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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.02.2023, RV/5100408/2021

Ermessensübung bei einem Gesamtschuldverhältnis (§ 18 Abs. 1 Z 2 KBGG)

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100408/2021-RS1
Ermessen des Abgabengläubigers bedeutet bei einem Gesamtschuldverhältnis das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen (vgl. Stoll, BAO, 95). Die Heranziehung eines Gesamtschuldners zur Leistung ist zwar eine Maßnahme der Geltendmachung des Abgabeanspruches, die der Festsetzungsverjährung des § 207 BAO unterliegt, die aber unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgabe zu treffen ist, und sich damit in erster Linie an den Einbringungsmöglichkeiten bei den einzelnen Gesamtschuldnern zu orientieren hat.
RV/5100408/2021-RS2
Für die Ermessensentscheidung, ob nur einer, welcher oder beide Gesamtschuldner anteilig oder jeweils zur Gänze in Anspruch genommen werden, sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Geltendmachung des Gesamtschuldverhältnisses entscheidend. Es ist daher auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesamtschuldner im Zeitpunkt der Erlassung des Rückforderungsbescheides abzustellen.
RV/5100408/2021-RS3
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt nicht nur zur Einhebungsverjährung die Ansicht, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, sie somit die Verjährung gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt (; Ritz, BAO7, § 238 Tz 18), sondern auch zur Festsetzungsverjährung (ständige Rechtsprechung seit ; Ritz, BAO7, § 209, Tz 32). Die gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzten Unterbrechungshandlungen wirken damit auch gegenüber der Kindesmutter.
RV/5100408/2021-RS4
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bleibt bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei einem anderen Gesamtschuldner für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners zwar grundsätzlich kein Spielraum für die Ermessensübung. Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf Fälle, in denen das Verbleiben nur mehr eines Gesamtschuldners durch außerhalb der Einflusssphäre der Abgabenbehörde gelegene Umstände eintrat, nicht aber auf Fälle, in denen dieses Verbleiben durch das Verhalten der Abgabenbehörden bewirkt wurde (Ritz, BAO7, § 6 Tz 11 mit Judikaturnachweisen).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***FA*** vom zu StNr. ***BF1StNr1*** über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 in Höhe von 2.838,49 € zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der Rückforderungsbetrag wird auf 1.135,40 € herabgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt

Für das am ***x.x***.2007 geborene Kind ***K*** wurden von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von insgesamt 3.169,38 € an die Kindesmutter ***KM*** ausbezahlt. Laut Abgabeninformationssystem wurde dabei für den Zeitraum bis ein Betrag von 1.036,26 € überwiesen, für den Zeitraum bis ein Betrag von 1.921,02 € und für den Zeitraum bis ein Betrag von 212,10 €.

Der Beschwerdeführer und die Kindesmutter hatten laut Zentralem Melderegister ab dem Jahr 2005 bis zum ihren Hauptwohnsitz in ***Adr1***. Anschließend waren beide bis in ***Adr2*** gemeldet. Danach verfügten die Kindeseltern über getrennte Wohnsitze. Das Kind wohnte in der Folge bis April 2020 bei der Kindesmutter; seit ist es an der Adresse des Beschwerdeführers gemeldet.

Während des Vorliegens einer gemeinsamen Meldeadresse im Sinne des § 13 KBGG bis hatte die Kindesmutter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 2.902,74 € bezogen (3.169,38 € abzüglich 212,10 für den Zeitraum bis und abzüglich 54,54 € für den Zeitraum bis ).

Am wurde vom Beschwerdeführer die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 elektronisch eingereicht. Dem am ergangenen Einkommensteuerbescheid 2014 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in diesem Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 40.937,61 € erzielt hatte. Das steuerpflichtige Einkommen reduzierte sich vor allem durch einen geltend gemachten Verlustvortrag auf 30.291,01 €. Aufgrund verrechenbarer Mindestkörperschaftsteuer wurde dem Beschwerdeführer die gesamte von seinem Arbeitgeber einbehaltene Lohnsteuer von 11.943,00 € gutgeschrieben und am an ihn zurückgezahlt.

Wie sich aus dem aktenkundigen Einkommensteuerbescheid 2014 (Arbeitnehmerveranlagung) betreffend die Kindesmutter vom ergibt, hatte diese dagegen im Jahr 2014 nur Krankengeld (8.602,65 €) und Notstandshilfe (1.365,50 €) in Höhe von insgesamt 9.968,15 € bezogen.

Erst mit Schreiben vom , nachweislich zugestellt am , forderte das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Abgabe eines (bereits vorausgefüllten) Formblattes KBG 2 auf, das mit "Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld - Erklärung des Einkommens für das Jahr 2014 gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG)" überschrieben ist. Darin wird das oben erwähnte, dem Finanzamt seit 2015 bekannte steuerpflichtige Einkommen von 30.291,01 € angeführt, dem gemäß § 19 Abs. 2 KBGG steuerfreie Einkünfte in Höhe von 350,64 € (vom Beschwerdeführer im Jänner 2014 bezogene, dem Finanzamt ebenfalls seit 2015 bekannte und im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Notstandshilfe) hinzugerechnet wurden. Das Einkommen der Kindesmutter wird in diesem Formblatt nicht erwähnt, aber dennoch unter Bezugnahme auf das dasselbe ausgeführt: "Das Finanzamt hat das Einkommen nach § 19 KBGG auf Basis der vorhandenen Daten (z.B. Einkommensteuerbescheid, Lohnzettel) der Elternteile ermittelt. Auf Grund dieser Einkommensdaten wurde für das betreffende Jahr ein voraussichtlich zurückzuzahlender Betrag ermittelt: Jahr 2014, Betrag 2.838,48 Euro."

