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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.02.2023, RV/7103376/2022

Rechtzeitigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages (fortgesetztes Verfahren)

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0056. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Mag. Andrea Ebner, die Richterin Mag. Aloisia Bergauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Johannes Denk und Mag. Markus Fischer in der Beschwerdesache ***Bf2***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO vom hinsichtlich des Einbringens einer Beschwerde gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im (nunmehr fortgesetzten) Verfahren strittig ist, ob der beschwerdegegenständliche Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO vom der beschwerdeführenden ***I AG*** als Gruppenträgerin (im Folgenden I AG; RV/7103379/2022) sowie der ***G GmbH*** als Rechtsnachfolgerin der ***O GmbH*** (im Folgenden O GmbH; RV/7103378/2022) und der ***G GmbH*** als Rechtsnachfolgerin der ***A GmbH*** (im Folgenden A GmbH; RV/7103376/2022) als Gruppenmitglieder hinsichtlich des Einbringens einer Beschwerde gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom rechtzeitig eingebracht wurde.

Mit Erkenntnissen vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der I AG, der O GmbH und der A GmbH gemäß § 279 BAO als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

Dagegen wurde am eine außerordentliche Parteirevision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der diese als zulässig und begründet erachtete.

Mit Erkenntnis vom , Ra 2022/13/0035-0037 hob der Verwaltungsgerichtshof die angefochtenen Erkenntnisse wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf und führte in Rz 43 und Rz 44 wie folgt aus:

"Im vorliegenden Fall lag ein Irrtum der revisionswerbenden Parteien darüber vor, ob die von ihnen zur Post gegebene Beschwerde beim Finanzamt eingelangt sei. In der Unterlassung der Überprüfung des Einlangens dieses Schriftsatzes bei der Abgabenbehörde kann zunächst kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden. Die belangte Behörde und das Bundesfinanzgericht gehen aber davon aus, dass dieser Irrtum zumutbar erkennbar gewesen sei im Hinblick auf die Beschwerdevorentscheidung vom und den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom (jeweils in der Rechtssache der S GmbH [***S GmbH***]).

Mit der Frage, ob insoweit mehr als ein minderer Grad des Versehens vorliegt, haben sich weder das Finanzamt noch das Bundesfinanzgericht befasst."

Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses trat die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat (§ 42 Abs 3 VwGG).

Da es sich nunmehr um das fortgesetzte Verfahren handelt, wird hinsichtlich der Vorbemerkungen zum Beschwerdefall sowie dem bisherigen Verfahrensgang auf die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2022/13/0035-0037, verwiesen.

Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Parteien dem Bundesfinanzgericht sämtliche im Zusammenhang mit der Revision getätigten Eingaben sowie erhaltenen Schriftstücke zur Information.

Mit Schriftsatz vom erstattete die steuerliche Vertretung eine Stellungnahme zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2022/13/0035-0037 insb in Hinblick auf den Grad des Versehens des Irrtums über das Einlangen der Beschwerde bei der belangten Behörde.

Diese Stellungnahme wurde der belangten Behörde mit Beschluss vom zur Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Die belangte Behörde teilte dem Gericht mit E-Mail vom mit, von der Erstattung einer Stellungnahme abzusehen.

Mit Eingabe vom zog die steuerliche Vertretung den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung im fortgesetzten Verfahren zurück, sodass aufgrund des geklärten Sachverhaltes von der Abhaltung einer weiteren mündlichen Verhandlung im fortgesetzten Verfahren auch bei Bedachtnahme auf Verfahrensgarantien abgesehen werden konnte. Der Antrag auf Entscheidung durch den Senat blieb aufrecht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dieses Erkenntnis basiert auf dem bereits in den Erkenntnissen vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 dargestellten Sachverhalt, der in den Akten des Finanzamts und des Bundesfinanzgerichts abgebildet ist.

Die I AG bildet eine Unternehmensgruppe mit fast 300 Gruppenmitgliedern (aufrecht und ausgeschieden). Im Streitjahr 2012 stellte sich die im Beschwerdefall maßgebende Unternehmensstruktur nach Umgründungsmaßnahmen vereinfacht wie folgt dar:

[...]

Die ***S GmbH*** (im Folgenden S GmbH bzw RS "S") ist eine inländische Tochtergesellschaft der beschwerdeführenden O GmbH. Sowohl die O GmbH als auch die A GmbH sind infolge von das Streitjahr betreffenden Umgründungsmaßnahmen inländische Tochtergesellschaften der inländischen ***D GmbH*** (im Folgenden D GmbH), die unter einem ausländischen Gruppenmitglied, der ***Y BV***, hängt. Vor den Umgründungsmaßnahmen waren sämtliche der genannten Gesellschaften Gruppenmitglieder der A-AG-Unternehmensgruppe; eine Verbindung über ein ausländisches Gruppenmitglied bestand nicht.

Der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom war an die beschwerdeführende I AG als Gruppenträgerin sowie die beschwerdeführende O GmbH, die beschwerdeführende A GmbH und (für den Beschwerdefall nicht relevant) die ***R GmbH*** als Gruppenmitglieder gerichtet und ist diesen am zugegangen. Darin wurde ua das Ende der Gruppenzugehörigkeit der O GmbH und A GmbH mit der Veranlagung 2012 festgestellt. Der Abspruch darüber erfolgte aus technischen Gründen gesondert von jenen Feststellungen im Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom in der RS "S" (Beschwerdevorentscheidung vom ).

Die Frist zur Beschwerdeerhebung gegen diesen Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom wurde für die nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaften antragsgemäß bis zum verlängert.

Die steuerliche Vertretung der nunmehr beschwerdeführenden I AG, der O GmbH und der A GmbH verfasste unstrittig einen mit datierten Beschwerdeschriftsatz, der am selben Tag der Post zum "eingeschriebenen" Versand übergeben wurde (Postbestätigung; Einschreibnummer RM 109398097). Dass dieses Schriftstück bei der belangten Behörde eingelangt ist, kann unstrittig nicht belegt werden. Als Kontakt der steuerlichen Vertretung im mit datierten Beschwerdeschriftsatz ist ua ***StB*** angegeben. Nach Angaben der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften (Stellungnahme vom ) ist ***StB*** mit mehr als 15-jähriger Erfahrung ein erfahren Parteienvertreter.

Bis zur Stellung des verfahrensgegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages am erhoben die beschwerdeführenden Gesellschafen weder ordentliche noch außerordentliche Rechtsmittel in der Beschwerdesache. Als Kontakt der steuerlichen Vertretung im verfahrensgegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag ist ua ***StB*** angegeben.

Rechtssache "S"

Im Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom wurde ua das Ausscheiden der S GmbH, die 100%igen Tochtergesellschaft der beschwerdeführenden O GmbH (Firmenbuchauszug), aus der A-AG-Unternehmensgruppe festgestellt (RS "S"). Dieser Bescheid war an die nunmehr beschwerdeführende I AG als Gruppenträgerin sowie die S GmbH und vier weitere Gruppenmitglieder als Bescheidadressaten gerichtet.

