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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.03.2023, RV/6100366/2022

§ 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG - Hauptwohnsitzbefreiung 2. Tatbestand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Stb***, ***Stb_Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Abgabenbehörde setzte die Einkommensteuer 2020 mit Bescheid vom fest. Dabei wurde die Immobilienertragsteuer aus dem Verkauf eines Hauses iHv € 69.300,00 (30% der Bemessungsgrundlage) festgesetzt.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom Beschwerde ein. Im Wesentlichen wurde im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung die Hauptwohnsitzbefreiung gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 lit b. EStG 1988 geltend gemacht und begründend auf ein Schreiben vom verwiesen. Gleichzeitig wurde auf die Ausfertigung einer Beschwerdevorentscheidung verzichtet und die direkte Vorlage beim Bundesfinanzgericht beantragt.

Die Abgabenbehörde legte den Akt am dem Bundesfinanzgericht vor.

Mit Beschluss vom übermittelte das Bundesfinanzgericht den Vorlagebericht der steuerlichen Vertretung zwecks etwaiger Stellungnahme.

Mit E-Mail vom nahm die steuerliche Vertretung zum Vorlagebericht Stellung. Die von der Behörde im Vorlagebericht monierte späte Maklerbeauftragung entbehre jeglichen Realitätsbezug. Eine Maklerbeauftragung bzw. Verkaufsbestrebungen bzw. der Immobilie während aufrechtem Wohnrecht der mittlerweile geschiedenen Ex-Gattin sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, vielmehr sei dem Beschwerdeführer von seiner Ex-Gattin mitgeteilt worden, dass Makler oder Käufer nicht ins Haus gelassen werden. Auch die gewünschte Darstellung der Immobilie auf der Website des Maklers/in Inseraten mit Fotos im unmöblierten oder zumindest im ordentlichen/aufgeräumten, möblierten Zustand sei im Zeitraum während des Wohnrechts nicht möglich gewesen.
Verkaufsbestrebungen während dieses Zeitraums hätten nur zu bereits angesprochenen Schwierigkeiten oder gar zu einer Veräußerung unter Marktwert geführt. Daher sei auch die Verzögerung der Verkaufsverhandlungen bis zum Ende des Wohnrechts als nicht in der Sphäre des Beschwerdeführers zu sehen.
Weiters wurde die Bestätigung des beauftragten Maklers (Beginn der Umsetzung der Erstellung der notwendigen Unterlagen am ) übermittelt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erwarb das Grundstück mit der Adresse ***ABC*** (KG ***123*** ***A***, EZ ***456***) am .
Es handelt sich um ein Eigenheim. Im Dachgeschoss befand sich das Büro (Betriebssitz) des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat folgende Hauptwohnsitze


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Zeitraum
Adresse
bis
***ABC***
bis
***DEF***
***GHI***

Am wurde der Scheidungsantrag der bis dahin im Gebäude wohnhaften Ehegattin eingereicht.

Am zog der Beschwerdeführer aus dem Eigenheim aus und zog zu seinen Eltern (***DEF***).

Am kam es zur gerichtlichen Vermögensaufteilung. Die Ex-Gattin erhielt dabei ein Wohnrecht an der Adresse ***ABC*** bis zum zugesprochen.

Mit Ende des Wohnrechts (Anfang Juli 2018) wurde vom Beschwerdeführer ein Immobilienmakler beauftragt.

Mit Kaufvertrag vom verkaufte der Beschwerdeführer das gegenständliche Objekt an ***X*** und ***Y***.

2. Beweiswürdigung

Der Vorlagebericht wurde der steuerlichen Vertretung mit Beschluss vom für eine etwaige Stellungnahme übermittelt und entfaltet demzufolge einen Vorhaltscharakter. Die Beantwortung erfolgte mit E-Mail vom .

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig bzw ergeben sich diese aus den nicht der Aktenlage widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widerlegten Ausführungen des Beschwerdeführers.

Einsicht genommen wurde seitens des Bundesfinanzgerichts in das Grundbuch.