Der Beschwerdeführer retournierte am das von ihm unterfertigte Formblatt ohne Vornahme von Änderungen oder Ergänzungen und wies dabei darauf hin, dass er sicher nicht zur Rückzahlung verpflichtet sei. Er habe seit Ende 2008 getrennt von Mutter und Tochter gelebt und den Unterhalt im gesetzlichen Ausmaß vollständig bezahlt. Es träfen ihn somit sicher keine weiteren Zahlungspflichten. Einen Zuschuss habe er außerdem weder beantragt noch habe er eine Verpflichtung zur Rückzahlung unterschrieben. Abgesehen davon sei er seit 2015 arbeitslos.

Im Zeitpunkt der Entscheidung über die Geltendmachung der Gesamtschuld (Erlassung des angefochtenen Bescheides vom ) stellten sich die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers und der Kindesmutter wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2020 laut den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten bzw. laut Einkommensteuerbescheid 2020 lediglich 1.567,93 € aus nichtselbständiger Arbeit, im Übrigen (gemäß § 290a Abs. 1 Z 5 lit. f und Z 7 EO nur beschränkt pfändbare) Notstandshilfe und Krankengeld bezogen. Die Kindesmutter hat dagegen im Jahr 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 22.831,09 € erhalten.

Aus der Veranlagung der Kindesmutter zur Einkommensteuer 2019 hatte sich ein Guthaben von 2.169,00 € und aus der Veranlagung zur Einkommensteuer 2020 ein Guthaben von 1.066,00 € ergeben. Beide Guthaben, die in Summe den verfahrensgegenständlichen Rückforderungsbetrag übersteigen, wurden an die Kindesmutter ausbezahlt.

Am Abgabenkonto des Beschwerdeführers besteht derzeit ein Guthaben in Höhe von 1.338,00 €, das aus den Veranlagungen zu den Einkommensteuern 2020 und 2021 resultiert, und auf dessen Rückzahlung der Beschwerdeführer (offenkundig im Hinblick auf den gemäß § 212a BAO ausgesetzten Rückforderungsbetrag von 2.838,49 €) bisher verzichtet hat.

Der Beschwerdeführer ist laut Versicherungsdatenauszug nach wie vor arbeitslos und bezieht Notstandshilfe. Eine Einkommensteuererklärung für 2022 wurde vom Beschwerdeführer bisher nicht eingereicht.

II. Verfahrensgang

Erst mit Bescheid vom erging an den Beschwerdeführer der Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014, mit dem er zur Bezahlung eines Rückzahlungsbetrages von 2.838,49 € aufgefordert wurde. Das für die Ermittlung der Abgabe gemäß § 19 KGBB maßgebliche Einkommen des Beschwerdeführers wurde mit 30.641,65 €, jenes der Kindesmutter mit 9.908,15 € (ausschließlich Krankengeld und Notstandshilfe) angesetzt, woraus sich ein Gesamteinkommen von 40.549,80 € und damit eine Abgabe gemäß § 19 KBGG in Höhe von 2.838,49 € (7 % von 40.549,80 €) ergab. In der Bescheidbegründung wurde auf die für das Kind ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld hingewiesen. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG seien im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liege es im Ermessen der Behörde, wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben wird. Im Jahr 2014 wären die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG überschritten worden. Die Behörde habe nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände den Beschwerdeführer auf Grund seiner Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom . Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sei von der Kindesmutter beantragt worden. Der Beschwerdeführer habe 2014 schon von der Kindesmutter getrennt gelebt und auch ordnungsgemäß den von der Kinder- und Jugendhilfe festgesetzten Kindesunterhalt bezahlt. Er sei von der Antragstellung der Kindesmutter nie informiert worden. Die antragstellende Kindesmutter sei im Jahr 2014 alleinstehend und nicht in einer Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer gewesen. Die Gewährung der Beihilfe zum KBG sei daher gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 KBGG erfolgt, sofern die Kindesmutter bei der Antragstellung wahrheitsgemäße Angaben gemacht habe. Die Rückforderung müsste daher richtigerweise statt gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG aufgrund § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG erfolgen, wobei allerdings diese Bestimmung mit Erkenntnis des , als verfassungswidrig aufgehoben worden sei. Unabhängig davon fehlten auch jegliche Feststellungen, die eine Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsentscheidung begründen würden, warum der Beschwerdeführer zur Rückzahlung herangezogen wird. Dieser verfüge nicht mehr über das frühere Einkommen. Das ehemals bestehende Dienstverhältnis sei von Arbeitgeberseite per gekündigt worden, der Beschwerdeführer sei seither arbeitslos und beziehe Notstandshilfe. Das Kind lebe aufgrund eines beim BG ***1*** abgeschlossenen Vergleiches seit im Haushalt des Beschwerdeführers. Die Kindesmutter verfüge über ein regelmäßiges und gutes Einkommen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sei auch aus Billigkeitserwägungen eine Rückforderung der von der Kindesmutter eigenmächtig beantragten und bezogenen Zuschüsse zum KBG vom Beschwerdeführer nicht gerechtfertigt.