Dagegen erhoben die steuerlich vertretene und auch im hier gegenständlichen Verfahren beschwerdeführende I AG sowie die S GmbH fristgerecht am das Rechtsmittel der Beschwerde. Als Kontakt der steuerlichen Vertretung in der Beschwerde ist ua ***StB*** angegeben.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom enthält auf Seite 3 auszugsweise wie folgt lautendes Begründungselement:

"Da die [im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführende O GmbH] (wie auch die [im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführende A GmbH], GM 153) als Tochtergesellschaft der [D GmbH] mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 2011/12 aus der Unternehmensgruppe auszuscheiden war, galt diese Vorgehensweise auch für die [S GmbH] als Tochtergesellschaft der [O GmbH].

Grundlage für das Ausscheiden der Beschwerdeführerin ist somit das Ausscheiden der [O GmbH] als Gesellschafterin der [S GmbH].

Aus technischen Gründen wurde über das Ausscheiden der [S GmbH] separat mit dem angefochtenen Gruppenfeststellungsbescheid vom abgesprochen.

In einem zweiten Schritt wurde über das Ausscheiden der [O GmbH] und der [A GmbH]) mit Gruppenfeststellungsbescheid vom abgesprochen. Die Abgabenbehörde hält fest, dass der Gruppenfeststellungsbescheid vom betreffend Ausscheiden der [O GmbH] in Rechtskraft erwachsen ist."

Im dagegen gerichteten Vorlageantrag vom führte die steuerliche Vertretung der auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden I AG und der S GmbH zur Entgegnung der Darstellung betreffend den in Rechtskraft erwachsenen Bescheid in der Beschwerdevorentscheidung vom unter der Überschrift "2. Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 - Änderung gemäß § 9 Abs 9 KStG zu Bescheid vom vom " wie folgt aus:

"Der Feststellung der Abgabenbehörde, dass der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 - Änderung gemäß § 9 Abs 9 KStG zu Bescheid vom vom bereits in Rechtskraft erwachsen sei, ist entgegenzuhalten, dass gegen diesen Bescheid sowohl von der [A GmbH] und der [O GmbH] als betroffene Gruppenmitglieder, als auch von der [A-AG] als Gruppenträger innerhalb verlängerter Frist am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO erhoben wurde. Da über die Bescheidbeschwerde bislang nicht abgesprochen wurde, kann dieser Bescheid - entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom - nicht in Rechtskraft erwachsen sein."

Im Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages vom erkannte die steuerliche Vertretung der auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden I AG sowie der S GmbH offenkundig, dass die belangte Behörde von einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ausging. Sie wies ausdrücklich auf ein noch (vermeintlich) anhängiges Beschwerdeverfahren hin, weswegen die Rechtskraft ausgeschlossen sei. Als Kontakt der steuerlichen Vertretung im Vorlageantrag ist ua ***StB*** angegeben.

Für das Bundesfinanzgericht erscheint die Aufklärung des Irrtums über das Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom bei der belangten Behörde mit Abfassung des Vorlageantrages vom möglich, wenngleich zu diesem Zeitpunkt in der fehlenden Aufklärung noch kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden kann.

Mit Beschluss vom , zugestellt am (GZ RV/7103612/2018) forderte das Bundesfinanzgericht die auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführende I AG sowie die S GmbH auf, "bekannt zu geben, ob der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom in Rechtskraft erwachsen ist und die für ihre Antwort zweckentsprechenden Unterlagen vorzulegen ". Die Begründung dieses Beschlusses lautete auszugsweise wie folgt:

"In dieser Beschwerdevorentscheidung (Seite 3) hält die belangte Behörde zudem fest, dass der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom betreffend Ausscheiden der [O GmbH] in Rechtskraft erwachsen sei. Im Vorlageantrag vom findet sich hingegen der Hinweis, dass die [O GmbH] innerhalb einer verlängerten Rechtsmittelfrist am eine Bescheidbeschwerde gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom erhoben habe."

In der Vorhaltbeantwortung vom führte die steuerliche Vertretung der auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden I AG und der S GmbH wie folgt aus:

"In der Beschwerdevorentscheidung vom (Seite 3) wurde seitens der belangten Behörde behauptet, dass der an die [O GmbH] ergangene Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde am bereits in Rechtskraft erwachsen war. […]

Die Beschwerde wurde somit innerhalb offener und verlängerter Rechtsmittelfrist am an das Finanzamt übermittelt. Der an die [O GmbH] ergangene Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom war zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig. […]"

Für die steuerliche Vertretung der auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführenden I AG und der S GmbH war nach den persönlichen Fähigkeiten eines ordentlichen Steuerberaters jedenfalls mit Vorhaltbeantwortung vom und somit vor dem (Wiedereinsetzungsantrag: ) zumutbar den Irrtum über das Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom zu erkennen und nach den persönlichen Fähigkeiten eines rechtskundigen Parteienvertreters aufzuklären. Die Nichtaufklärung des Irrtums ist in der Gesamtschau durch auffallend sorgloses Handeln der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschafen unterblieben. Zum Zeitpunkt der Erstellung der Vorhaltbeantwortung konnte jedenfalls nicht mehr auf das rechtzeitige Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom vertraut werden.

In der an die auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführende I AG gerichteten Ladung zur mündlichen Verhandlung (GZ RV/7103612/2018) vor dem Bundesfinanzgericht vom , zugestellt am , führt das Bundesfinanzgericht auszugsweise wie folgt aus:

"Mit Beschluss vom erging die Aufforderung, bekannt zu geben, ob der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom in Rechtskraft erwachsen ist und die für die Antwort zweckentsprechenden Unterlagen vorzulegen. Die [I AG] hat mit Schreiben vom durch ihre steuerliche Vertretung mitgeteilt, dass

- der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom der [O GmbH] am zugestellt wurde;

- die ursprüngliche Beschwerdefrist bis verlängert wurde und

- die Beschwerde innerhalb offener und verlängerter Rechtsmittelfrist am 7. September2015 an das Finanzamt übermittelt wurde

Eine Kopie des Fristverlängerungsersuchens war dem Antwortschreiben beigelegt. Jedoch wurden keine Nachweise für das ,Übermitteln' und das Einlangen einer Beschwerde vom vorgelegt.

Sie werden daher aufgefordert, jene Beweismittel zur mündlichen Verhandlung mitzubringen, aus denen hervorgeht, dass eine Beschwerde gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom fristgerecht bei der belangten Behörde eingelangt ist."

Vor dem Bundesfinanzgericht fand am eine mündliche Verhandlung in der RS "S" statt. Dabei wurde das Einlangen des streitgegenständlichen Beschwerdeschriftsatzes vom thematisiert. Die steuerliche Vertretung legte Kopien aus dem Postausgangverzeichnis vor.

Seitens der nunmehr beschwerdeführenden Parteien bzw ihrer steuerlichen Vertretung wurden zu keinem Zeitpunkt Erkundungen eingeholt, warum die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom in der RS "S" von einem abgeschlossen Verfahren in der Beschwerdesache ausgegangen ist (Niederschrift mündliche Verhandlung vom ). Weder von Seiten der belangten Behörde noch von Seiten der steuerlich vertretenen beschwerdeführenden Gesellschaften ist im Zeitraum vom (Datum Beschwerdeschriftsatz) bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am in der RS "S" eine Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit dem dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren gekommen. Eine Unzumutbarkeit der Kontaktaufnahme in einem Zeitraum von nahezu vier Jahren wird weder von den steuerlich vertretenen beschwerdeführenden Gesellschaften behauptet, noch ist eine solche für das Bundesfinanzgericht erkennbar.