Vor diesem Hintergrund können die Tatsachen somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Veräußerung des Eigenheims des Beschwerdeführers unter die sog. Hauptwohnsitzbefreiung des § 30 Abs. 2 EStG 1988 fällt.

Gemäß § 30 Abs. 1 EStG 1988 sind private Grundstücksveräußerungen Veräußerungsgeschäfte von Grundstücken, soweit sie keinem Betriebsvermögen angehören. Der Begriff des Grundstückes umfasst Grund und Boden, Gebäude und Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte). Bei unentgeltlich erworbenen Grundstücken ist auf den Anschaffungszeitpunkt des Rechtsvorgängers abzustellen. Bei Tauschvorgängen ist § 6 Z 14 EStG 1988 sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 30 Abs. 2 EStG 1988 sind von der Besteuerung ausgenommen die Einkünfte:
1. Aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden (§ 18 Abs. 1 Z 3 lit. b EStG 1988), wenn sie dem Veräußerer
a) ab der Anschaffung oder Herstellung (Fertigstellung) bis zur Veräußerung für mindestens zwei Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird oder
b) innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Hauptwohnsitzbefreiung nach § 30 Abs. 2 Z 1 lit. a und lit. b EStG 1988 ist die Aufgabe des Hauptwohnsitzes.

Im streitgegenständlichen Fall kommt betreffend die sog. Hauptwohnsitzbefreiung lediglich § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 in Frage.

Der Beschwerdeführer hat seinen Hauptwohnsitz nachweislich am aufgegeben.

In Bezug auf die Befreiungsbestimmung des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988, laut der das Eigenheim oder die Eigentumswohnung dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben muss, ist es nicht schädlich, wenn der Hauptwohnsitz deutlich vor der Veräußerung aufgegeben worden ist (vgl. 1680 der Beilagen XXIV. GP, 8).

Für die Konstellation, dass der Zusammenhang zwischen Anschaffung und Hauptwohnsitzbegründung einerseits sowie Veräußerung und Hauptwohnsitzbeendigung andererseits nicht erfüllt ist, hat der Gesetzgeber den Befreiungstatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 geschaffen, verlangt dabei aber eine nicht bloß zweijährige, sondern eine fünfjährige (durchgehende) Dauer des Hauptwohnsitzes.

Die Zehnjahresfrist ist stichtagsbezogen vom Tag der Veräußerung rückzurechnen ().

Als Tag der Veräußerung gilt im Kontext des § 30 EStG 1988 der Abschluss des (Ver)Kauf(s)vertrags. Ob die (mindestens) fünf Jahre am Beginn, in der Mitte oder am Ende der Zehnjahresfrist liegen, ist irrelevant. Im Zeitpunkt der Veräußerung muss das Grundstück nicht mehr der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen sein (Kanduth-Kristen in Jakom EStG, 15. Aufl. (2022), § 30 Rz. 32).

Die Veräußerung des Eigenheims hat am stattgefunden. Der Beschwerdeführer ist bereits am aus dem Eigenheim ausgezogen. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer das Eigenheim innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung lediglich 3 Jahre als Hauptwohnsitz genutzt hat.

Der Beschwerdeführer hätte spätestens im Juli 2018 den Verkauf tätigen müssen, um die Hauptwohnsitzbefreiung in Anspruch zu nehmen.

Die vom Gesetz geforderte Frist ist daher nicht erfüllt.

Selbst das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe sofort nach Ablauf des Wohnrechts der Ex-Gattin Kontakte mit Maklern gesucht, kann nicht zum Erfolg führen, ist doch die Ausnahmebestimmung eindeutig im Gesetz geregelt. Darüber hinaus hätte der Verkauf des Eigenheims durchaus auch während des aufrechten (zeitlich begrenzten) Wohnrechts der Gattin durchgeführt werden können, oder der Verkauf zumindest in Angriff genommen werden können.
Dem Beschwerdeführer musste aufgrund der Lage der Liegenschaft und der Höhe des Verkaufspreises durchaus bewusst sein, dass ein rascher Verkauf eher unwahrscheinlich war.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Auf Grund der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar aus dem Gesetz und sind auch durch die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt. Damit liegt hier kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100366.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at