Das Finanzamt wies die verfahrensgegenständliche Beschwerde vom mit Beschwerdevorentscheidung ab. Die Zuschüsse in Höhe von 3.169,38 € für den Zeitraum 2007 bis 2008 seien an die Kindesmutter ausbezahlt worden. Bei der Beantragung des Zuschusses habe von beiden Elternteilen eine Abgabenerklärung unterzeichnet werden müssen, in der sie sich zur Rückzahlung des Zuschusses im Falle der Überschreitung von Einkommensgrenzen verpflichtet hätten. Im Falle einer Trennung während des Bezuges von Zuschüssen sei unverzüglich eine Meldung an die Gebietskrankenkasse vorzunehmen gewesen. Die Trennung der beiden Elternteile sei laut Melderegisterauszug am erfolgt, der Zuschuss bis ausbezahlt worden. Demnach sei die Auszahlung des Zuschusses noch während der Zeit des gemeinsamen Haushaltes von Kindesmutter und Kindesvater erfolgt, weshalb auch beide Elternteile zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet wären. Dem in der Beschwerde zitierten Erkenntnis des VfGH liege ein völlig anderer Sachverhalt zu Grunde, weil dort bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung kein gemeinsamer Haushalt mehr gegeben gewesen sei. Im gegenständlichen Fall sei aber die Sachlage anders, da hier während des Bezuges noch ein gemeinsamer Haushalt vorgelegen wäre. Gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG seien im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide Ehepartner bzw. Elternteile zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liege es im Ermessen der Behörde, wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben wird. Lebten die Eltern in den Fällen des § 18 (1) Z 2 KBGG im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches dauernd getrennt, so sei gemäß § 18 (2) KBGG die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei sei insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen. Beim Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld handle es sich wirtschaftlich gesehen um ein Darlehen, das bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 7 Jahren ab der Geburt wieder zurückzuzahlen sei. Im Jahr 2014 habe das gesamte Familieneinkommen 40.549,80 € betragen (Beschwerdeführer 30.641,65 €, Kindesmutter 9.908,15 €). Bei dieser Einkommenshöhe wären 7 % des Zuschusses rückforderbar. Damit sei der Betrag in Höhe von 2.838,49 Euro zurückzufordern gewesen. Bei Vorliegen wirtschaftlicher Gründe könnte eine Rückzahlung des Betrages in Raten beantragt werden kann.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . In der Beschwerdevorentscheidung sei darauf hingewiesen worden, dass es sich um Zuschüsse zum Kindebetreuungsgeld handeln soll, welche in den Jahren 2007 und 2008 ausbezahlt wurden. Nach dem klaren Wortlaut des angefochtenen Bescheides sei allerdings die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2014 gefordert worden. Allfällige Zuschüsse, die in den Jahren 2007 oder 2008 gewährt worden sein sollen, wären daher vom Spruch des angefochtenen Bescheides nicht umfasst, und könnten auch aus der Begründung nicht entnommen werden, die nicht den von der Rechtsprechung entwickelten (und näher dargelegten) Erfordernissen entspräche. Weiters werde der Einwand der Verjährung der Abgabenforderung gemäß § 207 BAO erhoben. Es wären keine die Verjährung verlängernden Maßnahmen im Sinne des § 209 BAO gesetzt worden. Ein weiterer wesentlicher Verfahrensmangel liege darin, dass die Ermessensentscheidung, warum die Rückforderung beim Kindesvater (Beschwerdeführer) erfolgt, nicht begründet worden sei. Selbst in der Beschwerdevorentscheidung werde nur der Gesetzeswortlaut wiedergegebenen, ohne dass der der Ermessensentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt oder die der Entscheidung zugrundeliegenden Erwägungen dargelegt würden. Schließlich wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Aussetzung der Einhebung des Rückzahlungsbetrages beantragt.

Mit Bescheid vom wurde die beantragte Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Im Zuge einer formlosen Erörterung der Sach- und Rechtslage wurden vom Bundesfinanzgericht die ermessensrelevanten Umstände aufgezeigt und unter Berücksichtigung derselben eine Einschränkung des Rückforderungsbetrages auf 40 % vorgeschlagen.

Der Beschwerdeführer stimmte diesem Vorschlag zu; der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Eingabe vom zurückgezogen.

