Vertrag auf bestimmte und unbestimmte Zeit
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr1***, ***Vertr1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Rechtsgeschäftsgebühr, Steuernummer 10-1, Erfassungsnummer 10-2016, zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der in der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzten Abgabe bleiben unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin (kurz Bf) durchgeführten Außenprüfung wurde im Bericht vom festgestellt, dass die Bestandvertragsgebühr für den Unterpachtvertrag vom zwischen der Bf als Verpächterin und Frau XYZ als Pächterin nicht korrekt selbstberechnet worden sei. Die vereinbarte Zahlung von Betriebs- und Heizkosten sei bei Bemessung der Gebühr nicht berücksichtigt worden. Nach den Bestimmungen des Pachtvertrags werde das Pachtverhältnis auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Aufgrund des Kündigungsverzichtes für 10 Jahre liege aber ein Vertrag auf bestimmte Zeit (10 Jahre) plus unbestimmte Zeit (3 Jahre) vor. Die Zahlung der Betriebs- und Heizkosten (geschätzt 900,- Euro pro Monat) sei bei Berechnung der Gebühr zu berücksichtigen.
Mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom wurde die Bestandvertragsgebühr für den Unterpachtvertrag nach § 33 TP 5 GebG mit 18.252,- Euro - unter Berücksichtigung des selbstberechneten Betrages - festgesetzt (Nachforderung 14.364,- Euro). Das Finanzamt ging bei der Berechnung der Rechtsgeschäftsgebühr von einer Vertragsdauer von 13 Jahren aus. Zur Begründung wurde im Wesentlichen auf die Feststellungen und Ausführungen der Außenprüfung verwiesen.
Dagegen brachte die Bf mit Schriftsatz vom Beschwerde ein und führte zur Begründung aus, dass die Bemessungsgrundlage überhöht angesetzt worden sei und eine detaillierte Begründung nachgereicht werde.
Daraufhin versandte das Finanzamt mit Bescheid vom einen Mängelbehebungsauftrag und gab der Bf eine Frist bis um die Begründung nachzureichen.
Nach erfolgter Fristverlängerung reichte die Bf mit Schriftsatz vom die Begründung nach und führte dabei aus, dass der Kündigungsverzicht nur versehentlich im Vertrag angeführt worden und in der Endfassung nicht gestrichen worden sei. Der Kündigungsverzicht sei daher von den Vertragsparteien nicht gewollt gewesen. Selbst wenn man von einem Kündigungsverzicht ausgehe, läge ein Zeitraum von zehn Jahren vor. Der Ansatz von 13 Jahren sei daher jedenfalls überhöht. Darüber hinaus seien die Betriebskosten tatsächlich nie verrechnet und bezahlt worden.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass gemäß § 17 Abs. 1 GebG 1957 für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift maßgebend sei. Im gegenständlichen Pachtvertrag sei eindeutig ein beiderseitiger Kündigungsverzicht, sowie die Übernahme der Betriebskosten durch die Pächterin vereinbart worden. Somit sei erst nach Ablauf von zehn Jahren eine jederzeitige Auflösung des Vertrages möglich gewesen. Es liege daher eine Vertragsdauer von bestimmter Zeit (zehn Jahre, beiderseitiger Kündigungsverzicht) mit anschließender unbestimmten Zeit (jederzeitige Kündigungsmöglichkeit durch beide Vertragsparteien) vor. Die Betriebskosten seien in die Bemessungsgrundlage für die Bestandsvertragsgebühr einzubeziehen und werden mit einem Betrag von 300,- Euro pro Monat geschätzt. Die belangte Behörde ermittelte so eine Bemessungsgrundlage in Höhe von 1,731.600,- Euro und setzte die Gebühr mit 17.316,- Euro fest. Abzüglich des selbstberechneten Betrag reduzierte sich die Nachforderung auf 13.428,- Euro.
In der Folge brachte der Bf mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ohne weitere Begründung ein.
Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte ergänzend aus, dass den Ausführungen in der Beschwerde, wonach tatsächlich keine Betriebskosten gesondert verrechnet worden seien, § 17 Abs. 5 GebG entgegenzuhalten sei. Demnach hebe die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäfts oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandenen Gebührenschuld nicht auf.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die Bf ist Pächterin eines Gebäudes, in dem sich im Erdgeschoss ein Restaurant und im Obergeschoß eine Wohnung befindet.