Nach der allgemeinen Praxiserfahrung kann - wie in der Stellungnahme vom zutreffend ausgeführt - insb bei komplexen Themenstellungen die Entscheidung durch die belangte Behörde oftmals einen längeren Zeitraum als sechs Monate in Anspruch nehmen. Es entspricht jedoch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in einem Fall "politischer Dimension", der vordergründig eine Rechtsfrage der Unionsrechtswidrigkeit iZm § 9 Abs 2 KStG 1988 aufwirft, von Seiten der Behörde mehr als drei Jahre mit einer Entscheidung zugewartet wird, wenn im Parallelverfahren RS "S" bereits nach ca sieben Monaten die Entscheidung durch Beschwerdevorentscheidung mit Verweis auf die dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegenden Beschwerdesache vertretene Rechtsansicht (Ausscheiden der O GmbH und der A GmbH als Gruppenmitglieder) ergeht (Beschwerde ; Beschwerdevorentscheidung ) und darin ein Hinweis auf die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom enthalten war. Dies vor dem Hintergrund als weitere Sachverhaltsermittlungen unstrittig nicht erfolgt sind und nicht erforderlich waren.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die nunmehr beschwerdeführende I AG unter Beiziehung sowohl der selben Steuerberatungskanzlei als auch desselben Steuerberaters ad personam auch beschwerdeführend in der RS "S" war. Die nunmehr beschwerdeführende O GmbH war zu 100% an der S GmbH, der beschwerdeführenden Partei im betreffenden Parallelverfahren beteiligt. Insb das Ausscheiden der O GmbH als Muttergesellschaft der S GmbH (infolge des Ausscheidens der D GmbH) wurde im Parallelverfahren als Begründung für das Ausscheiden der S GmbH als Gruppenmitglied herangezogen. Die beiden Verfahren sind somit nicht nur hinsichtlich der Person des steuerlichen Vertreters, sondern insb durch die in beiden Verfahren beschwerdeführende I AG personell verflochten, sodass die übergreifende Kenntnis zumutbar erscheint und auch vorlag. Nahm ja nicht nur die belangte Behörde auf die jeweiligen Verfahren gegenseitig Bezug, sondern insb auch die steuerliche Vertretung in ihrer Argumentation in der RS "S". Der Begriff der Rechtswidrigkeit und deren Folgen wird von der steuerlichen Vertretung in der RS "S" selbst mehrfach verwendet und entsprechend begründend dazu ausgeführt (vgl Vorlangeantrag vom und Vorhaltbeantwortung vom ). Dass der Begriff Rechtkraft und dessen Rechtswirkung nach den persönlichen Fähigkeiten eines rechtskundigen Parteienvertreters nicht bekannt ist, der diesen Begriff mit Bezugnahme auf die Rechtsfolgen selbst verwendet, entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung.

Aufgrund der konkreten Umstände des Beschwerdefalls ist in der Nichtaufklärung des Irrtums trotz - wie festgestellt- zumutbarer Erkennbarkeit zumindest ab dem Zeitpunkt der Vorhaltbeantwortung vom , somit zweieinhalb Jahre nach der erstmaligen Thematisierung der "Rechtskraft" des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 in der Beschwerdevorentscheidung vom in der RS "S" und nachdem sich die steuerliche Vertretung bereits im Vorlageantrag vom in der RS "S" mit der Problematik der Rechtskraft auseinandergesetzt hat, ein extremes Abweichen von der gebotenen Sorgfalt eines rechtskundigen Parteienvertreters zu erblicken.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes sowie der für die rechtliche Beurteilung des Beschwerdefalles essentiellen und den Parteien bekannten Aktenteile des Rechtmittelaktes des Bundesfinanzgerichtes, GZ RV/7103612/2018, in der RS "S" (insb Vorlageantrag und Vorhaltbeantwortung) - soweit nicht bereits durch die Parteien selbst vorgelegt. Zudem wird auf die Ausführungen zur Beweiswürdigung in den Vorerkenntnissen vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 insb zum Einlangen der Beschwerde vom verwiesen.

In der Beschwerdevorentscheidung in der RS "S" vom führte die belangte Behörde ausdrücklich aus, dass sie von der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom ausgehe. Im dagegen gerichteten Vorlageantrag vom nahm die steuerliche Vertretung der auch nunmehr beschwerdeführenden I AG sowie der S GmbH darauf Bezug und brachte vor, dass die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides aufgrund der fristgerecht eingebrachten, anhängigen Beschwerde vom noch nicht eingetreten sei. Da im Vorlageantrag in der RS "S" vom ausdrücklich auf die Thematik der eingetretenen Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides vom replizierend mit Verweis auf einen fristgerecht eingebrachten Beschwerdeschriftsatz vom Bezug genommen wurde, geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden I AG im Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages in der RS "S" offenkundig erkannte, dass die belangte Behörde von der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides vom ausging, weil andernfalls ein eigens ausgewiesener Punkt mit Verweis auf ein anhängiges Rechtsmittel und somit nicht abgeschlossenes Rechtsmittelverfahren nicht erfolgt wäre.

Wie bereits im Detail in den Vorerkenntnissen vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 ausgeführt, auf die dahingehend verwiesen wird, tritt die formelle Rechtskraft eines Bescheides dann ein, wenn nicht fristgerecht ein Rechtsmittel erhoben wird. Für den Beschwerdefall konnte das daher nur dann der Fall sein, wenn entweder der Beschwerdeschriftsatz vom nicht bei der belangten Behörde eingelangt wäre oder die belangte Behörde allenfalls bereits mit Beschwerdevorscheidung entschieden hätte, diese allerdings der Beschwerdeführerin nicht zugegangen wäre, die Behörde jedoch von der Zustellung ausgegangen wäre. Da die Direktvorlage an das Bundesfinanzgericht im Beschwerdeschriftsatz vom nicht beantragt wurde und auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen für das Absehen einer Beschwerdevorentscheidung nach § 262 BAO nicht vorgelegen wären, hätte jedenfalls eine Beschwerdevorentscheidung zu ergehen gehabt. Eine solche ist der Beschwerdeführerin jedoch unstrittig nicht zugegangen, ist sie ja nicht einmal ergangen. Wenn daher die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung in der RS "S" vom ausführt, der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom sei in Rechtskraft erwachsen, kann für einen verständigen Parteienvertreter damit nur gemeint gewesen sein, dass die Frist zur Erhebung eines Rechtsmittels (Beschwerde oder allenfalls Vorlageantrag) ungenützt verstrichen sei. Ein rechtskundiger Parteienvertreter, wie jener der beschwerdeführenden I AG, hätte dies bei Anwendung pflichtgemäßer Aufmerksamkeit jedenfalls erkennen können, auch wenn die belangte Behörde nicht ausdrücklich auf das "Einlangen der Beschwerde" Bezug genommen hat. Dies insb als die I AG sowohl in der RS "S" als auch im nunmehrigen Verfahren beschwerdeführend ist und darüber hinaus in beiden Verfahren jeweils derselbe Bearbeiter in der Steuerberatungskanzlei (***StB***) gegeben ist. Dass der Begriff "Rechtskraft", der von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften selbst im Verfahren in der RS "S" verwendet wurde, und die damit verbundene Rechtswirkung für einen rechtskundigen Parteienvertreter in Durchschnittsbetrachtung auch ohne Zuhilfenahme einer Onlinesuchmaschine verständlich und nicht unbestimmt sind, wird vom Bundesfinanzgericht angenommen, weil dies jedenfalls unter die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt eines Parteienvertreters subsumiert werden kann. Damit erscheint für das Bundesfinanzgericht die Aufklärung des Irrtums über das Nichteinlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom bei der belangten Behörde jedenfalls im Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages vom möglich und zumutbar, wenngleich zu diesem Zeitpunkt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts in der fehlenden Aufklärung noch kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden kann. Dies vor allem auch vor dem Hintergrund als - wie die steuerliche Vertretung der beschwerdeführendenden Gesellschaften zu Recht mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtssatzes in ihrer Stellungnahme vom ausführt - auch seitens der belangten Behörde keine über die Beschwerdevorentscheidung vom erfolgte Kontaktaufnahme über das Nichteinlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom erfolgte, obwohl diese das Nichteinlangen offenkundig (Beschwerdevorentscheidung vom ) erkannte (vgl etwa ). Zudem konnte die steuerliche Vertretung die Postaufgabe per Einschreiben des Beschwerdeschriftsatzes vom gemeinsam mit 27 weiteren Schriftsätzen nachweisen, wobei sechs an die vormals zuständige belangte Behörde gerichtet waren und fünf davon unstrittig bei dieser eingelangt sind. Weiters wurde von den beschwerdeführenden Gesellschaften auch um Fristverlängerung im betreffenden Beschwerdeverfahren angesucht und dem Grunde nach signalisiert, ein Beschwerdeerhebung - wie in der Folge auch im Parallelverfahren der 100%igen Tochtergesellschaft der nunmehr beschwerdeführenden O GmbH tatsächlich erfolgt - in Betracht zu ziehen.