Das Finanzamt sprach sich in seiner Stellungnahme vom gegen eine Einschränkung des Rückforderungsbetrages aus und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Der Beschwerdeführer (Bf) habe im Zeitraum 2007 bis 2008 einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gemeinsam mit seiner damaligen Lebensgefährtin bezogen, der das Familieneinkommen erhöht habe, wovon auch der Bf profitiert hätte. Der Bf habe sich bei der Antragstellung zur Rückzahlung der Zuschüsse bei Überschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenzen nach § 19 KBGG verpflichtet und es sei ihm somit 2014 bekannt gewesen, dass eine Rückzahlung des Zuschusses zu erfolgen habe. Der Abgabenanspruch wäre zudem durch die hohen Einkünfte des Bf im Jahr 2014 ausgelöst worden und nicht durch die Einkünfte der Kindesmutter. Es wäre am Bf gelegen, bereits im Zeitpunkt der Überschreitung der Einkommensgrenze (Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches) den Rückzahlungsbetrag für die Abgabenbehörde zu sichern. Diesen Ansatz würden auch näher bezeichnete Entscheidungen des BFG verfolgen, welche bei der Ermessensentscheidung hinsichtlich Gesamtschuldnerschaft auf das Einkommen im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs abstellen würden. Im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruchs wäre es beim Bf am einfachsten gewesen, die Rückforderung einzubringen und wäre dieser im Wege der Gesamtschuldnerschaft heranzuziehen gewesen. Das Einkommen des Bf habe im im Jahr 2014 30.291,01 Euro im Vergleich zum Einkommen der Kindesmutter von -60 Euro (jeweils It. Einkommensteuerbescheid 2014) betragen. Es sei auch im gegenständlichen Fall eine Belastung der Kindesmutter durch die Haushaltszugehörigkeit der damals (2014 = Entstehen des Abgabenanspruchs) siebenjährigen Tochter vorgelegen. Neben der Versorgung der Grundbedürfnisse des Kindes wären seitens der Kindesmutter auch umfassende Obsorge-, Fürsorge- und Betreuungspflichten zu leisten gewesen. Es sei auf die Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs, und nicht auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustellen, da das gegenständliche Verfahren die Abgabenfestsetzung und nicht die Abgabeneinhebung betreffe. Dem KBGG sei auch nicht zu entnehmen, dass auf die Einkommensverhältnisse der Eltern zum Zeitpunkt der Erlassung des Rückforderungsbescheides abzustellen wäre. Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sei seinem Wesen nach einem Kredit vergleichbar, der bei Überschreiten der im Gesetz definierten Einkommensgrenzen zurückzuzahlen ist. Eine Einschränkung der Rückforderung beim Beschwerdeführer auf 40% würde durch die Verjährung bei der Kindesmutter zu einem nicht im Wesen eines Kredites begründbaren Schuldnachlass von 60 % führen. Das Guthaben am Abgabenkonto des Beschwerdeführers (1.338,00 €) könnte sich durch den Einkommensteuerbescheid 2022 weiter erhöhen.

III. Beweiswürdigung

Der oben unter Punkt I festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den zitierten Aktenteilen, dem Vorbringen des Beschwerdeführers und den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten. Aus diesen folgt insbesondere, dass der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld entgegen dem Vorbringen des Finanzamtes in der Stellungnahme vom nicht an den Beschwerdeführer, sondern an die Kindesmutter ausbezahlt worden war. Dies wurde zutreffend auch in der Beschwerdevorentscheidung vom so festgestellt.

Zur "Feststellung" in der Stellungnahme vom , dem Beschwerdeführer sei 2014 bekannt gewesen, dass eine Rückzahlung des Zuschusses zu erfolgen habe und der Abgabenanspruch durch seine hohen Einkünfte ausgelöst worden sei, wird festgehalten, dass der Beschwerdeführer und die Kindesmutter seit November 2008 getrennt leben. Worauf das Finanzamt seine Vermutung gründet, der Beschwerdeführer hätte Kenntnis von den Einkünften der Kindesmutter im Jahr 2014 gehabt, wurde nicht näher erläutert. Die Einkünfte des Beschwerdeführers haben die maßgebliche Einkommensgrenze des § 19 KBGG im Jahr 2014 nicht überschritten.

IV. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtslage

Die im vorliegenden Fall gemäß § 49 Abs. 19 bis 24 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) noch anzuwendenden Bestimmungen des KBGG lauten auszugsweise wie folgt:

Abschnitt 1
Leistungsarten

§ 1. Als Leistungen werden nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gewährt:
1. das Kinderbetreuungsgeld;
2. der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld.

Abschnitt 2
Kinderbetreuungsgeld

§ 2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern

1. für dieses Kind Anspruch auf Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, besteht und Familienbeihilfe für dieses Kind tatsächlich bezogen wird,
2. der Elternteil mit diesem Kind im gemeinsamen Haushalt lebt,
3. der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) des Elternteiles im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 16.200 € nicht übersteigt,

(2) Für ein Kind ist ein gleichzeitiger Bezug von Kinderbetreuungsgeld durch beide Elternteile ausgeschlossen.

(3) In Zweifelsfällen hat das Vorrecht auf Kinderbetreuungsgeld derjenige Elternteil, der die Betreuung des Kindes, für das Kinderbetreuungsgeld bezogen wird, überwiegend durchführt.

§ 4. (1) Das Kinderbetreuungsgeld gebührt auf Antrag, frühestens ab dem Tag der Geburt des Kindes, …

(2) Wird der Antrag erst später gestellt, so gebührt das Kinderbetreuungsgeld rückwirkend bis zum Höchstausmaß von sechs Monaten.

§ 5. (1) Das Kinderbetreuungsgeld gebührt längstens bis zur Vollendung des 36. Lebensmonates des Kindes, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist. …

§ 8. (1) Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Z 3) ist wie folgt zu ermitteln:

1. Soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, solche aus nichtselbstständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30% zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Besteht der Anspruch auf die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für mehr als die Hälfte des Kalendermonates, zählt dieser Kalendermonat zur Gänze zum Anspruchszeitraum, andernfalls ist dieser Kalendermonat nicht in den Anspruchszeitraum einzubeziehen. Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe gelten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, abweichend vom vorletzten Satz ist der ermittelte Betrag um 15% zu erhöhen. Dem Wochengeld gleichartige Leistungen bleiben außer Ansatz. Die auf Grund von völkerrechtlichen Verträgen steuerbefreiten Einkünfte sind bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte wie steuerpflichtige Einkünfte zu behandeln.

2. Andere Einkünfte (§§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG 1988) einschließlich jener, die der Steuerabgeltung nach § 97 EStG 1988 unterliegen, sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht. …

Abschnitt 3
Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld

§ 9. (1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben

1. alleinstehende Elternteile (§ 11),
2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,
3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und
4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.

