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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.03.2023, RV/7103296/2021

Durch die COVID-19-Krise bedingte Studienverzögerung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der ***1*** ***2***, ***3***, ***4***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***5***, wonach zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 4.663,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 1.401,60), insgesamt € 6.064,80, für die im März 2000 geborene ***6*** ***7*** ***2*** (Familienbeihilfe) und für die im März 2006 geborene ***8*** ***9*** ***2*** (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) jeweils für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2021 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurückgefordert werden, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

1. Soweit der Bescheid Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Juli 2019 bis März 2021 zurückfordert, wird er ersatzlos aufgehoben.

2. Im Übrigen, hinsichtlich der Rückforderung für den Zeitraum April bis Juni 2021 bleibt der Spruch des Bescheids unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe

Das Finanzamt übermittelte der Beschwerdeführerin (Bf) ***1*** ***2*** am ein Schreiben betreffend Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe, welches diese am retournierte. ***8*** ***9*** ***2*** sei bis voraussichtlich 2026 Schülerin eines Bundesrealgymnasiums. ***6*** ***7*** ***2*** hat laut Reifeprüfungszeugnis vom die Reifeprüfung erfolgreich abgelegt.

Ein weiteres Überprüfungsschreiben vom langte am beim Finanzamt zurück. Zu ***6*** ***7*** ***2*** wurde eine Studienbestätigung für das Wintersemester 2019 für das Bachelorstudium UA 033 624 Politikwissenschaft an der Universität Wien vorgelegt, eine Gehaltsabrechnung für August 2019, wonach ***6*** ***7*** ***2*** als Servicekraft im Gastgewerbe brutto € 308,40 verdient hat.

Am versendete das Finanzamt wiederum ein Überprüfungsschreiben, das am retourniert wurde. Zu ***6*** ***7*** ***2*** wurde eine Studienzeitbestätigung vom für das aufrechte Bachelorstudium UA 033 624 Politikwissenschaft für das Wintersemester 2019, das Sommersemester 2020, das Wintersemester 2020 und das Sommersemester 2021 vorgelegt.

Beih 20

Mit dem Formular Beih 20 wurde am Direktauszahlung zugunsten von ***6*** ***7*** ***2*** beantragt.

Studiendaten

Folgende Studiendaten, die offenbar ***6*** ***7*** ***2***, betreffen, sind aktenkundig:

Bescheid

Mit Rückforderungsbescheid vom forderte das Finanzamt von der Bf zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe (€ 4.663,20) und Kinderabsetzbetrag (€ 1.401,60), insgesamt € 6.064,80, für die im März 2000 geborene ***6*** ***7*** ***2*** (Familienbeihilfe) und für die im März 2006 geborene ***8*** ***9*** ***2*** (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag) jeweils für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2021 gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 zurück und führte dazu aus:

Zu ***2*** ***8*** ***9***:

Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Zu ***2*** ***6*** ***7***:

Familienbeihilfe steht bei einem ernsthaft und zielstrebig betriebenem Studium zu. Im ersten Studienjahr ist ein Prüfungserfolg in Höhe von mindestens 16 ECTS zu erreichen. Eine reine Inskription eines Studiums erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe.

Da Sie trotz Aufforderung keinen Studienerfolgsnachweis für Ihre Tochter ***6*** vorgelegt haben, muss davon ausgegangen werden, dass das Studium nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde.

Es besteht somit ab Juli 2019 kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe.

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob die Bf Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid und führte dazu aus:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe heute Ihren Bescheid betreffend Rückforderung erhalten und möchte diesem in allen Punkten beeinspruchen.

.) meine Tochter ***6*** ***2*** bezieht die Familienbeihilfe/Kinderabsatzbetrag seit 2019 selbst, eine Rückforderung zu meinen Lasten ist somit in jedem Fall nicht abgebracht.

.) ***2*** ***6*** hat nach Ihrer Matura im Jahr 2019 zu studieren begonnen und auch einige Vorlesungen besucht. Leider war es ihr dank Corona nicht möglich die nötigen Prüfungen zu absolvieren bzw ihre nötigen Punkte zu erreichen.

