zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.02.2023, RV/3100206/2019

Arbeitnehmerveranlagung: Art und Weise der Berechnung des Selbstbehaltes von außergewöhnlichen Belastungen gem. § 34 Abs. 4 EStG, Sonderausgaben: Meldung der Spenden durch Verein ohne Veranlassung des Steuerpflichtigen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin *** in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, Adresse vertreten durch Mag. X, Adresse ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, Steuernummer XXX, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

  • Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

  • Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit elektronisch eingebrachter Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung (L1) 2017 vom beantragte die Beschwerdeführerin (kurz Bf.) unter anderem Krankheitskosten (Kosten für eine Zahnbehandlung) in Höhe von € 1.516,- als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Die beantragte außergewöhnliche Belastung wurde im Einkommenssteuerbescheid 2017 nach Abzug des Selbstbehaltes in Höhe von € 1.494,53 berücksichtigt.

Dagegen erhob die Bf. fristgerecht vertreten durch ihren Sohn, Mag. X (kurz Sohn), damals wohnhaft in Adresse, Beschwerde und führte zusammengefasst aus, dass bei der Berechnung des Selbstbehaltes dieser einheitlich mit 10 % vom Gesamtbetrag der Einkünfte berechnet wurde. Der Deutsche Bundesfinanzgerichtshof (BFH) habe in seinem Urteil vom - VI R 75/2014 zu § 33 dEStG in Abkehr der diesbezüglichen von der Rechtsprechung geduldeten Praxis der deutschen Finanzverwaltung festgestellt, dass die Berechnung des Selbstbehaltes stufenweise nach den im Gesetz angeführten Einkommensgrenzen zu erfolgen habe. Dies führe zu einer Minderung des Selbstbehaltes und damit einer Erhöhung der steuermindernd zu berücksichtigenden Krankheitskosten. Die Berechnung der außergewöhnlichen Belastung mit Selbstbehalt habe wie folgt zu erfolgen:

Die beantragte Berechnung des Selbstbehaltes sei auch in Österreich eine Abkehr der bisher bislang von der Finanzverwaltung angewendeten Methodik der Berechnung des Selbstbehaltes. Es liege keine explizite Rechtsprechung zu dieser Berechnung vor, daher werde die Vorlage an das Bundesfinanzgericht (kurz BFG) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurde die Bf. von der Abgabenbehörde aufgefordert, die Vollmachtsurkunde betreffend die steuerliche Vertretung vorzulegen. Mit Schreiben vom wurde die Vollmachtsurkunde übermittelt, in welcher mitgeteilt wurde, dass der Sohn zur Einbringung der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 sowie zu allen Eingaben beim Finanzamt seit 2005 beauftragt gewesen sei. Er sei auch mit der Zustellung von Schriftstücken bevollmächtigt gewesen. Schriftstücke seien nunmehr ausschließlich an den Sohn, wohnhaft in Adresse, zuzustellen.

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde an die Bf. adressiert und zugestellt. Begründend wurde von der Abgabenbehörde ausgeführt, dass die deutsche Rechtsprechung für Österreich nicht maßgeblich sei. Es bestehe in Österreich derzeit keine vergleichbare Rechtsprechung. Die Höhe des Selbstbehaltes sei richtig berechnet worden.

Die Bf. stellte fristgerecht vertreten durch ihren Sohn den Antrag auf Entscheidung durch das BFG. Das bisherige Vorbringen in der Beschwerde wurde wiederholt und weiters vorgebracht, dass die Beschwerdevorentscheidung unter Nichtbeachtung der Zustellbevollmächtigung an die Bf. zugestellt und am dem Postfach entnommen worden sei. Die Berechnung des Selbstbehaltes, ehemals zumutbare Mehrbelastung, erfolge auch in Österreich seit Jahrzehnten auf Basis der Rechtsansicht des BMF und sei seit 1999 und nun 2002 in den Lohnsteuerrichtlinien RZ 833 ff festgelegt. Diese Richtlinie sei als Erlass für das Verwaltungsgericht in den verfassten Verwaltungsgerichtshof nach ständiger Rechtsprechung nicht verbindlich. Eine Nichtanwendung durch das Verwaltungsgericht sei fallweise möglich. Die beantragte Berechnungsart würde auch der in § 33 EStG 1988 verankerten Systematik der Einkommensteuerberechnung nach Tarifstufen entsprechen. Es werde in Anlehnung der Entscheidung des , ersucht eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zur Frage der Berechnung des Selbstbehaltes nach § 34 Abs. 4 EStG zuzulassen. Abschließend werde noch ersucht, die Zustellvollmacht zu beachten.

Der elektronische Akt wurde dem BFG von der Abgabenbehörde mit Vorlagebericht vom vorgelegt. Begründend wurde von der Abgabenbehörde ausgeführt, dass unabhängig davon, ob die österreichische mit der deutschen Rechtslage vergleichbar sei oder nicht, die deutsche Rechtsprechung für Österreich nicht maßgeblich sei. Es bestehe derzeit in Österreich keine vergleichbare Rechtsprechung. Die Höhe des Selbstbehaltes sei richtig berechnet worden. Aus der Höhe der Bemessungsgrundlage ergäbe sich ein einheitlicher auf die gesamte Bemessungsgrundlage anzuwendender Prozentsatz. Strittig sei nicht die Höhe der außergewöhnlichen Belastungen und der Selbstbehalt samt Bemessungsgrundlage selbst, sondern die Art der Berechnung des Selbstbehaltes. Die Beschwerde sei als unbegründet abzuweisen.