(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht. § 4 Abs. 2 gilt sinngemäß auch für den Zuschuss.

(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 € übersteigt.

(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt. Die §§ 2 Abs. 5 und 5 Abs. 6 gelten sinngemäß.

§ 10. Der Zuschuss beträgt 6,06 Euro täglich.

§ 11. (1) Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.

(2) Alleinstehende Elternteile haben nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben.

(3) Alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, haben dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.

§ 12. Verheiratete Mütter bzw. Väter erhalten einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 €.

§ 13. Einen Zuschuss erhalten nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend.

§ 15. Im Falle des Antrags auf Gewährung eines Zuschusses gemäß den §§ 12 und 13 haben beide Elternteile eine Erklärung zu unterfertigen, mit der sie sich zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichten.

Abschnitt 4
Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld

§ 18. (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:

[1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.] (aufgehoben durch )

2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.

(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961.

§ 19. (1) Die Abgabe beträgt jährlich

1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von

mehr als 14 000 € … 3%
mehr als 18 000 € … 5%
mehr als 22 000 € … 7%
mehr als 27 000 € … 9%
des Einkommens,

2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von

mehr als 35 000 € … 5%
mehr als 40 000 € … 7%
mehr als 45 000 € … 9%
des Einkommens.

(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a, c und d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. …

§ 21. Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

§ 22. Die Erhebung der Abgabe obliegt in den Fällen des … § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes … zuständigen Finanzamt.

§ 23. Jeder Abgabepflichtige (§ 18) ist verpflichtet, eine Abgabenerklärung über sein im Kalenderjahr erzieltes Einkommen im Sinne des § 19 Abs. 2 bis zum Ende des Monates März des Folgejahres einzureichen. § 134 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist anzuwenden.

Abschnitt 5
Zuständigkeit und Verfahren

§ 24. (1) In Angelegenheiten des Kinderbetreuungsgeldes sowie des Zuschusses zu dieser Leistung ist jener gesetzliche Krankenversicherungsträger zuständig, dessen Zuständigkeit sich aus § 28 für die Durchführung der Krankenversicherung ergibt.

§ 26. (1) Für die Geltendmachung des Anspruches ist ein bundeseinheitliches Antragsformular zu verwenden. Der Krankenversicherungsträger hat dem Antragsteller oder seinem Vertreter auf Verlangen des Einlangen des Antrages zu bestätigen.

Abschnitt 7
Allgemeine Bestimmungen

§ 29. Der Leistungsbezieher hat jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches bedeutsame Änderung ohne Verzug, spätestens jedoch zwei Wochen nach dem Eintritt des Ereignisses, dem zuständigen Krankenversicherungsträger anzuzeigen.

Rückforderung

§ 31. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Leistungsbezieher zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

(2) Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des Gesamtbetrages der maßgeblichen Einkünfte (§§ 8, 8b) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrages der maßgeblichen Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

(7) Die Ausstellung von Bescheiden über Rückforderungen von Leistungen nach diesem Bundesgesetz ist nur binnen 7 Jahren, gerechnet ab Ablauf des Kalenderjahres, in welchem diese Leistungen zu Unrecht bezogen wurden, zulässig.

2. Erwägungen

Einleitend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Vollzug des KBGG zum Teil in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherungsträger (vgl. § 24 KBGG) und zum Teil in die Zuständigkeit der Abgabenbehörden (vgl. § 22 KBGG) fällt.

Ferner ist zwischen Rückforderungen durch die Krankenversicherungsträger gemäß § 31 KBGG wegen während der Bezugsdauer eingetretener Ausschlussgründe und der als Abgabenanspruch konzipierten und vom Finanzamt vorzuschreibenden Rückzahlung seinerzeit zu Recht bezogener Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld (§ 18 KBGG) zu unterscheiden. Die Rückforderung des seinerzeit vom Krankenversicherungsträger zu Recht ausbezahlten Zuschusses erfolgt dabei in der Form, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 18 ff KBGG ein Abgabenanspruch entsteht, der vom Finanzamt geltend gemacht wird. Aus diesem Grund ist auch zwischen den im dritten Abschnitt des KBGG normierten Voraussetzungen für den Anspruch der Kindeseltern auf Gewährung des Zuschusses (§§ 9 ff KBGG) und den im vierten Abschnitt des KBGG geregelten Voraussetzungen für den Abgabenanspruch des Finanzamtes (Rückforderungsanspruch, §§ 18 ff KBGG) zu unterscheiden. Diese legistische Regelung ist für einen Durchschnittsbürger kaum mehr nachvollziehbar und wurde vom Gesetzgeber aus gutem Grund in weiterer Folge aufgegeben. Die oben genannten Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldgesetzes sind aber im vorliegenden Fall gemäß § 49 Abs. 19 bis 24 KBGG noch anzuwenden.

Während die Ausstellung von Rückforderungsbescheiden durch die Gebietskrankenkasse gemäß § 31 Abs. 7 KBGG nur binnen 7 Jahren gerechnet ab Ablauf des Kalenderjahres, in welchem diese Leistungen zu Unrecht bezogen wurden, zulässig ist, entsteht der Abgabenanspruch im Sinne des § 18 KBGG gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres. Für die bescheidmäßige Geltendmachung des innerhalb dieser Frist entstandenen Abgabenanspruches steht dem Finanzamt die allgemeine fünfjährige Festsetzungsverjährungsfrist zu (vgl. dazu Rz 30).

