Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom über die Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017, beschlossen:
Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer (Bf.) ist seit Mitte April des Jahres 2012 in Österreich als Bauarbeiter beschäftigt.
In seinen Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2015, 2016 und 2017 machte er Aufwendungen für Familienheimfahrten sowie doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend, welche in den Einkommensteuerjahresbescheiden 2015 bis 2017 zunächst jeweils erklärungsgemäß berücksichtigt wurden.
Wiederaufnahmebescheide vom
Nach Durchführung mehrerer Vorhalteverfahren nahm die belangte Behörde mit Bescheiden vom die Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2016 und 2017 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und erließ neue Sachbescheide. Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde im Zuge der Vorhalteverfahren Kenntnis darüber erlangt habe, dass dem Bf. keine Aufwendungen für den Wohnsitz in Österreich angefallen seien.
Beschwerde vom
Mit Eingabe vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017 und führte begründend aus, dass in den Einkommensteuerbescheiden 2015, 2016 und 2017 Korrekturen durchgeführt worden seien, die seine Familienheimfahrten und die doppelte Haushaltsführung betreffen würden. Der Bf. gab bekannt, dass er seit einigen Jahren in Österreich arbeite und seit seiner Scheidung alleinerziehender Vater und damit verpflichtet sei, für seine Tochter, für die er das Sorgerecht erhalten habe, zu sorgen. Seine Tochter lebe in Polen, wo sie auch die Schule besuche und der Bf. fahr oft nach Polen, um sich um sein Kind zu kümmern. Die Kosten für den doppelten Haushalt und die Fahrten nach Polen seien eine ziemlich große finanzielle Belastung, weswegen sie der Bf. bei den Arbeitnehmerveranlagungen geltend gemacht habe.
Beschwerdevorentscheidungen vom
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom , welche dem Bf. am wirksam zugestellt wurde, wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
Vorlageantrag vom
Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.
Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht die Beschwerde zur Entscheidung vor.
Mängelbehebungsauftrag vom
Mit Mängelbehebungsauftrag vom trug das Bundesfinanzgericht dem Bf. gemäß § 85 Abs. 2 iVm § 2a BAO auf, die Mängel seiner Beschwerde gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2015, 2016 und 2017 vom (Fehlen der Inhaltserfordernisse gemäß § 250 Abs. 1 BAO) binnen 2 Wochen ab Zustellung des Mängelbehebungsauftrages zu beheben, widrigenfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Dieser Mängelbehebungsauftrag blieb unbeantwortet.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt:
Nach erklärungsgemäßer Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2016 und 2017 gelangte die belangte Behörde aufgrund mehrerer Vorhalteverfahren zu der Ansicht, dass dem Bf. die in den Streitjahren als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung nicht zustanden.
Mit Bescheiden vom nahm die belangte Behörde daher die Verfahren betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015, 2016 und 2017 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf und erließ neue Sachbescheide.
Der Bf. erhob gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 fristgerecht Beschwerde, welche mangels Nichtanführung der Erklärung, in welchen Punkten die Wiederaufnahmebescheide angefochten würden, mangels Erklärung, welche Änderung der Wiederaufnahmebescheide beantragt würde sowie mangels Begründung nicht den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs. 1 BAO entsprach.
Der in der Folge seitens des Bundesfinanzgerichts erlassene Mängelbehebungsauftrag wurde dem Bf. am durch Hinterlegung zugestellt und blieb unbeantwortet.
Beweiswürdigung:
Da dem berechtigten Auftrag zur Mängelbehebung der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 nicht entsprochen wurde, gilt die Beschwerde gegen diese Bescheide kraft Gesetzes als zurückgenommen.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorkommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß § 307 Abs. 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden.
Der Wiederaufnahmebescheid und der neue Sachbescheid sind zwei Bescheide, die jeder für sich einer Bescheidbeschwerde zugänglich sind bzw. der Rechtskraft teilhaftig werden können (vgl. Ritz, BAO6, § 307 Tz 7; ; , 2000/14/0142; , 2006/15/0367; , 2007/15/0041). Auch hinsichtlich ihrer Behebbarkeit (z.B. gemäß § 299 BAO) sind sie getrennt zu beurteilen (vgl. ).
Richtet sich die Berufung (Beschwerde) nur gegen den Wiederaufnahmebescheid, hat die Berufungsbehörde den Sachbescheid nicht zu prüfen (BAO, Ellinger/Sutter/Urtz, § 307 BAO, E 54; , ÖStB 1990, 339).
Gemäß § 250 Abs. 1 BAO hat die Bescheidbeschwerde zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;
b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;
c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;
d) eine Begründung.
Gemäß § 85 Abs. 2 BAO berechtigen Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Dem Einschreiter ist die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht.
Das Erlassen eines Mängelbehebungsauftrages liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde. Entspricht eine Bescheidbeschwerde nicht den Vorgaben des § 250 Abs. 1 BAO, ist die Behörde verpflichtet, einen derartigen Auftrag zu erlassen. Ebenso gilt die Bescheidbeschwerde zwingend als zurückgenommen, wenn einem gesetzeskonform ergangenen Mängelbehebungsauftrag nicht ordnungsgemäß entsprochen wurde. Diese Rechtsfolge tritt ex lege ein, ohne dass es dazu eines Zurücknahmebescheides bedarf. In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof etwa zum Erkenntnis vom , Zl. 2006/15/0157 folgenden Rechtssatz formuliert: "Wird einem berechtigten behördlichen Auftrag zur Mängelbehebung überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder zwar innerhalb der gesetzten Frist aber - gemessen an dem sich an den Vorschriften des § 250 Abs. 1 BAO orientierten Mängelbehebungsauftrag - unzureichend entsprochen, gilt die Berufung kraft Gesetzes als zurückgenommen…".
Im vorliegenden Fall hat der Bf. gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 fristgerecht Beschwerde erhoben, welche mangels Nichtanführung der Erklärung, in welchen Punkten die Wiederaufnahmebescheide angefochten würden, mangels Erklärung, welche Änderung der Wiederaufnahmebescheide beantragt würde sowie mangels Begründung nicht den Inhaltserfordernissen des § 250 Abs. 1 BAO entsprach.
Der in der Folge seitens des Bundesfinanzgerichts erlassene Mängelbehebungsauftrag blieb unbeantwortet.
Da somit dem berechtigten Auftrag zur Mängelbehebung der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2015 bis 2017 nicht entsprochen wurde, gilt die Beschwerde gegen diese Bescheide kraft Gesetzes als zurückgenommen.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7100343.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at