.) Sie hat auch weiterhin verschiedene Veranstaltungen besucht. (Siehe Beilage) und auch versucht Prüfungen zu absolvieren, die leider meist Aufgrund von Computerproblemen negativ waren. Da leider wenig Termine für Prüfungen angesetzt sind ist es erst im Dezember 2021 möglich weitere ECTS Punkte zu erlangen.

.) weiters ist ***6*** mittlerweile Corona geimpft und hofft auf die Öffnung der | Universitäten um ihr Studium unter "normalen" Bedingungen fortzusetzten und Prüfungen an Ort und Stelle absolvieren zu können.

.) laut einem Schreiben vom FA wurde betreffend Studienerfolgsnachweis eine Frist bis 17. Mai gesetzt, die telefonisch mit Frau ***10*** auf Ende verlängert wurde.

.) Laut Informationen beginnt die Anrechnung der ECTS Punkte ab dem 2 Studienjahr.

Eine Nachforderung in der von Ihnen angegebenen Höhe ist daher nicht nachvollziehbar.

"Für den Anspruch auf Familienbeihilfe für Studierende ist ab dem zweiten Studienjahr die Absolvierung von mindestens acht Semesterwochenstunden aus Wahl- oder Pflichtfächern oder 16 ECTS-Punkte des jeweiligen Studiums bzw. eine Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums nachzuweisen."

Ich ersuche daher um neuerliche Prüfung der von Ihnen gestellten Forderungen und verbleibe …

Folgender Ausdruck war beigelegt:

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung als unbegründet ab:

Familienbeihilfe steht bei einem ernsthaft und zielstrebig betriebenem Studium zu. Om ersten Studienjahr ist ein Prüfungserfolg in Höhe von mindestens 16 ECTS oder 8 Semesterwochenstunden zu erreichen. Eine reine Inskription eines Studiums erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe.

Familienbeihilfe steht nach dem ersten Studienjahr nur dann zu, wenn einer der folgenden Leistungsnachweise nach dem ersten Studienjahr erfolgreich erbracht wurde:

- Prüfungen im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten bzw. 8 Semesterwochenstunden oder - 14 ECTS-Punkte der Studieneingangs- oder Orientierungsphase

- eine Teilprüfung der ersten Diplomprüfung

Keiner dieser Leistungsnachweise wurde erbracht. Die Rückforderung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Juli 2019 bis Juni 2021 bleibt aufrecht. Ihre Beschwerde wird aus oben genannten Gründen abgewiesen.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom stellte die Bf Vorlageantrag:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich widerspreche Ihrer Beschwerdevorentscheidung vom . Dazu kurz die Begründung:

Sie schreiben u.a. "...Familienbeihilfe steht bei einem ernsthaft und zielstrebig betriebenem Studium zu. Om ersten Studienjahr ist ein Prüfungserfolg in Höhe von mindestens 16 ECTS oder 8 Semesterwochenstunden zu erreichen. Eine reine Inskription eines Studiums erfüllt nicht die Voraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe…."

Nun ist festzuhalten, dass Sie hier im Wesentlichen nur die Begründung des ursprünglichen Bescheids vom wiederholen. Nicht berücksichtigt ist allerdings der Umstand, dass ab dem Jahr 2019 aufgrund der COVID-19 Pandemie ein geregelter Studienbetrieb nicht erfolgt ist bzw. möglich war und dementsprechend auf das Vorlegen der Leistungsnachweise unmöglich war.

Information des Bundesministeriums für Arbeit:

"...Für all jene, die aufgrund des eingeschränkten Betriebs an den Schulen und Universitäten keine Bestätigungen vorlegen können, wurde diese Anspruchsüberprüfung bis September 2020 ausgesetzt..." (Quelle: https://www.bma.qv.at/Services/Presse/Fresseaussendunqen/Archiv2020/PA-22-April-2020.html)

Des Weiteren verweise ich auf das FLAG §2:

"...Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester...."