Die Bf hat mit der Pächterin am einen Unterpachtvertrag über das gesamte Gebäude abgeschlossen. Der zugrundeliegende gebührenrechtlich relevante monatliche Pachtzins beträgt 10.800,- Euro.
Vertraglich wurde der Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Es wurde jedoch ein Kündigungsverzicht für die Dauer von 10 Jahren vereinbart.
Punkt "III. Pachtdauer und Auflösung" des Pachtvertrages lautet:
"1. Der Pachtvertrag beginnt am und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und vereinbaren die Vertragsparteien ausdrücklich den Kündigungsverzicht für die Dauer von 10 Jahren. Beiden Vertragsparteien ist nach Ablauf der vereinbarten Dauer des Kündigungsverzichtes die Kündigung mittels eingeschriebenen Briefes unter Einhaltung der Kündigungsfrist von 3 Monaten möglich. Unabhängig davon gelten die Bestimmungen über eine sofortige vorzeitige Auflösung. Das Pachtverhältnis endet in jedem Falle, falls das Hauptmietverhältnis zwischen der Verpächterin und dem jeweiligen Eigentümer der Liegenschaft aus welchen Gründen auch immer beendet wird, zum gleichen Zeitpunkt. Der Pächterin stehen in diesem Falle keinerlei Ansprüche gegen die Verpächterin aus einer aus diesem Grunde erfolgten vorzeitigen Auflösung des Pachtverhältnisses zu.
2. Die Verpächterin kann das Vertragsverhältnis durch einseitige schriftliche Erklärung mit sofortiger Wirkung aufheben, wenn die Voraussetzungen des § 1118 ABGB gegeben sind, aber insbesondere
a. wenn die Pächterin mit der Bezahlung einer Pachtzinsrate, Vertragsgebühren, Vertragserrichtungskosten samt damit in Zusammenhang stehenden Mahnspesen und Vertretungskosten des Verpächters oder einer sonstigen ihr auf Grund dieses Vertrages obliegenden Zahlung sowie im Laufe des Pachtverhältnisses vereinbarte Zahlungs- und Leistungsverpflichtungen trotz Mahnung mittels eingeschriebenem Brief durch mehr als 14 Tage ab Zustellung der Mahnung im Rückstand oder Verzug bleibt;
b. wenn der Ruf und Good Will des gepachteten Unternehmens aus Verschulden der Pächterin erheblich und nachteilig beeinträchtigt wird;
c. wenn die Pächterin ohne Genehmigung der Verpächterin das Pachtobjekt weiterverpachtet oder den Betrieb bzw. die Gewerbeberechtigung an dritte Personen weitergibt;
d. wenn über das Vermögen der Pächterin oder des unbeschränkt haftenden Gesellschafters ein Konkurs- oder Ausgleichsverfahren eröffnet wird oder ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels Deckung der Kosten abgewiesen wird.
e. bei Einstellung des Gewerbebetriebes beziehungsweise bei Verletzung der bedungenen Betriebspflicht trotz erfolgter schriftlicher Abmahnung der Verpächterin;
f. bei Nichtbefolgung gesetzlicher oder behördlicher Anordnungen betreffend die Gewerbeausübung trotz schriftlicher Abmahnung durch die Verpächterin;
g. bei vertragswidriger Weitergabe der Pächterwohnung;
h. generell bei Nichteinhaltung von einem der vereinbarten Vertragspunkte sowie der Verschwiegenheitsvereinbarung;
In jedem Falle werden die Umstände a) bis g) als Gründe vereinbart, die die Verpächterin zur Kündigung des Bestandsverhältnisses zu den vertraglichen Kündigungsfristen- und Terminen berechtigen.
3. Die Pächterin ist zur vorzeitigen Auflösung berechtigt:
• bei beharrlichen Verstößen der Verpächterin gegen wesentliche Bestimmungen des gegenständlichen Vertrages trotz schriftlicher Abmahnung;
• bei ganzer oder überwiegender tatsächlicher oder rechtlicher Unbrauchbarkeit des Pachtgegenstandes zu dem vereinbarten Gebrauch, sofern die Ursache der Unbrauchbarkeit nicht von der Pächterin verschuldet ist."
Punkt V.1. "Betriebskosten" des Pachtvertrages lautet:
"Die Pächterin ist als Mieter der Baulichkeit verpflichtet, sämtliche auf den Pachtgegenstand entfallenden Betriebskosten insbesondere für Strom, Gas, Beheizung und Wärmepumpe und Reinigung zu tragen.