Mit Schreiben vom wurde dem BFG das "sonstige Anbringen vom ", in welchem um antragsgemäße Erledigung unter Berücksichtigung der im Jahr 2019 der Abgabenbehörde gemeldeten Spenden in Höhe von € 16,- ersucht wurde und eine Meldung an die Abgabenbehörde über Sonderausgaben vom Verein V (kurz Verein) vom in welchem angeführt ist, dass die Bf. als Spenderin einen Betrag in Höhe von € 16,- im Kalenderjahr 2017 geleistet hat, vorgelegt.

Im Vorhalt des wurde die Abgabenbehörde aufgefordert bekanntzugeben, ob die Beschwerdevorentscheidung in Papierform mit Normalzustellung an die Bf. adressiert und zugestellt wurde. Mit Schreiben vom hat die Abgabenbehörde die diesbezügliche Adressierung und Zustellung bestätigt.

Mit Vorhalt des wurde der Sohn der Bf. vom BFG aufgefordert bekanntzugeben, ob er die Beschwerde (das Originaldokument) aus dem Briefkasten der Bf. entnommen habe. Im Falle dessen, dass er das Dokument nicht aus dem Briefkasten im Original entnommen habe, möge er mitteilen wie und ob er zu dem Originaldokument gekommen sei.

Mit Schreiben vom teilte der Sohn der Bf. mit, dass er das Original der Beschwerdevorentscheidung am aus dem Briefkasten entnommen habe. Er erledige die Entleerung des Briefkastens anlässlich seiner regelmäßigen Besuche, da die Bf. aufgrund der körperlichen Einschränkungen seit Jahren nicht mehr in der Lage sei, den Weg aus ihrer Wohnung zum Briefkasten selbst zu schaffen. Zur Beschwerde sei noch festzuhalten, dass ihm bei der Berechnung ein Schreibfehler dahingehend unterlaufen sei, dass bei 10 % der angeführte Betrag richtig "14.601 bis 14.945" zu lauten habe.

Im Vorhalt des wurde der Sohn betreffend die geltend gemachten Sonderausgaben aufgefordert bekannt zu geben, aus welchen Gründen die Übermittlung der Mitteilung der Spende, welche bis Ende Februar des Folgejahres im Wege des automatischen Datenaustausches zu erfolgen hat, nicht erfolgt sei. Er solle Unterlagen in Kopie vorlegen, aus denen hervorgehe, dass die Bf. im Jahr 2017 eine Spende an den Verein iHv € 16,00 geleistet habe, die Bf. ihre Identifikationsdaten (Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum) bereits dem Verein übermittelt habe, und Unterlagen mit welchem die Bf. den Verein veranlasst habe, die Übermittlung ihrer Daten sowie des Gesamtbetrags der im Jahr 2017 von der Bf. zugewendeten Betrages an die Abgabenbehörden im Wege von FinanzOnline nachzuholen, einschließlich eines Nachweises über die Versendung dieses Schreibens.

Mit Schreiben vom samt Beilagen teilte der Bf. zusammengefasst mit, dass nach Prüfung der Kontoauszüge für das Jahr 2017 Spendenzahlungen an den Verein und/oder andere steuerbegünstigte Institutionen nicht ersichtlich seien. Im Zuge der Bearbeitung der Steuererklärung 2018 habe er festgestellt, dass von verschiedenen Institutionen keine Spendenzahlungen dem Finanzamt gemeldet worden seien. Er habe daher am die Daten der Bf. für die Übermittlung dem Verein gemeldet. Die Datenübermittlung sei vom Verein per E-Mail bestätigt worden. Gemäß der Meldung seien von der Bf. am und Spendenzahlungen geleistet worden. Nach Angaben der Bf. zähle es zu ihren Gewohnheiten einmal im Jahr Spendenzahlungen zu leisten. Es könne daher sein, dass die im Jänner 2018 geleistete Zahlung für das Jahr 2017 gedacht gewesen sei. Es könne daher auch sein, dass der vom Verein bekanntgegebene Betrag von € 16,- für 2016 gedacht war, aber Anfang 2017 bezahlt worden sei. Es werde im Hinblick auch die Bestimmung des § 295a Abs. 2 BAO daher hiermit der Antrag auf Berücksichtigung der Zahlung im Zuge der Entscheidung über die Beschwerde zurückgezogen. Im Übrigen werde das Beschwerdebegehren aufrechterhalten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. hatte im Jahr 2017 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von € 11.943,60, ausländische Einkünfte in Höhe von € 3.379,20, sonstige Bezüge (KZ 220) in Höhe von € 2.097,58, SV-Beiträge (KZ 225) in Höhe von € 106,98, Sonderausgaben in Höhe von € 647,57, einen Kirchenbeitrag in Höhe von € 25,92, außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung in Höhe von € 840,- (Pauschalbetrag) und nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in Höhe von € € 854,65.