Ich denke es ist somit klar, dass die von Ihnen angesprochenen Nachweise in dieser Form aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht möglich waren.

Weiters ersuche ich um Übermittlung eines Kontoauszugs zu den bis jetzt erfolgten Rückzahlungen.

Sammelzeugnis

Am wurde ein Sammelzeugnis der Universität Wien vom vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass im Jänner 2020, im Juni 2020 und im Jänner 2021 jeweils zu einer Prüfung angetreten wurde, diese aber jeweils nicht bestanden wurde.

Hierzu wurde von der Tochter ausgeführt:

… wie mit meinem Vater vorige Woche besprochen übermittle ich Ihnen anbei das geforderte Sammelzeugnis der UNI Wien. Auf diesem Sammelzeugnis sind insgesamt 21 ECTS Punkte ersichtlich.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Die Tochter der Bf. - ***6***, geb. ***11*** - absolvierte im Juni 2019 die Reifeprüfung. Ab dem Wintersemester 2019/20 ist ***6*** an der Universität Wien im Bachelorstudium Politikwissenschaften inskribiert. Das Kind befindet sich mittlerweile im 5. Semester, es wurden jedoch bis dato keine positiven Prüfungen abgelegt.

Beweismittel:

auf den gesamten Akteninhalt wird verwiesen

Stellungnahme:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Tochter der Bf. das Studium ernsthaft und zielstrebig betreibt und somit eine Berufsausbildung iSd FLAG vorliegt.

Als Zeiten einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 sind nur solche Zeiten anzusehen, in denen aus objektiv erkennbaren Umständen geschlossen werden kann, dass eine Ausbildung für den Beruf auch tatsächlich erfolgt ist. Das Vorliegen rein formaler Erfordernisse (Inskription) genügt jedenfalls nicht, um eine Berufsausbildung nachzuweisen. Vielmehr muss eine Ausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben werden.

Dies wird nur dann anzunehmen sein, wenn das Kind innerhalb eines angemessenen Zeitraumes auch zu Prüfungen antritt. Ab dem 2. Studienjahr besteht nur dann ein Anspruch auf Familienbeihilfe wenn der Studienerfolg aus dem 1. Studienjahr erbracht wurde.

Mit § 2 Abs 9 FLAG 1967 hat der Gesetzgeber einen eigenen Tatbestand geschaffen, der die Studienbeeinträchtigung im Sommersemester 2020 aufgrund der Covid-19-Krise berücksichtigt. Dadurch verlängert sich bei Studienbeginn im Wintersemester 2019/20 der Nachweiszeitraum zur Erbringung des Studienerfolges auf 3 Semester. Das bedeutet, dass spätestens im Februar 2021 der Studienerfolg erbracht hätte werden müssen. Hier ist anzumerken, dass auch die Anspruchsüberprüfungen coronabedingt bis Februar 2021 ausgesetzt waren und eine Überprüfung des Studienerfolges erst zu diesem Zeitpunkt erfolgte. Der abverlangte Studienerfolgsnachweis wurde dem retournierten Anspruchsüberprüfungsschreiben nicht beigelegt, weshalb die Bf. mit Vorhalt vom nochmals aufgefordert wurde einen Studienerfolgsnachweis beizubringen. Dieser Vorhalt blieb jedoch unbeantwortet.

Lt. Studiendatenübermittlung der Universität Wien wurden bis dato keine Prüfungen positiv absolviert. Mit der Beschwerde vom wurde ein Auszug vorgelegt, dass bisher drei Prüfungen negativ abgelegt wurden.

Aus diesem Auszug sind weder Datum noch ECTS ersichtlich.

Dem Einwand der Bf., dass ihre Tochter selbst die Familienbeihilfe beziehe und die Rückforderung schon deshalb nicht bei der Bf. vorgenommen werden könne, ist entgegenzuhalten, dass eine Direktauszahlung an das Kind erfolgt ist. Eine Direktauszahlung an das Kind ändert nichts daran, dass zu Unrecht ausbezahlte Beträge bei der anspruchsberechtigten Person rückzufordern sind. Durch den Antrag auf Direktzahlung wird kein eigener Anspruch des Kindes auf Gewährung der Familienbeihilfe begründet. Die Auszahlungen an das Kind sind daher der Bf. zuzurechnen.