Im Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom in der RS "S" werden die auch nunmehr beschwerdeführende I AG und die S GmbH aufgefordert ausdrücklich aufgefordert bekannt zu geben, ob der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom (somit der dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsbescheid zugrundeliegende) in Rechtskraft erwachsen ist und dies entsprechend zu belegen. In der Begründung verweist das Bundesfinanzgericht auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom und den Hinweis der eingetretenen Rechtskraft und stellt dem die Ausführungen des Vorlageantrages vom im darauffolgenden Satz gegenüber, wonach diesem der Hinweis auf eine erhobene Bescheidbeschwerde am zu entnehmen seien. In der Vorhaltbeantwortung vom wird seitens der steuerlich vertretenen beschwerdeführenden I AG und S GmbH in der Folge ausdrücklich sowohl auf die (rechtzeitige) "Einbringung" der Beschwerde am als auch auf die mangelnde Rechtskraft dieser Beschwerde Bezug genommen. Damit thematisierte die steuerliche Vertretung der auch nunmehr beschwerdeführenden I AG und der S GmbH offenkundig selbst, wie auch der Beschluss vom , sowohl die Einbringung der Beschwerde, als auch die Rechtswirkung der Rechtskraft und dass nach Ansicht der beschwerdeführenden I AG und der S GmbH eine solche nicht eingetreten sei, womit auf die Einbringung der Bescherde nicht erstmals im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom Bezug genommen wurde. Für die steuerliche Vertretung der auch nunmehr beschwerdeführenden I AG, der O GmbH und der A GmbH wäre somit bei entsprechender Sorgfaltswaltung jedenfalls mit der Vorhaltbeantwortung vom , somit vor dem (Wiedereinsetzungsantrag: ), der Irrtum über das Einlangen der Beschwerde vom sowohl zumutbar erkennbar als auch nach den persönlichen Fähigkeiten eines rechtskundigen Parteienvertreters aufklärbar gewesen.

Nach der allgemeinen Praxiserfahrung ist der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften zwar beizupflichten, dass die Erledigungsdauer den Zeitraum von sechs Monaten oftmals übersteigt. Im konkreten Fall wandte sich jedoch die dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegende Beschwerde gegen eine Unionsrechtswidrigkeit des § 9 Abs 2 KStG 1988 (insb , RS Papillon), wonach im Rahmen der Gruppenbesteuerung nur eine inländische Körperschaft eine beteiligte Körperschaft sein könne. Die KStR 2013 enthalten bereits seit der Stammfassung des Jahres 2013 in Rz 1014 die Ansicht der Finanzverwaltung zur unionsrechtskonformen Interpretation im Lichte der RS Papillon, wonach aus der Rechtsprechung "nicht abzuleiten [sei], diesen inländischen Enkelgesellschaften den Status eines Vollmitglieds der Unternehmensgruppe zuzuerkennen". Moniert wird nunmehr in im Beschwerdeschriftsatz vom insb eine gesetzlich nicht gedeckte Unterscheidung in Voll- und Teilmitglied innerhalb einer Unternehmensgruppe. Die ins Treffen geführte RS Papillon wurde bereits im Jahr 2008 vom Gerichtshof der Europäischen Union entscheiden. Die Unionsrechtswidrigkeit der Bestimmung des § 9 Abs 2 KStG 1988 wie auch die Ansicht der Finanzverwaltung zur Herstellung eines unionsrechtskonformen Zustandes wurden in der Literatur seitdem - wie auch im Beschwerdeschriftsatz vom hingewiesen vielfach kritisch hinterfragt (vgl mit weiteren Nachweisen der Literatur und Judikatur zB auch Ebner in Lachmayer/Strimitzer/Vock, KStG 198834, § 9 Abs 2 Rz 136 ff), jedoch nicht abgeändert. Sachverhaltserhebungen durch die belangte Behörde waren unstrittig keine erforderlich; strittig war lediglich die rechtliche Beurteilung. Es entspricht der Praxiserfahrung, dass Finanzämter - auch ohne Weisungscharakter der Verwaltungsrichtlinien - regelmäßig nicht von der darin vertretenen Rechtsansicht abweichen. Dies war auch im konkreten Beschwerdefall wahrscheinlich, weil die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vom in der RS "S", in der auch die nunmehr beschwerdeführende I AG beschwerdeführend war, unter Verweis auf die in den KStR 2013 Rz 1014 vertretene Verwaltungspraxis ausführte, dass "mit der [D GmbH] (als Tochtergesellschaft eines ausländischen Gruppenmitglieds) verbundene inländische Körperschaften […] nach Verwaltungsmeinung daher nicht in die Unternehmensgruppe einbezogen werden [können]" (vgl zur gleichmäßigen Besteuerung § 114 BAO). Zudem wird ausdrücklich Rechtsansicht hinsichtlich der nunmehr beschwerdeführenden O GmbH und die beschwerdeführenden A GmbH Bezug genommen und ausgeführt, "da die [O GmbH (wie auch die [A GmbH], GM 153) als Tochtergesellschaft der [D GmbH] mit Ablauf des Wirtschaftsjahres 2011/12 aus der Unternehmensgruppe auszuscheiden war, galt diese Vorgehensweise auch für die Beschwerdeführerin als Tochtergesellschaft der [O GmbH]." Ein Abgehen von der Verwaltungsansicht in der dem Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegenden Beschwerdesache unter Einbeziehung des Fachbereiches und deswegen länger (über drei Jahre) andauernder Entscheidungszeit - wie die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften in der Stellungnahme vom hinweist - erscheint nach der dabei ins Treffen geführten allgemeinen Praxiserfahrung zudem äußerst unwahrscheinlich, wenn weiters seitens der belangten Behörde (die auch in der RS "S" sachlich und örtlich zuständig war) ausgeführt wird "Grundlage für das Ausscheiden der Beschwerdeführerin ist somit das Ausscheiden der [O GmbH] als Gesellschafterin der Beschwerdeführerin." Damit erscheint nach der Praxiserfahrung naheliegend, dass die belangte Behörde zuerst - im Wege einer Beschwerdevorentscheidung bei Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes - über die Gruppenzugehörigkeit der O GmbH als Muttergesellschaft der S GmbH absprechen würde, wenn sie dies - wie im konkreten Fall erfolgt - als Begründung der Beschwerdevorentscheidung in der RS "S" zugrunde legen möchte. Dies insb als die belangte Behörde abschießend festhält, "dass der Gruppenfeststellungsbescheid vom betreffend Ausscheiden der [O GmbH] in Rechtskraft erwachsen ist". Die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom wurde zudem im weiteren Verfahren - insb auch von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Parteien selbst - mehrfach thematisiert. Aufgrund der konkreten Umstände des Beschwerdefalls (insb das Thematisieren der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides vom und die ausdrückliche Bezugnahme auf das Ausscheiden der beschwerdeführenden O GmbH) war nach der allgemeinen Praxiserfahrung mit einer kürzeren als über drei Jahre (Abstellen auf den Zeitpunkt der für das Bundesfinanzgericht maßgebenden Vorhaltbeantwortung vom ) andauernden Entscheidungszeit zu rechnen, sodass aufgrund der konkreten Umstände des Beschwerdefalls zum Zeitpunkt der Vorhaltbeantwortung am in Gesamtschau nicht mehr auf das (rechtzeitige) Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes vertraut werden konnte.