Im gegenständlichen Verfahren war (allein) zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die vom Finanzamt bescheidmäßig verfügte Rückzahlung der Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gemäß §§ 18 ff KBGG vorlagen.

Da im vorliegenden Fall jedenfalls im Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer und die Kindesmutter an derselben Anschrift gemeldet waren (somit im Zeitraum 2007 bis ) ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gemäß § 9 Abs. 1 Zif. 3 iVm § 13 KBGG (Zuschuss für nicht Alleinstehende) zustand, richtet sich die Verpflichtung zur Rückzahlung der auf dieser Rechtsgrundlage ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 2.902,74 € damit nach der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Zif. 2 KBGG, die auf die Bestimmung des § 9 Abs. 1 Zif. 3 KBGG Bezug nimmt.

Als Rückzahlungsverpflichtete kommen damit beide Elternteile des Kindes in Betracht, wobei aber der Gesetzgeber in § 18 Abs. 2 KBGG angeordnet hat, dass dann, wenn die Eltern im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt leben, die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben ist, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

Der Abgabenanspruch entstand im vorliegenden Fall gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres 2014, da in diesem Jahr die Einkommensgrenze des § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG (Einkommen beider Elternteile) von 40.000 € überschritten wurde.

Für die bescheidmäßige Geltendmachung des in diesem Zeitpunkt entstandenen Abgabenanspruches stand dem Finanzamt - wie bereits oben erläutert - die allgemeine fünfjährige Verjährungsfrist zu. Damit hätte die fünfjährige Verjährungsfrist des § 207 Abs. 2 BAO zur Geltendmachung der Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld 2014 am geendet. Tatsächlich datiert der angefochtene Bescheid vom .

Die Zusendung einer Erklärung im Sinne des § 23 KBGG am führte aber gemäß § 209 Abs. 1 BAO zur Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr (vgl. Ritz, BAO7, § 209 Tz 20 mit Hinweis auf ; und ).

Durch die Zusendung der Erklärung gemäß § 23 KBGG an den Beschwerdeführer am verlängerte sich die Verjährungsfrist im gegenständlichen Fall somit bis , sodass im Zeitpunkt der Erlassung des Rückforderungsbescheides 2014 am noch keine Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Rückforderung eingetreten war (vgl. dazu beispielsweise , ; ).

Die Richtigkeit der im angefochtenen Bescheid dargestellten Einkommen beider Elternteile im Jahr 2014 wird vom Beschwerdeführer ebenso wenig bestritten, wie der Umstand, dass angesichts dessen der Grenzbetrag des § 19 Abs. 1 Z 2 KBGG von 40.000 € überschritten wurde und demzufolge der Abgabenanspruch gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Jahres 2014 entstanden ist.

Gemäß § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Die im gegenständlichen Fall noch anzuwendende Bestimmung des § 18 Abs. 1 Zif. 2 KBGG normiert eine derartige Gesamtschuld (vgl. Ritz, BAO3, § 6 Tz 3), die bereits kraft Gesetzes entsteht. Auf die Bestimmung des § 15 KBGG, wonach sich die Kindeseltern zur Leistung der Abgabe gemäß § 18 verpflichtet haben, wird ergänzend hingewiesen.

Das Wesen der Gesamtschuld besteht darin, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Es liegt im Ermessen der Behörde, ob sie das Leistungsgebot an einen der Gesamtschuldner und an welchen Gesamtschuldner, oder an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richten will (; ), weiters ob die Inanspruchnahme mit einem Teil oder dem gesamten offenen Betrag erfolgt (; ; -0243; ; Ritz, RdW 1995, 243) sowie der Zeitpunkt und die Reihenfolge der Heranziehung der einzelnen Gesamtschuldner (; ).

Der Abgabengläubiger kann somit die Person bestimmen, die als Mitglied eines Schuldverhältnisses für die Tilgung einzustehen hat. Er kann ferner den Zeitpunkt und die Reihenfolge sowie das Ausmaß der Heranziehung festlegen, allerdings nur innerhalb bestimmter Grenzen. Diese Grenzen sind persönlich durch den gesetzlich umschriebenen Kreis der Schuldner, zeitlich durch die Verjährung (§§ 207 ff BAO) und sachlich durch die Höhe der gesetzlich vorgesehenen Abgabenschuld und durch die Grundsätze des Ermessens (§ 20 BAO) festgelegt (Stoll, BAO, 93 f). Ermessensentscheidungen dieser Art sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen, wobei dem Gesetzesbegriff Billigkeit die Bedeutung von "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei" und dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit "das öffentliche Interesse insbesondere an der Einbringung der Abgabe" beizumessen ist (Stoll, a.a.O. mit Judikaturnachweisen). Dabei bedeutet Ermessen des Abgabengläubigers eines Gesamtschuldverhältnisses das Recht der Ausnützung jener Gläubigerschritte, die dazu führen, den Abgabenanspruch zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen (vgl. Stoll, BAO, 95).

Die Heranziehung eines Gesamtschuldners zur Leistung ist damit zwar eine Maßnahme der Geltendmachung des Abgabeanspruches, die auch der Festsetzungsverjährung des § 207 BAO unterliegt, die aber unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgabe zu treffen ist, und sich damit in erster Linie an den Einbringungsmöglichkeiten bei den einzelnen Gesamtschuldnern zu orientieren hat. An diesen Grundsätzen ändert auch der Umstand nichts, dass das Finanzamt dieselben regelmäßig nicht beachtet, sondern schematisch allein auf die stets Jahre zurückliegenden Einkommensverhältnisse der Kindeseltern im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches abstellt, ohne sich mit den konkreten und aktuellen Einbringungsmöglichkeiten bei den Gesamtschuldnern auch nur ansatzweise auseinanderzusetzen.