Wenn im 5. Semester eines Studiums noch keine Prüfungen positiv abgelegt wurden und insgesamt erst drei Prüfungsantritte (mit negativem Ergebnis) erfolgten, kann nach Ansicht der Behörde von keinem ernsthaften und zielstrebigen Studium und somit von keiner Berufsausbildung iSd FLAG ausgegangen werden.

Es wird daher beantragt die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf ***1*** ***2*** bezog für ihre im März 2000 geborene Tochter ***6*** ***7*** ***2*** von Juli 2019 bis Juni 2021 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, wobei für ihre zweite Tochter ***8*** ***9*** ***2*** gemäß § 8 Abs. 3 FLAG 1967 ein Erhöhungsbetrag gewährt wurde. Seit Dezember 2020 wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag gemäß § 14 FLAG 1967 direkt ***6*** ***7*** ***2*** ausbezahlt.

***6*** ***7*** ***2*** legte im Juni 2019 die Reifeprüfung ab und begann anschließend im Herbst 2019 an der Universität Wien das Bachelorstudium Politikwissenschaften, in welchem sie jedenfalls bis zum Sommersemester 2021 inskribiert war. Sie trat am (Wintersemester 2019) zu einer Prüfung an, ebenso am (Sommersemester 2020) und am (Wintersemester 2021). Alle drei Prüfungen wurden negativ beurteilt. Auf Grund der COVID-19-Pandemie kam es zu Beeinträchtigungen des Studienbetriebs, die auch ***6*** ***7*** ***2*** betrafen.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage. Sie sind nicht strittig.

Zum Schreiben der Tochter vom ist zu bemerken, dass auf dem Sammelzeugnis vom selben Tag zwar insgesamt "21 ECTS Punkte ersichtlich" sind, aber damit nur angegeben wurde, wie ECTS-Punkte jeweils im Fall des Bestehens einer Prüfung angerechnet worden wären. Tatsächlich wurden infolge Nichtbestehens aller Prüfungen 0 ECTS-Punkte nachgewiesen.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g) für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h) für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i) für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa) Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb) Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc) Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd) Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a) deren Nachkommen,

b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c) deren Stiefkinder,

d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, monatlich durch das Finanzamt Österreich automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 12 FLAG 1967 lautet:

§ 12. (1) Das Finanzamt Österreich hat bei Entstehen oder Wegfall eines Anspruches auf Familienbeihilfe eine Mitteilung auszustellen. Eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe ist auch über begründetes Ersuchen der die Familienbeihilfe beziehenden Person auszustellen.

(2) Wird die Auszahlung der Familienbeihilfe eingestellt, ist die Person, die bislang die Familienbeihilfe bezogen hat, zu verständigen.

§ 13 FLAG 1967 lautet:

§ 13. Über Anträge auf Gewährung der Familienbeihilfe hat das Finanzamt Österreich zu entscheiden. Insoweit einem Antrag nicht oder nicht vollinhaltlich stattzugeben ist, ist ein Bescheid zu erlassen.

§ 14 FLAG 1967 lautet:

§ 14. (1) Ein volljähriges Kind, für das Anspruch auf die Familienbeihilfe besteht, kann beim Finanzamt Österreich beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf sein Girokonto erfolgt. Der Antrag kann sich nur auf Zeiträume beziehen, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.

(2) Eine Überweisung nach Abs. 1 bedarf der Zustimmung der Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe hat. Diese Zustimmung kann jederzeit widerrufen werden, allerdings nur für Zeiträume, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.

(3) Es kann auch die Person, die Anspruch auf die Familienbeihilfe für ein Kind hat, beantragen, dass die Überweisung der Familienbeihilfe auf ein Girokonto dieses Kindes erfolgt. Der Antrag kann sich nur auf Zeiträume beziehen, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde. Dieser Antrag kann jederzeit widerrufen werden, allerdings nur für Zeiträume, für die noch keine Familienbeihilfe ausgezahlt wurde.