Jedenfalls im Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages vom erkannte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin offenkundig, dass die belangte Behörde von einem rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ausging (Ausführungen mit Überschrift "2. Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 - Änderung gemäß § 9 Abs 9 KStG zu Bescheid vom vom "). Spätestens mit der Vorhaltbeantwortung vom , somit ca zweieinhalb nach dem erstmaligen Thematisieren der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom , hätte ein rechtskundiger Parteienvertreter nach der die für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderlichen und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbaren Sorgfaltswaltung den Irrtum über das Einlangen der Beschwerde erkennen und zumutbar bei aufklären können, stand doch zumindest für einen Zeitraum von ca zweieinhalb Jahren bereits die Problematik der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom im Raum und wurde wiederkehrend thematisiert. In dem gesamten Zeitraum gab es jedoch - wie von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften mehrfach ins Treffen geführt - keine (direkte) Kommunikation mit der belangten Behörde in Zusammenhang mit der zumindest seit der Beschwerdevorentscheidung vom offensichtlich zumindest in irgendeiner Hinsicht - sei es Nichteinlangen der Beschwerde oder Nichtzugehen einer Beschwerdevorentscheidung - betreffend die Rechtskraft fragwürdigen gegenständlichen Beschwerdesache. In den im konkreten Beschwerdefall besonderen Umständen der personellen Übergreifung sowohl der beschwerdeführenden Gesellschaften (insb der I AG, die sowohl in der RS "S" als auch im gegenständlichen Verfahren beschwerdeführend ist), als auch der steuerlichen Vertretung in der RS "S" und in der dem Wiederaufnahmeantrag zugrundeliegenden Beschwerdesache, der langen Zeitdauer, in welcher jegliche Aufklärung des Irrtums etwa durch Kontaktaufnahme unterblieben ist, dies insb vor dem Hintergrund als wie oben dargelegt im nach den besonderen Umständen im Beschwerdefall nach der Praxiserfahrung nicht zu erwarten war, dass die belangte Behörde über drei Jahren mit der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zuwarten würde und dem Umstand, dass die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom wiederholt im Verfahren in der RS "S" und erstmalig bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom angesprochen wurde, ist in der Nichtaufklärung des Irrtums ein extremes Abweichen von der gebotenen Sorgfalt eines rechtskundigen Parteienvertreters zu erblicken. Im gesamten Zeitraum wurde (beidseitig) kein naheliegender und zumutbarer Versuch der Kontaktaufnahme zur Aufklärung des Irrtums über das Beschwerdeeinlangen unternommen.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Nach § 273 Abs 2 BAO haben an der Verhandlung, Beratung und Abstimmung über die Beschwerde alle Mitglieder des Senates teilzunehmen.

Im Beschwerdefall ist es zu einer Änderung der Geschäftsverteilung und infolge dessen personell veränderten Senatszusammensetzung gegenüber den Vorerkenntnissen vom , RV/7102903/2021, RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021 gekommen. Die geänderte Senatszusammensetzung ist daher nicht auf unsachliche Gründe zurückzuführen. Weder die BAO noch das BFGG sehen eine Versteinerung der Senatszusammensetzung vor. Eine solche ist auch der Geschäftsordnung des Bundesfinanzgerichts nicht zu entnehmen. Da das Abgabenrechtsmittelverfahren nicht vom Grundsatz der Unmittelbarkeit beherrscht ist, begründet die Änderung in der personellen Senatszusammensetzung keinen Verfahrensmangel (vgl Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO2.05, § 273 BAO Rz 6 sowie insb ).

Gemäß § 9 KStG 1988 können finanziell verbundene Körperschaften (Abs 2 bis 5 leg cit) nach Maßgabe des Abs 8 eine Unternehmensgruppe bilden. Dabei wird das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds (Abs 6 und Abs 7 leg cit) dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw Gruppenträgers jenes Wirtschaftsjahres zugerechnet, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres des Gruppenmitgliedes fällt. Die Gruppenbesteuerung erstreckt sich auf den Gruppenträger und die Gruppenmitglieder, die in einem schriftlichen Gruppenantrag genannt sind (Abs 8 leg cit). Dabei regelt der letzte Teilstricht, dass das für die Erhebung der Körperschaftsteuer des Antragstellers zuständige Finanzamt das Vorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen der Unternehmensgruppe gegenüber allen den Antrag unterfertigten Körperschaften bescheidmäßig festzustellen hat. Nach Abs 9 letzter Teilstrich leg cit ist der Feststellungsbescheid (Abs 8 leg cit) in allen Fällen der Änderung gegenüber dem Gruppenträger und dem betroffenen Gruppenmitglied abzuändern.