Die Bf. hatte im Jahr 2017 Kosten für eine Zahnbehandlung in Höhe von € 1.516,-. Unstrittig ist, dass diese Kosten eine außergewöhnliche Belastung vor Abzug des Selbstbehaltes darstellen und von diesen bei der Berechnung des Einkommens der Selbstbehalt in Abzug gebracht wird.

Die Daten (Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum) der Bf. zur steuerlichen Absetzbarkeit der Spende wurden vom Sohn per E-Mail vom an den Verein gemeldet. Mit E-Mail vom wurde vom Verein bestätigt, dass die Bf. durch die Meldung dem Verein die Möglichkeit gibt, dass Ihre Spende ab 2017 bei der Abgabenbehörde gemeldet wird.

Am erfolgte die elektronische Meldung des Vereins an die Abgabenbehörde für das Kalenderjahr 2017 betreffend die Spende der Bf. in Höhe von € 16,-.

Das der Berechnung des Selbstbehalts zu Grunde zu legende Einkommen (Gesamtbemessungsgrundlage zur Einstufung des anzuwendenden Selbstbehaltes der außergewöhnlichen Belastung) der Bf. für das Jahr 2017 beträgt € 14.929,26.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten elektronischen Verwaltungsakt, dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den durch den Sohn der Bf. vorgelegten Vorhaltsbeantwortungen und übermittelten Unterlagen an das BFG.

Zu der Sonderausgabe (Spende an den Verein) wird hinsichtlich der im Verfahrensverlauf und Sachverhalt angeführten Beweismittel und vorliegenden Unterlagen ausgeführt, dass in der Vorhaltsbeantwortung vom ein E-Mail des Sohnes und Vertreters der Bf. vom an den Verein sowie Bestätigungen über die geleisteten Spendenzahlungen für das Jahr 2018 übermittelt wurde. Mit diesem E-Mail vom wurden die Daten der Bf. (Vor- und Zuname sowie Geburtsdatum) dem Verein bekannt gegeben. Im E-Mail wird der Verein ersucht, dass die Spendenzahlungen an die Abgabenbehörde bis Mitte Juni bekannt gegeben werden solle, da eine steuerliche Auswirkung für das Jahr 2018 aufgrund der Spendenzahlungen gegeben sein werde und die Steuererklärung bis Ende Juni d.J. (gemeint 2019) eingereicht werden könne. Für das Jahr 2017 wurden keine Nachweise für die Veranlassung der Meldung des Vereins an die Abgabenbehörde durch die Bf. vorgelegt. Laut dem den Schreiben beiliegenden Zahlungsbestätigungen vom und erfolgten Zahlungen für das Jahr 2018 an den Verein in Höhe von € 41,-. Eine Zahlungsbestätigung für das Jahr 2017 wurde nicht vorgelegt.

Eine Übermittlungspflicht des Vereins hat bei Unterbleiben der Übermittlung, wie aus den unten angeführten gesetzlichen Bestimmungen ersichtlich, nur zu erfolgen, wenn der Steuerpflichtige dies veranlasst. Durch das E-Mail vom hat die Bf. grundsätzlich durch ihren Sohn und Vertreter eine Veranlassung nur für das Jahr 2018 gesetzt. Im Antwort-E-Mail des Vereins vom wurde mitgeteilt, dass die Spenden ab 2017 beim Finanzamt eingemeldet werden. Mit Meldung des Vereins jeweils vom wurden der Abgabenbehörde vom Verein € 41,- für das Jahr 2018 und € 16,- für das Jahr 2017 bekanntgegeben.

Es ergibt sich für das BFG eindeutig, dass der Verein sich verpflichtet gesehen hat, eine Übermittlung auch für das Jahr 2017 nachzuholen. Die Bf. muss daher - auch wenn keine Zahlungsbestätigungen für 2017 der Bf. vorliegen - für das Jahr 2017 eine Zahlung an den Verein geleistet haben, da sich dieser bei unterbleiben einer Zahlung durch die Bf. sicherlich nicht zu einer Meldung an die Abgabenbehörde verpflichtet gesehen hätte.

Ein Widerspruch durch die Bf., dass eine Meldung für 2017 unterbleiben solle, erfolgte durch den Sohn und Vertreter der Bf. auf die E-Mail vom , in welcher die Spendeneinmeldung ab 2017 bekannt gegeben wurde, ebenfalls nicht. Somit ergibt sich für das BFG, dass eine Zahlung durch die Bf. an den Verein im Jahr 2017 geleistet wurde. Das Bundesfinanzgericht durfte die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung und Abänderung)

I. Verfahrensrechtlich:

  • Ist ein Zustellbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, diesen gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz (kurz ZuStG) als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt in dem das Dokument dem Zustellbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist. Gemäß § 7 ZustG setzt ein tatsächliches Zukommen voraus, dass der Empfänger tatsächlich in den Besitz des zustellenden Schriftstückes kommt. Nicht ausreichend wäre die bloße Kenntnisnahme des Inhaltes des Schriftstückes z.B. durch Übermittlung einer Ablichtung (Ritz/Koran, BAO7, ZuStG, § 7 RZ 7).

  • Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bf. zugestellt, obwohl die Vollmachtsurkunde (Schreiben vom ), welche die aufrechte steuerliche Vertretung und Zustellvollmacht des Sohnes der Bf. bei der Abgabenbehörde bestätigte, bereits zuvor am einlangte.

  • Mit Schreiben vom teilte der Sohn und Zustellbevollmächtigte der Bf. in der Vorhaltsbeantwortung vom dem BFG mit, dass er das Original der Beschwerdevorentscheidung aus dem Briefkasten der Bf. entnommen hat. Es liegt daher eine Heilung des Zustellmangels betreffend der Beschwerdevorentscheidung durch tatsächliches Zukommen gemäß § 7 ZustG vor und ist im gegenständlichen Fall über die Beschwerde inhaltlich zu entscheiden.

II. Außergewöhnliche Belastung:

Gesetzliche Bestimmung:

§ 34 EStG 1988 in der für den streitgegenständlichen Zeitraum 2017 geltenden Fassung lautet auszugsweise:

(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1.Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2). 2.Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). 3.Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgtbei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro…………………………………………………….6 %. mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro……………………………………. 8 %. mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro…………………………………… 10 %. mehr als 36 400 Euro……………………………………………………………12%.

Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt -wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht -wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt -für jedes Kind (§ 106).

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.

[…]

Strittig ist, die Art und Weise der Berechnung des Selbstbehaltes der zuvor genannten Gesetzesbestimmung des § 34 Abs. 4 EStG 1988. Insbesondere ob nur jener Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird oder ob sich der Selbstbehalt insgesamt nach dem höheren Prozentsatz berechnet und die gestaffelten Prozentsätze von 6 % bis 12 % auf die (gesamte) Bemessungsgrundlage des (adaptierten) Einkommens angewandt werden.

Dass es sich um eine außergewöhnliche Belastung handelt, bei welcher der Selbstbehalt in Abzug zu bringen ist und die Höhe der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastung selbst ist unstrittig.

Rechtliche Beurteilung:

Bestimmte Aufwendungen und Ausgaben, wie in gegenständlichen Fall (unstrittig) Krankheitskosten, sind gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie außergewöhnlich sind, zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Letzteres ist dann der Fall, wenn der individuelle Selbstbehalt überschritten wird.

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 insoweit wesentlich eingeschränkt, als der Aufwand einen bestimmten Selbstbehalt übersteigt. Als Einkommen, das der Berechnung des Selbstbehalts zu Grunde zu legen ist, ist das Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 zu verstehen ().

Die Höhe des Selbstbehaltes wird durch Anwendung eines bestimmten Prozentsatzes auf das maßgebliche Einkommen und unter Berücksichtigung der Familienverhältnisse ermittelt.

Durch den einkommensabhängigen Selbstbehalt wird zwar der dem § 34 EStG 1988 zu Grunde liegende Leistungsfähigkeitsgedanke eingeschränkt, gegen ihn bestehen an sich aber keine verfassungsrechtlichen Bedenken (so der VfGH in seiner Begründung im Erkenntnis vom , B 1302/02, VfSlg 16.818, in dem er keine sachlichen Bedenken gegen die Einschleifregelung des Pensionistenabsetzbetrages sah).

Nach der Judikatur des VwGH gehört es zu einem Ordnungsprinzip des geltenden Einkommensteuerrechts, dass zwangsläufige private Aufwendungen grundsätzlich nur nach Kürzung um einen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechenden Selbstbehalt die Einkommensteuerbemessungsgrundlage mindern (vgl. , VwSlg 7714; Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 34 Rz 43/1).

Von dem im Sinne des § 34 Abs. 4 iVm Abs. 5 EStG 1988 errechneten Einkommen ist, unter Anwendung der in § 34 Abs. 4 EStG 1988 genannten und nach der Höhe des Einkommens gestaffelten Prozentsätze von 6% bis 12%, der Selbstbehalt zu ermitteln.

Die ständige Rechtsprechung legt die Bestimmung dahingehend aus, dass sobald der nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 ermittelte Gesamtbetrag eine der in § 34 Abs. 4 EStG 1988 genannte Grenze überschreitet - sich die "zumutbare Belastung" (Der im EStG 1972 verwendete Begriff der "zumutbaren Mehrbelastung" wurde im EStG 1988 durch den Begriff "Selbstbehalt ersetzt [vgl. RV 621 BlgNR 17. GP 84].) insgesamt nach dem höheren Prozentsatz richtet. Dieser Berechnungsweise ist das Bundesfinanzgericht auch in der bisherigen Rechtsprechung (siehe u.a.) gefolgt. Auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs lässt in den bisher zur Berechnung des maßgeblichen Einkommens für den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG 1988 ergangenen Erkenntnissen keinen anderen Schluss zu (siehe mwN., ; zum Progressionsvorbehalt u.a.).

Der Wortlaut des § 33 Abs. 4 EStG 1988 steht grundsätzlich mit der Auslegung im Einklang. Auch im Verwaltungsrecht sind die Auslegungsvorschriften des ABGB einschließlich seiner Bestimmung über die Analogie - somit die § 6 und 7 ABGB - anzuwenden (zB ). Es gibt keine Sondermethoden zur Auslegung des Abgabenrechtes (vgl. Ritz, BAO7 § 21 RZ 1).

Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist, maßgebend (; , 95/15/0012).

Ziel der Auslegung ist es, den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen. Diesem Auslegungsziel dienen die grammatikalische, die systematische, die teleologische und die historische Auslegung. Diese Auslegungsmethoden schließen einander nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich ().

Der äußerst mögliche Wortsinn steckt die Grenze jeglicher Auslegung ab (; , 2006/15/0129 ua.).

Der Gesetzeswortlaut des § 34 Abs. 4 EStG 1988 besagt - wie oben unter Punkt "Gesetzliche Bestimmung" ersichtlich -auszugsweise: "bei einem Einkommen von höchstens 7 300 Euro"……6% und "mehr als 7 300 bis 14 600 Euro…..8%." […]

Stellt man auf den allgemeinen Sprachgebrauch und dem Sprachgebrauch des Gesetzgebers ab, so können Worte oder Sätze jeweils verschiedene Bedeutung haben, je nachdem in welchem Zusammenhang sie verwendet werden (Koziol/Welser, Grundriss des Bürgerlichen Rechts, 12. Auflage, S 22).

Da die sprachliche Auslegung auch den Zusammenhang mit anderen Worten des Gesetzes und manchmal auch mit anderen Gesetzen berücksichtigen muss, ist es verfehlt, aus einer Reihe von Bestimmungen mit gleichgerichtetem Regelungsziel eine einzige herauszugreifen, ohne auf die Systematik ihrer Anordnungen und ihren Zusammenhang mit den anderen Bestimmungen - gegebenenfalls auch mit anderen Gesetzen - Bedacht zu nehmen (Posch in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar5 (2018) § 6 ABGB RZ 15).

Der Wortlaut "mehr als…. bis…" stellt im Zusammenhang mit dem zuvor angeführten Teilsatz "bei einem Einkommen…" auf das gesamte Einkommen ab und nicht nur auf Einkommensteile die über die angeführten Grenzen gehen.

Die vom Bf. in der Beschwerde angeführte deutsche Regelung (§ 33 dEStG) spricht von einer zumutbaren Belastung "bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte bis € 15 340; über € 15 340 bis € 51 130; über € 51 130." Die österreichische Regelung ist nach dem Wortlaut - anders als die deutsche Regelung, welche somit auch einen anderen Wortlaut aufweist - so auszulegen, dass das Gesamteinkommen der Einordnung und Zuweisung unter die gewissen Prozentsätze vorangestellt ist. Das EStG 1988 weist das (ermittelte) Einkommen gewissen Prozentsätzen zu.

Hätte der Gesetzgeber eine Regelung - wie vom Bf. beantragt - gewollt, sodass nur die Teile des gesamten Einkommens bei Überschreiten des Grenzbetrages mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet werden, so hätte er eine andere Formulierung des Gesetzestextes - wie in anderes Gesetzesbestimmungen des EStG - vorgenommen (siehe beispielweise § 10 EStG 1988: "für die ersten € ………. …13%; für die nächsten € ……….. der Bemessungsgrundlage….7 %; […]- oder auch § 33 EStG 1988 "für die ersten 11 000 €.….0%; für Einkommenteile über 11.000 bis 18.000 €…..20% […]).

Dem Vorbringen des Bf., dass die beantragte Berechnungsart auch der in § 33 EStG 1988 verankerten Systematik der Einkommensteuerberechnung nach Tarifstufen entsprechen würde, kann nicht gefolgt werden.

Nach der Wortinterpretation und systematisch-logischer Interpretation und im Zusammenhang mit den sich im EStG 1988 befindlichen Gesetzesbestimmungen besteht für das BFG kein Zweifel hinsichtlich der Auslegung und (bisher angewandten) Berechnungsweise dieser Gesetzesbestimmung.

Grundsätzlich ist nur dann, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes nach Wortinterpretation und systematisch-logischer Interpretation noch zweifelhaft und unklar ist, auf die Entstehungsgeschichte eines Gesetzes und die Absicht des Gesetzgebers zurückzugreifen. Der "unbedingte Vorrang" der grammatischen und der systematisch-logischen Auslegung vor der subjektiv historischen gelte nur, wo allein diese Auslegungskriterien in Frage stünden, wo also die "objektiv-teleologischen" Kriterien keine oder widersprüchliche Ergebnisse liefern. Dies hat der OGH in einer Reihe von Entscheidungen klargestellt. Anhaltspunkte für den Willen des geschichtlichen Gesetzgebers finden sich etwa in Regierungsvorlagen, Ausschussberichten und stenographischen Protokollen zu Parlamentssitzungen. Auch die Erläuternden Bemerkungen zu einem Gesetz können das Verständnis einer unklaren Gesetzesstelle fördern, weshalb sie zur Auslegung heranzuziehen sind, sofern sie nicht eindeutig im Widerspruch zum Gesetz stehen. (Posch in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar5 (2018) § 6 ABGB RZ 16).

