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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.05.2022, RV/6100409/2021

Aussetzungsantrag in einem Zahlungserleichterungsverfahren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***R.*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Aussetzungsantrages, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom brachte die Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) eine (hier nicht verfahrensgegenständliche) Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom über die Abweisung eines COVID-19-Ratenansuchens ein und beantragte die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur Entscheidung über die genannte Beschwerde.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Aussetzungsantrag mit der Begründung ab, dass dieser im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Covid-19-Ratenansuchens eingebracht wurden sei. Ein Zahlungserleichterungsbescheid- egal ob Stattgabe oder Abweisung - spreche lediglich über beantragte Zahlungsfristen ab, aus ihm selbst ergebe sich keine Abgabennachforderung und damit fehle eine wesentliche Voraussetzung des § 212a BAO. Der Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Dagegen brachte die Bf. mit Schriftsatz vom , bei der belangten Behörde eingebracht am einen - von der belangten Behörde als Beschwerde gewerteten - Vorlageantrag ein und führte aus, dass zur Begründung auf das ursprünglich eingereichte Ersuchen verwiesen werde.

Mit Beschwerdevorenscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab und führte zur Begründung aus:

"§ 212a Abs. 1 BAO lautet: Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Nach Ritz, BAO, 6. Aufl. 2017, § 212a, II. Voraussetzungen, Rz 8 liegt keine Abhängigkeit iSd § 212a Abs 1 vor, wenn sich die Bescheidbeschwerde gegen eine abweisende Erledigung eines Zahlungserleichterungsansuchens richtet (vgl ).

Die Aussetzung der Einhebung gem. § 212 a BAO wurde im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen die Abweisung eines Covid-19-Ratenansuchens gem. §§ 212 iVm. § 323e BAO beantragt, wo sie jedoch aufgrund fehlender unmittelbarer oder mittelbarer Nachforderung aus dem Bescheid nicht zulässig ist.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden."

Dagegen brachte die Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein und begehrte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Es werde weiterhin die diesbezügliche Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur abschließenden Erledigung (der Beschwerde) beantragt. Es werde nochmals darauf verwiesen, dass der Abgabenrückstand strittig sei und eine Wiederaufnahme bzw. Wiedereinsetzung des Verfahrens beantragt worden sei. Auf die bereits eingereichten Unterlagen werde verwiesen.

Bis zur öffentlichen Verhandlung behalte sich die Bf. die Vorlage weiterer Unterlagen ausdrücklich vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gemäß § 212a Abs. 3 BAO können Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Bescheidbeschwerde (Abs. 1) gestellt werden. Sie haben die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages zu enthalten.

Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.

Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit der Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom über die Abweisung eines COVID-19-Ratenansuchens wurde gleichzeitig ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bis zur Entscheidung über die genannte Beschwerde gestellt.

Entscheidungsgründe:

Die Einhebung einer Abgabe ist nach § 212a BAO nur aussetzbar, wenn ihre Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Tz. 6 zu § 212a). Im Beschwerdefall war der Aussetzungsantrag mit einer Beschwerde gegen eine abweisende Erledigung in einem Zahlungserleichterungsverfahren (Covid-19-Ratenansuchen) verbunden. Von der Erledigung der Beschwerde gegen einen - ebenfalls bereits im Abgabeneinhebungsverfahren ergangenen - Zahlungserleichterungsbescheid ist die Höhe einer Abgabe weder unmittelbar noch mittelbar abhängig. Da es damit bereits an einer wesentlichen Voraussetzung des § 212a BAO mangelte, wurde die Bf. durch den angefochtenen Bescheid schon deshalb in keinem Recht verletzt.

In diesem Zusammenhang wird auf das Erkenntnis des verwiesen.

Dazu kommt noch, dass zur Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde vom über die Abweisung eines COVID-19-Ratenansuchens durch das Bundesfinanzgericht am zur Geschäftszahl RV/6100301/2021 ein Erkenntnis, somit eine über die Beschwerde abschließende Erledigung ergangen ist, weshalb auch kein Rechtsschutzinteresse mehr vorliegen kann.

Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Abschließend darf zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung festgehalten werden, dass das Unterbleiben einer (gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO beantragten) mündlichen Verhandlung zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellen mag, dieser Verfahrensfehler ist jedoch - außerhalb des von Art. 51 GRC erfassten Bereichs des Unionrechts - kein absoluter (; ).

Art. 6 Abs. 1 EMRK garantiert das Recht auf ein faires Verfahren als Grundrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. die Entscheidung vom , Fall SPEIL v. Austria, Appl. 42057/98) kann das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zwar dann ausnahmsweise als mit der EMRK vereinbar angesehen werden, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen (vgl. hiezu etwa ). Solche besonderen Umstände nimmt der EGMR an, wenn das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machen könnte (vgl. ). Es ist vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 EMRK maßgeblich, welcher Natur die Fragen sind, die für die Beurteilung der gegen den angefochtenen Bescheid relevierten Bedenken zu beantworten sind. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK kann dabei im Hinblick auf die Mitwirkungsmöglichkeiten im Verwaltungsverfahren regelmäßig unterbleiben, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass die Durchführung einer Verhandlung eine weitere Klärung der Entscheidungsgrundlagen nicht erwarten lässt (vgl. ua). Nach der Rechtsprechung des EGMR und - ihm folgend - des VfGH kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn die Tatfrage unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. VfSlg 18.994/2010, VfSlg 19.632/2012, ). Das Gericht kann unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (EGMR , Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR , Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29; ).

Auch der Hinweis, sich für die beantragte mündliche Verhandlung die Nachreichung von Unterlagen vorzubehalten, kann keine andere Beurteilung der Sache ermöglichen, da sich die Voraussetzungen für die Entscheidung über den Aussetzungsantrag nicht ändern werden.

Da es im gegenständlichen Fall ausschließlich um die Lösung von Rechtsfragen ging und kein Sachverhaltselement strittig war, konnte von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden, da kein ergänzendes Vorbringen vorstellbar ist, das zu einem anderen Ergebnis in der Sache geführt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da die an ***1*** erteilte Vollmacht keine Zustellvollmacht beinhaltet, war an den Genannten nicht zuzustellen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die eindeutige Rechtslage und höchstgerichtliche Judikatur wird verwiesen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 212a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.6100409.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at