Für die Ermessensentscheidung, ob nur einer, welcher oder beide Gesamtschuldner anteilig oder jeweils zur Gänze in Anspruch genommen werden, sind aber die Verhältnisse im Zeitpunkt der Geltendmachung des Gesamtschuldverhältnisses entscheidend. Es ist daher auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesamtschuldner im Zeitpunkt der Erlassung des Rückforderungsbescheides abzustellen (). Für die verfahrensgegenständliche Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebend (Ritz, BAO7, § 279 Tz 31 mit Hinweis auf ; und ).

Die vom Finanzamt ins Treffen geführten BFG-Entscheidungen, in denen hinsichtlich der maßgebenden Einkommensverhältnisse auf das Jahr der Entstehung des Abgabenanspruches abgestellt wurde, sind verfehlt, weil sie Sinn und Zweck der durch ein Gesamtschuldverhältnis dem Abgabengläubiger eingeräumten qualifizierten Einbringungsmöglichkeiten widersprechen. Im bereits erwähnten Erkenntnis , wurde darauf hingewiesen, dass es beispielsweise nicht zweckmäßig im Sinne des § 20 BAO wäre, einen im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vermögenslosen Gesamtschuldner deswegen heranzuziehen, weil er im mehr als fünf Jahre zurückliegenden Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches über höhere Einkünfte als der andere Gesamtschuldner verfügt hatte. Wie bereits ausgeführt bedeutet das durch § 6 BAO dem Abgabengläubiger eingeräumte Ermessen das Recht, jene Gläubigerschritte auszunutzen, die dazu führen, den Abgabenanspruch "zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg und unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen". Es bedarf keiner näheren Erörterung, dass man diesem Anspruch sicher nicht gerecht wird, wenn man nicht auf die aktuellen, sondern auf die Jahre zurückliegenden Einkommensverhältnisse der Gesamtschuldner abstellt.

Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Umfang der Geltendmachung der Gesamtschuld (Erlassung des angefochtenen Bescheides vom ) stellten sich die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers und der Kindesmutter wie folgt dar:

Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2020 laut den im Abgabeninformationssystem gespeicherten Daten bzw. laut Einkommensteuerbescheid 2020 lediglich 1.567,93 € aus nichtselbständiger Arbeit, im Übrigen nur (gemäß § 290a Abs. 1 Z 5 lit. f und Z 7 EO beschränkt pfändbare) Notstandshilfe und Krankengeld bezogen. Die Kindesmutter hat dagegen im Jahr 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 22.831,09 € erhalten.

Bei dieser Sachlage die Gesamtschuld nur gegenüber dem Beschwerdeführer geltend zu machen, stellt jedenfalls eine nicht im Sinne der §§ 6, 20 BAO zweckmäßige Ermessensübung dar. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Kindesmutter eine lange Zeit die mit der Zugehörigkeit des Kindes zu ihrem Haushalt verbundenen Lasten getragen hat (§ 18 Abs. 2 KBGG). Im Übrigen ist das Kind seit dem an der Adresse des Beschwerdeführers gemeldet, daher bei ihm haushaltszugehörig, weshalb seither der Beschwerdeführer die mit der Haushaltszugehörigkeit verbundenen Lasten trägt.

Sachgerecht wäre es daher gewesen, die Gesamtschuld jedenfalls auch bzw. in erster Linie gegenüber der Kindesmutter geltend zu machen, an die der Zuschuss auch ausbezahlt worden war, und die daher den Vorteil "aus den die Gesamtschuld auslösenden Gemeinsamkeiten" gezogen hat (vgl. Ritz, BAO7, § 6 Tz 10).

Dazu kommt, dass eine Einbringung der Gesamtschuld bei der Kindesmutter für die Abgabenbehörde auch insofern "zeitgerecht, sicher, auf einfachstem Weg und unter Umgehung von Erschwernissen und unter Vermeidung von Gefährdungen hereinzubringen" möglich gewesen wäre, als diese laufend Guthaben aus der Durchführung der jährlichen Arbeitnehmerveranlagungen erzielt hat, die zur Abdeckung der Gesamtschuld problemlos ausgereicht hätten; einfacher als durch Verwendung eines Abgabenguthabens kann eine Abgabenschuld nicht eingebracht werden.