Im Beschwerdefall bestand unstrittig eine solche Unternehmensgruppe deren Gruppenträger die sowohl im hier gegenständlichen Verfahren als auch in der RS "S" beschwerdeführende I AG war. Der gegenüber der beschwerdeführenden I AG sowie ua der S GmbH ergangene Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom war ebenso wie der Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom , der dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zugrunde liegt, eine Abänderung gemäß § 9 Abs 9 KStG 1988, in denen über das Ende der Gruppenzugehörigkeit der betreffenden Gruppenmitglieder abgesprochen wurde. Das Ausscheiden der betroffenen Gruppenmitglieder resultierte nach Ansicht der Finanzverwaltung, weil infolge der Veräußerung der Anteile an der D GmbH an eine ausländische Gesellschaft eine finanzielle Verbindung iSd § 9 KStG 1988 nicht mehr bestanden habe. Nach dieser Verwaltungsansicht seien sämtliche mittelbar und unmittelbar unter der D GmbH stehende Beteiligungen aus der Unternehmensgruppe auszuscheiden gewesen, was konkret die O GmbH und deren 100ige Tochtergesellschaft, die S GmbH sowie die A GmbH betroffen habe. Trotz desselben Rechtsgrundes für die Beurteilung der belangten Behörde, nämlich der Veräußerung der D GmbH an eine ausländische Gesellschaft, erfolgte die Absprache darüber - aus technischen Gründen - in zwei Änderungsbescheiden iSd § 9 Abs 9 KStG 1988. Die I AG als Gruppenträgerin erhob einerseits gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom in der RS "S" gemeinsam mit der S GmbH das Rechtsmittel der Beschwerde und schien anderseits auch auf dem unstrittig nicht nachweislich bei der belangten Behörde einlangenden Beschwerdeschriftsatz gegen den Gruppenfeststellungsbescheid 2012 vom als Beschwerdeführerin auf. Sie stellte nunmehr gemeinsam mit der O GmbH und der A GmbH den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. All dies unter Beiziehung derselben Steuerberatungskanzlei und Steuerberaters an den Verfahrensschriftsätzen.

§ 308 BAO zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lautet wie folgt:

"§ 308 (1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

[Anm.: Abs 2 aufgehoben durch BGBl I Nr 124/2003]

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

(4) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung auch bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist."

Bei der Frage, ob ein Rechtsmittel rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, handelt es sich um eine Rechtsfrage, die aufgrund der festgehaltenen Tatsachen zu entscheiden ist (vgl ).

Gegen die Versäumung einer Beschwerdefrist ist die Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages in den vorigen Stand nach § 308 BAO möglich (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 5).

Unstrittig ist, dass die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften den Beschwerdeschriftsatz vom der Post zum Versand übergeben hat, ein Nachweis des Einlangens bei der belangten Behörde jedoch nicht mehr möglich ist. Mangels nachgewiesenem Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes bei der belangten Behörde, ist diese von der Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom ausgegangen. Es lag in der Folge ein Irrtum darüber vor, ob die zur Post gegebene Beschwerde bei der belangten Behörde eingelangt sei. Dieser unveränderte Sachverhalt lag der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2022/13/0035-37 zu Grunde, auf welches verweisen wird (vgl insb Rz 36 ff und Rz 43 des Erkenntnisses vom ).

Im Beschwerdefall sind vor dem Hintergrund des bereits im ersten Rechtgang in freier Beweiswürdigung unstrittig festgestellten Sachverhaltes die Voraussetzungen nach § 308 BAO des entstandenen Rechtsnachteiles mangels anderweitiger Nachholung der Prozesshandlung (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 7) sowie des Vorliegens eines unvorhersehbaren oder unabwendbaren Ereignisses durch Verlust einer Sendung nach Übergabe an die Post (vgl ) erfüllt.

Für den Lauf der dreimonatigen Wiedereinsetzungsfrist kommt es auf den Zeitpunkt der zumutbaren Erkennbarkeit des Irrtums an, also auf den Wegfall des Irrtums oder der Umstände, unter denen er nicht in einer der Wiedereinsetzung entgegen stehenden Weise vorwerfbar ist (vgl rechtliche Ausführungen in den Vorerkenntnisendes , RV/7102902/2021 und RV/7102176/2021, mwN). Der Wiedereinsetzung entgegen steht der Irrtum aber dann, wenn der mindere Grad des Versehens überschritten ist. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 146 ZPO, an welche Bestimmung jene des § 308 BAO nach der Absicht des Gesetzgebers im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsordnung angepasst werden sollte (vgl -37, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass von einer Kenntnis der Verspätung eines Rechtsmittels bereits auszugehen ist, sobald die Partei bzw deren Vertreter die Verspätung bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (vgl , mwN). Selbiger Maßstab gilt aufgrund obiger Darstellungen auch für das Erkennen des Nichteinlangens eines Beschwerdeschriftsatzes.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom ausgesprochen hat, beginnt der Lauf der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nicht erst mit der Aufklärung des Irrtums, sondern bereits mit seiner möglichen Aufklärung. Diese Frist wird aber - worauf der Verwaltungsgerichtshof hinweist und was nunmehr vordergründig im Beschwerdeverfahren zu klären ist - nur dann in Lauf gesetzt, wenn die mögliche Aufklärung nicht nur wegen eines minderen Grades des Versehens unterblieben ist; es darf nämlich bei der Beurteilung dieser Frage kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (-37, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (vgl ; und ). Hat der bevollmächtigte Vertreter der Partei davon Kenntnis erlangt, dass eine Beschwerde der Partei verspätet eingebracht worden ist bzw nicht bei der Behörde eingelangt ist, dann ist diese Kenntnis so zu werten, wie wenn die Partei selbst davon Kenntnis erhalten hat (vgl ).

Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber bzw dessen Parteienvertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben und etwas unbeachtet gelassen haben, was im konkreten Fall jedem leicht einleuchten musste. Dies ist dann der Fall, wenn einfache und naheliegende Überlegungen nicht angestellt wurden, wobei für rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab beachtlich ist (vgl ; und RIS-Justiz RS0036795; sowie Ritz/Koran, BAO7, § 308 Tz 9 ff und Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 8/2). Auch im täglichen Gerichtsbetrieb unterliegt der rechtskundige und insb der mit den Verhältnissen bei Gericht vertraute Parteienvertreter einem erhöhten Sorgfaltsmaßstab (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 19 mwN).

Eine auffallende Sorglosigkeit setzt eine Sorgfaltswidrigkeit voraus, die einem ordentlichen Menschen in der gegebenen Situation keinesfalls unterlaufen wäre ( mit Verweis auf Gitschthaler in Rechberger, ZPO5 § 146 Rz 6 und 7 mwN). Die Einhaltung der Rechtsmittelfristen erfordert von der Partei und ihrem Vertreter jeodch größtmögliche Sorgfalt (vgl ; ). Der Parteienvertreter hat in Fristsachen genaue Erkundigungen bei den zuständigen Stellen anzustellen (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 16). Ein Grad minderen Versehens liegt folglich nur vor, wenn ein Fehler begangen wird, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Parteienvertreter unterläuft (vgl ). Dies gilt selbst dann, wenn es sich um mehrere Fehler handelt, sofern diese auch in Summe noch als leicht fahrlässig anzusehen sind (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 6).

