für das festgestellte Investment des Bf von 20.000,- € errechnet sich (ohne nachfolgende Ein- oder Auszahlungen) aus der Wertentwicklung anhand der veröffentlichten ZZ-Index-Kursentwicklung ab Okt 2003, je nach Berechnungsmethode, ein Wert zum von 34.607,53 € (bei Zurechnung der jährlichen Kursanstiege) bzw. 36.089,59- € (bei Zurechnung der monatlichen Kursanstiege) anstatt des im Treuhandauftrag vom Jänner 2008 angeführten Wertes von 56.160,92 €.

Die Differenz von mehr als 20.000,- € erhärtet die vom Bf erstmals im finanzgerichtlichen Verfahren erwähnte weitere Investition.

Das FA geht im AP-Bericht für das "Depot" Nr 9999 des Bf von einem Wert von 44.195,41 € zum aus.

Dieser Wert resultiert im Wesentlichen aus einer Rückrechnung des im Treuhandauftrag Nr 9999 vom Jänner 2008 angegebenen Wertes anhand der jährlichen Entwicklung des veröffentlichten ZZ-Indizes. Geringfügige Abweichungen erscheinen mit der Verrechnung von im Treuhandauftrag Nr 9999 genannten "Steuern und Spesen" begründbar.

6. Damit liegt aber auch der Berechnung des FA der Ansatz zugrunde, dass bereits eine vor dem Verfahrenszeitraum erfolgte weitere Veranlagung des Bf zum Wertansatz vom geführt hatte.

Ob dies nun die vom Bf genannte Investition von 15.000,- € im Nov 2004 war (mit geringfügigen Abweichungen für "Steuern und Spesen" bzw. aufgrund eines versteckten Agios) oder vor 2006 mehrere Einzahlungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgt waren, kann im anhängigen Verfahren dahingestellt bleiben.
Entscheidend ist, dass es für die Feststellung sowohl von Einzahlungen als auch von Auszahlungsverfügungen des Bf im Verfahrenszeitraum an belastbaren Anhaltspunkten im Ermittlungsergebnis fehlt. Zugleich mangelt es an einem Nachweis für den vom VwGH geforderten Willensentschluss des Bf zur Wiederveranlagung von thesaurierten Wertsteigerungen seines Kapitalinvestments.

Im Ergebnis ist damit für den Bf ein Zufluss von Erträgen aus dessen strittiger Geldveranlagung bei XY im Verfahrenszeitraum nicht erwiesen.
Auf den Titel, der den in den Mitteilungen ausgewiesenen Vermögensvermehrungen zugrunde lag, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an.
Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Maßgeblich für die Entscheidung waren vor allem Sachverhaltsfragen. Soweit Rechtsfragen Relevanz zukam, folgt die Entscheidung dem Wortlaut der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen und der angeführten VwGH-Judikatur.

Graz, am

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