(4) Der Betrag an Familienbeihilfe für ein Kind, der nach Abs. 1 oder 3 zur Überweisung gelangt, richtet sich nach § 8.

§ 15 FLAG 1967 lautet:

§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörde ist ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes das zuständige Finanzamt anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

§ 33 Abs. 3 EStG 1988 lautet:

(3) Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe (allenfalls in Form einer Ausgleichszahlung / Differenzzahlung) und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 12 zitierte Rechtsprechung). Fehlt es an einem Anspruch auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung / Differenzzahlung), ist auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern.

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. etwa ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ). Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge (vgl. die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 13 zitierte Rechtsprechung). Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. etwa oder ). Einer Rückforderung steht auch nicht entgegen, wenn der unrechtmäßige Bezug ausschließlich durch das Finanzamt verursacht worden ist (die bei Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 16 zitierte Rechtsprechung). Allerdings kann ein Grund für eine Nachsicht nach § 236 BAO vorliegen (vgl. ; ).

Diese objektive Erstattungspflicht hat zur Folge, dass der Behörde, sobald die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht mehr gegeben sind, hinsichtlich der Rückforderung von bereits bezogener Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag kein Ermessensspielraum bleibt (vgl. ). Zur Rückzahlung eines unrechtmäßigen Bezuges an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag ist nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 derjenige verpflichtet, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat (vgl. ). Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag müssen demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, tatsächlich ausbezahlt worden sein.

Es ist somit zu prüfen, ob die Bf im Rückforderungszeitraum Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag hatte.

Zeitraum Juli 2019 bis September 2019

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 in der für den Beschwerdezeitraum maßgebenden Fassung bestand Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird. Die Schulausbildung wurde mit der Ablegung der Reifeprüfung im Juni 2019 abgeschlossen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt im September (§ 60 Abs. 4 UG, , falls bereits im September die Zulassung erfolgt ist) oder im Oktober 2019 (Beginn des Studienjahres) mit einer weiteren Berufsausbildung, nämlich dem Bachelorstudium begonnen. Dass dieses im ersten Studienjahr nicht ernsthaft betrieben wurde, stellt das Bundesfinanzgericht nicht fest, wie im Folgenden dazu ausgeführt wird:

Zeitraum Oktober 2019 bis September 2020

Das erste Studienjahr im Bachelorstudium Politikwissenschaften dauerte von Oktober 2019 bis September 2020.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gilt die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Weitere Voraussetzungen sind dem FLAG 1967 nicht zu entnehmen. Für die Berechtigung der Annahme, dass eine Berufsausbildung vorliegt, stellt das FLAG 1967 insofern eine gesetzliche Beweisregel auf, als für Studierende nach dem ersten Studienjahr die Ablegung bestimmter Prüfungen nachzuweisen ist (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 68).

Es wird zwar der Begriff des Studiums nach dem StudFG jeweils durch die Inskription bestimmt (vgl. VwGH 15.10. 003, 98/12/0472 u. v .a), allerdings wird das in § 2 FLAG 1967 geforderte Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch die Ausbildung, bezogen auf ein Universitätsstudium, nicht mit der bloßen Inskription erfüllt. Erforderlich ist, dass das Studium tatsächlich in einem bestimmten Ausmaß ernsthaft betrieben wird (vgl. zu AlVG). Daher genügt die Inskription als reiner Formalakt nicht; der Besuch von Lehrveranstaltungen oder der Antritt zu Prüfungen ist essentielle Voraussetzung dafür, dass von einer Berufsausbildung gesprochen werden kann (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 59; ; ).

***6*** ***7*** ***2*** trat im ersten Studienjahr zu zwei Prüfungen an. Dass das Studium im ersten Studienjahr nicht betrieben wurde, kann somit nicht festgestellt werden. Das positive Ablegen von Prüfungen ist, wie ausgeführt, für den Anspruch auf Familienbeihilfe für das erste Studienjahr nicht erforderlich. Erst der Anspruch für das folgende Studienjahr hängt davon ab, ob im ersten Studienjahr eine bestimmte Mindestanzahl an ECTS-Punkten erreicht wurde.