Das Hindernis ist jedenfalls dann weggefallen, wenn der Partei selbst unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Möglichkeiten unter Bedachtnahme auf die im § 147 Abs 3 ZPO zum Ausdruck gebrachten Handlungspflicht zugemutet werden kann, die Prozesshandlung nachzuholen (RIS-Justiz RS0036621). War die Versäumung voraussehbar und hätte sie durch ein zumutbares Verhalten abgewendet werden können, so ist die Wiedereinsetzung zu verweigern (). Es ist dabei jenes Maß zu fordern, wie es nach der Lebenserfahrung von einer vernünftigen und durchschnittlich gewissenhaften Person angesichts der Bedeutung der vorzunehmenden Handlung unter den gegebenen Umständen aufgewendet zu werden pflegt (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 8/1). Dabei darf, worauf der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom hingewiesen hat, bei der Beurteilung, ob die mögliche Aufklärung durch auffallende Sorglosigkeit unterblieben ist, kein strengerer Maßstab angelegt werden als bei der Versäumung der Frist selbst (RIS-Justiz RS0036827).

Ob die Wiedereinsetzung nicht zu bewilligen ist, weil es sich nicht um einen minderen Grad des Versehens handelt, ist regelmäßig von den Umständen des Einzelfalles abhängig (RIS-Justiz RS0116535).

Der Verlust (auch) eines nicht eingeschriebenen Briefes stellt kein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden dar, weil auch ohne diese besondere Form der Postaufgabe mit dem Einlangen des Schriftstückes bei der Behörde gerechnet werden kann. Auch in der Unterlassung der (allgemein jedenfalls nicht vorgeschriebenen) Überprüfung des Einlangens der Erklärungen bei der Abgabenbehörde kann kein auffallend sorgloses Verhalten erblickt werden (vgl , mwN sowie Capek/Rzeszut/Turpin in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO2.04, § 308 BAO Rz 39).

Den beschwerdeführenden Gesellschaften ist daher beizupflichten, dass sie nach dem normalen Gang der Dinge auf das Einlangen der dem gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag zugrundeliegenden Beschwerde vom vertrauen durften. Dies insb vor dem Hintergrund, dass von sechs am selben Tag eingeschrieben an die belangte Behörde übermittelten Schriftsätzen fünf unstrittig auch tatsächlich eingelangt sind. Wie das Bundesfinanzgericht vor diesem rechtlichen Hintergrund in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, war daher weder im Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom in der RS "S", in welcher erstmals auf die Rechtskraftproblematik hingewiesen wurde, noch im Zeitpunkt des Verfassens des dagegen gerichteten Vorlageantrages vom ein auffallend sorgloses Handeln des Parteienvertreters erkennbar, das die Aufklärung des Irrtums über das Einlangen der Beschwerde hinderte.

Offensichtlich wurde diese Rechtskraftproblematik jedoch von der steuerlichen Vertretung der I AG und S GmbH auch erkannt, wenn im Vorlageantrag vom in der RS "S" ausdrücklich in einem eigenen Punkt auf die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom Bezug genommen und ausgeführt wird, fristgerecht Bescheidbeschwerde erhoben zu haben und dass darüber noch nicht abgesprochen worden sei. Wenngleich der Irrtum bereits erkennbar gewesen wäre, lag jedenfalls kein über den minderen Grad des Versehens vorwerfbares Verhalten vor. Subjektive Vorwerfbarkeit war somit bis zu diesem Zeitpunkt zu verneinen.

Der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften ist auch zuzustimmen, wenn sie ausführt, die - nahezu reflexartige - Annahme groben Verschuldens bei Fehlern von berufsmäßigen Parteienvertretern sei jedenfalls verfehlt (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 8/2). Im Beschwerdefall konnte jedoch in der Gesamtschau der konkreten Umstände des Einzelfalles des in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalts kumuliert vor dem Hintergrund der rechtlichen Ausführungen nicht mehr vom Unterblieben der Irrtumsaufklärung aufgrund eines bloß minderen Grad des Versehens des Parteienvertreters ausgegangen werden; dies zumindest ab dem Zeitpunkt des Verfassens der Vorhaltbeantwortung vom . Aufgrund der konkreten Umstände des Beschwerdefalls - wie in freier Beweiswürdigung dargelegt - konnte der Parteienvertreter spätestens im Zeitpunkt der Vorhaltbeantwortung vom , somit mehr als drei Jahre nach Postaufgabe des Beschwerdeschriftsatzes vom , nicht mehr darauf vertrauen, dass der Beschwerdeschriftsatz bei der belangten Behörde eingelangt ist. Im konkreten Beschwerdefall entsprach eine Entscheidungsdauer der belangten Behörde von drei Jahren - wie in der Beweiswürdigung dargelegt - nicht der allgemeinen Praxiserfahrung. Dies insb als die Rechtskraft des Gruppenfeststellungsbescheides 2012 vom bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom , somit mehr als zwei Jahre vor erfolgter Vorhaltbeantwortung, thematisiert wurde, dem Beschluss vom sowohl der Hinweis der Rechtskraft als auch die vermeintliche Beschwerdeerhebung in der Begründung zugrunde leget wurden sowie Unterlagen dahingehend abverlangt wurden und dennoch zu keinem Zeitpunkt aktiv eine Überprüfung der Fristeinhaltung durch den Parteienvertreter oder Einholen von Erkundungen durch zumutbare Kontaktaufnahme erfolgt ist. Zudem wurde in der betreffenden Vorhaltbeantwortung ausdrücklich seitens der steuerlich vertretenen I AG auf die (rechtzeitige) "Einbringung" der Beschwerde am Bezug genommen, weshalb das Argument, dass erstmals in der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom darauf Bezug genommen worden sei, insoweit ins Leere geht. Auf die Thematik der Rechtskraft wurde vielmehr -wie auch die steuerliche Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften auf Seite 7 der Stellungnahme vom festhält - wiederholt hingewiesen.

Trotz zumutbarer Erkennbarkeit und offensichtlichem Erkennen der Problematik durch den Parteienvertreter bereits im Vorlageantrag vom , aber insb in der Vorhaltbeantwortung vom , dass die belangte Behörde vom Versäumen einer Rechtsmittelfrist ausgehe, wurden von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Parteien zu keinem Zeitpunkt ihr zumutbare Erkundungen eingeholt (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 16), die zur Aufklärung des Irrtums über das Einlagen der Beschwerde vom führen hätten können und wodurch entsprechende rechtliche Korrektive fristgerecht ergriffen werden hätten können. Stattdessen wurde erst am , somit dreieinhalb Jahre nach Postaufgabe des betreffenden Beschwerdeschriftsatzes, der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht. Ob die beschwerdeführenden Gesellschaften bzw ihre steuerliche Vertretung die Beschwerdefristversäumung als solche tatsächlich erkannt haben, ist für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Wiedereinsetzungsantrages vor dem Hintergrund der obig dargestellten Rechtslage nicht relevant; es kommt auf die zumutbare Erkennbarkeit an.