Die Pächterin muss für die Strom- und Gasversorgung mit der X-AG direkt einen Vertrag abschließen.
Festgehalten wird, dass die Verpächterin im Zusammenhang mit der Abfallentsorgung die Kosten für zwei Müllcontainer zu je 250 Liter maximal übernimmt. Darüber hinaus gehender Abfallentsorgungsaufwand ist von der Pächterin zu tragen…."
Ein Nachweis, dass der vereinbarte Kündigungsverzicht nicht gewollt war, wurde von der Bf nicht erbracht und auch nicht angeboten.
2. Beweiswürdigung
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich insbesondere aus dem vorliegenden Unterpachtvertrag. Gegenteilige Unterlagen wurden nicht vorgelegt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)
Gemäß § 17 Abs. 1 Gebührengesetz 1957 (GebG) ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Nach Abs. 5 dieser Bestimmung heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenschuld nicht auf.
Gemäß § 33 TP 5 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Rechtsgebühr von 1 vH nach dem Wert.
Nach § 33 TP 5 Abs. 3 GebG sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes.
Unter Punkt III. des gegenständlichen Mietvertrages wurde eine unbestimmte Vertragsdauer sowie ein beiderseitiger Kündigungsverzicht für einen Zeitraum von 10 Jahren vereinbart.
Der Bf wurde darüber hinaus vertraglich das Recht eingeräumt, das Bestandverhältnis aus den in Punkt III. 2. aufgezählten wichtigen Gründen mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Der Pächterin stehen die in Punkt III. 3. festgehaltenen besonderen Kündigungsgründe zu.
Außerdem verpflichtete sich die Pächterin nach Punkt V. des Vertrages zur Zahlung sämtlicher Betriebs- und Heizkosten.
Daraus ergeben sich folgende Erwägungen:
Kündigungsgründe und Kündigungsverzicht:
Nach der ständigen Rsp des VwGH besteht das Unterscheidungsmerkmal zwischen "auf bestimmte Zeit" und "auf unbestimmte Zeit" abgeschlossenen Bestandverträgen darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht entgegensteht. Ein nach seinem Wortlaut auf unbestimmte Zeit abgeschlossener Bestandvertrag ist als ein Vertrag auf vorerst bestimmte Dauer anzusehen, wenn nach seinem Inhalt das Vertragsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit von keinem der Vertragsteile einseitig beendet werden kann oder diese Möglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle beschränkt ist (vgl. , unter Hinweis auf , und ).
Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeiten auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl. , unter Hinweis auf und 0112).
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird somit nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrages beurteilt und hängt einerseits davon ab, wie umfassend die Kündigungsrechte sind, andererseits aber auch davon, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Kündigungsrecht ausgeübt werden kann (vgl. , unter Hinweis auf , mwN).
Die in Punkt III.2. a. bis c. und e. bis h. sowie 3. 1. Absatz vereinbarten Kündigungsründe setzen alle ein grobes Fehlverhalten des anderen Vertragspartners voraus und können somit nicht nach Belieben ausgeübt werden. Die Vertragspartner können diese Kündigungsgründe nicht bloß aufgrund eigener freier Entscheidung ins Treffen führen.
Der in Punkt II.2.d. des Bestandvertrages vereinbarte Kündigungsgrund (Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen die Pächterin) setzt grundsätzlich kein Fehlverhalten der Pächterin voraus (zumindest kein Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Bestandverhältnis). Bei einer Gesamtbetrachtung und Gewichtung der Umstände besteht jedoch eine bloß sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass es aufgrund dieses Kündigungsgrundes zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses kommt. Das gleiche gilt für den in Punkt 3. 2. Absatz (Unbrauchbarkeit des Pachtgegenstandes) festgesetzten Kündigungsgrund. Auch hier liegt eine geringe Wahrscheinlichkeit des Eintritts dieses Kündigungsgrundes vor.
Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass eine vorzeitige Kündigung des Mietvertrages bloß äußerst eingeschränkt möglich ist, da sämtliche, dem Vertragswortlaut nach vorliegenden Kündigungsgründe faktisch dem Einfluss der Vertragspartner entzogen sind. Es ist somit von einer grundsätzlich vorliegenden Unwahrscheinlichkeit der Auflösung des gegenständlichen Pachtvertrages innerhalb des Zeitraums des vereinbarten Kündigungsverzichtes von 10 Jahren auszugehen.
