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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.02.2023, RV/7103372/2022

Zurückweisung einer Beschwerde, da der angefochtene Bescheid nicht rechtswirksam zugestellt wurde.

Beachte

Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2023/13/0019. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/7102000/2023 erledigt.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Vertreter1***, ***Adresse V1***, und ***Vertreter 2***, ***Adresse V2***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Nachsichtsansuchens, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Eingabe vom gab Rechtsanwalt ***Vertreter1*** bekannt, dass ihn die nunmehrige Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) bevollmächtigt habe, eine Regelung des bestehenden Abgabenrückstandes in der Höhe von ca. € 20.000,00 vorzunehmen. Abgesehen davon bleibe die steuerliche Vertretung durch die ***Vertreter 3*** aufrecht.

Mit Eingabe vom brachte Rechtsanwalt ***Vertreter1*** namens der Bf. ein Nachsichtsansuchen bezüglich des Abgabenrückstandes, soweit dieser € 10.000,00 übersteige ein. Der Abgabenrückstand betrage insgesamt € 22.019,80.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Österreich das Ansuchen mit folgendem Spruch ab: "Ihr Antrag vom um Bewilligung einer Nachsicht in Höhe von € 22.070,69 wird abgewiesen."

Der Bescheid war an die Bf. zu Handen der ***Vertreter 3*** adressiert.

Dagegen brachte die Bf. durch Rechtsanwalt ***Vertreter1*** mit Schriftsatz vom eine Bescheidbeschwerde ein und begehrte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Mit einer an die Bf. direkt adressierten Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Die Zustellung erfolgte direkt an die Bf.

Dagegen brachte die Bf., vertreten durch Rechtsanwalt ***Vertreter1*** mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein. In diesem wurde bemängelt, dass die Zustellung nicht an den rechtsfreundlichen Vertreter sondern direkt an die Bf. erfolgt sei.

Am wurde über FinanzOnline durch die ***Vertreter 2*** ein weiterer Vorlageantrag mit dem Wortlaut: "Mit Beschwerdevorentscheidung gerichtet an ***Bf1***, St.-Nr. ***BF1StNr1***, vom wurde unsere Beschwerde vom gegen den Bescheid Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom abgewiesen. Wir stellen den Antrag auf Vorlage der Bescheidbeschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht. Wir beantragen eine mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den Senat" ein.

In Beantwortung eines Auskunftsersuchens des teilte Rechtsanwalt ***Vertreter1*** am mit, dass der Bescheid über die Abweisung des Nachsichtsansuchens vom der ***Vertreter 3*** am zugestellt und von der Steuerberatung am per E-Mail weitergeleitet worden sei.

Das Original der an die Bf. persönlich zugestellten Beschwerdevorentscheidung vom sei ihm am in seiner Wiener Sprechstelle persönlich übergeben worden.

Bestätigt wurde diese Aussage am durch die ***Vertreter 3*** aufgrund des Auskunftsersuchens vom ("In Beantwortung Ihres Ersuchens darf ich folgende Informationen erteilen. Der Bescheid über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten vom wurde an unsere Kanzlei am zugestellt. Der Bescheid wurde mit E-Mail vom an Rechtsanwalt ***Vertreter 1*** weitergeleitet. Zum Nachweis der Bescheidzustellung schließe ich den Bescheid mit Eingangsstempel unserer Kanzlei bei."). In einem Telefongespräch mit ***Vertreter 3*** vom teilte dieser dem zuständigen Richter mit, dass das Original des Bescheides nach dessen elektronischer Erfassung vernichtet worden sei.

Auch das Antwortschreiben vom zu dem an die Bf. gerichteten Vorhalt des bestätigte diesen Sachverhalt.

Darüber wurde erwogen:

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Zulässigkeit einer Beschwerde setzt einen wirksam erlassenen Bescheid, gegen den sie sich richtet, voraus.

Eine als Bescheid intendierte Erledigung wird erst wirksam, wenn sie der Partei, an die sie ergehen soll, bekannt gegeben wird (§ 97 BAO).

Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung (§ 97 Abs. 1 lit a BAO).

§ 7 ZustG: Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

§ 9 Abs. 3 ZustG: Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Schriftstückes z.B. durch Übermittlung einer Ablichtung (Ritz, BAO6, Tz 7 zu § 7 ZustG).

Mit Eingabe vom gab Rechtsanwalt ***Vertreter1*** bekannt, dass ihn die Bf. bevollmächtigt habe, eine Regelung des bestehenden Abgabenrückstandes in der Höhe von ca. € 20.000,00 vorzunehmen. Abgesehen davon bleibe die steuerliche Vertretung durch die ***Vertreter 3*** aufrecht.

Daraus geht zweifelsfrei der Wille der Bf. hervor, dass zur Regelung des Abgabenrückstandes Rechtsanwalt ***Vertreter1*** beauftragt und bevollmächtigt wurde und dass der ***Vertreter 3*** in diesen Angelegenheiten keine Vollmacht erteilt wurde.

Damit war die belangte Behörde nicht befugt, den Bescheid über die Abweisung des Nachsichtsansuchens - zweifellos ein Bescheid im Einbringungsverfahren betreffend Regelung des Abgabenrückstandes - an die in diesem Verfahren nicht bevollmächtigte ***Vertreter 3*** zuzustellen.

Gemäß den Erhebungen des BFG hat der ausgewiesene Vertreter der Bf. im Nachsichtsverfahren, Rechtsanwalt ***Vertreter1*** den Bescheid von der nicht zustellungsbevollmächtigen ***Vertreter 3*** lediglich per E-Mail erhalten. Auch an die Bf. selbst wurde das Original des Bescheides nicht weitergeleitet.

Da die als Bescheid intendierte Erledigung der belangten Behörde sohin keine Rechtswirkungen zu entfalten vermochte, war die Bf. nicht zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde legitimiert.

Die dennoch eingebrachte Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Der Antrag auf Entscheidung durch den Senat ist in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu stellen. Es genügt nicht, dass ein solcher Antrag in einem ergänzenden Schriftstück gestellt wird (vlg Ritz, BAO6, Tz 4 zu § 272 und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

In einem Beschwerdeverfahren kann es nur einen Vorlageantrag geben. Dies war der Antrag vom . Der weitere "Vorlageantrag" ist daher als ergänzendes Schriftstück zu werten, weshalb keine Senatszuständigkeit bestand.

Davon abgesehen wird auf § 272 Abs. 2 BAO verwiesen:

"Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, können die dem Verwaltungsgericht eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden. Diesem obliegen auch zunächst die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen (§ 85 Abs. 2) und Aufträgen gemäß § 86a Abs. 1 sowie Zurückweisungen (§ 260), Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1), Gegenstandsloserklärungen (§ 256 Abs. 3, § 261), Verfügungen der Aussetzung der Entscheidung ( 271 Abs. 1) und Beschlüsse gemäß § 300 Abs. 1 lit. b."

Angemerkt wird, dass die ***Vertreter 2*** gemäß Abfrage der Grunddaten über keine Zustellvollmacht verfügt.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es handelt sich hier um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103372.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
NAAAC-32800