Im Vorlagebericht des Finanzamtes wird zutreffend ausgeführt, dass im Beschwerdeverfahren die Ermessensübung der Abgabenbehörde durch das BFG nicht nur voll zu prüfen ist, sondern das Ermessen eigenverantwortlich zu üben ist (siehe auch Ritz, BAO7, § 20 Tz 11 mit Hinweis auf Art. 130 Abs. 3 B-VG und weiteren Nachweisen). Einer solch umfassenden Ermessensübung steht aber bei Gesamtschuldverhältnissen - wie auch hier - oftmals der Eintritt der Festsetzungsverjährung bei weiteren potenziellen Gesamtschuldnern entgegen, die vom Finanzamt nicht in Anspruch genommen wurden, nach Ansicht des BFG aber heranzuziehen gewesen wären. So kommt nunmehr (im Zeitpunkt der Entscheidung durch das BFG) eine Inanspruchnahme der Kindesmutter als Gesamtschuldnerin nicht mehr in Betracht, da dieser gegenüber mittlerweile Verjährung eingetreten ist. Soweit dies aus dem Abgabeninformationssystem ersichtlich ist, wurde an diese vor Ablauf der Verjährungsfrist zwar keine Erklärung (KBG 2) zugesendet, bzw. erfolgte innerhalb der diesfalls um ein Jahr verlängerten Verjährungsfrist auch keine Geltendmachung der Gesamtschuld ihr gegenüber. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt aber nicht nur zur Einhebungsverjährung die Ansicht, dass Unterbrechungshandlungen anspruchsbezogen wirken, sie somit die Verjährung gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt (; Ritz, BAO7, § 238 Tz 18), sondern auch zur Festsetzungsverjährung (ständige Rechtsprechung seit ; Ritz, BAO7, § 209, Tz 32 f). Die gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzten Unterbrechungshandlungen wirken damit auch gegenüber der Kindesmutter. Die letzte diesbezügliche Unterbrechungshandlung (Amtshandlung des Finanzamtes) war die Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom (Ritz, BAO7, § 209 Tz 10 mit zutreffendem Hinweis, dass zwar Berufungsentscheidungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz ebenfalls Unterbrechungshandlungen darstellen, dies aber nicht für Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gilt). Gegenüber der Kindesmutter ist daher am Festsetzungsverjährung hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Abgabenanspruches eingetreten. Es ist in einer solchen Situation aber nicht "billig" iSd § 20 BAO, wegen eines nicht mehr sanierbaren Versäumnisses der Abgabenbehörde (Geltendmachung der Gesamtschuld auch gegenüber der Kindesmutter), unter Außerachtlassung aller sonstigen Ermessensgründe die Gesamtschuld in voller Höhe allein dem Beschwerdeführer anzulasten.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung bei einem anderen Gesamtschuldner für die Inanspruchnahme des verbleibenden Gesamtschuldners zwar grundsätzlich kein Spielraum für die Ermessensübung bleibt. Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf Fälle, in denen das Verbleiben nur mehr eines Gesamtschuldners durch außerhalb der Einflusssphäre der Abgabenbehörde gelegene Umstände eintrat, nicht aber auf Fälle, in denen dieses Verbleiben durch das Verhalten der Abgabenbehörden bewirkt wurde (Ritz, BAO7, § 6 Tz 11 mit Judikaturnachweisen).

Ferner sind bei der Ermessensübung Unbilligkeiten angesichts lange verstrichener Zeit zu berücksichtigen (vgl. Ritz, BAO7, § 7 Tz 7 mit Judikaturnachweisen). Der gegenständliche Abgabenanspruch entstand gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres 2014. Gemäß § 23 KBGG war der Beschwerdeführer verpflichtet, "eine Abgabenerklärung" über sein im Kalenderjahr 2014 erzieltes Einkommen im Sinne des § 19 Abs. 2 KBGG bis zum Ende des Monates März des Folgejahres einzureichen, wobei § 134 Abs. 1 zweiter Satz BAO anzuwenden war, wonach bei elektronischer Übermittlung die Abgabenerklärung bis Ende des Monates Juni einzureichen war. Dieser Verpflichtung kam der Beschwerdeführer durch die am elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung 2014 nach. Das darin erklärte und im Einkommensteuerbescheid 2014 vom ausgewiesene Einkommen von 30.291,01 € wurde der Ermittlung des Gesamteinkommens der beiden Elternteile im Sinne des § 19 Abs. 1 KBGG ebenso zugrunde gelegt wie die im selben Einkommensteuerbescheid ausgewiesene, gemäß § 19 Abs. 2 KBGG zu berücksichtigende Notstandshilfe. Auch die Einkommensverhältnisse der Kindesmutter im Jahr 2014 waren dem Finanzamt - anders als dem Beschwerdeführer - aufgrund deren Einkommensteuerbescheides 2014 seit bekannt. Bei dieser Sachlage stellt es für den Beschwerdeführer ein Zumutung und eine Unbilligkeit im Sinne des § 20 BAO dar, wenn die Zusendung des Formblattes KBG 2, in dem keine anderen als die bereits am erklärten bzw. im Einkommensteuerbescheid vom ausgewiesenen Einkünfte enthalten sind, erst vier Jahre später am erfolgte, und mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom ohne erkennbaren Grund dann noch einmal mehr als ein Jahr bis kurz vor Ende der verlängerten Verjährungsfrist zugewartet wurde.

Der Beschwerdeführer ist nach wie vor Notstandshilfebezieher. Diese Bezüge sind gemäß § 290a Abs. 1 Z 5 lit. f und Z 7 EO nur beschränkt pfändbar. Auf seinem Abgabenkonto wird allerdings derzeit ein Guthaben in Höhe von 1.338,00 € ausgewiesen.

Unter Bedachtnahme auf alle ermessensrelevanten Gründe ist eine Inanspruchnahme des Beschwerdeführers für 40 % der Gesamtschuld, somit 1.135,40 €, sachgerecht. Dieser Betrag kann (ebenso wie die noch anfallenden Aussetzungszinsen) mit dem derzeit am Abgabenkonto ausgewiesenen Guthaben abgedeckt werden, sodass es zu keiner weiteren Zahlungsverpflichtung des Beschwerdeführers kommt, womit seinen angespannten aktuellen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung getragen wird. Gleichzeitig wird damit auch das öffentliche Interesse an der Abgabeneinbringung fallbezogen ausreichend berücksichtigt.

3. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 18 Abs. 1 Z 2 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100408.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at