Die vorgenannte Auslegung wird auch dem Zweck der Vorschrift gerecht und ergibt sich dies aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (621 der Beilagen XVII. GP - Besonderer Teil zu § 34) wird ausgeführt:

Zu § 34: Die Bestimmungen über die außergewöhnliche Belastung werden zunächst sprachlich verbessert. Weiters wird die Stellung der außergewöhnlichen Belastung im System der Einkommensermittlung geändert. Die außergewöhnliche Belastung ist nicht mehr als Tarifbestimmung konzipiert, sondern bereits bei der Ermittlung des Einkommens nach § 2 Abs. 2 nach Abzug der Sonderausgaben zu berücksichtigen. Inhaltlich wurden die grundlegenden Tatbestandselemente übernommen…[…]

Der bisherige Begriff der "zumutbaren Mehrbelastung" wurde durch den prägnanteren Begriff "Selbstbehalt" ersetzt. Die Zahl der für die Berechnung des Selbstbehaltes maßgebenden Einkommensstufen wird verringert und die Prozentsätze diesem neuen Gefüge angepaßt. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bzw. der Erleichterung der EDV-mäßigen Handhabung werden die bisher erforderlichen umfangreichen Adaptierungen des Einkommens gemäß § 2 Abs. 2 (Ermittlung des sogenannten wirtschaftlichen Einkommens) beseitigt. Der Ermittlung des Selbstbehaltes wird nunmehr das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 vor Abzug außergewöhnlicher Belastungen zugrunde gelegt.[…]

Aufgrund der obigen Ausführungen kann die Gesetzesbestimmung nicht wie vom Bf. beantragt verstanden werden.

Wie bereits oben angeführt ist als Einkommen, das der Berechnung des Selbstbehalts zu Grunde zu legen ist, das Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 zu verstehen (). Nach der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung des § 2 Abs. 2 EStG 1988 (BGBl. Nr. 400/1988 in der Fassung BGBl Nr. I 112/2012) ist das Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 105 und 106a. Die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit sind um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2 zu erhöhen (KZ 220 abzüglich KZ 225 des Lohnzettels). Ausländische Einkünfte sind dagegen Teil der Bemessungsgrundlage, auch wenn sie durch DBA steuerbefreit sind ( mwN).

Aus dem Ausdruck "vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung" ergibt sich, dass bei der Bemessung des Selbstbehalts nur die Summe jener außergewöhnlichen Belastungen nicht zu berücksichtigen ist, die dem Selbstbehalt unterliegen (); ohne Selbstbehalt abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen vermindern die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Selbstbehalts (siehe Peyerl in Jakom EStG15, § 34 RZ 52)].

Der Selbstbehalt berechnete sich für das streitgegenständlichen Jahr 2017 wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Berechnung Einkommen:
Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (KZ 245)
€ 11.943,60
ausländische Einkünfte
€ 3.379,20
sonst Bezüge (KZ 220)
€ 2.097,58
€ 17.420,38
abzüglich SV-Beiträge (KZ 225)
€ 106,98
€ 17.313,40
abzüglich Sonderausgaben
Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen, Wohnraumschaffung und -sanierung
€ 647,57
Kirchenbeitrag
€ 25,92
€ 16.639,91
Abzüglich außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt:
Pauschalbeträge nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung
€ 840,00
Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen
€ 854,65
Bemessungsgrundlage
€ 14.945,26
10 % Selbstbehalt
€ 1.494,53

Wie sich aus der Darstellung ergibt, überschritt das der Berechnung des Selbstbehalts zu Grunde zu legende Einkommen den Betrag von € 14.600,-, sodass gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 ein Prozentsatz von 10 % maßgebend war.

Auch wenn man die Spende an den Verein für das Jahr 2017 (Sonderausgabe in Höhe von € 16,-) - wie aus der Beilage dieses Erkenntnisses ersichtlich - berücksichtigt, kommt man zum selben Ergebnis. Aufgrund der Bemessungsgrundlage in Höhe von (errechnet) € 14.929,26 ergibt sich ebenfalls aufgrund des Überschreitens der Grenze von € 14.600,- ein zu berücksichtigender 10 % igerSelbstbehalt in Höhe von € 1.492,93 (siehe Beilage: Berechnungsblatt Einkommensteuer 2017).

Der Selbstbehalt wurde von der Abgabenbehörde grundsätzlich richtig berechnet und entsprechend im Einkommensteuerbescheid 2017 berücksichtigt.

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

III. Sonderausgaben

  • Gesetzliche Bestimmungen:

  • § 18 Abs. 8 EStG 1988 in der für den streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung lautet:

  • Für Beiträge gemäß Abs. 1 Z 1a und Z 5 sowie für Zuwendungen gemäß Abs. 1 Z 7 bis 9 gilt Folgendes:

  • 1.Beiträge und Zuwendungen an einen Empfänger, der eine feste örtliche Einrichtung im Inland unterhält, sind nur dann als Sonderausgaben zu berücksichtigen, wenn dem Empfänger Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum des Leistenden bekannt gegeben werden und eine Datenübermittlung gemäß Z 2 erfolgt.