Durch beidseitigen Kündigungsverzicht wird der Vertrag auf die Dauer dieses Verzichtes unkündbar und damit zu einem Vertrag von bestimmter Dauer auch dann, wenn er auf unbestimmte Zeit vereinbart ist. Zur Gebührenbemessung ist dabei nicht nur von dem der unbestimmten Dauer (= der vereinbarten Wirksamkeit des Kündigungsverzichtes) entsprechend vervielfachten Jahresbetrag auszugehen, für die über die Zeit des Kündigungsverzichtes hinausgehende Vereinbarung des Bestandverhältnisses auf unbestimmte Zeit ist zusätzlich auch der dreifache Jahresbetrag (für die unbestimmte Dauer) in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (vgl. Fellner, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 130).
Aufgrund des vereinbarten beiderseitigen Kündigungsverzichts von 10 Jahren und der Eingeschränktheit der Kündigungsmöglichkeit bzw. der Unwahrscheinlichkeit der Ausübung der Kündigungsgründe liegt daher dem Vertragsinhalt nach zunächst ein auf 10 Jahre befristeter Mietvertrag vor, der danach in einen Vertrag mit unbestimmter Dauer übergeht.
Den Ausführungen in der Beschwerde, wonach der Kündigungsverzicht nur versehentlich in den Vertrag aufgenommen wurde, ist entgegenzuhalten, dass gemäß § 17 Abs. 1 GebG für die Erhebung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich ist.
Erfüllt ein Schriftstück die Voraussetzungen einer Urkunde über ein Rechtsgeschäft und enthält es alle für die Gebührenbemessung bedeutsamen Umstände, so richtet sich die Gebührenpflicht ausschließlich nach dem Urkundeninhalt ().
Nach der Rsp des VwGH ist zwar der Gegenbeweis, dass das Rechtsgeschäft überhaupt nicht oder mit einem anderen Inhalt zu Stande gekommen ist, zulässig (vgl. Fellner, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 17 GebG Rz 14, mwN), jedoch wurde ein solcher nicht erbracht und auch nicht angeboten.
Betriebskosten:
Nach der ständigen Rsp des VwGH zählen zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. Fellner, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 75 und 76).
Betriebskosten sind daher in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen (vgl. 812, 813/60, 974/73 und ).
Wird wie im Beschwerdefall vertraglich vereinbart, dass der Bestandnehmer sämtliche auf den Pachtgegenstand entfallende Betriebskosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit der Müllentsorgung zu tragen hat, so ist eine solche Vereinbarung, als eine zu verstehen ohne die der Mieterin das Bestandsobjekt nicht in Bestand gegeben worden wäre und die entsprechenden Kosten demnach der Bemessungsgrundlage hinzuzurechnen.
Für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 5 GebG ist nicht entscheidend, dass die Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen ist (vgl. ).
Diese Voraussetzungen sind in der im Punkt V. des Pachtvertrages enthaltenen Verpflichtung, für die Strom- und Gasversorgung mit der X-AG einen Vertrag abzuschließen, festgelegt. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut handelt es sich hiebei um eine besondere Vereinbarung aus dem Pachtvertrag. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang der Verpflichtung mit der Überlassung des Pachtgegenstandes ist erfüllt.
Bei Bestandverträgen, bei welchen die Betriebskosten ziffernmäßig nicht feststehen, können im Sinne der bisherigen Übung die Betriebskosten mit 10 % des Mietzinses geschätzt werden (vgl. Fellner, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 33 TP 5 GebG Rz 99).
Auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GebG sind die Abgabenbehörden berechtigt, den in der Urkunde ziffernmäßig nicht weiter bestimmten Bestandzins bis zum Beweis der tatsächlichen Höhe mit einem bloß geschätzten Betrag der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen (vgl. Fellner, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 17 GebG Rz 25, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Die Betriebskosten wurden im angefochtenen Bescheid mit Euro 900,-, in der Beschwerdevorentscheidung mit Euro 300,- pro Monat geschätzt.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH kommt der Beschwerdevorentscheidung Vorhaltecharakter zu (vgl. zB , ).
Mit Rücksicht darauf, dass die Bf der in der Beschwerdevorentscheidung durchgeführten Höhe der Schätzung nicht entgegengetreten ist, bestand für das Verwaltungsgericht keine Veranlassung von dieser Schätzung gemäß § 184 BAO abzugehen.
Die Beschwerdevorentscheidung vom entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht bei der Lösung der anstehenden Rechtsfragen auf den eindeutigen Gesetzeswortlaut und auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen konnte.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100677.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at