Dabei hätte auch - wie in freier Beweiswürdigung festgesellt - zumindest ab dem Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages vom entgegen der Ausführungen der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften ein gewissenhafter und sorgfältiger Parteienvertreter gerade nicht genauso agiert, wie die steuerliche Vertretung im konkreten Fall, weil zu diesem Zeitpunkt - wie in freier Beweiswürdigung festgestellt - insb auch nicht mehr auf das Einlangen des Beschwerdeschriftsatzes vom bei der belangten Behörde vertraut werden durfte. Im Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageantrages vom handelte es sich - entgegen der Ausführungen der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften und wie in freier Beweiswürdigung im konkreten Beschwerdefall festgestellt - jedenfalls auch nicht mehr um einen nur durch die Abgabenbehörde wahrnehmbaren Lebenssachverhalt. Vielmehr musste drei Jahre nach Postaufgabe des Beschwerdeschriftsatzes aufgrund der aufgezeigten besonderen Umstände des Beschwerdefalles und dem Zusammenspielen der betreffenden Verfahren sowie der wiederholten Thematisierung der Rechtskraft bei im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderlicher und einem Parteienvertreter nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbaren Sorgfaltswaltung mit dem Nichteinlangen des Schriftsatzes als zumindest in diesem Zeitpunkt naheliegende Überlegung gerechnet werden. Dabei ist hinsichtlich des auffallend sorglosen Verhaltes des Parteienvertreters jedenfalls der lange Zeitraum zwischen Erkennbarkeit und Stellung des nunmehrigen Wiedereinsetzungsantrages zu berücksichtigen.

Dabei geht das Bundesfinanzgericht gerade nicht vom Maßstab eines überaus vorsichtigen Parteienvertreters aus. Vielmehr stimmte das Agierten des Parteienvertreters im konkreten Beschwerdefall nicht mit jenem eines - wie in der Stellungnahme vom ins Treffen geführt - gewissenhaften und umsichtigen Steuerberaters überein. Zwar können - wie in der Stellungnahme weiters ausgeführt - grundsätzlich weder gesetzlich noch standesrechtlich vorgesehene Kontrollen außergewöhnlichen Sorgfaltspflichten begründen. In der Überprüfung des Einlangens eines Rechtsmittels drei Jahre nach dessen Postaufgabe und bei wiederholten und eindeutigen Hinweisen auf eine möglicherweise in diesem Zusammenhang stehenden Problematik, kann jedoch gerade keine außergewöhnliche Sorgfaltspflicht erblickt werden. Stattdessen handelt es sich dabei um das Anstellen von einfachen und naheliegende Überlegungen, die einem rechtskundigen Parteienvertreter zumutbar sind. Erscheint doch aufgrund der dargelegten Gesamtumstände im konkreten Beschwerdefall die Einholung von Erkundungen zur Aufklärung des Irrtums über das Einlangen bei der zuständigen Stelle vertretbar, insb als die Beteiligten, die zur Aufklärung hätten beitragen können, in den betreffenden Verfahren dieselben Ansprechpersonen gewesen wären und damit ein erheblicher Aufwand nicht verbunden gewesen wäre (Gitschthaler in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 146 ZPO Rz 16).

Soweit ins Treffen geführt wird, dass die Bezugnahme auf die "Rechtskraft" durch die belangte Behörde für einen rechtskundigen Parteienvertreter missverständlich seien und die Bescheidbegründung dadurch dem Qualitätsanspruch der BAO nicht gerecht werden würde, kann diese Argumentation nicht nachvollzogen werden. Wie bereits ausgeführt, kann einem rechtskundigen Parteienvertreter bei Anwendung der ihm zumutbaren persönlichen Sorgfalt im Verkehr mit Gerichten und bei der Einhaltung von Fristen und Terminen ein Verständnis bzw die Verschaffung eines solchen über die grundsätzliche Rechtswirkung der Rechtskraft zugemutet werden. Darüber hinaus geht das Bundesfinanzgericht im Zeitpunkt des erstmaligen Hinweises auf die eingetretene Rechtskraft in der Beschwerdevorentscheidung vom gerade noch nicht von einem auffallend sorgloses Verhalten der steuerlichen Vertretung aus. Zweieinhalb Jahre danach, nämlich in Zeitpunkt der Verfassung des Vorlageantrages vom , kann jedoch ein unaufgeklärt gebliebenes Missverständnis über die Rechtswirkung der wiederholt thematisierte Rechtskraft nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht mehr als dem Sorgfaltsmaßstab einer vernünftigen und durchschnittlich gewissenhaften Person angesichts der Bedeutung der vorzunehmenden Handlung unter den gegebenen Umständen entsprechend angesehen werden. Zudem ist im Beschwerdefall die Qualität der Bescheidbegründung der Beschwerdevorentscheidung vom als solche nicht maßgebend, kommt es doch gerade auf das Gesamtbild der in freier Beweiswürdigung festgestellten Umstände in konkreten Beschwerdefall an.

Nicht nachvollzogen kann der Hinweis auf das vermeintlich bewusst gewählte Wording durch die belangte Behörde werden, welches in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom unprotokolliert geblieben sei, zumal die Niederschrift entsprechend § 275 Abs 7 iVm § 87 Abs 4 BAO von der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften ohne Einwende oder Ergänzungen nach Durchsicht unterfertigt wurde.

Vor dem Hintergrund der rechtlichen Ausführungen und der in freier Beweiswürdigung festgestellten konkreten Gegebenheiten im Beschwerdefall, vermag der Umstand der zwei Rechtsmittelverfahren für das Bundesfinanzgericht an der "Erkennbarkeit" des Hindernisses im Beschwerdefall aufgrund der Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung in der RS "S", nichts zu ändern. Den beschwerdeführenden Parteien ist zuzustimmen, dass mit dem bloßen Hinweis auf die Rechtskraft des betreffenden Gruppenfeststellungsbescheides und der zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgten Aufklärung des Irrtums über das Einlangen der betreffenden Beschwerde, jedenfalls noch kein auffallend sorgloses Verhalten der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften erblickt werden kann. Entgegen der Ansicht der steuerlichen Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaften kann diese Sichtweise zweieinhalb Jahre nach erstmaligem Hinweis auf die Rechtskraft in der Beschwerdevorentscheidung vom und drei Jahre nach Beschwerdeerhebung selbst jedoch in Gesamtschau des in freier Beweiswürdigung konkret festgestellten Sachverhalts nicht mehr aufrechterhalten werden. Danach war zumindest im Zeitpunkt der Vorhaltbeantwortung vom ein Agieren eines gewissenhaften und umsichtigen Parteienvertreters nicht mehr rechtfertigbar, hätte ein solcher doch aufgrund der konkreten Umstände im Beschwerdefall jedenfalls zu diesem Zeitpunkt Handlungen gesetzt, die auf eine Aufklärung des Irrtums über das Einlangen der Beschwerde hingewirkt hätten. In Gesamtschau lag daher - auf Grundlage des in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhaltes - zumindest ab dem Zeitpunkt des Verfassens der Vorhaltbeantwortung vom eine über den minderen Grad des Versehens hinausgehende subjektive Vorwerfbarkeit der Nichtaufklärung vor. Damit erweist sich der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die beschwerdegegenständliche Rechtsfrage zur Rechtzeitigkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bereits durch die im Erkenntnis näher ausgeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt (vgl insb -0037, mwN). Darüber hinaus waren die in freier Beweiswürdigung vorgenommenen Feststellungen des maßgeblichen Sachverhaltes entscheidungswesentlich (vgl zB ). Die Frage, ob ein bestimmtes Fehlverhalten einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten über den Grad eines leichten Versehens hinausgeht, ist regelmäßig von den besonderen Umständen des jeweiligen Falls abhängig und hat keine grundsätzliche Bedeutung (RIS-Justiz RS0116535). Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art 133 Abs 4 B-VG liegen somit nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 9 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 273 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise











KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013 Rz 1014








BFG, RV/7102176/2021
BFG, RV/7102902/2021

ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103376.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at