  • 2.Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen im Sinne der Z 1 sind verpflichtet, den Abgabenbehörden im Wege von FinanzOnline Informationen nach Maßgabe folgender Bestimmungen elektronisch zu übermitteln:

  • a)Zu übermitteln sind:

  • -das verschlüsselte bereichsspezifische Personenkennzeichen für Steuern und Abgaben (vbPK SA) des Leistenden, wenn dieser dem Empfänger Vor- und Zunamen und sein Geburtsdatum bekannt gegeben hat, und

  • -der Gesamtbetrag aller im Kalenderjahr zugewendeten Beträge des Leistenden.

  • Die Übermittlung hat zu unterbleiben, wenn der Leistende dem Empfänger die Übermittlung ausdrücklich untersagt hat. In diesem Fall darf bis zum Widerruf für sämtliche Leistungen des betreffenden Kalenderjahres und der Folgejahre keine Übermittlung erfolgen.

  • b)Zum Zweck der Datenübermittlung an die Abgabenbehörde sind die Empfänger von Beiträgen und Zuwendungen im Sinne der Z 1 berechtigt, wie Auftraggeber des öffentlichen Bereichs nach § 10 Abs. 2 des E-Government-Gesetzes die Ausstattung ihrer Datenanwendungen mit der vbPK SA von der Stammzahlenregisterbehörde zu verlangen.

  • c)Die Übermittlung hat nach Ablauf des Kalenderjahres bis Ende Februar des Folgejahres zu erfolgen.

  • d) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, den Inhalt und das Verfahren der elektronischen Übermittlung mit Verordnung festzulegen. In der Verordnung kann vorgesehen werden, dass sich der Empfänger der Zuwendungen einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle zu bedienen hat.

  • 3.Für die Berücksichtigung der Beiträge und Zuwendungen als Sonderausgaben gilt:

  • a)Die Berücksichtigung kann nur bei jenem Steuerpflichtigen erfolgen, der in der Übermittlung mit der vbPK SA ausgewiesen ist. Abweichend davon ist auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Beitrag in Anwendung der Zehnjahresverteilung gemäß Abs. 1 Z 1a nur in Höhe eines Zehntels bzw. in Anwendung des Abs. 3 Z 1 bei einem anderen Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Erfolgt die Antragstellung nach Eintritt der Rechtskraft, gilt die vom Antrag abweichende Berücksichtigung als offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b der Bundesabgabenordnung.

  • b)Der übermittlungspflichtige Empfänger hat auf Veranlassung des Steuerpflichtigen die Übermittlung zu berichtigen oder nachzuholen, wenn sie fehlerhaft oder zu Unrecht unterblieben ist. Unterbleibt diese Berichtigung oder wird die Übermittlung trotz bestehender Verpflichtung dazu nicht nachgeholt, ist abweichend von Z 1 der Betrag an Sonderausgaben zu berücksichtigen, der vom Steuerpflichtigen glaubhaft gemacht wird. Dies gilt auch, wenn eine Zuwendung gemäß Abs. 1 Z 7, Z 8 oder Z 9 aus dem Betriebsvermögen geleistet wurde, soweit sie gemäß § 4a, § 4b oder § 4c nicht als Betriebsausgabe zu berücksichtigen ist.

  • Die maßgeblichen Bestimmungen der Sonderausgaben-Datenübermittlungsverordnung (kurz Sonderausgaben - DÜV), BGBl II 289/2016 idF BGBl II 2017/122) lauten auszugsweise:

  • § 1. (1) Ein Zuwendungsempfänger, für den gesetzlich die Verpflichtung zur Datenübermittlung vorgesehen ist (übermittlungspflichtige Organisation) hat in Bezug auf Zuwendungen, die nach dem erfolgen, eine Datenübermittlung durchzuführen, wenn diesem der Vor- und Zunamen und das Geburtsdatum (Identifikationsdaten) des Zuwendenden bekannt gegeben wurden.

  • (2) Die Verpflichtung zur Datenübermittlung betrifft sämtliche Zuwendungen, die im Kalenderjahr der Bekanntgabe der Identifikationsdaten und einem späteren Kalenderjahr erfolgen. Die Verpflichtung entfällt durch die Untersagung der Übermittlung durch den Zuwendenden.

  • § 2. Erfolgte eine Bekanntgabe der Identifikationsdaten, kann die übermittlungspflichtige Organisation davon ausgehen, dass die Zuwendung der Person steuerlich zuzuordnen ist, deren Daten bekannt gegeben wurden.

  • […]

  • § 4. Der Zuwendende kann der übermittlungspflichtigen Organisation die Datenübermittlung ausdrücklich untersagen. In diesem Fall darf ab der Untersagung bis zu einer neuerlichen Bekanntgabe der Identifikationsdaten keine Datenübermittlung erfolgen. Die Untersagung der Datenübermittlung muss der übermittlungspflichtigen Organisation gegenüber so erteilt werden, dass sie für diese unzweifelhaft als solche erkennbar ist; sie ist von ihr zu dokumentieren.

  • […]

  • § 7. (1) Die übermittlungspflichtige Organisation hat eine Berichtigung einer unrichtigen Datenübermittlung längstens innerhalb von drei Monaten nach Entdeckung des Fehlers vorzunehmen und dabei den zutreffenden Gesamtbetrag sowie zum Zweck der Identifizierung des zu berichtigenden Datensatzes jedenfalls auch dessen Referenznummer anzugeben. Die Berichtigung kann unterbleiben, wenn sie im Abgabenverfahren des betroffenen Steuerpflichtigen wegen eingetretener Verjährung keine steuerliche Auswirkung mehr entfaltet.