Zeitraum Oktober 2020 bis Februar 2021

Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 12 nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 UG 2002 erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. 2020 § 2 Rz 53). Nach der Regelung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 12 stünde für ***6*** ***7*** ***2*** im zweiten Studienjahr Familienbeihilfe nicht zu, da im ersten Studienjahr keine Prüfung positiv abgelegt wurde. Allerdings hat der Gesetzgeber den Studienbehinderungen infolge der COVID-19-Pandemie mit § 2 Abs. 9 FLAG 1967 und § 15 FLAG 1967 Rechnung getragen.

Gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 verlängert sich in Zusammenhang mit der COVID-19-Krise unter anderem die Studiendauer, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, um ein weiteres Semester. Das heißt für den gegenständlichen Fall, dass der Anspruch für das erste Studienjahr gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 11 sich um ein Semester, also bis Februar 2021 (§ 52 Abs. 1 UG). Das bedeutet, für den Zeitraum Oktober 2020 bis Februar 2021 bestand gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 weiter ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Im Übrigen wurde auch im Wintersemester 2020 zu einer Prüfung angetreten, sodass auch für diesen Zeitraum nicht festgestellt werden kann, die Tochter habe nicht ernstlich studiert.

März 2021

Da die Bf nach den vorstehenden Ausführungen im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe hatte, stand ihr gemäß § 15 FLAG 1967 bis März 2021 weiter Familienbeihilfe zu.

April 2021 bis Juni 2021

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 12 ist Voraussetzung für den Bezug von Familienbeihilfe im zweiten Studienjahr, dass im ersten Studienjahr eine im Gesetz genannte Mindestanzahl an ECTS-Punkten erreicht wird.

***6*** ***7*** ***2*** hat im ersten Studienjahr (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 12) bzw. in den ersten drei Semestern (§ 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967) überhaupt keine ECTS-Punkte erzielt. Ab dem Ende des dritten Semesters steht daher für ***6*** ***7*** ***2*** Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag nicht zu.

Die COVID-19-Krise hat tatsächlich zu Beeinträchtigungen des Studienbetriebs geführt. Der Gesetzgeber hat diesem Umstand mit § 2 Abs. 9 FLAG 1967 und § 15 FLAG 1967 Rechnung getragen, sodass aus § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 4 und 5 (Studienbehinderung) eine darüber hinausgehende weitere Verlängerung der Studienzeit nicht abgeleitet werden kann. Dass ***6*** ***7*** ***2*** auf Grund individueller, nicht alle Studenten gleichermaßen treffender Umstände an einem ordnungsgemäßen Studium gehindert war, hat die Bf weder vorgebracht, noch unter Beweis gestellt. Für den Zeitraum April 2021 bis Juni 2021 stand der Bf daher keine Familienbeihilfe und kein Kinderabsetzbetrag für ***6*** ***7*** ***2*** zu.

Direktauszahlung

Bei Überweisung der Familienbeihilfe gemäß § 14 FLAG 1967 auf ein Konto des Kindes bleibt der bisherige Anspruchsberechtigte unverändert. Wurden vom bisherigen Anspruchsberechtigten Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen, hat eine Rückforderung vom bisherigen Anspruchsberechtigten und nicht bei Kind zu erfolgen (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 26 Rz 15).

Teilweise Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids

Der Bescheid erweist sich daher hinsichtlich des Zeitraums Juli 2019 bis März 2021 als rechtswidrig (Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist insoweit gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben.

Dagegen ist die Beschwerde hinsichtlich des Zeitraums April 2021 bis Juni 2021 unbegründet. Der Spruch des angefochtenen Bescheids bleibt soweit unverändert.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der Verwaltungsgerichtshof bisher, soweit ersichtlich, nicht zu Studienbehinderungen infolge der COVID-19-Krise zu entscheiden hatte, war die Revision zuzulassen.

Wien, am

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