  • (2) Eine zu Unrecht unterbliebene Datenübermittlung ist längstens innerhalb von drei Monaten nach Entdeckung des Fehlers nachzuholen. Abs. 1 letzter Satz gilt entsprechend.

  • […]

  • Rechtliche Beurteilung:

  • Ab der Veranlagung 2017 ist eine steuerliche Geltendmachung von Spenden im außerbetrieblichen Bereich gem. § 18 Abs. 8 EStG 1988 iVm der dazu ergangenen Sonderausgaben - DÜV nur mehr im Wege der automatischen Datenübermittlung möglich. Spenden sind somit nur dann als Sonderausgaben abzugsfähig, wenn sie die empfangene Organisation der Finanzverwaltung im Wege des automatischen Datenaustausches gemeldet hat. Dadurch soll der Steuerpflichtige entlastet werden, weil er seine Angaben nicht mehr belegen muss und die Finanzverwaltung diese Sonderausgabendaten automatisiert in den Bescheid übernehmen kann und allfällige zu Unrecht angesetzte Beträge verhindert werden (vgl. Peyerl in Jakom EStG, 15. Auflage, RZ 90 ff zu § 18 EStG).

  • Wie im Sachverhalt festgestellt, erfolgte für das Jahr 2017 bei der Bf. nachträglich eine elektronische Meldung der Spenden durch den Verein am im Sinne des § 18 Abs. 8 Z 3 lit. b EStG 1988, somit nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides 2017 vom und nach Vorlage des elektronischen Aktes an das BFG, welche bereits am erfolgte.

  • Dem Sohn der Bf. ist laut Vorhaltsbeantwortung vom bei der Bearbeitung der Steuererklärung 2018 aufgefallen, dass von verschiedenen Institutionen keine Spendenzahlungen dem Finanzamt gemeldet wurden und hat er mit E-Mail am die Daten der Bf. dem Verein gemeldet. Dieser hat entsprechend § 7 Abs. 2 der Sonderausgaben-DÜV innerhalb von 3 Monaten eine Meldung an die Abgabenbehörde erstattet.

  • Eine Untersagung durch die Bf. kann laut vorliegendem Sachverhalt nicht angenommen werden, zumal dem Bf. mit E-Mail vom bekannt gegeben wurde, dass die Spenden durch den Verein ab 2017 bei der Abgabenbehörde eingemeldet werden.

  • Eine Untersagung der Meldung für das Jahr 2017 durch die Bf. ist nicht erfolgt.

  • Die Bestimmung des § 18 Abs. 8 Z 3 lit. b EStG 1988 sieht vor, dass der Verein eine Übermittlung nachzuholen hat, wenn diese zu Unrecht unterblieben ist. Dieser Pflicht ist der Verein für das Jahr 2017 nachgekommen.

  • Da die Übermittlung des Vereines nachgeholt wurde, kann eine Glaubhaftmachung der Spenden durch die Bf. unterbleiben. Diese ist nur erforderlich, wenn abweichend der Z 1 der Verein trotz Verpflichtung zur Übermittlung diese unterlässt. Erst bei dessen fortgesetzter Weigerung kommt eine Glaubhaftmachung des Vorliegens der Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug auf andere Weise in Betracht. Daher sind die Ausführungen des Bf. zur Zahlung des Spendenbetrages in der Vorhaltsbeantwortung vom unerheblich.

Zum Zeitpunkt der Übermittlung der Daten durch den Verein an die Abgabenbehörde war das Verfahren bereits beim BFG anhängig. Ab Vorlage der Beschwerde können Abgabenbehörden gemäß § 300 BAO beim Verwaltungsbericht mit Bescheidbeschwerde angefochtene Bescheide bei sonstiger Nichtigkeit weder abändern noch aufheben.

  • Es war spruchgemäß zu entscheiden und der Bescheid entsprechend der Beilage Berechnungsblatt Einkommensteuer 2017 abzuändern.

  • Es wird darauf hingewiesen, dass sich durch die Berücksichtigung der Sonderausgaben von € 16,- eine Abgabengutschrift von € 3,- (bisher vorgeschrieben - € 43,-, nunmehr - € 46,-) ergibt. Von der Abgabenbehörde werden Guthaben erst ab einem Betrag von € 5,- automatisch auf ein (bekannt gegebenes) Girokonto überwiesen.

  • Beilage: Berechnungsblatt Einkommensteuer 2017

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In der Judikatur des VwGH wurde die Frage der Art und Weise der Berechnung des § 34 Abs. 4 EStG, insbesondere ob nur jener Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte, der den jeweiligen im Gesetz genannten Grenzbetrag übersteigt, mit dem jeweils höheren Prozentsatz belastet wird oder ob sich der Selbstbehalt insgesamt nach dem höheren Prozentsatz berechnet und die gestaffelten Prozentsätze von 6 % bis 12 % auf die (gesamte) Bemessungsgrundlage des (adaptierten) Einkommens angewandt werden, noch nicht behandelt. Die Revision ist zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100206.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at